Dienstag, 27. März 2018



Die Kandidatur Saif al-Islam al-Gaddafis: Presseschau

Libyen/Internationale Presse. Eine kleine Presseschau über Meldungen der letzten Tage zur Ankündigung, Saif al-Islam Gaddafi werde für das Präsidentenamt in Libyen kandidieren.

Wen wundert’s: Sowohl der Süddeutschen online als auch dem Spiegel online ist die Kandidatur Saif al-Islams und die Hoffnungen, die das libysche Volk in ihn setzt, keine Zeile wert, ebenso findet sich nichts in der schweizerischen NZZ. Das nennt man dann wohl, die Realitäten ausblenden und die Tatsachen verschweigen. Nur die österreichischen Medien, der Standard und der Kurier, haben sich zu Meldungen durchgerungen. Ansonsten findet sich die Nachricht auf Seiten von kleineren deutschsprachigen Politaktivisten. Googeln auf deutschsprachigen Seiten nach „Saif al-Islam Libyen Wahlen 2018“ ist insgesamt unergiebig. Nicht fündig wird man bei den großen britischen und US-amerikanischen Netzmedien. Ganz anders sieht es da bei den russischen, chinesischen und afrikanischen Onlinemedien aus.

RussiaToday[1] (deutsch) bringt ein ausführliches Interview mit Khaled al-Ghwail, dem Anwalt Gaddafis, der die Kandidatur ausdrücklich bestätigt. Er sagt: „Saif al-Islam ist in der Lage, die Libyer auf der Grundlage der nationalen Interessen und der Entscheidungen, die die Libyer selbst treffen werden, zu vereinen. Dies ist ein Reformprojekt, das Libyen in einen ruhigen Hafen führen soll.“
Und: „Der Aufenthaltsort von Saif al-Islam wird aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben. Würde Saif al-Islam heute in der Öffentlichkeit erscheinen, würde er sicher ermordet.“
Al-Ghwail kündigte an, dass sein Klient live im Fernsehen zur gesamten libyschen Nationen sprechen wird, wenn „die Zeit reif“ ist.
„Es ist das libysche Volk, das auf der Grundlage seiner Verfassung ein solches Staatssystem und eine solche Staatsmacht bilden muss, die sie für sich als am besten geeignet hält.“ Und: „Wir wollen, dass sich die Nato dafür entschuldigt, was sie der Zivilbevölkerung angetan hat, und für die Plünderung der libyschen Reichtümer.“

XinhuaNet[2] schreibt, dass Ajman Abu Ras, Chef von Saif al-Islam Gaddafis politischem Reformprogramm, die Kandidatur von Saif al-Islam bei den Präsidentschaftswahlen verkündete. Saif al-Islam wolle seine Pläne dem libyschen Volk in einer Fernsehansprach in den nächsten Tagen erläutern. Er bestätigte, Saif al-Islam sei frei und befinde sich in Libyen.
Die Rückkehr von Saif al-Islam auf die politische Bühne sei mit verschiedenen Schwierigkeiten behaftet. Der 46-jährige Saif al-Islam sei 2015 vom Berufungsgericht in Tripolis zum Tode verurteilt worden. Etwas später habe das Parlament im Osten des Landes ein Amnestiegesetz verabschiedet, dass für alle Libyer galt, die seit 15. Februar 2011 verurteilt worden waren. Saif al-Islam wurde von der Miliz, in deren Gefangenschaft er sich befand, aufgrund dieses Amnestiegesetzes freigelassen. Unmittelbar im Anschluss daran forderte der IStGH seine Verhaftung und seine Überstellung vor das Gericht.
Zitiert wird Mohammed al-Nadschah, der eine führende Rolle bei Saif al-Islams Projekt Libya Tomorrow des Jahres 2006 inne hatte: „Saif al-Islam genießt großen Rückhalt beim libyschen Volk, trotz der Versuche der letzten Jahre, seinen Ruf zu zerstören und ihn als Kriminellen hinzustellen, der bei den Aufständen des 17. Februar gegen Muammar Libyer getötet hätte. [...] Wann immer er eine Rede hält oder ein Treffen zur Aussöhnung einberuft oder etwas Ähnliches, jeder blickt auf ihn und hört ihm zu.“
Doch die internationale Gemeinschaft sende keine Zeichen, dass sie die Rückkehr von Saif al-Islam akzeptiere. Der UN-Gesandte Ghassan Salamé habe 2017 erklärt, er werde kein Treffen mit Saif al-Islam anstreben, da dieser vom IStGH gesucht werde. Diese Haltung könnte sich ändern, wenn alle Bemühungen, die politische Krise in Libyen zu beenden, scheitern.
Mohamed Abdullah, Mitglied des libyschen Parlaments, habe in einem Interview mit Xinhua gesagt, dass Saif al-Islam eine einflussreiche Persönlichkeit bei der Sicherung der Interessen bestimmter Staaten bleibe: „Die momentane komplexe Situation ist eine Herausforderung. Es besteht aber immer noch die Möglichkeit, dass es in den nächsten Monaten zu größeren politischen Veränderungen kommt, die sogar zu einer Aussöhnung zwischen den Anhängern des Regimes und denen der Rebellion führen könnte.“

AfricaNews[3] nimmt Bezug auf die einflussreiche Medienagentur Egypt Today, in der Basem al-Haschimi al-Soul , ein Sprecher der Gaddafi-Familie, sagte, dass Saif al-Islam die Unterstützung und die notwendigen Voraussetzungen habe, um das Chaos zu beenden, das Libyen seit dem Sturz seines Vaters Muammar Gaddafi im Jahr 2011 erfasst hat. Sein Programm enthalte Vorschläge, von denen Saif al-Islam hoffe, dass die Vereinten Nationen sie übernehmen. Dies würde Libyen helfen, die gegenwärtige Übergangszeit zu beenden und zu Stabilität zurückzufinden.“

LaInterVista[4]: Die Journalistin Vanessa Tomassini veröffentlicht ein Interview mit dem Anwalt Khalid al-Zaidy, der die Gaddafi-Familie vertritt. Er sagt zur Kandidatur Saif al-Islams: „Wenn Dr. Saif al-Islam Gaddafi an den Wahlen teilnimmt, wird er alle anderen Kandidaten besiegen. Das wissen alle Politiker und alle, die die libysche Politik und die Stimmung im Volk verfolgen. [...] Der Ruf nach der Kandidatur von Dr. Saif al-Islam Gaddafi ist eine Forderung des Volks. Sowohl die libyschen Stämme als auch die Städte und andere wichtige Akteure in Libyen fordern ohne Unterlass die Teilnahme von Saif al-Islam im politischen Leben, um das momentane Chaos, die Zerstörungen und die Kämpfe zu beenden. Dr. Saif al-Islam hat große Unterstützung beim Volk. [...] Er wird eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Frieden und Sicherheit in Libyen spielen und das wird sich auf den Frieden und die Sicherheit in der Region und auf der ganzen Welt auswirken. [...] Die libyschen Bürger haben ihr würdevolles Leben verloren. Es wurde durch die Nato-Intervention des Jahres 2011 zerstört, die Libyen zu Fall brachte und seine Institutionen vernichtete. Heute leiden die Libyer unter Terrorismus, illegale Immigration, Chaos und den Verlust der Sicherheit.“
Die nächste Frage an Khalid al-Zaidy bezieht sich auf die Aussage von Fadi al-Abdallah vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der sagte: „Auch wenn Saif al-Islam Gaddafi die Präsidentschaftswahlen gewinnt, würde sich nichts ändern. Der IStGH hat einen Haftbefehl für Mr. Gaddafi ausgestellt und so werden wir weiterhin seine Verhaftung und Überstellung fordern.“ Er fügte hinzu: „Mr. Gaddafi ist noch nicht verurteilt und deshalb gilt die Unschuldsvermutung bis seine Schuld bewiesen ist.“
Dazu al-Zaidy: „Es ist doch bekannt, dass Dr. Saif al-Islam Gaddafi unschuldig ist und keine Kriegsverbrechen begangen hat, weder Völkermord, noch Massenmorde und auch keine erzwungenen Evakuierungen aus Städten. Wir denken, die Anklagen gegen Dr. Saif sind rein politischer Natur. All diese Anklagen haben das Ziel, ihn aus der libyschen Politik fernzuhalten. [...] Der einzige Beweis, wie sie sagen, sei Dr. Saif al-Islams Radioansprache via Satellit des Jahres 2011. In dieser Rede warnte er [sein Volk]. Diese Warnung wurde verzerrt als eine Drohung und Einschüchterung wiedergegeben. Das ist falsch. Er hat das libysche Volk niemals bedroht.“ [...] Schon 2016 erklärte ich, dass der IStGH-Staatsanwalt bei den in Libyen verübten Verbrechen eine ‚selektive Justiz‘ betreibt. [...] Seit Jahren befasst sich der Staatsanwalt nicht mit den vielen anderen Fällen, sondern arbeitet sich seit Jahren kontinuierlich und ausschließlich an dem Fall Saif al-Islam ab. Dabei gibt es Dokumente, Aufzeichnungen und Geständnisse von Verbrechen, die minütlich in Libyen begangen werden.“

Der österreichische Kurier[5]: „Saif al-islam Gaddafi wird bei der Präsidentschaftswahl 2018 in Libyen kandidieren. Was schon vor einigen Monaten aus Familienkreisen zu hören war, hat auch die Partei der Libyschen Volksfront am Montag in Tunis bekannt gegeben. Gaddafi hofft laut ihm nahestehenden Personen offenbar, den Einigungsprozess des zersplitterten Landes vorantreiben zu können.“

 A. Gutsche


[1] https://deutsch.rt.com/afrika/67131-rt-exklusiv-gaddafis-sohn-kann-libyen-vereinen-nato/
[2] http://www.xinhuanet.com/english/2018-03/21/c_137054980.htm
[3] http://www.africanews.com/2017/12/19/gaddafi-s-son-saif-al-islam-to-run-for-libya-president-in-2018/
[4] https://www.laintervista.eu/2018/03/15/saif-al-islam-gaddafi-after-the-icc-an-exclusive-interview-with-gaddafis-lawyer-khalid-al-zaidy/
[5] https://kurier.at/politik/ausland/saif-al-islam-gaddafi-will-libyscher-praesident-werden/400008594

Montag, 26. März 2018



Nicolas Sarkozy wegen Millionen aus Libyen in U-Haft

Frankreich/Libyen: „In Libyen wusste jedes Kind, dass Libyen den Wahlkampf von Sarkozy finanzierte!“

