Donnerstag, 31. März 2016



Leben in Sirte unter der Herrschaft des Islamischen Staates

Sirte war die Geburtsstadt Gaddafis und leistete 2011 bis zuletzt erbitterten Widerstand gegen die NATO-Krieger und ihre dschihadistischen Unterstützer. Milizen aus der Stadt Misrata, die sich schon immer als die Erzfeinde der in Sirte beheimateten Stämme sahen, belegten die Stadt wochenlang mit Artilleriefeuer, während Nato-Bomber Einsätze flogen. Zuletzt flüchteten Gaddafi und sein Sohn Mutasim Billah, die sich mit einigen Getreuer in der Stadt aufgehalten hatten, in einem Konvoi, wurden von „Aufständischen“ gestellt, gefangengenommen und bestialisch ermordet.
In der Stadt, die nach den umfangreichen Bombardements großflächig in Schutt und Asche gelegt war, hatten zunächst Misrata-Milizen die Kontrolle übernommen, bevor die schutzlosen Bewohner Sirtes den Dschihadisten überlassen wurden. Alle Soldaten der Stadt, die einst in der libyschen Armee gedient und für Gaddafi gekämpft hatten sowie alle anderen Gaddafi-Getreuen, denen es nicht gelungen war zu flüchten, waren entweder getötet worden oder in den Verließen der Sieger verschwunden, wo Folter und Mord an der Tagesordnung waren.
So gelang es immer mehr dschihadistischen Kämpfern, in die Stadt einzudringen und sich dort festzusetzen. Anfang 2015 war es dann soweit: Der IS startete einen Großangriff auf Sirte, das sich in keinster Weise verteidigen konnte. Ein Augenzeuge erzählt: „Wir hatten keine Waffen und keine Männer. Deshalb entschlossen wir uns zur Aufgabe, um das Leben unserer jungen Männer zu schützen.“ Hilferufe in Richtung Tripolis verhallten ungehört. Dem in Tripolis herrschenden GNC (General National Congress) und seinen Milizen, wo ein Belhadsch als ehemaliger Anführer von al-Kaida das Sagen hatte, war es wohl nur recht, wenn ausgerechnet die ehemalige Gaddafi-Stadt Sirte unter die Herrschaft des IS geriet. Jede Demütigung des Stammes von Gaddafi, der Dschihadisten Zeit seines Lebens scharf bekämpft hatte, rief dort vor allem Schadenfreude hervor.
Die Bewohner von Sirte zahlen heute noch einen hohen Preis für ihre Loyalität gegenüber Gaddafi. Täglich wird die totalitäre Kontrolle des IS über die Bewohner von Sirte noch schlimmer, wird die Stadt zunehmend zum Schauplatz für unmenschliche Gräueltaten.
In dem Artikel „Broken Land“ beschäftigt sich buzzfeed.com unter anderem mit der Situation der Stadt Sirte, die seit Anfang 2015 unter IS-Kontrolle steht.
http://www.buzzfeed.com/borzoudaragahi/isis-is-running-rampant-in-libya#.kqaKNYzaz
Altgediente Stammesführer wurden gezwungen, ihre Stellungen aufzugeben. Sie dürfen nicht mehr Recht sprechen, sondern es gilt nur noch das Recht der Scharia-Justiz. Landbesitzer müssen nun eine monatliche Steuer für ihren Besitz entrichten, der IS treibt Steuern für jedes Tier ein, das auf Bauernhöfen gehalten wird. So hat sich das Leben in der Nach-Gaddafi-Ära geändert: Anstatt dass die Bürger an den Öleinnahmen beteiligt werden, sind sie nun gegenüber dem IS steuerpflichtig.
Stadtbewohner erzählen, die IS-Kämpfer stammten mehrheitlich aus anderen Ländern wie Tunesien, Ägypten, Somalia, Mali und Niger. „Ruft der Muezzin zum Gebet und du kommst nicht, halten sie dich auf und sperren dich ein“, erzählt ein Geschäftsmann. „Sie können dich gut behandeln, oder sie können dich zu religiösen Schulungen schicken oder sie können dich auspeitschen lassen.“
„Ehemalige Sicherheitskräfte müssen entweder öffentlich Buße tun oder sie werden als Ungläubige zum Tode verurteilt. Als Hinrichtungsstätte dienen zwei Kreisverkehre. Das Verbrechen wird laut verkündet. Jeder, der gegen den IS gekämpft hat, wird erschossen und gekreuzigt. Einige wurde auch geköpft.“
„Die Lebensumstände sind miserabel. Banken haben geschlossen, Handy- und Telefonnetze funktionieren nicht, Internet und Satelliten-Fernsehen sind unterbrochen, es gibt kein Benzin mehr. Pässe, Geburts- und Eheurkunden werden nicht mehr ausgestellt. Im Radio hört man nur noch Predigten von dem IS-Gründer Abu Bakr al-Bagdadi oder es werden Koranverse rezitiert. Nach Einbruch der Dunkelheit traut sich niemand mehr auf die Straße“, soweit ein anderer Bewohner.
Milizen fahren in Toyota Pickups, von denen die meisten aus dem Bestand der Stadtverwaltung entwendet wurden, durch die Stadt. Hunderte ehemalige Staatsangestellte, die heute arbeitslos sind, müssen sich jeden Tag im Kongresszentrum einfinden, um Koranklassen zu besuchen.
Die IS-Kämpfer haben sich in der Stadt verteilt. Wie schon Jürgen Todenhöfer in einem Interview über die im Irak gelegene IS-Hochburg Rakka erzählte, verteilen sich die IS-Kämpfer in Städten auf verschiedene Wohnungen, zwei bis vier Kämpfer in einer Wohnung, ein bis zwei Wohnungen in einem Haus. Ein paar tausend Kämpfer in einer Stadt, verteilt auf ein paar tausend Wohnungen in ein paar tausend Häusern. Die gesamte Stadt wird zu einem lebenden Schutzschirm. Und sollte die Stadt trotzdem bombardiert werden, werden als Zivilisten die verhassten Stammesangehörigen Gaddafis getroffen.
Der von einer NGO veröffentlichte „Libyen Body Count“ gibt an, dass allein im Jahr 2015 in Sirte 235 Personen durch Gewalteinwirkung zu Tode kamen. Kein Wunder, dass die verbliebenen Einwohner der Stadt einen unbekannten Scharfschützen als Helden feiern, der seit Mitte Januar drei hochrangige IS-Leute erschossen hat.
Während alle drei in Libyen um die Macht ringenden Regierungen (das Tobruk-Parlament, der Tripolis-Rat und die Einheitsregierung in Tunis) die Anschläge von Brüssel mit über 30 Toten verurteilten, feierte sie der IS in Sirte, indem bewaffnete Kämpfer auf ihren Pickups mit wehender IS-Fahne durch die Stadt fuhren und in die Luft schossen.
Unter diesen Umständen hat ein Exodus der Bevölkerung stattgefunden. Wer immer die Möglichkeit hat, versucht aus Sirte zu fliehen. Allerdings ist es nur schwer vorstellbar, dass der IS, der in der Bevölkerung keinen Rückhalt hat, sich auf Dauer in Sirte wird halten können. Statt mit Bomben oder ausländischen Interventionen wäre es wichtig, ihm die Versorgungswege für Waffen, Geld und Kämpfer abzuschneiden. Doch liegt das wirklich im Interesse des Westens, das dringend einen Interventionsgrund braucht? Und liegt es im Interesse der Milizen von Tripolis und Misrata, die zusahen, als der IS in der Gaddafi-Stadt Sirte die Macht übernahm? Wie steht es mit einer nicht nur klammheimlichen Sympathie dieser Kräfte mit dem IS, der sich ideologisch bezüglich der Organisation und Funktion eines Staates nicht allzu sehr von den eigenen Vorstellungen unterscheiden dürfte?



Angelika Gutsche, 24.3.2016

Dienstag, 29. März 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Libyens Grüner Widerstand: Moussa Ibrahim hält Symposium in Kairo ab
29.3.2016. Dr. Moussa Ibrahim, der frühere Regierungssprecher der letzten legitimen libyschen Regierung, welche 2011 von der NATO und angeheuerten einheimischen Söldnern gesetüzt wurde, hat dieser Tage in Kairo ein Symposium mit dem Titel „Libyen - Fünf Jahre nach der Verschwörung und die Aussichten für das Projekt Bruderschaft-Imperialistischer Widerstand in der arabischen Region“ abgehalten und forderte, daß es nun wieder Zeit sei, Libyen aus den „Klauen der Muslim-Bruderschaft“ zu entreißen. Moussa Ibrahim, der eine deutsche Frau hat und einer der wenigen Überlebenden von Ghaddafis Regierungsmannschaft ist, den die NATO nicht töten konnte, solidarisierte sich öffentlich mit den Kämpfern des Grünen Widerstandes im „besetzten Libyen“, welche gegen „Milizen, Terroristen und Al-Qaida im Osten und Westen“ des Landes kämpften.


Dienstag, 22. März 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Libyen: UNO-Gesandter Kobler gibt Ungesetzlichkeit seines Handelns zu
22.3.2016. Martin Kobler, Leiter der UN-Mission für Libyen, hat zugegeben, daß sein Handeln, eine sogenannte „Einheitsregierung“ in Libyen zu erzwingen ungesetzlich ist, weil er durch öffentliche, mit den libyschen Akteuren nicht abgesprochene Ankündigungen Fakten schaffe und diverse Milizen ermutige, Kämpfe gegen andere Gegner zu beginnen, wie es am Wochenende in Tripolis geschah. »Das ist alles nicht so richtig legal, aber durch die Not geschuldet, und das muss schon gemacht werden«, kommentierte Kobler sein Handeln laut „junge welt“.



Libyen: Welche Rolle spielt Khalifa al-Haftar?
22.3.2016. Der ehemalige hochrangige Militär von Ghaddafis Armee, der in den 80iger Jahren im Tschad gefangengenommen und dort von der CIA „umgedreht“ wurde (und über 20 Jahre nahe des CIA-Hauptquartiers in Langley, USA, lebte) galt, seit dem er 2011 in den Bürgerkrieg seines Heimatlandes Libyen zurückkehrte als Einflußagent der USA. Doch nicht immer scheinen sich die Ansichten des profilierten Warlords, der heute die international anerkannte schwache Regierung in Tobruk unterstützt mit denen seiner westlichen Gönner zu decken, denn er verweigert sich offenbar der von außen aufgezwungenen „Einheitsregierung“ und ließ jetzt seine Anhänger in Benghasi aufmarschieren und eine Militärdiktatur wie im benachbarten Ägypten unter seiner Führung fordern.



