Donnerstag, 23. November 2017



Sklavenmärkte in Libyen?

Tripolis/Paris. Weltweite Empörung über Sklavenversteigerungen in Libyen – Demonstrationen vor libyscher Botschaft in Paris.

Der am 14. November 2017 auf CNN erschiene Filmbericht über Sklavenhandel in Libyen erschüttert die ganze Welt. Die Journalisten zeigten eine Sklavenauktion, bei der zwei junge, kräftige Männer aus Nigeria von einem Uniformierten als Feldarbeiter angeboten und für umgerechnet etwa 880 US-$ ersteigert werden.[1]
Zeid al-Hussein, der Vorsitzende des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, erklärte, die Unterstützung der EU für die libysche Küstenwache sei „inhuman“: „Wir können der modernen Sklaverei nicht stillschweigend zusehen, wenn im Namen des Migrationsmanagements Vergewaltigung, sexuelle Gewalt und Morde begangen werden und verzweifelte und traumatisierte Menschen davon abgehalten werden, die europäischen Küsten zu erreichen. Die Situation war vorher schon schrecklich, doch jetzt ist sie nur noch katastrophal.“[2] Während sich noch im September nur 7.000 Menschen in den Lagern aufgehalten hätten, seien es jetzt etwa 20.000.
Auch Amnesty International zeigte sich schockiert. Und der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Alpha Condé, forderte Aufklärung und Strafverfolgung dieser „verabscheuungswürdigen“ Taten.
Die libysche Menschenrechtskommission (NCHRL) meinte zu dem CNN-Bericht über Sklavenmärkte: „Wir verurteilen die Verbrechen und Gewalttaten, die an illegalen Migranten und Flüchtlingen begangen werden. Wir waren immer über das Schicksal derjenigen besorgt, die bei ihrem Versuch, nach Europa zu gelangen, auf See gestoppt, an Land zurückgebracht und in Libyen gefangen gehalten werden.“
Der Generalstaatsanwalt, die Justiz und das Innenministerium in Libyen werden aufgefordert, die Verbrechen in den Flüchtlingslagern zu untersuchen. Den europäischen Politikern wirft die NCHRL allerdings vor, das Leiden der Flüchtlinge in Libyen zu übertreiben. Es werde dazu missbraucht, die libyschen Behörden zur Durchsetzung von Zielen zu nötigen, die bestimmte europäische Länder verfolgen. Dazu zähle die Ansiedlung von Migranten in Libyen, das als Alternative zu Europa zum Zielland gemacht werden soll.
Wie aus dem CNN-Bericht hervorgeht, finden die meisten Sklavenauktionen auf von der ‚Einheitsregierung‘ kontrollierten Gebieten statt, auch nahe der Hauptstadt Tripolis. So geben viele Libyer die Schuld an diesem Verbrechen gegen die Menschlichkeit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, die von kriminellen Milizen kontrolliert werde.
Den Anfang allen Übels sieht der britische Politiker George Galloway im Sturz Gaddafis 2011: „Vierhundert Dollar für einen eigenen schwarzen Sklaven in Nordafrika. Dies alles mit freundlicher Genehmigung von David Cameron, William Hague, Barack Obama, Hillary Clinton und dem Zwerg Nicolas Sarkozy [...] Sie zerstörten Libyen.“
Und die libyschen Reaktionen in den sozialen Medien sprechen eine ähnliche Sprache: „Ich kann es nicht fassen, dass dies das gleiche Libyen ist, indem ich geboren und aufgewachsen bin.“ Und eine bekannte Rechtsanwältin aus Tripolis schreibt: „Niemand, auch keine Regierung, sollte Migranten in ein Land abschieben, das sich im Krieg befindet. Die Welt sollte sich dafür schämen, den Migranten die Türen zu verschließen und sie in einem Land, das von Milizen kontrolliert wird, abzuladen.“
Alpha Blondy, ein bekannter Reggae-Musiker von der Elfenbeinküste, rief die Afrikaner über Facebook auf, als Protest gegen diese ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen so lange vor den diplomatischen Vertretungen Libyens zu demonstrieren, bis alle Sklaven in Libyen befreit sind. Diesem Aufruf folgten in Paris mehrere tausend Menschen, die meisten aus schwarzafrikanischen Ländern. Sie versammelten sich vor der libyschen Botschaft in Paris und forderten ein Ende des Sklavenhandels in Libyen. Nachdem die Demonstranten versuchten, in die Botschaft einzudringen, kam es zu Zusammenstöße mit der Polizei. Es flogen Steine und die Polizei setzte Tränengas ein. Die Demonstranten zogen zur Champs Elysée, wo sie sich nahe des Arc de Triomphe erneut sammelten. Wieder kam es zu Straßenkämpfen.
Etliche afrikanisch-stämmige Fußballstars wie Paul Pogba oder Sadio Mane äußerten öffentlich ihr Entsetzen über die Vorgänge in Libyen.
Eine der letzten, die zu den Sklavenmärkten Stellung nahmen, waren Vertreter der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis. Diese versprach, Untersuchungen aufzunehmen.
Die EU zeigt sich von dem Aufruhr unbeeindruckt und hält daran fest, ihr Ausbildungsprogramm für die Küstenwache fortsetzen. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel sagte: „Dass wir weit davon entfernt sind, gute Zustände zu haben, da hat die UN völlig recht". „Allerdings gebe es keine Alternative zur Unterstützung der libyschen Küstenwache".[3]
Kann es sein, dass es den EU-Politikern gar nicht so unrecht ist, dass schreckliche Bilder über die Zustände in libyschen Flüchtlingslagern über die Bildschirme – auch der afrikanischen Welt – flimmern? Es war das erklärte Ziel der EU, die Menschen in Schwarzafrika auch durch Informationsprogramme über die Zustände, die sie in Libyen erwarten, von der Fahrt an die Mittelmeerküste abzuhalten. Vielleicht ist es ja auch gar kein Zufall, dass sich diese ganzen Vorfälle ausgerechnet in dem von der EU und UN unterstützten ‚Einheitsregierung‘ und ihren kriminellen Milizen kontrollierten Gebieten abspielen. Und die Sklavenversteigerungen? Die damit erzielten Einnahmen dienen wohl als Kompensation für die entgangenen Gewinne für die Einstellung des Menschenschmuggels über das Mittelmeer nach Italien.
Von libyscher Seite werden aber noch ganz andere Vorwürfe laut. Der französische Geheimdienst soll das Material für den CNN-Bericht beschafft haben, um eine Kampagne zu starten, die die Stationierung von westlichen Truppen vorbereiten soll, unter dem Vorwand, die Sklavenmärkte in Libyen verhindern zu müssen. Einmal mehr eine "humanitäre Intervention"!


Angelika Gutsche, 21.11.2017


[1] http://edition.cnn.com/videos/world/2017/11/13/libya-migrant-slave-auction-lon-orig-md-ejk.cnn
[2] www.libyaherald.com/2017/11/14/un-human-rights-chief-blasts-eus-libyan-migrant-deal/
[3] http://www.dw.com/de/eu-trotzt-kritik-an-fl%C3%BCchtlingspolitik-in-libyen/a-41395930

Montag, 20. November 2017



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

_________________________________________________________________________________

Simbabwe: Robert Mugabe als Parteichef abgesetzt
20.11.2017. Nachdem Putsch in Simbabwe letzte Woche wurden viele Anhänger von Mugabes Ehefrau Grace verhaftet wurden, ist nun der greise Präsident (93) von seiner links-nationalistischen  Partei ZANU-PF als Vorsitzender abgesetzt wurden, seine beim Volk verhaßte Ehefrau Grace, die gerne seine Nachfolgerin geworden wäre, gleich ganz aus der Partei ausgeschlossen. Aus Respekt vor seiner historischen Lebensleistung beließ man den früheren Unabhängigkeitskämpfer Mugabe zunächst noch im Präsidentenamt – es ist aber anzunehmen, daß seine Macht Schritt für Schritt beschnitten wird und seine geschaßte, frühere „rechte Hand“ Emmerson Mnangagwa, der bereits am Wochenende als neuer Parteiführer ausgerufen wurde, ihm auch ins höchste Staatsamt nachfolgen wird.
Mugabe ist ein Anti-Imperialist alter Schule. Er hatte 2011 auch den Krieg gegen Libyen kritisiert und es hieß, daß Simbabwe plane Soldaten oder Freiwillige zur Unterstützung Ghaddafis nach Libyen zu senden. Weitere Informationen dazu verliefen im Sande. Auch Guinea wollte Soldaten schicken, nachweislich sind nur Soldaten aus dem Tschad, die an libyscher Seite gegen die NATO und ihre wildgewordenen Islamisten kämpften.



Bizarr: Jemens Huthi-Rebellen bieten ihren saudischen Feinden nach Säuberungswelle im Nachbarland Asyl an
20.11.2017. Die zaiditischen Huthi-Rebellen im Jemen, die zusammen mit den Anhängern des 2012 gestürzten Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh große Teile des Landes kontrollieren, haben Angehörigen der Herrscherfamilie Saudi-Arabiens Asyl angeboten, nachdem im Nachbarland ein große, von Kronprinz Mohammed Bin Salman eingeleitete Säuberungs- und Verhaftungswelle durch das Land rollt. Obwohl auch jene jetzt verfolgten Teile der Saudi-Familie den brutalen Krieg des Kronprinzen gegen den benachbarten Jemen nie grundsätzlich in Frage gestellt hatten, scheinen die Huthis nun ihren Feinden die Hand entgegenzustrecken.


Simbabwe: Militär entmachtet Unabhängigkeitspräsidenten Robert Mugabe
20.11.2017. In Simbabwe hat das Militär die Macht übernommen und den greisen Präsidenten Robert Mugabe (93), der einst den Befreiungskampf gegen das weiße Rassistenregime von Ian Smith geführt hatte und seit 1980 das Land regierte (erst als Premier, seit 1987 als Präsident) unter Hausarrest gestellt. Mugabe genießt auch im Militär nach wie vor Respekt, allerdings war den Offizieren in die Nase gefahren, daß er seinen alten Mitstreiter und Innenminister Emmerson Mnangagwa (75) als „Kronprinz“ absägte und seine als korrupt, geldgierig und cholerisch verschrieene Ehefrau Grace Mugabe als Vizepräsidentin einsetzen wollte – Mnangagwa brauchte nur wenige Tage um vom Ausland aus einen Gegenputsch zu organisieren.


Dienstag, 14. November 2017

Schwere Anschuldigungen gegen General Heftar

Bengasi/Libyen. Offen wird die Ablösung Heftars als Oberkommandierender der libyschen Armee gefordert.