Nachdem Sarkozy zur Klärung von Korruptionsvorwürfen bei der Polizei in Nanterre vorgeladen worden war, wurde er gleich einbehalten. Ihm werden u.a. vorgeworfen: aktive und passive Korruption, Machtmissbrauch, Mittäter- und Mitwisserschaft bei Missbrauch öffentlicher Mittel und Geldwäsche.
Sarkozys Verhaftung erfolgte nach der Festnahme und Aussage seines ehemaligen Mitarbeiters Alexandre Djouhri in London, der später gegen Kaution feikam. Vor seiner Verhaftung im Januar hatte sich Djouhri geweigert, einer Vorladung in Paris nachzukommen. Er steht im Mittelpunkt der Untersuchungen, die auch auf der Aussage von Saif al-Gaddafi beruhen, dass Muammar al-Gaddafi Gelder für Sarkozys Wahlkampf zur Verfügung gestellt habe.
Beamte der Behörde zur Korruptionsbekämpfung hatten den Richtern einen Bericht vorgelegt, der genau beschrieb, wie Bargeld innerhalb des Sarkozy-Wahlkampfteams zirkulierte und wie es von Djouhri, der damals enge Kontakte zum Gaddafi-Vertrauten Saleh Baschir hatte, an Sarkozy weitergegeben wurde.
Es geht um 50 Millionen Euro, die Sarkozy laut Zeugenaussagen für den Präsidentschaftswahlkampf 2007 von Gaddafi erhalten hatte. Die Annahme dieser Gelder verstößt gegen das französische Gesetz, das die Finanzierung von Wahlkämpfen durch das Ausland verbietet und die Höhe der eingesetzten Gelder auf 22,5 Millionen Euro begrenzt.
Vor mehr als einem Jahr hatte der französisch-libanesische Geschäftsmann Ziad Takieddine ausgesagt, er habe Sarkozy und seinem früheren Stabschef Claude Gueant mehrere Koffer mit insgesamt fünf Millionen Euro in 200- und 500-Euro-Scheinen aus Libyen überbracht. Die Geldübergabe soll im Innenministerium stattgefunden haben, dessen Chef derzeit Sarkozy war.
Takieddine äußerte sich gegenüber des Fernsehsenders Mediapart: „Ich habe Dinge aufgedeckt, die nicht länger verborgen bleiben sollten. Ich möchte den Mafia-Staat anprangern, in dem wir zurzeit leben.“
Auch der ehemalige libysche Finanzmanager unter Gaddafi, Saleh Baschir, publizierte ein Buch, das diese Vorwürfe untermauerte. Erst kürzlich meinte er gegenüber LeMonde: „Gaddafi sagte, er habe Sarkozy finanziert. Sarkozy sagte, er hätte kein Geld erhalten. Ich glaube Gaddafi mehr als Sarkozy.“
Auf Saleh Baschir wurde Ende Februar 2018 in Johannesburg ein Mordanschlag verübt, den er schwerverletzt überlebte.[1] Sein Wagen wurde beschossen, als er sich auf dem Weg zum Flughafen befand. Baschir hatte bis 2013 in Frankreich gelebt, bevor nach Südafrika zog.
Sarkozy hat bisher alle Vorwürfe strikt zurückgewiesen und die Anschuldigungen als Racheakte für seine führende Rolle im Krieg gegen Libyen 2011 bezeichnet. Allerdings werden die Anschuldigungen immer konkreter und die Schlinge scheint sich immer enger zu ziehen.
Gaddafi suchte stets die Annäherung an Europa, da ihm die Unabhängigkeit von den Großmächten USA und UdSSR wichtig war. Immer wurden enge wirtschaftliche Beziehungen v.a. zu Italien, aber auch zu Österreich gepflegt, v.a. unter dem damaligen Präsidenten Bruno Kreisky. Seine Wahlkampfspende an Sarkozy betrachtete Gaddafi wohl als Türöffner nach Frankreich. Sarkozy bedankte sich auf seine Weise, indem er mithalf, Gaddafi zu stürzen und Libyen zu zerstören.
http://www.middleeasteye.net/news/ex-french-president-sarkozy-held-gadhafi-corruption-claims-report-1896498875

A. Gutsche


Saif al-Islam Gaddafi kandidiert für das Präsidentenamt

Libyen. Noch in diesem Jahr sollen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden.

Ajman Abu Ras, Sprecher der Libyschen Volksfront (Libyan Popular Front), hatte am 12. März zur Pressekonferenz in Tunis geladen, wo er die offizielle Kandidatur Saif al-Islam Gaddafis für das Amt des libyschen Präsidenten bekannt gab.
„Saif al-Islam Muammar al-Gaddafi wird bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl nicht kandidieren, um Macht zu erlangen, sondern um das Land zu retten“, so Abu Ras.
Saif al-Islam werde sich für eine nationale Aussöhnung und gegenseitige Anerkennung einsetzen. Sein Wahlprogramm sehe die Umsetzung von Reformen für den Wiederaufbau Libyens vor, die allen Libyern zugute kämen. Das Land benötige einen Präsidenten und eine Regierung, um wieder Stabilität zu erlangen.
Abu Ras erklärte, Saif al-Islam Gaddafi sei frei und befinde sich in Libyen. Er werde sich schon in Kürze persönlich an das libysche Volk wenden.
Jeffrey Feltman von den Vereinten Nationen sagte: „Meinungsumfragen bestätigen, dass die Mehrheit der Libyer in allen Landesteilen für faire Wahlen sind, an denen sie teilnehmen können.“

A. Gutsche


Freitag, 23. März 2018



Saif al-Islam Gaddafi begrüßt die Inhaftierung von Sarkozy

Libyen. Africanews berichtet, laut Saif Gaddafi gebe es Beweise und Zeugen für Sarkozys illegale Wahlkampffinanzierung 2007.

Saif al-Islam Gaddafi begrüße die Inhaftierung des ehemaligen französischen Präsidenten Nicholas Sarkozy und wiederhole sein Angebot, Beweise für Sarkozys illegale Wahlkampffinanzierung vorzulegen.
Saif al-Islam nahm damit Bezug auf die Beweise, die er 2011 Euronews in Tripolis vorgelegt hatte, und bedauerte, dass die französische Justiz sieben Jahre gebraucht habe, um tätig zu werden.
Es gebe mehrere Zeugen, die bereit seien, gegen Sarkozy auszusagen, darunter Abdullah Senussi, der frühere Chef des libyschen Geheimdienstes und Bashir Saleh Bashir, ehemals bei Libya Investment.
Laut Saif al-Islam verfüge Senussi über eine Aufzeichnung des ersten Treffens zwischen Gaddafi und Sarkozy, das vor Sarkozys Wahlkampf 2007 in Tripolis stattfand. Er könne auch über die Übergabe der ersten Geldlieferung an Sarkozys ehemaligen Stabschef, Claude Guant, in Tripolis aussagen, da er davon Zeuge war.
Saif al-Islam beschuldigte Sarkozy, ein Kriegsverbrecher zu sein, verantwortlich für die Ausbreitung von Terrorismus und illegaler Einwanderung in Libyen. Er forderte den französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf, das Unrecht seines Vorgängers zu berichtigen und Sarkozy wegen Verbrechen gegen Libyen strafrechtlich zu verfolgen.
Saif al Islam sagte auch zu Africanews, er sei für eine zügige Organisation von Präsidentschaftswahlen in Libyen. Er warnte vor Parteien, denen daran gelegen sei, die gegenwärtige chaotische Situation in Libyen aufrechtzuerhalten. Sollten nicht bald Wahlen abgehalten werden, hätte dies einen endlosen Krieg zur Folge.

A. Gutsche
 

Dienstag, 20. März 2018



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Iran: Regime läßt oppositionelle Politiker verhaften!
20.3.2018. Das iranische Mullah-Regime geht verstärkt gegen die Anhänger des populistischen Ex-Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad (2005-13) vor und hat u.a. die beiden früheren Vizepräsidenten Hamid Baghaei und Esfandiar Rahim Mashaei verhaften lassen – letzter ist einer der engsten Vertrauten von Ahmadinedschad und wollte 2017 zur Präsidentschaftswahl antreten, wurde vom Regime aber wieder von der Liste gestrichen. Ahmadinedschad selbst, der zu Beginn seiner Regierungszeit eng mit dem reaktionären Klerus zusammenarbeitete, bewegte sich im Laufe der Jahre immer weiter nach links und schloß seine Amtszeit 2013 als Sargträger auf der Beerdigung von Venezuelas sozialistischem Revolutionshelden Hugo Chavez ab, vor dessen Grab er mit der linken Faust grüßte – womit er bei der islamischen Geistlichkeit seines Landes endgültig „unten durch“ gewesen sein dürfte.


 

Iran: Ex-Präsident Ahmadinedschad legt sich mit dem Revolutionsführer an
16.3.2018. Der frühere Staatschef Mahmud Ahmadinedschad (2005-13), ein Nationalpopulist mit einstmals guten Verbindungen zum konservativ-religiösen Establishment des Irans, wird zunehmend zur lautesten Stimme der Opposition im Land. Nun hat Ahmadinedschad, dessen Anhänger im Iran seit einiger Zeit verfolgt oder reglementiert werden, einen Offenen Brief an das Staatsoberhaupt, den Revolutionären Führer Ajatollah Ali Khamenei, geschrieben und darin die Absetzung des Justizministers, die baldige Ausschreibung freier Wahlen und ein Verbot der Einmischung des religiösen Wächterrates in die Wahlen gefordert.

Freitag, 16. März 2018



Wie Dschihadisten aufgerüstet wurden

Libyen. Die UN-Expertenkommission berichtet, wie das UN-Waffenembargo verletzt wurde. Ab Februar 2011 erfolgten Waffenlieferungen an Dschihadisten.

In dem Bericht der UN-Expertenkommission für Libyen heißt es: „Bewaffnete Gruppen in Libyen profitieren von ausländischer Unterstützung sowohl durch direkte Interventionen als auch durch die Bereitstellung von Material.“[1]

Zeitraum von Februar bis September 2011

Die Kommission berichtet, dass Verhandlungen zwischen Abdulhakim Belhadsch[2] und Katar zur Lieferung von 400 Fahrzeugen mit Hilfe Katars aus den VAE in den Sudan führten. Im Sudan wurden diese Fahrzeuge mit Waffen ausgerüstet und an libysche Milizen übergeben. Zu diesem Zeitpunkt waren sich beide Golfstaaten in der Zielsetzung einig, Gaddafi stürzen zu wollen. Die UN-Kommission arbeitet weiter an der Aufklärung dieser Vorgänge.

