Libyen im April 2018 – Monatsrückblick
Was geschah… eine
unvollständige Auflistung
April 2018
01.04. Der
Flughafen von Misrata musste geschlossen werden, nachdem eine bewaffnete Gruppe
das Gelände gestürmt hatte. Die Bewaffneten forderten die Freilassung von
Omar Dabbaschi und al-Rahman Mohammed Dabaschi, zwei Mitglieder der
dschihadistischen
Anas-al-Dabbaschi-Miliz
von Sabrata, die vorher verhaftet worden waren.
01.04. Nachtrag
vom Februar 2018: Die Frage „Warum hassen sie uns?“ beantwortet ein Artikel auf
JusticeNow:
„Seit 1990 wurden im Orient 3.303.287 Menschen getötet. Das entspricht im
Schnitt 329 toter Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.“ Diese Zahl setzt
sich zusammen aus konservativen Berechnungen von seriösen Institutionen. Im
Golfkrieg mussten hunderttausende ihr Leben lassen. In Folge des Kampfes gegen
den IS sei es zu „fahrlässigen Massenmorden an Zivilisten“ gekommen,
unvorstellbare Kriegsverbrechen seien von der US-Koalition beim Kampf um Rakka
verübt worden. Getötet wird auch in Afghanistan, Pakistan, im Jemen und in
Somalia.
Zu Libyen heißt es, dass 2011 in Folge
des illegalen Nato-Krieges laut einer Studie der University of Tripoli 21.490 Menschen getötet wurden. Zitiert wird
Seumas Milne im englischen Guardian:
„Die Nato hat die Zivilbevölkerung in Libyen nicht geschützt – sie hat die Zahl
der Toten vervielfacht.“
02.04. Die
Kämpfe in Sebha (Südwesten Libyens) zwischen Tibu (loyal zur LNA/Bengasi) und
Awlad-Suleiman-Kämpfern (loyal zum Präsidialrat/Tripolis), die bereits Anfang
Februar ausgebrochen sind, halten an. Es kommen auch schwere Waffen zum
Einsatz. Das historische Kastell wurde beträchtlich beschädigt.
02.04. Im
Monat März dokumentierte die UN-Sondermission für Libyen fünf Tote und elf
Verletzte bei gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Die Dunkelziffer dürfte weit höher
liegen.
03.04. LibyaTimes
berichtet, dass wöchentlich, wenn nicht täglich, die kommerzielle US-Firma Tenax Aerospace im Auftrag der
US-Luftwaffe Aufklärungsmissionen über Libyen durchführt. Die Flugzeuge
starten vor allem von der sizilianischen Stadt Trapani aus, sowie von
Luftwaffenstützpunkten in Griechenland und Tunesien.
Obwohl von Tunesien geleugnet, gibt es Fotos von zwei US-Militärmaschinen, die
im letzten Monat in Tunesien mit dem Ziel Libyen gestartet sind. Spezielle
Luft- und Bodenoperationen führten in Libyen in den letzten Jahren Italien, Großbritannien,
Frankreich und die VAE durch.
Am aktivsten seien allerdings die USA. Fotos belegten den wöchentlichen Anflug
von
US Special Operations Command
nach Misrata und Bengasi, die auf eine enge Zusammenarbeit zwischen den
US-Spezialkräften und dem Militärrat von Misrata bzw. der LNA in Bengasi hinweisen.
Dazu Major Karl. J. Wiest vom AFRICOM-Hauptquartier in Stuttgart: „Wir wollen
den Druck auf Terrornetzwerke aufrechterhalten und verhindern, dass Terroristen
sich sicher fühlen können.“ Näheres möchte AFRICOM über seine geheimen
Operationen nicht verlauten lassen.
03.04. Saadi
al-Gaddafi, der in Tripolis gefangen gehalten wird, ist für den Mord an dem
Fußballer Baschir al-Rayani im Dezembee 2005 von einem Gericht in Tripolis für
nicht schuldig befunden worden. Allerdings verurteilte ihn das Gericht zu einem
Jahr Gefängnis und zu einer Geldstrafe von 400 LYD wegen des Genusses und des
Besitzes von Alkohol. Das Gericht setzte die Strafe ab dem Urteilsspruch
für fünf Jahre auf Bewährung aus. Der Prozess war mehr als ein dutzend Mal
vertagt worden. Videoaufnahmen
belegen, dass Saadi während seiner Gefangenschaft im al-Hadba-Gefängnis
gefoltert wurde.
Saadi al-Gaddafi war früher Kapitän der libyschen Fußballmannschaft. 2011 floh
er in den Niger, der ihm zunächst politisches Asyl gewährte, ihn 2014 aber
gegen die Zahlung einer beträchtlichen Summe an die dschihadistischen Milizen
in Tripolis auslieferte. Im Mai 2015 wurde er vor dem Berufungsgericht in
Tripolis wegen des Mordes an Rayani angeklagt.
Nachdem im Mai das al-Hadba-Gefängnis durch die Miliz von Haithem Tadschuri gestürmt
worden war, brachte man Saadi an einen anderen Aufenthaltsort.
03.04. LibyanExpress
berichtet, dass bereits letzten Monat Ahmad Gaddaf al-Dam, ein Cousin von
Muammar al-Gaddafi gegenüber AP sagte, dass jeder, der etwas über Sarkozys
Korruptionsvergehen wusste, entweder im Gefängnis, ermordet oder knapp einem
Mordversuch entgangen sei.
Der ehemalige Dolmetscher von Muammar al-Gaddafi, Meftah Abdallah Missouri,
sagte gegenüber AP, er sei 2005 in Tripolis bei dem Gespräch zwischen Sarkozy
und Gaddafi dabei gewesen. Nun habe er Angst, nach Libyen zurückzukehren,
da er fürchte, dort verhaftet zu werden. „Für jeden Angriff auf ihn oder für seine
Gefangennahme seien die libyschen Behörden verantwortlich zu machen.“ Meftah
Missouri war libyscher Diplomat in Paris, wo er auch ein Studium absolvierte.