Jemen: Angeblich Einigung auf eine Regierung der Nationalen Einheit
22.3.2016. Nach Berichten der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ haben sich die bewaffnete Bürgerbewegung Ansarullah (alias „Huthi-Rebellen“) und vermutlich auch ihre Verbündeten aus dem Lager von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh (1978-2012) auf eine „Einheitsregierung“ mit den Anhängern des gestürzten Machthabers Abed Rabbo Mansur Hadi und dessen saudi-arabischen Sponsoren geeinigt. Saudi-Arabien hatte seit über einem Jahr einen Bombenkrieg mit Tausenden Toten gegen das jemenitische Volk geführt, um die Einsetzung Hadis wieder zu erzwingen.

Die deutsche Bundesregierung hat aber zu dieser Konfliktbeilegung, wenn sie denn von Dauer sein sollte, nichts beigetragen. Im Gegenteil! Während Kräfte der Zivilgesellschaft wie Amnesty International  (AI) oder die Bürgerbewegung Neue Richtung Rüstungs- und Wirtschaftssanktionen gegen Saudi-Arabien forderten und später hierin vom EU-Parlament unterstützt wurden, liefert die unfähige Merkel-Regierung bis heute ungestraft Waffen an den Aggressor Saudi-Arabien.


Freitag, 18. März 2016



Tunesien nach den Kämpfen in Ben Gardane


Am 7. März griffen um fünf Uhr morgens IS-Kämpfer in der tunesischen Stadt Ben Gardane zeitgleich Kasernen der Polizei, der Nationalgarde und der Armee mit Granatwerfern und Schnellfeuergewehren an. Bei den stundenlangen Kämpfen kamen 28 Dschihadisten, 10 Sicherheitskräfte und 7 Zivilisten ums Leben. Die Kämpfer errichteten Straßensperren und versuchten, die Passanten zu beruhigen: „Der Angriff richtet sich nicht gegen Euch, sondern gegen das Militär und die Polizei.“ Laut Zeugenaussagen waren viele der Männer, die sich zweifellos perfekt in der Stadt auskannten, Einwohner von Ben Gardane[1].
Die tunesische Armee riegelte daraufhin alle Ausfahrtsstraßen der Stadt ab, ebenso wie die Zufahrt zur nahe gelegenen Urlauberinsel Dscherba, die Grenze zu Libyen wurde komplett geschlossen und eine nächtliche Ausgangssperre von 19 Uhr abends bis 5 Uhr morgens verhängt. Um den Angriff endgültig zurückzuschlagen, benötigte das tunesische Militär mehrere Tage. Noch am 9. März kam es zu Schießereien, bei denen nochmals sieben Dschihadisten getötet wurden. Die Armee hob ein großes Waffenlager mit automatischen Gewehren, Raketenwerfern und Sprengstoff aus.
Ein Aktivist twittert: „Das sind traurige Tage. Ein Menschenleben zählt in Tunesien nichts. Die toten Zivilisten werden kaum erwähnt.“
Das Städtchen Ben Gardane liegt nur etwa 30 Kilometer von der Grenzstation Ras Ajdir entfernt. Die Stadt lebte vor dem NATO-Krieg gegen Libyen hauptsächlich vom geduldeten kleinen Schmuggel: Billiger libyscher Sprit und die in Libyen subventionierten Gebrauchsgüter wie Kühlschränke und Fernseher wurden via kleinem Grenzverkehr nach Tunesien eingeführt, zusätzlich verdienten sich etliche Bewohner von Ben Gardane ihren Unterhalt mit illegalen Geldtauschgeschäften. Seit dem Krieg 2011 drängten immer mehr Flüchtlinge über die Grenze nach Tunesien und Ben Gardane entwickelte sich immer mehr zu einer Drehscheibe für terroristische Netzwerke und informelle Geschäfte.
Die Behauptung der Medien, der Anschlag in Ben Gardane sei völlig überraschend gekommen, kann nur falsch bezeichnet werden, denn es ist immer offensichtlicher, dass sich in bestimmten Ländern wie Libyen und Tunesien Zentren für ausländische Kämpfer bildete. Die östlichen Küstenregionen Libyens, besonders Bengasi und Derna, waren als Rekrutierungshochburgen bekannt. In Tunesien lieferte Ben Gardane die größte Anzahl an ausländischen IS-Kämpfern, obwohl die Stadt gerademal 80.000 Einwohner hat. Die dschihadistische Tradition ist in Ben Gardane so ausgeprägt, dass der bereits 2006 getötete, frühere Anführer von al-Kaida im Irak, Abu Musab al-Zarkawi, einmal sagte: „Würde Ben Gardane in der Nähe von Falludschah liegen, hätten wir den Irak schon befreit“.[2] Seit 2012 hat die tunesische Regierung nichts dagegen unternommen, dass sich kampfbereite Dschihadisten frei bewegen und organisieren sowie ihre Hassparolen verbreiten konnten, wie zum Beispiel ein YouTube-Video, aufgenommen in Kairouan, beweist.[3]
Leila Chettaoui, Mitglied des tunesischen Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses, zeigte sich besorgt, es könne weitere Angriffe auch in anderen Regionen Tunesiens geben und so bereitet sich das Militär auf das Schlimmste vor.
Doch wie konnte es überhaupt zu dem Vorfall von Ben Gardane kommen? Er ist nur durch ein totales Versagen geheimdienstlicher Aufklärung zu erklären. Betrachtet man Fotos vom Krisenzentrum der tunesischen Armee erstaunt dies nicht wirklich. Abgebildet wird ein heruntergekommenes Büro mit zerfledderten Landkarten und fehlender technischen Ausstattung und der als starker Mann in Sicherheitsfragen inszenierte Präsident Beji Caid Essebsi ist unsägliche 90 Jahre alt! Davor werden die bestens von Saudi-Arabien mit modernsten amerikanischen Waffen ausgerüstete Dschihadisten sicher sehr große Angst haben! Und wenn der amerikanische Botschafter in Tunis erklärt, die USA werden dem Land ihre volle Unterstützung im Sicherheits- und Militärbereich angedeihen lassen, dann haben wohl eher die Tunesier einen Grund zum Fürchten.
Es wird davon ausgegangen, dass bereits an die 700 dschihadistische Kämpfer aus Syrien und Libyen in ihre Heimat Tunesien zurückgekehrt sind. Die meisten sind unerkannt ins Land gekommen, die anderen werden überwacht oder sind gleich im Gefängnis gelandet, wo eine weitere Radikalisierung einsetzen dürfte. Eine Strategie der oft gewalt-traumatisierten Rückkehrer könnte darin bestehen, dass sie sich vom IS abwenden und anderen extrem-islamistischen Gruppen, die von Saudi Arabien und der Türkei finanziert werden, anschließen und so ihren Kampf fortsetzen. Dies stellt eine große Gefahr nicht nur für Tunesien, sondern vor allem für Libyen dar, wo der IS massiv bekämpft wird, gleichzeitig aber eine Unzahl dschihadistisch-islamistischer Gruppen vor allem im Westen des Landes und in der Hauptstadt Tripolis ihr Unwesen treiben, die teilweise auch vom Westen, der Türkei und Saudi-Arabien unterstützt werden.
Angeblich war der Angriff in Ben Gardane schon seit Monaten geplant. Doch sprechen einige Gründe dafür, dass es auch aktuelle Auslöser für die massiven Attacken der Radikal-Islamisten gab. Zum einen dürfte sich der IS für die Angriffe der USA auf die IS-Stützpunkte bei Sabratha und für die durch ausländische Geheimdienste geplanten Befreiungsaktionen italienischer Geiseln gerächt haben, bei der 50 IS-Kämpfer, zum überwiegenden Teil tunesische Staatsangehörige, getötet wurden; zum anderen hat er vorgeführt, wie handlungsfähig er in diesem instabilen Tunesien trotz angelegter Grenzwälle und aller geplanter Schutzmaßnahmen ist. Und nicht zu vergessen ist der Wunsch des IS, den Westen immer weiter in den „Krieg gegen den Terror“ zu verstricken. Jeder Raketenangriff mit Zivilisten als Todesopfer treibt dem IS neue Sympathisanten und Kämpfer zu. Der IS träumt von einem Bodenkrieg in einem Gebiet, wo er sich den westlichen Armeen überlegen fühlt.
Es hilft auch der gerade in Betrieb genommene Grenzwall entlang der tunesisch-libyschen Grenze nichts, wenn der Anlass für die Unzufriedenheit im eigenen Land liegt: Die Arbeitslosigkeit ist hoch, vor allem im Süden, hervorgerufen auch durch Entlassungen in den Phosphatminen, den Einbruch des Tourismus und der Unfähigkeit der Regierung, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Man darf mit Sicherheit davon ausgehen, dass die neoliberalen Wirtschaftskonzepte von IWF und Weltbank die Situationen in Tunesien weiter verschlechtern werden. Um eine Familie in Tunesien durchbringen zu können, muss wenigstens ein Familienmitglied einen Job haben. Doch bei der sich durchgehend verschlimmernden sozialen und wirtschaftlichen Lage stehen viele Familien nun völlig ohne Einkommen da.
Auch die bisherige Haupteinnahmequelle des Landes, Überweisungen von Arbeitsemigranten aus dem Ausland, ist zusehends versiegt. Nicht nur in Frankreich macht die um sich greifende Arbeitslosigkeit tunesische Emigranten brotlos, auch in Libyen werden aufgrund des Bürgerkriegs kaum noch Gastarbeiter beschäftigt.
Den zweiten finanziellen Eckpfeiler Tunesiens bildet der Tourismus. Doch die Touristen haben Angst vor Terroranschlägen. Die Nähe zu Libyen und die politisch instabile Lage beunruhigen. So verzeichneten die Buchungen nach einem Rückgang im Jahr 2015 um 35 Prozent, bisher im Jahr 2016 einen nochmaligen Rückgang von 74 Prozent. Bereits im Jahr 2015 mussten 48 Prozent der tunesischen Hotels schließen, welch katastrophalen Entwicklungen für das Jahr 2016 zu erwarten sind, lässt sich unschwer voraussagen. Nun ist auch noch für Reisende im ganzen Land eine hohe Sicherheitswarnung ausgesprochen worden, über Facebook und Twitter sollen sich die Touristen über die aktuellen Entwicklungen informieren.[4] Diese gefährliche Entwicklung bekommen nicht nur die großen Hotelanlagen zu spüren, sondern auch die vielen Kleinhändler, die ihre Souvenirs nicht mehr an den Mann bringen. Der IS und die ihn unterstützenden Kräfte sind äußerst erfolgreich, wenn es darum geht, das Land wirtschaftlich zu ruinieren und politisch in die Katastrophe zu treiben.
Man sollte nicht vergessen, dass das alte Tunesien neben dem Mangel an Demokratie, Pressefreiheit und Achtung der Menschenrechte durchaus auch positive Errungenschaften vorweisen konnte wie zum Beispiel einen hohen Alphabetisierungsgrad der Bevölkerung, den stetigen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in den letzten Jahrzehnten, eine einigermaßen funktionierende Krankenversorgung, das Senken des Bevölkerungswachstum dank Familienplanungsprogrammen auf um die zwei Prozent und die Steigerung der Lebenserwartung auf fast 74 Jahre. Wie sich schon Anfang des Jahres 2012 abzeichnete, konnten all diese Errungenschaften seit der 2011-Revolution nicht gehalten werden und ziehen eine breite Frustration der Bevölkerung nach sich. [5] Im Bericht des IWF über das weltweite Wirtschaftsranking der Jahre 2015 und 2016 ist Tunesien auf Rang 92 (von 144 Ländern) abgerutscht.
Die Enttäuschung macht anfällig für Radikalisierung und dschihadistische Gruppierungen werden als Alternative zum säkularen Staat gesehen. Über die Ohnmacht der Regierungen gegenüber den Dschihadisten schrieb >Le Monde diplomatique<: „Dass sich junge Leute den dschihadistischen Bewegungen anschließen, entspringt dem Wunsch, einer korrupten Welt zu entfliehen. Sie streben nach einer >Läuterung< und wollen damit zeigen, dass sie die gesellschaftlichen und politischen Demütigungen satthaben.“[6] Eben diese Demütigungen aufzuheben ist der wichtigste Angelpunkt, um der dschihadistischen Bedrohung entgegenzuwirken. Eine solidarische und gerechte Gesellschaft, eine solidarische und gerechte Weltordnung, das ist die Antwort, die einem extremen Islamismus den Boden entziehen könnte.
Und was fordert der französische Botschafter in Tunesien: Jetzt endlich die libyschen Probleme zu lösen. Aha. Und wie? Am besten mit Bomben, wie im Irak, in Syrien und auch schon in Libyen praktiziert? Darauf wird es hinauslaufen. Denn die New York Times berichtete dieser Tage, dass das Pentagon auf breiter Ebene Luftschläge in Libyen durchführen wolle. Die Rede ist von 30 bis 40 Zielen in vier verschiedenen Regionen des Landes. Wie Jürgen Todenhöfer in einem äußerst interessanten Interview[7] erklärt, käme das der Strategie des IS sehr entgegen. Die Rekrutierung neuer Kämpfer wäre gesichert. Denn der IS verfolgt die Strategie, sich in Städten auf verschiedene Wohnungen zu verteilen, zwei bis vier Kämpfer in einer Wohnung, ein bis zwei Wohnungen in einem Haus. Ein paar tausend Kämpfer in einer Stadt, verteilt auf ein paar tausend Wohnungen in ein paar tausend Häusern. Eine Bombardierung wird die Zivilbevölkerung danken. 90 Prozent der Opfer bei US-amerikanischen Drohnenangriffen sollen Zivilisten sein. Ist das vielleicht auch der Grund, warum sich IS-Kämpfer in Libyen gerade in der Gaddafi-Hochburg Sirte festgesetzt haben? Wird Sirte bombardiert, trifft es ja nur Menschen vom Gaddafi-Stamm, die ihrem Revolutionsführer bis zuletzt die Treue gehalten haben. Todenhöfer bringt übrigens noch ein weiteres sehr anschauliches Bild über die Vorgehensweise des Westens gegen den IS. Er vergleicht sie mit jemanden, der mit Knüppel auf ein Wespennest einschlägt, nachdem er von einer Wespe gestochen wurde. Wie die Wespen darauf reagieren, dürfte bekannt sein.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erklärte der damalige Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten und spätere Außenminister Colin Powell: „Mir gehen die Schurken aus. Ich habe nur noch Fidel Castro in Kuba und den Machthaber in Nordkorea.“ Doch siehe da, mit 9/11 und dem darauf folgenden Kampf gegen den Terror war ein unerschöpflicher Vorrat an Feinden kreiert und ein niemals endender Krieg möglich geworden. Der so gewinnträchtige militärisch-industrielle Komplex konnte am Laufen gehalten werden. Und ein paar alt-neue Widersacher wie Saddam Hussein und Gaddafi (an Assad biss man sich bisher die Zähne aus) konnten auch gleich beseitigt und deren Länder gespalten und verwüstet werden.
Was für eine Inszenierung!

