Donnerstag, 28. Januar 2021

Kurznachrichten Libyen – 26.01.2021

Libyen. Kein Abzug ausländischer Militärs/Söldner – neue Fristsetzung / Breite Ablehnung des Libysch-Politischen Dialogs (LPDF) / Innenminster Bashagha des Nepotismus beschuldigt

Angelika Gutsche |

+ 24.01.: 5+5-Militärkommission/Frist verstrichen: Kein Abzug ausländischer Söldner und Militärs. Die gesetzte Frist zum Verlassen Libyens bis zum 23. Januar ist verstrichen und alle syrischen Söldner und türkischen Militärs sind, wenig überraschend, weiterhin im Land. Während des letzten Treffens der 5+5-Militärkommission betonte LNA-Brigadegeneral al-Mahdschub die Notwendigkeit, weiterhin alle Bestimmungen des Genfer Waffenstillstandsabkommens umzusetzen und alle Söldner und ausländischen Kämpfer aus dem Land zu entfernen. Allerdings werde der Zeitrahmen verlängert. Laut Mahdschub müssten „alle Söldner und ausländischen Kämpfer aus dem gesamten libyschen Territorium, zu Lande, in der Luft und zur See, innerhalb eines Zeitraums von maximal drei Monaten ab heute“ ausreisen. Für das Scheitern der Umsetzung einiger Abmachungen des Abkommens machte Mahdschub die Türkei verantwortlich. Die ‚Einheitsregierung‘ sie nicht daran interessiert ihre Söldner auszuweisen, bevor sie nicht ihre politischen Interessen durchgesetzt habe.
https://libyareview.com/9782/lna-says-turkeys-interference-is-weakening-geneva-ceasefire/
Genauso wie diese Fristsetzung sinnlos war, wird auch der Wahltermin am 24.12.2021 ohne die Abhaltung von Wahlen verstreichen.

+ 24.01.: LPDF/Neue ‚Interimsregierung‘/Kritik. Ramadan at-Tuwaidscher vom Komitee zur Ausarbeitung der Verfassung fordert die UNSMIL und das LPDF auf, keine neue ‚Interimsregierung‘ zu bilden, da diese nur dazu beitragen wird „ein neues Kapitel der Spaltung und Fragmentierung zu schaffen, das den Interessen der in Libyen involvierten ausländischen Nationen dient.“ Direkte Präsidentschafts- und Parlamentswahlen seien der beste Weg, um die Stabilität und Souveränität Libyens zu sichern. Tuwaidscher befürchtet, dass die neue ‚Übergangsregierung‘ nach den nur wenigen Monaten bis zum Dezember 2021 nicht wieder auf das Amt verzichten, sondern mindestens vier Jahre im Amt bleiben wird. „Deshalb rufe ich alle Kandidaten auf, ihre Kandidaturen zurückzuziehen und auf Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu drängen“.
https://libyareview.com/9803/libyas-constitution-drafting-committee-member-calls-for-elections/
Bei keiner der für die neue ‚Interimsregierung‘ vorgeschlagenen Personen wird nachgefragt, inwieweit sie in Menschenrechtsverletzungen involviert waren oder der Korruption beschuldigt sind oder sie sich sonstiger krimineller Vergehen schuldig gemacht haben. Alles kein Problem, Hauptsache sie sichern die Machtansprüche einer bestimmten Klientel.
Tatsächlich scheint das LPDF schon in seinen Ansätzen gescheitert, so wie es das Skhirat-Abkommen war. Es scheint mit den Verhandlungen nur Zeit gewonnen zu sein, damit sich die Kriegsparteien militärisch stabilisieren und für einen eventuellen erneuten Waffengang vorbereiten können. Die Libyer haben allerdings vor weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen die Nase voll und wünschen sich für ihr Land Einheit und Frieden. Doch darum geht es weder der UNSMIL noch den Europäern und anderen ausländischen Akteuren, deren Anliegen es ausschließlich ist, ihren Einfluss und ihr Standing mithilfe eines korrupten politischen Kuhhandels hinter verschlossenen Türen auszubauen.
Dies bedeutet, dass weiterhin nicht nur Libyen, sondern die ganze Sahelzone destabilisiert bleibt, dass es keine Lösung des Migrantenproblems geben wird, dass sich in Libyen dschihadistische syrische Söldner breit machen, dass die Streitigkeiten der Mittelmeeranrainer um Wirtschaftszonen weiter eskalieren und dass Libyen weiterhin von ausländischen Playern beherrscht wird. Nicht zu vergessen, dass jetzt in den USA wieder die gleichen Kräfte und Personen an der Macht sind, die 2011 das Desaster des Nato-Krieges gegen Libyen in Szene gesetzt haben.

+ 24.01.: Neue ‚Interimsregierung‘/Postenschacher. Der Oberste Justizrat Libyens prangerte die „Politik der Regionalquoten“ an, die bei Wahlen zu wichtigen Institutionen angewandt werden soll. Der Justizrat werde dies im Justizbereich nicht zulassen. Regionalquoten seien dort nicht hinnehmbar, denn die Justizbehörden seien die einzigen Institutionen, die gewählt und einheitlich sind und alle Libyer repräsentieren. Das regionale Quotensystem (Kyrenaika, Fessan, Tripolitanien) sei ein eklatanter Verstoß gegen die Unabhängigkeit und Einheitlichkeit der Justiz im Osten, Westen und Süden des Landes.
Hintergrund: Im marokkanischen Bouznika tagt eine Arbeitsgruppe bestehend aus Mitgliedern des libyschen Parlaments und des Hohen Staatsrats, um strategische Posten bis zum 2. Februar zu besetzen. Das neue Exekutivorgan (Interimsregierung) soll bereits nächste Woche in Genf gewählt werden.
https://libyareview.com/9806/libyas-supreme-judicial-council-denounces-violations-on-judicial-independence/

+ 24.01.: Neue ‚Interimsregierung‘/Moslembruderschaft/Bashagha. Die Partei der libyschen Moslembruderschaft, Partei für Gerechtigkeit und Aufbau (JCP), hat ihre Unterstützung für die Kandidatur des Innenministers und Gegenspielers von as-Sarradsch innerhalb der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Bashagha, zur Führung einer neuen Interimsregierung in der Nachfolge der ‚Einheitsregierung‘ bekannt gegeben. Die Wahl der Mitglieder dieser sogenannten ‚Interimsregierung‘ soll vom Libyan Political Dialogue Forum (LPDF) mit ihren 72 von Stefanie Williams (UNSMIL) handverlesenen Mitgliedern durchgeführt werden. Mit dem durch Hilfe der UN eventuell an die Macht gepushten Bashagha versucht die islamistische JCP ein Zipfelchen Macht zu sichern, denn die Moslembrüder als solche haben bei der libyschen Bevölkerung keinerlei Chance.
Die neue ‚Interimsregierung‘ soll bis zu den versprochenen Wahlen im Dezember im Amt bleiben.
https://almarsad.co/en/2021/01/24/muslim-brotherhoods-justice-and-construction-party-supports-bashagha-to-lead-lpdfs-new-interim-government/
Mit der nun eindeutigen Zuschreibung von Bashagha zur Partei der Moslembruderschaft könnten sie Bashagha einen Bärendienst erwiesen haben, so unbeliebt diese Partei in Libyen ist.
Ansonsten bleibt alles beim Alten: Eine von der UN eingesetzte Regierung ohne jede Legitimation mit eventuell ausgetauschtem Führungspersonal – oder auch dem gleichen.

+ 26.01.: Nepotismus/Vetternwirtschaft/Bashagha. Fathi Bashagha, Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, hat ohne eine offene Ausschreibung Aufträge im Wert von mehreren Millionen LD an die Firma seines Sohnes vergeben. So habe Bashagha das Innenministerium der ‚Einheitsregierung‘ angewiesen, die Firma seines Sohnes, Al-Faiah Holding Co., mit dem Import von Polizeiuniformen aus der Türkei im Wert von 33 Millionen LD zu beauftragen.
Bereits am 18.01. wurde in den Kurznachrichten über die Geschäftsbeziehungen von Fathi Bashaghas Sohn mit dem Hyundai-Konzern berichtet.
https://libyareview.com/9846/leaked-documents-reveal-gna-interior-ministers-corruption/
https://almarsad.co/en/2021/01/26/documents-bashagha-grants-contracts-close-to-a-quarter-of-a-billion-lyd-to-al-faiah-holding-company/

+ 23.01.: Amazigh/Verfassungskomitee. Der Oberste Berberrat (Amazigh) lehnt die Ergebnisse des Verfassungskomitees kategorisch ab, da sie einen Akt von rassistischer Aggression gegen die Berber darstellten. Das Verfassungskomitee besteht aus Mitgliedern des Staatsrats (Tripolis) und des Parlaments (Tobruk) und tagt in Kairo.
https://almarsad.co/en/2021/01/21/amazigh-supreme-council-of-libya-we-reject-constitutional-committees-outcomes-and-consider-it-a-racist-act-against-us/

+ 23.01.: Baio/Verfassungskomitee. Der Leiter der Libyan Media Corporation (LMC), Mohamed Baio, rief das libysche Volk dazu auf, diejenigen, die um die Macht kämpfen, daran zu hindern, die Verfassung zu politischen Zwecken zu missbrauchen.
https://libyareview.com/9777/head-of-libyan-media-corporation-says-constitution-should-not-become-a-political-tool/

+ 23.01.: Tarhuna/Terror: Nur wenige Tage nach dem Besuch von Fathi Bashagha, dem Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, brennen in Tarhuna Häuser. Gezielt werden Häuser von Anhängern der LNA in Brand gesetzt und zerstört.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1353246936535605249
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1353028815358988289

+ 24.01.: Tarhuna/Libysche Stämme. Der Oberste Rat der libyschen Stämme verurteilte in einer Erklärung die Morde, Brandstiftungen, Vertreibungen und das Chaos in der Stadt Tarhuna. Der Rat machte für das „vorsätzliche Versagen“ beim Schutz von Zivilisten die ‚Einheitsregierung‘ verantwortlich. Daneben seien auch „die Vereinten Nationen, der Sicherheitsrat und die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) rechtlich und moralisch für das, was dem libyschen Volk widerfährt, verantwortlich“. Die internationalen Einmischungen hätten Libyen „in ein Land verwandelt, das von Chaos, Mord, Vertreibung und Armut erfüllt ist“. Die Stämme wurden aufgefordert, die soziale Aussöhnung umzusetzen und jene zu stoppen, die versuchten, „Zwietracht unter dem libyschen Volk zu säen“.
https://libyareview.com/9815/supreme-council-of-libyan-tribes-condemns-tarhuna-violence/

+ 26.01.: Misrata/Zawija/Straßensperren. Misrata-Milizen sperrten die Schnellstraße zwischen Misrata und Zliten mit Sandwällen. Es wird ebenfalls von Straßensperren durch Milizen in der westlich von Tripolis gelegenen Ortschaft Zawiya berichtet.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1354045843989540864
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1354064246913589249

