Gaddafi ist tot. Es lebe
Gaddafi!
Zwei Verlautbarungen zum 5. Todestag des libyschen Revolutionsführers
Gaddaf al-Dam, der Cousin von
Muammar al-Gaddafi, meldete sich in einem Interview ei RT zu Wort. Er beschuldigte den Westen des Mordes an
Muammar al-Gaddafi und forderte eine Untersuchung über die damaligen
Begleitumstände. Als Motiv des Westens nannte er die geplante Einführung eines
Golddinars als Alternative zum US-Dollar sowie den Gaddafi-Plan, die Einheit
der afrikanischen Staaten voranzubringen und die Kolonialmächte aus Afrika zu
vertreiben.
Gegen Libyen seien 50.000 Luftangriffe geflogen worden. In dem Krieg
seien 30.000 Libyer getötet worden.
Gaddafi habe die Herzen der Libyer, aber auch von vielen anderen Menschen
auf der ganzen Welt gewonnen.
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JamahiriyaNewsAgency
veröffentlichte ein Statement von Mustafa al-Elzaidi
(Libyan Popular National Movement LPNM), der auf RT über die seine Situation
und die Situation Libyen berichtet. Besonders beklagt er, dass sich immer noch
ein Drittel der libyschen Bevölkerung, etwa zwei Millionen Menschen, im Exil
aufhalten und dass die Todesumstände von Revolutionsführer Gaddafi nie
aufgeklärt wurden.
Al-Elzaidi: Am
20. Oktober 2011 wurde ein Verbrechen begangen, weil durch die NATO-Aggression
unser Revolutionsführer Gaddafi, dessen Sohn Mutasim und Verteidigungsminister
Generalmajor Abu Bakr Junis Dschaber zusammen mit vielen anderen Menschen
kaltblütig in Sirte ermordet worden sind. Nachdem ausländische Kräfte Tripolis
am 20.8.2011 zu Fall gebracht hatten, musste ich Ende September Libyen
verlassen, zunächst emigrierte ich nach Algerien, dann nach Ägypten, später
noch an andere Orte. Zu dieser Zeit wurden viele Menschen getötet, gefangen
genommen und gefoltert. Viele andere mussten so wie ich aus dem Land fliehen,
da unmittelbar auf den Fall von Tripolis ein großes Chaos folgte. Es gab kein
System mehr, nichts mehr, nur noch Terroristen, die alles kontrollierten und
mordeten. Drei, vier meiner Kameraden wurden gefangen genommen und anschließend
ermordet.
Wie jeder im Fernsehen sehen konnte, wurde auch Gaddafi lebend gefangen
genommen, und dann von katarischen oder französischen Kräften, da ist man nicht
ganz sicher, aber es gab eine ausländische Beteiligung an der Ermordung
Gaddafis und an der von Bruder Mutasim [Sohn Gaddafis, Oberstleutnant in der
libyschen Armee], ermordet. Was am 20. Oktober 2011 geschehen ist, war ein
echtes Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wir appellieren an alle fortschrittlichen
Länder und professionellen Organisationen eine Untersuchung der damaligen
Geschehnisse zu fordern. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde ein Anführer
während einer Invasion getötet und anschließend wurde nicht einmal der Versuch
unternommen, dies zu untersuchen. Wir beschuldigen Frankreich und die USA, dort
persönlich Hillary Clinton, sowie die Regierung von Katar, für diese Handlungen
verantwortlich zu sein.
Die Armee ist inzwischen im Osten Libyens auf dem Vormarsch und befreit
ihn gerade von Terroristen. Viele Menschen kehren bereits in das östliche
Libyen zurück, ich bleibe allerdings noch im Exil. Seit 2011 sind mehr als
zwei Millionen Libyer ins Exil gegangen. Darüber wird nicht gesprochen. Das ist
ein Drittel der Bevölkerung, das sich im Exil befindet! Davon sind eine Million
in Ägypten, 800.000 verteilen sich auf Tunesien, Marokko, Algerien, Jordanien,
Tschad und Niger. Einer davon bin ich.
Die kapitalistischen westlichen Medien vermittelten von Gaddafi ein Bild
als Diktator, der Menschen tötete und die Menschenrechte missachtete.
Tatsächlich aber war Gaddafi der Revolutionsführer eines progressiven Landes.