Er war mit verschiedenen diplomatischen Auslandsposten betraut, bevor ihn 1996
Gaddafi zu seinem persönlichen Dolmetscher und Übersetzer machte. 2011 floh
Missouri nach Tunesien, wo er sich heute noch aufhält. Er erklärte sich bereit,
vor den französischen Behörden auszusagen.
Missouri gab an, Gaddafi habe zu Sarkozy gesagt, er freue sich, einen Freund
wie ihn, den französischen Präsidenten, zu haben. Über bestimmte Geldsummen sei
nicht gesprochen worden. Bei dem Gespräch sei auch der ehemalige Stabschef
Baschir Saleh dabei gewesen sowie der französisch-libanesische Geschäftsmann
Ziad Tadieddine, der später zugab, die Geldkoffer für den französischen
Präsidentschaftswahlkampf überbracht zu haben. Zuletzt habe Gaddafi wenige
Monate vor seinem Tod mit Sarkozy korrespondiert. Dabei habe er seinen
Rücktritt angeboten. Er wollte aber in Libyen bleiben. Sarkozy habe auf das
Schreiben nicht geantwortet.
Nachtrag 10.04.: Auch SputnikNews
bringt ein Interview mit Gaddafis ehemaligem Dolmetscher Meftah Missouri. Er
sagt darin, dass nach dem Gespräch des Jahres 2005 zwischen Gaddafi und Sarkozy
einige Mitglieder von Sarkozys Wahlkommission den Kontakt zu drei „bekannten
libyschen Personen“ aufgenommen haben. Es sei ein Brief an Gaddafi geschrieben
worden, in dem von „50 Millionen Euros die Rede war als Libyens Beitrag zur
kommenden Wahlkampagne.“ Gaddafi habe daraufhin gesagt: „Sagen wir 20
Millionen, das reicht.“ „Gaddafi war großzügig zu lateinamerikanischen,
asiatischen, arabischen und europäischen Ländern. Er gab politische,
wirtschaftliche oder einfach finanzielle Hilfen.“
Über die Gründe der Beteiligung an der Bombardierung Libyens im Jahr 2011
meinte Missouri, dies könne etwas mit der Beteiligung der französischen
Gasgesellschaft
Total zu tun gehabt
haben: „Es gab den Sektor 66, das ergiebigste natürliche Gasfeld. Verträge
zwischen den beiden Ländern erlaubten Dritten keinen Zugang. Aber es kam
heraus, dass Katar Teile von
Total
gekauft hatte. Deshalb kündigte Libyen den Vertrag. Vielleicht war das mit
einer der Gründe.“
Nachtrag 12.04.: Nun veröffentlicht auch
Mediapart
ein umfassendes Interview mit Meftah Missouri, in dem dieser die bereits
zitierten Aussagen im Detail wiederholt. Missouri bestätigt, dass alle
Gespräche aufgezeichnet wurden. Erwähnung findet auch das erste Treffen
zwischen Gaddafi und Sarkozy im Oktober 2005, in dem es um eine juristische Vertretung
von Abdullah Senussi, den Chef des libyschen Auslandsgeheimdienstes, ging.
Gegen Senussi war ein internationaler Haftbefehl ausgestellt worden. Ihm wurde
zur Last gelegt, 1989 für den Abschuss eines französischen Passagierflugzeugs
im Niger verantwortlich zu sein, das den Tod von 170 Passagieren zur Folge
hatte.
Senussi wurde dank der
Fürsprache Sarkozys von einem bekannten Pariser Anwalt vertreten. Der
Haftbefehl sollte aufgehoben werden.
Ein weiteres Thema ist die Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern
und eines palästinensischen Arztes, die in Libyen zu lebenslanger Haft
verurteilt worden waren. Sie waren beschuldigt, 426 libysche Kinder mit dem
HIV-Virus infiziert zu haben. Die damalige Ehefrau von Sarkozy, Cécilia, kam
nach Tripolis, um die Freilassung der Krankenschwestern und des Arztes zu
erwirken und flog mit ihnen am 24. Juli 2007 in einem französischen
Regierungsflugzeug nach Sofia aus.
Besonders bitter dürfte für Gaddafi gewesen sein, dass Sarkozy ihm bei einem
Treffen noch versichert hatte, er sei kein Freund für einen Tag, sondern ein
Freund für immer.
03.04. MiddleEastEye
sieht in der gezielten Tötung von zwei hochrangigen al-Kaida-Mitgliedern
mittels Drohnen im Süden Libyens am 24. März 2018 eine Ausweitung des
sogenannten „Kampf gegen den Terror“. Der Luftangriff lege nahe, dass die
US-Operationen in Nordafrika ausgeweitet werden sollen. Es wird befürchtet,
dass
diese Eskalation fatale Konsequenzen für einen strategisch so
wichtigen Staat wie Libyen haben könnte. Neben der Gefahr, dass al-Kaida neue
Anhänger gewinnt, könnten auch andere regionale Akteure angezogen werden, um sich
im ölreichen Libyen Vorteile zu verschaffen. Der Autor zitiert einen Libyer mit
der Aussage, die USA versuchten nun, einen Feind einzudämmen, den sie selber erschaffen
haben. Sie seien nicht in der Lage, das Problem zu lösen, dessen Konsequenzen jetzt
die Libyer tragen müssten. Und der Mitarbeiter eines britischen Think-Tanks
meinte: „Es wird interessant werden, wenn erst die Staaten des Nahen Ostens
eigene Drohnen mit großer Reichweite erwerben, ob sie diese dann verstärkt in
Libyen einsetzen.“ Die VAE hätten bereits ähnliche Waffen in Libyen zum Einsatz
gebracht.