Zeitraum von September 2011 bis August 2014
 
Trotz des von der UN ausgesprochenen Waffenembargos für Libyen fanden Waffen und Militärausrüstung aller Art ihren Weg zu den libyschen Milizen, meist unter Missbrauch des Endverbraucher-Zertifikats. Die wichtigste Rolle spielte dabei Khaled al-Scharif[3], damals stellvertretender libyscher ‚Verteidigungsminister‘.
Scharif kaufte über die libysche Firma White Star das Material und wickelte die Bezahlung über die tunesische Scheinfirma Société al-Bayan de Commerce Internationale (al-Bayan) ab. Genannt wird ein Geschäftsvorgang des Jahres 2013, bei der von einer bulgarischen Exportfirma große Mengen Munition gekauft wurden. Obwohl die Exporterlaubnis widerrufen worden war, wurde über al-Bayan die volle Zahlung in Höhe von 381.263 US-$ geleistet. Nur Peanuts in Anbetracht von über 253 Mio. US-$, die al-Bayan zwischen Januar 2013 und Mai 2015 von verschiedenen libyschen Konten bezog. Im gleichen Zeitraum überwies al-Bayan in etwa die gleiche Summe an Firmen und Auslandsunternehmen in verschiedenen Ländern, so zum Beispiel zwei Millionen Euro an eine griechische Firma. „Die Überprüfung der Transaktionen brachte Licht in die Rolle der betrügerischen libyschen Scheinfirma White Star von Khaled al-Scharif und seinen Mitarbeitern.“ So nahmen Anfang 2013 an einem Treffen in Tripolis mit einem griechischen Hersteller al-Scharif, Belhadsch und der Direktor von White Star teil. White Star unterzeichnete nach der Weisung von al-Scharif den Vertrag zum Kauf von 181 Tanklastern. Die Anzahlung von zwei Millionen Euro erfolgte jedoch über die tunesische Scheinfirma al-Bayan. Laut der UN-Kommission deutet gegenwärtig alles darauf hin, dass Khaled al-Scharif an White Star beteiligt war und die Firma für Beschaffungen des ‚Verteidigungsministeriums‘ einsetzte. Über die tunesische Firma al-Bayan konnte die Herkunft der Gelder, die von libyschen Firmen kamen, verschleiert werden.

Die Italien-Connection

Die drei Italiener Mario di Leva, Annamaria Fontana und Andrea Pardi wurden in Italien wegen Verstoßes gegen das libysche Waffenembargo vor Gericht gestellt. Sie sollen Sanitätsflugzeuge (die leicht für militärische Zwecke umgerüstet werden können), 13.900 Sturmgewehre, Militärhubschrauber sowjetischer Bauart, Raketen und anderes auch militärisch verwendbares Material sowie Boden-Luft- und Panzerabwehrraketen aus osteuropäischer und russischer Produktion in der Zeit von 2011 und 2015 an Libyen geliefert haben. Bei Andrea Pardi wurde eine lange Liste der gelieferten Militärgüter gefunden, darunter auch zwölf „Fernbedienungsgeräte zum Abschalten der Triebwerke von Flugzeugen und Hubschraubern“ zum Schnäppchenpreis von 5.850.000 €. Aus den Prozessakten, die Italien der UN-Kommission zur Verfügung stellte und die noch weiter ausgewertet werden, geht hervor, dass diese militärischen Güter an die Dschihadistenhochburg Misrata geliefert wurden.
Belegt sind auch regelmäßige Sprengstofflieferungen von Misrata per Schiff an den Revolutionären Schura-Rat von Bengasi; so konnte beispielsweise der Frachter el-Mukhtar auf seinem Weg nach Bengasi aufgebracht werden, dessen Ladungsbeschriftungen auf eine türkische Firma verwiesen.

All dies war den USA und der EU bestens bekannt und wurde nicht nur geduldet, sondern massiv gefördert. Die Türkei, Katar und die Golf-Staaten galten ebenso wie die USA, Großbritannien und Frankreich als die großen Unterstützer des von der damaligen Außenministerin Hillary Clinton brachial vorangetriebenen Regime-Change in Libyen und waren die Ausbilder und Aufrüster ihrer Fußtruppen, den radikal-islamistischen Milizen. Man denke nur an das Treffen des UN-Sondergesandten für Libyen Martin Kobler mit al-Scharif und Belhadsch sowie anderen radikal-islamistischen Führern im türkischen Istanbul dessen erfolgreichen Verlauf Kobler anschließend auf Twitter lobte. Bei diesem Treffen war die Ermordung von LNA-Offizieren, die später in Tripolis vollzogen wurde, geplant worden.
Nun plötzlich hat der Wind gedreht und die sog. ‚Revolution‘ frisst einmal mehr ihre Kinder.

Die Kommission berichtet, dass auch die Gegenseite militärische Hilfe bekam. So war zur Unterstützung von General Haftar eine moldawische Frachtmaschine im Einsatz und Fotos beweisen, dass die al-Khadim-Flugbasis kontinuierlich ausgebaut wird. Die LNA wird auch durch ägyptische Luftschläge unterstützt, während die USA immer wieder Luftangriffe auf sogenannte IS-Kämpfer verüben und ihre Spezialeinsatzkräfte zur Gefangennahme von z.B. Mustafa al-Iman[4] am Boden im Einsatz waren. 


A. Gutsche


[1] https://www.libyaherald.com/2018/03/11/libyan-militias-continue-to-benefit-from-external-weapons-support-un-libya-experts-panel-report/
[2] Abdelhakim Belhadsch gehörte in Afghanistan al-Kaida an und wurde 2004 von der CIA von Bangkok aus nach Libyen überstellt. Abdelhakim Belhadj wird auch ‚Emir der LIFG‘ (Libyan Islamic Fighting Group) genannt. Führende Mitglieder der LIFG, die sich 2011 in Libyan Islamic Movement umbenannte, gehörten ab März 2011 zum National Transitional Council (NTC). Nach dem Sturz Gaddafi wurde Belhadsch in Libyen schnell zum Millionär, dem inzwischen eine ganze Flugzeugflotte (Wings Aviation Company) gehört. Er wurde Vorsitzender der Watan-Partei und Kommandant der Militärregierung in Tripolis.
[3] Khaled al-Scharif: Als Kommandant der berüchtigten LIFG wurde er 2014 in Tripolis zum Verantwortlichen für den Aufbau von Armee und Polizei gemacht, ebenso war er für die Integration der Milizen in die Armee zuständig. Er arbeitete eng mit Abdelhakim Belhadsch zusammen, der dem Militärrat von Tripolis vorstand. Al-Scharif war Befehlshaber der Präsidialgarde und der Nationalgarde. Bei einem Treffen im März 2016, das in Istanbul mit Angehörigen des türkischen Geheimdienstes stattfand, schlug Scharif die Ermordung von Offizieren der Libyschen Nationalarmee (LNA) in Tripolis vor. Diese Initiative hatte die brutale Ermordung von LNA-Offizieren zur Folge. Scharif hatte auch die Aufsicht über das berüchtigte Al-Habda-
Gefängnisses von Tripolis. Im Mai 2017 wird das al-Hadba-Gefängnis vom Dschihadisten Hathem Tadschuri und seinen Revolutionären Tripolis Brigaden gestürmt und das Wohnhaus von Scharif abgebrannt. Es selbst kann flüchten. Es wird vermutet, dass er sich in der Türkei aufhält.

[4] Mustafa al-Imam wird eine Beteiligung an den Angriff auf die US-Botschaft 2012 in Bengasi vorgeworfen, bei der der US-amerikanische Botschafter und weitere US-Amerikaner starben.

Donnerstag, 15. März 2018




LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Oppositionsführer des Tschad: Deutschland soll sich nicht vor Frankreich klein machen!
15.3.2018. Der tschadische Oppositionspolitiker Saleh Kebzabo, welcher zur letzten Präsidentschaftswahl mit 13% der Stimmen den zweiten Platz belegte und Vorsitzender der Union für Demokratie und Aufbruch (URD) ist, hat in einem Interview mit der „TAZ“ erklärte, Deutschland solle sich nicht immer hinter Frankreich anstellen – es sei die größte Macht in Europa und in Afrika hoffe man sehr auf Deutschland und seinen „Marshallplan“ für die armen Länder. Deutschland solle Frankreich nicht einfach das Feld überlassen, so Kebzabo, der auch erklärte, daß sich der Tschad selbst eine größere Unabhängigkeit erkämpfen müsse.


Philippinen treten aus Internationalem Strafgerichtshof aus
15.3.2018. Der linkspopulistische Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, hat den Austritt seines Landes aus dem von den westlichen Staaten kontrollierten und gelenkten sogenannten „Internationalen Strafgerichtshof“ (IStGH) bekannt gegeben. Damit sind die Philippinen nach Burundi schon das zweite Land, welches diesen Austritt vollzieht – Austrittsankündigungen von Gambia und Südafrika wurden nach einem Regierungswechsel bzw. nach westlichem Druck nicht umgesetzt.
Der IStGH nahm 2011 auf Befehl der NATO einseitig „Fern-Ermittlungen“ gegen Libyens Revolutionsführer Muammar al-Ghaddafi, seinen Sohn Saif al-Islam und Geheimdienstchef Adallah Senussi auf, um die libysche Führung international zu diskreditieren und in die Enge zu treiben. Gegen die völkerrechtswidrigen Angriffskriege der NATO gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen usw. hat der IStGH nie ermittelt und die begangen Kriegsverbrechen der NATO-Staaten ignoriert dieser „Gerichtshof“ kontinuierlich.



Syrische Armee rückt gegen Ost-Ghouta vor – Misraba und Madyara befreit
13.3.2018. Die syrische Armee ist bei ihrer Befreiung von Ost-Ghouta weiter vorangekommen und konnte u.a. die Ortschaften Madyara und Misraba einnehmen. In einem Keller in Misraba fanden die Regierungssoldaten rund 60 Zivilisten, die sich den Evakuierungsbefehlen der islamistischen „Rebellen“ aus dem Hause Al-Qaidas widersetzten und auf die Ankunft der Armee und die Befreiung des Ortes warteten.




Beteiligung offizieller Stellen am Menschenschmuggel

Libyen. Die Expertenkommission der UN für Libyen stellt fest, dass die meisten libyschen Milizen, die am Menschenschmuggel beteiligt sind, zu offiziellen staatlichen Institutionen gehören, die für die Sicherheit verantwortlich sein sollten.

Es ist vor allem die Special Deterrence Force SDF (ehemals Rada-Miliz, unter Führung von Abdel Rauf Kara) aus Tripolis im Visier der Kommission, gegen die auch beim Thema Menschenrechtsverletzungen schwere Anschuldigungen erhoben werden.[1] Die SDF ist berüchtigt für Entführungen und illegale Gefangennahmen, sowohl von Libyern als auch von Ausländern, und arbeitet mit terroristischen Organisationen zusammen. In ihrem ohne jede gesetzliche Grundlage betriebenen Gefängnis auf dem Gebiet des Mitiga-Flughafens bei Tripolis werden geschätzt 1.500 Häftlinge illegal festgehalten.
Die SDF-Miliz bekennt sich zur ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, die international anerkannt, von EU, UN und den USA unterstützt wird. Sie untersteht offiziell deren Innenministerium, in dessen Namen sie polizeiliche und Sicherheitsfunktionen ausüben sollte. Im Grunde bedeutet dies: Das illegale Gefängnis am Metiga-Flughafen ist de facto ein Gefängnis der ‚Einheitsregierung‘, in dem laut Zeugenaussagen gefoltert und den Gefangenen die medizinische Versorgung vorenthalten wird. Gefängniskommandanten, namentlich werden Khaled al Buti und Mahmud Hamza genannt, werden beschuldigt, direkt an Folterungen beteiligt gewesen zu sein.
Zu den offiziellen Aufgaben der SDF-Miliz sollte auch gehören, gegen Menschenschmuggel vorzugehen und Migranten zu internieren. Laut Berichten funktioniert dies in der Praxis so: Kommen die Migranten in Tripolis an, werden sie zunächst von der SDF-Miliz inhaftiert, anschließend aber gegen Bezahlung an Schmugglerringe übergeben, die die Migranten nach Zawija oder Sabrata bringen, von wo aus sie die Überfahrt nach Italien antreten.