Bereits im Oktober musste sich General Heftar schwere Vorwürfe gefallen lassen, als an einer Wüstenstraße bei al-Abjar, 50 km südwestlich von Bengasi, 36 Leichen gefunden wurden, die Schussverletzungen aufwiesen. Bei den Ermordeten soll es sich um Libyer mit radikal-islamistischer Ausrichtung handeln, die sich in Gefangenschaft einer Einheit General Heftars befunden hatten. Der Fund der Leichen löste nicht nur innerlibysch, sondern international Empörung aus.
Auch als Anfang November ein Vertrag veröffentlicht wurde, den Khalid Heftar, Sohn von General Heftar, mit Mohammed Buisier geschlossen hat, und laut dem Buisier beauftragt wird, über die in Washington ansässige Beraterfirma Grassroots Political Consulting beim US-Kongress Lobbyarbeit für die Familie Heftar zu betreiben, zeigte sich die libysche Bevölkerung entrüstet. Grassroots Political Consulting soll politische, militärische und strategische Überzeugungsarbeit beim US-Kongress leisten, um General Heftar den US-Abgeordneten als zukünftiger Herrscher Libyens schmackhaft zu machen. Die Familie Heftar lässt sich diese Lobbyarbeit 120.000 US-$ kosten. Der mit Buisier geschlossene Vertrag läuft über ein halbes Jahr. Mohammed Buisier war zunächst Berater von Khalifa Heftar und Anhänger der Operation Dignity (Würde). Mit der Zeit schien sich seine Einstellung geändert zu haben und er wurde beschuldigt, Dschihadisten zu unterstützen. Offensichtlich arbeitet er nun wieder für die Familie Heftar. Süffisant wird in der Presse nachgefragt, woher ein Militärangehöriger solche Summen für Beraterfirmen hat – sein Sold werde dafür wohl nicht reichen.
Kritisiert wird auch, dass sein Sohn Khalid Heftar, der vormals in Tripolis einen Bankraub begangen haben soll, bei dem mehrere Zivilisten verletzt wurden, trotz dieses Vorfalls und obwohl er niemals eine Militärakademie oder eine Sicherheitsausbildung durchlaufen hat, zum Hauptmann (Captain) der LNA und zum Befehlshaber einer der wichtigsten Militäreinheiten im Osten Libyens ernannt wurde.
Der Verdacht wird immer lauter, dass Heftar immer noch für den CIA arbeitet. Seine Vergangenheit spricht dafür. In den 70er und 80er Jahren diente Heftar unter Gaddafi in der libyschen Armee und nahm am Tschad-Krieg teil. Als klar war, dass Libyen den Krieg verlieren würde, schloss er sich der CIA an und kämpfte von jetzt an mit deren Hilfe gegen Gaddafi. Bei Kriegsende kam Heftar der Anordnung Gaddafis, nach Libyen zurückzukehren, nicht nach, sondern ließ sich von der CIA in die USA ausfliegen.
Die nächsten zwanzig Jahre lebte Heftar in der Stadt Falls Church in Virginia/USA. Dieser Ort befindet sich in nächster Nähe von Langley, dem Standort des CIA-Hauptquartiers. Dort arbeitete Heftar weiterhin für die CIA mit dem Ziel, Gaddafi zu stürzen. In Libyen wurde Heftar in Abwesenheit der Prozess gemacht und die Todesstrafe gegen ihn verhängt.
Anfang 2011 kehrte Heftar, der inzwischen einen amerikanischen Pass besaß, nach Libyen zurück. Er wurde am 17. März 2011 zum Oberkommandierenden der ‚Rebellen‘ ernannt und kämpfte mit einer eigenen Miliz auf Seiten der Nato und dschihadistischer Gruppen gegen die Dschamahirija. Damit zeichnet er mitverantwortlich für all die Leiden, die seitdem über das libysche Volk hereingebrochen sind.
Im Jahr 2014 begann er, gegen die radikal-islamistischen Milizen zu kämpfen. Obwohl über Libyen ein Waffenembargo der Vereinten Nationen verhängt wurde, ist es ihm – wohl mit Hilfe der CIA – gelungen, die libysche Armee mit Waffen auszustatten. Das demokratisch gewählte Parlament (Tobruk) ernannte ihn zum Oberbefehlshaber der libyschen Armee. Libyen hatte nur mit Heftar und seiner gut bewaffneten Armee die Chance, gegen die Dschihadisten zu siegen, die von der Türkei und Katar unterstützt wurden.
Doch man sollte sich davon nicht täuschen lassen: Heftar hat kaum Unterstützung in der libyschen Bevölkerung und auch die Armee selbst steht nicht hinter ihm. Der von ihm verkündete große Sieg, der ihm die Kontrolle über ganz Libyen brachte, konnte nur mit Unterstützung des Grünen Widerstands errungen werden. Heftar hat für diesen Erfolg die Lorbeeren geerntet, während der Grüne Widerstand dafür die ganze Zeit aktiv im Untergrund kämpfte.
Die libysche Bevölkerung nimmt sehr wohl zur Kenntnis, dass Heftar in der ganzen Welt herumfliegt, um sich als zukünftiger Führer Libyens in Stellung zu bringen, während sie selbst hungert, keine medizinische Versorgung hat, unter Wassermangel und Energieausfällen leidet und die Infrastruktur des Landes immer mehr verkommt.
Alles in allem wird Heftar von der libyschen Bevölkerung als Verräter betrachtet, der einen amerikanischen Pass hat, nach wie vor für die CIA arbeitet und sich liebend gerne als zukünftiger Führer Libyens stilisieren möchte, ohne wirklich das Format dazu zu haben. Er wird niemals als neuer Führer Libyens akzeptiert werden, nicht einmal als Bürger Libyens.
In Bengasi formiert sich immer mehr Widerstand gegen Heftar. Faradsch al-Gaem, von der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis vor kurzem zum neuen stellvertretende Innenminister ernannt, wirft Heftar vor, für zwei Mordanschläge auf ihn verantwortlich zu sein. Gaem forderte daraufhin in Bengasi die Absetzung von Khalifa Heftar als Oberkommandierenden und seine Ersetzung durch Oberst Wanis Bukhamada, den Kommandanten der Saika-Spezialkräfte. Weiter sagte Gaem, Heftar und seine Söhne sollten innerhalb von 48 Stunden Bengasi verlassen.
Für Khalifa Heftar, CIAs Mann in Libyen, wird es eng.


Angelika Gutsche
12.11.2017




Freitag, 10. November 2017



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

_________________________________________________________________________________


Saudi-Arabien: Feindliche Rakete kurz vor dem Hauptstadtflughafen abgefangen
10.11.2017. Nachdem Saudi-Arabien den bitterarmen Jemen seit über 2 Jahren mit einem brutalen Bombenkrieg überzieht und u.a. für die Zerstörung der medizinischen Infrastruktur und damit auch für den massiven Ausbruch von Seuchen und Leid mitverantwortlich ist, kommen nun die Einschläge und Racheakte der jemenitischen Patrioten und Landesverteidiger dem saudischen Regime immer näher. Die Zweckallianz aus den zaiditschen Huthi-Rebellen und den Militärs des gestürzten Ex-Präsidenten Ali Abdullah Saleh hat am Wochenende erstmals eine selbstgebaute Rakete vom Typ „Volcano“ H-2 ins saudische Feindesland geschossen, die soweit geflogen ist, daß beinahe auf dem Flughafen in Riad eingeschlagen wäre, wenn die saudische Luftwaffe sie nicht mit „Patriot“-Raketen abgefangen hätte.



Endlich ein Anfang: Burundi verläßt Internationalen Strafgerichtshof
6.11.2017. Mit dem afrikanischen Kleinstaat Burundi hat das erste afrikanische Land den umstrittenen, sogenannten „Internationalen Strafgerichtshof“ (IStGH) verlassen und seine Mitgliedschaft zurückzogen, wobei auch andere Länder wie Gambia oder Südafrika mit Austritt gedroht hatten, aber den Schritt dann doch nicht komplett vollzogen. Entgegen dem, was sein Name vermuten läßt, ist der IStGH keine unabhängige Institution zur Verfolgung von internationalen Rechtsverletzungen, sondern wird von den westlichen Geldgeber-Staaten ausschließlich dazu mißbraucht und gelenkt, um Feinde des Westens politisch zu ächten und pseudo-juristisch aus dem Verkehr zu ziehen.


Donnerstag, 9. November 2017



Ein Libyer klagt gegen die NATO

Tripolis/Brüssel. Bei einem Bombenangriff auf sein Haus verlor Khalid al-Hamedi dreizehn Familienmitglieder, darunter seine schwangere Frau und seine zwei Söhne. Nun will er Vergeltung.

Khalid al-Hamedi ist Präsident der International Organisation for Peace, Care and Relief OPCR (Internationale Organisation für Frieden, Fürsorge und Hilfsleistungen). Er allein verlor durch Nato-Bombardements dreizehn Familienmitglieder, darunter seine schwangere Frau, seine zwei Söhne, seine Nichte, Tante und Kusine. Weitere Familienmitglieder wie seine Mutter, sein Vater und seine Schwestern, die zum Zeitpunkt des Angriffs zuhause waren, erlitten Verletzungen.
Vivalibya veröffentlicht ein Interview, das Sputnik mit al-Hamedi führte.[1] Hamedi weist darin noch einmal auf die vielen von der NATO 2011 begangenen Kriegsverbrechen durch die Tötung von Zivilisten hin. So starben in Bani Walid dutzende Menschen bei Angriffen auf Zivilisten, darunter eine ganze Familie, die zum Dschefara-Clan gehörte. Bei schweren Bombardements auf Zliten mussten viele Zivilisten ihr Leben lassen, einschließlich der Mustafa al-Morabit-Familie. Und in Sirte waren junge Gaddafi-Unterstützer das Ziel, die ganze Diab-Familie fand den Tod. Bei den Bombenangriffen auf die Konvoys von Saif al-Islam Gaddafi und Muammar al-Gaddafi wurden neben den prominenten Opfern auch hunderte junger Freiwilliger getötet.
Insgesamt flog die NATO in Libyen 26.000 Einsätze und zerstörte bei 9.500 Angriffen 6.000 Ziele. Frankreich allein flog 5.316 Einsätze, warf tausend Bomben und schoss hundert Missiles ab.
Hamedis Vater, Generalleutnant al-Khuwaildi, war ein Vertrauter Gaddafis und Mitglied des Nationalen Kommandorevolutionsrats. Hamidi sagt, sein Vater habe „im Mai 2011 einen Anruf vom Büro des damaligen Präsidenten Sarkozy erhalten. Ihm und seiner Familie wurde ein sicherer Fluchtweg über das tunesische Dscherba nach Paris angeboten.“ Sein Vater hätte dieses Angebot wütend ausgeschlagen. „Wegen der Weigerung meines Vaters, sich mit dem Feind zu verbünden, wurde er Ziel der NATO-Angriffe. Sein Büro in Tripolis und unser Haus in Sorman wurden später bombardiert.“ Laut einem NATO-Kommuniqué war die Bombardierung gerechtfertigt, da das Haus als legitimes militärisches Ziel betrachtet worden war: TV-Antennen hätten das Vorhandensein eines Kommunikationszentrums vermuten lassen. Allerdings hatte Hamedis Vater zu diesem Zeitpunkt keinerlei exekutiven Aufgaben, sondern arbeitete für die Kontroll- und Justizbehörde. „Es war klar, mit den Bomben sollte mein Vater getötet und das Regime geschwächt werden. Im Westen des Landes sollte Chaos verbreitet und die Übernahme durch die Milizen möglich gemacht werden, um deren Marsch auf Tripolis und die Machtübernahme zu erleichtern.“ In Libyen begann der militärische Kampf gegen die NATO.
In Brüssel brachte der französische Anwalt von Hamedi den Fall vor Gericht, 2012 fand die erste Anhörung statt. Es ging dabei um die Aufhebung der Immunität der NATO. Brüssel war deshalb als Gerichtsort gewählt worden, weil Belgien Mitglied der NATO ist und sich in Brüssel das NATO-Hauptquartier befindet. Im Oktober 2012 entschied das Gericht, die Klage zurückzuweisen und die Immunität der NATO nicht aufzuheben, weil die Klägerin kein europäischer Bürger ist und deshalb nicht befugt, den Fall in Brüssel zu verhandeln.
Im Januar 2013 wurde Berufung eingelegt, am 12. Oktober 2017 sollte die Verhandlung stattfinden, um die Rechtmäßigkeit der Berufung zu prüfen. Der Fall ist jetzt auf den 30. November 2017 verschoben. Erst nachdem geprüft ist, ob die Immunität aufgehoben werden kann, kann der Fall selbst zur Verhandlung kommen.
Hamdis Fall steht stellvertretend für die vielen zivilen Opfer, die Libyen durch die NATO-Bombardements zu beklagen hat: „Das ist das Mindeste, was ich für meine Frau, meine Kinder und Verwandten und für alle anderen libyschen Familien, die unter den Bombenhagel der mörderischen Kriegsallianz starben, tun kann. Es ist meine moralische Verpflichtung, mit allen mir zur Verfügung stehenden legalen Mitteln bis an mein Lebensende Vergeltung für die Ermordung meiner Kinder und all der anderen zu suchen. Libysche Familien haben mich damit beauftragt, die NATO auch in ihrem Namen zu verklagen. Das ist mir eine große Ehre. Ich plane mit Hilfe eines juristischen Experten für internationales Recht, Dr. Mohamed Zubaida, in Libyen eine Vereinigung von NATO-Opfern zu gründen.“
„Wir bekommen Unterstützung von Freunden und Verwandten aus verschiedenen Ländern. Dies ist nicht der persönliche Fall von Khalid al-Khuwaildi, sondern es ist der Fall des gesamten libyschen Volkes, das durch die unmittelbare Aggression und deren Konsequenzen, den Einfall der Milizen und das Auftauchen islamistischer terroristischer Gruppen, betroffen ist.“
„Ich wünsche mir mediale, humanitäre und juristische Unterstützung für unseren ehrenvollen Fall. Mit Gottes Hilfe werden wir die Ersten sein, die eine historische Anklage gegen die NATO erheben.“


Angelika Gutsche, 7.11.2107



[1] https://vivalibya.wordpress.com/2017/11/03/khaled-k-al-hamedi-prosecuting-nato-for-war-crimes-in-libya/