Erwähnung findet auch ein Bericht über die Pläne von AFRICOM, viele „situative
Standorte“ in halbwegs ständige („semi-permanent“) US-Stützpunkte umzuwandeln,
um schnell Einsatz bereit zu sein. Und Deborah Jones, US-Botschafterin von 2103
bis 2015, wird in Bezug auf den Drohneneinsatz nahe Ubari mit den Worten
zitiert: „Dies scheint die Fortsetzung der Ausweitung von AFRICOM-Aktivitäten
in jene libyschen Gebiete zu sein, in denen es keine Regierung gibt.“
All diese US-Einsätze werden mit Zustimmung der sogenannten ‚Einheitsregierung‘
in Tripolis durchgeführt.
04.04. Die
libyschen Behörden in Tripolis beenden die Jagd auf ehemalige Gaddafi-Leute.
Die libysche Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag bei ägyptischen
Behörden, Personen, die der früheren libyschen Regierung nahestanden, an Libyen
auszuliefern, fallengelassen. Dies gilt für ehemalige Politiker, Mitglieder der
Sicherheitskräfte und des Militärs sowie Journalisten der Gaddafi-Ära.
04.04. SputnikNews
schreibt über die Kandidatur Saif al-Islam Gaddafis: „Dass Saif al-Islam
Gaddafi die politische Landschaft betritt, reißt die Pläne der verfeindeten
Lager ein: Die Gesellschafts- und Herrschaftsform der Dschamahirija vermag es
schließlich, die Stämme zu einen, die das ehemalige Libyen noch in guter
Erinnerung haben. Gaddafis Sohn und seine Anhänger nehmen jedenfalls eine
souveräne Position ein. Er unterstützt weder die westliche Regierung von Fayiz
al-Sarradsch noch die östliche von Khalifa Heftar.“ In dem Artikel wird ein
Stammestreffen im März 2017 in Tunesien erwähnt, an dem auch Vertreter der
libyschen Regionen teilnahmen sowie Anhänger von Muammar al-Gaddafi. Ein
ehemaliges Mitglied der Regierung Gaddafis hatte im Exil einen libyschen
Stämme- und Städtetag organisiert, der allein im Ausland 20.000 Mitglieder
umfasst und noch einmal so viele in Libyen selbst. Saif al-Islam Gaddafi werde
von dieser Organisation als Nachfolger seines Vaters anerkannt, was angesichts
der auf Stammesbeziehungen aufbauenden libyschen Staatsform ein Zeichen der
Kontinuität und des Vertrauens bedeute.
05.04. In
Derna (nordöstliches Libyen) kam es zu Kämpfen zwischen
Omar-al-Muktar-Einheiten der LNA und Milizen des Derna-Schura-Rats, die einen
Angriff mit schweren Waffen gestartet hatten. Seit zwei Jahren wird Derna
von der LNA belagert.
08.04. Als
zwei tunesische Dschihadisten in der tunesischen Grenzstadt Ben Girdane
kontrolliert wurden, sprengte sich einer in die Luft. Dabei wurden vier
tunesische Polizisten verwundet. Der zweite Dschihadist wurde erschossen. Die
beiden Tunesier wollten sich dem IS in Libyen, dem Bataillon tunesischer Soldaten für das Kalifat, anschließen.
Nachtrag 14.04.: Der IS bestätigte
den Tod eines ihrer Mitglieder ebenso wie Zusammenstöße zwischen IS und tunesischen
Soldaten im tunesischen Kaserine, wobei ein Soldat getötet wurde.
08.04. In
Bengasi wurde auf den ehemaligen hochrangigen LNA-Führer Salah Bulaghib
geschossen. Er musste mit einem Bauchschuss ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Es ist noch unklar, ob es sich um ein politisches Attentat handelte oder um
eine private Fehde. Bulaghib, der den stellvertretenden Innenminister der
‚Einheitsregierung‘ in Tripolis unterstützte, löste nach seiner Festnahme im
letzten November seine Kampfeinheit auf.
08.04. Zum
ersten Mal gibt die britische Regierung zu, dass sie 2011 dschihadistische
Milizen unterstützt hat. Diese hatten enge Verbindungen zu den Attentätern, die
im Mai 2017 den Bombenanschlag in Manchester ausgeführt haben, bei dem 22
Menschen starben.
Mark Courtis zieht in
MiddleEastEye
bezüglich des Eingeständnisses der britischen Regierung, 2011 während des
Krieges gegen Libyen Kontakte zu Mitgliedern der
LIFG und der
Märtyrer-Brigaden
des 17. Februars gehabt zu haben, den Schluss, dass das Vereinigte Königreich
selbst Teil der terroristischen Infrastruktur sein könnte, die zu einer
Bedrohung für die britische Öffentlichkeit geworden ist.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/grossbritannien-teil-der-terror-infrastruktur
09.04. Am
Internationalen Benina-Flughafen von Bengasi wurde bis auf weiteres aus
Sicherheitsgründen sowie aufgrund widersprüchlicher Zuständigkeiten und einem
daraus resultierendem Chaos der gesamte Flughafenbetrieb eingestellt und alle
Flüge abgesagt.
10.04. Neuer
UN-Bericht: Tausende Menschen
werden in Libyen auf Dauer und auf gesetzeswidrige Weise in Gefangenschaft
gehalten, wo sie Folter, Misshandlungen und anderen Menschenrechtsverletzungen
ausgesetzt sind.