+ 24.01.: Söldner. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) zieht die Türkei derzeit eine Gruppe von hauptsächlich syrischen Söldnern aus Libyen ab, während gleichzeitig eine neue Gruppe nach Libyen entsendet wird. Die Gruppengrößen betragen zwischen 100 und 250 Kämpfern.
https://libyareview.com/9784/turkish-backed-syrian-mercenaries-still-present-in-libya/

+ 23.01.: Drohende Hungeraufstände. Der Direktor der Libya's Flour Milling and Animal Feed Company warnte vor einer akuten Mehlknappheit. Er machte dafür politische Fehler verantwortlich, denn es sei versäumt worden, strategische Mehlvorräte anzulegen. Der Mehlpreis sei von 130 LD auf 250 LD pro Doppelzentner gestiegen und bewege sich weiterhin nach oben. Bereits letzte Woche seien wegen der Preissteigerungen alle Bäckereien in Tripolis von der Bäckerunion geschlossen worden. Wegen des Anstiegs der Brotpreise werden Hungeraufstände befürchtet.
https://libyareview.com/9772/libya-warns-of-flour-shortage/

+ 23.01.: Gefangene. Wie die libysche Organisation Solidarität mit Menschenrechten (SHR) mitteilte, ist eine Gruppe weiblicher Häftlinge im Mitiga-Gefängnis von Tripolis in den Hungerstreik getreten, um gegen ihre seit Jahren andauernde Einkerkerung ohne Gerichtsverfahren zu protestieren. Die Staatsanwaltschaft müsse endlich intervenieren. SHR kritisierte, dass sich keine internationale oder Menschenrechtsorganisation um das Schicksal dieser Häftlinge kümmere, obwohl sich geschätzt derzeit insgesamt 36.000 Menschen, darunter Frauen und Kinder, in den Gefängnissen von Tripolis befinden. Sogar der UNSMIL sei der Besuch in den Gefängnissen untersagt worden.
Nach Aussagen von weiblichen Gefangenen gibt es keine weiblichen Wärterinnen, so dass die Frauen häufig Belästigungen und sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind. SHR forderte die ‚Einheitsregierung‘ und den Generalstaatsanwalt auf, sich endlich für die Vorkommnisse in diesem Gefängnis verantwortlich zu zeigen.
https://libyareview.com/9767/serious-violations-against-detained-libyan-women-in-tripoli/

+ 22.01.: Sabrata/Milizen. Die Stadtverwaltung von Sabrata hat sich mit einem offenen Brief an den Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ Sarradsch, das Parlament, den Präsidialrat und die UNSMIL gewandt. Es heißt darin: „Wir haben uns auf den Aufbau eines Zivilstaates gefreut, aber seit die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ in unsere Stadt eingedrungen sind, hat sich die Sicherheit verschlechtert. Die Stadt und ihre Bewohner leiden unter der Kontrolle durch die Milizen.“
Es wurde auch auf die Entführung von Abu Sabi und seinem Bruder Mustafa durch Milizen der ‚Einheitsregierung‘ hingewiesen, „die ihr Haus überfallen und die Brüder an einen unbekannten Ort verschleppt haben“. Es wurde das Ende des Terrors und der Exzesse gefordert, die in der „Verantwortung des Innen- und des Verteidigungsministeriums der ‚Einheitsregierung’ liegen“.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1352765564146614272
https://libyareview.com/9780/sabratha-condemns-kidnapping-of-libyan-citizens-by-gna-armed-force/

+ 23.01.: Entführung. Zehn ägyptische Arbeiter sind in der ostlibyschen Stadt Tobruk entführt worden. Die Angreifer forderten ein Lösegeld im Austausch für ihre Freilassung. Unter den Entführten sollen sich auch Kinder befinden. Die ostlibyschen Behörden haben sich eingeschaltet.
https://libyareview.com/9775/ten-egyptians-kidnapped-in-eastern-libya/

+ 23.01.: Mord. In der Leichenhalle von Bengasi liegt der Leichnam des vermissten Milad Muhammad al-Haddad al-Werfalli. Die Leiche weist Kopfschüssen auf.
https://twitter.com/LibyanCW/status/1353006747955441664

+ 24.01.: Streik/Tobruk. Die Petroleum Facilities Guard (PFG) haben den Ölexport über den Hafen von Hariga das zweite Mal eingestellt, da die Gehälter der PFG-Angestellten trotz einer getroffenen Vereinbarung immer noch nicht ausbezahlt wurden.
https://libyareview.com/9793/libyas-petroleum-facilities-guard-suspends-oil-exports-at-the-port-of-hariga/
Es dürfte nicht nur um Gehälter, sondern um die aktuelle politische Gesamtsituation in Libyen gehen.

+ 25.01.: Unfallstatistik. Das Innenministerium der ‚Einheitsregierung‘ gab bekannt, dass zwischen Januar und November 2020 1.761 Todesopfer bei 4.131 Verkehrsunfällen zu beklagen waren. Weitere 1.743 Menschen wurden schwer verletzt und weitere 1.532 erlitten leichte Verletzungen. Damit hält Libyen einen Negativrekord bei der Anzahl tödlicher Verkehrsunfälle im Verhältnis zur Bevölkerungszahl.
https://libyareview.com/9825/libya-records-over-1700-traffic-accident-deaths-in-2020/

+ 23.01.: Einwohnerstatistik. Das statistische Landesamt in Libyen gab bekannt: Die Gesamtbevölkerung des Landes beläuft sich auf etwa 6,9 Millionen Menschen, davon entfallen auf die Hauptstadt Tripolis etwa 1,3 Mio. (18,6 %), auf Bengasi etwa 807.000 (11,6 %) und auf Sebha 153.000 (2,2 %). Mit etwa 28.000 Einwohner (0,4 %) hat die Gemeinde Ghat am wenigstens Einwohner.
https://libyareview.com/9752/libyan-population-reaches-6-9-million-in-2020/
Die Genauigkeit dieser Zahlen sei aufgrund der angespannten Sicherheitslage im Land dahingestellt.

+ 22.01.: Migration. 120 Migranten in einem überfüllten Schlauchboot wurden vor der libyschen Küste von der Ocean Viking an Bord genommen.
https://libyareview.com/9739/ngo-rescues-120-migrants-off-libyan-coast/

+ 22.01.: Werfalla-Stamm/LNA. LNA-Oberkommandant Khalifa Haftar traf sich in Bengasi mit einer Delegation des Ältestenrates des Werfalla-Stammes.
http://en.alwasat.ly/news/libya/308513

+ 24.01.: Tschad/’Einheitsregierung’. Der Verteidigungsminister der ‚Einheitsregierung‘ und Türkei-Verbündete Salah ad-Din an-Namroush reiste zu Gesprächen mit Präsident Idriss Deby in den Tschad. Es ging dabei um eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Sicherung der libysch-tschadischen Grenze.
https://libyareview.com/9790/libyas-minister-of-defence-discusses-military-cooperation-with-chads-president/
Seit dem Nato-Krieg 2011 und der Ermordung von Muammar al-Gaddafi ist Libyen ein failed state und eine Gefahr für die Nachbarstaaten.

+ 26.01.: Russland/Libyen. Der stellvertretende russische Außenminister Bogdanow: „Wir stehen mit allen in Kontakt, sowohl mit dem Westen als auch mit dem Osten des Landes, mit der ‚Einheitsregierung‘, dem libyschen Parlament, der Libyschen Nationalen Armee (LNA) und anderen Kräften, einschließlich der Unterstützer des ehemaligen Regimes. Deshalb handeln wir bei unseren Kontakten mit den libyschen Parteien mit völliger Transparenz.“
https://libyareview.com/9830/deputy-russian-fm-moscow-in-contact-with-all-libyan-parties/

+ 25.01.: Maas/Libyen. Den Kommentar eines Autorenteams ehemaliger NDR-Mitarbeiter zur deutschen Außenpolitik unter Maas sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Ein echter Maas packt eben alles: In Tripolis vermitteln, den Krieg in Syrien antreiben, Russland provozieren, bei US- und NATO-Aggressionen im Nahen und Mittleren Osten assistieren und in Ankara antichambrieren, weil die Türkei weiterhin als Bollwerk gegen syrische und afghanische Kriegsflüchtlinge dienen soll.“
Und speziell zu Libyen: „Bekanntlich hat sich Sultan Erdoğan im libyschen Bürgerkrieg auf Seiten des "international anerkannten" Präsidenten Fayiz as-Sarradsch engagiert. Mithilfe türkischer Söldner und umfangreicher Waffenlieferungen wurde der Siegeszug des von Russland, Frankreich und Ägypten unterstützten Generals Chalifa Haftar kurz vor der Hauptstadt Tripolis abgebremst. Die Fronten stehen, aber das Gemetzel geht weiter. Da fühlte sich Maas im Januar vorigen Jahres zum Vermittler von Weltrang berufen: >Libyen ist längst zu einem Ort für einen Stellvertreterkrieg geworden, und das wollen wir nicht länger akzeptieren. Deshalb haben wir den Berliner Prozess gestartet<. Drei Tage nach der diplomatischen Schaumschlägerei in Berlin wurde in Libyen wieder scharf geschossen. Und zwar auch mit aus Deutschland gelieferten Waffen. Maas hat einfach nicht das Format, um in einem multinationalen Krieg auch nur eine kurzfristige Waffenruhe zu vermitteln. Erst neun Monate später einigten sich die Kriegsgegner auf einen Waffenstillstand und freie Wahlen innerhalb von 18 Monaten. Einvernehmen gab es auch darüber, dass die Türkei ihr Militär und die Milizen abzieht. Stichtag dafür war der vorgestern verstrichene 23. Januar.
Der Verhandlungserfolg hatte viele Väter: Vermittler waren die UN, Algerien, Tunesien und Ägypten; parallele Verhandlungen zwischen der Türkei und Russland waren ebenfalls hilfreich. Nur Deutschland spielte nicht die große Rolle, die Außenministerium und Konrad-Adenauer-Stiftung der Öffentlichkeit weiszumachen versuchten. Maas wirkte eher kontraproduktiv: Er wolle die Beziehungen zur Türkei >nachhaltig in eine konstruktive, nach vorne gerichtete Entwicklung bringen<, tönte er vollmundig, reiste nach Ankara und feierte dort Brüderschaft mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu, dem Unterstützer des libyschen Regierungschefs as-Sarradsch.
Das passte zur beanspruchten Vermittlerrolle wie die Faust aufs Auge. Zwar soll unser Heiko seinem Kungelbruder Mevlüt Investitionen zugesagt haben, um sicherzustellen, dass die Türken ihre Söldnertruppen wirklich aus Libyen abziehen. Sein Gastgeber >bedankte< sich jedoch damit, dass er 75 Dschihadisten aus Libyen herausholte und durch 200 neue Söldner ersetzte. Den libyschen Bürgerkriegsgeneral Haftar und dessen Unterstützer Frankreich dürfte Maas' >konstruktiver Beitrag< denn auch sehr beeindruckt haben.“
https://de.rt.com/meinung/112240-fahigste-aussenminister-welt-schone-maas-tagesschau/

+ 22.01.: Nato/Türkei/Libyen. Nato-Generalsekretär Stoltenberg diskutierte mit dem türkischen Außenminister Çavuşoğlu über Libyen und die Lage im östlichen Mittelmeer. Stoltenberg bekräftigte, dass sich die Allianz weiterhin in der Pflicht sehe, Libyen bei der Verteidigung und beim Aufbau von Sicherheitsinstitutionen zu unterstützen.
https://libyareview.com/9764/nato-chief-discusses-libya-with-turkeys-foreign-minister/
Nein, bitte nicht!