Einige Migranten landen auch im Mitiga-Flüchtlingslager, andere werden in Lager nach Tadschura und Abu Slim gebracht. All diese Flüchtlingslager unterstehen offiziell dem ‚Innenministerium‘ der ‚Einheitsregierung‘, Abteilung ‚Bekämpfung der illegalen Migration‘. Für jeden Migranten, der von dort an die Schmuggelringe übergeben und nach Sabrata gebracht wird, müssen die Schmuggler zwischen 300 und 400 US-$ bezahlen.
Zwei namentlich genannte Eritreer, wohnhaft in Tripolis, organisieren die Tour von Eritrea über Libyen nach Italien für bis zu 1.500 US-$ pro Person. Zwischenstation der Eritreer sind Migrantenlager in Tripolis. Die Eritreer zahlen an bekannte Milizen Schutzgeld für die sichere Überstellung der Migranten. Private Migrantenlager werden auch in Tadschura, Abu Slim und Gargaresch betrieben. Dort haben Afrikaner die Aufsicht, die sich so das Geld für ihre Überfahrt nach Italien verdienen.
Weiter wird berichtet, dass der Behörde zur Bekämpfung illegaler Migration (DCIM) in Tripolis offiziell 24 Flüchtlingslager mit 5.000 Angestellten unterstellt sind. Allerdings besitze diese Behörde der ‚Einheitsregierung‘ in Wahrheit keinerlei Kontrolle über diese Lager. Eine Verwaltung existiert so gut wie gar nicht, stattdessen werden sie von lokalen bewaffneten Milizen kontrolliert. 

Weiter geht der Bericht auf die Migrantenschmuggelbanden in Sabrata ein, von wo aus die meisten Flüchtlingsboote in See stechen. Die stärkste dort ansässige Miliz war bis zu ihrer Vertreibung im Oktober 2017 Achmed al-Dabbaschis Märtyrer Brigade. In diesem Zusammenhang untersucht die UN-Kommission auch die Schaffung und Finanzierung einer sogenannten Brigade 48 durch das ‚Verteidigungsministerium‘ der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, deren Führung Mohammed al-Dabaschi, der Bruder von Achmed al-Dabaschi, innehatte, und die gegen illegale Migration vorgehen sollte. 2017 schwenkte auch Achmed al-Dabaschi um und hielt nun Migranten von ihrer Abfahrt aus Sabrata ab, anstatt die Abreise zu organisieren.[2] Der Präsidialrat hat die Brigade 48 im November 2017 aufgelöst.

Weitere Erwähnung findet in dem Bericht Mos’ab Abu Grein (alias „der Doktor“), Führer der al-Wadi-Miliz im Ostteil von Sabrata. Er hat Verbindungen mit den Schmugglernetzwerken von salafistischen Gruppen in Tripolis, Sebha und Kufra. Laut Zeugenaussagen braucht Mos’ab Abu Grein keine Nachstellungen wegen seiner Migrantenschmuggelaktivitäten zu befürchten, da er mit der Special Deterrence Force in Tripolis bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels und des Alkoholkonsums zusammenarbeitet. Im September 2017 schloss sich Abu Grein dem Anti-IS-Operation Room (AIOR) an und kämpfte gegen die Brigade 48. Sowohl AIOR als auch Brigade 48 erfreuten sich bis dahin der Finanzierung durch die ‚Einheitsregierung‘.
Der zwischen Tripolis und Sabrata gelegene Hafen von Zawija ist ein wichtiger Migrantenumschlagplatz. Die al-Nasr-Brigade 56 unter dem Kommando von Mohamed Koschlaf und die Zawija-Küstenwache standen in enger Verbindung zur Miliz von Achmed al-Dabaschi. Das Geschäftsmodell sah so aus: Ein von den Migrantenschmugglern mit Flüchtlingen voll besetztes Schlauchboot wurde während der Überfahrt von der Küstenwache gestoppt, die Migranten bedroht und ausgeraubt. War das Boot dann bis in Rufweite zur italienischen Küste gefahren, brachte die Küstenwache den Motor des Schlauchboots an Bord des eigenen Schiffes und machte sich damit davon.

Der Skandal ist, dass all diese Verbrechen und Vorkommnisse seit langem bekannt sind, nun aber zum ersten Mal offiziell zur Kenntnis genommen werden. Die international anerkannte und unterstützte ‚Einheitsregierung‘ konnte bisher im stillen Einvernehmen mit all diesen kriminellen dschihadistischen Milizen zusammenarbeiten und sie finanzieren. Erst nachdem das komplette Versagen und Scheitern der Tripolis-‚Regierung‘ nicht mehr länger tragbar ist und die radikal-islamistischen Milizen komplett aus dem Ruder laufen – man denke nur an das von einer Miliz des Verteidigungsministeriums begangene Massakers im Mai 2017 auf den Luftwaffenstützpunkt Brak-al-Schatti, bei dem 141 Menschen ums Leben kamen – nimmt endlich auch die UN offiziell davon Kenntnis.


 A. Gutsche


[1] https://www.libyaherald.com/2018/03/11/most-libyan-militias-involved-in-illegal-migration-activities-nominally-affiliated-to-official-state-security-institutions-un-libya-experts-panel-report/
https://www.libyaherald.com/2018/03/09/situation-of-human-rights-in-libya-continues-to-deteriorate-un-libya-experts-panel-report/
[2] Italien investierte viel Geld, um diesen Gesinnungswandel bei Dabaschi auszulösen.

Dienstag, 13. März 2018



Wie sich Dschihadisten an libyschen Staatsvermögen bereichern

Libyen. Der 157 Seiten umfassende Bericht der UN-Expertenkommission nimmt u.a. Stellung zur Entwendung von Staatsvermögen in Milliardenhöhe durch dschihadistische Milizen. LibyaHerald hat vorab Auszüge veröffentlicht.

Die Entwendung von öffentlichen Geldern[1]

Diese dem Staat gestohlenen Gelder dienten und dienen der Finanzierung von bewaffneten Gruppen und deren Sponsoren.

Kraftstoffschmuggel: Die Ausgaben für Kraftstoffimporte stiegen zwischen 2016 auf 2017 von 2,9 auf 5,0 Milliarden US-$; dies entspricht einer Zunahme um 71 Prozent.[2] Etwa 50 Prozent der Kraftstoffe gingen in den privaten Konsum. Allerdings wurden damit nur Einnahmen in Höhe von 75 Mio. US-$ erzielt, es hätten aber mindestens 500 Mio. US-$ sein müssen, d.h. die Differenz entspricht der Menge, die in den Schwarzmarkt floss.
Die Nationale Ölgesellschaft NOC ist die einzige Behörde, die in Libyen raffinierte Erdölprodukte am internationalen Markt einkaufen darf. Eine informelle Kommission, bestehend aus verschiedenen Erdölgesellschaften sowie Zement- und Stahlwerken, ist für die Lagerung und Verteilung von Ölprodukten verantwortlich.
Die UN-Kommission macht das Schmuggelnetzwerk von Zawija[3] als Zentrum der illegalen Aktivitäten aus. Dort schmuggelten verschiedene bewaffnete Gruppen Treibstoff und sind für die Entwendung von Staatsgeldern verantwortlich. Im Juli 2014[4] wurde der al-Nasr-Miliz die Verantwortung für die Zawija-Raffinerie übertragen. Seit diesem Zeitpunkt organisierte die al-Nasr-Miliz in Zusammenarbeit mit bewaffneten Gruppen, die in der Regel dem Libya Dawn angehörten, den Treibstoffschmuggel.
Die al-Nasr-Miliz kauft den Treibstoff von der Raffinerie zum Preis von 0,15 LYD. Der Schwarzmarktpreis in Zawija beträgt bereits bis zu 1 LYD und an weiter entfernten Orten bis zu 4 LYD, d.h. er ist 26-mal so teuer wie sein Einkaufspreis war.

Missbrauch von Kreditbriefen: Eine weitere große Betrugsmöglichkeit sind Kreditbriefe. Netzwerke, zu denen auch Miliz-Kommandanten gehören, haben Machenschaften entwickelt, um sich mittels Kreditbriefen (letters of credit/LC) an öffentlichen Geldern zu bereichern. Die libysche Rechnungsprüfbehörde schätzt, dass 2016 Kreditbriefe in Höhe von 5 Milliarden US-$ ausgegeben wurden. Die Behörde konnte dies nur an einer Stichprobe schätzen, da der Leiter der libyschen Zentralbank (CBL) im November 2016 die Anweisung erließ, keine Informationen über Kreditbriefe an die Rechnungsprüfungsbehörde weiterzugeben. Trotzdem gelang es der Behörde in den Berichten der Jahre 2015 und 2016 den Missbrauch von Kreditbriefen im Wert von hunderten Millionen US-$ nachzuweisen.[5]
In Libyen werden Kreditbriefe dazu benutzt, ausländische Importe zu finanzieren. Der Besitzer eines Kreditbriefs kann damit von einer libyschen Bank Geld in harter Währung erhalten, das auf ausländischen Konten hinterlegt ist oder über Schwarzmarkthändler in den libyschen Schwarzmarkt eingebracht wird. Laut der Rechnungsprüfungsbehörde wurden nur 14 Prozent aller Kreditbriefe, so wie es korrekt gewesen wäre, für die Einfuhr von Waren aufgewandt.

Die libysche Auslandsbank (Libyan Foreign Bank) und die al-Dschomhurija-Bank: Diese beiden Banken stehen besonders im Fokus der Ermittlungen. In der al-Dschomhurija-Bank erhielten zehn Unternehmen, die im Auftrag von bewaffneten Gruppen im Gebiet von Tadschura[6] in Tripolis tätig sind, bis Februar 2016 Kreditbriefe im Wert von 1 Milliarde US-$! Die libysche Foreign Bank (LFB) stand dem kaum nach: Hier wurden bis September 2016 falsche Kreditbriefe in Höhe von ebenfalls einer Milliarde US-$ ausgestellt. Nutznießer waren zum großen Teil die Firmen al-Watar und Hadaeq Tarblus, die beide Abu Bakr al-Taher Abu Bakr Bu Sahmein gehören. Bu Sahmein seinerseits unterhält enge Geschäftsbeziehungen zu Haytham al-Tadschuri, dem Kommandanten der dschihadistischen Revolutionären Brigaden von Tripolis. In Tripolis zwingen bewaffnete Milizen Banken, Kreditbriefe zu akzeptieren, die nicht den Richtlinien der libyschen Zentralbank entsprechen.