Der Bericht fordert die Verantwortlichen dazu auf, alle willkürlich oder
anderweitig unrechtmäßig eingesperrten Personen unverzüglich frei zu lassen.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/tausende-libyer-gesetzeswidrig-inhaftiert
10.04. Zur Beendigung der Kämpfe in Sebha (Hauptstadt des Fessan im Südwesten
Libyens) zwischen Tibu (loyal zur LNA/Bengasi) und Awlad-Suleiman-Kämpfern
(loyal zum Präsidialrat/Tripolis), die bereits Anfang Februar ausgebrochen waren,
hat die 6. Infanteriebrigade einen einseitigen
Waffenstillstand ausgerufen und nun der LNA ihre Gefolgschaft versichert.
Die 6. Infanteriebrigade setzt sich hauptsächlich aus
Angehörigen des Awlad-Suleiman-Stammes zusammen. Daraufhin hat der
Tibu-Ältestenrat dem Waffenstillstand ebenso zugestimmt wie der Öffnung der
seit einer Woche blockierten
Gortha-Landwirtschaftsstraße, die eine wichtige Verbindungsstraße zwischen
Sebha und den südlichen Gemeinden darstellt.
Frühere Vermittlungsversuche verschiedener Seite waren ohne Erfolg geblieben.
Der Suleiman-Stamm hatte den Tibu vorgeworfen, mit Tibu-Stammesangehörigen aus
dem Tschad zu kämpfen, um die Herrschaft in Sebha an sich zu reißen. Von den
Tibu, die Suleiman-Milizen nicht als Ordnungsmacht in Sebha anerkannten, wurde
dies bestritten.
Proteste der Bürgermeister der südlichen Gemeinden wie Sebha, Brak Schati und
Ubari hatten gegen die Kämpfe protestiert, da die Versorgung der Gemeinden
nicht mehr gewährleistet war.
Das Parlament von Tobruk hat für den Süden Libyens den Notstand ausgerufen.
Siehe auch: 02.04.
10.04. In Libyen herrscht weitgehend Einigkeit darüber,
dass Frankreich das Geld, das Sarkozy für seinen Wahlkampf von Gaddafi bekommen
hatte, an die libysche Staatskasse zurückgeben muss. In Frankreich soll diesbezüglich ein Prozess angestrengt
werden. Es wird betont, dass es in Libyen 2011 nicht illegal war, andere
Regierungen finanziell zu unterstützen.
Anhänger der Dschamahirija sehen in Sarkozys Fall eine späte Rache für Gaddafis
Ermordung. Allgemein wird verlangt, dass sich Sarkozy für die Bombardierung und
Zerstörung Libyens entschuldigt.
Saif al-Islam Gaddafi hat erneut seine Bereitschaft bekundet, in Frankreich
unwiderlegbare Beweise gegen Sarkozy vorzulegen.
11.04. Khalifa
Heftar, 75jähriger General und Oberbefehlshaber der LNA, erlitt einen
Schlaganfall und befindet sich zur Behandlung im Pariser Militärkrankenhaus Val
De Grace. Es heißt, sein
Gesundheitszustand sei kritisch.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/general-Heftar-erlitt-schlaganfall
12.04. Der
Präsident des Europäischen Parlaments, der Spanier Antonio Tajani, sagte in
Madrid: „Gaddafi zu ermorden bedeutete, die Tür zu öffnen für Migration,
Moslembruderschaft und IS.“ Die USA hätten in Afrika viele Fehler gemacht.
12.04. In
Niamey (Niger) fand ein Treffen zwischen Führern der Tibu, Awlad Suleiman und
Tuareg statt, um über die Situation im Süden Libyens zu beratschlagen und
die Möglichkeiten für einen Waffenstillstand auszuloten.
13.04. In den libyschen Medien wird wild über den
Gesundheitszustand von General Heftar spekuliert. Die Meldungen reichen von tot
über fast tot bis kerngesund. Medien, die den Moslembrüdern nahestehen, haben
bereits den Tod von General Heftar gemeldet. Andere Quellen sagen, sein
Gesundheitszustand habe sich stabilisiert. Agila Saleh, Vorsitzender des
Parlaments in Toburk und Oberkommandierender der bewaffneten Kräfte, warnte vor
Unruhen und Aufwiegelungen, an denen bestimmte politische Kreise interessiert
seien. Alle militärischen und sicherheitsrelevanten Einheiten seien im normalen
Einsatz. Und der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé sagte, er habe
mit Heftar telefoniert. Das Auswärtige Amt in Frankreich verweigerte alle Auskünfte
über Heftar.
Über einen möglichen Nachfolger Heftars wird bereits diskutiert.
Nachtrag 18.04.: Es heißt, Salamé
habe zwar versucht, mit Heftar zu telefonieren, aber aufgrund dessen schlechter
Verfassung sei ein Gespräch nicht möglich gewesen.
13.04. LibyanExpress zitiert einen Bericht der New York Times, demzufolge General Heftar
der CIA gestattet habe, einen Stützpunkt in Bengasi zu errichten. Einige
Mitarbeiter von US-amerikanischen Spezialkräften befänden sich auf einem
Luftwaffenstützpunkt nahe der Stadt. Dies bedeute die Rückkehr der
US-Amerikaner, die nach der Ermordung ihres Botschafters Christopher Stevens
2012 die Stadt verlassen hatten. Weiter hieß es in der NYT, dass die Ernennung des ehemaligen CIA-Direktors Mike Pompeo
zum Außenminister zu engeren Verbindungen mit General Heftar führen könne. Beide
wären dem politischen Islam feindlich gesonnen.
13.04. In
London fordern die Anwälte von Abdelhakim Belhadsch die Offenlegung einer 400
Seiten umfassenden Akte der Metropolitan Police. Darin wird die Rolle, die
ein ehemaliger MI6-Offizier im März 2004 bei der Folterung in einem
US-amerikanischen Gefängnis in Bangkok und bei der Überstellung von Belhadsch
und seiner Frau von Thailand nach Libyen spielte, dargestellt. Es handelte sich
dabei um eine konzertierte MI6-CIA-Operation.