+ 25.01.: USA/MENA-Politik. Befragung des neuen US-Außenministers Blinken durch Senator Paul: Der neue US-Außenminister Blinken hat wiederholt militärische Interventionen im Mittleren Osten befürwortet, vom Irakkrieg zum libyschen Krieg bis zum Krieg gegen Syrien. „Die Befragung des neuen US-Außenministers Blinken durch Senator Paul zeigt die Rücksichtslosigkeit und Borniertheit, mit denen neue und leidvolle Kriegsgefahren heraufbeschworen werden.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=69123

26.01.2021

 

 

Neuerliche Lockerbie-Anklage der USA haltlos

Libyen. Was bezwecken die USA mit neuerlicher Lockerbie-Anklage?

Angelika Gutsche |

Wie bereits berichtet, erhob US-Generalstaatsanwalt William Barr Anklage gegen den Libyer Abu Agila Mohammad Masud wegen Terrorismusverdachts. Masud wird nach mehr als dreißig Jahren beschuldigt, die Bombe gebaut zu haben, mit der über Lockerbie eine Boeing 747 am 21.12.1988 zum Absturz gebracht wurde. 270 Menschen fanden dabei den Tod. Mohammed Masud ist seit 2011 in Tripolis inhaftiert. Ihm wird der Vorwurf gemacht, zur Dschamahirija-Regierung und Gaddafi „loyal“ gewesen zu sein.

Die schottische Zeitung The National äußert den Verdacht, dass die jetzige US-Anklage gegen Masud in Zusammenhang mit der Berufungsverhandlung der Familie Megrahi steht, bei der ein posthumer Freispruch zu erwarten ist. Die neuerliche Anklage eines Libyers könne der Versuch sein, das Appelationsgericht in Schottland zu beeinflussen, das gerade den Fall des wegen Beteiligung am Lockerbie-Anschlag zu lebenslanger Haft verurteilten und inzwischen verstorbenen Libyers Abdelbaser Ali Mohmed al-Megrahi verhandelt, dessen Familie die Unschuld Megrahis durch neue Beweise bestätigt sieht.

Laut The National wurde Masud bereits 1991 von einem gewissen Abdul Majid Giaka als möglicher Lockerbie-Verdächtiger dem FBI gemeldet. Giaka sei „allerdings ein bezahlter CIA-Informant gewesen, der beim Lockerbie-Bombenprozess in Camp Zeist in den Niederlanden aussagte ... Die Richter (es gab keine Jury) machten deutlich, dass sie ihn weder für glaubwürdig noch für zuverlässig hielten.“

War es der Iran?

Für die Vermutung, dass der Iran mit Hilfe einer palästinischen Gruppe hinter dem Lockerbie-Anschlag stand, gibt es bedeutsame Hinweise. Es könnte sich bei dem Bombenattentat um Rache für den Abschuss eines iranischen Verkehrsflugzeugs durch ein US-Kriegsschiff im Juli 1988 gehandelt haben, bei dem 290 Passagiere den Tod fanden. Dies geht auch aus Dokumenten hervor, die 2014 Al-Jazira zugespielt worden waren.

Indirekt hat sich 2020 der iranische Präsident Hassan Rohani auf einem Tweet, der auf die Ermordung von General Qassem Soleimani durch die USA Bezug nahm, zu dem Lockerbie-Attentat bekannt und Rache für Soleimani angedroht: „Diejenigen, die sich auf die Zahl 52 beziehen, sollten sich auch an die Zahl 290 erinnern. #IR655. Bedroht niemals die iranische Nation.“ 290 ist die Zahl der beim Abschuss des Iranian-Airways-Fluges IR655 im Juli 1988 getöteten Passagiere. Der Tweet liest sich als Anspielung auf den Abschuss der iranischen Passagiermaschine und eine darauf erfolgte Racheaktion. Der Schluss liegt nahe, dass damit der Abschuss der PanAm-Maschine über der Ortschaft Lockerbie gemeint ist.

Weitere Forderungen an Libyen?

Auch ein anderes auffälliges zeitliches Zusammentreffen mit der US-Anklageerhebung gegen Masud macht hellhörig, nämlich die britische Entscheidung, die Zwangsverwaltung der in Großbritannien eingefrorenen libyschen Vermögenswerte der Libyan Investment Authority (LIA) in Milliardenhöhe aufzuheben. Es stellt sich die Frage, ob dieses libysche Vermögen von den USA beschlagnahmt werden könnte, nachdem das Lockerbie-Attentat auf schottischem Boden stattfand. Auf AlMarsad veröffentlichte Dokumente zeigen allerdings eindeutig, dass das libysch-amerikanische Abkommen zur Beilegung von Ansprüchen, das am 14. August 2008 zwischen Libyen und den USA in Tripolis unterzeichnet wurde, alle weiteren Forderungen ausschließt.

Das Abkommen zwischen den USA und Libyen vom 14. August 2008

Der US-Kongress verabschiedete im August 2008 das Gesetz Nr. 110-301, in dessen Artikel Nr. 4 festgelegt ist, dass libysches Eigentum und betroffene Personen vor Beschlagnahmung oder anderen gerichtlichen Verfahren geschützt sind. Der designierte Präsident Joe Biden war damals Mitglied des Kongresses, der dieses Gesetz einbrachte. In einem Exklusiv-Interview mit AlMarsad sagte Mohammed Ismail, der Assistent von Saif al-Islam Gaddafi und Mitglied des Folgekomitees des Abkommens: „Die Lockerbie-Entschädigungsakte wurde nach der Unterzeichnung eines Abkommens zur Begleichung aller Ansprüche und Forderungen zwischen den USA und Libyen am 14. August 2008 endgültig geschlossen.“ Die damaligen Verhandlungen wurden von libyscher Seite aus von Saif al-Islam Gaddafi eingeleitet.

Laut dem Vertragstext wurde ein Opferentschädigungsfonds gegründet, in den Libyen 1,5 Milliarden US-$ für die Opfer des Lockerbie-Anschlags einzahlte und die USA 300 Millionen US-$ für die libyschen Opfer des Bombenangriffs, den die USA 1986 auf Libyen flogen. Insgesamt befanden sich in dem Fonds also 1,8 Milliarden US-$. Der rechtskräftig geschlossene Vertrag sieht vor, dass es keine weiteren Ansprüche mehr gibt, alle anhängigen Klagen dauerhaft beendet und zukünftige Klagen ausgeschlossen werden.

Ismail: „Ich sollte erwähnen, dass nach der Unterzeichnung des Dekrets der ehemalige Präsident George Bush am 16. November 2008 Oberst Muammar Gaddafi anrief und damit den Beginn der Normalisierung der vollen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern einläutete. Daraufhin wurde ein US-Botschafter in Tripolis ernannt."

Shukri Ghanem, libyscher Premierminister in den Jahren 2003 bis 2006, sagte in mindestens zwei Radio- und Fernsehinterviews, dass Libyen für den Flugzeugabsturz nicht verantwortlich gewesen sei und die Abfindung nur deshalb gezahlt habe, „um Frieden zu erlangen und vorwärts zu kommen.“ Auch Gaddafis Sohn, Saif al-Islam, äußerte sich zwanzig Jahre später zu den Bekenntnissen: „Wir haben dem UN-Sicherheitsrat in einem Brief geschrieben, dass wir verantwortlich sind für das Handeln unserer Leute. Das heißt aber nicht, dass wir es auch waren… Ich gebe zu, wir haben mit Worten getrixt. Das mussten wir auch. Das ging nicht anders.“

https://almarsad.co/en/2020/12/23/us-justice-department-charges-libyan-bombmaker-over-1988-lockerbie-explosion/

https://almarsad.co/en/2020/12/25/exclusive-key-document-and-witness-reveal-that-the-us-cannot-claim-further-compensation-over-lockerbie/

https://www.freitag.de/autoren/gela/lockerbie-usa-erneut-anklage-gegen-libyer

27.12.2020

 

 

Kurznachrichten Libyen – 21.01.2021

Libyen. Topmilitärs der ‚Einheitsregierung‘ bei Explosion getötet / Libyenpolitik verkommt endgültig zur Farce / Militärischer Rückzug der Türkei illusorisch

Angelika Gutsche |

+ 20.01.: Bei der Explosion eines Munitionslagers in der Marineakademie von Tripolis wurden der Kommandeur der Marineakademie, Brigadegeneral Ahmed Ayoub, und der Kommandeur der Marineschule, Brigadegeneral Salem Abu Saleh, zwei hochrangige Militärkommandeure der ‚Einheitsregierung‘, getötet. Aufgrund der Explosion brachen große Brände im benachbarten Tawerga-Flüchtlingslager aus. Die Explosion ereignete sich wenige Stunden nach dem Besuch des Stabschefs der ‚Einheitsregierung‘, Mohamed al-Haddad.
Insgesamt wurden drei Menschen getötet und vier verletzt. Eine Ursache für die Explosion wurde nicht bekanntgegeben.
https://libyareview.com/9688/two-senior-gna-military-commanders-killed-in-tripoli-explosion/

+ Fotos von der Zerstörung: https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1351961638883254281