Er baute ein Libyen auf, das aus der Kolonialzeit kam. Die Italiener hatten
Libyen kolonialisiert. Sie verübten Massaker. Wir waren nur zehn Jahre
unabhängig gewesen, die Kontrolle in dieser Zeit hatten die Amerikaner und
Briten mit ihren Militärbasen, die wichtigsten Städte wie Tripolis und Bengasi
kontrollierten die Italiener. Sie besetzten auch alles fruchtbare Land und die
wirtschaftlich wichtigen Einrichtungen.
Um das Land von der westlichen Herrschaft zu befreien und wahre
Demokratie einzuführen, führte Gaddafi 1969 eine Revolution an. Basis- bzw.
direkte Demokratie, die Herrschaft des Volkes, die Grüne Ideologie, der Ruf
nach einer neuen Art von Demokratie, die dem Menschen helfen sollte, am
politischen Prozess teilzunehmen. Und was passierte? Man nannte Gaddafi einen
Diktator! Warum dauerte es wohl so lange, bis die westlichen Alliierten
Gaddafi stürzen konnten? Acht Monate lang wurde Libyen bombardiert! Was ist die
Stärke von Gaddafi? Seine Stärke war immer das Volk. Die Libyer sind wirklich
für die Ideologie von Gaddafi, sie unterstützen sie und sie kämpften für sie.
Gaddafi hat nicht für sich selbst gekämpft. Das ist nicht wahr, das ist
westliche Propaganda. Er kämpfte für sein Land, für die Unabhängigkeit seines
Landes. Es gab nie einen echten Aufstand in Libyen. Es waren terroristische
Gruppierungen, die die USA geschaffen hatten. Die USA hatten einen Plan für den
Nahen Osten und für Nordafrika. Jeder weiß das. Es begann im Irak, Syrien,
Libyen, Tunesien, Ägypten, überall. Libyen war kein Einzelfall.
Was passierte? Es gab organisierte terroristische Gruppierungen, die von
den westlichen Ländern in Afghanistan und anderswo ausgebildet worden waren,
und die in Libyen eingeschleust wurden, um einen „Aufstand“ anzuzetteln. Schon
in den ersten zehn Tagen [am 26. Februar 2011] wurde die UN-Resolution 1970
[Wirtschaftssanktionen, Waffenembargo, Einfrierung von Bankkonten,
Reiseverbote] beschlossen, die Libyen ein Totalembargo auferlegte und die
komplette Einfrierung aller libyschen Guthaben vorsah. Nur einen Monat später
[am 17. März] kam es zur UN-Resolution 1973, die eine Militärintervention
erlaubte. Was war passiert? Bereits vor der Resolution hatte die französische
Armee Bengasi und andere Orte bombardiert. Heute sehen wir das Ergebnis dieser
Propaganda. Wäre es ein echter Aufstand gewesen, bei dem das Volk einen Diktator
losgeworden wäre, gäbe es heute einen demokratischen Staat.
Gaddafi kämpfte 2011 genau gegen das, was heute aus Libyen geworden ist.
Heute ist Libyen ein gespaltenes Land, das von terroristischen Gruppierungen
gehalten wird. Und jeder weiß das. Die westliche Politik ist dabei, den Nahen
Osten und das, was wir die arabischen Länder nennen, wegen Israel in ein Chaos
zu stürzen. [Sie denken] Israel wird erfolgreicher sein, wenn in den arabischen
Ländern Chaos herrscht. Ich glaube aber, dass das nicht stimmt.
Die westlichen Länder sind politisch, moralisch und von der Legalität her
verantwortlich für das, was in Libyen passiert. Mrs. Clinton kam nach Libyen,
Mr. Sarkozy und Mr. Cameron waren hier oft zu Besuch. Sie kontrollierten, was
2011 in Libyen passiert ist. Und sie sind dafür verantwortlich, was in Libyen
seither passiert.
Was ist heute in Libyen los, in ganz Nahost? In Libyen spielt sich heute
eine komplette humanitäre Katastrophe ab. Es werden keine Gehälter gezahlt, es
gibt keine Elektrizität, keine Medikamente. Es gibt nichts. Libyen war eines
der reichsten Länder der Region und jetzt müssen die Menschen fast hungern.
