Donnerstag, 28. Mai 2020



Kurznachrichten Libyen – 24.05.2020

 
Weiterhin Kämpfe in Westlibyen und um Tripolis – LNA droht mit Einsatz von Kampfjets – Westliche Strategie in Libyen gescheitert 

Militärische Lage
+ Am 24.05. morgens greift die LNA Kampfgruppen der ‚Einheitsregierung‘ bei Gharyan an.
+ Am 23.05. schwere Kämpfe am Tripolis-Flughafen.
+ Am 23.05. hat die LNA in asch-Schuwairef, Westlibyen, eine türkische Drohne abgeschossen, zwei Tage vorher erfolgte der Abschuss von zwei türkischen Drohnen über Tarhuna.
+ Am 23.05. führt die LNA mehrere Luftangriffe auf Milizen in Gharyan aus. Dem vorausgegangen waren die Einnahme einiger Ortschaften in der Gegend durch die Milizen der ‚Einheitsregierung’/syrische Söldner/Türkei.
+ Am 22.05. schwere Kämpfe zwischen den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ und der Küstenstadt al-Qura südlich von Tripolis sowie an allen Achsen von Tripolis, insbesondere an der Achse von Qarah Bala und Al Tawisha.
+ Die LNA kann Jazira Al-Fahm Island zurückerobern, ebenso die Stadt al-Schaqiqa. Die Milizen müssen sich nach Gharyan zurückziehen. Auch Mezda (südlich von Tripolis) kommt wieder unter Kontrolle der LNA.
+ Am 22.05. und am 23.05. gibt die ‚Einheitsregierung‘ bekannt, ihre Milizen hätten einige Gebiete und Ortschaften südlich von Tripolis eingenommen, darunter das Lager Yarmuk.
+ Am 21.05. Wahlloser Beschuss von Grad-Raketen auf die westlibysche Stadt Tarhuna durch die ‚Einheitsregierung’/türkische Drohnen. Die Grad-Raketen schlugen im dicht besiedelten Viertel Salah al-Din ein.
+ Zum wiederholten Mal bombardiert die ‚Einheitsregierung’/Türkei mit Lebensmitteln beladene LKWs, diesmal im Gebiet von asch-Schaqaq (südlich von Tarhuna).
+ Die LNA fliegt Angriffe auf Gharyan und bei al-Asaba.
+ Die LNA zieht Truppen und schwere Waffen aus Qasr bin Ghashir ab, um sie in Tarhuna zu stationieren.

Libysche Nationalarmee (LNA)
+ Der Oberkommandierende der LNA, Feldmarschall Haftar, droht: „Jeder türkische Soldat, jeder Söldner, der von Erdogan nach Libyen geschickt wurde, und jeder Verräter, der dem Besatzer die Rückkehr erlaubt hat, ist ein Ziel unserer Streitkräfte. Gewährt ihnen keine Gnade.“
+ Der Sprecher der LNA, Ahmed al-Mismari, sagte in einer Pressekonferenz: „Die offensichtliche türkische Einmischung in libysche Angelegenheiten und die Unterstützung der Türkei für Extremisten und Milizen von 2014 bis heute haben alle Versuche, eine friedliche politische Lösung in der Libyenkrise zu erreichen, zum Scheitern verurteilt“. Die Türkei habe Tripolis mit tausenden von Söldnern und Waffen geflutet. Es sei überraschend, dass die UNO dies nicht verurteile.
Der Präsidialrat sei kein Präsidialrat mehr, dasselbe gelte für die ‚Einheitsregierung‘, die keine Zustimmung des vom Volk gewählten Parlaments habe. Das Parlament hätte die zwischen der Türkei und Sarradsch getroffenen Vereinbarungen ratifizieren müssen, damit sie in Kraft treten könnten. Die LNA habe einen humanitären Waffenstillstand während des Ramadan angeboten, doch die ‚Einheitsregierung‘ habe die Angriffe fortgesetzt. Mismari: „Wir kämpfen gegen den Terrorismus, für Frieden und Sicherheit, und um unser Land vor dem Zusammenbruch nach einer türkischer Intervention zu schützen“.
https://www.addresslibya.co/en/archives/56559
+Am 21. Mai, kündigte die LNA die größte Luftoperation an, die jemals durchgeführt wurde, um Städte zu befreien, die noch immer von der Regierung Tripolis und von der Türkei unterstützten bewaffneten Banden als Geiseln genommen wurden.
+ Auch die SZ bestätigt den Erhalt der LNA von mindestens acht Kampfjets russischer Bauart, darunter sechs MiG-29 und zwei Jagdbomber vom Typ Suchoi-24. Die Lieferung bzw. Instandsetzung dieser älteren Kampfjets dürfte noch unter die zwischen Libyen und Russland vor 2011 geschlossenen Wartungsverträge fallen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/libyen-schlacht-der-stellvertreter-1.4914076

Libysche Stämme und Städte
+ Der Oberste Rat der libyschen Stämme appellierte an „alle arabischen und islamischen Regierungen und Völker, die Arabische Liga und den Sicherheitsrat, sich entschlossen gegen die türkische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Libyens zu stellen“.
https://www.addresslibya.co/en/archives/56556

Libysches Parlament
+ Parlamentspräsident Agila Saleh forderte die Vereinten Nationen auf, ihre Anerkennung der ‚Einheitsregierung‘ zurückzunehmen und die einzige juristische Person des Landes, das Parlament, dafür zu akkreditieren. In einem Brief an den UN-Generalsekretär erklärte Saleh, dass der anhaltende illegale Waffentransfer von der Türkei zur ‚Einheitsregierung‘ über die Häfen von Tripolis und Misrata eine offensichtliche Verletzung des UN-Waffenembargos gegen Libyen darstelle. Laut Saleh wolle die Türkei die libysche Souveränität verletzen, indem sie die Kontrolle über libysches Gebiet zu Land, in der Luft, in den Hafenstädten und den Hoheitsgewässer übernehme.
https://libyareview.com/?p=2932
+ Die Übergangsregierung (Tobruk) hat Tarhuna Bargeld zur Verfügung gestellt, das vor allem an Bedürftige und Rentner ausgezahlt werden soll.
https://libyareview.com/?p=2950

‚Einheitsregierung’/Milizen/Türkei
+ Satellitenbilder zeigen, dass die ‚Einheitsregierung‘ eine Landebahn und einen Hangar im Zentrum des Wohnviertels „Banana Project“ südlich des Mitiga-Flughafens innerhalb von Tripolis gebaut hat. Damit missbrauchen sie Zivilisten als Schutzschilde.
+ Sowohl laut Aussagen der UN-Sondermission für Libyen als auch der US-Botschaft warnten die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ vor Gewalttaten in der LNA-Hochburg Tarhuna in Westlibyen. Nach der Einnahme der Stadt al-Aasaba durch Milizen der ‚Einheitsregierung‘ wurden aus Rache Häuser niedergebrannt und viele Bürger wegen der Unterstützung der LNA verhaftet. Untersuchungen werden eingeleitet.
https://almarsad.co/en/2020/05/23/us-embassy-calls-for-immediate-de-escalation-in-libya-and-return-to-55-negotiations/
+ Laut der Journalistin JIssa Abdul-Qayyum habe die UN-Sondermission für Libyen (UNSMIL) mit ihren Kommentaren praktisch den Milizen grünes Licht für einen Angriff auf die Stadt Tarhuna gegeben, der allerdings scheiterte. Die Erklärung der UNSMILhabe die Einnahme von Tarhuna durch die Milizen vorausgesetzt, indem sie diese aufforderte, keine Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung durchzuführen. Sie sprachen sich nicht gegen den Angriff aus, sondern ermahnten die Milizen nur, die Zivilisten zu schonen. Sie fuhr fort: „Wir kennen den Zivilstaat von Sarradsch und seiner Milizen schon geraume Zeit und wir sind an das Stillschweigen seiner Anhänger und seiner Unterstützer gewöhnt, die sich selbst als Medienprofis und Eliten bezeichnen. Wir haben die überflüssigen Verlautbarungen der UNSMIL kennengelernt, die vor jeder Tötungsoperation ihre Besorgnis auszudrücken, um dann eine unbekannte Person zu beschuldigen, die einen unglücklichen Bürger getötet hat. Es ist sinnlos, sich auf sie zu verlassen […] nur eure eigene Stärke und der Einsatz eurer Waffen wird in dieser Situation helfen.“
+ Die Türkei warnte am 21.05. die LNA vor Angriffen, die sich gegen türkische Interessen in Libyen richteten. Diese zögen schwerwiegende Konsequenzen nach sich. Die LNA kontrolliert immer noch Ost- und Südlibyen, einschließlich der meisten Ölförderanlagen des Landes sowie die Stadt Sirte, die etwa auf halben Weg zwischen Bengasi und Tripolis liegt. Auch Tarhuna im Westen ist noch unter Kontrolle der LNA.
+ Al-Mischri, Vorsitzender des Hohen Staatsrats, machte den Präsidialrat in Tripolis für die gegenwärtige Situation verantwortlich. Er hätte die Sicherheitsstrukturen nicht durchgesetzt. Al-Misri ist führender Moslembruder und steht fest an der Seite von Erdogan. Er will sich und seine Moslembrüder als neue ordnende Kraft in Tripolis in Stellung bringen.
+ Wie ein Sprecher der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ verkündet, wollen sie als nächstes „mit Hilfe der türkischen Verbündeten“ den Ölhalbmond von der LNA erobern. Es wurde darauf hingewiesen, dass von den Ressourcen Libyens vor allem die Verbündeten der ‚Einheitsregierung‘ profitieren sollen, sprich die Türkei.
Wollen und können dürften hier sehr weit auseinanderliegen.
+ Der Türkeiexperte al-Sayed Hani sagte dem Extra News Channel: „Die Türkei will den Kampf in Libyen nicht verlieren, weil Libyen über große Ressourcen verfügt, auf die die Türkei ein Auge geworfen hat. Dazu kommt die geografische Lage. Die Türkei versucht, ihre Präsenz in der Region aufrechtzuerhalten und eine große Militärbasis auf libyschem Boden zu errichten.“
https://almarsad.co/en/2020/05/22/erdogan-wants-establish-a-large-military-base-in-libya/
+ Am 20.05. brachen vier Männer, darunter Mitglieder der pro-türkischen syrischen Miliz, in das das Haus der Familie in al-Karimia ein, stahlen Geld und entführten die 25-jährige Tochter. Die verzweifelten Eltern baten um Hilfe. Eine libysche Journalistin schrieb an Sarradsch: „Warum reichst du nicht deinen Rücktritt ein und gibst das Fiasko zu? Du hast alles ruiniert und korrumpiert.“
https://libyareview.com/?p=2925
+ Milizen aus Misrata entführten den Abdulsalam Adschbara . Einen Tag vorher war bereits sein Sohn gekidnapped worden, um Lösegeld zu erpressen.
Die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ sind und bleiben kriminelle Banden.
+ Am 20. Mai beschloss die türkische Regierung, das Vermögen der libyschen Investitionsbehörde (LIA) und des libyschen Afrika-Investitionsportfolios gemäß einer Entscheidung des UN-Sicherheitsrates einzufrieren.
https://libyareview.com/?p=3020

Coronakrise
+ Drei neue Covid-19-Fälle wurden in Libyen registriert. Damit steigt die Zahl der positiv getesteten auf 75; davon sind 33 Personen noch in medizinischer Behandlung, drei Patienten verstarben.
+ In Bengasi haben die Moscheen wieder geöffnet.