+ 18.01.: Sarradsch/Milizen. Der Premierminister der ‚Einheitsregierung', Sarradsch hat einen neuen Sicherheitsapparat Stability Support Authority (SSA) geschaffen, der direkt dem Präsidialrat unterstellt ist und seinen Hauptsitz in Tripolis hat. Geleitet wird er von dem bekannt-berüchtigtem Milizenführer Abdelghani Bilgasim al-Kikli, alias Ghaneiwa, und dessen Stellvertretern Ayoub al-Amin Abu Ras, Hassan Muhammad Hassan Abu Zariba und Musa Abu al-Qassem Musa Masmus. Zu den zukünftigen Aufgaben des SSA gehören neben umfassenden Aufgaben zum Schutz der Sicherheit der Regierungsorgane im westlichen Libyen auch die Teilnahme an Kampfhandlungen sowie Auflösung von Kämpfen durch „bewaffnete Gesetzlose“, sprich Milizen, in Städten und Dörfern.
https://twitter.com/smmlibya/status/1351142257194389504
https://almarsad.co/en/2021/01/20/sarraj-forms-the-stabilization-support-authority-led-by-ghaniwa-to-consolidate-power/
Es geht das Gerücht, dass Sarradsch mit dem Aufbau dieses neuen Sicherheitsapparates eine Gegenregierung zu der von der LPDF neu zu wählenden ‚Regierung‘ schaffen könnte, um an der Macht zu bleiben. Mit der Wahl eines neuen Premierministers, den vermutlich der jetzige Innenminister Bashagha, Moslembruder und Intimfeind von Sarradsch, stellen würde, wäre Sarradsch seinen Posten und seinen Einfluss los. Es ist der Gipfel der Ironie, dass gerade der von der UN und der sogenannten ‚internationalen Gemeinschaft‘ eingesetzte Sarradsch nun die von der UN gemauschelte Einsetzung einer ‚neuen Übergangsregierung‘ hintertreibt. Bald könnte es zwei ‚Regierungen‘ in Tripolis geben, die jeweils nur die Durchsetzung ihrer Macht- und Geldinteressen, aber keineswegs das Wohl des Landes im Sinn haben.
Laut dem Libyschen Politischen Abkommen (Skhirat) müssen alle Milizen entwaffnet und aufgelöst werden. Das international anerkannte libysche Parlament hat sich an diese Auflage gehalten und eine reguläre Armee, die Libysche Nationalarmee, aufgestellt.

19.01.: Sarradsch/Milizen/Kritik. Der Parlamentsabgeordnete Ali at-Tekbali, kritisierte die Entscheidung von Sarradsch, ausgerechnet Abdel-Ghani Bilgasim al-Kikli (Ghaneiwa) zum Chef der neuen Sicherheitskräfte zu ernennen: „As-Sarradsch schließt sich Karzai (Afghanistan) und al-Maliki (Irak) an, indem er die Nation von innen heraus sabotiert und Schmuggler und Mörder zu den Wächtern der Sicherheit des Volkes ernennt“.
https://libyareview.com/9673/libyan-mp-criticises-alsarrajs-decision-to-appoint-militia-leader-as-head-of-security-force/

+ 19.01.: UNSMIL (United Nations Support Mission in Libya)/LPDF (Libysch-Politisches Dialogforum). Bei einer Abstimmung unter den 72 LPDF-Teilnehmern stimmten 73 Prozent für das vorgeschlagene Wahlprozedere zur Wahl eines neuen Exekutivorgans eben durch diese 72 LPDF-Teilnehmer. 19 Teilnehmer stimmten dagegen, zwei enthielten sich.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1351570357724045313
Das nun in Kraft getretene Wahlprozedere ist so kompliziert, dass hier nicht im Einzelnen darauf eingegangen werden kann und beinhaltet viele Fallstricke, die die jeweils unterlegene Partei ausnutzen kann, um die Abstimmung zum Scheitern zu bringen. Und nicht zu vergessen: Diese 72 LPDF-Teilenehmer wurden von der amtierenden UN-Sondergesandten Stephanie Williams handverlesen. Mit Demokratie haben all diese Abstimmung innerhalb eines kleinsten Politklüngels rein gar nichts zu tun.
Es wurde schon wiederholt starker zeitlicher Druck auf die in Libyen politisch Agierenden durch die UN und ihre Sondergesandten ausgeübt, nicht zuletzt unter Martin Kobler mit der Einsetzung einer ‚Einheitsregierung‘ und der Aushandlung des Skhirat-Abkommens (Libysch-Politisches Abkommen), der allerdings jeweils das Chaos in Libyen nur verschärfte.

+ 20.01.: UNSMIL/LPDF. Die Miliz Tripolis-Protection-Force (Tripolis-Verteidigungskräfte) lehnt den politischen UNSMIL-Dialog von Stephanie Williams ab. Das Abstimmungsprozedere und die Ergebnisse der Abstimmung werden nicht anerkannt.
https://libya.liveuamap.com/en/2021/19-january-tripoli-protection-force-we-reject-the-outputs

+ 18.01.: LPDF/WhatsApp. Auf Twitter wird mit Hohn und Spott auf die Ankündigung reagiert, via WhatsApp über die Zukunft Libyens abstimmen zu lassen. Es ist geplant, dass die Abstimmung im Libysch-Politischen Dialogforum (LPDF) über ein Prozedere zur Wahl der neuen Exekutive Libyens über WhatsApp erfolgt.
https://twitter.com/smmlibya/status/1351116129662619651

+ 19.01.: UNSMIL/LNA/Türkei. Während die UNSMIL sich angesichts ihrer ‚Fortschritte‘ selbst beweihräuchert, äußert der Sprecher der LNA Mismari seine Befürchtungen, dass die Türkei militärische Vorbereitungen zur Einnahme von Gebieten südlich von Sirte trifft. Außerdem würden weiterhin syrische Söldner nach Libyen verbracht, um sie zu bewaffnen und auszubilden. Zu den laufenden politischen Gesprächen sagte Mismari: „Wir hoffen, dass diese Fragen schnell im Interesse des libyschen Volkes abgeschlossen werden und nicht zugunsten einer bestimmten Gruppe. Wir verfolgen, was auf der politischen Schiene passiert. Wir wollen nicht, dass sich das, was in Skhirat passierte, wiederholt, insbesondere Artikel 8 des Abkommens (in Bezug auf die Bildung des Präsidialrates). Wir wollen eine echte Lösung, die dem libyschen Volk dient, die Krise löst und zu Sicherheit und Stabilität führt.“ Er befürchte, dass wieder manipuliert und die falschen Maßnahmen getroffen werden. Einige Mitglieder des LPDF würden Vertrauen genießen. Die LNA stehe einer gegnerischen Front gegenüber, die mit der Türkei und der Moslembruderschaft verbunden ist und keine Streitkräfte will. Doch die LNA könne das Land sichern und die Kontrolle durchsetzen.
https://libyareview.com/9659/libyan-army-spokesperson-we-welcome-all-political-solutions-to-solve-crisis/
Sollte die Türkei wie vermutet ihre Söldner und Militärs gegen den Willen des libyschen Volkes nicht abziehen, treten sie den libyschen Wunsch nach Souveränität mit Füßen und etablieren sich als reine Besatzungsmacht.

+ 18.01.: Bashagha/Milizen/LNA. In einem Video gibt Bashagha den Milizen in Tripolis die Schuld, dass die LNA versuchte, Tripolis einzunehmen. Er sagt: „Einer der Gründe für Haftars Angriff ist, dass diese bewaffneten Gruppen und Milizen oder eher Mafiosi, wie ich sie nenne, nicht wollen, dass die Regierung (‚Einheitsregierung‘) einen Staat errichtet. Aber wir können diese Situation nicht länger zulassen, denn sie hat uns einen Krieg eingebrockt. Einer der Gründe, warum Haftar uns angreift, ist, dass wir nicht das wahre Bild eines Staates wiedergeben. Deshalb haben einige Länder auf der Welt die ‚Einheitsregierung‘ aufgegeben, weil wir es nicht geschafft haben, diese bewaffneten Gruppen und diese Kriminellen zu bändigen, diese Kriminellen, die Waffen besitzen und sich ungebührlich in die Angelegenheiten des Staates einmischen.“
https://twitter.com/Avery1776/status/1351146919591112712
Mit dieser durchaus zutreffenden Aussage will sich Bashagha die Unterstützung der LNA bei der kommenden Abstimmung zur Exekutive sichern.

+ 18.01.: Bashagha/2011 Nato. Videoaufnahmen vom 20. Juni 2011 zeigen Fathi Bashagha, heute Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) als NATO-Verbindungsmann und Militärsprecher für die ‚Rebellen‘ in Misrata.
https://twitter.com/Avery1776/status/1304291579709009920
Daraus erklärt sich Bashaghas Beliebtheit bei den westlichen Mächten.

+ 21.01.: LNA/Italien. LNA-Oberbefehlshaber Khalifa Haftar empfängt im Hauptquartier des LNA-Generalkommandos in ar-Radschma eine italienische Regierungsdelegation unter Leitung des Chefs des italienischen Geheimdienstes, General Gennaro Vecchione. In den Gesprächen geht es um die Zusammenarbeit und die Stärkung der Beziehungen zwischen beiden Ländern.
https://almarsad.co/en/2021/01/21/photos-field-marshal-haftar-receives-italian-government-delegation-led-by-head-of-italian-intelligence-service/

+ 18.01.: Syrische Söldner. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) sind 95 syrische Söldner, die in Libyen stationiert waren, nach Syrien zurückgeschickt worden, dafür wurden 200 neue syrische Söldner nach Libyen verbracht.
https://libyareview.com/9649/sohr-new-batch-of-syrian-mercenaries-arrive-in-libya/

+ 20.01.: Söldner/UN. UN-Generalsekretär Guterres forderte, alle ausländischen Kämpfer und Söldner bis 23. Januar aus Libyen abzuziehen sowie die vollständige Einhaltung des UN-Waffenembargos. Er rief die ‚Einheitsregierung‘ und die LNA dazu auf, entschlossen eine dauerhafte politische Lösung zu suchen, wirtschaftliche Fragen zu klären und die humanitäre Situation zu verbessern.
Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte befinden sich noch etwa 8.000 Söldner in den von der ‚Einheitsregierung‘ kontrollierten Gebieten.
https://libyareview.com/9690/un-secretary-general-urges-mercenaries-to-withdraw-from-libya/
Schon allein angesichts der Verlängerung des militärischen Mandats in Libyen für weitere eineinhalb Jahre durch das türkische Parlament im Dezember scheint ein Rückzug der Türkei aus Libyen illusorisch. Die Türkei ist auch das einzige Land, das sich explizit gegen die Zurücknahme der militärischen Einmischung in Libyen ausgesprochen hat.

+ 18.01.: ‚Einheitsregierung‘/LibyanMediaCorporation. Laut dem Leiter der libyschen Verwaltungskontrollbehörde (Administrative Control Authority / ACA), Suleiman asch-Schanti verstieß der Beschluss des Präsidialrats der ‚Einheitsregierung‘ von 2020 bezüglich der Gründung der Libyan Media Corporation (LMC) und die Ernennung ihres Leiters Mohamed Bayu gegen das Libysche Politische Abkommen (Skhirat-Abkommen) und müsse deshalb als null und nichtig betrachtet werden.
https://libyareview.com/9647/gna-media-office-facing-legal-action/

+ 19.01.: Proteste. In der im Südosten gelegenen Oase Rebyana protestieren Bewohner gegen die katastrophalen Lebensverhältnisse und den dreimonatigen Stromausfall. Die ca. 4.000 Einwohner zählende Oase wird von einem 1,5-Generator versorgt und ist nicht an das nationale Stromnetz angeschlossen.
https://twitter.com/Jamaladel_48/status/1351169078933782531

+ 18.01.: UNO/Libyen. Libyen wird das Stimmrecht in der UN-Generalversammlung entzogen, weil es seine Mitgliedsbeiträge nicht bezahlt hat.
https://libyareview.com/9678/libya-loses-un-voting-rights-over-unpaid-fees/
Nicht einmal das bekommen sie in Tripolis auf die Reihe.