Dienstag, 7. November 2017



Offener Brief an Fatou Bensouda



Hauptanklägerin des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) 


von Miriam al-Fatah

Liebe Frau Bensouda,
ich bin nicht so naiv zu glauben, dass der IStGH bei der Ausstellung von Haftbefehlen mutmaßlicher Krimineller unparteiisch ist, aber ich appelliere trotzdem an Ihre Selbstachtung und an Ihre Menschlichkeit. Oder haben Sie diese an den Meistbietenden verkauft? Als da sind Frankreich, USA, Großbritannien, Kanada, Niederlande, Katar, Türkei und Saudi-Arabien.
Sie fordern, dass Saif Gaddafi und Kommandant Mahmoud Mustafa al-Warfalli wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Libyen verhaftet werden.
So wie ich es verstanden habe, liegen ihnen in beiden Fällen Beweise vor, obwohl Saif Gaddafi von einem Gericht in Libyen freigesprochen wurde. Sie scheren sich also nicht um unsere Gesetze, sondern nur um die Vorlagen des IStGH.
Deshalb meine Frage: Haben Sie sich auch nur einmal die Mühe gemacht, die Echtheit der Ihnen vorliegenden Dokumente zu prüfen? Bestimmt nicht, denn das würde bedeuten, dass anschließend Saif Gaddafi frei reisen dürfte. Doch in diesem Fall hätten Sie Angst vor dem Chaos, das entstünde, wenn Saif Gaddafi Dinge schreiben würde, die die Schattenregierungen, für die Sie arbeiten, zu Fall brächten.
Ich könnte Ihre Vorwürfe noch akzeptieren, wenn Sie etwas unternommen hätten gegen
1.      die für die NATO-Bombardierungen Verantwortlichen, die unschuldige Zivilisten töteten, Wasserwerke, Schulen, Kinderspielplätze zerstörten. Die Liste ist lang. Die NATO-Bomben bestanden aus abgereichertem Uran. Aber ich habe schon wieder vergessen, dass Sie in diesem Fall keinen Haftbefehl ausstellen können, weil die NATO über dem Gesetz steht. Egal, ob bei den Angriffen ein Unschuldiger oder Millionen Unschuldige sterben. Man nennt das Kollateralschaden.
2.      die ‚moderaten Rebellen‘, die Zivilisten mit Streubomben, hergestellt in Spanien, getötet haben. Der Westen versuchte, dies so lange der libyschen Dschamahirija anzuhängen, bis sie den Beweis erbringen konnte, dass sie es nicht war.
3.      die Personen, die Muammar Gaddafi und seinen Sohn Mutasim Gaddafi ermordet haben. Wo sind diese Haftbefehle? Unglücklicherweise können Sie keine ausstellen, weil in die Ermordung von Muammar Gaddafi ausländische Agenten (Frankreich, USA, Großbritannien) involviert waren und für Mutassim Gaddafi die Misrata-Milizen verantwortlich waren, die die Intrigen-Regierung unterstützen.
4.      die ‚moderaten Rebellen‘, die Obama und Hillary ins Land geholt haben, wegen ihrer grausamen und kriminellen Handlungen (Vergewaltigung, Folter, Ermordung von Kindern, Enthauptungen). Sollten Sie sich jemals dazu entschließen, tätig zu werden: Wir haben Videos und Fotos und wir haben auch Zeugen... Doch ich bin sicher, dazu werden Sie sich nie entschließen.
5.      die ‚moderaten Rebellen‘, die zusammen mit Milizen aus Misrata für den Genozid an der Bevölkerung von Tawerga verantwortlich sind. Was von den Tawerga-Bewohnern noch übrig blieb, wurde vertrieben oder in Geheimgefängnisse gesperrt.
6.      die Verantwortlichen der kaltblütigen Ermordung und Verbrennung von General Abdel Fatah Younes. Wir wissen, wer es war. Aber Sie und Ihre Kollegen nehmen es nicht zur Kenntnis.
7.      die Vergewaltiger von Hala al-Misrati. Sie wurde im Gefängnis wochenlang vergewaltigt. Wir haben die ‚moderaten Rebellen‘, die dieses abscheuliche Verbrechen begangen haben, auf Video.
8.      Mufti Sadik Gharjani, der terroristische Aktivitäten predigt, und den IS unterstützt.
9.      Abdelhakim Belhadsch, von dem man weiß, dass er die rechte Hand von Osama bin Laden war, und ebenso die Verantwortung für den Bombenanschlag in Spanien wie für die amerikanischen Botschaften in Afrika im August 1998 trug. Aber natürlich werden Sie ihn nicht anklagen, weil er mächtige Freunde wie Senator Richard Blumenthal hat, oder Senator John McCain, Senator Lindsey Graham und nicht zu vergessen, Hillary Clinton. Es ist auf der ganzen Welt bekannt, dass er der Kopf der IS-Kämpfer in Libyen ist. Belhadsch wachte über den IS, als dieser die Morde an 21 christlichen Kopten in Libyen im Februar 2015 verübte. Belhadsch hat die Scharia in ganz Tripolis eingeführt und sieht es als seine Aufgabe, die Herrschaft des IS nicht nur im Nahen Osten, sondern weltweit voranzutreiben.
10.  die Misrata-Milizen, die Bani Walid mit Senfgas und Sarin angriffen.
11.  Salah Badi von Misrata, weil er den Internationalen Flughafen von Tripolis in Flammen setzte. Salah Badi hält zusammen mit Belhadsch und dem Marionetten-Regime der UN-gestützten Regierung die Hauptstadt in Geiselhaft. Diese ‚Regierung‘ musste erst drei Monate auf einem Marinestützpunkt ausharren, bevor sie die Erlaubnis bekam, Tripolis zu betreten.
12.  den IS, als er Derna und Sirte besetzte und die Enthauptungen begannen. Wieso haben Sie damals keine Haftbefehle ausgestellt?
13.  die Verantwortlichen für das NATO-Massaker, verübt bei der Bombardierung der Khweili-Familie in Sorman, in dessen Verlauf zwei Familien mit Hilfe von 900 Tonnen Bomben komplett ausgelöscht wurden. Hier ist das Video, das Sie, wie ich vermute, niemals gesehen haben. Oder falls doch, haben Sie sich wohl nicht bemüht zu untersuchen, woher die NATO die Koordinaten hatte: Ein Spion hatte auf Twitter so getan, als twittere er sie seinen Freunden. In Wirklichkeit hatte er die Ziele über das soziale Netzwerk an das NATO-Hauptquartier weitergegeben. Es handelte sich bei dem Angriff um keinen Unfall oder einen Pilotenfehler, das war gewollt. Wie lange wird die NATO noch diplomatische Immunität haben?
Khalid al-Hamidi[1] hat der russischen Nachrichtenagentur Sputnik ein Interview gegeben. Er sagte, sein Haus wäre im Juni 2011 bombardiert worden. Dem sei ein Telefongespräch seines Vaters, der zum Revolutionsrat der Al-Fatah-Revolution gehört hatte und ein enger Freund Gaddafis war, mit dem damaligen französischen Präsidenten Sarkozy vorausgegangen. Sarkozy habe seinen Vater angerufen und ihm und seiner Familie einen sicheren Fluchtweg nach Frankreich angeboten. Bei späteren Wahlen in Libyen zum Präsidenten würde er dafür unterstützt werden. Dies habe sein Vater wütend abgelehnt. Er würde niemals sein Land verraten und sich zum Handlanger für andere machen lassen.
Vielleicht nehmen Sie sich die Zeit, diese Videos anzusehen, die alle in den sozialen Medien zu finden sind. Ihr Vorgänger, Luis Moreno Ocampo, ist selbst in eine Schmiergeldaffäre im Fall des Libyers Tatanaki verwickelt, dem im Gegenzug eine Anklage für seine Gräueltaten erspart geblieben ist. Schauen Sie sich diese zwei Videos an, vielleicht werden Sie danach entscheiden, tätig zu werden ohne sich um Ihre Schweizer Konten oder Ihre Off-Shore-Konten Sorgen zu machen. Schämen Sie sich, dass Sie sich nicht bemühen, Ihren eigenen Leuten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, damit meine ich die afrikanischen Menschen.
Sie sind dazu da, Recht zu sprechen bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ich kann dazu nur sagen, Sie sind nicht tätig geworden, wenn es gegen NATO, IS, Premierminister und Präsidenten ging, die sich dazu entschlossen hatten, einen Angriff auf ein souveränes Land durchzuführen. Alles, was ich erkennen kann, ist, dass Sie Haftbefehle ausstellen gegen Personen, die versuchen, ihr Land gegen Angreifer, Sadisten, Kriegstreiber und Psychopathen zu schützen.
Sie dürfen mich jederzeit kontaktieren. Ich habe über 2000 Videos von Kriegsverbrechen, begangen von den oben genannten Personen. Ich habe auch das Video vom Mord an unserem Präsidenten Gaddafi und seinem Sohn Mutasim. Lassen Sie die Justiz wenigstens ein einziges Mal nicht blind sein.

Originaltext und Videos:
aus dem Englischen: A.Gutsche



04.11.2017


[1] Khalid al-Hamidi (Humaidi, Hamedi) ist Präsident der International Organisation for Peace, Care and Relief OPCR (Internationale Organisation für Frieden, Fürsorge und Hilfsleistungen). Er allein verlor durch Nato-Bombardements dreizehn Familienmitglieder, darunter seine schwangere Frau, seine zwei Söhne, seine Nichte, Tante und Kusine. Weitere Familienmitglieder wie seine Mutter, sein Vater und seine Schwestern, die zum Zeitpunkt des Angriffs zuhause waren, wurden verletzt. Eine Klage von al-Hamidi gegen die Nato wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist in Brüssel anhängig.
Siehe auch: https://vivalibya.wordpress.com/2017/11/03/khaled-k-al-hamedi-prosecuting-nato-for-war-crimes-in-libya/

Montag, 6. November 2017



Saif al-Islam Gaddafi und Libyens Zukunft

Libyen/Saif al-Islam Gaddafi. Verschiedene libysche Presseorgane befassen sich mit der zukünftigen Rolle, die Saif al-Islam in Libyen spielen wird.

Soll Saif al-Islam sofort das Präsidentenamt übernehmen?
Auf Libyaagainstsuperpowermedia[1] wurde ein bemerkenswerter Artikel von Richard Galustian[2] veröffentlicht. Galustian schlägt darin nach dem Scheitern aller Verhandlungsansätze einen interessanten Fünf-Punkte-Plan für Libyen vor. Eine Kurzfassung:
1. Die Vereinten Nationen sollten die Koffer packen und die libysche Bühne verlassen. Nach sechs Jahren ihres Versagens besitzen sie bei den Libyern null Glaubwürdigkeit.
2. Die Moslembruderschaft muss als terroristische Organisation eingestuft werden. LIFG-Mitglieder müssen per Gesetz an der Teilnahme am politischen Leben ausgeschlossen werden.
3. Das Waffenembargo gegen die LNA muss aufgehoben werden, damit General Heftar die Dschihadisten bekämpfen kann.
4. Noch vor Abhaltung von Wahlen 2018 oder 2019 muss eine Technokratenregierung gebildet werden. Als Premierminister kämen dabei Mahmoud Dschibril[3] und Abu Zaid Omar Dorda[4] in Betracht. Die Ministerposten sollten dafür qualifizierte Personen aus dem Parlament in Tobruk übernehmen.
5. Saif al-Islam sollte zum „Verfassungs-“Präsidenten ernannt werden; als Integrationsfigur, ohne exekutive Macht, ihm zur Seite gute technokratische Ratgeber. Dies ist wichtig, um die Stämme und die normale Bevölkerung miteinzubinden. Denn Saif al-Islams Popularität steht außer Zweifel.
Die Dschihadisten sollten das Land in Richtung Türkei, das eine Moslembruderschaft-Regierung hat, verlassen. Durchzusetzen sei das Ganze wegen der Kraftlosigkeit der UN und der EU nur mit Hilfe von Donald Trump.
Galustian befürchtet, dass – sollte Libyen nicht bald stabilisiert werden – dies einen katastrophalen Domino-Effekt auf die nordafrikanischen Länder, wahrscheinlich zuerst auf Tunesien, haben werde.

Bereitet Saif al-Islam eine Tripolis-Offensive vor?
Ein Artikel in libyatimes[5] befasst sich mit den Plänen von Saif al-Islam Gaddafi. Es heißt darin, dass sich Saif al-Islam Gaddafi auf eine Tripolis-Offensive vorbereite. Saif al-Islam habe Militärlager im Wirschefana-Gebiet, wohin Kämpfer aus dem ganzen Land strömten. Auch innerhalb der Hauptstadt habe er Unterstützer, denen es möglich wäre, ihm ‚die Tore zu öffnen‘. So könnte ihm die unblutige Einnahme von Tripolis gelingen.
Allerdings stelle sich die Frage, ob Saif al-Islam tatsächlich vorhabe, Tripolis militärisch einzunehmen, da er doch jede Wahl spielend gewinnen könne. Alle Libyer wären hinsichtlich des ‚neuen Libyens‘ der jetzigen politischen Kräfte, denen sie die Schuld an dem gegenwärtigen Chaos geben, komplett desillusioniert. Die großen Stämme Libyens gelten als Anhänger des alten Regimes – und sie stellen die breite Mehrheit der Wähler.
Doch wie könnten es die Westmächte erlauben, dass in Libyen ein Gaddafi an die Macht zurückkehrt? Wie könnten sie in ihren eigenen Ländern den erbrachten Blutzoll rechtfertigen, wenn nun alles wieder so wird wie es einmal war? So könnte Gaddafi keine andere Option bleiben, als seinen Machtanspruch gegenüber dem Westen mit Gewalt durchzusetzen.
In Libyen existieren zwei Dschamahirija-Bewegungen, einmal die neugegründete People’s Front for the Liberation of Libya und die Bewegung People’s Libyan National Movement, in der sich mehrheitlich die ‚alte Garde‘ gesammelt hat. Saif al-Islam muss es auch gelingen, diese beiden Bewegungen zusammenzuhalten.