Angelika Gutsche, 12.3.2016




LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Marokko beleidigt: Abzug aller Blauhelme angedroht
18.3.2016. Weil der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die von Marokko besetzte Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS), auch als Westsahara bekannt, besucht hatte, drohte die marokkanische Besatzungsmacht nun, ihre 2.300 Soldaten, die derzeit als Blauhelme unter der UN-Flagge Dienst verrichten, zurückzurufen. Zwei Drittel der DARS wird von Marokko kontrolliert, das andere Drittel von der linken Befreiungsfront POLISARIO, die seit den 70iger Jahren für die Unabhängigkeit kämpft und sogar über eigene Kampfpanzer verfügt.





Libyen: Marionetten-Regierung fordert Kontaktabbruch zu allen anderen Regierungen Libyens
18.3.2016. Libyen hat jetzt drei Regierungen: der von Islamisten dominierte Generalkongreß in Tripolis, die international anerkannte, aber nur mit 18% Wahlbeteiligung gewählte, eher säkulare Regierung, die sich in Tobruk verschanzt hat und nun – neu – die von der westlichen Staatengemeinschaft aufgezwungene „Einheitsregierung“, die das Chaos beenden sollte, aber noch machtloser ist, als die beiden anderen Gremien und sich nur im tunesischen Ausland aufhalten kann. Ausgerechnet dieses lächerliche Konsortium hat nun aus dem Exil, mit den NATO-Staaten im Rücken, verkündet, daß der Kontakt anderer Staaten mit der Tobruk- oder Tripolis-Regierung illegal wäre und mit Sanktionen bestraft werden würde.




USA: Tulsi Gabbard unterstützt jetzt Bernie Sanders als Kandidaten!
18.3.2016. Die demokratische Kongreßabgeordnete Tulsi Gabbard, die den US-Bundesstaat Hawaii vertritt, ist als Vize-Vorsitzende des Demokratischen Nationalkomitees zurückgetreten und hat ihre Unterstützung für den den linken Demokraten Bernie Sanders als US-Präsidentschaftskandidaten erklärt. Tulsi Gabbard, selbst jahrelang Militärangehörige, gehört zu den lauten Kriegskritikern im Kongreß und begründete nun ihr Vorgehen damit, daß der Militarismus, den Hillary Clinton fördere, gefährlich ist und keine Unterstützung verdient.
Clinton drängte den zögernden Obama 2011 dazu, in den von Frankreich und Großbritannien angefachten Krieg gegen Libyen  einzusteigen.




Jemen: Saudi-Arabien bombardiert voll besetzten Marktplatz
18.3.2016. Das saudi-arabische Terror-Regime hat wieder einmal das arme Nachbarland Jemen bombardiert – diesmal den Marktplatz in der Hauptstadt Sanaa, wobei es mindestens 41 Tote gab. Saudi-Arabien versucht mit Gewalt den 2014 gestürzten Machthaber Abed Rabbo Mansur Hadi, einen Statthalter saudischer Interessen, wieder ins Amt zu putschen, wogegen sich ein patriotische Zweckallianz fomiert hat, die aus der bewaffneten Bürgerbewegung Ansarullah (in der westlichen Presse auch als Huthi-Rebellen bezeichnet), den Volkskomitees und denjenigen Teilen der Streitkräfte, welche dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh (1978-2012) besteht.

Donnerstag, 17. März 2016



12.3.2016 

Misshandlung und Folter in libyschen Gefängnissen


Libyen. Eine Expertenkommission der Vereinten Nationen prangert Misshandlungen und Folter gegen Gefangene an und bestätigt, dass der Prozess gegen ehemalige Gaddafi-Beamte starken Mängeln unterlag.

Auszug aus dem Papier der UN-Expertenkommission zu Misshandlungen und Folter in libyschen Gefangeneneinrichtungen:
85. Haytham al-Tajuri schuf ein privates Internierungslager in Tajura, Mazara at‘ al-Na’am, wo er ehemalige Regierungsbeamte und Regime-Sympathisanten gefangen hielt und von deren Besuchern große Geldsummen erpresste. Während der Operation „Fadschr“ im Juli 2014 verschwanden zwölf ehemalige Regierungsbeamte aus seiner Einrichtung. Der Behauptung, sie seien ihren Familien übergeben worden, wurde aus Regierungskreisen bestritten. Im April 2015 wurde das Lager bombardiert.
86. Ein bewaffneter Gruppenkommandeur, Abdulghani Kikli, kontrolliert eine Gefangeneneinrichtung im Abu Salim-Viertel in Tripolis. Darin ist ein spezieller Raum für Folter vorgesehen. Etliche der sogenannten „Insassen“ sind mit ernsthaften Verletzungen im nahegelegenen Krankenhaus eingeliefert worden.
87. Es gab verschiedene Berichte über Folter im Daman- und im Hufrah-Gefängnis von Tajura. Zuletzt stand das Gefängnis unter der Kontrolle von Abdullah al-Sassi, eines örtlichen Milizenführers, der der LNA nahestand und 2014 ermordet wurde.
88. Die familiengeführte Einrichtung Taminah ist nach wie vor das berüchtigtste Gefängnis in Misrata. Das Oberhaupt der Familie, Isa Ben Isa Lasfar al-Sarkasi, wurde wiederholt bezichtigt, für Folter und andere Missbrauchsfälle verantwortlich zu sein. Ebenso ist Jawiyya in Misrata unter Verdacht; grobe Misshandlungen und körperliche Bestrafung wurden dort von der Gefängnisverwaltung ignoriert.
89. Aus den Gefängnissen Selaa, Jazeera und Jadajam in Zawija wurde über Fälle von Folterung und Misshandlungen berichtet.
90. Im Hadbah-Gefängnis fand der mängelbehaftete Prozess gegen 37 prominente Unterstützer des ehemaligen Regimes statt. Das Urteil vom 28. Juli 2015, das gegen neun Angeklagte die Todesstrafe verhängte, wurde international missbilligt. Das Gefängnis ist relativ gut ausgestattet, trotzdem kommt es zu ernsten Misshandlungen. Dies belegen Videoaufnahmen vom 2. August 2015, die zeigen, wie der Leiter des Gefängnisses, Salih Hadiyah Abdulsalam al-Daiki, die Folterung von Häftlingen, unter anderem von Saadi Gaddafi, beaufsichtigt.
91. Auch im Mitiga-Gefängnis, unter Kontrolle der „Sondereinheit für Abschreckung“ (Special Deterrence Force) von Abdulra’uf Kara, kommt es zu Misshandlungen. So berichtet ein ehemaliger Gefangener von gezielten Prügelungen und Erpressungen der Häftlinge unter der Aufsicht des Kommandanten Abdulsalam Ben Sha’ban.
92. …

Übersetzung aus dem Englischen: A.Gutsche

Donnerstag, 10. März 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Syrien: In Aleppo gehen die Lichter an – Regierung erobert vier Dörfer zurück
11.3.2016. Positive Meldungen kurz zusammengefaßt: Aleppo hat wieder Strom, nach dem die syrische Armee vor ein paar Wochen eingerückt war und nun den langanhaltenden  Blackout beendet hatte. Desweiteren wurden vier Dörfer (Kharbil, A’akil, al-Qali’ und Sardeh) um Aleppo herum befreit und in Raqqa (Hochburg der Terrorgruppe „Islamischer Staat“, IS) sollen 200 IS-Kämpfer syrischer Herkunft sich auf die Seite der immer aufmüpfiger werdenden Bevölkerung gestellt haben und diese gegen die ausländischen Dschihadisten, die ebenfalls im IS kämpfen, verteidigt haben.