Nader al-Zaydi, der im Auftrag der al-Watar Company arbeitete, spielte nicht nur dort eine Schlüsselrolle, sondern auch bei der Entführungen von Amro al-Hadschadsch[7], der auf Unregelmäßigkeiten bei Ausstellung von Kreditbriefen durch die Libyan Foreign Bank hingewiesen hatte. Er bedrohte auch direkt einen Mitarbeiter der Bank, damit dieser einen Kreditbrief zugunsten der Firma al-Water akzeptierte.
Auch ehemalige Manager der al-Dschomhourija-Bank wurden von den Revolutionären Brigaden von Tripolis bedroht, damit sie 2015 Kreditbriefe zu Gunsten von al-Hadaeq akzeptierten. Haytham al-Tadschuri selbst soll einen ehemaligen Bankmanager bedroht haben.

Übrigens äußerten die Mitarbeiter der UN-Expertenkommission äußerst besorgt über die Vorabveröffentlichungen ihres Berichts durch die Medien, da diese nicht nur die laufenden Ermittlungen, sondern auch darin involvierte Personen gefährde.[8]

A. Gutsche


[1] https://www.libyaherald.com/2018/03/09/diversion-of-state-funds-and-financing-of-armed-groups-un-libya-experts-panel-report/
[2] Laut der libyschen Rechnungsprüfungsbehörde
[3] Zawija: Stadt am Mittelmeer im Nordwesten Libyens, nahe der tunesischen Grenze gelegen; gleichnamiges Munizip. Zawija spielte 2011 bei der Einnahme von Tripolis durch die Dschihadisten eine bedeutende Rolle.
[4] 2014 fanden in Tripolis bürgerkriegsähnliche, schwere Kämpfe zwischen dschihadistischen Gruppen (Libya Dawn) und den Milizen der Operation Dignity von General Haftar statt. Letztere zogen sich in den Ostteil des Landes zurück, die Dschihadisten, zu denen auch die Milizen von Zawija gehörten, behielten im Westen des Landes und in Tripolis die Oberhand.
[5] Kreditbriefen werden von Banken ausgestellt und sind Anweisung an eine andere Bank, dem Begünstigten Beträge bis zu der im Kreditbrief bezeichneten Höchstsumme bar auszuzahlen. Sie werden vor allem bei Importen und Exporten genutzt.
[6] Vorort von Tripolis
[7] al-Hadschadsch stellvertrender Generalmanager der Libyan Foreign Bank, wurde in der Nähe von Tripolis im September 2016 entführt und zehn Tage in einem geheimes Gefängnis im Bezirk Tadschura gefangen gehalten. Während der Entführung wurde ihm ins Bein geschossen.
[8] https://www.un.org/press/en/2018/sc13243.doc.htm

Montag, 12. März 2018



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Neuseeland: Neue Regierung schafft Ministerposten für Abrüstung!

10.3.2018. Die Koalitionsregierung zwischen der sozialdemokratischen Labourparty (LP) und der kleinen, nationalistischen Neuseeland Zuerst Partei (NZFP) hat angekündigt, ein neues Ministeramt für atomare Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen zu etablieren, was das Land abermals in Konflikt mit den USA bringen könnte, deren atomar angetriebenen oder  bewaffneten Kriegsschiffen das Land in den 80iger Jahren den Zugang zu allen neuseeländischen Häfen verbot. Das Abrüstungsressort wird NZFP-Chef Winston Peters übernehmen, der gleichzeitig Außenminister ist und Premierministerin Jacinda Ardern (LP) während ihrer Babypause auch als Regierungschef vertreten wird.

 

Libyen: Führendes Mitglied des Grünen Widerstandes in Südafrika beschossen!

10.3.2018. Der frühere Stabschef von Libyens 2011 ermordetem Revolutionsführer Muammar al-Ghaddafi, Baschir Saleh Baschir, der auch damals die libyschen Staatsfonds verwaltete, ist auf dem Weg zum Flughafen Johannesburg in seinem Wagen von Unbekannten beschossen wurden und überlebte schwer verletzt. Baschir ist aktuell Mitglied des Exekutivkomitees der Libyschen Nationalen Volksbewegung (LPNM), in der sich die Anhänger Ghaddafis sammeln, die für eine Wiederherstellung des Staates und der libyschen Souveränität kämpfen.



Kärnten: BZÖ scheitert bei Landtagswahl und fliegt aus dem Parlament
10.3.2018. Die einstmals von Jörg Haider gegründete und noch in der vorletzten Legislaturperiode mit absoluter Mehrheit regierende, rechtsliberal-populistische Partei Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) hat bei der Kärntner Landtagswahl eine schwere Niederlage einstecken müssen und ist von 6,4% auf 0,37% abgestürzt (1.075 Stimmen). Nur die Kommunistischer Partei Österreichs (KPÖ) und die Liste FAIR der früheren Grünen-Politikerin Marion Mitsche schnitten noch schlechter als das BZÖ ab, von dem schon vor der letzten Landtagswahl Mitglieder und Wähler wieder zur rechten FPÖ abgewandert waren.
Das BZÖ war 2011 die einzige Partei im österreichischen Nationalrat, welche sich klar gegen die NATO-Intervention in Libyen ausgesprochen hatte, Parteigründer Haider war mit Ghaddafis Sohn Saif al-Islam befreundet.