Saif al-Gaddafi und der internationale Haftbefehl

Die Zeitung al-Bayan[6] berichtet, dass sowohl internationale als auch regionale Parteien versuchen, den UN-Sicherheitsrat davon überzeugen, die Entscheidung, Saif al-Islam Gaddafi strafrechtlich verfolgen zu lassen, zurückzunehmen. Dies würde ihm erlauben, am politischen Prozess in Libyen teilzunehmen. Diplomatische Kreise bestätigten übereinstimmend, dass Saif al-Islam von einer signifikanten Mehrheit unterstützt werde. Sollte dies keine Berücksichtigung finden, würde dies zum Weiterbestehen der jetzigen Krise führen. Die meisten Stämme sowohl im Süden als auch im Westen und in der Zentralregion sowie auch einige Stämme und Angehörige der Legislative im Osten haben Saif al-Islam öffentlich ihre Unterstützung zugesagt.
Einzig dschihadistische Gruppierungen würden sich gegen Saif al-Islam Gaddafi stellen.

Bei der Befriedung Libyens führt kein Weg an Saif al-Islam Gaddafi vorbei

Sollte dem Westen und insbesondere der Europäischen Union wirklich an einer Befriedung Libyens gelegen sein, führt kein Weg an Saif al-Islam Gaddafi vorbei. Das ist eine bittere Pille, die die Neokolonialisten zu schlucken haben. Aber noch bitterer wäre, wenn das Chaos in Libyen und die dschihadistische Gefahr nicht nur Libyens afrikanische Nachbarländer destabilisiert, sondern die hohe Anzahl der Migranten und islamistische Anschläge auch europäische Regierungen, wenn nicht die EU als Ganzes, ins Wanken bringen.

Angelika Gutsche, 31.10.2017


[1] https://libyaagainstsuperpowermedia.org/2017/10/27/the-solution-for-libya/
[2] Richard Galustian ist ein Wirtschafts- und Sicherheitsanalyst, der sich seit 2011 in Libyen aufhält
[3] Mahmud Dschibril: Leitete unter Gaddafi den Nationalen Wirtschaftlichen Entwicklungsfonds. Setzte sich für eine Liberalisierung der libyschen Wirtschaft ein. Schloss sich 2011 umgehend den Aufständischen an und war im Übergangsrat Außenminister. Heute steht er der Partei der Allianz Nationaler Kräfte (National Forces Alliance Party) vor.
[4] Abu Zaid Omar Dorda: unter Gaddafi Außenminister, Premierminister, von 1997 bis 2003 Entsandter Libyens bei den Vereinten Nationen, Vorsitzender der Infrastrukturkommission und Chef des libyschen Auslandsgeheimdienstes. Nach der Ermordung Gaddafis war er bis März 2017 im al-Hadba-Gefängnis in Tripolis eingekerkert.
[5] http://www.libyatimes.net/news/56-exclusive-saif-s-last-stand
[6] https://rcmlibya.wordpress.com/2017/10/26/saif-al-islam-returns-to-politics-in-libya/