Verschiedenes
+ Laut dem russischen Außenministerium stimmen Lawrow und sein türkischer Außenminister überein, einen sofortigen Waffenstillstand in Libyen auszurufen.
An den sich aber keiner hält.
+ Am 23.05. telefonieren US-Präsident Trump und der türkische Präsident Erdogan bezüglich Libyen und Syrien. Laut Trump muss dringend deeskaliert werden.
Eine Eskalation zwischen der LNA und den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ könnte auf eine Konfrontation zwischen der Türkei (Nato) und Russland hinauslaufen, wobei die Unterstützer der LNA teilweise auch enge Partner Europas und der USA sind (Ägypten, VAE, Saudi Arabien), gar keine Rede von Frankreich. Die EU kann sich nicht wirklich wünschen, dass die Türkei Libyen übernimmt und damit dessen Ressourcen und auch alle Migrantenrouten kontrolliert.
https://libyareview.com/?p=3014
+ Deutschland, Türkei, Frankreich und Großbritannien haben zusammen die Lage in Libyen erörtert.
+ Auch der ehemalige UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Ghassan Salamé, meldete sich zu Wort. Er warnte, dass der IS seine Operationen ausweiten und dass Libyen ein Zufluchtsort für terroristische Gruppen aller Art werden könnte. Der „Status Quo in Libyen ist unhaltbar“. Der politische Prozess müsse vorangebracht und es müsse auf Wahlen hingearbeitet werden. Seit Mai 2017 sei die Ruhe in Tripolis nur eine Fassade gewesen. „Diese Krise ist nur die letzte in einer Reihe von Krisen in Libyen.“ Salamé äußerte sich äußerst kritisch dem libyschen Parlament gegenüber und schloss mit einer Drohung: „Es gibt andere Wege, um einen friedlichen politischen Wandel zu erreichen, und wir werden sie ohne zu zögern, ja mit Begeisterung beschreiten“, ließ aber offen, was damit konkret gemeint ist.
Damit hat sich die UN wieder einmal eindeutig auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ und der Moslembrüder positioniert. Allerdings hat Salamé in Sachen Libyen nichts mehr zu sagen.
http://en.alwasat.ly/news/libya/218663
+ Das tunesische Parlament hat für den 3. Juni eine Plenarsitzung angesetzt, um Ghannouchi für seine ausländischen Kontakte in Bezug auf die Libyenkrise zur Rechenschaft zu ziehen.
Vier parlamentarische Parteien bestätigten, dass Ghannushi als Parlamentspräsident laut tunesischer Verfassung oder der Parlamentsordnung nicht die rechtliche Autorität besitzt, ohne vorherige Zustimmung eine Position im Namen des Parlaments zu vertreten.
Ghannouchi hatte as-Sarradsch zu der Einnahme von al-Watija gratuliert.
+ Die italienische Zeitung Il Fatto Quotidiano schreibt, dass 2018 ein schwunghafter illegaler Handel mit Zigaretten und Medikamenten von Libyen nach Italien betrieben wurde. Als Gegenleistung habe Italien für die ‚Einheitsregierung‘ Waffenreparaturen ausgeführt. Dies deute auf einen Verstoß gegen das Waffenembargo hin. Vor einem Gericht wurde das Verhörprotokoll eines gewissen Marco Corbisiero angehört, in dem dieser sagte: „Wir haben die libysche Waffenreparatur durchgeführt, trotz des Embargos … wenn dies herauskommt, gibt es ein Chaos …“
https://libyareview.com/?p=2918
+ Der US-Außenminister Mike Pompeo sprach am Donnerstag mit dem italienischen Außenminister Luigi Di Maio über Covid-19 und die Libyenkrise.
+ Der ehemalige Chef des Generalstabs für Verteidigung in Italien und der wissenschaftliche Berater des Instituts für Internationale Angelegenheiten (IAI), General Vincenzo Camporini, sagte, in einem Interview mit Il Riormista, in Sachen Libyen habe Italien die gelbe Karte erhalten und sitze jetzt auf der Reservebank. Italien würde nicht as-Sarradsch bevorzugen, sondern würde jetzt Haftar den Vorzug geben, weil sich Italien der EU-Mission Irini angeschlossen habe. Die Türkei habe wegen Irini die Waffenlieferungen an die ‚Einheitsregierung‘ einstellen müssen, während Haftar weiterhin Waffen über den Landweg erhält.
+ Ein Artikel von LibyaDesk weist darauf hin, dass die ‚Einheitsregierung‘ und ihre Milizen intern gespalten sind und nur durch die Feindschaft gegen die LNA zusammengehalten werden. Sie sei nicht in der Lage, territorial zu expandieren, weil sie keine Unterstützung durch Stämme wie die LNA hat. Ihre jetzigen Siege gehen rein auf das Konto der Türkei. Angesichts dieser Tatsache seien die USA und Frankreich nicht davon begeistert, wenn die LNA im Westen verliert.
Haftar sei als Verhandlungspartner aus verschiedenen Gründen aber auch nicht ideal.
Es habe keinen Sinn, Leute an den Verhandlungstisch zu bringen, die anschließend nicht die Autorität haben, Beschlüsse auch durchzusetzen. Es müsse eine politische Lösung gefunden werden, die Persönlichkeiten umfasst, die wirklich in Libyen Einfluss haben. „Dies bedeutet auch, Anhänger des früheren Regimes, die seit 2011 vollständig vom politischen Prozess ausgeschlossen sind, und prominente politische Akteure einzubeziehen, die im Skhirat-Abkommen zur Seite gedrängt wurden. Solche Maßnahmen sollten auch andere Personen berücksichtigen als nur die, die derzeit die Schlagzeilen dominieren.“
„Allein im gegenwärtigen Konflikt haben wir gesehen, was eine einflussreiche libysche Persönlichkeit in ganz Libyen positiv bewirken kann. Zum Beispiel hat die LNA Generalmajor Belgasim al-Abadsch, einen Militäroffizier aus der Gaddafi-Ära, eingesetzt, um Missstände im Süden Libyens zu beseitigen – und innerhalb weniger Monate mehr greifbarere Ergebnisse erzielt als die internationale Gemeinschaft in über acht Jahren. Aufgrund der Natur des libyschen Konflikts und der ihn umgebenden Medienlandschaft ist die Berichterstattung über solche Entwicklungen unterdurchschnittlich. Al-Abadsch ist jedoch eine angesehene Persönlichkeit in Südlibyen, die seit einiger Zeit im Mittelpunkt lokaler Vermittlungsbemühungen steht.“
Weiter heißt es, die internationale Gemeinschaft müsse sich ihrem Scheitern in Libyen stellen. Es müssten jene Leute zusammengebracht werden, auf die sich LNA und ‚Einheitsregierung‘ jeweils verlassen können und die wirklich Einfluss haben.
Die Vereinten Nationen hätten ein Unverständnis für die die Dynamik in Libyen gezeigt. Das Wiederholen von Treffen für die Öffentlichkeit und das Abschließen von Vereinbarungen, die anschließend nicht umgesetzt werden, hätten Libyen in diese Situation geführt, in der es heute steckt.
https://www.iai.it/en/pubblicazioni/challenges-internationally-mediated-peace-libya
+ Ein Erdbeben der Stärke 5,6 wird nahe der Stadt Bengasi registriert.



Kurznachrichten aus Libyen - 20.05.2020

Libyen. Einnahme der LNA-Luftwaffenbasis al-Watija durch Milizen der 'Einheitsregierung' mit Hilfe syrischer Söldner, türkischer Drohnen und Raketen. Eskalation befürchtet. 


Militärische Lage
Heizt den Grill an, heute gibt’s vegetarisch! Der GAZİ Grill- und Pfannenkäse behält beim Erhitzen seine Form und zerläuft nicht. Beim Braten erhält der Käse eine knusprige bräunliche Kruste und wird innen schön geschmeidig. Durch diese besondere Konsistenz quietscht der Käse auch leicht beim Kauen, was durchaus erwünscht ist.
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+ Am 20.05. Luftangriffe der LNA auf Milizen der 'Einheitsregierung' in Ghariyan (im westlichen Libyen) und in al-Asabiah (weiter südlich von Tripolis), der Wadi-Dschendouba-Brücke (Tripolis), der Matiga-Luftwaffenbasis (Tripolis), des Gebiets von Schorfat a-Malaha (Tripolis) und Abu-Grein (östlich von Misrata).
+ Am 20.05. bezieht eine Fregatte der italienischen Marine sieben Kilometer vor Misrata Stellung.
+ In Tripolis ist der Stadtteil al-Saabah umkämpft.
+ Die Milizen der 'Einheitsregierung' bombardieren die westlibysche Stadt Tarhuna und deren Vororte, eine Hochburg der LNA, sowie al-Waschika (südlich von Misrata).
+ LibyaReview:Bei einem Drohnenangriff der Milizen der Einheitsregierung auf al-Asaaba (westliches Libyen) kamen sechs Zivilisten, einschließlich eines Kindes, ums Leben.
+ Am 19.05. wird berichtet, dass die 'Einheitsregierung' den wichtigen Seehafen Ras Lanuf im libyschen Ölhalbmond, der von der Libysche Nationalarmee (LNA) kontrolliert wird, bombardierte.
+ Die LNA hat im Westen Libyens eine Niederlage einstecken müssen. Den Milizen der 'Einheitsregierung' ist es mit Hilfe von syrischen Söldner und türkischen Drohnen beim dritten Versuch gelungen, am 18.05. den LNA-Luftwaffenstützung al-Watija einzunehmen. Auch existieren Aufnahmen auf Twitter, die zeigen, dass am frühen Morgen des 18.05. von einer türkischen Fregatte aus Raketen auf Watija abgefeuert wurden.
Die LNA hatte vor der Übernahme durch die 'Einheitsregierung' einen Großteil ihrer Waffen und Munition aus Watija abgezogen.
https://libyareview.com/?p=2854
Die LNA befürchtet, dass die Türkei Watija zum größten türkischen Luftwaffenstützpunkt außerhalb der Türkei ausbauen wird.
Die Nato dürfte für diesen Angriff grünes Licht gegeben haben.
+ Der Sprecher der LNA, Ahmed al-Mismari, kündigte im Kampf gegen die Milizen der 'Einheitsregierung' eine Neupositionierung der Streitkräfte südlich von Tripolis an.
Laut Berichten hat sich die LNA aus einigen Bereichen in Tripolis zurückgezogen. Es wurde eine drei Kilometer umfassende Sicherheitszone geschaffen. Die LNA begründete dies mit dem Schutz der Zivilbevölkerung zum Ende des Ramadan. Die Milizen der 'Einheitsregierung werden aufgefordert, es der LNA gleichzutun.
+ LNA-Streitkräfte haben sich auch aus einigen Ortschaften in den westlichen Bergen zurückgezogen.
+ Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet, dass erneut 120 syrische Söldner in der Türkei angekommen sind, um nach einem Einsatztraining nach Libyen gebracht zu werden.
Insgesamt kämpfen 850 Söldner auf Seiten der 'Einheitsregierung' und der Türkei, weitere 324 Kämpfer werden gerade in der Türkei ausgebildet.
Die Kämpfer in Syrien seien gespalten in pro und contra Erdogan.
Bereits vorher hatte die Beobachtungsstelle gemeldet, dass viele ehemalige IS-Aktivisten, die sich der pro-türkischen „nationalen Armee“ angeschlossen hatten, jetzt in Libyen angekommen sind, um die Milizen der 'Einheitsregierung' zu unterstützen.
https://almarsad.co/en/2020/05/18/syrian-observatory-former-isis-operatives-fight-in-libya-for-gna-militias/
Während Katar den Krieg gegen Libyen finanziert, liefert Türkei die Waffen.
+ Infolge der Kämpfe kommt es in den Regionen al-Asabaa, Qawalish und Kikla zu Stromausfällen.