Donnerstag, 8. März 2018



Libyen im Februar 2018 – Monatsrückblick

Was geschah… eine unvollständige Auflistung
Februar 2018

01.02.  Bei einem Gespräch mit dem italienischen Außenminister Alfano, der sich in seiner Funktion als Vorsitzender der OSZE in Moskau aufhält, machte der russische Außenminister Lawrow die Nato-Aggression für das herrschende Chaos in Libyen verantwortlich: „Seit Beginn der internationalen Bemühungen zur Wiederherstellung der Ordnung in Libyen, die durch die NATO-Aggression zerstört wurde – illegal und gegen die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates – haben wir uns für einen nationalen Dialog eingesetzt. Dieser sollte zur Überwindung der untragbaren Situation dienen. Sie verwandelte Libyen in eine Grauzone, durch die Militante und Waffenschmuggler in die Sahara-Sahel-Region eindringen konnten, während Wellen illegaler Einwanderer in entgegengesetzter Richtung – von Süden nach Norden – nach Europa kamen und enorme Probleme für viele europäische Länder einschließlich Italien verursachten.“[1]
Die Durchführung einer libyschen Friedenskonferenz ähnlich der syrischen Konferenz in Sotschi hielt Lawrow für möglich. Ein solcher Dialog würde aber wohl länger dauern.
01.02.  In Sebha (im südlichen Libyen) sind Kämpfe zwischen Angehöriger des Tibu-Stammes, die die LNA (Bengasi) unterstützen, und des Awlad-Suleiman-Stammes, die die ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) unterstützen, ausgebrochen. Es werden auch schwere Waffen eingesetzt.
Nachtrag 22.02.: Die Spannungen halten an. Mehrere Personen wurden durch Heckenschützen getötet.
Siehe auch: 27.02.
01.02.  In Brak al-Schatti wurden vier IS-Kämpfer getötet und ein Zivilist verletzt.
01.02.  Der Hohe Nationale Wahlrat hat die Verlängerung der Wählerregistrierung bis zum 15. Februar angekündigt. Die Registrierung für Auslandslibyer beginnt am 6. Februar.
01.02.  Der 1. Februar war der zwischen Misrata, dem ‚Präsidialrat‘ und dem Tawerga-Stamm ausgehandelte Termin, an dem die Menschen des Tawerga-Stammes in ihre Heimat zurückkehren sollten. Allerdings erlebten die etwa 43.000 Tawergas, die sich auf den Weg gemacht hatten, eine böse Überraschung: Milizen aus Misrata blockierten die Straßen zu ihrem Gebiet. Die Menschen sitzen nun in den umliegenden Gebieten fest.
Misrata und seine Milizen sind in Libyen die wichtigsten Verbündeten Italiens!
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/der-hilfeschrei-des-tawerga-stammes
Siehe auch: 27.02.
01.02.  Laut Amnesty International und Oxfam tragen Italien und die EU eine Mitschuld an Folter und Missbrauch tausender Migranten in Libyen. Wie der Standard berichtet, fordern sie „die Aufkündigung des fragwürdigen Deals mit Libyen.“[2]
01.02.  Laut Human Rights Watch in Tripolis haben nun auch in Bengasi bewaffnete Milizen vertriebene Familien daran gehindert, in ihre Häuser zurückzukehren. Es wird ihnen Terrorismus oder Unterstützung von Terrorismus vorgeworfen.
02.02.  Vor der Küste Libyens kenterte ein vollbesetztes Migrantenboot. Es wird befürchtet, dass mehr als 90 Menschen, die vor allem aus Pakistan stammten, ertrunken sind.
Unter den aus Libyen flüchtenden Personen befinden sich auffällig viele Pakistaner (dritthäufigste Nation). Es lebten zu Gaddafis Zeiten viele Pakistaner in Libyen, die in der Erdölindustrie Arbeit fanden. Viele haben sich nun entschlossen, Libyen den Rücken zu kehren und den Weg nach Europa anzutreten. Damit verliert Libyen qualifizierte Arbeitskräfte. Aber auch für Asiaten anderer Länder führt inzwischen der Weg nach Europa über Libyen und das Mittelmeer. „International operierende Menschenschmuggler schleusen Menschen aus Asien nach Libyen und weiter nach Europa – so beispielsweise aus Bangladesch. (...) Sie kommen über eine Schmugglerroute von Bangladesch nach Istanbul oder Abu Dhabi direkt nach Tripolis.“[3]
Bisher sind mehr als 15.000 Menschen im Mittelmeer gestorben. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.
02.02.  Die UN-Sonderbeauftragten für Libyen gaben bekannt, dass im Zeitraum vom 01. bis 31.01.2018 durch Gewalt 39 Zivilisten getötet und 63 verletzt wurden, die meisten davon durch Autobombenanschläge und explosive Kriegsüberbleibsel.
Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.
02.02.  Ein Artikel von Andrew Korybko beschäftigt sich unter dem Titel „Der italienische Stiefel tritt Afrika ins Gesicht“ mit dem militärischen Einsatz Italiens in Libyen und dem Niger.[4] Damit soll vor allem die Migrantenkrise gelöst werden, die Italien vor immense innenpolitische Probleme und hohe Kosten stellt. Dabei habe sich eine merkwürdige Arbeitsteilung entwickelt: Paris spiele die Rolle des strategisch Untergebenen der USA, beide zusammen führen aus dem Hintergrund. Auf der nächst unteren Ebene befände sich Deutschland als EU-Führung in eher beobachtender Stellung, während darunter Rom, dem die Drecksarbeit überlassen ist, angesiedelt sei. Italien dürfte jedenfalls in die inneren Probleme Afrikas immer tiefer hineingezogen werden, allein schon durch die Marine- und Militärstützpunkte in Libyen. Die sich durch das nahe Gegenüber der Mittelmeerküsten von Libyen und Italien ergebende geostrategische Lage verknüpfe das Schicksal beider Länder untrennbar miteinander.
02.02.  Ein Artikel im österreichischen Standard hinterfragt die Sinnhaftigkeit des EU-Außengrenzschutzes: „Herkunftsländer würden sich ins eigene Fleisch schneiden, sollten sie ihre Landsleute zurücknehmen. Denn die Summen, die in Europa lebende Flüchtlinge in die Heimat schicken, übersteigen angebotene EU-Hilfsgelder um ein Vielfaches.“ Maßnahmen zur Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU seien nicht umsetzbar. „Dies alles wird aber von hochdekorierten Experten als erfolgversprechendster Maßnahmenmix gesehen, um der Krise Herr zu werden.“[5]
02.02.  In Bengasi wurden mehrere Checkpoints des Innenministeriums beschossen. Ein Sicherheitsmann wurde schwer verletzt.
03.02.  Nachdem bereits am Freitag, 02.02., Kämpfe zwischen IS-Kämpfern und Petroleum-Facilities Guards PFG – jetzt verbündet mit Haftar und der LNA – ausgebrochen waren, die den Tod von mindestens einem IS-Kämpfer zur Folge hatten, wurden heute drei weitere IS-Kämpfer getötet, die versuchten, Sabotageakte an Ölleitungen durchzuführen.
04.02.  Nachdem Angehörige des Tawerga-Stammes am 01.02. entgegen der Absprachen mit Misrata und dem ‚Präsidialrat‘ daran gehindert wurden, in ihre Stadt und deren Umgebung zurückzukehren wurden sie in ihrem Notlager nahe der Stadt Bani Walid angegriffen. Bewaffnete Misrata-Milizen stürmten mit Fahrzeugen das Lager, feuerten in die Luft, brannten Zelte nieder und stahlen einen Krankenwagen der Stadt Bani Walid.
05.02.  Laut den Vereinten Nationen wird nach Zusammenbruch der staatlichen Versorgung die Lage der Libyer und auch der Migranten im Land immer schwieriger. Die UN müssten in Libyen in diesem Jahr 6,5 Mio. Menschen unterstützen, dazu wären 244 Mio. Euro nötig, doppelt so viel wie das Jahr davor. Gebraucht werden Wohnräume, Trinkwasser, Abwasserentsorgung, Nahrungsmittel und ärztliche Hilfe. Daneben müssten Minen geräumt und Migranten in ihre Heimatländer zurückgebracht werden.
05.02.  Heise.de hat ein Interview mit Wolfgang Pusztai veröffentlicht, in dem Pusztai behauptet: „Die Intervention [in Libyen] war aber trotzdem zwingend notwendig, da Gaddafi’s Sicherheitskräfte unmittelbar nach dem Ausbruch der Unruhen mit massiver Gewalt gegen die Demonstranten, Aufständischen und die Zivilbevölkerung vorgegangen sind.“[6] Diese Aussage Pusztais hat einen Sturm entrüsteter Kommentare ausgelöst, da es inzwischen jede Menge Beweise gibt, die diese Aussage widerlegen. Sogar der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten in Großbritannien erklärt: „Trotz seiner Rhetorik wurde die Annahme, Muammar Gaddafi hätte das Massaker an Zivilisten in Bengasi angeordnet, nicht durch die verfügbaren Beweise belegt.“ Und: „... diese Politik nicht von einer genauen Geheimdienstarbeit geprägt war. Beispielsweise überschätzte die Regierung fälschlicherweise die Bedrohung der Zivilisten und sie sahen nicht, dass ein signifikanter Teil der Rebellen aus Islamisten bestand. Im Sommer 2011 wurde die begrenzte ‚Intervention zum Schutz von Zivilisten‘ zur opportunistischen Politik des Regimewechsels mit militärischen Mitteln ausgeweitet. [...] Das Ergebnis war der politische und ökonomische Kollaps, Kämpfe zwischen Milizen und zwischen Stämmen, eine humanitäre und eine Migrantenkrise, umfangreiche Menschenrechtsverletzungen, die Verbreitung des Waffenarsenals von Gaddafi in der ganzen Region und das Anwachsen des IS in Nordafrika.“[7]
Das alles soll dem sogenannten ‚Libyenexperten‘ Pusztai nicht bekannt gewesen sein? Seine Agenda spricht dagegen. Beim National Councel on U.S. Libya Relations wird auf seinen ‚Master of Science in National Security Strategy‘, erworben am National Defense University/National War College in Washington D.C., hingewiesen und sein Werdegang wie folgt dargestellt: „Wolfgangs umfassende militärische Erfahrungen reichen von verschiedenen Positionen im strategischen Bereich im österreichischen MoD/Generalstab bis zu verschiedenen internationalen Aufgabenbereichen (National, EU und NATO). Er war auch lange im Geheimdienstgeschäft tätig. Von 2007 bis 2012 war er österreichischer Verteidigungsattaché für Italien, Griechenland, Tunesien und Libyen. Während des arabischen Frühlings verbrachte er viel Zeit vor Ort. Dies beinhaltete die Organisaation der Evakuierung hunderter österreichischer und EU-Bürger aus Libyen zu Beginn der Revolution und verschiedene Aufklärungsmissionen.“[8]
In einem Satz: Pusztai ist ein in der USA ausgebildeter Geheimdienstler, der aktiv für das Nato-Militärbündnis tätig war und ist, z.B. vor Ort beim Sturz Gaddafis. Augenblicklich tingelt Pusztai durch alle Medien, vom NZZ über deutsche Rundfunksender bis Heise.de, um seine transatlantische Propaganda zu verbreiten.
06.02.  Der Standard berichtet, dass laut UN-Experten der Menschenschmuggel in Libyen von offiziellen Stellen unterstützt wird. So habe sich eine Miliz, die dem ‚Innenministerium‘ der ‚Einheitsregierung‘ unterstellt ist, festgesetzte Migranten von Schleppern abkaufen lassen. „Staatliche Einrichtungen und Gelder könnten durch bewaffnete Gruppen und Schlepper“[9] genutzt werden, die dadurch noch mehr Macht bekommen. Auch habe die zuständige libysche Stelle keine Kontrolle über die Flüchtlingslager.
06.02.  Laut einem UN-Bericht verfügen die im Süden Libyens sich sammelnden IS-Milizen über große Geldmengen.
07.02.  Justice Now titelt: „ Durch Krieg und genozidale Sanktionen tötete der Westen im Irak, Afghanistan, Libyen, Somalia, Jemen und Pakistan in den letzten 27 Jahren 3.303.287 Menschen – im Schnitt 329 jeden Tag.
Zu Libyen heißt es: „Die NATO hat die Zivilbevölkerung in Libyen nicht geschützt – sie hat die Zahl der Toten vervielfacht.“
[10]
08.02.  Nachdem sich Mahmoud al-Werfalli, Kommandant der schlagkräftigen LNA-Eliteeinheit Saiqa gestern in die Hände der Militärpolizei in Haftars Hauptquartier Mardsch begeben hatte, kamen Gerüchte über seine Ermordung auf. Daraufhin kam es in Bengasi zu bewaffneten Machtdemonstrationen der Anhänger von al-Werfalli. Viele Straßen wurden mit brennenden Reifen blockiert. Es wurde mit der Erstürmung des Hauptquartiers von General Haftar gedroht, sollte Werfalli etwas zustoßen. Werfalli selbst zeigte sich im Fernsehen und rief seine Anhänger zu Besonnenheit auf. Er kehrte inzwischen wohlbehalten nach Bengasi zurück.
Warfalli hatte zuletzt im Dezember als Vergeltungsakt für einen Autobombenanschlag mit 34 Toten zehn Gefangene öffentlich exekutiert. Der IStGH forderte daraufhin seine Festnahme und Auslieferung.
08.02.  Der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, sagte, dass noch etliche Voraussetzungen erfüllt werden müssten, um Wahlen abhalten zu können; dazu zählten die Verabschiedung einer Verfassung, die Bekämpfung der Korruption, eine Begrenzung ausländischer Einmischungen in libysche Angelegenheiten und die Rückkehr aller innerhalb des Landes Vertriebenen in ihre angestammten Gebiete. Außerdem müsse die Wählerregistrierung abgeschlossen sein.
Das kann eigentlich nur als Absage der für September ins Auge gefassten Wahlen verstanden werden.
09.02.  Zweiter Bombenanschlag auf Moschee in Bengasi. Die Explosion einer unter der Kanzel versteckten Bombe forderte zwei Todesopfer. Die Angaben über die Zahl der Verletzten schwanken zwischen 75 und 147. Der Anschlag ereignete sich während des mittäglichen Freitagsgebets.
Bisher hat sich niemand zu dem Anschlag bekannt. Es gibt Vermutungen, dass das Attantat von Schläfern des dschihadistischen Revolutionären Schura-Rats von Bengasi ausgeführt wurde.
Schon vor 17 Tagen war vor einer Moschee in Bengasi ein Doppelbombenanschlag ausgeführt worden, bei dem 25 Menschen starben und mehr als 50 verletzt wurden.
10.02.  Nahe Sirte wurde auf einen LNA-Kontrollposten ein Selbstmordanschlag mit einem Jeep verübt. Dabei wurden drei LNA-Soldaten verletzt. Hinter dem Anschlag werden IS-Kämpfer vermutet.
11.02.  US-Präsident Trump hat die einseitig über Libyen verhängten Sanktionen, die bereits vor sieben Jahren von Barack Obama angeordnet worden waren, verlängert. Sie seien damals verhängt worden, weil Muammar al-Gaddafi als Bedrohung der nationalen Sicherheit eingestuft wurde. „Die Situation in Libyen bleibt weiterhin eine außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und für die Außenpolitik der USA.“[11]
12.02.  Der Sprecher des libyschen Parlaments, Aguila Saleh Issa, beschuldigte bei SputnikNews die Türkei, den Terrorismus im Land zu unterstützen. „Terroristische Organisationen stecken hinter diesen [Anschlägen in Bengasi], mit der Unterstützung von ausländischen Staaten, mit türkischer Unterstützung.“[12]
Die Aussage bezog sich auch auf die Aufbringung eines Schiffes im Januar durch die griechische Küstenwache mit beträchtlichen Mengen Sprengstoff an Bord, der in türkischen Häfen geladen und für Misrata bestimmt war.
Issa sagte ebenfalls, dass die Militäraktionen gegen das Dschihadisten-Nest Derna noch in dieser Woche zu Ende geführt werden könnten. Man gehe aber behutsam vor, damit die Zivilbevölkerung so wenig wie möglich in Mitleidenschaft gezogen werde.
12.02.  Welt.de[13] fragt sich, wer die Zinsen des libyschen Vermögens abschöpft. Geschenkt, dass die Welt libysches Staatsvermögen als „Gaddafis Milliarden“ bezeichnet, denn interessant ist die Frage, wohin die Erträge der eingefrorenen libyschen Vermögen in Millionenhöhe fließen.