20.01.: Migration. Vor der westlibyschen Küste (Zawiya) sind bei einem Bootsunglück mindestens 43 Flüchtlinge ertrunken. Zehn Menschen konnten gerettet werden.
https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-kueste-boot-fluechtlinge-101.html

+ 20.01.: Migration. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR): „Mit dem Anstieg der Covid-19-Fälle in Libyen ist UNHCR besonders besorgt über die hohen Risiken, denen Menschen ausgesetzt sind, die in Haftanstalten unter überfüllten Bedingungen und mit schlechten sanitären Einrichtungen festgehalten werden“. Trotz internationaler Aufrufe zur Schließung dieser Lager seien sie immer noch offen und werden Menschen willkürlich inhaftiert. https://libyareview.com/9692/unhcr-concerned-over-covid-19-outbreak-in-libyan-migrant-centers/

+ 21.01.: Human Development Index. Laut WHO beträgt die Gesamtbevölkerung in Libyen geschätzt 6,8 Millionen Menschen, von denen etwa 80 % in Städten leben, darunter etwa 584.000 Migranten. In Libyen wird weltweit die zweithöchste Anzahl von Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen verzeichnet. Obwohl das Land auf dem Human Development Index (HDI) auf Platz 110 von 189 rangiert und damit als „reiches Land“ gilt, verfügt es nicht über die entsprechende Infrastruktur und wird als Notstandsland der Stufe 2 eingestuft.
https://libyareview.com/9714/who-second-highest-attacks-on-healthcare-facilities-globally-in-libya/

+ 19.01.: Kommunalwahlen. Die Wahlbeteiligung betrug in Sabratha nur 28 % und in Tadschura 25 %. Die Wahlen verliefen geordnet.
https://libyareview.com/9661/less-than-30-of-libyans-participated-in-municipal-elections/
Standen im westlichen Libyen vielleicht die falschen Kandidaten zur Wahl, die kaum einer will?

+ 21.01.: Sicherheitslage. Zwei Leichen mit Schusswunden wurden im Zentrum von Bengasi gefunden. Ein Toter konnte als Khaled Mukhtar bin Omran identifiziert werden. Er war vor wenigen Tagen entführt worden.
https://twitter.com/LibyanCW/status/1352269960417058818

+ 19.01.: Sicherheitslage. Der von einer Überwachungskamera aufgenommene und ins Netz gestellte Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft in Tripolis löste angesichts der prekären Sicherheitslage Wut und Entsetzen aus.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1351277106555195400

+ 21.01.: Korruption. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verhaftung des stellvertretenden Direktors der Abteilung für Großfonds bei der Sahara Bank angeordnet. Ihm wird Amtsmissbrauch, Veruntreuung und Korruption vorgeworfen.
https://libyareview.com/9716/libyas-attorney-general-issues-arrest-warrant-for-bank-official/

+ 20.01.: Lockerbie. „Das System kann den Fehler, den es bei der Verurteilung von Abdulbaset al-Megrahi gemacht hat, nicht eingestehen“ – so Robert Black, emeritierter Professor für schottisches Recht an der Universität von Edinburgh (Artikel in der britischen Times). Dies gebe Anlass zu großer Besorgnis. Nachdem das Scottish Criminal Case Review Committee al-Megrahis zunächst die posthume Berufung zugelassen hatte, weil das Urteil unangemessen gewesen sei und weil einige Beweise der Verteidigung nicht zugänglich gemacht wurden – es hieß, dass es „im Interesse der Gerechtigkeit“ sei, dass der Fall neu geprüft werde – kam vor wenigen Tagen die Ablehnung der von Megrahis Familie eingelegten posthumen Berufung vom High Court of Justiciary. Das Hohe Gericht war durch den US-Bundesstaatsanwalt William Barr noch einmal unter massiven Druck gesetzt worden, das Urteil aufrechtzuerhalten, indem es im Dezember 2020 eine neue Anklage gegen einen Libyen namens Abu Masud erhoben hatte, der angeblich die Lockerbie-Bombe gebaut haben soll.
Die Familie Megrahi gab durch ihre Anwälte bekannt, dass man weiterhin entschlossen sei, das gegebene Versprechen, den Namen von Abdulbaset al-Megrahi und von Libyen reinzuwaschen, zu erfüllen. Man werde beim Obersten britischen Gerichtshof in Berufung gehen.
http://www.lockerbietruth.com/

+ 19.01.: Deutschland/Türkei/Libyen. Nach dem Besuch des deutschen Außenministers Maas in Ankara scheint die Türkei bereit, einer diplomatischen Lösung in Libyen zuzustimmen. Es sollen Pläne existieren, nach denen die Türkei ihr Militär in Libyen innerhalb von sechs Monaten abzieht. Dafür könnten lukrative Wirtschaftsaufträge winken und die Spannungen mit Frankreich verringert werden.
https://libyareview.com/9676/has-turkey-agreed-to-resolve-tense-relations-with-france-through-libya/

+ 19.01.: Maas/Çavuşoǧlu. Dazu titelt RT: „Maas und Çavuşoǧlu im Rausch der Diplomatie: "Lieber Heiko ...", "lieber Mevlüt ...". Maas im Schmusekurs: „Ich würde mir sehr, sehr wünschen, dass die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei besser werden, vertieft werden, alle Möglichkeiten und Potenziale genutzt werden.“
https://de.rt.com/international/112010-maas-und-cavusoglu-im-rausch-der-diplomatie/

+ 19.01.: Maas/Çavuşoǧlu/Griechenland. Während der gemeinsamen Pressekonferenz drohte Çavuşoǧlu: „Griechenland sollte sich nicht von anderen Ländern beeinflussen lassen und keine [Militär]Übungen durchführen, wo auch immer, oder sonst etwas unternehmen, denn dann wird es nicht nur zu einem Zusammenstoß kommen, sondern wir werden das tun, was wir tun müssen“.
https://greekcitytimes.com/2021/01/19/cavusoglu-greece-german-counterpart/
Dazu Dora Bakoyannis, Parteikollegin von Ministerpräsident Mitsotakis und ehemalige Außenministerin, die Maas scharf angriff: „Er sollte uns erklären, ob die direkte Drohung gegen Griechenland vielleicht in der Übersetzung nicht rübergekommen ist?“ Andernfalls hätte Griechenland das Recht zu sagen: „Das kann nicht die Position eines Partners innerhalb der EU sein!“
https://www.tagesschau.de/ausland/griechenland-tuerkei-hoheitsgewaesser-101.html

+ 21.01.: Griechenland/Türkei. Das griechische Parlament hat einem Gesetzesentwurf zugestimmt, nachdem es seine Hoheitsgewässer auf zwölf Seemeilen ausweiten kann. Dies entspricht dem UN-Seerechtsabkommen. Bisher hat Griechenland nur ein Gebiet von maximal sechs Seemeilen beansprucht. Die Neuregelung ist ein klarer Affront gegen die Türkei und für diese wohl ein Kriegsgrund. Die Türkei ist dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen nie beigetreten und erkennt die Zwölf-Seemeilen-Regel nicht an. Denn würde sie das tun, hieße das: 71 Prozent der Ägäis wären in griechischer Hand - statt bislang 21 Prozent.
Der deutsche Außenminister Maas wird von Griechenland scharf kritisiert. Er hatte Athen „illegale Militarisierung von Inseln“ vorgeworfen und gewarnt, sollte Athen sich weiterhin weigern zu kooperieren, läge die Verantwortung für weitere Spannungen allein bei Griechenland.
Am 25.01. ist ein Türkei-Griechenland-Treffen geplant.
https://www.tagesschau.de/ausland/griechenland-tuerkei-hoheitsgewaesser-101.html

+ 01.: Libyen/Russland. In dem LeMonde-Diplomatique-Artikel „Kampfgenossen und Businesspartner“ beschreibt Arnaud Dubien „Eine kurze Geschichte der russisch-afrikanischen Freundschaft“. Darin heißt es, Libyen sei der einzige bekanntgewordene Anlass gewesen, bei dem es zu einem Streit zwischen dem damaligen Präsidenten Medwedjew und dem damaligen Ministerpräsidenten Putin „während ihrer vierjährigen Amtsrochade (2008 – 2012)“ gekommen sei. „Putin warf Medwedjew vor, bei der Abstimmung über eine westliche Militärintervention gegen Gaddafi kein Veto eingelegt zu haben (auf Veranlassung von Sarkozy), und warnte vor einem Regimewechsel in Tripolis.“ Libyen und Russland verband zuvor eine lange Geschichte: „Im Frühjahr 2008 traf Präsident Putin mit Gaddafi zusammen. Russland strich 4,6 Milliarden Dollar libyscher Schulden aus Sowjetzeiten. Dafür verpflichtete sich Libyen, für 3 Milliarden Dollar Militärausrüstungen zu kaufen, vor allem Kampfflugzeuge, Panzer und Luftabwehrsysteme. Auch ein Vertrag über die Beteiligung der Russischen Eisenbahn am Bau einer Strecke zwischen Sirte und Bengasi wurde unterzeichnet. Der Gegenbesuch Gaddafis im Oktober 2008, der erste seit 1985, offenbarte jedoch die Schwierigkeiten einer Annäherung mit dem wenig zuverlässigen libyschen Herrscher“.
Laut LMd kommt Russland in Afrika zugute, dass es „keine koloniale Vergangenheit auf dem Kontinent hat und die UdSSR stets antiimperialistischen Kampf unterstützte.“ Heutzutage werde der stellvertretende Außenminister Michail Bogdanow als „Mister Afrika“ tituliert.
LMd/Januar 2021

+ 20.01.: Tunesien. Weitere Unruhen in tunesischen Städten trotz Ausgangssperre. Tausende Menschen machten ihrer Wut über die prekäre Wirtschaftslage und ihre Perspektivlosigkeit Luft. Die Rücktritt der Regierung wurde gefordert. Der tunesische Ministerpräsident Mechichi sagte, das Land befinde sich in einer „echten Krise“. Die Wut der Menschen sei berechtigt, der Protest legitim. Der Staat werde jedoch mit aller "Macht des Gesetzes" gegen Chaos vorgehen.
https://www.tagesschau.de/ausland/demonstrationen-in-tunesien-101.html

+ Karikatur zur (weiblichen) US-Außenpolitik: https://twitter.com/LindseySnell/status/1351663639997145089/photo/1