Stimmen zur Einnahme von al-Watija durch die 'Einheitsregierung'/Türkei
+ Die LNA verurteilt die türkische Aggression auf See und die Drohnenangriffe auf die Luftwaffenbasis al-Watija. As-Sarradsch und die Türkei hätten den von der LNA während des Ramadan angekündigten Waffenstillstand ausgenutzt, um Watija anzugreifen.
+ Das libysche Außenministerium (Tobruk) verurteilte am 19.05. in einer Erklärung die brutale Aggression, die von einer türkischen Fregatte ausgegangen war, nachdem sie in libysche Hoheitsgewässer eingedrungen war, um al-Watija zu bombardieren. "Wir verurteilen auch den Angriff der türkischen Drohnen und der terroristischen Milizen von Fayez as-Sarradsch, wodurch die Souveränität Libyens verletzt wird und alle internationalen Bündnisse, Bräuche und Gesetze offen missachtet werden. Die Angreifer haben den vom Generalkommando der libyschen Streitkräfte ausgerufenen Waffenstillstand, der als Reaktion auf die Bitte aller Freunde und aus Achtung vor dem gesegneten Monat Ramadan und angesichts der kritischen Situation durch die Coronavirus-Pandemie, die Libyen und die ganze Welt betrifft, ausgerufen worden war, missbraucht". Das Außenministerium sei bestürzt über das Schweigen der 'internationalen Gemeinschaft' und der UN angesichts der offensichtlichen türkischen Invasion und forderte dringend, Maßannahmen gegen Verbrechen wie die Tötung libyscher Staatsbürger und die Verschwörung eines Fayez as-Sarradsch und seiner Anhänger zu ergreifen. Sie hätten syrischen Söldnern die Tür nach Libyen geöffnet.
https://almarsad.co/en/2020/05/20/libyas-foreign-ministry-condemns-bombing-of-al-watiya-airbase-by-turkish-frigate/
+ Bei einem Telefongespräch von US-Präsident Donald Trump mit dem französische Präsident Emmanuel Macron ging es um die verstärkte ausländische Intervention in Libyen. Beide waren sich einig, dass die Eskalation gestoppt werden müsse.
+ Der US-Botschafter im UN-Sicherheitsrat: Alle Parteien müssen aufhören, Waffen und Söldner nach Libyen zu bringen.
+ Russland sagte im Sicherheitsrat, dass es die Forderung eines Stopps aller militärischer Operationen in Libyen unterstütze.
+ Die UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Stephanie Williams meinte, dass die Übernahme der Watija-Basis durch die Milizen der 'Einheitsregierung' zu einer zusätzlichen Eskalation in Libyen führen könnte.
+ Der ägyptische Präsident Abdel Fattah el-Sisi erklärte Libyens Stabilität unverzichtbar für die nationale Sicherheit Ägyptens. Afrikanische Länder sollten die Bekämpfung des Terrorismus in Libyen als oberste Priorität betrachten, da dieser die Stabilität und Sicherheit der Nachbarländer und des gesamten Kontinents gefährde. Da die Libyenkrise als arabisch-afrikanisches Problem angesehen werde, sollten die Afrikanische Union und die Arabische Liga ihre Bemühungen zur Lösung der Krise koordinieren.
+ Der Abzug der LNA vom Luftwaffenstützpunkt al-Watija bedeutet laut dem Parlamentarier Said Mughib nicht, dass der Krieg verloren sei. "Dieser Krieg ist ein Kampf des Volkes für die Befreiung des Landes. Im Laufe der Geschichte haben alle Befreiungskriege solche Phasen durchlaufen. Seien Sie also nicht beunruhigt, seien Sie geduldig. Vertrauen Sie auf Ihre Armee und die Gerechtigkeit Ihres Krieges, und wir, so Gott will, werden siegen".
+ LibyaDesk twittert: "Die jüngsten Entwicklungen scheinen eher ein Auftakt zu größeren Eskalationen zu sein als eine Rückkehr zum Verhandlungstisch. Die 'Einheitsregierung' wird es in Zukunft schwer haben, ihre Pläne zu verkaufen, und es wird sie die lokale Unterstützung der Regionen kosten, die sie erobern möchte."
+ Die italienische Zeitung La Stampa berichtet, dass die 'Einheitsregierung' im Begriff sei, ein Militärabkommen mit einem neuen strategischen Partner abzuschließen. Mit der Einnahme der Watija-Luftwaffenbasis habe die 'Einheitsregierung' die Kontrolle fast über die gesamte westliche Küste erlangt. Das bedeutet für Ankara, sie hat den ersten Militärstützpunkt im südlichen Mittelmeer. Sollte kein europäisches Land in die Verhandlungen miteinbezogen werden, hieße das, dass die EU noch weniger Einfluss in Libyen hätte. Dies wäre ein weiterer Rückschritt für die Beziehungen zwischen Libyen und Italien.
Nicht zu vergessen: Die Türkei kontrolliert damit fast die gesamten Migrantenrouten von Afrika und dem Nahen Osten nach Europa.
+ Der Minister für Erziehung der 'Einheitsregierung' in Tripolis, Mohamed Amari Zayed, der dem dschihadistischen Schura-Rat nahesteht, lobte die Milizen der 'Einheitsregierung' für die Einnahme der Watija-Luftwaffenbasis und für die mehr als 100 in den letzten zwei Tagen durchgeführten Luftangriffe. Er dankte der Türkei für die direkte militärische Luft-, See- und Landunterstützung bei dieser Operation. Zayed lehnte Verhandlungen mit der LNA ab und sagte, die 'Einheitsregierung' wolle ihre Kontrolle über ganz Libyen ausdehnen.
https://almarsad.co/en/2020/05/18/amari-zayed-thanks-turkey-for-liberating-al-watiyah/
+ Der italienische Botschafter in Libyen, Giuseppe Puccini, hat as-Sarradsch zur Einnahme von Watija gratuliert.

'Einheitsregierung'/Milizen/Türkei
+ Katar hat der Türkei gerade 15 Milliarden US-$ spendiert. Die Türkei braucht bis August aber weitere 65 Milliarden US-$, um den Bankrott zu vermeiden. Wirtschaftlich steht die Türkei schlecht da, die Angriffskriege verschlingen jede Menge Geld.
http://new-economy.gr/2020/05/19/turkey-struggling/
Der Angriff auf Libyen wird auch Erdogan das politische Genick brechen, trotz aller finanzieller Hilfen durch Katar und den Rückhalt bei der Nato.

Coronakrise
+ Das Libysche National Center for Disease Control (NCDC) gab am 20.05. bekannt, dass es einen neuen Fall von Covid-19 gebe. Damit erhöht sich die Gesamtzahl von Covid-19 positiv Getesteten auf 69, davon sind 35 wieder gesundet, 31 befinden sich ärztlicher Behandlung und drei Menschen sind gestorben.

Verschiedenes
+ Am 18. Mai jährte sich das Massakers von Barak al-Schati in Südlibyien. Milizen der 'Einheitsarmee' ermordeten mit Unterstützung von tschadischen Söldnern mehr als 140 LNA-Soldaten. Wo war die internationale Gemeinschaft an diesem Tag?
+ Der russische Präsident Putin und der türkische Präsident Erdogan telefonierten miteinander.
+ LibyaDesk: Es kursieren etliche Falschinformationen über angebliche Erklärungen von Stämmen, Städten und politischen Gruppierungen. Tatsächlich hätten weder Tarhuna noch Asabaa ihre Kapitulation erklärt, wie behauptet. Und der Sender, der verbreitet hatte, "Die Grünen" hätten sich von der LNA losgesagt, ist von der 'Einheitsregierung' finanziert.
+ Am 17.05. telefonierten der deutsche Botschafter in Libyen Oliver Owcza und Parlamentspräsident Aguila Saleh, um Standpunkte über die aktuelle politische Entwicklung auszutauschen. Owcza bezeichnete das Telefongespräch als "konstruktiv".
+ Es wird kritisiert, dass die Türkei mit der Landung ihrer Flugzeuge in Tunesien und der damit einhergehenden Verletzung der tunesischen Souveränität einen Keil zwischen Tunesien und Libyen treibt.
https://ahvalnews-com.cdn.ampproject.org/c/s/ahvalnews.com/turkey-libya/turkey-driving-wedge-between-tunisia-libya?amp
+ Das tunesische Parlamentsmitglied, Abir Musi, kündigte auf einer Pressekonferenz an, dass die Sitzblockade im Parlamente, am 13. Mai begonnen, aufrechterhalten wird. Sollte nicht auf ihre Forderungen eingegangen werden, würde die Aktion ausgeweitet werden. Musi beschuldigte den Parlamentssprecher Rashid Ghannouchi nicht öffentlich gemachte Operationen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan, der die Hauptursache für die Kämpfe in Libyen sei, durchgeführt zu haben. Ghannouchi müsse seine Entscheidungen widerrufen und die Angelegenheit vor das Parlament bringen, um darüber abstimmen zu lassen.
Auch Ghannouchi hatte as-Saratsch zur Übernahme von al-Watija gratuliert.
+ Die Bundesregierung hat seit der Berliner Libyen-Konferenz im Januar Waffen im Wert von über 330 Millionen Euro in Länder exportiert, die in den Krieg in Libyen verwickelt sind, darunter die Türkei, Ägypten und die VAE. Und dies, obwohl Deutschland offiziell das UN-Waffenembargo unterstützt.
https://deutsch.rt.com/international/102590-trotz-embargo-deutschland-liefert-waffen-an-brandstifter-in-libyenkonflikt/

Mittwoch, 20. Mai 2020



Kurznachrichten Libyen – 17.05.2020

Libyen. Verbrechen und Terror – Militärische Lage – Libysche Stämme und Städte – ‚Einheitsregierung/Milizen/Türkei – Coronakrise – Migranten – Verschiedenes 