Somalia: Patriotische Frauenrechtlerin will Präsidentin werden und mit Islamisten verhandeln!
11.3.2016. Die im finnischen Exil lebende, studierte Verwaltungswirtin Fadumo Dayib (42), die an der Univeristät Helsinki zu den Themen Frauenrechte, Frieden und Sicherheit am Horn von Afrika forscht, möchte 2017 in Somalia als Staatspräsidentin kandidieren. Bemerkenswert ist, daß die couragierte Frau einen anderen Blick auf die islamistische Rebellengruppe Al-Shabaab hat: sie seien es, „die soziale und wirtschaftliche Missstände im Land kritisieren“,  prangerten die schlechte Schulbildung sowie die korrupten Politiker an und „ wehren sich gegen die Verhältnisse, denen gegenüber sich die meisten Somalier hilflos fühlen“ – weswegen Fadumo Dayib auch mit den Al-Shabaab-Milizen verhandeln möchte, statt sie in einem nie endenden „Krieg gegen den Terror“ zu bekämpfen.



Jemen: Geheimverhandlungen zwischen Huthis und Saudi-Arabien – 150 Söldner im Jemen verhaftet
11.3.2016. Nach Medienberichten gibt es geheime Verhandlungen zwischen Saudi-Arabien und den von den Saudis seit einem Jahr terrorisierten Kräften der Rebellenbewegung Ansarullah (auch als „Huthi-Rebellen“ bezeichnet), ein Gefangenenaustausch einzelner Kämpfer hat auch schon stattgefunden. Inzwischen haben die jemenitischen Streitkräfte, welche loyal zu Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh stehen und mit Ansarullah verbündet sind, rund 150 ausländische Söldner, die im Dienste der von Saudi-Arabien geführten Militärallianz stehen und auf dem Weg zu einer Militärbasis in der westlich-zentralen Ma’rib-Provinz waren, gefangen genommen.



Jemen: Neue US-Söldnerfirma soll gegen die Jemeniten kämpfen
10.3.2016. Nachdem die jemenitischen Streitkräfte und die mit ihnen verbündeten Huthi-Rebellen den Söldnern der US-Firma „Academi“ (ehemals Blackwater) schwere Verluste beigebracht haben und die Firma den Abzug ihrer Kämpfer beschloß, haben die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) nun die Konkurrenzfirma DynCorp angeheuert, um die Blackwater-Kämpfer zu ersetzen. Die VAE sind Teil einer von Saudi-Arabien geführten Allianz, welche den gestürzten Machthaber Abed Rabbo Mansur Hadi wieder an die Macht bringen will.



Montag, 7. März 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Afrikanische Union gegen eine Militärintervention in Libyen
7.3.2016. Sowohl das libysche Nachbarland Tunesien, als auch die Afrikanische Union (AU) haben sich gegen eine Militärintervention der NATO in Libyen ausgesprochen, doch es bleibt fraglich, ob diese Linie durchgehalten werden kann. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union ist aktuell Idriss Déby, der seit 1990 regierende Präsident der Republik Tschad, welcher sich derzeit kurz vor den Wahlen mit einer sich ausbreitenden Protestbewegung gegen seine Regierung konfrontiert sieht und es wäre durchaus möglich, daß der Westen – obwohl Déby ein wichtiger Verbündeter beim Kampf gegen islamistische Terrorgruppen ist – diese Proteste unterstützt, um den tschadischen Präsidenten unter Druck zu setzen und zum Einlenken in der Interventionsfrage zu zwingen.




Niger: Präsident Issoufou muß in Stichwahl
4.3.2016. Der „sozialistische“ Präsident der Republik Niger hat bei der Präsidentschaftswahl 48,56% der Stimmen bekommen und wird daher in einer Stichwahl gegen den panafrikanischen Oppositionsführer und Ex-Premier Hama Amadou antreten, der mit 17,83% den zweiten Platz belegte. Auf Platz 3 folgt Seyni Oumaou (11,32%) von der früheren Regierungspartei MNSD (Nationale Bewegung für die Entwicklungsgesellschaft), auf Platz 4 der sozialdemokratische Ex-Präsident (1993-96) Mahamane Ousmane (6,14%), dann kommt der Newcomer Ibrahim Yacouba (5,23%) von der neu im Parlament vertretenen Nigrischen Patriotischen Bewegung – unter den insgesamt 15 Kandidaten waren auch die Ex-Premiers Amadou Cheiffou (1,73%) und Amadou Cissé (1,35%).
Im Libyen-Krieg 2011 verhielt sich der Niger unter dem frischgebackenen Präsidenten Issoufou relativ neutral, obwohl Frankreich großen Einfluß in dem Land besitzt. Zeitweilig gewährte es Saadi al-Ghaddafi, einem Sohn des libyschen Revolutionsführers Asyl, beugte sich dann aber dem Druck des neuen Regimes in Tripolis und lieferte ihn aus.


Freitag, 4. März 2016



Libyen im Februar

Was geschah… eine unvollständige Auflistung

Februar 2016
01.02.    Die Afrikanische Union (AU) warnt vor einer militärischen Intervention in Libyen. Stattdessen sollten wieder Friedensgespräche aufgenommen werden. Der AU-Kommissar für Frieden und Sicherheit, Smail Chergui, sagte: „Das [der IS] ist etwas, das uns alle betrifft und das ein energisches Eingreifen erfordert. Dies ist aber nur möglich, wenn es eine Regierung in Libyen und libysche Streitkräfte gibt, die wir ausstatten können.“ Die AU ist der Meinung, militärische Aktionen „würden die Situation weiter verkomplizieren.“

01.02.    Der Koordinator für Humanitäre Hilfe in Libyen, Ali al-Zatari, sagt: „Dies ist eine Krise, die es nicht geben sollte.“ Er plädiert an die Medien, die humanitäre Krise in Libyen im Bewusstsein der Öffentlichkeit wach zu halten, denn er befürchtet, dass die durch den Konflikt betroffenen Menschen weiteren Leiden ausgesetzt sein werden, da es aktuell an sinnvoller Unterstützung fehlt. Es werden etwa 166 Mio. US-$ benötigt, um von den tatsächlich betroffenen 2,4 Millionen wenigstens 1,3 Millionen am dringlichsten betroffene Menschen versorgen zu können. Trotz dringender Appelle sind bisher nur 2,1 Mio. US-$ an Hilfsgeldern eingegangen, nur zwei Geber haben Zahlungen geleistet.
Die internationale Gemeinschaft unterstütze augenblicklich die im Entstehen begriffene Einheitsregierung durch die Finanzierung von Projekten, die viele Millionen kosten. Humanitäre Hilfe träte dabei auffallend in den Hintergrund, was Elend und menschliches Leid verursache. Libyen brauche im Moment internationale Hilfe.
Libyen war unter Gaddafi das reichste Land Afrikas mit einer beispielhaften sozialen Versorgung seiner Bevölkerung. Unglaublich, dass Libyen nun auf finanzielle Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist, um die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen.

01.02.    Für die gestrige Bombardierung von Pipelines im Osten und Westen von Sirte, die einen Brand verursachten, wird der IS verantwortlich gemacht. Die getroffenen Ölleitungen führen zum 75 km entfernten Umschlagterminal in Zuetina (nördlich von Aidabija).

01.02.    Laut der englischen „Times“ sollen tausend britische Soldaten nach Libyen geschickt werden, um gegen den IS zu kämpfen. Die britische Regierung und das Pentagon führten Gespräche mit den libyschen Verantwortlichen, um deren Zustimmung zu erhalten.
Es wird erwartet, dass sich der britische Oppositionsführer Jeremy Corbin gegen eine Intervention in Libyen aussprechen wird.

01.02.    Verschiedene Teilnehmer des libyschen Dialogs sprechen sich gegen die einseitige Abänderung des Abkommens zur Einsetzung einer Einheitsregierung durch das Tobruk-Parlament aus, bei der die Zahl der Minister reduziert werden soll.

02.02.    Bei einem Gegenangriff des IS auf die umkämpfte Pepsi-Fabrik in Bouatni kamen drei libysche Militärs und drei Zivilisten ums Leben, 22 Menschen wurden verwundet. Die libysche Luftwaffe antwortete darauf mit Luftschlägen auf IS-Stellungen. Die Kämpfe in Bouatni halten an.