21.01.2021

 

 

Montag, 25. Januar 2021

Kurznachrichten Libyen – 18.01.2021

Libyen. Hungerrevolte befürchtet / Wahlen 2021 unwahrscheinlich / Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ unter Verdacht des Nepotismus / UN-Sondergesandter für Libyen ernannt

Angelika Gutsche |

+ 18.01.: Hungerrevolte befürchtet. In Libyen wird das Brot knapp. Der Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, as-Sarradsch, forderte in einem Brief den Chef der Libyschen Zentralbank (CBL), Siddiq al-Kebir auf, Kredite zum Kauf von Mehl zu gewähren, um den sozialen Frieden zu gewährleisten. Die Brotpreise, die sich durch die starke Erhöhung von Mehl und anderen Grundnahrungsmitteln ergeben hätten, müssten wieder gesenkt werden. Die Nahrungsmittelknappheit sei zumindest teilweise dadurch vorursacht worden, dass Ausgaben der CBL für bestimmte Luxusgüter eine höhere Priorität genossen hätten als die für Grundnahrungsmittel.
https://libyareview.com/9642/a-bread-crisis-in-libya/

+ 17.01.: Wahlen 2021? Unwahrscheinlich. Die fortwährenden Bemühungen der UNSMIL unter Stephanie Williams zur Bildung einer neuen Regierung für Libyen, statt ‚Einheitsregierung‘ nun ‚Übergangsregierung‘ genannt, ist alles andere als ein demokratischer Prozess und lassen nach dem bisherigen Stocken des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) befürchten, dass es nicht zu den am 24.12.2021 vorgesehenen Wahlen kommen wird. Die endgültige Abstimmung über den Wahlmodus für die ‚Übergangsregierung‘ durch das LPDF ist für den 19.01. vorgesehen. Sollte dort eine Einigung getroffen werden, müsste anschließend ein längeres Prozedere durchlaufen werden, so dass statt der vorgesehenen zwölf Monate Vorbereitungszeit für die Wahlen voraussichtlich nur noch sechs Monate verbleiben würden, denn die neue Regierung und der Präsidialrat könnten erst im Juni wirksam werden - wenn es gut läuft. Die ‚Übergangsregierung‘ wäre damit bis zu Wahlen nur sechs Monate im Amt und es bestehen berechtigte Zweifel, ob sie bereit wäre, nach so kurzer Zeit wieder abzutreten. Wie bekannt, ist die ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch immer noch im Amt, obwohl ihr Mandat nach maximal fünf Jahren abgelaufen war. Vermutlich wird diese neue ‚Übergangsregierung‘ alles tun, um richtige Wahlen im Dezember 2021 zu verhindern, um an der Macht bleiben zu können. Dazu dient z.B. die Forderung der Moslembruderschaft, vor den Wahlen ein Referendum zu einer Verfassung zu fordern. Eine weitere Wahlverzögerungstaktik könnte die Provozierung neuer Kämpfe sein. Das Lager der Moslembrüder weiß genau, dass es niemals durch freie und demokratische Wahlen in Libyen eine Mehrheit und damit die Macht erlangen kann.
Es wird befürchtet, dass die libysche Bevölkerung bis 2025 keine Wahlurne mehr zu Gesicht bekommt und die dafür Verantwortlichen, allen voran Stephanie Williams, bis dahin, längst entschwunden sind. Trauriger Weise habe der ganze LPDF-Prozess nur dafür gesorgt, dass Libyen weiterhin schutzlos ausgeraubt werden wird.
https://almarsad.co/en/2021/01/17/analysis-the-formation-of-unsmils-new-interim-government-will-mean-no-elections-in-2021/

+ 18.01.: LPDF. Wenn am 19.01. über das Prozedere zur Wahl einer neuen ‚Übergangsregierung‘ von den Mitgliedern des LPDF abgestimmt wird, soll der Vorschlag angenommen werden, der mindestens 63 Prozent der Stimmen erhält. Stefanie Williams: „Wenn dieser Prozentsatz nicht erreicht wird, soll nach zwei Tagen eine zweite Abstimmungsrunde stattfinden“.
https://libyareview.com/9637/libyan-parliament-and-high-state-council-delegation-heads-to-egypt/
Damit wird eine Art demokratischer Abstimmung vorgegaukelt, die keinerlei realen Hintergrund hat. Die Teilnehmer der LPDF wurden von Williams und dem UNSMIL handverlesen, das Ergebnis schon vorher festgelegt: vermutliche Gewinner der Wahlen für die Exekutive: Moslembruder Bashagha (jetziger Innenminister) und Aguila Saleh (Parlamentspräsident).

+ 18.01.: Meinungsumfrage. Die UN hat eine Umfrage unter tausend Libyern veröffentlicht, nach der sich 70 Prozent der Befragten eine dauerhafte politische Lösung für Libyen wünschen, 76 Prozent sprachen sich für Wahlen am 24.12.2021 aus. Alle befürworteten den Waffenstillstand und eine Mehrheit sprach sich für den Abzug aller ausländischen Militärs und Söldner aus.
https://twitter.com/UNSMILibya/status/1351097072636862466
Diese Umfrage ist sicher nicht repräsentativ und die Fragestellungen dürften manipulativ sein. Außerdem sind die östlichen Landesteile wohl nicht vertreten, da auf Twitter darauf hingewiesen wird, dass die ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) die Internetverbindung zuir Kyrenaika (östliches Libyen) gekappt hat. Dass sich ein Großteil der Libyer die Beendigung des gegenwärtigen Zustands wünschen und für Wahlen plädiert, dürfte dennoch der Realität entsprechen.

+ 16.01. UN-Sondergesandter für Libyen. Der UN-Sicherheitsrat hat den slowakischen Politiker Jan Kubis zum neuen UN-Libyen-Beauftragten ernannt. Der Posten war nach dem Rücktritt von Ghassan Salamé fast ein Jahr lang vakant. Stellvertretend führt die US-Amerikanerin Stephanie Williams die Geschäfte.
Kubis war OSZE-Generalsekretär, EU-Sonderbeauftragter für Zentralasien, slowakischer Außenminister, UN-Sondergesandter für Afghanistan und Irak und zuletzt für den Libanon.
https://libyareview.com/9602/united-nations-security-council-appoints-new-envoy-to-libya/
Seine letzten Wirkungsstätten lassen nichts Gutes ahnen.

+ 15.01.: Kulturelles Erbe/Bedrohung durch Salafisten. Nachdem die GAIAE (General Authority of Islamic Affairs and Endowments) der ‚Einheitsregierung‘ zuletzt erfolglos versuchte, das Zentrum für Libysche Studien zu übernehmen, scheint es jetzt noch sinistere Ziele zu verfolgen. In einem Schreiben forderte sie alle Koran-Memorisationszentren dazu auf, ein Inventar aller in ihren Bibliotheken vorhandenen Manuskripte zu erstellen. GAIAE wird dabei von der Türkischen Kooperations- und Koordinationsagentur (TIKA) unterstützt.
Die Koran-Memorisationszentren hießen früher Zawiya-Memorisationszentren. Dieser Name zeugt von ihrer Verbindung mit Sufi-Orden, die von den salafistischen Bewegungen bekämpft werden. 2011 nutzten salafistische Gruppen das durch den Zusammenbruch des Staates ausgelöste Chaos, um eine systematische Zerstörung und Schändung von Sufi-Stätten zu starten. Gräber wichtiger Gelehrter wurden geschändet und Bibliotheken zerstört mit dem Ziel, das islamische Erbe des Landes zu zerstören und durch puritanische Bewegungen zu ersetzen.
Obwohl die Zawiyas laut Gesetz unabhängig sind und es der GAIAE verboten ist, sich in die Angelegenheiten der Zawiyas einzumischen, hat die GAIAE seit 2012 unter dem Einfluss salafistischer Gruppen jahrelang Razzien in den Zawiyas von Zliten, Msallata, Misrata, Tripolis und in anderen Landesteilen durchgeführt. Eine unrühmliche Rolle spielte dabei der radikal-islamistische Kleriker Sadiq al-Gharyani, der den Abriss des Mausoleums von Sidi Abdelra'ouf befahl. Neuerdings verstieg sich GAIAE zu der Behauptung, dass die „Epidemie“ des Sufismus gefährlicher sei als Covid-19. Es könne mit Libyen nicht aufwärts gehen, bis der Zawiya-Sufismus, dem die Ausübung von Zauberei und Magie unterstellt wird, ausgerottet sei.
Mit diesem Vorgehen sollen die Hochburgen des kulturellen libyschen Erbes und der nationalen Identität zerstört werden. Letzte Woche überfielen bewaffnete Milizen die Zawiyas in Surman und beschlagnahmten Gegenstände. Ein weiteres Angriffsziel war die Zawiya und die Moschee von Scheich Zakri al-Mahjoub, die als eines der wichtigsten historischen Wahrzeichen Libyens gilt und mehr als 600 Jahre alt ist. Das Innenministerium der ‚Einheitsregierung‘ unterstützt strafrechtlich die neue Kampagne von GAIAE unter dem Vorwand, gegen angebliche „Magie und Zauberei“ vorzugehen.
Die orchestrierte Kampagne von GAIAE ist ein weiterer Versuch, Manuskripte zu konfiszieren, die für Libyens nationales Gedächtnis und kulturelles Erbe von unschätzbarer Bedeutung sind.
https://almarsad.co/en/2021/01/13/after-the-libyan-studies-centre-the-gnas-awqaf-tries-to-grab-historical-documents-at-quran-memorisation-centres/
In der libyschen Bevölkerung macht man sich mit dem Vorgehen gegen die geachteten Zawiyas keine Freunde.