Verbrechen und Terror
+ Scheich Abdullah Makhlouf, Vorsitzender des Gemeinderats von Kabaw (im Westen Libyens, nahe Zinten), wurde von Unbekannten zunächst entführt und anschließend erschossen. Grund dürften seine Unterstützung für die Libysche Nationalarmee (LNA) und seine Verurteilung der Entsendung syrischer Söldner nach Libyen gewesen sein. Die libysche Übergangsregierung in Tobruk sprach den Angehörigen ihr tiefes Beileid aus.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1261492223666982912
https://almarsad.co/en/2020/05/16/the-libyan-government-says-sheikh-makhlouf-sacrificed-his-life-resisting-turkeys-project-in-libya/
+ Ein ziviler Minibus, der auf dem Weg von Sebha nach Tripolis war, wurde von der ‚Einheitsregierung‘ beschossen. Alle vier Insassen kamen ums Leben.
+ Türkische Drohnenanschläge der ‚Einheitsregierung‘ bombardieren weiterhin Versorgungsfahrzeuge, nach Gemüse-, Eier-, Schaf- und Hühner-Lastwagen wurde nun auch ein Wassertransporter getroffen. Außerdem wurde bei Bani Walid am 14.05. erneut ein Tanklastwagen beschossen. Am 16.05. nahmen türkische Drohnen ein weiteres mal Nahrungsmitteltransporter ins Visier.
+ Der Vorsitzende des Exekutivrats der Gemeinde Qasr bin Ghashir, Lotfy al-Kabir, bestätigte, dass die systematische Bombardierung der Gemeinde durch die ‚Einheitsregierung‘ Schäden verursachte, die dazu geführt haben, dass Qasr bin Ghashir die Hauptstadt Tripolis nicht mehr mit Wasser versorgen kann. In Qasr bin Ghashir befindet sich der Hauptsitz der Industrial River Verwaltung. Bei den Bombardements wurden auch Häuser zerstört und Zivilisten getötet. Die Zivilbevölkerung unterstütze die LNA in ihren Bemühen, in Libyen wieder Sicherheit und Stabilität herzustellen. Al-Kabir forderte die internationale Gemeinschaft auf, sich für den Schutz der Zivilbevölkerung einzusetzen.
https://libyareview.com/?p=2775
+ Die Generalstaatsanwaltschaft in Libyen hat einen Haftbefehl für Abdulhakim Belhadsch erlassen. Es werden ihm Verbindungen zu einem geheimen libyschen Ableger der palästinensischen Hamas zur Last gelegt. Das libysche Strafgesetzbuch sieht in den Artikeln 166 und 171 vor, dass jeder Bürger, der ausländische Organisationen finanziert oder mit ihnen in Kontrakt tritt, mit lebenslanger Haft bestraft werden kann oder sogar mit der Todesstrafe rechnen muss.
Belhadsch kämpfte einst für al-Kaida in Afghanistan, war in Libyen an Attentatsversuchen auf Muammar al-Gaddafi beteiligt, verließ Libyen, wurde im Februar 2004 in Malaysia verhaftet, nach Bangkok deportiert, dort von CIA und MI6 verhört, um anschließend nach Libyen abgeschoben zu werden. Dort saß er ein Jahr im Abu-Salim-Gefängnis in Tripolis ein. Anschließend stand er unter Hausarrest, der 2008 aufgehoben wurde. 2011 war er an vorderster Front im Kampf gegen die Dschamahirija-Regierung beteiligt. Er befehligte die dschihadistische Miliz LIFG (Libyen Islamic Fighting Group), wurde schnell zum Millionär. Schon bald gehörte ihm eine ganze Flugzeugflotte, die heute wohl auch dazu eingesetzt wird, syrische Söldner nach Libyen zu bringen. Er war Vorsitzender der libyschen Watan-Partei und Kommandant der Militärregierung in Tripolis. Vom Westen wurde Belhadsch in den Jahren 2014/15 als neuer starker Mann Libyens hofiert und durfte sich als „Diplomat“ in den französischen Medien präsentieren.
Nun wird Belhadsch vorgeworfen, bei einem Treffen mit dem Hamas-Chef in Libyen dabei gewesen zu sein, dessen Zweck es war, geheime Waffenlieferungen nach Gaza und an ägyptische Dschihadisten im Sinai zu organisieren. Ebenfalls bei den Treffen anwesend waren der Libyer Mohamed Sawan von der Partei für Gerechtigkeit und Wiederaufbau sowie führende Politiker der tunesischen Ennahda-Partei. Beide Parteien gehören der Moslembruderschaft an.
Der libysche Zweig der Hamas in Libyen wurde 2011 von dem Palästinenser Marwan Alaschqar gegründet. Alaschqar wurde Anfang letzten Jahres zusammen mit drei weiteren Mitgliedern der Zelle in Tripolis verhaftet und sitzt seitdem, trotz mehrmaliger Befreiungsversuche, im Gefängnis auf dem Luftwaffenstützpunkt Mitiga ein. Quellen von Al-Marsad zufolge wurde der Sondergesandte des türkischen Präsidenten Erdogan in Libyen, Emrullah Isler, vom türkischen Geheimdienst gebeten, sich um die Freilassung dieser Gefangenen zu bemühen. Isler ist Vorsitzender des Sicherheits- und Geheimdienstausschusses des türkischen Parlaments.
Die nun aufgetauchten Beweise gegen Belhadsch stammen von Computerdateien, die neben Dokumenten auch Sprachaufzeichnungen und Videoclips mit Einzelheiten über Waffenkäufe, Finanzierungen und Lieferungen umfassen. Sie belegen die Verbindungen zwischen Hamas und bestimmten Libyern und libyschen Organisationen, insbesondere der LIFG, der Muslimbruderschaft und der tunesischen Ennahda.
Es wird erwartet, dass die weitere Auswertung der Beweismittel zur namentlichen Nennung prominenter libyscher Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Militär und Politik führen wird.
https://almarsad.co/en/2019/01/05/belhaj-accused-of-links-with-hamas/

Militärische Lage
+ Bei den militärischen Auseinandersetzungen kommt es immer wieder zur Tötung von Zivilisten.
+ Am 16.05. konnte die Luftverteidigung der LNA vier türkische Drohnen der ‚Einheitsregierung‘ beim LNA-Militärstützpunkt al-Watija abschießen. Bereits die Tage vorher wurde der Abschuss mehrerer türkischer Drohnen durch die LNA gemeldet.
+ Die LNA führt am 15.05. Luftschläge auf Gharian im westlichen Libyen aus.
+ Am 14.05. nahm die LNA das „Banana-Projekt“ in Zentraltripolis unter Beschuss.
Die LNA hat in Tripolis in den Stadtvierteln Salah al-Din, al-Hadaba, Airport Road, Ain Zara, Wadi al-Rabi und am Stadtrand von Garabulli Posten bezogen.
+ Laut LNA haben ihre Streitkräfte einen Angriff von Milizen der ‚Einheitsregierung‘ im Süden von Tripolis am 13.05. zurückgeschlagen. Ein Munitionslager der ‚Einheitsregierung‘ wurde im Gebiet Ain Zara im Süden Tripolis beschossen.

Libysche Stämme und Städte
+ Scheichs und Führer von ar-Radschban erhöhen den sozialen Schutz und verstoßen all jene, die sich gegen die LNA stellen.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1261277419367026688
+ Der Vorsitzende des Versöhnungsausschusses im Obersten Rat der Stämme Libyens, Zidan Maatouq Al-Zadmah, sagte bezüglich einer Einladung zum Dialog von as-Sarradsch der Londoner Zeitung Asharq Al-Awsat: „Der Präsidialrat ist nicht frei, eine Entscheidung zu treffen, weil die bewaffneten Milizen und terroristischen Gruppen, die die Hauptstadt in Geiselhaft halten, auch ihn kontrollieren. Wie können wir auf einen Dialog mit einer Regierung vertrauen, die von der Türkei und Katar in Geiselhaft genommen wurde?“
Die meisten Libyer unterstützen nach wie vor die LNA in deren Bemühen, die Hauptstadt zurückzugewinnen und die Souveränität Libyens wieder zu erlangen.
https://almarsad.co/en/2020/05/14/al-zadmah-how-can-we-trust-dialogue-with-a-government-that-has-been-hostage-to-turkey-and-qatar/

‚Einheitsregierung‘/Milizen/Türkei
+ Am 16.05. forderte der türkische Außenminister die Nato auf, den Vormarsch der LNA in Tripolis zu stoppen.
+ Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) erklärte, dass Pro-Ankara-Milizen in Syrien Jugendliche unter 18 Jahren zum Kämpfen an der Seite der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ nach Libyen entsenden. Das Foto eines 15-jährigen Jungen, der bei den Kämpfen in Libyen getötet worden war, sei von den Eltern im Internet entdeckt worden. SOHR schätzt, dass etwa 120 Jugendliche unter 18 Jahre unter den Kämpfern seien.
Die Zahl der Todesopfer unter den in Libyen kämpfenden Syrern habe 287 erreicht, darunter befänden sich 16 Kinder unter 18 Jahren. Es sollen sich immer noch 3.550 Syrer und Rekruten anderer Nationalitäten in der Türkei zur Ausbildung für den Kampf in Libyen befinden.
+ Die Turkish Petroleum Corporation (TPAO) fordert von der ‚Einheitsregierung‘ in Libyen die Berechtigung zur Exploration im östlichen Mittelmeerraum. Im November hatte die ‚Einheitsregierung‘ein bilaterales Abkommen mit der Türkei geschlossen, in dem es um die Einrichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone von der Südküste der Türkei bis zur Nordostküste Libyens ging. Diesem Abkommen, das ohne die davon betroffenen Staaten wie Griechenland, Zypern und Ägypten abgeschlossen wurde, fehlt jede rechtliche Grundlage, da es zum einen internationalem Recht widerspricht und ihm zum anderen vom libyschen Parlament nicht zugestimmt wurde.
https://libyareview.com/?p=2706
+ In einem Interview sagte der türkische Außenminister Çavuşoğlu, dass „die beste und einzige Lösung [in Libyen] eine politische Lösung ist, eine militärische Lösung konnte nicht erreicht werden. Hätten wir das Gleichgewicht des Krieges nicht verändert, wäre die LNA in Tripolis eingezogen, und der Konflikt hätte noch weitere zehn Jahre andauern können“.
Diese Logik erschließt sich nicht, denn wenn die LNA Tripolis erobert hat, wird auch der Konflikt bald beendet sein.
https://libyareview.com/?p=2712
+ Auf Twitter wurde ein Vertrag veröffentlicht, der zeigt, dass die ‚Einheitsregierung‘ monatlich 150.000 US-$ an die Beraterfirma Mercury zahlt, die im Zuge ihrer Lobbyarbeit die terroristischen Verbindungen der ‚Einheitsregierung‘ verschleiern und die LNA und das Parlament diskreditieren soll.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1261310281411637253

Coronakrise
+ Die Gesamtzahl der mit dem Coronavirus infizierten Fälle in Libyen beträgt 64, davon sind 28 Personen wieder gesundet, 33 noch erkrankt und drei verstorben.
Der Leiter des Libyschen Nationalen Zentrums für Seuchenkontrolle (NCDC), Badr Al-Din Al-Nadschjar, gab bekannt, dass eine gemeindebasierte, epidemiologische Erhebung durchführen wird, um die Prävalenz der Covid-19-Infektion im Land abzuschätzen. Es soll festgestellt werden, ob das Land in den kommenden Tagen seine Vorsichtsmaßnahmen lockern kann oder noch daran festhalten muss.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass wie immer bei Krieg, Katastrophen und Seuchen die Schwächsten der Gesellschaft am stärksten betroffen sind und die Frauen am meisten an Last schultern müssen.