Entgegen der Behauptung von Belhadsch, er
wäre sechs Jahre im Abu-Salim-Gefängnis eingesessen und sei dort gefoltert
worden, heißt es aus Libyen, Belhadsch sei nur ein Jahr im Abu-Salim-Gefängnis
in Tripolis inhaftiert gewesen. Danach wurde ihm erlaubt, zusammen mit seiner
Familie eine Villa zu beziehen. Er stand zunächst unter Hausarrest, der 2008,
nachdem er sich zur Dschamaharija bekannt hatte, vollständig aufgehoben wurde.
14.04.
In Tripolis fand eine Konferenz mit dem Ziel statt, in Libyen wieder die
Monarchie einzuführen.
Natürlich wäre ein König praktisch,
so wie ja schon 1951 nach dem Ende der italienischen Kolonialzeit ein König,
der damalige Idris I., eingesetzt wurde. Idris I. erlaubte den USA und
Großbritannien die Errichtung von Militärbasen im Land und die Ausbeutung der
Bodenschätze zu Schleuderpreisen. Solche Zeiten hätten die USA und
Großbritannien in Libyen sicher gerne wieder, eine willfährige, absolutistische
Monarchie à la Saudi Arabien.
16.04. LibyaObserver berichtet, dass Heftar ein
Angebot Sarradschs zur Zusammenarbeit mit der Begründung abgelehnt habe, das
Mandat der Einheitsregierung sei letzten Dezember ausgelaufen und so könne diese
überhaupt keine Posten vergeben. Heftar sei angeboten worden, ein noch zu
schaffendes ‚Einheitsmilitär‘ zu führen.
Ein Treffen in Kairo von Militärs aus Tripolis (Einheitsregierung) und Bengasi
(LNA) scheint ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen zu sein.
18.04. Auf
den Konvoi von Abdul Razak al-Nazhuri, Stabschef der LNA und als Nachfolger von
Heftar gehandelt, wurde in Bengasi ein Autobombenattentat verübt, dem al-Nazhuri
unverletzt entging.
18.04. Im
ägyptischen Alexandria kam es zu einem Zwischenfall im libyschen Konsulat.
Mohammed al-Dressi drang zusammen mit zwei Diplomaten in das Konsulat ein und übernahm
es unter Anwendung von Gewalt. Der libyschen Nachrichtenagentur teilte
al-Dressi anschließend mit, er habe die Arbeit in seinem Büro wieder
aufgenommen. Al-Dressi war von der Übergangsregierung in Beida zum Konsul
ernannt worden.
In der libyschen Botschaft in Kairo und seinem Konsulat in Alexandria tobt ein
Kampf zwischen der Übergangsregierung in Baida und der ‚Einheitsregierung‘ in
Tripolis um die Besetzung der diplomatischen Posten, dem die ägyptischen
Behörden ziemlich hilflos gegenüberstehen.
19.04. Saif
al-Islam Gaddafi hat den Präsidentschaftswahlkampf in Tunesien gestartet. Gaddafis
Wahlkampfmanager Abdelmonem Dramba hat eine neue Zeitung mit Namen Mandala vorgestellt, die in 24
tunesischen Städten innerhalb der libyschen Gemeinden verteilt werden soll.
Später soll die Zeitung auch in anderen Maghreb-Ländern und in EU-Staaten mit
libyschen Gemeinden angeboten werden. Die Wahlkampfzeitung soll die politischen
Ziele von Saif al-Islam Gaddafi erläutern und die im Ausland lebenden Libyer auffordern,
an den Wahlen teilzunehmen.
19.04. Der
Mitiga Flughafen bei Tripolis wurde von Granaten getroffen. Beschädigt wurden
ein Airbus der libyschen Fluggesellschaft und die Ankunftshalle. Das
Flughafengelände steht unter Kontrolle der Special
Deterrent Force (unter Abdel Rauf Kara / ehemals Rada-Miliz), die auf dem
Gelände ein illegales Gefängnis unterhält, das berüchtigt für Folterungen ist.
Die SDF machte die radikal-islamistische 33. Brigade unter dem Befehl von
Bashir Khalfallah aus Tadschura für den Angriff verantwortlich. Tadschura
sprach sich gegen die Anwesenheit der SDF auf einem zivilen Flughafen aus und
warf der SDF schwere
Menschenrechtsverletzungen vor.
19.04. Bei
ihrem 5. Treffen in Addis Abeba hat die Afrikanische Union (AU) ihre Besorgnis
über die anhaltend schlechte Sicherheitslage in Libyen zum Ausdruck gebracht. In
Libyen seien mehr als 20 Millionen Waffen im Umlauf. Deshalb sind alle
nationalen und internationalen Verantwortlichen dazu aufgerufen, das
Waffenembargo der Vereinten Nationen für Libyen einzuhalten. Auch die sich
verschlechternde Situation in Sebha im Süden Libyens sei besorgniserregend.
Die AU rief alle international Beteiligten dazu auf, darauf hinzuwirken, dass
es zu einer politischen Lösung im Land kommt.
Besonders wichtig sei, dass alle libyschen Vermögenswerte professionell
verwaltet werden und eingefroren bleiben, um Wertminderungen und Verluste zu
verhindern und die Verfügungsrechte des Staates Libyen zu gewährleisten.
Die Einheit Libyens müsse gewahrt bleiben. Jede Spaltung aufgrund ethnischer
oder Stammeszugehörigkeiten sei zu verurteilen. Es sollte eine nationale
Versöhnungskonferenz unter der Schirmherrschaft von AU und UN stattfinden. Bei
der Suche nach einer nachhaltigen Lösung für Libyen müssten auch die
Nachbarländer miteinbezogen werden. Der Aufbau einer einheitlichen
Nationalarmee wurde begrüßt.