‚Einheitsregierung‘

+ 14.01.: Nepotismus/Korruption/Fatih Bashagha. AlMarsad veröffentlicht geleakte Korrespondenz des Außenministeriums der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) mit der Botschaft der Republik Südkorea vom 21. Dezember 2020, aus der hervorgeht, dass die al-Fadschah Holding Company, die dem Innenministerium gehört, die exklusive Vertretung der Marke Hyundai in Libyen hatte. Auch andere Aufträge an koreanische Industrieunternehmen für beispielsweise die Beschaffung von Klimaanlagen, Waschmaschinen, Kühlschränken müssen über die al-Fadschah-Holding Company laufen. Ein dem Innenminister Bashagha nahestehender Geschäftsmann aus Misrata vertrat die Firma im Auftrag des Innenministeriums. Der wahre Kapitaleigner der Firma entpuppt sich jedoch als Muhammad Fathi Bashagha, Sohn des Innenministers Fathi Bashagha. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass Bashagha seinen Posten für einen schweren Fall von Nepotismus missbrauchte. Bereits letzten November tauchten Fotos von der Hochzeit Muhammad Bashaghas in Misrata auf, die viele geparkte Fahrzeuge vor seinem Haus zeigen, zu einer Zeit, in der aufgrund von Covid-19 gesellschaftliche Veranstaltungen verboten waren.
Auch andere Unregelmäßigkeiten wurden bekannt, wie dass der Direktor des Büros von Bashagha beim Rechnungsprüfungsamt in Tripolis die Befreiung von der Vorab-Prüfung eines Vertrages beantragte. Es ging dabei um den Import von 30 gepanzerten Fahrzeugen im Wert von mehr als 20,6 Millionen Euro, wobei der Preis enorm überzogen war. Es kam wiederholt zur Freistellung von Vorab-Prüfungen durch das Auditbüro, das von der mit Bashagha verbündeten Moslembruderschaft beherrscht wird. Während sich Bashagha als Saubermann inszeniert, versucht gleichzeitig seine Behörde, Verfahren, die der normale Bürger durchlaufen muss, zu umgehen. Ein Beamter des Innenministeriums: „Unsere Verwaltung hat keine Kenntnis von dem Hyundai-Vertrag und auch nicht von dem Wert der Verträge für die restlichen Autos. Die meisten Aufträge gingen direkt von Fathi Bashagha, seinem Büro und seiner Abteilung an bestimmte Firmen.“
Es wird der Rücktritt von Bashagha gefordert.

+ 17.01.: Bashagha. Ein Video zeigt Luftaufnahmen der Wagenkolonne Fathi Bashaghas, Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, die aus 70 Fahrzeugen, Motorrädern und Sprengstoffdetektoren besteht. Mit diesem Fuhrpark ist Bashagha nicht nur von Stadt zu Stadt, sondern auch innerhalb von Tripolis unterwegs, was zu Beschwerden wegen Verkehrsbehinderungen führte.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1350584344960790531

+ 14.01.: Korruption. Die Generalstaatsanwaltschaft erließ Haftbefehle gegen mehrere hochrangige Beamte des Gesundheitsministeriums der ‚Einheitsregierung‘ wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Bereits letzte Woche war die Verhaftung des Generaldirektors der United Libyan Company for Importing Medical Equipment and Supplies angeordnet worden. Auch ihm wurden Veruntreuung öffentlicher Gelder und Nichteinhaltung der Vorschriften für Devisenhandel vorgeworfen.
https://libyareview.com/9564/health-officials-detained-over-corruption-in-libya/

Militärisches

+ 14.01.: LNA-Pressekonferenz. Laut dem LNA-Sprecher al-Mismari hat die Türkei die volle Kontrolle über den Luftwaffenstützpunkt al-Watiya im westlichen Libyen übernommen. Die Türkei habe die Landebahn ausgebaut, damit dort größere Militärmaschinen landen könnten. Die permanente Ankunft türkischer Flugzeuge auf libyschen Luftwaffenstützpunkten stelle eine eklatante Verletzung des Waffenstillstandsabkommens dar. Auch mobilisiere die Türkei in Libyen weiterhin ausländische Söldner. Die Türkei habe sich auf der Berlin-Konferenz 2020 zur Einhaltung des UN-Waffenembargos verpflichtet, das sie dennoch im großen Stil verletze. Daraus ergebe sich eine große Bedrohung für die Nachbarländer, da türkische Waffen, die an die ‚Einheitsregierung‘ geliefert werden, in die Hände von Terroristen fallen und die nationale, regionale und internationale Sicherheit bedrohen könnten.
Die LNA habe ihre bestens ausgebildeten Spezialkräfte mit modernen Waffen ausgerüstet, um den Sicherheitsbedrohungen begegnen und den Terrorismus bekämpfen zu können.
https://libyareview.com/9553/libyan-army-spokesperson-turkeys-invasion-of-libya-constitutes-a-major-threat-to-all-neighbouring-countries/

+ 17.01.: US-Navy/Libyen. Eine Lockheed EP-3E Aries II (161410) der US Navy Souda Bay AB führte eine neue ISR-Mission (intelligence, surveillance and reconnaissance) vor Libyen durch. Das Signal (ohne genaue Position) ging gegen 13:30 MEZ verloren, als das Flugzeug vor Westlibyen operierte.
https://www.itamilradar.com/2021/01/17/aries-on-task-off-western-libya/

+ 17.01.: Nato-Drohnen/Libyen. Netzpolitik schreibt: „Westliche Militärs haben jetzt sieben Global Hawk auf Sizilien stationiert. Die Bundeswehr zahlt einen beträchtlichen Anteil dieser Drohnenflotte und stellt derzeit acht Piloten. Im Gegensatz zur US-Luftwaffe schaltet die NATO die Transponder, welche die Position durchgeben, im Einsatz ab.“ Die ersten Flüge erfolgten in Richtung Libyen und Russland. Da der Transponder über dem Mittelmeer abgeschaltet wurde, ist unklar, wie nahe die Nato-Drohne, die bis zu 200 Kilometer weit entfernt aufklären kann, an das libysche Hoheitsgebiet heran flog.
https://netzpolitik.org/2021/libyen-und-russland-nato-spionagedrohnen-fliegen-erste-missionen/

+ 15.01.: Nato/Libyen. Laut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist die Allianz bereit, sobald es die Bedingungen erlauben, zum Aufbau der Sicherheit in Libyen beizutragen. Stoltenberg begrüßte den libyschen Waffenstillstand und behauptete, die Allianz habe „die Anwesenheit von Kampfjets und Söldnern gesehen, die von Russland und russischen militärischen Kräften finanziert wurden“.
https://libyareview.com/9583/nato-announces-readiness-to-support-libya/
Die Nato hat in Libyen wahrlich schon genug Zerstörung angerichtet. Auf diese Art von Aufbauhilfe kann das Land bestimmt verzichten. Als Vorwand müssen natürlich wieder die Russen herhalten.

+ 14.01.: Überwachung Waffenstillstand/EU. Laut dem außenpolitischen Sprecher der EU, Peter Stano, erwägt die EU, sich an der Überwachung des Waffenstillstands in Libyen unter der Schirmherrschaft der UN zu beteiligen. Es ist vorgesehen, in dem Gebietsdreieck (Sirte Bin Jawad, Abugrein, Sawknah) internationale Beobachter zu positionieren.
https://libyareview.com/9551/eu-discusses-participating-in-un-ceasefire-mission-in-libya/
Die Beobachtermission wird von weiten Kreisen kritisch gesehen, birgt sie die Gefahr, dass aus der Beobachtermission eine militärische sogenannte „Friedenssicherungsmission“ wird und somit ausländisches Militär in Libyen stationiert wird. Die EU hätte dann ihren militärischen Stiefel im Land.

Libyen und ausländische Mächte

+ 15.01.: Dschamahirija. Der stellvertretende russische Außenminister Bogdanow empfängt Vertreter der Dschamahirija-Bewegung (Saif al-Islam Gaddafi) in Moskau.
https://libya.liveuamap.com/en/2021/15-january-russian-presidential-envoy-bogdanov-receives-representatives

+ 14.01.: ‚Einheitsregierung‘/Italien. Die Mitglieder des Präsidialrats, Fayez as-Sarradsch und Ahmed Maitiq, halten sich zu einem 5-tägigen Besuch in Italien auf. Ziel sei es, den Status des Präsidialrats der ‚Einheitsregierung‘ inmitten konkurrierender italienischer und türkischer Positionen zu konsolidieren.
https://almarsad.co/en/2021/01/13/sarraj-and-maitiq-in-rome-to-consolidate-status-of-the-presidential-council-of-the-gna/

+ 13.01.: Saleh/Frankreich. Parlamentspräsident Aguila Saleh ist zu Gast im französischen Senat.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1349316093689671683

+ 15.01.: Russland/Libyen. Der russische Außenminister Lawrow kritisierte in einer Pressekonferenz mit seinem saudischen Amtskollegen Faisal bin Farhan das Verhalten Washingtons und seiner Verbündeten in Libyen, Irak und Syrien. Er verglich ihr Handeln mit „einem Elefanten im Porzellanladen“. Dieses destruktive Verhalten würde schlimme Konsequenzen in der Region nach sich ziehen. Moskau lehne es ab, sich in die inneren Angelegenheiten souveräner Länder einzumischen und ihnen „ideologische Vorschriften und Vorstellungen des Auslands aufzudrücken“. Lawrow bekräftigte seine Unterstützung für einen politischen Prozesses in Libyen unter Beteiligung aller Parteien.
https://libyareview.com/9585/lavrov-criticizes-us-actions-in-libya/

Verschiedenes

+ 13.01.: Staatshaushalt. Am Dienstag fand in der Stadt Brega ein Treffen zwischen Vertretern der Übergangsregierung (Tobruk) und der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) statt, um über die Zusammenführung eines gemeinsamen Staatshaushalts 2021 zu beraten. Mit dabei waren auch Vertreter der beiden Zentralbanken (CBL in al-Baida und CBL in Tripolis)
https://libyareview.com/9522/libyan-rivals-consolidate-2021-budget/

+ 13.01.: Migration. SOS Méditerranée gab bekannt, dass das Rettungsschiff Ocean Viking Marseille verlassen hat und in Richtung zentrales Mittelmeer unterwegs ist.
https://libyareview.com/9527/migrant-rescue-ship-resumes-operations-off-libyan-coast/

+ 16.01.: Migration. 16 italienische Menschenrechtsorganisationen haben die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese aufgefordert, alle in Libyen gestrandete Migranten zu evakuieren und mit Sonderflügen nach Italien zu bringen.
https://libyareview.com/9593/italian-ngos-call-for-illegal-immigrants-to-be-evacuated-from-libya/

+ 17.01.: Diebstahl. Wie die General Electricity Company in Libyen (GECOL) bekannt gab, wurden im westlichen Libyen erneut 3,6 Kilometer elektrische Leitungen aus Kupferdraht gestohlen. Siebzig Transformatoren könnten deshalb nicht mehr betrieben werden.
https://libyareview.com/9617/libyan-electricity-company-reports-theft-of-thousands-of-meters-of-copper-wire/

+ 15.01 Drogenschmuggel. Ein norwegischer Untersuchungsbericht von TradeWinds warnt, dass Drogenhändler die nordafrikanische Region, insbesondere Libyen, für den Transit von Kokain nach Europa in Betracht ziehen.
https://almarsad.co/en/2021/01/15/latin-american-drug-traffickers-developing-new-smuggling-routes-through-libya/