Migranten
+ Die IOM gab am 13.05. bekannt, dass in den vergangenen zwei Wochen mindestens 650 Migranten aus Libyen in Italien und Malta angekommen sind. Weitere 77 Migranten wurden auf See abgefangen und nach Libyen zurückgebracht.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1260628602674126849

Verschiedenes
+ In einem Interview mit der italienischen Zeitung La Repubblica sagte der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 14.05., dass das Militärbündnis „bereit ist, die libysche Regierung unter Führung von Fayez as-Sarrasch zu unterstützen“. Weiter führte er aus, dass die Türkei ein wichtiger Nato-Partner bleibe. Er fuhr fort: „Gegen Libyen wurde ein Waffenembargo verhängt, das von allen Parteien respektiert werden muss.“ Dies bedeute jedoch nicht, „die von Khalifa Haftar geführten Streitkräfte und die Regierung von Fayez as-Sarradsch, die als einzige von der UNO anerkannt ist, auf die gleiche Stufe zu stellen sind“.
Das libysche Parlament und die libyschen Stämme spielen bei der Nato überhaupt keine Rolle, auch nicht, dass das Skhirat-Abkommen wegen mangelnder Parlamentszustimmung nie in Kraft getreten und inzwischen auch ausgelaufen ist. Diese Stellungnahme von Stoltenberg dürfte auch nicht die Zustimmung aller dreißig Nato-Mitgliedstaaten finden.
http://en.alwasat.ly/news/libya/283228
+ Das griechische Außenministerium hat sich unverzüglich gegen die Aussage von Stoltenberg gestellt: „Der Inhalt seines jüngsten Interviews in einer italienischen Zeitung, so wie es veröffentlicht wurde, bringt offensichtlich nicht die Positionen des Bündnisses zum Ausdruck“, da diese Positionen einstimmig festgelegt werden müssten. Die Zeitung GreekCityTimes meint dazu: Sollte diese Aussage zutreffen, würde die Nato eine dschihadistische Regierung unterstützen, die darauf abzielt, dem Nato-Mitglied Griechenland seine Hoheitsgewässer zu stehlen.
https://greekcitytimes.com/2020/05/15/greek-ministry-of-foreign-affairs-stoltenbergs-comments-do-not-express-the-positions-of-the-alliance/
Zweifel bestehen nach wie vor, und nur Stoltenberg oder eine offizielle Erklärung der NATO zu ihrer Haltung zu Libyen kann Klarheit in die Angelegenheit bringen.
+ Am 13.05. fand eine Videonachfolgekonferenz zur Berliner Libyen-Konferenz vom Januar 2020 unter dem Vorsitz von Italien und der amtierenden Sonderbeauftragten für Libyen, Stephanie Williams, statt. Es nahmen achtzehn Delegierte aus verschiedenen Ländern sowie regionale und internationale Organisationen teil, darunter auch die Arabische Liga, die das nächste Treffen vorbereiten wird.
Der italienische Außenminister Luigi di Maio sagte: „In Libyen gibt es weiterhin massive Einmischung von außen auf Seiten beider Konfliktparteien, sei es durch ausländische Kämpfer, die ins Land gebracht werden, oder durch die Entsendung modernster Waffen.“ Di Maio ist der Meinung, dass „keine der beiden Seiten die Fähigkeit hat, sich militärisch durchzusetzen“. Deshalb habe „der jüngste politische Vorschlag von Aqila Saleh, bei dem es sich um einen Acht-Punkte-Fahrplan handelt, den Vorteil, wieder in den Dialog einzutreten und an den Verhandlungstisch zurückzukommen. Dies könnte eine gute Gelegenheit sein, aus der Sackgasse herauszukommen“. Italien werde den Vorschlag des Parlamentspräsidenten „sehr sorgfältig prüfen“.
https://libyareview.com/?p=2699
+ Parlamentspräsident Aqila Saleh wurde am 14.05. vom italienischen Außenminister nach Rom eingeladen.
+ In einer am 15.05. veröffentlichten Erklärung forderte die Föderation afrikanischer Journalisten (FAJ) die internationale Gemeinschaft, die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die türkische Militärintervention in Libyen zu stoppen.
+ Russland diskutiert mit den Botschaftern Deutschlands, Frankreichs und Italiens die Lage in Libyen.
https://libyareview.com/?p=2742
+ Seit dem 2. März ist die Stelle der UN-Sondergesandten für Libyen nach dem Rücktritt von Ghassan Salamé unbesetzt, da sich die Vereinten Nationen nicht auf einen neuen Kandidaten verständigen konnten. Jetzt ist die ehemalige Außenministerin von Ghana, Hanna Teteh, im Gespräch. Derzeit ist sie Sonderbeauftragte des Generalsekretärs bei der Afrikanischen Union und Leiterin des Büros der UN bei der Afrikanischen Union (UNOAU).
https://libyareview.com/?p=2764
+ Nachdem die Temperaturen in den südlichen und westlichen Regionen Libyens auf über 40° C anstiegen, kam es am 14.05. zu einem stundenlangen, totalen Stromausfall.
+ Karikatur: http://en.alwasat.ly/news/caricature/283087

Montag, 18. Mai 2020



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Tunesien: Sechs Oppositionsparteien fordern Ende der Unterstützung der türkischen Invasion in Libyen

18.5.2020. Sechs tunesische Oppositionsparteien (die linke Arbeiterpartei, die Volksfront, die Sozialistische Partei, die Baath-Bewegung sowie Tunesien-Vorwärts und die al-Qutb-Partei) haben ihre Ablehnung aller türkischen Aktivitäten auf tunesischem Boden, die das Ziel haben, die islamistische „Einheitsregierung“ in Libyen zu unterstützen, erklärt. Die sechs Parteien fordern die Regierung außerdem auf, sich klar gegen eine ausländische Militärpräsenz in der Region zu stellen.

 

Justizfarce: Ecuadors früherer Präsident Correa zu acht Jahren Haft verurteilt, um Kandidatur zu verhindern!

18.5.2020. Der frühere linksnationale Staatspräsident Ecuadors, Rafael Correa, und sein damaliger Vizepräsident Jorge Glas, sind von der gelenkten Justiz des rechten, neoliberalen Regimes um den derzeitigen Machthaber Lenin Moreno zu je acht Jahren Haft und einem Kandidatur-Verbot für 25 Jahre verurteilt wurden. Moreno will damit verhindern, daß der populäre Correa, der in seiner Regierungszeit 2007-17 eine Ära der Stabilität und Souveränität, des Wohlstandes und des Ausbau des Sozialstaates einleitete, wieder bei den nächsten Wahlen an die Macht kommt, nachdem Moreno mit US-Rückendeckung viele Reformen seines Vorgängers wieder zunichte gemacht hat.
Correa war auch einer der wenigen Staatsoberhäupter, die den NATO-Überfall auf Libyen 2011 klar verurteilt hatten.

 

 



Kurznachrichten Libyen – 13.05.2020

Libyen. Militärische Lage – Libysches Parlament – Libysche Nationalarmee – ‚Einheitsregierung‘/Milizen/Türkei – Verschiedenes 


Militärische Lage
+ Die LNA gibt bekannt, dass die Gegend von al-Rammla (westlich des Internationalen Flughafens von Tripolis) vollständig unter ihrer Kontrolle ist.
+ Abschuss einer türkischen Drohne am 13.05. in Asch-Schuwairef (westliches Libyen) durch die LNA.
+ Heftige Kämpfe zwischen LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung', unterstützt von syrischen Söldnern, in verschiedenen Stadtteilen von Tripolis.
+ Am 13.05. Zusammenstöße in Abu Grain (südlich von Misrata) zwischen LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung‘.
+ Ein Schaftransporter wurde von der ‚Einheitsregierung‘ in Zentrallibyen bombardiert.
+ Aus der Stadt Sirte wird eine große Explosion gemeldet
+ Laut LNA haben die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ ihr Hauptquartier, nachdem es unter Beschuss genommen worden war, aus dem Stadtteil Abu Salim (Tripolis) evakuiert und in den Palästen der Gastfreundschaft aufgeschlagen. Sie sollen ihre schwere Artillerie in Wohngegenden verbracht haben.
+ Laut der ‚Einheitsregierung‘ hat sie mit Hilfe türkischer Drohnen sechs Mal den Watija-Militärstützpunkt bombardiert.
Es gibt schlüssige Hinweise, wonach türkische Drohnen, welche die al-Watija-Luftwaffenbasis der LNA im Westen Libyens bombardierten, vom südlichen Tunesien aus gestartet sind.
Ein tunesischer Parlamentarier meinte, Tunesien werde nicht mehr nur vom gewählten Präsidenten kontrolliert, sondern auch von Erdogan, Katar und der Moslembruderschaft. So sei vor kurzem ein türkisches Militärflugzeug mit „medizinischen Hilfsgütern“ für Libyen ohne Wissen der tunesischen Behörden gelandet. Hinzu komme, dass der türkische Botschafter auf dem Flughafen ohne jegliche Absprache mit den tunesischen Behörden anwesend war und das tunesische Präsidialamt gezwungen wurde, zu später Stunde eine Erklärung über dieses Vorkommnis abzugeben, deren Wahrheitsgehalt stark angezweifelt wird.

Libysches Parlament
+ Parlamentspräsident Saleh und der Oberkommandierende Haftar gaben eine gemeinsame Erklärung ab: Das Parlament ist ein demokratisch gewähltes Gremium, welches das gesamte libysche Volk vertritt und nur durch freie und faire Wahlen, wie sie im Jahr 2014 stattfanden, aufgelöst werden kann.
+ Am 11.05. hatten die fünf Außenminister von Frankreich, Griechenland, der VAE, Ägypten und Zypern eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie das Vorgehen der Türkei in Libyen und im Mittelmeer verurteilten und die Abkommen zwischen der ‚Einheitsregierung‘ und der Türkei als nichtig bezeichneten.
Das Außenministerium der Übergangsregierung in Tobruk begrüßte diese Erklärung, denn darin werden die Verstöße der Regierung Erdogan und die Missachtung aller internationaler Normen und Gesetze auch hinsichtlich der Souveränität von Staaten und der Nichteinmischung in deren innere Angelegenheiten streng verurteilt.
Das Ministerium lehne die beiden im November 2019 zwischen der Türkei und as-Sarradsch vereinbarten Memoranden of Understanding kategorisch ab, da diese den Friedensprozess in Libyen durch die Verbringung von syrischen Söldnern nach Libyen und die Bewaffnung terroristischer Milizen untergraben. Die Regierung unterstütze vollumfänglich die LNA und ihren Krieg gegen die Milizen, die Tripolis kontrollieren und gegen die türkische Invasion.
Das Ministerium erinnert daran, dass die LNA für den Monat des Ramadan einen humanitären Waffenstillstand ausgerufen hatte, der von den Milizen durch die fehlgeschlagenen Angriffe auf den Luftwaffenstützpunkt al-Watija und die Stadt Tarhuna gebrochen wurde.
Die internationale Gemeinschaft und die UNO seien deshalb aufgerufen, die türkische Militärinvasion in Libyen und die Verbringung ausländischer Söldner in das Land zu verurteilen. Sie sollten mutig genug sein, das libysche Volk zu unterstützen, indem sie der ‚Einheitsregierung‘ die Anerkennung entziehen, die zum einen verfassungswidrig, zum anderen nicht anerkannt und zwischenzeitlich auch noch abgelaufen ist. Milizen regierten Tripolis, die durch die Unterzeichnung des beschämenden Abkommens mit der Regierung Erdogan für Unruhe und Chaos in Libyen, in der Welt und in den Ländern des Mittelmeers verantwortlich seien.
https://almarsad.co/en/2020/05/12/statement-by-the-libyan-ministry-of-foreign-affairs-on-the-five-party-meeting-on-libya/