Libyen im Oktober 2017 – Monatsrückblick

Was geschah… eine unvollständige Auflistung
Oktober 2017

01.10.  Die Nacharbeitung des Libya Political Agreement (Skhirat Abkommen) innerhalb eines Komitees des Dialogs, das aus Vertretern des Parlaments (Tobruk) und des Staatsrats (Tripolis) besteht, findet in Tunis statt. Das Komitee hat sich darauf verständigt, den Präsidialrat von bisher neun auf drei Personen zu reduzieren. Umstritten sind weiterhin Artikel 8, in dem es um das Recht geht, wichtige Posten in Militär und Verwaltung zu besetzen (Parlament vs. Präsidialrat). Auch um die Anzahl der Mitglieder des Staatsrats wird gestritten.
Daneben geht es um eine eventuelle Verlängerung der Verfassunggebenden Versammlung, die festlegen soll, ob die bisherige Verfassung geändert oder eine Rückkehr zu der Verfassung von 1951 oder 1963 erfolgen soll.
01.10.  Bereits letzte Woche hatten schwere Regenfälle zu Überflutungen im Westen des Landes geführt. In Zliten ertranken zwei Personen. Auch Bani Walid, sowie das Wadi al-Rabie nahe des Internationalen Flughafens von Tripolis waren betroffen. Häuser wurden zerstört, Menschen mit Booten evakuiert. In den kommenden Tagen werden Überschwemmungen im Südwesten erwartet, insbesondere in Gatrun, Brak al-Schati, Bengasi und den Grünen Bergen.
02.10. In Tripolis kam es bei Kämpfen zwischen der Miliz Revolutionsbrigaden von Tripolis unter dem Kommando von Haithem Tadschuri und der Nawasi-Miliz von Alwad Radiah zu drei Toten. Die dschihadistische Nawasi-Miliz ist mit dem radikalen Moslembruder Khalifa Gweil und seiner Nationalen Heilsregierung verbündet.
Gerüchten zufolge hatte zunächst die Nawasi-Miliz die Revolutionsbrigaden angegriffen, weil diese Gespräche mit General Heftar aufgenommen haben soll.
02.10.  Die letzten Zahlen, die von der Libyschen Zentralbank zur Entwicklung der libyschen Wirtschaft herausgegeben wurden und die ersten neun Monate dieses Jahres betreffen, sind erschütternd. Von den angestrebten 20,3 Milliarden LD[1] wurden tatsächlich nur 13,8 Milliarden LD eingenommen. Vor allem das nicht Erreichen der angestrebten Ölfördermengen aufgrund der schlechten Sicherheitslage habe zu dem Defizit geführt. Auch bei den Ausgaben ergaben sich starke Defizite: Statt der angestrebten 28,2 Milliarden kamen nur 20,6 Milliarden zur Ausgabe.
Die libysche Regierung in Tripolis hat sich seit 2014 mit 70 Milliarden bei der Libyschen Zentralbank verschuldet. Die diesbezüglichen Zahlen der Regierung im Osten des Landes sind nicht bekannt.
02.10.  Der Spiegel wirft dem ehemaligen Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Luis Moreno Ocampo, schwere Verfehlungen vor. Laut dem Spiegel rechtfertigte 2011 Ocampos einseitige Stellungnahme gegen Gaddafi „das Eingreifen des Westens in Libyen“.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/libyen-und-internationaler-strafgerichtshof
03.10.  In Bani Walid hat in einem persönlichen Racheakt ein Mitglied des Warfalla-Stammes ein Mitglied des Gaddadfa-Stammes erschossen. Der Mörder wurde festgenommen.
03.10.  Der Texaner Ted Cruz versucht, im US-Senat, ein Verbot der Moslembruderschaft durchzusetzen. Ihre Einstufung als Terrororganisation hätte weitreichende Folgen. Die Moslembruderschaft selbst sieht sich laut heise.de „als Bewegung, die sich für eine weltweite Herrschaft des Islam als >Zivilisationsalternative< einsetzt.“ Um Ihr Ziel zu erreichen, ist die Bewegung mittlerweile in über 70 Ländern aktiv, in vielen davon allerdings verbotenerweise.[2]
04.10.  Im Gerichtsgebäude von Misrata erschossen drei IS-Selbstmordattentäter vier Menschen. 41 Personen wurden verletzt, etliche davon schwer. Ein Attentäter konnte erschossen werden, zwei sprengten sich nach der Tat selbst in die Luft. Misrata befindet sich seither im Ausnahmezustand.
04.10.  Nahe des Internationalen Flughafens von Tripolis kam es zu Kämpfen zwischen der islamistischen Miliz Revolutionäre Brigade von Tripolis von Haithem Tadschouri und Milizen aus Tarhouna. Es scheint unklar, um welche Miliz aus Tarhouna es sich gehandelt hat.
04.10.  Eine Etage des Pass- und Immigrationsamtes in Tripolis fiel den Flammen zum Opfer. Es könnte sich um Brandstiftung handeln. Die Flammen sollten Beweise, dass Pässe an ausländische Terroristen ausgestellt worden sind, vernichten. Hunderte Blanko-Pässe waren bei einem den Moslembrüdern nahestehenden Mitglied des GNC (General National Congress) gefunden worden.
04.10.  Nachdem die Sicherung des im Südwesten gelegenen Scharara-Ölfelds von einer machtvollen Tuareg-Einheit übernommen worden ist, konnte die Nationale Ölgesellschaft NOC den Ausnahmezustand aufheben und die Produktion wieder starten.
04.10.  Der britische Außenminister Boris Johnson sorgt mit seiner Forderung, die Libyer sollten die Leichen in der Stadt Sirte wegräumen, damit dort britische Geschäftsleute tätig werden können, für Empörung.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/boris-johnson-sorgt-fuer-empoerung
04.10.  Die Kosten allein für den Wiederaufbau Bengasis werden auf 1,8 Milliarden US-Dollar geschätzt.
05.10.  Ab dem 15. Oktober hat die Allgemeine Lehrergewerkschaft einen landesweiten Streik, der alle Schularten betreffen wird, ausgerufen. An dem Tag sollen im ganzen Land Demonstrationen stattfinden. Die Lehrer fordern höhere Gehälter, eine Krankenversicherung und Schutz vor Gewalt an Schulen.
05.10.  Die Prüfbehörde in Tripolis hat sieben libysche Diplomaten, die in Rom, Mailand und beim Vatikan arbeiten, wegen Veruntreuung beträchtlicher Summen suspendiert.
06.10.  Der Anti-IS-Operations-Room (AIOR; auch Sabratha’s Counter-Daesh Operations Room CDOR) hat am Morgen des 6. Oktobers die vollständige Einnahme von Sabrata bekanntgegeben. Die 48. Brigade (Amu-Brigade) unter dem Befehl von Ahmed Dabaschi ist geschlagen und wurde aus Sabrata vertrieben. Nach dem Eingreifen der Libyschen Nationalarmee (LNA) unter General Heftar in die Kämpfe auf Seiten des AIOR am letzten Donnerstag, konnte am Samstag der AIOR den Sieg über die radikalen Dabaschi-Islamisten verkünden. Nun bereitet sich die Libysche National Armee unter General Heftar auf den Marsch nach Tripolis vor.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/strategisch-wichtiger-sieg-ueber-dschihadisten
06.10.  Im Osten Tripolis‘ kamen bei Auseinandersetzungen zwischen dem 42. Bataillon und der al-Dschabari-Miliz vier Kämpfer ums Leben, 17 wurden verletzt, sieben davon schwer. Ein Gebäude des Wirtschaftsministeriums ging in Flammen auf. In den Straßen brachen unter den Zivilisten Chaos und Panik aus. Beide Milizen unterstehen offiziell dem ‚Innenministerium‘ des Präsidialrats.
07.10.  In Sirte wurden die Leichen von 21 Christen entdeckt, die vom sogenannten IS im Februar 2015 ermordet worden waren. Die Leichen hatten die Hände auf dem Rücken gefesselt und waren noch mit den orangefarbenen Overalls gekleidet, wie man es in den damals veröffentlichten Hinrichtungsvideos gesehen hatte. Zwanzig der Hingerichteten waren Ägypter, einer stammte wohl aus Ghana.
07.10.  Sebha leidet immer noch unter Treibstoffmangel. Die Fahrer weigern sich aus Sicherheitsgründen in den Süden des Landes zu fahren. Von 40 Tankwagen, die unter Geleitschutz von Misrata bis Dschufra fuhren, ist die Ladung verschwunden. Die weitere Begleitung hätte die LNA übernehmen sollen.
07.10.  In Misrata forderten Demonstranten die Einheit der libyschen Streitkräfte. Es sollte wieder die Polizei ihren Dienst tun und Milizen wie der Revolutionäre Schura-Rat von Bengasi sollten verschwinden.
07.10.  Die Wasserknappheit, unter der Bengasi seit vier Tagen litt, konnte beendet werden. Verursacht wurde sie durch eine Explosion an einer Hauptleitung im Leithi-Bezirk, über die die Versorgung Bengasis mit Wasser läuft.
08.10.  Nachwirkungen der Kämpfe in Sabrata: Über 3.000 Migranten aus Schwarzafrika wurden in Schmugglerlagern aufgegriffen und in Flüchtlingslager nahe Sabrata gebracht. RT bringt darüber ein kleines Video. Erschütterndes und trauriges Elend: www.youtube.com/watch?time_continue=75&v=8fLn9hlbY0o
08.10.  Daniel Hoffmann, ein ehemaliger hochrangiger CIA-Beamter, berichtet, dass sich der IS in Libyen neu formieren würde. Die Kämpfer müssten sich aus Syrien und dem Irak zurückziehen, da sie dort besiegt seien, und suchten zu tausenden nach einer neuen Heimat in Libyen. Sie würden von der Türkei aus über den Flughafen von Misrata in Libyen ein- und ausreisen und von dort aus versuchen, in die beiden strategisch wichtigen Städte Sirte und Sabrata zu gelangen, um neue Fronten zu eröffnen. Es seien Angriffe auf Ziele in Algerien und Marokko und vor allem Tunesien geplant, von wo viele IS-Kämpfer stammen.[3]
09.10.  Nach einer Anordnung der Generalanwaltschaft führte eine Misrata-Miliz des ‚Innenministeriums‘ (Tripolis) in der Ruwaisat-Gegend eine Razzia durch. Es wurden große Mengen Munition und Sprengstoff gefunden. Eine unbekannte Anzahl von IS-Mitgliedern soll verhaftet worden sein. Die Razzia geht zurück auf die Ankündigung des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses der Generalstaatsanwaltschaft (Attorney General’s Office AG), Sadek Assour, der nach einer Pressekonferenz am 28. September in Tripolis nach 14 Monaten intensiver Recherchen überraschend Namen mit Fotos von Terrorverdächtigen bekannt gab. Ebenso informierte er über Organisationsstrukturen, Verbindungen sowie Zugangswege der Terrororganisationen nach Libyen.
09.10.  In Sabrata haben drei Wochen Kämpfe schwere Schäden hinterlassen. Im Stadtzentrum wurden 30 Gebäude zerstört, aber auch an anderen Orte kam es zu Verwüstungen. 3.000 Familien mussten aus ihren Häusern flüchten.
Nach dem Sieg der AIOR-Miliz mit Unterstützung der LNA von General Heftar und der Flucht der Dabaschi- (oder Amu-)Miliz hat der Präsidialrat (Tripolis) der Stadt seine Unterstützung zugesagt.
Dies könnte bedeuten, dass der Präsidialrat bereits die Zusammenarbeit mit dem Parlament in Tobruk bzw. Heftar und seiner LNA probt. War eine der Voraussetzungen dafür, dass hart gegen Dschihadisten vorgegangen wird? Erklärt dies die Pressekonferenz des Generalstaatsanwalts vom 28. September in Tripolis und die nun darauf folgenden zahlreichen Verhaftungen von dschihadistischen Kämpfern?
09.10.  Fünfzehn afrikanische zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem Senegal, Guinea und Burkina Faso haben beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Klage gegen den ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy wegen der Ermordung von Muammar al-Gaddafi eingereicht. Bei einer Pressekonferenz in Bamako beschuldigten Sie Sarkozy, für den Terrorismus in Mali und der Sahelzone verantwortlich zu sein. Sie warfen Sarkozy vor, für den Krieg in Libyen, der die Ermordung Gaddafis und den Tod von tausenden Zivilisten zur Folge hatte, die Schuld zu tragen und forderten den Internationalen Strafgerichtshof auf, Sarkozy strafrechtlich zu verfolgen.
Die neugegründete Panafrikanische Zivilgesellschaftliche Front (Fispa): „Wir erstellten diese Anklageschrift gegen Nicolas Sarkozy wegen der Ermordung Gaddafis, da diese Tat dramatische und schwerwiegende Konsequenzen für den ganzen afrikanischen Kontinent und die Bevölkerung Afrikas hatte.“ In Libyen führte Gaddafis Ermordung zu Chaos, einer Wirtschaftskrise und dem Zusammenbruch der Sicherheitslage. Libyen wurde zu einem Tummelplatz für Dschihadisten und Schmuggler aller Art. Sollte der Internationale Gerichtshof auf die Klage nicht reagieren, zeige dies, dass der Gerichtshof seine Klienten nach Gutdünken auswähle.
Unter Nicolas Sarkozy überstellte Frankreich auch Laurent Gbagbo, ehemaliger Regierungschef der Elfenbeinküste, unrechtmäßig ohne Vorlage eines Haftbefehls, an den Strafgerichtshof in Den Haag. Dies geschah in Zusammenarbeit mit dem stark unter Beschuss geratenen ehemaligen Chefankläger des Strafgerichtshofs, Moreno Ocampo. (Siehe auch 02.10.)
09.10.  Das Auswärtige Amt hält den Bericht der deutschen Botschaft im Niger über die „allerschwersten, systematischen Menschenrechtsverletzungen“ in libyschen Flüchtlingslagern geheim, da er „nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen“ zu der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis sowie der Regierung im Niger haben könnte.[4] Das AA kann Transparenz mit dem Verweis auf die internationalen Beziehungen verweigern.
10.10.  Das Parlament in Tobruk diskutierte Änderungen des Libyan Political Agreement (Libyschen Politischen Vereinbarung / Abkommen von Skhirat). Es stimmte für die Streichung des Artikels 8 des Libyan Political Agreement. Artikel 8 sieht vor, dass z.B. die Ernennung von Militärkommandanten und von Chefs der Staatsinstitutionen wie der Zentralbank vom Parlament auf den Präsidialrat übertragen wird.