+ 15.01.: Belgien/Libysche Staatsgelder. Der belgische Prinz Laurent behauptet, dass ihm vormals Oberst Gaddafi für ein Forstwirtschaftsprojekt 47 Millionen Euro versprochen habe. Diese Summe will nun der belgische Finanzminister Peteghem aus den in Belgien eingefrorenen libyschen Staatsgeldern entnehmen und an den Prinzen überweisen. Das UN-Sanktionskomitee soll in diesem Sinne informiert werden.
Ein belgisches Gericht hatte festgestellt, dass dem Prinzen wegen „Vertragsbruchs“, das Projekt konnte nach der Ermordung Gaddafis nicht weitergeführt werden, Schadenersatz zustehe.
Auf belgischen Banken befinden sich etwa 15 Milliarden Euro an libyschen Geldern, 12,8 Milliarden Euro in der Euroclear Bank, 869 Millionen Euro in der KBC Bank, 376 Millionen Euro in der ING Bank und 43 Millionen Euro in der Fortis BNP Paribas. Dies weckt Begehrlichkeiten.
Der Euroclear Bank wurde bereits 2019 vorgeworfen, dass sie Gelder, die eingefroren waren, freigegeben hatte und unrechtmäßig Zinszahlungen auf Konten der Libyschen Investitionsbehörde (LIA) mit Sitz in Tripolis überwies.
http://en.alwasat.ly/news/libya/307643

+ Frauenrechte. Die Menschenrechtsaktivistin Rida al-Tubuly aus Tripolis setzt sich für die Gleichstellung der Frau in Libyen ein und beharrt auf der Umsetzung der UN-Resolution 1325 aus dem Jahre 2000, die feststellte, dass Frauen in Kriegen am meisten leiden. Sie blieben dennoch von Friedensprozessen ausgeschlossen.
https://de.qantara.de/inhalt/friedensprozess-in-libyen-ohne-die-frauen-wird-es-nichts?nopaging=1
Dem kann man nur zustimmen. Fragwürdig in dem Artikel ist allerdings die einseitige Stellungnahme gegen die Regierenden im östlichen Libyen. So werden mehrere Gewalttaten gegen Frauen in Bengasi erwähnt, keine einzige jedoch aus Tripolis und Umgebung, wo es immer wieder zu Entführungen von Frauen kommt und wo immer wieder gegen die Gewaltanwendungen gerade durch die syrischen Söldner protestiert wird. Gerade die Kritik an zu wenig Teilhabe von Frauen müsste die islamistischen Moslembrüder und radikal-Dschihadisten, die im westlichen Libyen das Sagen haben, umso stärker treffen. Die Ermordung der Anwältin Hanan al-Barassi im November 2020 wurde von allen politischen Kräften im östlichen Libyen zutiefst verurteilt.
Es muss angemerkt werden, dass unter Gaddafi und der Dschamahirija-Regierung Frauen alle Bildungs- und Berufsmöglichkeiten offenstanden. Es gab Pilotinnen und eine Militärakademie für Frauen. Jede Frau konnte sich in Libyen überall sicher bewegen. Seit 2011 hat sich die Situation der Frauen in jeder Hinsicht brutal verschlechtert.

+ 18.01.: Tunesien/Unruhen. Aus Verzweiflung und Wut über die wirtschaftliche Notlage sind in mehreren tunesischen Städten gewaltsame Proteste ausgebrochen, darunter in der Hauptstadt Tunis und der Küstenstadt Sousse.
https://english.alarabiya.net/en/News/north-africa/2021/01/18/In-photos-Protests-violent-clashes-break-out-across-several-cities-in-Tunisia

+ 12.01.: Militärabkommen. Zypern und die Vereinigten Arabischen Emirate unterzeichnen erstes Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit.
https://www.ekathimerini.com/261164/article/ekathimerini/news/cyprus-uae-sign-first-military-cooperation-agreement

+ 13.01.: Deutsche Außenpolitik/Arabische Länder. Der Anstieg der deutschen Rüstungsexporte in die arabische Welt stieg auf über 30 Prozent der Gesamtexporte von Rüstungsgütern. GermanForeignPolicy schreibt: „Berliner Regierungsberater dringen auf einen Kurswechsel bei den Rüstungslieferungen in die arabische Welt und sprechen sich für einen Exportstopp aus. Wie es in einer aktuellen Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heißt, hätten diverse Staaten Nordafrikas sowie des Nahen und Mittleren Ostens seit den arabischen Revolten im Jahr 2011 begonnen, ihre Außenpolitik aus der Kontrolle durch die USA zu lösen und sie immer eigenständiger zu gestalten. Dabei nutzten sie allerdings >stärker als zuvor militärische Mittel ..., um Interessen durchzusetzen<; dies zeige sich etwa in den Kriegen im Jemen, in Libyen und in Syrien. Es bestehe "eine hohe Wahrscheinlichkeit", dass deutsche Waffenexporte in die arabische Welt beitrügen, <Europas Nachbarschaft zu destabilisieren>.“
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8486/
Waffenexporte sind prinzipiell nichts Gutes, aber die Begründung für den Stopp von Waffenlieferungen ist fragwürdig: Weil die MENA-Länder (Nahost und Nordafrika) nicht mehr voll unter der Kontrolle der USA stünden, sondern eigenständige Politik machten, sollten sie nicht mehr beliefert werden? Das heißt doch: Nur US-Vasallen stehen Waffen zu.

18.01.2021

 

Keine Gerechtigkeit für Megrahi

Lockerbie/Schottland. Familie Megrahi vor Gericht gescheitert - Erneut Chance für Wahrheitsfindung verspielt

Angelika Gutsche |

Das schottische Gericht lehnte den Einspruch der Familie Megrahi ab, mit dem posthum die Verurteilung des libyschen Geheimdienstoffiziers Abdel Basset al-Megrahi aufgehoben werden sollte. Megrahi war für den Lockerbie-Anschlag zu lebenslanger Haft verurteilt worden, wegen schwerer Erkrankung wurde er 2009 aus der Haft entlassen und verstarb später in Libyen. Bis zu seinem Tod hat Megrahi stets jede Beteiligung an dem Anschlag bestritten.

Megrahis Sohn Ali reagierte auf die Ablehnung sehr enttäuscht. Der Anwalt der Familie erklärte, man wolle vor dem britischen Obersten Gerichtshof Berufung einlegen.

Noch am 11. März 2020 hatte die Schottische Kommission zur Überprüfung von Kriminalfällen (Scottish Criminal Cases Review Commission - SCCRC) entschieden, dass eine Berufung beim höchsten schottischen Strafgericht gegen das damalige Urteil posthum von der Familie al-Megrahis zulässig sei, denn es lägen Hinweise auf einen möglichen damaligen Justizirrtum unter anderem aufgrund eines „unangemessenen Urteils“ vor.

Laut dem britischen Guardian folgten in dem gerade laufenden Berufungsverfahren die Richter der Argumentation des britischen Außenministers Dominic Raab und gaben Lockerbie-Dokumente, die zur Aufklärung des Falles beitragen und die Unschuld von Abdelbaset Megrahi belegen könnten, nicht frei, obwohl selbst Außenminister Raab zugestand, dass die Dokumente für die Berufung relevant seien. Vermutlich hat das Fehlen dieser Dokumente zur jetzigen Ablehnung geführt.

Negativ dürfte sich auch das erneute Eingreifen der US-amerikanischen Politik ausgewirkt haben, die just im Dezember 2020 erneut die Auslieferung eines Libyers forderte, um ihn unter die Lockerbie-Anklage zu stellen. Der Anwalt der libyschen Familie Megrahi machte auf die zeitliche Überschneidung aufmerksam und stellte fest: „Wenn das Urteil gegen Megrahi gekippt würde, bräche die ganze Anklage gegen Libyen zusammen“. Es wird befürchtet, dass die erneute Anklage eines Libyers Einfluss auf die Rechtsprechung im laufenden Berufungsprozess nehmen könnte.

Diese Befürchtung hat sich nun bewahrheitet. Die Inszenierungen rund um Lockerbie haben nichts mit Gerechtigkeit und Wahrheit zu tun, aber sehr viel mit schmutzigen Intrigen und Politik.

Foto: Nelson Mandela besucht Megrahi im Gefängnis
https://twitter.com/GelaNews/status/1347842269286694914/photo/1

https://inteltoday.org/lockerbie/

https://libyareview.com/9596/scottish-court-rejects-appeal-of-libyan-convicted-of-lockerbie-bombing/
https://www.freitag.de/autoren/gela/lockerbie-neues-berufungsverfahren
https://www.freitag.de/autoren/gela/lockerbie-usa-erneut-anklage-gegen-libyer

16.01.2021

 

Donnerstag, 21. Januar 2021

 

LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".

Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Drohgebärden wegen Westsahara: Algerien führt Großmanöver an marokkanischer Grenze durch

21.1.2021. Algerien führte in der Provinz Béchar an der Grenze zu Marokko ein größeres Militärmanöver durch, bei dem auch „intelligente“ Panzerabwehrraketen getestet wurden, die ein neues Spielzeug der algerischen Volksarmee darstellen. Ziel des Manövers war eine deutliche Warnung an das benachbarte Marokko, welches seit Jahrzehnten das dünnbesiedelte Nachbarland Westsahara besetzt hält und nun offenbar plant, wieder einmal mit Gewalt gegen die POLISARIO, die sozialistische Befreiungsfront der Westsahara, die ein Drittel des umstrittenen Gebiets kontrolliert, vorzugehen (Algerien beherbergt die Exilregierung der POLISARIO).

 

Libyen: Rußland fordert Einbeziehung der Ghaddafi-Anhänger in staatlichen Dialog

21.1.2021. Der stellvertretende russische Außenminister Sergei Werschinin forderte, die Unterstützer von Saif al-Islam Ghaddafi, Sohn des 2011 von NATO-Schergen ermordeten Staatsoberhauptes, in den innerlibyschen Dialog einzubeziehen und nicht auszugrenzen. Derzeit berät unter Schirmherrschaft der UNO ein „Libysches Politisches Dialogforum“ (LPDF) über die Bildung einer gesamtnationalen Übergangsregierung und die Vorbereitung von Wahlen.

 

 

Skandal: USA erkennen die Besatzung der Westsahara durch Marokko als legal an!

30.12.2020. Das US-Regime unter der Führung von Donald Trump will die illegale Fremdherrschaft der marokkanischen Besatzungsmacht über die benachbarte Demokratische Arabische Republik Sahara anerkennen. Vorausgegangen war dem wieder ein „Deal“ Trumps: Marokko hatte dafür diplomatische Beziehungen zu Washingtons liebstem Schützling Israel aufgenommen.

 


Spaßvogel des Tages: NATO-Generalsekretär macht Kabarett

27.12.2020. Als Realsatiriker geoutet hat sich der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der dieser Tage verkündete: „Entscheidend ist, dass immer dann, wenn wir bewaffnete Drohnen nutzen, dies unter strengen Regeln und im Einklang mit dem Völkerrecht geschieht.“ In der Vergangenheit waren nahezu alle Drohneneinsätze der NATO-Staaten, besonders des führenden NATO-Mitgliedes USA, ein glatter Rechtsbruch des Völkerrechts und eine Verletzung der Hoheitsgebiete anderer Staaten.