Laut LibyanExpress hat auch Abdel Rahman Schalgham[14] Befürchtungen geäußert, dass internationale Akteure, die von libyschen Parteien unterstützt werden, das Vermögen der LIA an sich bringen. Auch Abdul Magid Breisch[15] fordert, sowohl die Vermögen als auch die daraus resultierenden Gelder eingefroren zu lassen, da sich verschiedenste Akteure als für die Auszahlung autorisiert ausgegeben haben. Insbesondere kritisiert Breisch die Einflussnahme der Präsidialrats (Tripolis): „Vermögen der LIA und einigen ihrer Tochtergesellschaften wurden möglicherweise illegal verwendet und an Dritte in klarer Verletzung der Statuten von LIA gezahlt.“[16] Breisch hofft nun, dass ein libysches Gericht die Eingriffe des Präsidialrats in die Arbeit der LIA als illegal verurteilt.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/attentat-auf-ehemaligen-gaddafi-vertrauten
12.02.  Über Libyens Nachbarn Tunesien schreibt IMI[17]: "Auswirkungen der neoliberalen Neuausrichtung der tunesischen Wirtschaft führten zu Proletarisierungsprozessen, einer Verschärfung der Marginalisierung der Regionen im Inland, Landflucht und einer Erodierung sozioökonomischer Rechte. Der sozioökonomische Status quo wurde bis heute nicht nur aufrechterhalten, sondern der neoliberale Kurs seit der Absetzung Ben Alis 2011, von allen (mittlerweile neun) Folgeregierungen auch weiter intensiviert. Erst 2016 einigte sich der IWF mit der tunesischen Regierung unter Premierminister Youssef Chahed auf einen weiteren Kreditrahmen von 2,9 Mrd. US Dollar. Diese asymmetrischen Kredite dienen derzeit jedoch lediglich der Deckung des Haushaltsdefizits und stellen keine sozialen oder wirtschaftlichen Investitionen dar. Die Auslandsverschuldung stieg seit der Umbrüche innerhalb von sieben Jahren von 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf etwa 80 Prozent des BIPs (2017). Zudem grassiert weiterhin der informelle Sektor, dem mit 54 Prozent mehr als die Hälfte des BIPs zugerechnet werden, wodurch wichtige Staatseinnahmen ausbleiben. Von Seiten der EU wurde eine Ausweitung von bereits bestehenden Freihandelsabkommen erreicht und eine weitreichende und umfassende Freihandelszone (DCFTA) angestrebt. Das Handelsdefizit steigt weiter an – u.a. durch die Währungsabwertung des tunesischen Dinars um 20 Prozent gegenüber dem Euro im vergangenen Jahr. Insgesamt sind der sich langsam erholende Tourismus, die im Vergleich zu den Vorjahren hohen landwirtschaftlichen Erträge sowie das Wachstum in der Phosphatproduktion unwesentlich für die Gesamtbilanz. Eine jährliche Inflationsrate von 6,3 Prozent lässt zudem die Kaufkraft der tunesischen Bevölkerung sinken. Zeitgleich schießen die Preise für Produkte des Grundbedarfs rasant in die Höhe (vgl. Djaziri 2018). Simultan steigt die Arbeitslosigkeit innerhalb der jungen Bevölkerung weiter an und liegt inzwischen bei etwa 40 Prozent, zu denen als ein nicht zu unterschätzender Teil Universitätsabsolvent/Innen zählen – für Frauen liegt sie weit höher (vgl. ebd.). Die Abwärtsspirale der wirtschaftlichen und sozialen Lage im Land dreht sich schneller."
13.02.  Der Mitiga-Flughafen von Tripolis musste wegen Einschlags einer Mörsergranate erneut vorübergehend geschlossen werden. Es soll die Rollbahn getroffen worden sein, als eine Maschine der privaten Wings-Airline gerade zum Start ansetzte. Die Towermitarbeiter hätten daraufhin in Panik ihren Arbeitsplatz verlassen. Ankommende Maschinen wurden zum Misrata-Flughafen umgeleitet.
Bisher hat niemand die Verantwortung für den Anschlag übernommen. Es war erst am 15. Januar zwischen rivalisierenden dschihadistischen Gruppierungen zu Kämpfen um den Flughafen gekommen, die zu schweren Zerstörungen auf dem Flughafengelände führten.
13.02.  Es soll zu einem Abkommen zwischen den dschihadistischen Revolutionären Brigaden von Sabrata und Zawija gekommen sein, die den Kämpfern die friedliche Rückkehr nach Sabrata ermöglichen soll. Die Revolutionären Brigaden waren vom Wadi-Operation Room und dem IS Fighting Operation Room aus Sabrata vertrieben worden.
14.02.  In der Nähe von Bani Walid ist ein Lastwagen mit Migranten schwer verunglückt. 23 Flüchtlinge starben, 124 wurden teils schwer verletzt. Insgesamt wurden mit dem Laster 180 Menschen befördert, die meisten stammten aus Somalia und Eritrea.
14.02.  Der Gerichtshof in Tripolis hat den Verfassungsentwurf der Verfassungsgebenden Versammlung gebilligt. Das anderslautende Urteil eines Gerichts in Beida wurde nicht anerkannt, da das Gericht in Beida nicht befugt gewesen sei, über Verfassungsfragen zu entscheiden.
Nun sei es dem Parlament in Tobruk möglich, ein Gesetz für ein Referendum über den Verfassungsentwurf zu verabschieden.
15.02.  Die ägyptische Armee gab bekannt, an der Grenze zu Libyen einen Konvoy von zehn Geländefahrzeugen zerstört zu haben. Die Fahrzeuge hätten versucht, auf ägyptisches Territorium vorzudringen.
16.02.  Wie die Hohe Libysche Wahlkommission bekanntgab, haben sich bisher 2.432.502 Wähler, darunter 1.032.962 Frauen, registrieren lassen. Die Registrierung innerhalb Libyens ist damit beendet. Sich im Ausland aufhaltende Libyer können sich noch bis Ende des Monats in die Wahllisten eintragen.
UN-Sondergesandter Salamé sagte, es müsse vor den Wahlen erst noch ein Wahlgesetz vom Parlament in Abstimmung mit dem Hohen Staatsrat verabschiedet werden, so wie es im Skhirat-Abkommen festgelegt ist.
16.12.  Der Mitiga-Flughafen von Tripolis gibt bekannt, dass er für die nächsten drei Monate jeweils in der Zeit von Mitternacht bis sechs Uhr morgens geschlossen sein wird.
17.02.  Heute vor sieben Jahren begann in Libyen der sogenannte Aufstand gegen die Regierung, der zur Ermordung Gadafis führte und Libyen in einen failed state verwandelte.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/die-libysche-revolutionsluege
17.02.  Libyan National Popular Movement (LNPM) veröffentlicht zum 7. Jahrestag der Februar-Verschwörung eine Stellungnahme, in der der friedliche Kampf für ein freies und souveränes Libyen beschworen wird.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/lnpm-zum-7-jahrestag-der-februar-verschwoerung
17.02.  Ein FAZ-Artikel[18] stellt fest, dass in Libyen die Geschäfte mit Menschenschmuggel nach Europa keinesfalls zum Erliegen gekommen sind, sondern florieren. Es hätten sich „Mafiabanden, Milizen und Behörden zu illegalen Netzwerken zusammengeschlossen“, darunter auch Kräfte der sog. ‚Einheitsregierung‘, die von der UNO und der EU unterstützt werden wie eine Salafistenmiliz in Tripolis. Ein Offizier der libyschen ‚Küstenwache‘ aus Misrata stellt fest: „Wenn das so weitergeht, dann siedelt ganz Afrika über“. Allerdings benutzt auch er die Flüchtlingsproblematik als Hebel, um vom Westen noch mehr Geld und Ausrüstung zu erpressen.
18.02.  Der stellvertretende Premierminister der ‚Einheitsregierung‘, Ahmed Meitig, hält in Misrata eine dreistündige Militärübung ab.
18.02.  Joe Penney schreibt in TheIntercept[19] über die US-Drohnenbasis in Libyens Nachbarstaat Niger. Im Oktober 2017 sei ein Konvoy mit nigrischen und amerikanischen Spezialeinsatzkräften, die aus dem Dorf Tongo Tongo kamen, von Militanten überfallen worden. Fünf Nigrer und vier Amerikaner seien getötet und ihre nackten Leichen im Busch gefunden worden. Dieser Vorfall wurde im Niger deshalb so skandalös empfunden, weil die Nigrer dadurch zum ersten Mal erfuhren, dass amerikanische Soldaten in ihrem Land kämpften. Soumana Sanda, Führer einer Oppositionspartei im nigrischen Parlament erklärte: „Erst da erfuhr ich, ein Nigrer, ein Parlamentarier und somit Volksvertreter, dass es hier tatsächlich einen (US-amerikanische) Stützpunkt gibt, der Bodenoperationen durchführt.“ Und ein anderer Nigrer meinte: „Für uns ist das eine neue Form der Kolonisation“.
Tatsächlich befänden sich mindestens seit 2013 US-Spezialeinsatzkräfte im Niger.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:  https://www.freitag.de/autoren/gela/militaerisches-engagement-des-westens-im-niger
20.02.  In Bengasi kommt es zu Protesten von Mitgliedern der al-Saika-Miliz (LNA) und von Zivilisten gegen die Absetzung von Wanis Bukhamada als Chef des Sicherheitsbüros von Haftars Operation Dignity (Würde). Es sollen mehrere Personen verletzt und eine Frau durch einen Querschläger getötet worden sein.
20.02.  Der Vorsitzende der russischen Kontaktgruppe für Libyen, Lev Dengov, sagte laut SputnikNews, dass sowohl die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis als auch die LNA (General Haftar) Russland um militärische Unterstützung gebeten haben. „Dank dem russischen Außenministerium, dem Minister und dem Präsidenten haben wir heute zu allen den gleichen Kontakt.“ „Wir sehen die Versuche der Einmischung von außen, die den Konflikt in Libyen schüren und verschärfen.“[20]
21.02.  An einem Checkpoint der Libyschen Nationalarmee LNA bei Waddan (al-Dschufra Stadt) kamen durch einen Selbstmordanschlag drei Soldaten ums Leben, sieben wurden verwundet. Zu dem Selbstmordattentat bekannte sich der IS.
21.02.  Die dschihadistische Special Deterrence Miliz aus Tripolis unter Abdel Rauf Kara (ehemals Rada-Miliz) hat die Sahara Bank in al-Maja, Wirschefana (27 km westlich von Tripolis), angegriffen und den Kommandanten der dortigen Miliz, Abu Hamira Dschawida, sowie drei Bankangestellte, darunter eine Frau, getötet. Weitere Personen, auch Zivilisten, wurden verwundet. Die Küstenstraße wurde anschließend gesperrt, um die Stammesmilizen an Racheaktionen an der Special Deterrence Miliz zu hindern.
Nachtrag 22.02.: Der Hohe Rat des Wirschefana-Stammes hat den Präsidialrat für die Morde und die Verwüstungen in al-Maja und entlang der Küstenstraße verantwortlich gemacht. Der UN-Sondergesandte Ghassan Salamé wurde aufgerufen, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um die für die barbarischen Morde Verantwortlichen zu stoppen und die Verbrechen im Wirschefana-Distrikt zu beenden.
21.02.  In einem Interview mit Sputnik News[21] spricht der Journalist Mustafa Fetouri über das Verhältnis zwischen Großbritannien (unter Tony Blair) und Libyen in den Jahren 2004 und 2005, bevor Libyen 2011 von David Cameron verraten wurde.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/spannungsfeld-libyen-al-kaida-der-westen
22.02.  Die Wachmannschaft Petroleum Facilities Guards (PFG) des al-Fil-Ölfelds im Murzuk-Becken (Südwesten Libyens), die aus Tibu-Stammesangehörigen besteht, hat aus Protest ihren Arbeitsplatz verlassen. Es sollen Gehälter nicht bezahlt und Zusagen nicht eingehalten worden sein. Daraufhin wurden Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen mit Hubschraubern evakuiert und das Ölfeld geschlossen.
Al-Fil beliefert über die Rejajna-Pipeline den Mellitah-Ölkomplex, der zwischen Zuwara und Sabrata liegt. Mellitah ist ein Joint Venture zwischen NOC und der italienischen ENI.
Nachtrag: 25.02.: NOC hat aufgrund der schlechten Sicherheitslage den Ausnahmezustand für das al-Fil-Ölfeld ausgerufen. Damit ist NOC nicht mehr haftbar, wenn es aus Gründen, die nicht in seiner Verantwortung liegen, Verträge nicht erfüllen kann. Der Erdölausstoß des al-Fil-Ölfelds ist von 75.000 Barrel täglich auf nur noch 25.000 Barrel eingebrochen.
NOC ist in Verhandlungen mit den Tibu-Stämmen eingetreten.
24.02.  Die Fursan-Dschanzour-Miliz, die dem dschihadistischen Libyan Dawn angehört, hat die Küstenstraße und damit den Zugang in die westlich gelegenen Orte und Distrikte von Tripolis mit Sandaufschüttungen gesperrt.
24.02.  Laut Transparency International steht Libyen beim Korruptions-Index auf Rang 171 (von 180 erfassten Ländern).
24.02.  Vertreter des Tibu-Stammes und des Zawia-Stammes aus Kufra (im Südosten Libyens) haben in Tunis ein Aussöhnungsabkommen unterzeichnet, das die UN-Sondermission für Libyen organisiert hatte. Es garantiert den Stammesmitgliedern Bewegungsfreiheit, individuelle Verantwortung bei Verbrechen und gleichen Zugang zu Dienstleistungen.
25.02.  Baschir Saleh Baschir, einst Stabschef und einer der engsten Vertrauten Muammar al-Gaddafis, hat in Südafrika schwerverletzt einen Mordanschlag überlebt. Bashir war einst zuständig für die Verwaltung libyscher Staatsfonds, einschließlich dessen Auslandsinvestitionen. (Siehe auch 12.02: Libysche Vermögen).
Zu dem Anschlag auf Saleh Baschir hat Libyan National Popular Movement LNPM, zu dessen Exekutivkomitee er gehörte, eine Presseerklärung veröffentlicht, in der es u.a. heißt:
„LNPM erneuert seine Versprechen an das libysche Volk, den Kampf für die Wiederherstellung der Heimat fortzusetzen. Auch die Angriffe seiner Führer durch feige Morde und Einschüchterungsversuche wird es nicht davon abhalten, seine Pflichten gegenüber der Heimat zu erfüllen.“ [22]
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/attentat-auf-ehemaligen-gaddafi-vertrauten
25.05.  In einem Artikel benennt LibyanWarTheTruth Italien, die Türkei und Katar als die im Moment aktivsten ausländischen Mächte, die in Libyen Dschihadisten unterstützen.[23]
25.02.  RT berichtet über eine Internetkampagne, die die Libyerin Hiba Schalabi ins Leben gerufen hat. Sie will damit auf die immer weiter fortschreitende Zerstörung der Altstadt von Tripolis aufmerksam machen und fordert den Erhalt des Kulturerbes:
https://deutsch.rt.com/afrika/65734-frau-libyens-hauptstadt-fotografiert-es-mir-das-herz/
27.02.  Seit Tagen kommt es im Süden Libyens und speziell in der Stadt Sebha zu Zusammenstößen zwischen Tibu-Kämpfern, die loyal zur LNA stehen und inzwischen den Flughafen einnehmen konnten, und einer 6. Brigade des Präsidialrats (Tripolis), bestehend aus Mitgliedern des Awlad-Suleiman-Stammes. Es sollen mehr als vier Zivilisten zu Tode gekommen und weitere verletzt worden sein. Die Ältestenräte der Stämme wurden aufgerufen, auf einen Waffenstillstand hinzuwirken.
Es soll die libysche Tibu-Miliz von Kämpfern aus dem Tschad unterstützt werden. Die Tibu weisen diese Vorwürfe zurück und fordern, dass eine unabhängige Fact-Finding-Kommission die Vorgänge in Sebha untersucht.
27.02.  Auch die humanitären Organisationen der Vereinten Nationen und deren Partner in Libyen sind tief besorgt über die Lage der ehemaligen Bewohner von Tawerga, denen der Zugang durch Misrata-Milizen in ihre Häuser, Städte und Gemeinden verweigert wird. Männer, Frauen und Kindern biwakieren unter prekären Verhältnissen in Notlagern in Kararat al-Gataf und Hwara. „Hunderte Menschen, die ihr legitimes Recht auf Rückkehr ausüben möchten, sitzen bei schlechtem Wetter unter freiem Himmel und ohne Zugang zu den nötigsten Versorgungsmöglichkeiten nun über drei Wochen fest“, so die UN-Beauftragte Maria Ribeiro.
Nachdem die Tawergas 2011 aus ihren Häusern und Städten von Misrata-Milizen vertrieben wurden, wurde im März 2017 ein Übereinkommen zwischen Tawerga und Misrata geschlossen, dass die Rückkehr der Tawergas und deren Entschädigung regeln sollte. Im Dezember 2017 bestimmte der Präsidialrat als Rückkehrdatum für die Tawergas den 1. Feburar. Daraufhin machten sich Familien aus allen Landesteilen auf den Weg, zurück in ihre angestammten Wohngebiete, wurden dann aber von Misrata-Milizen an ihrer Rückkehr gehindert.
Siehe auch 01.02.
27.02.  Die Hohe Wahlkommission hat die Fristen der Eintragung in die Wahllisten für im Ausland lebende Libyer bis 12. März verlängert. Bisher haben sich v.a. in Ägypten, in den USA und in Kanada lebende Libyer registrieren lassen.