Der Begrenzung der Anzahl der Mitglieder des Präsidialrats von neun auf drei Mitglieder wurde zugestimmt. Daneben soll es einen Premierminister und ein Kabinett geben.
10.10.  In Sabrata wurden von der AIOR-Miliz mehr als 7.000 Flüchtlinge aus Schwarzafrika entdeckt, die in Lagern der besiegten Dabaschi-Miliz auf die Überfahrt nach Europa warteten. Sie wurden in das Dahman-Lager gebracht. Doch auch dort ist Nahrung und Wasser Mangelware. Die Migranten sind auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen. Vor allem für die Kinder fehlt jegliche Versorgung. Die Situation wird als chaotisch beschrieben. Inzwischen hat sich auch die Internationale Organisation für Migration (IOM) eingeschaltet. Die Flüchtlinge werden auf verschiedene Lager verteilt, in Tripolis und in Gharyan. Allerdings ist die Straße nach Gharyan blockiert. Es ist schwer, einen Gesamtüberblick über die Anzahl der Migranten zu erhalten, so ein lokaler Beobachter. Einige haben die Lager verlassen und sind zu Fuß nach Zuwara aufgebrochen, wo sie auf eine neuerliche Gelegenheit zur Überfahrt nach Europa warten.
Es heißt jetzt, Dabaschi hätte das Geld der Italiener genommen, um Flüchtlinge von der Überfahrt nach Europa abzuhalten. Allerdings hätte er dann nur seine Konkurrenten blockiert, seine eigenen Schleppergeschäfte aber weiter betrieben.
10.10.  Ab Ende Oktober will Frankreich die Asylberechtigung von Flüchtlingen bereits im Niger überprüfen. Es soll auch ein entsprechendes Büro im Tschad eröffnet werden. In den nächsten zwei Jahren sollen 10.000 Asylanten übernommen werden, davon 3.000 in Frankreich Aufnahme finden. Allerdings stehen im Tschad und Niger nahezu 100.000 Menschen auf einer Asyl-Liste des UN-Flüchtlingshilfswerks. Bei der Rückführung von Flüchtlingen will Macron zukünftig viel rigoroser vorgehen. Doch auch ihm ist klar, dass die Einrichtung von sogenannten Hotspots in Libyen zum gegenwärtigen Zeitpunkt unmöglich ist.
10.10.  Der in Tunis ansässige deutsche Botschafter für Libyen, Christian Buck, hat sich zunächst in Tripolis mit Faiez Sarradsch getroffen, bevor er zu Gesprächen mit General Heftar nach Bengasi flog. Buck sagte, Deutschland unterstütze die ‚Einheitsregierung‘, aber auch den Aktionsplan von Ghassan Salamé, dem Sonderbeauftragen der UN für Libyen.
Deutschland ist der größte bilateriale Geldgeber für Libyen und unterstützt mit 10 Millionen US-$ Projekte in Bengasi, Kikla, Ubari, Sebha und Sirte. Weitere Geldmittel sind zugesagt.
11.10.  Nach dem Sieg über die Dabaschi-Miliz in Sabrata wurden zwei Einheiten der Libyschen Nationalarmee (LNA, General Heftar) in einem Militärlager in Sorman (keine 10 km von Sabrata entfernt) stationiert. Vorher hatten die Einheiten auf der Luftwaffenbasis Wattija ihren Standort.
11.10.  Der Kommandant einer Miliz aus Zultan (zwischen Zuwara und der Grenze zu Tunesien), die auf Seiten der AIOR-Miliz in Sabrata kämpfte, ist erschossen worden. Drei seiner Begleiter wurden zum Teil schwer verletzt. Die Angreifer sind Unterstützer der besiegten Dabaschi-Miliz.
11.10.  Die Autorin Petra Reski schreibt über das Geschäft der süditalienischen Mafia mit Migranten aus Libyen: „dass die Clans in Sizilien schon 2007 leerstehende Fabrikgebäude oder Kasernen aufgekauft haben, um dort Flüchtlingszentren einzurichten.“ Die Flüchtlinge werden als Prostituierte oder Schwarzarbeiter missbraucht, der Lohn ihnen vorenthalten. Eine „Spezialität“ der Mafia sei das Abzweigen öffentlicher Gelder.[5]
11.10.  Eine in der Schweiz beheimatete NGO namens REACH hat herausgefunden, dass die Konflikte in Libyen Millionen Menschen in Mitleidenschaft ziehen und hat auf 33 Seiten dokumentiert, dass vor allem die fehlenden Einkommen/fehlendes Bargeld, die fehlende Sicherheit für die innerhalb des Landes Vertriebenen und die Energieversorgung die Hauptprobleme sind.[6]
Das sind nun wirklich keine neuen Erkenntnisse! Was so eine Studie kosten mag? Wer bezahlt das? Am Elend anderer Menschen lässt sich auch für NGOs gut verdienen.
11.10.  Das wirtschaftsfreundliche deutsche zenith magazin versucht sich auch in Sachen Libyen und hat eine nett aufgemachte, auf Englisch erscheinende Hochglanz-Site zu Libyen gestartet, die leider nur sehr schwach die Realitäten im Land abbildet: http://locallibya.com/en
11.10.  Auf einem Gehöft nahe der im Osten gelegenen Stadt Adschdabija haben Sicherheitskräfte aus Misrata nach Kämpfen 24 Mitglieder der dschihadistischen Miliz Revolutionärer Schurarat von Adschdabija festgenommen. Die beiden Anführer wurden bei den Kämpfen getötet, viele verwundet. Die Miliz war unter anderem in das Massaker von Brak am 18. Mai 2017 verwickelt, bei dem mehr als 140 Menschen gemeuchelt wurden.
Bis zum Frühsommer selbst eng mit den dschihadistischen Milizen verbündet, gehen nun Sicherheitskräfte von Misrata seit neuestem gegen diese vor. Der Wind hat sich gedreht und damit das Fähnchen…
11.10.  In Misrata wurde der Top-Dschihadist Al-Saai al-Nawfaly (alias al-Saadi Abdullah Ibrahim Abu Akhzyajem alias Abu Abdullah) festgenommen. Al-Nawfaly kämpfte für al-Kaida im Irak, kehrte aber 2005 nach Libyen zurück. Dort wurde er gefasst, im August 2006 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, doch bei der Erstürmung des Abu-Salim-Gefängnisses in Tripolis im August 2011 durch Dschihadisten befreit. Er gründete eine Dschihadisten-Miliz, die al-Kaida im islamischen Maghreb (AQUIM) nahestand. Der Stützpunkt seiner Miliz befand sich in einem Gehöft nahe Adschdabija. 2016 gab er in einem Video die Gründung der dschihadistischen Verteidigungsbrigaden von Bengasi bekannt.
Als am 3. Juni 2017 die LNA Dschufra eroberte, konnte al-Nawfaly entkommen und nach Misrata fliehen. Noch am 5. Oktober meldete er sich von dort über Facebook.
13.10.  Mohamed Musa al-Schaghri, der unter den am 11.10. bei Adschdabija festgenommenen Dschihadisten war, ist seinen schweren Verletzungen erlegen. Al-Schaghri war Mitglied des Revolutionären Schurarats von von Adschdabija und der Dschihadistengruppe Ansar al-Scharia, die dem IS zugehörig ist.
13.10.  Ein Libyer, der 2011 bei einem gezielten Bombenangriff auf sein Haus dreizehn Familienmitglieder, darunter seine Frau und seine Kinder verlor, klagt in Brüssel gegen die NATO. Sein Anwalt erläuterte auf RT[7], dass die NATO gezielt sein Wohnhaus bombardierte, also ein ziviles Ziel. Dieser Prozess könnte auch anderen Opfern Klagemöglichkeiten eröffnen. Bisher geht die NATO davon aus, dass sie vor belgischen Gerichten Immunität genieße und die europäische Menschenrechtskonvention auf sie nicht anwendbar sei. Dies wird in diesem Prozess angefochten.
Die Argumentation des gegnerischen Anwalts: „Es liegt in der Natur des Krieges, Schäden zu verursachen. Das Gelände, das in Libyen bombardiert wurde, war Eigentum einer dem Regime sehr nahestehenden Person, ein General, der an der Seite des Regimes kämpfte. Auf dem Gelände waren Lastwagen, auf dem Gebäude befanden sich Satellitenschüsseln. Dieses Gebäude war ein legitimes Ziel.“
Wer mit einem General verwandt ist, darf also durch Bomben getötet werden, auch Frauen und Kinder. Noch dazu, wenn das Haus über eine Satellitenschüssel verfügt. Menschenrechte? Kriegsverbrechen? Fehlanzeige!
13.10.  Auf Anordnung von General Heftar wurde der Hafen von Tobruk für die internationale Schifffahrt geschlossen. Alle Importe und Exporte müssen nun über den wiedereröffneten Hafen von Bengasi abgewickelt werden. Dies soll dem Schmuggel über den Tobruk-Hafen einen Riegel vorschieben.
13.10.  Nachdem in Bengasi Schüsse in die Luft zufällig einen Gast in einem Straßencafé tödlich getroffen haben, ist in der Stadt die Empörung über den Gebrauch von Schusswaffen groß. Die Stadt ist von Waffen überschwemmt und es kommt immer wieder zu tödlichen Unfällen. Nun soll der Schusswaffengebrauch gestoppt werden.
13.10.  In Sabrata fand eine Demonstration statt, bei der die Absetzung des Bürgermeisters, Hassen Dhawadi, und des gesamten Stadtrats gefordert wurde. Dhawadi wird vorgeworfen, mit dem IS zu sympathisieren. Er soll den IS nicht nur in der Stadt geduldet, sondern auch gemeinsame Sache mit ihm gemacht haben.
13.10.  In der Nachbarstadt von Sabrata, Adschilat, forderten Demonstranten die Rückkehr von Armee und Polizei. Diese Forderung wird in der Regel als Unterstützung für die Libysche Nationalarmee verstanden.
14.10.  Im Libanon wurde ein Haftbefehl gegen Abdessalam Dschalloud [8]ausgestellt, der sich im Moment in Italien aufhalten soll. Es geht dabei um das Verschwinden des schiitischen Imams Musa Sadr im Jahr 1978. Nach einem Aufenthalt im August 1978 war Musa Sadr zusammen mit zwei Begleitern verschwunden. Gaddafi wurde verdächtigt, die drei ermordet zu haben, was Gaddafi bestritt. Er sagte, die drei seien nach Rom abgeflogen. 2013 soll der ehemalige Geheimdienstchef Gaddafis, Abdullah Senussi, ausgesagt haben, die drei seien zunächst gefangen gehalten und dann getötet worden. Senussi befand sich zur Zeit dieser Aussage im Abu-Salim-Gefängnis in Tripolis, wo nachweislich gefoltert wurde. Sollte diese Aussage wirklich so gemacht worden sein, dürfte sie unter Folter erzwungen worden sein.
Schiiten im Libanon glauben, dass der heute 89-jährige Musa Sadr immer noch am Leben sei und in einem Geheimgefängnis in Libyen gefangen gehalten werde.
14.10.  Der Schulbeginn in Libyen, der nun am 15. Oktober beginnen sollte, musste ein weiteres Mal verschoben werden. Die Lehrer fordern Gehaltserhöhungen, eine Krankenversicherung und Sicherheitsvorkehrungen für die Schulen. Die Verhandlungen müssen mit dem Präsidialrat in Tripolis geführt werden, da die dortige Libysche Zentralbank für die Gehaltszahlungen im ganzen Land zuständig ist.
14.10.  Die Libysche Nationalarmee (LNA) hat in Adschdabija eine neue Einheit zur Abschreckung (Rada-Unit) eingesetzt. Diese Rada-Einheit ist für die gesamte Zentrale Militärzone zuständig. Die Zentrale Militärzone erstreckt sich vom Sirte im Westen nach Sidi Abdelati (60 km nördlich von Adschdabiya) und im Süden bis Zillah. Adschdabiya liegt in der Kyrenaika in 18 km Entfernung zum Mittelmeer.
Weitere vom Parlament in Tobruk letzten Monat ausgerufene Militärzonen sind Misrata, Tripolis und Zawia.
15.10.  General Heftar hat erklärt, dass in Libyen nur noch wenige Gebiete nicht von der LNA kontrolliert werden. Die LNA halte auch Gebiete westlich von Tripolis, von Zuwara bis zur tunesischen Grenze. In Kürze sei auch Zawia, 30 km westlich der Hauptstadt gelegen, unter LNA Kontrolle. Die Aussagen Heftars werden als eine Ankündigung für seinen Marsch auf Tripolis verstanden. Es wird vermutet, dass Heftar keinen militärischen Sieg anstrebt, sondern auf ein Überlaufen von dortigen Milizen hofft, so wie das in den Gebieten westlich von Tripolis der Fall war.
Allerdings machte Heftar keine Aussagen zu Misrata und deren kampferprobten Milizen.
16.10.  In einem Interview sagte der russische Außenminister Lawrow über den Nato-Krieg 2011 gegen Libyen: „Unsere Gegenspieler von der Nato setzten ihre Flugzeuge ein und bombardierten Gaddafis Armee, sie halfen den Rebellen, unter denen sich eine Menge Terroristen befanden und ermordeten den libyschen Revolutionsführer.“ Und weiter: „Die Resolution des UN-Sicherheitsrats wurde gebrochen und missbraucht. Soweit zum Verhandlungsgeschick unserer Partner, die sich schäbig und unehrlich benommen haben.“
16.10.  Am Morgen mussten die Flüge vom einzig funktionierenden Tripolis-Flughafen Mitiga ausgesetzt werden. Grund waren Kämpfe zwischen der Miliz von Abdelrauf Kara (gehört zum ‚Innenministerium‘ der ‚Einheitsregierung‘) und bewaffneten Angreifern.
17.10.  Die Kämpfe im Ghararat-Bezirk von Tripolis halten den zweiten Tag an und haben sich um die Gegend des gesamten Flughafens ausgedehnt, der wieder geschlossen werden musste. Heftiger Kampflärm war zu hören, Fluggäste und Personal wurden evakuiert.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/kaempfe-in-tripolis
17.10.  Die dschihadistische Nawasi-Miliz der Hauptstadt Tripolis hat einen Angriff auf den Hafen von Tripolis gestartet, um die 50. Miliz von dort zu vertreiben. Es kamen Panzer und Fahrzeuge mit schweren Maschinengewehren zum Einsatz. Der Hafen befindet sich in unmittelbarer Nähe der Innenstadt.
Offiziell unterstehen beide Milizen dem ‚Innenministerium‘ des Präsidialrats.
17.10.  Der Anwalt der Familie Gaddafi, Khalid al-Zaidi, hat in Tunis angekündigt, dass Saif al-Islam sein politisches Comeback plant und gerade verschiedene Orte in Libyen besucht, um mit den Stämmen das weitere Vorgehen zu besprechen. Weiter sagte al-Zaidi, dass sich Saif al-Islam bester Gesundheit erfreue und dass die libysche Bevölkerung sehnlichst seine Rückkehr und die Bekanntmachung seines politischen Programms erwarte.
 