20.04. Über
das Schicksal General Heftars kursieren weiterhin unterschiedlichste Gerüchte.
Zum einen wird die Nachricht verbreitet, dass Heftars Gesundheitszustand gut sei
und er in Kürze nach Libyen zurückkehren wird. Der französische Außenminister
sagte, es gehe Heftar jetzt besser. Zum anderen berichtet
MiddleEastEye,
dass sich Heftar in einem Wachkoma befinde.
Als Grund wird Lungenkrebs angegeben, der im Gehirn Metastasen gebildet
habe.
Die Spekulationen über Machtkämpfe innerhalb der LNA bezüglich Heftars
Nachfolge halten an. Heftar wird v.a. von Ägypten und den VAE unterstützt, aber
auch von Frankreich. Heftar spielt eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen
zwischen der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, die er nicht anerkennt, und den
politischen und militärischen Kräften im Osten des Landes.
Als potentieller Nachfolger käme Generalleutnant Abdulrazak al-Nazhuri infrage.
Es ist aber nicht klar, ob er die Unterstützung der Stämme hat.
20.04. An
der Spitze des Staatsrats in Tripolis steht ab jetzt ein strammer Moslembruder
namens Khaled al-Mischri. Er tritt die Nachfolge von Abdurrahman Schwehli
an. Der Staatsrat soll ein Gegengewicht im Westen des Landes zum
Tobruk-Parlament im Osten bilden und hat 145 Mitglieder.
Es steht zu befürchten, dass weiterhin
auf eine Teilung Libyens hingearbeitet wird.
20.04. Mustafa
Sanella, Vorsitzender der Libyschen Nationalen Ölgesellschaft NOC sagte auf
einer Tagung zum Thema „Diebstahl von Öl und Kraftstoff“ in Genf, dass 30 bis
40 Prozent der Treibstoffes, der entweder importiert oder in Libyen raffiniert
wird, gestohlen oder geschmuggelt wird. Dies entspreche etwa 750 Millionen
US-$ (offizieller Kurs). Die riesigen Gewinne, die mit Schmuggel gemacht werden
können, hätten einen beträchtlichen Teil der libyschen Gesellschaft
korrumpiert. Besonders im Westen Libyens gebe es eine große Gruppe gut ausgerüsteter
und bewaffneter Krimineller, die Interesse daran haben, dass Libyen ein
instabiles Land bleibt, so dass sie weiterhin ihre Millionen machen können.
Zur Bekämpfung des Schmuggels schlägt Sanella vor, dass das Mandat der
Operation Sophia auf die Suche nach
geschmuggelten Kraftstoff ausgeweitet werden sollte. Außerdem könnte das aus
Libyen stammende Öl durch einen Marker gekennzeichnet werden. Auch die bei
Schmugglern beschlagnahmten Gelder sollten nach Libyen zurückfließen. Die
Kraftstoffsubventionen sollten ebenfalls überprüft werden, denn diese kämen
nicht dem libyschen Volk, sondern den kriminellen Schmugglerbanden zu Gute.
20.04. Laut
einer britischen Kommission, die von David Cameron geleitet wird, hat die
britische Intervention in Libyen 2011 die gegenwärtige Instabilität
hervorgerufen. Cameron war 2011 Premierminister und somit für die
Militäraktionen gegen Libyen verantwortlich. Dazu Mubruk Derbesh, im Exil
lebender libyscher Professor: „Ein Witz, dass Cameron diese Kommission leitet.
Das ist wie wenn man
Jack the Ripper
damit beauftragt hätte, den Tod von jungen Frauen auf den Straßen von London zu
untersuchen.“
Und weiter: „Wenn man sich wirklich um das Wohlergehen des libyschen Volkes
gesorgt hätte, hätte man es seine eigenen Entscheidungen treffen lassen
müssen.“
21.04. Die
LNA flog einen Luftangriff auf das Lager Khala im al-Saddada-Bezirk (ca.
100 km südwestlich von Misrata, nahe Bani Walid). Dort hatten sich Kämpfer der al-Kaida
nahen Verteidigungsbrigaden von Bengasi
und Kämpfer von Patroleum Facilities
Guard (PFG) aufgehalten. Vier Personen sollen getötet und eine unbekannte
Anzahl verwundet worden sein.
Das Khala-Lager untersteht Mohammed al-Haddad, dem Kommandanten des sog. Zentralen Einsatzgebietes, ein Gebiet, das
unter Kontrolle der ‚Einheitsregierung‘ steht.
21.04. In
Sebha (Südwesten Libyens) wird weiter gekämpft. Awlad-Suleiman-Einheiten (loyal
zum Präsidialrat/Tripolis) sollen Granaten in einen Tibu-Wohnbezirk (loyal zur
LNA/Bengasi) gefeuert haben, wobei zwei Personen getötet und fünf weitere
verletzt wurden. Bereits vor zwei Tagen soll es elf Verwundete gegeben haben.
Nachtrag 23.04.: Die Kämpfe haben sich
intensiviert. Es sollen innerhalb von Wohngebieten Panzer eingesetzt worden
sein.
In der Stadt Sebha soll es vermehrt zu Entführungen und wilden Schießereien
kommen.
21.04. Tunesien
hat seine Botschaft in Tripolis wieder eröffnet. Sie war 2015 nach der
Entführung von zehn Botschaftsangehörigen geschlossen worden.
22.04. Terroristen
haben ein Ventil der Ölpipeline, die vom Marada-Ölbecken zum Sidra-Verladehafen
führt, gesprengt. Das Feuer, das nach der Explosion ausbrach, konnte
zwischenzeitlich unter Kontrolle gebracht werden.