Quellen (soweit nicht anders vermerkt): libyaherald.com / libyatimes.net / libyaobserver.ly / libyanexpress.com / libyaagainstuperpowermedia.org / libyanwarthetruth. com / rcmlibya.wordpress.com / deutsch.rt.com / sputniknews.com / derstandard.at / heise.de / tagesschau.de / wunderhaft.blogspot.dk / ncuslr.org / faz.net / welt.de



A. Gutsche




[1] https://sputniknews.com/world/201802011061266182-lavrov-nato-intervention-libya/
[2] https://derstandard.at/2000073416786/Amnesty-und-Oxfam-EU-traegt-Mitschuld-an-Gewalt-gegen-Migranten
[3] http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-fluechtlinge-117.html
[4] https://wunderhaft.blogspot.dk/2018/02/der-italienische-stiefel-tritt-afrika.html
[5] https://derstandard.at/2000073542859/EU-Fluechtlingspolitik-Taeglich-gruesst-die-Krise
[6] https://www.heise.de/tp/features/Libyen-Wie-kann-es-nach-Gaddafi-wieder-besser-werden-3960636.html
[7] https://publications.parliament.uk/pa/cm201617/cmselect/cmfaff/119/11902.htm
[9] https://derstandard.at/2000073715179/UNO-Staatliche-Einheiten-unterstuetzen-Menschenschmuggel-in-Libyen
[10] „http://justicenow.de/2018-02-07/der-westen-toetet-im-orient-329-menschen-jeden-tag-seit-27-jahren/
[11] http://www.libyanexpress.com/us-president-extends-us-sanctions-on-libya/
[12] https://sputniknews.com/middleeast/201802121061574751-libya-accusation-turkey-terrorism/
[13] https://www.welt.de/politik/ausland/article173487966/Verschwundenes-Geld-Wer-schoepft-die-Zinsen-von-Gaddafis-Milliarden-ab.html
[14] Abdel Rahman Schalgham: von 1984 bis 1995 libyscher Botschafter in Italien, von 1998 bis 2000 außenpolitischer Sprecher des Allgemeinen Volkskongresses Libyens, von 2000 bis 2009 libyscher Außenminister, anschließend libyscher Botschafter bei der UN
[15] Magid Breisch, internationaler libyscher Banker, wurde 2013 Vorsitzender LIA, 2016 aber nicht mehr in die LIA berufen, bezeichnet sich aber noch heute als Vorsitzender der LIA.
[16] http://www.libyanexpress.com/breish-political-interference-in-the-libyan-investment-authority-must-stop/
[17] http://www.imi-online.de/2018/02/12/freiheit-wuerde-arbeit/
[18] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/das-schleusergeschaeft-ist-in-libyen-immer-noch-lukrativ-15445374.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0
[19] https://theintercept.com/2018/02/18/niger-air-base-201-africom-drones/
[20] https://sputniknews.com/middleeast/201802201061826555-libya-russia-haftar-military/
[21] https://sputniknews.com/analysis/201802211061849814-gaddafi-uk-betrayal-intelligence/
[22] https://rcmlibya.wordpress.com/2018/02/25/lpnm-statement-on-the-assassination-attempt-on-dr-bashir-saleh-bashir/
[23] http://libyanwarthetruth.com/criminal-interference-libya-italy-turkey-and-qatar-perpetuates-failed-state