Libysche Nationalarmee (LNA)
+ In einem Sputnik-Interview am 12.05. erklärte der Sprecher der LNA, al-Mismari: „Das Skhirat-Abkommen ist nie in Kraft getreten. Wir haben es von Anfang an nicht anerkannt. Keine libysche Institution arbeitet nach den Vorgaben dieses Politischen Abkommens. Das libysche Volk und das Parlament haben dieses Abkommen zu Fall gebracht“. Der Konflikt in Libyen sei kein politischer Konflikt, sondern ein Kampf für die Sicherheit, gegen Terroristen, Abtrünnige (Takfiris) und Extremisten“. Der Mitiga-Flughafen in Tripolis sei zwischenzeitlich zu einem türkischen Militärflughafen geworden, von dem täglich Dutzende Drohnen abhoben. Er sei somit zu einer Gefahr für die Zivilbevölkerung geworden und deshalb bombardiert worden. Die Verurteilung der Bombardierung durch die UN schrieb er deren einseitiger Sichtweise vor. Sie sei auf einem Auge blind. Der UN sei nicht klar, um was es in Libyen wirklich ginge. Und so lange sie das nicht erkenne, würde sie mit all ihren Bemühungen scheitern. Die Voreingenommenheit der UN diene dazu, die Krise in Libyen zu verlängern.
Mismari: „Die türkischen Infanteriekräfte sind jetzt vor Ort. Sollte die Luftwaffe Kampfflugzeuge einsetzen, würde dies die Situation verändern. Wir werden uns mit der Situation befassen, falls dies geschieht“.
Wie Mismari auch mitteilte, stehe eine Gruppe von Syrern in Verhandlung mit der LNA. Diese würden nach deren Überlaufen nicht als Gefangene betrachtet, sondern dem Roten Kreuz übergeben werden. Nach Meinung Mismaris sei die Zahl der Syrer in Libyen bedeutend höher als die offizielle Zahl von 11.000, geschätzt befänden sich an die 17.000 ausländische Kämpfer in Libyen.
Zur militärischen Lage sagte Mismari, es sei eine große Herausforderung, mit aller militärischen Härte vorzugehen und gleichzeitig die Zivilbevölkerung zu schützen. Alles sei als eine einzige Front zu betrachten, eine Schlacht: Tripolis, die Gebiete östlich oder südlich von Misrata, und die westliche Region, an denen jeweils Schlachten ausgetragen werden.
https://almarsad.co/en/2020/05/13/al-mismari-mitiga-airport-is-a-turkish-military-base-that-threatens-the-armed-forces-and-civilians/
+ Al-Mismari bestreitet, für den Beschuss der türkischen und der italienischen Botschaft in Tripolis verantwortlich zu sein und macht seinerseits Milizen der ‚Einheitsregierung‘ dafür verantwortlich. Es handle sich um eine False-Flag-Aktion, um den Beschuss der LNA anhängen zu können.
+ Wie die LNA auf Twitter mitteilt, wurden 25 Bewohner von Bengasi, die mit dem Flugzeug von der Türkei kommend am 10.05. in Misrata gelandet waren, mit Bussen an nicht bekannte Orte verschleppt.

‚Einheitsregierung‘/Milizen/Türkei
+ Das türkische Außenministerium erklärte, dass die Türkei die LNA als legitimes Ziel betrachte, falls die LNA ihre Angriffe auf den Mitiga-Militärflughafen und den Diplomatenbezirk in Tripolis fortsetze und so türkische Interessen bedrohe.
+ Auch Dschuma al-Gomati, Vorsitzender der Partei des Wandels und Sondergesandter der ‚Einheitsregierung‘ für die Maghrebstaaten hatte erklärte: "Es ist kein Geheimnis, wir haben Hunderte von türkischen Armeeoffizieren in Tripolis, um das zwischen dem Präsidialrat und der Türkei unterzeichnete Sicherheitsabkommen umzusetzen. Es gibt eine Koordinierung bei der Ausbildung, und wenn die Türkei der Ansicht ist, dass Haftar ihre Streitkräfte ins Visier nimmt, dann wird er zu einem legitimen Ziel. Die Türkei ist ein starkes Land und hat eine starke Armee, und deshalb wird ihre Reaktion stark sein.“
https://libyareview.com/?p=2604
+ Der berüchtigte Dschihadist und Führer der Libyan Islamic Fighting Group (LIFG), Khaled asch-Scharif, soll mit dem Chef des türkischen Geheimdienstes, der am 8. Mai zu Besuch in Misrata war, aus der Türkei nach Libyen zurückgekehrt sein und in Tripolis seine Aktivitäten wieder aufgenommen haben. Scharif war bis Mai 2017 Kommandant des Hadba-Gefängnisses in Tripolis, in dem nicht nur gefoltert und gemordet, sondern auch Bomben hergestellt wurden. Daneben wird ihm die Verbindung zum Manchester-Bomber Salman Abedi nachgesagt.
LIFG hatte sich am 3. November 2007 formell al-Kaida angeschlossen.
Scharif findet sich auch auf einer Auflistung von Terroristen plus den ihnen gemachten Vorwürfen der Jamestown Foundation wieder:
https://www.refworld.org/docid/596c92b64.html
+ Ali Buzakuk, wichtiges Mitglied der Muslimbruderschaft in den USA und in Libyen, der zwar Mitglied des Parlaments ist, dieses aber boykottiert, sagte: „Haftar und seine Anhänger können in Zukunft niemals zu den Erbauern des libyschen Staates gehören“. Er zähle auf die eigenen Kräfte und die Türkei, um den Sieg zu erringen.“
Buzakuk pendelt zwischen den USA und Libyen. Er befürwortete die dschihadistischen Ansar asch-Scharia, die er als „Teil der Bengasi-Brigaden zur Verteidigung gesetzloser Kräfte“, bezeichnete. Gemeint war damit die LNA.
https://almarsad.co/en/2020/05/12/muslim-brotherhood-we-only-count-on-our-forces-and-turkey-to-achieve-victory/
+ Wie Al-Monitor berichtet, rekrutieren manche der von der Türkei unterstützten Militäreinheiten in Syrien Minderjährige für den Kampf in Libyen. Insbesondere wird dieser Vorwurf der Sultan-Murad-Fraktion gemacht.

Verschiedenes
+ Wie die WHO schreibt, wurden Lastwagen, die lebenswichtige Güter für die Stadt Tarhuna über Bani Walid transportierten, mehrmals von türkischen Drohnen der ‚Einheitsregierung‘ bombardiert. Fast 150.000 Menschen leiden in Bani Walid unter akutem Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verurteilte die Bombardierung ihrer Lastwagen mit lebenswichtigen Gütern und medizinischer Ausrüstung zur Bekämpfung der Coronapandemie für die Städte Tarhuna und Bani Walid scharf.
In Tarhuna sei die Kühlkette für Impfstoffe durch die Blockade von Wasser und Strom durch Milizen unterbrochen, was das Ausbruchsrisiko für Krankheiten stark erhöht. In Bani Walid musste der Bau für 100 Isolationsbetten aufgrund der anhaltenden Unsicherheit durch türkische Drohnenbombardements der ‚Einheitsregierung‘ ausgesetzt werden.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1260229908242010112
https://almarsad.co/en/2020/05/13/who-says-its-humanitarian-convoys-to-tarhouna-and-bani-walid-bombed/
+ Tunesiens Premierminister Elyes Fakfak sagte, sein Land lehne jede ausländische Einmischung ab und sei gegen jede militärische Aktion in Libyen. Eine Lösung sei „nur unter Libyern möglich und müsse den Willen des libyschen Volkes zum Ausdruck bringen, das souverän ist und sein Schicksal selbst und frei von jeder ausländischen Einmischung entscheiden muss“.
https://libyareview.com/?p=2650
+ Der Generalsekretär der tunesischen Oppositionspartei Popular Movement, Zuhair Hamdi, sagte, dass die Angaben zur Landung eines türkischen Flugzeugs mit medizinischen Hilfsgütern auf dem tunesischen Flughafen von Dscherba verwirrend gewesen seien. Zum einen hieß es, die Ladung sei für Tunesien bestimmt, dann hieß es, sie sei für Libyen. Die Landung des Flugzeugs sei vorher nicht bekannt gemacht worden. Die tunesischen Behörden zeigten große Schwäche, wenn es um die Libyenfrage und um den Umgang mit der Türkei gehe.
+ Der deutsche Libyenspezialist Wolfram Lacher wird mit einer seiner Veröffentlichungen vom April 2018 zitiert, als er schrieb: „Seit der Einsetzung der ‚Einheitsregierung‘ im März 2016 haben einige lokale Milizen allmählich den Großteil der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Obwohl offiziell loyal zur Einheitsregierung, dominieren heute diese Gruppen tatsächlich die Regierung. Sie sind zu kriminellen Netzwerken angewachsen, die in das Geschäftsleben, in die Politik und Verwaltung hineinreichen. Die Plünderung staatlicher Gelder – das Markenzeichen libyscher Wirtschaftspolitik – kommt nun einer kleineren Gruppe zugute, mehr als dies jemals seit 2011 der Fall gewesen war. Wer davon ausgeschlossen ist, versucht Allianzen zu schmieden, um die Machtbalance in Tripolis mit Gewalt aufrechtzuerhalten. Neue Sicherheitsstrukturen für die Hauptstadt sind dringend nötig, um neue Konflikte zu vermeiden und die Basis für eine breitere politische Aufstellung zu schaffen."
Nicht schlecht analysiert von Wolfram Lacher. Aus dieser Sicht müsste er eigentlich die LNA in Tripolis unterstützen. Tut er aber nicht. Steht nach wie vor auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ .
https://twitter.com/burweila/status/1260542965237284865/photo/1
+ Die EU forderte am Dienstag ein Ende der Kämpfe in Libyen und sagte, sie sei „entschlossen“, das UN-Waffenembargo durchzusetzen.
+ Am 12.05. rief der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, die libyschen Konfliktparteien auf, einen Waffenstillstand zu verkünden und die territoriale Integrität Libyens zu respektieren. Er behauptete, dass die Berliner Konferenz ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Frieden sei und dass am 13.05. eine Folge-Videokonferenz stattfinden werde.
Der italienische Außenminister Luigi Di Maio erklärte, dass der Waffenfluss nach Libyen mit dem Beginn der Operation Irini der Europäischen Union zur Überwachung und Durchsetzung des Waffenembargos im Mittelmeerraum gestoppt werden sollte.
https://libyareview.com/?p=2659
+ Die italienische Journalistin Vanessa Tomassini interviewte einen 25-jährigen Syrer, der in Tripolis an der Seite der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gegen die LNA kämpft. Aus dem Gespräch wird klar, dass dies nicht sein Kampf und der seiner syrischen Kameraden ist. Es sei allein der Wunsch gewesen, die türkische Staatsbürgerschaft zu erhalten, der ihn nach Libyen brachte. Er hat Angst, dass es seine Verwandten in Syrien büßen müssten, sollte er sich aus dem Staub machen. Gegen die Milizen erhebt er schwere Vorwürfe, sie würden sich unwürdig benehmen: „Sie erniedrigen Menschen, sie beleidigen sie, sie belästigen Mädchen.“ Es sei sogar zu Vergewaltigungen gekommen.
Außerdem glaubt er, dass etliche der syrischen Söldner Träger des Coronavirus sind.
https://specialelibia.it/2020/05/13/parla-ali-il-siriano-che-combatte-in-libia-ai-turchi-non-interessa-di-noi-ma-temo-per-la-mia-famiglia-in-siria/

Dienstag, 12. Mai 2020



Keine Teilung Libyens

Libyen. Warum es dem Westen auch nicht mit Hilfe der Türkei und Katars gelingen wird, Libyen aufzuteilen. 