02.02.    Heute fand in Rom das Treffen von 23 Außenministern statt, die sich in einer Koalition zum Kampf gegen den IS zusammengefunden haben. Dabei scheint es zu einem Gesinnungswandel gekommen zu sein: Der britische Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten, Philip Hammond, bestritt, dass die Briten geplant hätten, Kampftruppen nach Libyen zu entsenden, sondern nur „strategische und geheimdienstliche“ Unterstützung leisten wollen. Allerdings benötigten auch Ausbildungs- und Beratungsmilitärs den Schutz von Kampftruppen. Jede internationale Einheit stelle einen Magneten für dschihadistische Gruppen in Libyen dar.
Auch der Vorschlag von der italienischen Verteidigungsministerin Roberta Pinotti fand keine Erwähnung mehr, nach dem die Internationale Gemeinschaft in einem sogenannten „Notfall“ handeln könne.
Stattdessen betonten sowohl John Kerry als auch der Italiener Paolo Gentiloni sowie die anderen Außenminister die Notwendigkeit der Bildung einer Einheitsregierung. Auch der französische Außenminister Laurent Fabius dementierte Berichte, wonach Frankreich einen Militäreinsatz in Libyen plane.
Mehr finanzielle und humanitäre Hilfe sei dringend notwendig, um die völlig zerstörten und mittlerweile zurückeroberten Städte wieder aufbauen zu können. (Die Städte wurden größtenteils 2011 von der Nato in Grund und Boden bombardiert, wie zum Beispiel die Gaddafi-treuen Städte Bani Walid und Sirte.)
Frank-Walter Steinmeier gab an, 25 Prozent der in Libyen an den IS verlorenen Gebiete sei zwischenzeitlich zurückerobert worden.
In Kürze soll ein Bericht veröffentlicht werden, der die Fehler auflistet, die nach dem Sturz Gaddafis gemacht wurden und der für die beteiligten Mächte vernichtend ausfallen soll.
04.02.  Die letzten Minuten im Leben in Muammar al-Gaddafi hat Sputnik News jetzt ins Internet gestellt: http://de.sputniknews.com/videos/20160204/307599758/gaddafi-tod-video.html
Am 27. Juni 2011 hatte der Internationale Strafgerichtshof während des Bürgerkrieges in Libyen einen Haftbefehl gegen den libyschen Machthaber Gaddafi beantragt. Dem Revolutionsführer wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Am 20. Oktober 2011 wurde Gaddafi nahe seiner Geburtsstadt Sirte zusammen mit seinem Sohn Mutasim-Billah gefangengenommen und die beiden wehrlosen Gefangenen ohne Gerichtsprozess auf bestialische Weise ermordet. (Entgegen der Angaben bei Sputniknews wurde Gaddafi nicht erschossen, sondern gepfählt. Auch dieses Video kursiert auf Youtube.)
Gaddafi wurde an einem geheimen Ort in der Wüste zusammen mit seinem Sohn begraben.
04.02.  Pro-Gaddafi-Unterstützer protestieren auf der Buchmesse in Kairo gegen die Vorgänge in Libyen und gegen ihren Ausschluss aus der libyschen Politik. In Ägypten leben viele nach dem Sturz Gaddafis geflohene Exil-Libyer, für die weiterhin einzig die von Gaddafi angeführte September-Revolution von 1969 als echte Revolution gilt. Die sogenannte „Revolution“ vom Februar 2011 wird als Verrat betrachtet.
Anhänger der Dschamahirija versuchen unter Führung von Gaddafi al-Dam, einem Cousin Muammar al-Gaddafis, Einfluss auf die Verhandlungen um die fragwürdige „nationale Einheitsregierung“ zu nehmen, die der Westen zu installieren versucht.
04.02.  Eine Einheit der Libyschen Nationalarmee, die in den südöstlichen Kufra-Oasen stationiert ist, hat im Norden Kufras eine aus dem Sudan kommende islamistische Miliz aufgerieben.
04.02.  Algerien hat 18 Tonnen Medikamente und medizinische Geräte in die südlibyschen Städte Ghat und Ubari gesandt.
04.02.  Libyen verliert sein Stimmrecht bei der UN-Generalversammlung, weil es seine Beiträge nicht bezahlt hat.
Dass es seine Beiträge nicht bezahlt hat, ist eine Sache, eine andere Sache ist es, dass es keinen anerkannten libyschen UN-Botschafter mehr gibt.
06.02.  Laut der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist die EU zu einem Libyen-Einsatz bereit.
06.02.  Eine Sperranlage aus Sandwällen und Wassergräben an der Grenze zwischen Tunesien und Libyen ist fertiggestellt. Sie erstreckt sich von Ras Adir an der Mittelmeerküste bis nach Dhiba weiter südwestlich. Damit ist aber nur etwa die Hälfte der 450 Kilometer langen Grenze gegen Fahrzeuge geschützt. Später soll die Grenze auch mit elektronischen Überwachungssystemen gesichert werden, die mit Hilfe Deutschlands und der USA installiert werden. Deutsche und amerikanische Militärs sollen die tunesische Armee bei der Bedienung schulen.

Tunesien stellt wohl das größte Kontingent an dschihadistischen Kämpfern in Libyen. Ihre Rückkehr nach Tunesien ist für das Land eine große Gefahr. Über die libysch-tunesische Grenze werden vor allem im Süden auch Waffen und Drogen geschmuggelt.
06.02.  Tunis: Der Chef des tunesischen Zentrums für globale Sicherheitsstudien sagt: „Armee und Sicherheitskräfte sind bereit zur Verteidigung der Grenzen.“ Und eine Zeitung titelt: „Es herrscht schon Kriegsstimmung“.
Allerdings sprechen sich die zuständigen tunesischen Stellen strikt gegen ausländische Militärinterventionen in Libyen aus. Auch der tunesische Präsident Essebsi hat vor jeder ausländischen Militärintervention in Libyen gewarnt.
06.02.  Die Kriegsvorbereitungen gegen Libyen laufen, das Nachbarland Tunesien wird gesichert: Zwar wird immer wieder die Existenz von Militärbasen im Süden Tunesiens dementiert. Aus informierten Kreisen verlautet aber, dass sich der Level der Sicherheits- und Logistikabstimmung zwischen Tunesien, USA, Deutschland und Frankreich im Süden Tunesiens wegen des internationalen „Antiterrorkriegs“ erhöht habe.
Zu dieser Nachricht passt, dass Mitarbeiter von „Ärzte der Welt/Belgien“ medizinische Ausbildungskurse für Ärzte und Pflegepersonal der örtlichen staatlichen Krankenhäuser in den im Süden Tunesiens gelegenen Städten Medenine und Tataouine zur Behandlung von Kriegsverletzten durchführen.
Eine militärische Intervention in Libyen würde zweifellos zu einer weiteren Destabilisierung der sowieso schon schwer angeschlagenen Nachbarstaaten führen. Wie schon 2011 würden viele Libyer vor den Bombardements flüchten – in die Nachbarstaaten und nach Europa. Daneben würden dschihadistische Kämpfer nach Tunesien ausweichen, in das Land, das eines der größten Kontingente an IS-Kämpfern stellt. Was nun, wenn sich der IS im bereits instabilen, krisengeschüttelten, wirtschaftlich in einer Abwärtsspirale befindlichen Tunesien einnistet? Wird dann als nächstes Tunesien bombardiert? Was wiederum Fluchtbewegungen der Tunesier – nach Europa, ins benachbarte Ausland – zur Folge hätte. Und was ist dann das nächste Land? Algerien? Ägypten? Marokko? Mali? Sudan? Niger? Diesen Krieg kann man wunderbar ausbreiten und die Region in immer größerem Ausmaß in Angst und Schrecken versetzen. Ein Effekt wäre, dass sich in den betroffenen Ländern wie Tunesien die wirtschaftliche Abwärtsspirale weiter beschleunigt, es noch mehr Arbeitslosigkeit gäbe, für arbeitslose junge Männer noch weniger Zukunftschancen bestünden. Für etliche von ihnen wären die guten Verdienstmöglichkeiten als Kämpfer für den IS ein Weg aus ihrer Verzweiflung.
siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/panik-in-tunesien
06.02.  Erst feierte ihn der Westen als Helden im Kampf gegen Muammar al-Gaddafi, dann stilisierte man ihn zum Staatsmann, heute ist er einer der führenden Köpfe des IS in Libyen: Abdelhakim Bel Hadsch. Der dschihadistische Hardliner Bel Hadsch führte einst al-Kaida, dann die gegen Gaddafi kämpfende Libyan Islamic Fighting Group (LIFG), bevor er der vom Westen hofierte Militärmachthaber von Tripolis wurde und ihn anschließend die westlichen Medien als honorigen Diplomaten wie Sauerbier der Öffentlichkeit anpriesen. Und dies, obwohl seine Unterstützung des IS schon lange bekannt war.
07.02.  In Tripolis wurde der Prozess gegen Saadi Gaddafi, einem Sohn Muammar al-Gaddafis, auf Antrag seiner Verteidigung auf den 13. März 2016 verschoben.
07.02.  Der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, hat das libysche Parlament aufgefordert, der Regierung der nationalen Einheit das Vertrauen auszusprechen.
07.02.  Bei einem Flugzeugangriff auf die Stadt Derna wurden vier Menschen getötet, davon sollen neben einer Mutter mit ihrem 10-jährigen Kind zwei der Opfer angeblich dem Derna-Schoura-Rat angehört haben, der den in der Region angesiedelten IS bekämpft.
Die libysche Luftwaffe in Bengasi hat die Verantwortung für den Luftangriff abgestritten. Es wird vermutet, dass ein ausländisches Militärflugzeug für die Bombardierung verantwortlich war. Der Angriff sollte wohl gegen den IS gerichtet sein, bei dem ausgewählten Ziel war jedoch klar, dass auch Zivilisten betroffen sein würden.
Alle politisch Verantwortlichen in Libyen verurteilten den Luftangriff auf Zivilisten.
07.02.  Wider Kämpfe in Bengasi. Etwa 16 Raketen wurden auf einen nordöstlichen Bezirk Bengasis abgefeuert. Es wird vermutet, dass das nahegelegene Elektrizitätswerk getroffen werden sollte.
08.02.  Die in Derna operierende dschihadistische Ansar al-Sharia-Miliz behauptet, heute eine MiG-23 der libyschen Luftwaffe abgeschossen zu haben. Die libysche Luftwaffe gab zwar den Verlust einer MiG-23 zu, behauptete aber, dies beruhe auf einen technischen Defekt. Der Pilot habe überlebt und sei wohlauf. Die MiG hätte in der Stadt Einsätze gegen Positionen des IS geflogen.
10.02.  Vivalibya empört sich über die Bemühungen des islamistischen GNC (General National Congress) in Tripolis, die ungesetzliche Auslieferung von Hannibal Gaddafi aus dem Libanon mit libyschen Geldern zu erkaufen.
08.02.  Le-Monde-Diplomatique resümiert in einem zusammenfassenden Artikel über die Nicht-Einsetzung einer Einheitsregierung in Libyen: „Jede ausländische Einmischung, die eine Mehrheit der libyschen Bevölkerung ablehnt, würde eine Regierung der nationalen Einheit von vornherein diskreditieren und den Wiederaufbau des libyschen Staats dauerhaft behindern. […] Es ist dennoch wenig wahrscheinlich, dass die politischen und militärischen Entscheidungsträger im Westen all dies berücksichtigen. Für sie scheint der Beginn des nächsten Kriegs in Libyen nur noch eine Frage von Wochen zu sein.“
http://monde-diplomatique.de/artikel/!5274955
Man darf gespannt sein, wie ein neuerlicher Krieg in Libyen völkerrechtlich begründet werden wird, wenn keine Aufforderung dazu durch eine libysche Einheitsregierung erfolgt.
08.02.  Der amerikanische Präsident Barack Obama trifft sich mit dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella in Washington und gibt anschließend bekannt: „Wir sind dabei, einen Militärstützpunkt in Libyen als Zentrum für die Bekämpfung der IS-Terroristen zu errichten.“
10.02.  Ein Stadtratsmitglied von Ain Zara und sein Mitarbeiter wurden von unbekannten Bewaffneten entführt.
11.02.  Ashraf Alsoiei, Mitglied des Hohen Rates der Libyschen Stämme und Städte, rief in einer Pressekonferenz in Tunis dazu auf, Druck auszuüben, um einen Militärschlag gegen Libyen zu verhindern. Die Libyer würden bei der Rettung und dem Schutz Libyens vor Verbrechen, wie sie in der Vergangenheit dem Land angetan wurden, auf die Mithilfe Tunesien ebenso zählen wie auf die aller befreundeten Staaten. Alsoiei fügte hinzu, dass eine mögliche neue Militärintervention das Leiden der Libyer und die schreckliche Not der Bevölkerung noch vergrößern würde. Deshalb benötige Libyen die Hilfe von Tunesien und allen anderen befreundeten Staaten, um die libysche Bevölkerung davor zu schützen.
Es müsse auch ein allgemeines Amnestiegesetz verabschiedet werden, dass die Freilassung aller Gefangenen beinhaltet. Weiterhin werden in den Gefängnissen Verbrechen begangen, auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Vergewaltigung, Vertreibung, Folter und Mord.