Es werde eine internationale Organisation ins Leben gerufen werden, die sicherstellen soll, dass die vormaligen katarischen Führer wie der frühere Emir Khalifa al-Thani für ihre Taten in Libyen vor dem Internationalen Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden.
17.10.  Die Gespräche in Tunis zwischen dem Parlament in Tobruk und dem Staatsrat über Korrekturen beim Libyan Political Agreement (LPA) wurden ausgesetzt, nachdem sich die Parlamentsvertreter aus den Verhandlungen zurückgezogen hatten. Sie warfen den Vertretern des Staatsrats vor, die Verhandlungen zu verschleppen und falsch zu spielen. Der Staatsrat würde sich weigern, über den umstrittenen Artikel 8 (siehe oben: 01.10.) zu verhandeln und versuche, sich als zweite Kammer neben dem Parlament zu installieren. Es ginge ihm nur um die Macht, und nicht darum, einen Weg aus der Krise zu finden. Sie verlangten, dass der Staatsrat seine Vorschläge schriftlich darlegt. Der Staatsrat wies die Vorwürfe zurück.
17.10.  Giuseppe Perrone, der Botschaft Italiens für Libyen, führte in Bengasi Gespräche mit dem Bürgermeister und Mitgliedern der Handelskammer. Er betonte die engen Bindungen zwischen Italien und Libyen, die auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Kultur und im sozialen Bereich verstärkt werden sollten und diente italienische Firmen für den Wiederaufbau an.
Die Italiener möchten jetzt also auch am Aufbau verdienen, nachdem sie bis jetzt die Islamisten von Misrata, die gegen die LNA kämpften und Bengasi zerstörten, unterstützten. Bereits im Juli hatte Italien in Tobruk eine Agentur für die Ausgabe von Schengen-Visa eröffnet.
17.10.  Der UN-Flüchtlingskommissar gab bekannt, dass sich in Sabrata insgesamt 20.500 Migranten unter entsetzlichen Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern aufhalten. Die Flüchtlinge wurden von den Schmuggelmilizen wie Gefangene behandelt und an verschiedenen Orten in und um Sabrata wie Bauernhöfen oder Lagerhäusern versteckt gehalten. Nun wurden etwa 14.500 Migranten in offizielle Auffanglager gebracht und auch durch das Flüchtlingshilfswerk der UN mit dem Lebensnotwendigsten versorgt. Die Helfer des Flüchtlingshilfswerks seien vor Ort mit erschütternden Zuständen konfrontiert. Unter den Flüchtlingen befinden sich hochschwangere Frauen und neugeborene Babys. Etlichen Menschen fehlte es sogar an Kleidung. Viele hätten auch Verwundungen durch Schusswaffen oder zeigten Zeichen von Missbrauch. Viele seien traumatisiert. Die meisten gaben an, Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt gewesen zu sein. Oft seien sie geschlagen und gezwungen worden, ohne Essen und Wasser viele Stunden zu arbeiten. Unter den Migranten befänden sich viele Kinder ohne Begleitung, etliche jünger als sechs Jahre. Die meisten davon haben ihre Eltern auf der Flucht verloren. Die Versorgung aller Migranten kann nicht mehr gewährleistet werden, obwohl viele internationale Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz ihre Arbeit in Libyen aufgenommen haben.
18.10.  Eine sogenannte Meinungsumfrage von Centre Maghrebin d’Etudes sur la Libye aus Tunis hat in Tripolis und vier weiteren Städten des Westens stattgefunden (die berberische Schmugglerstadt Zuwara und die gerade umkämpft gewesene Stadt Sabrata, sowie Gharjan und Sorman). Es wurden gerade einmal 1.211 Menschen befragt, wie diese ausgewählt wurden, geht aus dem Bericht nicht hervor. In Tripolis beispielsweise wäre es interessant gewesen zu wissen, aus welchen Bezirken die Befragten stammten. Von einer repräsentativen Umfrage kann also keine Rede sein. Trotzdem einige Ergebnisse der Studie: 96 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit der gegenwärtigen Situation unglücklich oder sehr unglücklich sind, eine Mehrheit hofft aber auf zukünftige Besserung. Nur 17 Prozent sagen, dass sie politischen Parteien trauen, die restlichen 83 Prozent wollen Einzelpersonen unterstützen. 87 Prozent sind gegen ein föderales System in Libyen, 75 Prozent wünschen sich die Auflösung der Milizen und 92 Prozent sind der Meinung, dass die Korruption seit dem Sturz Gaddafis zugenommen hat.
18.10.  In Italien hat die sizilianische Staatsanwaltschaft eine multinationale Schmugglerbande von Diesel-Treibstoff auffliegen lassen. Der Diesel im Wert von mindestens 35 Millionen US-$ wurde von Zawia (50 km westlich von Tripolis gelegen) nach Sizilien geschmuggelt und von dort in ganz Italien und an europäische Nachbarstaaten ausgeliefert. Daran beteiligt waren Libyer, Malteser und die italienische Mafia. Der Diesel war von schlechter Qualität und dürfte vor dem Verkauf mit normalen Diesel verschnitten worden sein.
19.10.  Die Miliz von Abdel Rauf Kara hatte im Wirschefana-Gebiet zwei Männer gefangen genommen, zum einen al-Mabruk Ahnisch und Imam Daoud Mohamed al-Faki, und nach Tripolis gebracht. Nun drohte der Bruder von al-Mabruk Ahnisch, Khalifa Ahnisch, damit, die Wasserzufuhr nach Tripolis, die über den Man-Made-River erfolgt, zu unterbrechen, da seiner Forderung, al-Mabruk Ahnisch freizulassen, von der Kara-Miliz in Tripolis nicht nachgegeben wurde. In einem Video bezog sich Al-Mabruk Ahnisch auf den Kommandanten der pro-Gaddafi Tuareg-Truppen in Ubari, Ali Kani. Kommandant Kani erklärte aber mit Nachdruck, dass er mit al-Ahnisch absolut nichts zu tun habe.
19.10.  Aufgrund der Kämpfe im Nordwesten Libyens hat das Rote Kreuz Medikamente und Nahrungsmittel für mehr als 1200 Familien, die aus ihren Häusern fliehen mussten, bereitgestellt. In den Kämpfen wurden bisher dutzende Zivilisten und Kämpfer getötet und mehrere hundert verletzt. Das Internationale Rote Kreuz ruft alle an den Kämpfen beteiligten dazu auf, das Leben von Zivilisten und die zivile Infrastruktur zu schonen und dafür zu sorgen, dass keine Zivilisten bei den Kämpfen ums Leben kommen.
19.10.  General Heftar hat in Bani Walid eine neue Einheit (27. Brigade) der LNA stationiert. Bani Walid befindet sich in etwa in gleicher Entfernung zu Tripolis und zu Misrata. Die Bewohner von Bani Walid gehören überwiegend dem Warfalla-Stamm[9] an, ebenso wie der neu ernannte Kommandant.
19.10.  In Brüssel fand eine Konferenz zum Thema „Schaffung von Frieden und Staatsaufbau in Libyen: Welche Rolle hat dabei die EU?“ Auf libyscher Seite war der Hauptredner Mahmud Dschibril.[10] Er meinte, die Verhandlungen im Rahmen des Libyan Political Agreement (Skhirat-Abkommen) und die Diskussion über die Besetzung der höchsten Ämter hätten zur Folge, dass für die Besetzung der Schlüsselpositionen bereits jetzt eine Million LD[11] geboten werde. Dieser Betrag würde sich noch erhöhen, kämen erst einmal konkrete Namen ins Spiel.
Dschibril war der Meinung, dass die gegenwärtige Politik der EU, insbesondere in Hinblick auf das Migranten-Problem, in Libyen nur neue Probleme schafft. Die illegale Migration in Libyen hält er für transnational organsiertes Verbrechen. Es gebe eine Partnerschaft zwischen libyschen Milizenführern und deren Partnern in Afrika und Europa. Vor der Idee, die Migranten aus Schwarzafrika in Libyen in Lagern zu halten, warnt er. Dies könne zu dauerhaften Siedlungen ähnlich den heutigen Palästinenser-Lagern führen.
20.10.  TRAUER UM OBERST MUAMMAR AL-GADDAFI: Heute jährt sich zum sechsten Mal der Todestag von Muammar al-Gaddafi und seines Sohnes Mutassim.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/6-jahrestag-der-ermordung-von-oberst-gaddafi
20.10.  Das Libyan Revolutionary Committees Movement veröffentlicht einen Text von Gerald A. Perreira zum Jahrestag der Ermordung von Muammar al-Gaddafis.[12] Darin heißt es: „Die Exekution von Muammar Gaddafi und jenen, die an seiner Seite kämpften, und die Zerstörung der libyschen Dschamahirija ist eines der größten Verbrechen dieses Jahrhunderts. Diejenige, die dafür verantwortlich sind wie Nicolas Sarkozy, Barack Obama, Hillary Clinton, David Cameron, King Salman bin Abdulaziz al-Saud und Emir Tamin bin Thani, müssen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden. Es hatte sich eine gefährliche Koalition zusammengefunden aus halbfeudalen arabischen Regimen, Katar, VAE, Sudan mit zwielichtige Monarchisten und al-Kaida nahen Terroristen in Libyen. Sie arbeiteten mit dem CIA und MI5 seit Jahrzehnten zusammen, verbunden durch das gemeinsame Ziel. Für sie gab es nur ein Ziel: die totale Zerstörung.“
„All jene, die auf der ganzen Welt Unterdrückung und Tyrannei widerstehen, grüßen den großen Freiheitskämpfer, unseren Bruder-Führer, Muammar Gaddafi und die anderen Revolutionsführer der al-Fatah. [...] Wir bekunden unsere Solidarität mit der Familie Gaddafi und mit den Familien aller Märtyrer. Wir bekunden unsere Solidarität mit den politischen Gefangenen in Libyen und mit den mehr als eineinhalb Millionen Gaddafi-Treuen, die aus ihrer Heimat ins Exil flohen.“
20.10.  Sogar der Libyaherald muss am Todestag Gaddafis bekennen, dass die jetzige politische Elite nicht fähig ist, das Land aus seiner Lähmung zu führen. „Beide politischen Parteien [Parlament in Tobruk und ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis] verlieren immer mehr Vertrauen – soweit dies überhaupt noch möglich ist.“[13]
21.10.  Nachdem in Tunis zunächst gestern beschlossen worden war, bei den Verhandlungen zwischen Parlament (Tobruk) und Staatsrat (Tripolis) zur Überarbeitung des Libyan Political Agreements, drei Unterverhandlungsgremien einzusetzen, sind heute die Gespräche abgebrochen worden. Es wurde kein Termin für ein neues Treffen vereinbart. Umstritten waren vor allem der Artikel 8 und von wem zukünftig die drei Präsidialratsmitglieder und der Premierminister ernannt werden sollen.
(Siehe auch 01.10. und 17.10.)
22.10.  In einem südlichen Vorort von Tripolis kam es heute an einer Straßensperre zu Kämpfen zwischen Mitglieder der 42. Brigade (‚Innenministerium‘ der ‚Einheitsregierung‘) und zwei Mitgliedern der Präsidialgarde (Präsidialrat). Bei der Schießerei wurde der stellvertretende Kommandant der 42. Brigade und eine andere Person getötet sowie drei weitere verletzt. Die Unruhen in dem Gebiet halten weiter an.
22.10.  Das Nationalkomitee für Menschenrechte in Libyen (NCHRL) verurteilt aufs Schärfste die lokalen Behörden von al-Khums (im Westen zwischen Tripolis und Misrata gelegen). Es sei ein schlimmes Versagen, die an der Küste angeschwemmten Leichen von Migranten nicht zu beerdigen, sondern sie oft wochenlang an den Stränden liegen zu lassen. Andere Städte haben zu diesem Zweck Massengräber eingerichtet. Dies sei der humanitären Verantwortung geschuldet und verhindere den Ausbruch von Seuchen. Al-Khums gilt als ein Zentrum des Menschenschmuggels.
Laut der Internationale Organisation für Migration sind seit Anfang des Jahres 485 Migranten auf dem Weg nach Italien im Mittelmeer ertrunken.
22.10.  In einer Anlage des Man-Made-Rivers ist bei Wartungsarbeiten ein Stromaggregat in Brand geraten. Solange die Reparatur- und Wartungsarbeiten anhalten, können die Wasserpumpen nicht arbeiten. Bereits vor Tagen wurde angekündigt, dass die Wartung mindestens bis 25. Oktober dauern wird und so lange kein Wasser nach Tripolis und in andere Küstenstädte geleitet werden kann.
22.10.  Der Bugharara-Sufi-Schrein im Ghararat-Bezirk von Tripolis ist von Unbekannten zerstört worden. Salafisten haben in der Hauptstadt in den letzten Jahren mehrere Sufi-Schreine (Grabstätten von Heiligen) zerstört, da Salafisten in ihrer strengen Glaubensauslegung keine Gebete zu Heiligen akzeptieren.
22.10.  Die mysteriöse Selbstmordserie unter Jugendlichen in Beida geht weiter. Bisher sind 32 Selbstmorde bekannt geworden, zuletzt erhängte sich ein 14-jähriger Junge. Das jüngste Todesopfer war ein 11-jähriges Mädchen, das sich von einem Gebäude in den Tod stürzte. Die Übergangsregierung (Beida) hat eine Untersuchung zur Aufklärung der unheimlichen Vorgänge eingesetzt. Es gibt verschiedene Mutmaßungen über die Ursache, unter anderen wird die hoffnungslose Situation in Libyen, die Jugendliche in die Verzweiflung treibt, für die Selbstmorde verantwortlich gemacht.
23.10.  Der von der ‚Regierung‘ offiziell als ‚Tag der Befreiung‘ zum Feiertag erklärte 23. Oktober wird in ganz Libyen ignoriert.
23.10.  Tuareg fordern, die algerisch-libysche Grenze bei Ghat wieder zu öffnen. Der hochangesehene Tuareg-Führer, Ibrahim Goma, besuchte zunächst Dschanet in Algerien, dann Ghat in Libyen. Er unterstützte die Forderung der Tuareg nach einer Grenzöffnung. Die Stadt benötigt dringend Hilfe aus Algerien und fordert, dass sich kranke Ghat-Bewohner in Algerien behandeln lassen können.
Einige hundert Tuareg auf beiden Seiten der Grenze demonstrierten für diese Forderungen. Algerien hält die Grenze aus Sicherheitsgründen geschlossen.
23.10.  Ägypten hat im Grenzgebiet einen Luftangriff auf einen Konvoy von acht Geländewagen geflogen. Der Konvoy sei von Libyen auf den Weg nach Ägypten gewesen und hätte Waffen und Sprengstoff mit sich geführt.
23.10.  In einem Bericht vergleicht sputniknews die Vor- und Nach-Gaddafi-Zeit und stellt fest, dass unter Gaddafi Libyen „ein prosperierendes Land war, in dem eine glückliche Bevölkerung lebte. Seit 2011 befindet sich Libyen im Bürgerkrieg.“ „Tausende Menschen fliehen jedes Jahr aus Libyen, um dem Krieg und der Armut zu entkommen.“
23.10.  Antikrieg veröffentlicht die deutsche Übersetzung eines Artikels von Ben Norton[14], der den   Inhalt des Berichts des britischen Parlaments über den NATO-Krieg zusammenfasst und aus            dem eindeutig hervorgeht, dass der Krieg gegen Libyen auf Lügen basierte:
            http://antikrieg.com/aktuell/2017_10_23_bericht.htm
            In dem Bericht der Briten wird kritisiert, dass sich die Politiker nicht richtig informiert hätten       und 2011 praktisch aus Unwissenheit gehandelt und den Krieg gegen Libyen geführt haben.         Doch das ist eine Lüge! Jeder, der es wissen wollte, wusste es auch, was es mit dem Krieg und   den Anschuldigungen gegen Gaddafi auf sich hat. Er wusste auch, dass es in großer Anzahl            Dschihadisten waren, die tonangebend im National Transitional Council (Nationaler        Übergangsrat)[15] vertreten waren. Der Rat bestand aus 33 Mitgliedern, allerdings wurden von            nur 14 Mitgliedern die Namen bekannt gegeben. Bei den restlichen Mitgliedern dürfte es sich            um das Who-is-Who von al-Kaida- und LIFG-Führern (Libyan Islamic Fighting Group) gehandelt haben.
25.10.  Auf den Tisan-Kontrollposten (60 km südlich von Adschdabija) wurde mit sieben Fahrzeugen ein Anschlag verübt. Mindestens zwei Soldaten der LNA kamen dabei ums Leben, mehrere wurden verletzt. Da ein Soldat geköpft wurde, wird von einer IS-Täterschaft ausgegangen. Die Angreifer setzten den Kontrollposten in Brand und konnten mit den erbeuteten Waffen entkommen.
25.10.  Auf einer Pressekonferenz beschuldigte der Sprecher von General Heftar, Ahmed al-Mismari, die italienische Mafia, Handel mit den Organen von Migranten zu betreiben.
Er sagte auch, dass sich die LNA auf einen wichtigen Kampf vorbereite. Gemeint dürfte damit der Marsch auf Tripolis sein.
26.10.  SAIF AL-ISLAM GADDAFI VERFASST EINE DENKSCHRIFT ZU LIBYEN: LÜGEN ÜBER DEN STAAT, SEINE FÜHRUNG UND DIE ARMEE. Darin werden schwere Vorwürfe gegen den Westen und den Internationalen Strafgerichtshof erhoben.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/eine-philippika-von-saif-al-islam-gaddafi
26.10.  Die Zeitung al-Bayan berichtet, dass sowohl internationale als auch regionale Parteien versuchen, den UN-Sicherheitsrat davon überzeugen, die Entscheidung, Saif al-Islam Gaddafi strafrechtlich verfolgen zu lassen, zurückzunehmen. Dies würde ihm erlauben, am politischen Prozess in Libyen teilzunehmen. Diplomatische Kreise bestätigten übereinstimmend, dass Saif al-Islam von einer signifikanten Bevölkerungsmehrheit unterstützt werde.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/saif-al-islam-gaddafi-und-libyens-zukunft
26.10.  Ein Bericht des britischen Independent wird von dem libysche Parlamentarier Abu Bakr Baira (Tobruk) bestätigt. Er erklärt, dass Migranten, die von der libyschen Küstenwache abgefangen und in Flüchtlingslager gebracht worden sind, zuerst brutal misshandelt werden und dann gegen die Zahlung von Bestechungsgeldern die Lager wieder verlassen könnten. Die Küstenwache wird unter anderen von Italien und Großbritannien ausgerüstet und finanziert. Laut Judith Sunderland von Human Rights Watch gibt es in Libyen Überschneidungen zwischen Schmugglern, Milizen und Behörden: „Wir sind besorgt über die Gewalttätigkeit, Rücksichtslosigkeit und Unberechenbarkeit der Küstenwache, die Unterstützung und Ausrüstung aus Europa bezieht“.[16] „Es besteht eindeutig die Gefahr, dass EU-Gelder, Ausbildung und Ausrüstung einen Kreislauf fördern, der noch mehr Schmerz und Leid bringt und im Endeffekt nicht zu den angestrebten Zielen führt."
27.10.  An einer Wüstenstraße bei al-Abjar, 50 km südwestlich von Bengasi, wurden 36 Leichen gefunden, die Schussverletzungen aufweisen. Bei den Ermordeten scheint es sich um Libyer zu handeln mit radikal-islamistischer Ausrichtung. Die LNA hat Untersuchungen aufgenommen.
27.10.  Der LNA-Sprecher, Oberst Ahmed Mismari, hat eine Frist von sechs Monaten gesetzt, um die Krise im Land durch Verhandlungen zu beenden. Sollte dies in dieser Zeit nicht gelingen, werde die LNA in Tripolis einmarschieren. Die Vorbereitungen dazu liefen. Die LNA würde nicht länger dem Chaos in Tripolis zusehen, von dem ausländische Staaten wie Katar aber auch Kriminelle und Terroristen profitierten. Mismari verwies auch auf die gute Zusammenarbeit mit Nachbarländern und andere arabische Staaten (VAE).
Mismari sprach auch die vermuteten Beziehungen zwischen dem organisierten Verbrechen in Libyen und Italien an. Illegale Migranten seien ermordet worden, zum Beispiel Bangladeschi, und ihre Körperteile in Italien verkauft. Daneben ginge es auch um Ölschmuggel. Er deutete an, dass der Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia auf Malta damit etwas zu tun gehabt haben könnte.
Mismari war erst von einer Reise nach Tunesien, Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate zurückgekehrt.
27.10.  Auf Libyaagainstsuperpowermedia[17] wurde ein bemerkenswerter Artikel von Richard Galustian[18] veröffentlicht. Galustian schlägt darin nach dem Scheitern aller Verhandlungsansätze einen bemerkenswerten Fünf-Punkte-Plan für Libyen vor, bei dem Saif al-Islam Gaddafi sofort das Amt des Präsidenten übernehmen sollte.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/saif-al-islam-gaddafi-und-libyens-zukunft
27.10.  Jakob Reimann schreibt auf justicenow.de[19]: „Die USA haben in 172 Ländern dieser Welt 240.000 Soldaten stationiert – ein ausuferndes globales Netzwerk als permanente Drohgebärde.“ Auf der Erde gibt es 194 Länder, d.h. die USA haben in 89 Prozent aller Länder eine militärische Präsenz. „Das US-Empire ist das mächtigste Imperium der Menschheitsgeschichte.“ Militärische Vergeltung wird jedem Land angedroht und auch eingesetzt, „das es wagt, sich Washington substantiell zu widersetzen.“ Seit 9/11 gilt der „Krieg gegen den Terror“ als Vorwand für jede Art von militärischer Intervention. „Terror“ ist aber eine militärische Strategie und als solche nicht zu besiegen. Es findet also ein permanenter Krieg statt, der niemals siegreich zu beenden ist.
28.10.  Ein kleines Häufchen hartgesottener Dschihadisten feierte in Misrata den sechsten Jahrestag der „Freiheitserklärung“ nach dem Tod von Muammar al-Gaddafi.
28.10.  Ein Artikel in libyatimes[20] befasst sich mit den Plänen von Saif al-Islam Gaddafi. Es heißt darin, dass sich Saif al-Islam Gaddafi auf eine Tripolis-Offensive vorbereiten könnte. Allerdings stelle sich die Frage, ob Saif al-Islam tatsächlich vorhabe, Tripolis militärisch einzunehmen, da er doch jede Wahl spielend gewinnen könne – wenn dies der Westen zuließe.
29.10.  Die schweizerische NGO Reach hat wieder zugeschlagen. Nun hat sie herausgefunden, dass in Libyen die Lebensmittelpreise exorbitant steigen und zwar seit Juni 2017 um 10,7 Prozent. Besonders betroffen ist der Süden Libyens und dort die Städte Gatrun, Mursuk und Ubari.
Von wem wird diese NGO beauftragt und bezahlt? Fließen libysche Gelder in diese unsäglichen Projekte, die Fakten zu Tage fördern, die sowieso jedem bekannt sind, anstatt diese Gelder beispielsweise in die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu stecken?
30.10.  In einer militärischen US-Geheimmission unter dem Oberbefehl von US-Präsident Donald Trump wurde in Zusammenarbeit mit einer Misrata-Miliz in Misrata Mustafa al-Imam gefangengenommen und auf ein im Hafen ankerndes Marineboot der US-Marine gebracht, das ihn in die USA bringen soll. Dort soll Mustafa al-Imam der Prozess gemacht werden. Ihm wird vorgeworfen, im September 2012 an dem Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi beteiligt gewesen zu sein, bei dem US-Botschafter Christopher Stevens und drei andere US-Bürger ums Leben kamen. Als Beweis dienen Videoaufnahmen.
Allerdings ist die Identität von al-Imam umstritten. Mal heißt es, er sei Libyer, mal Syrer, mal Palästinenser. LibyaTimes[21] schreibt, die libyschen Sicherheitskräfte hätten ihn nicht auf dem Radar gehabt, genauso wenig wie er auf irgendeiner „Terroristenliste“ geführt ist. Dies lässt vermuten, dass er entweder überhaupt nicht wichtig ist, oder dass er so wichtig ist, dass er praktisch mit Absicht unter dem Radar gehalten wurde, um unbehelligt überall hin reisen zu können.
Frage: Wer hatte bisher Interesse daran, al-Imam unter dem Radar zu halten?
31.10.  Bei Luftangriffen auf Derna wurden mindestens 17 Menschen getötet und weitere 30 verwundet. Unter den Opfern waren acht Kinder und sieben Frauen. Welche Luftwaffe die Angriffe geflogen hat, ist nicht eindeutig geklärt, Vermutungen deuten auf Ägypten. Während der ‚Präsidialrat‘ der ‚Einheitsregierung‘ den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu aufgerufen hat, den Angriff zu untersuchen, hat die LNA alle Zivilisten in Derna dazu aufgefordert, sich von den „Stellungen der Terroristen“ fernzuhalten. Der Mudschahedin-Schura-Rat der Stadt benutze Zivilisten als menschliche Schutzschilder.
Nachdem aber sowohl Ägypten als auch die LNA jede Schuld für den Luftangriff von sich gewiesen haben, wird darüber spekuliert, welche anderen Länder den Angriff geflogen haben könnten.
31.10.  Die Zeitung Asharq al-Awsat schreibt, nach fast drei Jahren schwerer Kämpfe im Osten und Süden Libyens könne die LNA unter General Heftar erst einmal aufatmen. Nun beginne eine neue Phase. Die Armee konzentriere sich jetzt auf die neben Bengasi größten Städte Libyens, auf Misrata und Tripolis, in denen gefährliche Milizen, extremistische Gruppen mit modernen Waffen ihr Unwesen treiben. Heftar hoffe aber darauf, Zusammenstöße und Kämpfe vermeiden zu können und die Städte durch Vermittlungen einnehmen zu können. Die Stadt soll vom Westen her, von Zawia aus, unter Kontrolle gebracht werden. LNA-Sprecher Mesmari sagte, augenblicklich kämpfe Sarradsch in Tripolis gegen rivalisierende Gruppen, um seinen eigenen Einfluss zu vergrößern: „Wir arbeiten daran, einen Hohen Rat des Oberkommandos der Streitkräfte einzurichten und die Militäreinheiten in Tripolis und Bengasi in ein System einzugliedern.“ Und zu Misrata meinte er: „Es ist eine nationale libysche Stadt, die gekidnappt wurde. Nun ist die nationale Bewegung aktiv geworden. Ich grüße die Nationalisten in Misrata, deren Operationen gegen Terrorismus und Terroristen begonnen haben. Wir wissen das sehr zu schätzen.“[22]
Quellen (soweit nicht anders vermerkt): libyaherald.com / libyaagainstuperpowermedia.org / libyatimes.net / libyaobserver.ly / deutsch.rt.com / rcmlibya.wordpress.com / netzpolitik.org / heise.de / german-foreign-policy.com / sputniknews.com / justicenow.de / aawsat.com