Ein Artikel in der US-amerikanischen Zeitschrift TheAmericanConservative lässt aufhorchen, lassen sich daraus doch gute Rückschlüsse ziehen, welche Strategie die ‚Einheitsregierung/Türkei‘ in Libyen mit ihren neuesten Militäroperationen verfolgte, nämlich die Aufspaltung Libyens in drei Teile, die Kyrenaika, Tripolitanien und den Fessan.
Das Resümee, das der Autor Ted Galen Carpenter, leitender Mitarbeiter für Sicherheitsstudien am Cato Institute, zieht, lautet: Da die USA eigentlich keine eigenen Interessen in Libyen haben, hätten sie gegen eine Spaltung des Landes in drei Teile nichts einzuwenden. Im Klartext heißt das: Die Europäer inklusive Türkei können die Beute von 2011 untereinander aufteilen.
Eine Teilung des Landes würde Libyen als Staat vernichten. Die drei Teilregionen wären alleine kaum überlebensfähig und in kompletter Abhängigkeit von ausländischen Staaten, so wie es heute schon Tunesien ist. Die wirtschaftliche und politische Stärke Libyens wäre gebrochen, inexistent. Der IWF würde als Kreditgeber die Finanz- und Wirtschaftspolitik bestimmen und mit neoliberalen Auflagen zu Privatisierungen dringen, um den ausländischen Firmen und Konsortien zu deren Bedingungen Tür und Tor zu öffnen. Die Türkei könnte weiterhin über das libysche Vermögen verfügen und das eingenommene Erdölgeld auf türkische Konten transferieren, so wie sie es seit einiger Zeit bereits tut, im Einvernehmen mit korrupten libyschen Politikern und Moslembrüdern vom Schlage eines as-Sarradsch, dem Premierminister der ‚Einheitsregierung‘, und seines Innenministers al-Bashaga.
In Ostlibyen könnte dagegen Frankreich Ton angebend sein, das im Hintergrund schon jetzt auf Seiten Haftars steht.
Auch die Äußerung des türkischen Präsidenten kurz vor dem Angriff auf den LNA-Militärstützpunkt Watija in Westlibyen am 5. Mai dürfte ein Hinweis auf diesen Vorstoß in Richtung Teilung des Landes sein. Erdogan sagte am 4. Mai in einer Fernsehansprache, dass „es aus Libyen bald gute Nachrichten“ gebe. Nach der katastrophalen Niederlage und den schweren Verlusten, welche die Milizen der ‚Einheitsregierung, unterstützt von türkischen Drohnen und syrischen Söldnern, bei der Schlacht um Watija einstecken mussten, dürften sich die Nachrichten für die Türkei in sehr schlechte umgekehrt haben und der Plan, Libyen aufzuteilen, erst einmal wieder vom Tisch sein.
Der Plan einer Dreiteilung Libyens beruht auf der falschen Behauptung, es gäbe in Libyen eine Ost- und Westspaltung. Libyen ist nicht in einen Ost- und Westteil und vielleicht auch noch in einen Südteil gespalten, jeweils bevölkert von Stämmen, die sich gegenseitig nicht leiden können und bekämpfen, wobei Ostlibyen die LNA und Feldmarshall Haftar unterstützt und Westlibyen die ‚Einheitsregierung‘ und die Moslembrüder. Diese Aufspaltung und Zuordnung in Ost und West ist falsch.
Richtig ist, dass es zwischen verschiedenen Stämmen und Regionen Rivalitäten gab und gibt, richtig ist aber auch, dass sich alle Libyer neben ihrer Stammesidentität durchaus als libysche Staatsbürger fühlen, mit allen Vorteilen, die das in dem bis 2011 reichen Land mit sich brachte. Wer einen libyschen Pass besaß, lebte bis zum Nato-Krieg im Wohlstand und wusste das sehr wohl zu schätzen, egal ob Ost, West oder Süd. Bei einer Teilung wäre der Süden wohl völlig abgehängt, obwohl dort die Wasser-, Erdöl- und Gasvorkommen liegen. Auch deshalb bekennen sich die Stämme und Städte des Fessan zur LNA.
Es gibt in Libyen – je nach Angaben – etwa 140 Stämme, der größte davon der Stamm der Werfala, im Westen Libyens beheimatet, der zweitgrößte Stamm ist wohl der Wirschefana-Stamm, dessen Mitglieder in und um Tripolis leben. Beide Stämme im Westen zählen zu den Unterstützern der LNA.
Mit wie starker Unterstützung die LNA von diesen Stämmen rechnen kann, zeigte sich schon als es der LNA vor etwa zwei Wochen gelang, kurzfristig die meisten Küstenstädte zwischen Tripolis und der tunesischen Grenze im Westen des Landes von den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ zurückzuerobern. Sie wurden dort mit Freudenfeiern von der einheimischen Bevölkerung begrüßt.
Doch um eine Spaltung wie von Europa angestrebt unter Duldung der USA herbeiführen zu können, hätten die westlichen Städte unter Kontrolle der ‚Einheitsregierung‘ gebracht werden müssen. Aus diesem Grund starteten deren Milizen am 13. April den Überraschungsangriff auf Sabrata, Sorman und andere westliche Gemeinden und konnten diese auch einnehmen, mit allen schrecklichen Folgen wie der Öffnung der Gefängnisse für Schwerverbrecher, Raub, Mord und Brandschatzung.
Ein weiteres Hindernis für die Übernahme der Macht durch die ‚Einheitsregierung‘ und die Moslembrüder in Westlibyen ist die in den Bergen gelegene und schwer zugängliche Stadt Tarhuna, eine Hochburg der LNA, sowie der LNA-Militärstützpunkt in Westlibyen, Watija. Beide Ziele konnten sich trotz eines Großangriffs durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ mit türkisch-syrischer Unterstützung behaupten und wurden von den LNA-Streitkräften zurückgeschlagen.
Es gelang der ‚Einheitsregierung‘ auch nicht, den Vormarsch der LNA in der Hauptstadt Tripolis zu stoppen oder zurückzudrängen.
Von einer Teilung Libyens in Ost, West und Süd kann also keine Rede sein. Die Loyalität der Städte und Stämme gehört in allen Landesteilen der LNA, Ausnahmen bilden nur die Profiteure des jetzigen Chaos als da sind Schmuggler, Schleuser und Schlepper und ihre Unterstützer. Den Ältesten und Stammesführern ist sehr wohl bewusst, dass sie bei einer Teilung und der Abgabe der Souveränität des Landes an westliche Mächte, an die Türkei und den IWF, auch ihre Macht und ihren Einfluss verlieren würden. Fremde Herren hätten das Sagen.
Übrigens stand die Teilung Libyens schon einmal auf dem Plan. Anfang Mai 1949, als Libyen unter der Treuhandschaft der UNO stand, gab es einen Plan, Libyen erst 1959 in die Unabhängigkeit zu entlassen. Bis dahin sollte das Land in eben diese drei Teile aufgeteilt werden, wobei der Fessan von Frankreich, die Kyrenaika von Großbritannien und Tripolitanien wieder von Italien verwaltet werden sollte. In Tripolitanien führte die Vorstellung einer Rückkehr der verhassten italienischen Kolonialherren zu gewaltigen Protesten, ähnlich den heutigen gegen die Rückkehr der Kolonialmacht Türkei. Nicht nur die Libyer protestierten, sondern auch die UdSSR und die Ostblockstaaten sowie die meisten arabischen, afrikanischen und asiatischen Staaten, die die sofortige Unabhängigkeit Libyens und den Abzug aller fremden Truppen forderten. Nichts destotrotz wurde mit Zustimmung Frankreichs und des Emirs Idris der Teilungsplan im Politischen UN-Komitee angenommen. Soweit zur Rolle der UNO.
Doch dann geschah ein kleines Wunder, das Libyens Schicksal drehte. Der Plan erreichte bei der III. UNO-Vollversammlung am 17. Mai 1949 nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit. Zu verdanken hatten die Libyer das dem Botschafter von Haiti, der entgegen seiner Weisung gegen die Teilung Libyens stimmte. Noch heute erinnert die ‚Haiti-Straße‘, die in Tripolis zum UNO-Büro führt, an diese Großtat des Botschafters eines kleinen Landes, dessen eine Stimme entscheidend war.
Mag es Differenzen zwischen den Stämmen geben, mag manches noch auszuhandeln sein, die Stämme und Städte werden einen Weg finden, sich zu einigen, den Weg eines friedlichen Miteinanders in einem geeinten, starken, souveränen, reichen und nicht zuletzt wunderschönen Libyen.

https://www.theamericanconservative.com/articles/time-to-partition-the-fake-country-of-libya/



Kurznachrichten aus Libyen – 10.05.2020

Libyen. Militärische Lage – Libysche Nationalarmee – Libysche Stämme und Städte – ‚Einheitsregierung‘/Milizen/Türkei – Coronakrise - Verschiedenes 


Militärische Lage
+ Auf den Drohnenangriff der ‚Einheitsregierung‘ auf den LNA-Stützpunkt Watija am 8. Mai, bei dem neun LNA-Soldaten getötet wurden, antwortete am 9. Mai die LNA mit schwerem Artilleriebeschuss der Mitiga-Airbasis (Tripolis), aus der hohe Flammen schlugen. Getroffen worden sei das Hauptquartier der Einsatzleitung der türkischen Armee.
+ Aus Tripolis werden schwere Kämpfe gemeldet. Es soll sich um die heftigsten Zusammenstöße seit dem Beginn der LNA-Offensive am 4. April 2019 handeln. Etwa 70 Raketen und Granaten wurden auf Stellungen der Milizen in Tripolis abgefeuert.
+ Mehrere Munitionsdepots der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis und Misrata gingen in Flammen auf.
+ Nachdem türkische Drohnen auf Bewohner der Städte Radschan und Zintan Angriffe geflogen haben, haben sich Kämpfer der Stadt Zintan (Bergstadt im Westen Libyens), die der Osama-Dschwaili-Miliz angehören, die auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ stand, von der Front zurückgezogen.
LibyaDesk hatte bereits darauf hingewiesen, dass die politischen Allianzen in Auflösung begriffen sind.
+ Luftangriffe der LNA auf Stützpunkte der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ östlich von Misrata (Abu Grain).

Libysche Nationalarmee (LNA)
+ Der Sprecher der LNA, al-Mismari, kündigte am 6. Mai den Beginn der Luftwaffenoperation „Ababil Birds“ an, die sich gegen die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ richtet.
https://geopolitics.news/africa/libyan-army-is-to-launch-a-military-operation-to-regain-tripoli-and-other-cities-west-libya/
+ Der Sprecher der LNA al-Mismari gab bekannt, beim Vormarsch der Streitkräfte innerhalb Tripolis alle ausländischen Botschaften, Sitze von internationalen Institutionen, ausländischen Firmen sowie libyschen Institutionen zu schützen.
https://twitter.com/spoxlna/status/1258902885548638215/photo/1
+ Laut der italienischen Zeitung NovaNewsAgency gab Mohamed Madi vom Sozialrat in Ghat (Südwestlibyen) bekannt, dass die LNA für Patrouillen an der Grenze zu Algerien zur Sicherung des Gebiets und seiner Öl- und Gaspipelines verantwortlich ist. Der Vereinbarung gingen Gespräche zwischen den Ältesten der Stadt und dem LNA-Kommandanten des südlichen Militäreinsatzgebietes, Qasim al-Abadsch, voraus.
Das Gebiet war bekannt für Aktivitäten von Schleuserbanden und extremistischen Gruppen.