Darin besteht die humanitäre, moralische und legislative Verantwortung der
westlichen Länder. Sie versuchen, durch terroristische Gruppen das Land in
einen Hinterhalt zu locken. Alles, was über diese Regierungen gesagt wird, ist
Unsinn, Dekoration. Es gibt keine echte Regierung in Libyen. Drei Regierungen?
Was in Libyen wirklich passiert, das ist, das jede Stadt in Libyen von einer
Terrorgruppe oder von regionalen Milizen kontrolliert wird, auch Tripolis.
Vor zwei Tagen ist in Tripolis Folgendes passiert: Khalifa Gweil, der ein
Premierminister von ich weiß nicht was war, hat einen Coup gegen Mr. Sarradsch
ausgeführt, der ein von Mr. Léon und Mr. Kobler kreierter Premierminister war.
Die tatsächliche Macht haben aber Milizen, die den Großteil von Tripolis
kontrollieren.
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Daneben gibt es noch ein
Gespräch der amerikanischen Journalistin Susan Lindauer mit Mohamed Fatah, eine
libysche Aktivistin. Es geht dabei
unter anderem um die Rolle von Hillary Clinton im Libyen-Krieg und deren
Unterstützung für die Moslembrüder. Gerade Clinton, die sich als Feministin
und Vorkämpferin für Frauenrechte aufspielt, habe den Frauen in Libyen alle
Rechte genommen. Unter Gaddafi konnten Frauen abends ausgehen, in Clubs oder
auf Partys. Heute müssten sie Angst haben, vergewaltigt oder entführt zu
werden. Sie mussten kein Kopftuchtragen und es war ihnen sogar möglich, in
kurzen Shorts auf die Straße zu gehen. Heute gebe es wieder erzwungene
Frühehen, während unter Gaddafi Frauen erst ab 18 Jahren heiraten durften und
nicht zur Ehe gezwungen werden durften. Selbstverständlich war es ihnen
erlaubt, Auto zu fahren, sie hatten eigene Häuser und Kreditkarten besessen.
Sie waren dem Mann gleichgestellt und sie waren gleichbezahlt. Ihnen standen
alle Jobs offen, etliche Frauen waren in hohen Positionen, viele arbeiteten als
Ärztinnen, Rechtsanwältinnen und Ingenieurinnen. Die Kinder blieben nach der
Scheidung bei der Mutter, solange diese sich nicht anderweitig wieder
verheiratete. Als die Islamisten 2011 an die Macht kamen, war das erste Gesetz,
das sie am 1. Tag verabschiedeten, die Aufhebung der frauenfreundlichen
Scheidungsgesetze. Millionen Frauen hätten ihre Rechte wegen Hillary Clinton
verloren.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs erfährt der Hörer einige interessante
Details, so zum Beispiel, dass Gaddafi im Vorwahlkampf für das Präsidentenamt
der USA 2008 Obama finanziell unterstützte, nicht aber Clinton oder ihre
Stiftung.
Fatah rechnet es Gaddafi als Fehler an, dass die Menschen in Libyen vor
2011 nicht darüber informiert worden waren, dass al-Kaida im Land war und
welche Gefahr sie darstellte. So seien sie von deren Existenz 2011 total
überrascht worden.
Das Gespräch dreht sich auch um die bekannten Gründe, warum der Westen
Gaddafi stürzte: wegen seines Plans zur Einführung des Golddinars, seines
Einsatzes für ein starkes Afrika, die großen Öl- und Wasservorkommen in Libyen.
Interessant: Die Bombardements auf Libyen begannen noch im Februar 2011, im
März 2011 wären die Verträge mit den ausländischen Ölfirmen ausgelaufen.
Die westlichen Journalisten, die sich während des Kriegs
und danach in Libyen aufhielten, müssten als Kriegsverbrecher bezeichnet
werden. Sie hätten sich geweigert, die Gräueltaten der sogenannten ‚Rebellen‘
zur Kenntnis zu nehmen und zu dokumentieren.
Fatah sagte, die USA würden in Sirte den IS nicht nur nicht bekämpfen,
sondern ihm sogar helfen.
In dem Gespräch geht es natürlich auch noch um den amerikanischen
Wahlkampf, um die Lage in Europa und um die Berichterstattung in den westlichen
Medien.
Angelika Gutsche, 24.10.2016