[1] Kurs vom August 2017: Offiziell 1 € = 1,6 LD / Schwarz: 1 € = 9,8 LD
[2] https://www.heise.de/tp/features/USA-Debatte-ueber-Verbot-der-Moslembruderschaft-3849730.html?wt_mc=nl.tp-aktuell.montag-freitag
[4] https://netzpolitik.org/2017/auswaertiges-amt-bericht-zu-kz-aehnlichen-zustaenden-in-libyschen-lagern-bleibt-geheim/
[5] www.heise.de/tp/features/La-Mafia-in-Germania-3853719.html
[6] www.libyaherald.com/2017/10/12/swiss-based-ngo-report-on-libya-confirms-everyday-problems-of-insecurity-fuel-power-and-cash-shortages-and-psychological-stress/
http://www.reach-initiative.org/?s=libya
[7] https://deutsch.rt.com/kurzclips/58912-david-gegen-goliath-libyscher-vater-nato-gericht/
[8] Abdessalam Dschalloud war einer der engsten Verbündeten von Gaddafi bei der Revolution von 1969. 1970 wurde er zunächst Vizepremier und Industrieminister, dann Innenminister. Anschließend war er bis 1972 Finanzminister und von 1972 bis 1977 Premierminister. Bis 1993 galt er als die „Nummer Zwei“ („stellvertretender Revolutionsführer“) der libyschen Führung. Wegen ideologischer Differenzen überwarf er sich mit Gaddafi. Er wurde später von der Regierung unter Hausarrest gestellt. Im Zuge des Krieges 2011 kam er frei und floh im August 2011 nach Italien.
[9] Am 17. März 2011 hatte das libysche Fernsehen berichtet, dass die Warfalla zur Unterstützung Gaddafis aufgerufen hätten. Gaddafis Frau, Safaia Farkash, gehört ebenfalls dem Stamm der Warfalla an. Bani Walid war neben Sirte eine der letzten Städte, die von der libyschen Armee im Krieg 2011 gehalten werden konnten.
[10] Mahmud Dschibril: Leitete unter Gaddafi den Nationalen Wirtschaftlichen Entwicklungsfonds. Setzte sich für eine Liberalisierung der libyschen Wirtschaft ein. Schloss sich 2011 umgehend den Aufständischen an und war im Übergangsrat Außenminister. Heute steht er der Partei der Allianz Nationaler Kräfte (National Forces Alliance Party) vor.
[11] Offiziell: 1 € = 1,6 LD / schwarz: 1 € = 9,8 LD
[12] https://rcmlibya.wordpress.com/2017/10/20/remembering-muammar-qaddafi-and-the-great-libyan-jamahiriya/
[13] www.libyaherald.com/2017/10/23/op-ed-on-sixth-anniversary-of-libyas-post-qaddafi-liberation-libyas-political-elite-still-unable-to-reach-agreement/
[14] www.salon.com/2016/09/16/u-k-parliament-report-details-how-natos-2011-war-in-libya-was-based-on-lies/
[15] Der Nationale Übergangsrat wurde bereits am 27. Februar 2011 gegründet und am 5. März 2011 fand in Bengasi seine erste Sitzung statt. Am 16. September 2011 wurde er zur offiziellen Vertretung Libyens erklärt.
[16] http://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/refugee-crisis-migrants-libya-coastguard-bribes-free-refugees-push-back-mediterranean-sea-detention-a8012256.html
[17] https://libyaagainstsuperpowermedia.org/2017/10/27/the-solution-for-libya/
[18] Richard Galustian ist ein Wirtschafts- und Sicherheitsanalyst, der sich seit 2011 in Libyen aufhält
[19] http://justicenow.de/das-us-empire-haelt-soldaten-in-172-laendern-dieser-welt/
[20] http://www.libyatimes.net/news/56-exclusive-saif-s-last-stand
[21] http://www.libyatimes.net/news/59-mustafa-imam-s-real-identity-remains-unknown
[22] https://aawsat.com/english/home/article/1069001/libya-plan-unify-army-regain-misrata-without-fighting