Libysche Stämme und Städte
+ Nachdem der US-amerikanische Botschafter in Libyen die Bitte nach Öffnung der Erdölanlagen geäußert hatte, erklärte am 8. Mai der stellvertretende Vorsitzende für Erdölangelegenheiten im Obersten Rat der libyschen Scheichs und Ältesten, Scheich al-Senussi al-Heliq al-Zawi, man würde sich über die Wiederinbetriebnahme der Ölfelder freuen, sofern die Forderungen des libyschen Volkes erfüllt worden sind:
Erstens müsse die National Oil Corporation (NOC) ihren Hauptsitz wieder nah Bengasi verlegen und einen neuen Vorsitzenden und neue Verwaltungsräte einsetzen.
Zweitens müsse auch die libysche Zentralbank (CBL) in die östliche Region zurückkehren, da Tripolis nicht mehr sicher ist. Auch hier müsse es einen neuen Verwaltungsrat geben.
Drittens müssten sich die ausländischen Streitkräfte, die in Tripolis eine Invasion durchführen, zurückziehen.
Die Scheichs, Honoratioren und Stämme Libyens seien in Abstimmung mit dem Generalkommando der LNA und dem Parlament nach Erfüllung dieser drei Forderungen bereit, Verhandlungen über die Wiedereröffnung der Ölfelder aufzunehmen.
Durch die Schließung der Ölfelder werde die Finanzierungsquelle für die syrischen Söldner, für terroristische Gruppen und für den Kauf von Waffen, welche die libysche Bevölkerung töteten, ausgetrocknet.
Al-Heliq betonte die Notwendigkeit, auf einen politischen Konsens und die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit hinzuarbeiten, die von allen Beteiligten unterstützt wird. Das politische Abkommen von Skhirat habe alle nachfolgend eingetretenen Katastrophen verursacht. Es gebe eine Agenda, die Libyen und seine Bevölkerung an den Meistbietenden versteigern wolle.
Al-Heliq betonte die Notwendigkeit, das Politische Abkommen von Skhirat zügig zu beenden. Es müsse eine von den Libyern gebilligte Regierung gebildet werden. Der Fehler des Skhirat-Abkommens, eine Regierung mit einer auswärtigen Agenda einzusetzen, dürfe sich nicht wiederholen.
https://almarsad.co/en/2020/05/09/al-heliq-to-us-ambassador-oil-fields-will-reopen-once-the-invaders-withdraw-from-tripoli/

‚Einheitsregierung‘/Milizen/Türkei
+ Der türkischen Geheimdienstchef besuchte am 8. Mai Misrata.
+ Laut Medien der ‚Einheitsregierung‘ ist der Geheimdienstchef der ‚Einheitsregierung‘, Generalmajor Abdul Qadir al-Tohamy, an einem Herzinfarkt verstorben.
+ Der Medienberater des Gesundheitsministeriums der ‚Einheitsregierung‘, Amin Al Hashemi, musste zugeben, dass die Geschichte um den Tod einer Familie in Ain Zara frei erfunden war. Al-Hashemi hatte geschrieben, vier Familienmitglieder seien beim Frühstück durch einen Raketenangriff der LNA ums Leben gekommen. Die erfundene Geschichte hatte weite Verbreitung in den Medien bis hin zu al-Jazeera gefunden, war aber durch Recherchearbeiten von Journalisten aufgeflogen. Es soll sich nicht um den ersten Fall dieser Art von falscher Berichterstattung durch die Medien der ‚Einheitsregierung‘ handeln.
https://almarsad.co/en/2020/05/09/fake-news-gnas-al-hashimi-says-story-of-murder-of-al-tawati-family-by-the-lna-was-false/
+ Skandal um Beisetzung von Firas as-Salluqi, auch genannt „Der Wilde“. Salluqi war wegen Menschenhandels, Schmuggels und anderer Verbrechen gesucht und letzte Woche getötet worden als er an der Seite der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ am missglückten Angriff auf den LNA-Luftwaffenstützpunkt al-Watija teilnahm.
Um an seiner Beisetzung teilnehmen zu können, waren Familienmitglieder aus der Türkei per Flugzeug nach Misrata gekommen, wohl ohne vorher auf Covid-19 getestet und in Quarantäne genommen worden zu sein, wie es eigentlich zwischen der ‚Einheitsregierung‘ und der Türkei für Teilnehmer an Rückführungsflügen von in der Türkei gestrandeten Libyern vereinbart ist.
Amna Emtair, Mitglied des Hohen Staatsrates und führendes Mitglied der Partei für Gerechtigkeit und Aufbau (Muslimbruderschaft), rechtfertigte das Verhalten der Familienmitglieder von as-Salluqi. Emtair. Sie sagte auch: „Der Vorsitzende des Hohen Staatsrates Khaled al-Mischri intervenierte, um sicherzustellen, dass sie den ersten Flug nach Hause nehmen können, damit die Mutter, die ihren Sohn für Tripolis geopfert hat, einen letzten Blick auf ihn werfen kann.“
Laut einem Brief des Corona-Komitees in Misrata an das Außenministerium der ‚Einheitsregierung‘ sind weitere neun Libyer ohne Testung aus Istanbul in Misrata angekommen. Dies verstoße gegen die Vereinbarungen und gefährde die Gesundheit und Sicherheit der libyschen Bürger.
https://almarsad.co/en/2020/05/09/amna-emtair-the-media-storm-around-al-wahshis-family-is-meant-to-cover-up-failure-to-test-other-people/
+ Laut dem syrischen Parlamentarier Mohammed Fawaz halte der türkische Präsident Erdogan mit Absicht die syrischen Kämpfer von seinem eigenen Land fern. Es sei ihm egal, ob sie getötet werden oder nicht. Damit sie weiter von ihm Unterstützung bekommen, müssen sie seinen Befehlen gehorchen. „Weit weg von der eigenen Grenze ist er vor ihrer Meuterei sicher. Der Stachel des Skorpions kann seinem Land nicht gefährlich werden.“
https://almarsad.co/en/2020/05/09/syrian-official-erdogan-decided-to-rid-his-borders-of-terrorism-and-mercenaries-invested-them-in-libya-instead/

Coronakrise
+ Am 6. Mai betrugt laut des Libyan National Centre for Disease Control (NCDC) die Zahl der an Covid-19 Erkrankten 64.

Verschiedenes
+ Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) berichtet, sind gleich mehrere Bataillone der syrischen Sultan-Murad-Miliz zur Syrischen Armee übergelaufen, weil die Kämpfer gegen weitere Einsätze in Libyen sind. Die Zahl der Überläufer wird auf 700 geschätzt.
Die Zahl der im Kampf mit der LNA in Libyen gefallenen syrischen Kämpfer wird auf über 260 geschätzt. Insgesamt sollen 11.000 syrische Söldner von der Türkei nach Libyen gebracht worden sein.
https://libyareview.com/?p=2440
+ Die Türkei erpresst die sogenannte „Freie Syrische Armee“ mit der Aufdeckung von „Skandalen“, sollte sie sich weigern, weiterhin Kämpfer nach Libyen zu entsenden, um mit Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gegen die LNA zu kämpfen. Auch die finanzielle Unterstützung für diese syrischen Kampfgruppen wurde eingefroren.
Nachdem bekannt wurde, dass die Türkei mehrere Versprechen, die sie den syrischen Söldner gab, nicht eingehalten hat, ist die Anzahl der Syrer, die sich für den Kampf in Libyen melden, drastisch eingebrochen.
https://www.addresslibya.co/en/archives/56281
+ In einer Online-Konferenz mit NATO-Vertretern warnte General Konstantinos Floros vom griechischen Generalstabs für Nationale Verteidigung (HNDS) vor den Folgen der anhaltenden türkischen Provokation in der Ägäis und deren Verletzung des gegen Libyen verhängten Waffenembargos. Er sagte, die fortgesetzte Verletzung des griechischen Luftraums drohe zu einer militärischen Reaktion Griechenlands zu führen. Die Nato müsse die Türkei davon abhalten, weiter das UN-Waffenembargo zu verletzen und ausländische Kämpfer nach Libyen zu bringen.
https://libyareview.com/?p=2517
Über die „Luftkämpfe“ türkischer und griechischer Kampfjets in der Ägäis berichtet auch RT.
https://deutsch.rt.com/europa/102174-nato-talk-einmal-anders-griechische
+ Der Vorsitzende der oppositionellen Türkischen Demokratischen Volkspartei (HDP), Mithat Sancar, hält die militärische Intervention der Türkei in Libyen für einen Fehler, da sie Konflikte in der Region schüre. Seine Partei sei gegen den Einsatz von Gewalt in Libyen.
https://libyareview.com/?p=2428
+ Der tunesische UN-Botschafter Qais Qebatni betonte die Bedeutung von Einheit und Stabilität Libyens für die tunesische Regierung. Er lehnte jede Art ausländischer Einmischung in Libyen ab.
https://libyareview.com/?p=2421
+ Sechs tunesische Oppositionsparteien haben ihre totale Ablehnung aller türkischen Aktivitäten auf tunesischem Boden deutlich gemacht und die Behörden nachdrücklich aufgefordert, ihre unentschiedene Haltung gegenüber türkischen Aktionen in Tunesien, die auf die Unterstützung von Milizen und Terroristen hinauslaufen, zu vermeiden. Die Parteien forderten die Behörden auch auf, „sich klar gegen eine ausländische Militärpräsenz in der Region zu stellen“.
Die linke Arbeiterpartei, die Volksfront, die Sozialistische Partei, die Baath-Bewegung sowie Tunesien-Vorwärts und die al-Qutb-Partei prangerten jeden Versuch an, „Tunesien auf Kosten seiner nationalen Sicherheit sowie der Sicherheit und Stabilität des libyschen Volkes in das Ringen der regionalen Machtzentren zu verstricken“.
https://www.addresslibya.co/en/archives/56332
+ Das deutsche Parlament hat der Entsendung von 300 deutschen Soldaten zur Unterstützung der EU-Mittelmeermission Irini zugestimmt.
+ Frankreich kündigte an, sich mit zwei weiteren Fregatten an der EU-Mission Irini im Mittelmeer zu beteiligen. Zwei Fregatten sind bereits im Einsatz. Irini soll das von der UN verhängte Waffenembargo gegen Libyen überwachen.
https://www.navalnews.com/naval-news/2020/05/france-deploys-two-frigates-as-it-joins-operation-irini-to-enforce-libya-arms-embargo/
+ Dagegen hat Malta formell die EU darüber informiert, sich nicht länger an Irini beteiligen zu wollen.
+ Italiens Außenminister Luigi Di Maio erörterte telefonisch die Lage in Libyen mit dem libyschen Parlamentspräsidenten Aquila Saleh.
+ Der Osten Libyens (Brega, Ras Lanuf) wurde von einem leichten Erdbeben heimgesucht.