Die Organisation der Pressekonferenz hatte das Brahman Mohammed Center für Frieden und Solidarität in Kooperation mit dem Hohen Rat der Libyschen Stämme und Städte, der Vereinigung der Libyschen Gefangenen und Vermissten sowie dem Arbeitstreffen für Libyen in Zusammenarbeit mit tunesischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen übernommen.
11.02.  Vivalibya.wordpress weist auf den Exodus der Bevölkerung in der vom IS beherrschten Stadt Sirte hin.
13.02.  Die Familie des ermordeten Revolutionsführers Muammar Gaddafi wendet sich mit einer Erklärung an die internationale Gemeinschaft sowie an humanitäre und Menschenrechtsorganisationen und macht ihnen den Vorwurf, auf die illegale Gefangennahme von Hannibal Gaddafi im Libanon nicht zu reagieren. Hannibals Haft steht in Zusammenhang mit dem Verschwinden von Musa Sadr und seinen Begleitern im Jahr 1978. Doch könne Hannibal wohl keine Beteiligung an den damaligen Vorgängen vorgeworfen werden, da er zu diesem Zeitpunkt gerade zwei Jahre alt war. Hinter den falschen Anschuldigungen wird ein schmutziger Deal vermutet: Die Auslieferung Hannibal Gaddafis an ein Militärgefängnis in Tripolis soll dem Libanon 200 Millionen US-$ bringen. Geld das dem libyschen Volk gestohlen wird.
Die Familie Gaddafi appelliert an die syrische Regierung, dass sie ihrer Verpflichtung nachkommen und alles Notwendige veranlassen müsse, um eine sichere Rückkehr von Hannibal zu ermöglichen. Hannibal war ein offizieller Gast des syrischen Staates gewesen und stand unter dessen Schutz als er auf syrischem Gebiet entführt wurde.
Die Gaddafi-Familie hält die libanesische Regierung für die gesetzwidrige Entführung, Folterung und Gefangennahme von Hannibal verantwortlich und verurteilt die sektiererischen und politischen Motive, die dahinter stehen. Auch libanesische Beamte müssten sich an das Gesetz halten.
siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/das-mysterioese-verschwinden-des-imams-al-sadr
13.02.  Der Vorsitzende des Libyschen Ältestenrates für Aussöhnung, Scheich Mohammed al-Mubasher, entgeht nur knapp einem Mordversuch.
14.02.  Auf dem von General Hefter, dem Oberkommandierenden der libyschen Streitkräfte, kontrollierten Luftwaffenstützpunkt Benina sollen zwischenzeitlich 180 französische Soldaten stationiert worden sein.
14.02.  In einem Interview mit tagesschau.de behauptet der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, es ginge darum: „zum ersten Mal seit 40 Jahren wieder staatliche Strukturen herzustellen. Gaddafi hat uns die Illusion eines Staates vorgespielt. Es gab in den vergangenen 40 Jahren keinen funktionierenden Staat.“[1]

Diese unglaubliche Aussage ist mehr als dreist!
Zum völkerrechtlichen Staatsbegriff liest man bei Wikipedia: Staat bezeichnet „die mit ursprünglicher Herrschaftsmacht ausgerüstete Körperschaft eines sesshaften Volkes“. Das heißt also, der Staat hat ein abgegrenztes Hoheitsgebiet, ein Volk, und jemanden, der über dieses Gebiet und das darin sesshafte Volk die Macht ausübt.“ Unter Gaddafi hat also sehr wohl ein Staat bestanden, der diese drei Kriterien bestens erfüllte. Erst durch die Bombardierungen der NATO 2011 und die vorsätzliche Zerstörung sowohl der Infrastrukturen als auch aller Macht- und Sicherheitsstrukturen, Auflösung von Militär und Beamtenapparaten, hat sich die NATO, insbesondere die USA, Großbritannien und Frankreich schuldig gemacht, einen bestens funktionierenden, prosperierenden, reichen Staat zu zerstören, um ihn ins totale Chaos zu stürzen und zu einem failed state zu machen, in dem sich der IS und al-Kaida ausbreiten konnten. Gaddafi hatte 2011 während der Kämpfe angeboten, das Land zu verlassen, unter der Bedingung, dass die Sicherheitsstrukturen aufrechterhalten werden, um das Vordringen dschihadistischer Kräfte in Libyen zu verhindern. Die USA haben das unter dem Druck von Hillary Clinton abgelehnt! Gaddafi wusste genau, was nach seinem Sturz passieren würde, wie es die US-amerikanischen Geheimdienste auch wussten, und vor einem NATO-Krieg gegen Libyen warnten, während die Kriegstreiberin Hillary Clinton den Zusammenbruch Libyens billigend in Kauf nahm und auf einem regime-change bestand. Um das totale Scheitern dieser westlichen Politik zu beschönigen, behauptet nun ein Herr Kobler, es hätte keinen libyschen Staat gegeben! Was dazu wohl die Staatsrechtler sagen? Gaddafi war es gelungen, die Macht und Interessen zwischen den Stämmen und einzelnen Elementen des libyschen Staats auszubalancieren, der übrigens auch ein vorbildlicher Sozialstaat war, während sich heute das soziale Elend im Land immer mehr ausbreitet und die Hälfte der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist.
15.02.  Der libysche Präsidentschaftsrat, der im marokkanischen Skhirat tagt, legte eine überarbeitete Kabinettsliste vor, die nunmehr nur noch 13 Minister (anstatt ursprünglich 32) vorsieht. Auch diesmal stimmten zwei der neun Ratsmitglieder, die den Vorschlag erstellten, nicht zu und verweigerten die Unterschrift. Über diese Liste soll nun das Parlament in Tobruk bzw. die Machthaber in Tripolis abstimmen. Es ist mehr als fraglich, ob diesmal ein Konsens erreicht wird.
siehe auch meinen Blog: https://www.freitag.de/autoren/gela/die-libyschen-einheitsregierung-eine-farce
Ein Streitpunkt zwischen den beteiligten Parteien ist unter anderem die zukünftige Rolle von General Hefter, der nicht als Verteidigungsminister vorgesehen ist. Dies käme einer Entmachtung von Hefter gleich, die sich dieser nicht gefallen lassen will.
Ein anderer Hauptkritikpunkt an der Einheitsregierung ist ebenfalls nicht ausgeräumt: Große Stämme und ehemalige Gaddafi-Getreue werden nicht beteiligt, wer unter Gaddafi auch nur Postbeamter war, ist vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Weder die Tobruk-Regierung noch die Machthaber in Tripolis sind repräsentativ für das libysche Volk und beide kontrollieren jeweils nur bestimmte Landesteile. Die Einheitsregierung soll vor allem dazu dienen, eine Intervention des Auslands in Libyen zu ermöglichen, wobei so getan wird, als ob dies eine völkerrechtliche Grundlage für das militärische Vorgehen in einem fremden Land sei. Tatsächlich dürfte eine Intervention sowohl die Sicherheits- als auch die politische Lage nicht nur in Libyen, sondern auch in den Nachbarländern wie Tunesien weiterhin verschärfen.
Die Regierung in Tobruk sollte als alleinige Vertretung des libyschen Volkes anerkannt und das Waffenembargo aufgehoben werden, damit ein souveränes Libyen das IS-Problem selbständig lösen kann.
16.02.  Obwohl nur wenige Nachrichten aus Sirte herauskommen, machen doch Gerüchte über die Herkunft des Scharfschützen (der Scharfschützin?) von Sirte die Runde, der im Januar mindestens drei hochrangige IS-Angehörige gezielt erschossen hat. Die Bewohner von Sirte vermuten hinter dem Scharfschützen, den sie als „Daesh-Hunter“ (IS-Jäger) bezeichnen, entweder einen Schützen, der aus Sirte stammt, oder einen Angehörigen des US-Militärs. Wer immer er/sie auch sein mag, in Sirte wird er (sie) als Held gefeiert.
17.02.  WikiLeaks veröffentlicht einen vertraulichen Bericht des Konteradmirals der italienischen Marine und Kommandanten der EU-Militäroperationen Eunavor Med vom 29.1.2016, der die Militäroperationen beschreibt, mit denen die EU die Flüchtlingsströme nach Europa eindämmen will. Darin heißt es, dass in Libyen eine verlässliche Regierung, eine Regierung der Nationalen Einheit, installiert werden soll, die der Entsendung von Bodentruppen nach Libyen zustimmt und einer Invasion somit die Legitimation erteilt. Damit würden die Chancen erhöht, dass auch der US-Sicherheitsrat einer Invasion zustimmt. Schon zuvor soll die Marine-Aktion „Sophia“ auf libysche Hoheitsgewässer ausgedehnt werden.
https://twitter.com/wikileaks/status/699924127222730752/photo/1?ref_src=twsrc^tfw
17.02.  Schwarzer Tag für Libyen! Heute vor fünf Jahren begann ein Aufstand in Libyen, der das Land in den Abgrund führte. US- und NATO-Streitkräfte bombardierten das Land unter Missbrauch der UN-Resolution 1973, die zu einem Regime-Change umgebogen wurde.
Ein Interview mit einem Vetter Gaddafis, Ahmed Gaddafi al-Dam, auf rt.com zeigt, wo Libyen heute steht. Al-Dam weist nachdrücklich auf die zehntausende Häftlinge hin, die in den überfüllten libyschen Gefängnissen schmachten: „Libyen wird jeden Tag getötet. Es hat sich zu einer Metropole der Räuberei, des Diebstahls, der internationalen Mafia und des Extremismus entwickelt“. Er fordert von dem UN-Sicherheitsrat eine Untersuchung der Ereignisse in Libyen im Jahr 2011
und stellt die Fragen, warum die in den UN-Resolutionen festgelegten Befugnisse überschritten wurden, warum nach Libyen keine UN-Delegation zu einer objektiven Untersuchung entsandt wurde und warum die libyschen Streitkräfte vernichtet wurden. Er stellt fest, dass der Islam eine Religion des Friedens, der Gerechtigkeit und der Freiheit sei und verbiete Menschen zu töten. Er schließt mit den Worten: „Muammar al Gaddafi lebt im Herzen von Millionen von Menschen – Moslems, Arabern, Afrikanern – fort. Er ist weltweit ein Symbol für Größe und Würde.“
https://deutsch.rt.com/afrika/36847-al-gaddafis-vetter-im-interview