22.04. In
Bengasi forderte eine Auseinandersetzung zwischen einer Einheit zur
Kriminalitätsbekämpfung und der al-Zawija-Märtyrer-Brigade (LNA) zwei
Todesopfer. Weitere Personen wurden verletzt.
22.04. Bei
zwei Einsätzen der libyschen Küstenwache wurden einmal vor Misrata 83 Migranten
gerettet und 11 Leichen von Ertrunkenen geborgen, zum anderen vor Zliten 180
Migranten an Bord genommen und nach Libyen zurückgebracht.
23.04. Aufgrund
der guten Wetterlage hat die Zunahme von Migrantenankünften in Italien wieder
stark zugenommen. Allein in den letzten zwei Tagen seien fast 1400
Migranten auf See von Rettungsschiffen an Bord genommen worden und nun
unterwegs nach Sizilien.
23.04. Libyens
staatliche Ölgesellschaft NOC erteilte für den Verkauf von Anteilen der
libyschen Ölgesellschaft Waha, die
der US-Ölgesellschaft Marathon
gehören und an die französische Total
verkauft werden sollten, keine Genehmigung. Derartige Geschäfte müssten von
der NOC und von den libyschen Behörden vorab genehmigt werden.
Total hatte im März erklärt, 16
Prozent an
Waha von
Marathon zum Preis von 450 Millionen
US-$ zu erwerben.
24.04. RCMLibya.wordpress veröffentlichte einen
Artikel des Africa News Portal, der die
wichtigsten Punkte des Wahlprogramms von Saif al-Islam Gaddafis wiedergibt: Saif
al-Islam Gaddafi: Agenda für Libyen
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/saif-al-islam-gaddafi-agenda-fuer-libyen
25.04. Die
EU-Sondermission für Libyen stellt
der libyschen Wahlkommission fünf Millionen Euro zur Verfügung. Die UN hat
das Förderprogramm Wahlen für das
Libysche Volk (PEPOL) ins Leben gerufen, die die Hohe Libysche Wahlkommission schulen soll.
25.04. Heftar
ist nach einer über zweiwöchigen Behandlung in einer Pariser Klinik wieder nach
Libyen zurückgekehrt. Details über die Gründe seines Aufenthalts in Paris
wurden nicht bekannt. Sein Gesundheitszustand wurde den Umständen entsprechend
als gut bezeichnet. Bei der Feier anlässlich seiner Rückkehr sagte er: „Wahlen
mögen richtig sein, aber sie könnten auch ein Komplott sein. Deshalb brauchen
wir eine Armee, die das Sagen hat.“
26.04. Der
Militärstaatsanwalt der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis), Masoud Erhouma, der im
März gefangengenommen worden war, soll entkommen sein und sich nun in der Stadt
al-Radschaban aufhalten.
26.04. In
Misrata finden Gespräche mit Abgesandten von Zinten statt, die über eine
Beilegung der Feindschaft zwischen den beiden Kontrahenten beraten sollen. Seit
2011, als die libysche Regierung stürzte, bis 2014 hatten Zinten-Milizen die
libysche Hauptstadt kontrolliert. Während des Bürgerkriegs 2014 vertrieben
Milizen aus Misrata die Zinten-Milizen aus Tripolis.
26.04. Der
libysche Autor Abdelrazzak al-Dahesh beschuldigt Tunesien, dass die dort
eingefrorenen Gelder der Libyschen
Auslandsbank in Höhe von 200 Millionen US-$ auf illegale Weise dazu benutzt
werden, die tunesische Wirtschaft zu fördern.
27.04. In
SputnikNews
erläutert die italienische Wissenschaftlerin Michela Mercuri die Spannungen,
die sich wegen Libyen zwischen Frankreich und Italien aufgebaut haben. Der
ehrgeizige französische Präsident Macron versuche, die Führung in der EU zu
übernehmen. Rom und Paris verfolgten in Libyen unterschiedliche Ziele. Italien
unterstütze immer noch die ‚Einheitsregierung‘ unter Farradsch, während
Frankreich hinter General Heftar stünde. Frankreich möchte wegen der
Ölvorkommen ein Standbein in der Kyrenaika behalten und Heftar würde dort Frankreichs
Interessen garantieren, das seine eigenen Ziele verfolge, die aber der Einheit
des Landes und auch Italien schaden würden.
Auch hinsichtlich der Migrantenfrage hätten Paris und Rom gegensätzliche
Positionen. Paris weigere sich nach wie vor, Migranten aufzunehmen und würde
eingereiste Flüchtlinge nach Italien zurückschicken.
28.04. Die
US-Geschäftsträgerin für Libyen, Stephanie Williams, und der libysche
Außenunterstaatssekretär für politische Angelegenheiten, Lutfi Almughrabi,
unterzeichneten Abkommen für die Zusammenarbeit beider Länder in
Sicherheitsfragen (betreffend Flughäfen, Gefängnisse, Justizwesen) sowie
verschiedenen anderen Bereichen.
28.04. TheIntercept
stellt die Frage, warum die USA und ihre Verbündeten Libyen bombardierten und mit
dermaßen desaströsem Ergebnis in Libyen intervenierten. Sie kommen zu dem
Ergebnis, dass die Korruptionsaffäre von Nicolas Sarkozy ein neues Licht auf
den Sturz von Oberst Gaddafi wirft. In dem Artikel werden die Vorgänge um
den Tod von Libyens Ölminister Schukri Ghanem am 29. April 2012 noch einmal
dargelegt. Er wurde eine Woche nach der ersten Runde der französischen
Präsidentschaftswahlen und nur einen Tag, nachdem
Mediapart ein Dokument
veröffentlicht hatte, dass die Zahlung von Libyen an Sarkozy belegt, tot aus
der Donau gefischt.