siehe auch meinen allerersten Blog-Beitrag vom 5. April 2011 mit dem Titel „Trauer um Libyen“: https://www.freitag.de/autoren/gela/trauer-um-libyen
17.02.  In London protestierende Libyer fordern Gerechtigkeit und die Freilassung des im Libanon inhaftierten Hannibal al-Gaddafi.
https://www.youtube.com/watch?v=tY7W6dF5qP0
17.02.  Kämpfe in Sebha zwischen Gaddafi-Anhängern und Milizen forderten drei Todesopfer auf Seiten der Gaddafi-Gegner.
17.02.  In einem Lager in Tripolis wurde eine Frau aus Tawerga von Milizen erschossen.
19.02.  US-Kampfflugzeuge flogen nachts mehrere Angriffe in Libyen. Der Angriff soll einem Ausbildungslager des IS in der Nähe der Stadt Sabratha gegolten haben. Sabratha liegt im Westen Libyens nahe der Grenze zu Tunesien. Es befindet sich dort eine der schönsten und beeindruckendsten antiken Ausgrabungsstätten der Welt, die unter dem Schutz der UNESCO steht.
Bei der Bombardierung eines Gebäudes nahe Sabratha wurden etwa 41 Menschen getötet, unter ihnen zwei Frauen und zwei westliche Geiseln. Bei den Geiseln handelt es sich um vom IS im November verschleppte Mitarbeiter der serbischen Botschaft. Für ihre Freilassung war vorher eine Lösegeldforderung in Höhe von 60 Millionen Euro eingegangen. Die Entführer sollen Schleuser gewesen sein, die eng mit IS-Dschihadisten zusammenarbeiten.

Unter den Toten von Sabratha soll sich laut dem US-Außenministerium auch der Tunesier Noureddine Chochane befinden, der für Terroranschläge in Tunesien verantwortlich gemacht wird.
Wenn die USA wussten, dass sich in dem Gebäude der Dschihadist Noureddine Chochane befand, wieso war ihnen dann nicht bekannt, dass dort auch serbische Geiseln gefangen gehalten wurden? Wurden diese zwei Serben einfach als Kollateralschäden in Kauf genommen? Oder war es vielleicht gar nicht so unbeabsichtigt, dass auch die beiden Serben den Tod fanden? Die beiden Getöteten sollen in Zusammenhang mit Waffengeschäften zwischen Libyen und Serbien stehen. Die libysche Regierung und Armee unterliegen noch immer einem Waffenembargo und General Hefter war mehrmals zu Besuchen in Belgrad.

Im Dezember letzten Jahres war der IS mit 30 Fahrzeugen, auf denen die schwarze Fahne gehisst war, in die Stadt Sabratha eingezogen, wobei der IS auf keinen nennenswerten Widerstand der lokalen Milizen stieß, die ebenso wie der örtliche Rat von Sabratha mit der Libya Fadschr (Libysche Morgendämmerung) verbunden sind, eine dschihadistische Miliz, die auch die Hauptstadt Tripolis kontrolliert. Zwar hat der IS zunächst in der Stadt Straßensperren errichtet, diese aber schon bald wieder aufgegeben, so dass unklar ist, ob überhaupt und wenn ja in welcher Stärke der IS innerhalb Sabratha noch existiert. Der Libya Fadschr und der IS taten sich bisher gegenseitig nicht wirklich weh, sondern es schien zwischen beiden eine gegenseitige Duldung gegeben zu haben, je nachdem, wie es gerade opportun erschien. Die momentane politische Stimmung erfordert es aber, dass sich die islamistischen Gruppierungen und Milizen stärker vom IS distanzieren, um nicht in den Sog des Kampfes gegen Dschihadisten hineingezogen zu werden.

Auf dem Blog „Politik im Spiegel“ findet sich ein Beitrag von Ron Paul aus Antikrieg.com. Paul weißt dabei darauf hin, dass die Obama-Administration in Libyen bombardierte, ohne vorher den Kongress zu informieren. Sie beruft sich dabei auf eine Ermächtigung aus dem Jahr 2001, die sich auf die Ermächtigung von militärischer Gewalt gegen al-Kaida als Vergeltung gegen 9/11 bezieht. Doch was haben Libyen und der IS mit 9/11 zu tun? Den IS gab es zu dieser Zeit überhaupt noch nicht.
Libyens Regierung hat sich energisch gegen die Bombenangriffe ausgesprochen. Sie weist darauf hin, dass diese Angriffe ohne eine Konsultation mit ihr ausgeführt worden sind. Deshalb hätte es sich um einen Verstoß gegen die Souveränität Libyens und gegen internationales Recht gehandelt. Ron Paul konstatiert, dass der Interventionismus der USA vollständig gescheitert ist. „Hunderttausende Menschen wurden in den letzten 15 Jahren getötet, Gesellschaften wurden zerbrochen, Wirtschaften wurden zerstört und Eigentum wurde niedergewalzt. Es gibt keine Erfolgsgeschichten. Der Plan der Neokonservativen, den Mittleren Osten neu zu errichten, hat nur die Zerstörung des Mittleren Ostens bewirkt.“[2]
20.02.  Die algerische Zeitung Al-Fajr meldet, dass der amerikanische Luftangriff gegen IS-Stellungen in Sabratha in Wirklichkeit dazu gedient habe, die tunesische Regierung umzustimmen, damit sie ihr Einverständnis zu einer westlichen Intervention in Libyen gibt, den Aufenthalt von Marins in Südtunesien erlaubt und den Luftraum für Angriffe auf Libyen öffnet. Britische Truppen sollen bereits in Tunesien stationiert sein.
21.02.  Es verbreitet sich immer mehr der Eindruck, dass Tunesier in Libyen grundsätzlich unerwünscht sind und unter Terrorgeneralverdacht stehen. Libya Fadschr (Morgendämmerung) und andere Milizen der international nicht anerkannten Machthaber von Tripolis sollen Jagd auf in Libyen lebende Tunesier machen, berichtet der tunesische „Le Quotidien“. In Achourouk und Zaouia werde mit der Ausweisung der dort lebenden Tunesier und ihrer Rückführung nach Tunesien begonnen.
22.02.  Im Osten Libyens konnten die libyschen Streitkräfte neben verschiedenen Regionen den strategisch wichtigen Hafen von Marisa einnehmen. Über den Hafen von Marisa erfolgte die Belieferung der dschihadistischen Kämpfer mit Waffen, deren Versorgungsweg sei nun komplett abgeschnitten. Ebenfalls konnte die 150 Kilometer von Bengasi entfernte Stadt Aidabija vom IS zurückerobert werden.
Wenn die libysche Armee erfolgreich gegen den IS vorgeht und immer mehr Gebiete wieder unter Kontrolle bekommt, sieht es schlecht aus für USA/GB/F/I, den Vorwand aufrechtzuerhalten, man müsse, um gegen den IS vorzugehen, in Libyen intervenieren.
23.02.  IS-Kämpfer stürmen die Stadt Sabratha und töten 16 Menschen, wohl ein Racheakt für die Bombardierung vor wenigen Tagen. Die örtliche Polizeistation konnte kurzfristig erobert werden, bevor sich der IS nach Kämpfen mit lokalen Milizen nach wenigen Stunden zurückzog. Fünf IS-Kämpfer fanden ebenfalls den Tod.
23.02.  Die Abstimmung über die Anerkennung der neu zu bildenden nationalen Einheitsregierung wurde im Parlament in Tobruk zum wiederholten Male verschoben. Unklar war, ob die für eine Abstimmung erforderliche Zahl anwesender Abgeordneter wieder nicht erreicht worden war oder ob aufgrund von Tumulten im Abgeordnetenhaus die Abstimmung abgesagt werden musste oder ob Abgeordnete zur Abstimmung gezwungen werden sollten. Nach dem Abbruch der Sitzung sollen 100 Abgeordnete eine „Petition“ unterschrieben haben, deren Inhalt und Intention unbekannt sind. Es heißt, EU-Politiker wollten diese „Petition“ nun ohne nochmalige Abstimmung zur Grundlage für die Einsetzung der „Einheitsregierung“ machen.
23.02.  Der UN-Koordinator für Humanitäre Hilfe in Libyen, Ali al-Za’tari, war zu Gesprächen mit einer Delegation der Arabischen Liga in Kairo. Er informierte über den Zusammenbruch des Gesundheitswesens in Libyen und sagte, die internationale Gemeinschaft müsse endlich die humanitäre Krise in Libyen zur Kenntnis nehmen. Die Situation dort würde sich immer mehr verschlechtern und könnte durch den Anstieg von Infektionskrankheiten globale Dimensionen annehmen. Die meisten Krankenhäuser in Bengasi haben aufgrund der instabilen Lage geschlossen.Wir schätzen, dass Ende März Libyen die lebensrettenden Medikamente ausgehen. Dies betrifft eine Million Menschen. Wenn keine Medikamente und medizinische Versorgung mehr ins Land kommen, wird es in Libyen ein echtes Problem geben“, so al-Za’tari.
24.02.  Libysche Streitkräfte konnten in Bengasi die Stadtteile Boatni und Lithi von Dschihadisten befreien. Damit ist die Stadt Bengasi wieder vollständig unter Kontrolle der Regierungstruppen. Dies wurde auch von Bewohner bestätigt.
General Hefter gab in einer Videobotschaft der Hoffnung auf einen „abschließenden Sieg im ganzen Land“ Ausdruck.
Hefter führt in verschiedenen Gegenden Ostlibyens eine Offensive gegen islamistische Milizen durch, wobei ihn französische Berater unterstützen sollen. Ebenfalls auf Seiten Hefters steht Ägypten, Waffen bezieht er auch von den VAE (Vereinigte Arabische Emirate). Die Rolle Hefters ist undurchsichtig, inwieweit sich der ehemalige (?) CIA-Mann auf eine Zusammenarbeit mit den USA stützt, ist umstritten.
24.02.  Die französische Tageszeitung Le Monde berichtet, dass mehrere westliche Staaten bereits einen geheimen Krieg in Libyen führen, an dem neben Spezialeinheiten der französischen Streitkräfte auch der Auslandsgeheimdienst DGSE beteiligt ist. Militäreinheiten sollen sich am Flughafen von Bengasi befinden. An diesem unerklärten Krieg sind auch die USA, Großbritannien und Italien beteiligt. Ein ehemaliger Offizier des DGSE beschrieb die Lage als sehr beunruhigend und meinte, die Informationen seien mit Absicht vom französischen Verteidigungsministerium durchgestochen worden, um den geheimen Krieg in einen offenen Krieg verwandeln zu können. Mit dem Einsatz von Spezialeinheiten in geheimen Operationen wird vermieden, ein offizielles Mandat für den Einsatz von regulären Kampftruppen zum Beispiel durch die Regierung Libyens oder die Vereinten Nationen erhalten zu müssen. Ohne ein solches Mandat handelt es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg!
Auffallend ist, wie westliche Medien versuchen, die Bedrohung durch den IS in Libyen hochzuspielen. Der IS muss als Rechtfertigung dienen, um endlich „boots on the ground“ setzen und Libyen und sein Öl militärisch kontrollieren zu können. Dabei benötigt das am Boden liegende Land, dessen Bevölkerung so sehr leidet, alles andere als neue Bomben. Was der 2011-Nato-Krieg in Libyen angerichtet hat, kann ja besichtigt werden. Nur eine politische Lösung kann die Lage in Libyen befrieden und der Bevölkerung Erleichterungen verschaffen.
25.02.  Nur wenige Stunden, nachdem der US-Kongress die Moslembruderschaft als Terrororganisation eingestuft hatte, trafen in Tunis libysche Moslembrüder den US-Botschafter.
25.02.  Endlich veröffentlichen auch westliche Zeitungen einen ausführlichen Bericht über Kriegsverbrechen in Libyen. Der britische Guardian und der österreichische Standard beziehen sich auf einen UN-Bericht, der Folterungen, Vergewaltigungen und die Exekution von Gefangenen dokumentiert und beklagt, dass diese Verbrechen nicht verfolgt würden.
Der Bericht beschäftigt sich ausführlich mit Vorfällen in den Jahren 2014 und 2015 und weist im Detail nach, wie die meisten bewaffneten Gruppen morden und vorher entführte Personen exekutieren. Schreckliche Folterungen seien weitverbreitet, dazu zählen Schläge mit Plastikkabeln, langes Aufhängen in schmerzhaften Stellungen, Tötung durch Stromschläge und Entzug von Nahrung. Etliche Gefangene seien zu Tode gefoltert worden.
Seit dem Sturz Gaddafis sei es zu tausenden willkürlichen Verhaftungen ohne Überprüfung eines Haftgrunds gekommen. Seit 2014 seien viele Richter und Staatsanwälte Opfer von Morden, Bombenangriffen, Überfällen und Entführungen geworden.
Daneben kommt es zu sexueller Gewalt gegen Frauen. So ist die Entführung einer Frau durch bewaffnete Milizen belegt, die anschließend unter Drogen gesetzt und wiederholt vergewaltigt wurde. Das Martyrium dauerte sechs Monate, bevor sie fliehen konnte. Die Frau sagte aus, außer ihr wären sechs junge Mädchen etwa im Alter von 11 Jahren festgehalten und von der gleichen Gruppe sexuell missbraucht worden.
Von bewaffneten Gruppen, insbesondere dem IS, werden in zunehmenden Maße auch Kinder rekrutiert. So berichteten Jungs im Alter von 10 und 14 Jahren, sie seien ihren Familien entrissen und in IS-Trainingslager gesteckt worden, wo sie an Waffen ausgebildet worden sind und wo ihnen Enthauptungsvideos gezeigt wurden.
Der Bericht beklagt vor allem, das niemand für diese Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen wird, da das libysche Justizsystem komplett zusammengebrochen sei, und fordert den UN-Sicherheitsrat dringend dazu auf, endlich Sanktionen gegen die Verantwortlichen zu verhängen.
25.02.  Spiegel-online beruft sich auf einen Bericht der Washington Post, nach dem die USA in dieser Woche einen neuen Drohnen-Stützpunkt in Betrieb genommen haben. Dieser Stützpunkt befindet sich auf Sizilien, bei Sigonella, und darf auf Druck der italienischen Regierung ausschließlich im Verteidigungsfall, d.h. wenn die US-amerikanischen Spezialkräfte in Libyen bedroht werden, von Sigonella aus Einsätze fliegen. Die USA sind auf der dringenden Suche nach weiteren Drohnen-Stützpunkten in Nordafrika, am liebsten direkt in Libyen, die ihnen bisher verweigert wurden.
Schon im Januar sagte der amerikanische General und Vorsitzende des US-Generalstabs Joseph Dunford, dass die USA gemeinsam mit Frankreich „entscheidende Militäraktionen“ in Libyen ausführen müssten, allerdings in Zusammenarbeit mit einer noch nicht existenten neuen „Einheitsregierung“. Französische Spezialeinheiten sind bereits seit einiger Zeit verdeckt im Osten Libyens im Einsatz, ebenso wie amerikanische Spezialkräfte, die „seit einiger Zeit in Libyen ein- und ausgehen“, um die lokalen Streitkräfte auszubilden, wie hochrangige US-Verteidigungsbeamte bestätigten.
Und gebombt wird auch schon. Ein erster Einsatz fand im November 2015, ein zweiter Mitte diesen Monats statt. Es wurde Sabratha bombardiert (siehe 19.2.), mehr als 40 Menschen starben, darunter zwei Frauen und zwei Serben, die von der IS als Geiseln festgehalten wurden. Dieser Einsatz wurde vom britischen Stützpunkt Lakenheath in Suffolk aus geflogen.

Die in Libyen angrenzenden Länder haben sich strikt gegen eine ausländische Militärintervention ausgesprochen, allen voran Tunesien, ebenso die Afrikanische Union (AU). Dies scheint noch keinen großen Eindruck auf die kriegslüsterne westliche Allianz gemacht zu haben, auch wenn die Dschihadisten bisher noch kein einziges libysches Ölfeld erobern konnten, seine Gebietsgewinne mickrig sind (nur Sirte und einige Ortschaften an der Küste konnten vom IS eingenommen werden), die libyschen Streitkräfte die meisten der Regionen im Osten, die Stadt Bengasi, den Hafen Marisa und Aidabija sowie zurückerobern konnten und der IS über keine Unterstützung durch die libysche Bevölkerung verfügt, handelt es sich doch bei den IS-Kämpfern in ihrer überwältigender Mehrheit um Ausländer. Bombardierungen mit weiteren unschuldigen Todesopfern und die Vertreibung der IS-Kämpfer aus Libyen könnten zur Stärkung des IS in den Anrainerstaaten Tunesien, Ägypten, Niger, Mali und anderen Sahelländern führen und diese destabilisieren. Trotzdem machen die USA in Libyen die nächste große Front gegen den IS auf. Irgendwie muss der Versuch ja gerechtfertigt werden, in Libyen „boots on the ground“ zu bekommen.
25.02.  Die Machthaber in Tripolis haben die Gefangennahme des IS-Anführers Mohammed Saad al-Tajuri und zwei seiner Kampfgefährten bekannt gegeben. Sie waren beteiligt an der stundenweisen Besetzung des Stadtzentrums von Sabratha.
Den islamistischen Kreisen in Tripolis liegt wohl daran, ihren Abstand zum IS unter Beweis zu stellen. Dabei ist weithin bekannt, dass der IS nicht nur weitgehend geduldet, sondern sogar von den islamistischen Kreisen in Tripolis unterstützt wurde.
27.02.  Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni bezeichnet in einem Interview der Zeitung „L’Unita“ eine militärische Lösung für Libyen anzustreben als großen Fehler. Für die Herstellung von Stabilität in Libyen gäbe es keine „militärische Kurzstrecke“.
27.02.  Der tunesische Ennahdha-Chef Channouchi spricht sich auf einer Pressekonferenz im tunesischen Sfax für eine Intervention Tunesiens in Libyen aus, um gegen den IS vorzugehen:  Ghannouchi: „Ich bin für eine Intervention Tunesiens in Libyen gegen den IS […] Und ich hätte mir gewünscht, dass tunesische Sicherheitskräfte anstelle der USA, statt in der Kasbah zu demonstrieren, den Angriff auf das IS-Camp in Sabratha durchgeführt hätten.“
Das ist an Zynismus kaum zu überbieten, wenn man weiß, wie eng die tunesische Ennahda-Partei mit dschihadistischen Kräften zusammenarbeitet.
 28.02. Unbekannte Flugzeuge haben in der Nähe von Bani Walid einen IS-Konvoy angegriffen. Es soll drei große Explosionen gegeben haben.
In den letzten Tagen sind 15 Fahrzeuge mit schwarzen IS-Fahnen im Südosten von Bani Walid gesichtet worden. Dabei könnte es sich um Fahrzeuge gehandelt haben, die die Gegend um Sabratha verlassen haben, um sich nach Bani Walid abzusetzen oder aber, diese Kampfgruppe kam aus Sirte, um einen Angriff auf Bani Walid vorzubereiten.
29.02.  In London gibt Großbritanniens Verteidigungsminister Michael Fallon bekannt, dass britische Truppen der 4. Infanterie-Brigade nach Tunesien geschickt werden sollen, um Tunesien zu helfen, Menschen von einem illegalen Grenzübertritt aus Libyen abzuhalten. 
29.02.  Die amerikanische Publizistin Diana Johnstone hat ein Buch mit dem Titel „Queen of Chaos“ veröffentlicht, das auf Deutsch im Frankfurter Westend Verlag erschienen ist. Das Buch ist eine Abrechnung mit der Politik Hillary Clintons und widmet ein ganzes Kapitel Clintons Rolle im Libyen-Krieg. Unter anderem beschreibt Johnstone das Vorgehen des Generalsekretärs der Libyschen Liga für Menschenrechte Siman Bouchuiguir während einer Versammlung prowestlicher NGOs am 21. Februar 2011 in Genf, wo er Gaddafi wissentlich falsch massiver Gräuel gegen die libysche Bevölkerung bezichtigte. Später erklärte Bochuiguir ganz unverfroren, für seine Behauptungen hätte es nie Beweise gegeben. Doch wurden diese Behauptung die Grundlage für die von der UN eingesetzte Flugverbotszone und die späteren Bombardierungen Libyens, die zum von Hillary Clintons gewünschten Regimechange in Libyen führten, dessen katastrophale Folgen bis heute zu besichtigen sind. Clinton drückte den NATO-Libyen-Krieg gegen die Vorbehalte von Verteidigungsminister Robert Gates und den Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs, Michael G. Mullen durch. Weiter belegt das Buch, wie Clinton Vermittlungsversuche zum Beispiel von der Afrikanischen Liga und alle Friedensangebote von Gaddafi selbst hintertrieb und so endlich „Hillarys Krieg“ beginnen konnte
Ein Vorabdruck dieses Kapitels findet sich unter: www.jungewelt.de/2016/02-29/053.php



Quellen: info.arte.tv – german.irib.it – theguardian.com – derstandard.at – faz.net – de.sputniknews.com – deutsch.rt.com – süddeutsche zeitung – spiegel.de – heise.de – tagesschau.de – zdf.heute – n.tv.de – politik-im-spiegel.de – jungewelt.de – welt-im-blick.de – libyaherald.com – jamahiriyanewsagency.wordpress.com –   libyaobserver.ly – vivalibya.wordpress.com– en.libyachannel.com – thedailyshepple.com – ibtimes.co.uk – und andere