Sarkozys Gründe für den Krieg gegen Libyen seien eine Mischung aus nationalen,
internationalen und persönlichen Gründen gewesen. Nachdem ihm klar geworden
war, wie ernst es den USA und den arabischen Staaten damit war, Gaddafi zu stürzen,
war ihm daran gelegen, das Narrativ, das ihm Nähe zu Gaddafi nachsagte, umzukehren.
Er war nun darauf bedacht, sich von Gaddafi zu distanzieren. Sarkozy verfolgte
ein Szenario, bei dem alles, was mit Gaddafi in Zusammenhang gebracht werden
konnte, diskreditiert und zerstört wurde.
Clinton (Außenministerin), Susan Rice (nationale Sicherheitsberaterin), Ben
Rhodes (Berater im Weißen Haus) und Samantha Power (UN-Botschafterin) waren dabei
hilfreich, den Krieg zu pushen, dessen Ziel ein Regime Change war.
Der Untersuchungsbericht des britischen Parlaments habe später keine tragbaren
Beweise gefunden, dass Gaddafi wirklich gegen Zivilisten vorgehen wollte. Gaddafis
langjährige Rolle als Gegenspieler der USA, die Tatsache, dass sich keine
bekannten Libyer in den USA für ihn einsetzten, und die Tatsache, dass Gaddafi
keine festen Verbündeten hatte wie z.B. Syriens Bashar al-Assad mit Russland
und dem Iran, hätten ihn zu einem leichten Angriffsziel gemacht.
Frankreich, das früher bremsend auf die USA bezüglich kriegerischer
Interventionen eingewirkt habe, tat nun das Gegenteil: Es ermutigte die
Intervention, die in einer Katastrophe endete.
29.04. Bei
einer Schießerei zwischen zwei rivalisierenden Schmugglerbanden im Süden
Libyens (bei Garyat) wurden zwei Menschen getötet und mehrere verletzt.
29.04. Nach
Gesprächen zwischen dem ägyptischen Präsidenten al-Sisi und dem französischen
Außenminister Jean-Yves Le Drian hieß es, Ägypten und Frankreich stimmten
überein, dass in Libyen bis Ende 2018 Wahlen abgehalten werden sollen, da
die Situation in Libyen Einfluss auf die Stabilität und Sicherheit in der
ganzen Mittelmeerregion habe. Die Situation im Land habe sich „relativ“ gesehen
verbessert.
29.04. In
einem Artikel in MiddleEastEye
heißt es: Da sich die Nato nun brav wie ein Schoßhündchen benimmt, sei sie für
Trump nicht mehr verzichtbar (obsolete). Die Hast, mit der die Nato dem
Raketenangriff auf Syrien applaudierte, zeige, welche Vorteile sie für die USA
und die Waffenindustrie hat.
Mit
seiner Präsidentschaft sei Trump praktisch
commander
in chief für alle 29 – hauptsächlich europäischen – Staaten geworden.
Laut den Planungen der Nato sollte die Allianz in der Lage sein, gleichzeitig
zwei große und sechs kleinere Einsätze auszuführen. Solche Zielvorgaben könnten
einen bedeutenden Einfluss auf den Nahen Osten haben, wo viele Nato-Einsätze
durchgeführt werden.
Der Autor sieht den Nato-Angriff 2011 auf Libyen als ihre vielleicht
kriminellste Unternehmung. Dieser Krieg unterminierte die Bemühungen der Nato-Propagandisten,
sich als altruistisch darzustellen.
Der Krieg gegen Libyen sei nach den Standards, die bei den Nürnberger Prozessen
gesetzt wurden, ein Aggressionskrieg gewesen und deshalb ungesetzlich.
Menschenrechtsgruppen hätten die Beweise erbracht, dass es die Nato nicht
gestört habe, dass ihre Truppen wiederholt Zivilisten töteten oder ihre
verbündeten ‚Rebellen‘ Gräueltaten begingen.
Die gültigen Nato-Strategien wurden bereits unter Madeleine Albright entworfen,
Bill Clintons Außenministerin. Sie enthielten die Empfehlung, dass auf jede
Störung westlicher Energie-Importe eine „angemessene Antwort“ folgen müsse.
Wegen seiner Gebührenerhöhungen war Gaddafi laut der New York Times ein
„problematischer Partner“ für die Ölindustrie.
30.04. Heftige
Kämpfe brachen in der Innenstadt von Tripolis aus. Die beiden beteiligten
Milizen, die al-Nawasi-Miliz und die Ghaniwa-Miliz, unterstehen beide dem
‚Innenministerium‘ des Präsidialrats.
30.04. Nahe
des Scharara-Ölfelds stürzte beim Start eine gecharterte Transportmaschine ab.
Dabei kamen drei Besatzungsmitglieder, darunter der Pilot, ums Leben, ein
weiteres wurde verletzt. Die Explosion an Bord soll ein technischer Fehler
verursacht haben. Die Maschine hatte Ausrüstung für die Arbeiten an den
Ölanlagen geladen.
30.04. Das
Nahost-Quintett, bestehend aus EU, AU, UN und Arabischer Liga, sprach sich bei
einem Treffen in Kairo für die Abhaltung von Präsidenten- und Parlamentswahlen
noch in diesem Jahr aus. Die Libyer sollten sich vorher dazu bekennen, die sich
daraus ergebenden Wahlergebnisse anzuerkennen.
A. Gutsche
Quellen
(soweit nicht anders vermerkt): libyaherald.com / libyatimes.net /
libyaobserver.ly / libyanexpress.com / libyaagainstuperpowermedia.org /
rcmlibya.wordpress.com / deutsch.rt.com / sputniknews.com / middleeasteye.net /
justicenow.de / xinhuanet.com / voltairenet.com / heise.de / derstandard.at /