Dienstag, 28. Mai 2019



Parlamentspräsident Aguila Saleh im Interview

Libyen. Saleh äußert sich unter anderen zu den Waffenlieferungen an Milizen, zur Listung der Moslembruderschaft als terroristische Vereinigung, zum Verhältnis Libyens zu Italien. 


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Während ihres Aufenthalts im Osten Libyens interviewte Vanessa Tomassini auch den Parlamentspräsidenten Aguila Saleh Issa. Das Interview mit dem Titel "Die internationale Gemeinschaft fordert einen Waffenstillstand, aber kann sie die Milizen ohne Krieg aus Tripolis vertreiben?" erschien am 23. Mai in SpecialeLibia.
Scheich Aguila Saleh Issa ist ein Führer des Obaidat-Stammes, einer der größten Stämme der Kyrenaika. Er absolvierte ein Jurastudium an der Universität von Bengasi, wurde Generalstaatsanwalt und leitete das Berufungsgericht, bevor ihn das 2015 im Skhirat-Abkommen international anerkannte libysche Parlament zum Präsidenten wählte. Saleh sagt, dafür sei er mit der Verhängung von Sanktionen bestraft worden. "Kann die Verteidigung meines Landes als Verbrechen angesehen werden? Am skandalösesten verhält sich das amerikanische Finanzministerium, das mein Vermögen eingefroren hat, obwohl ich in den USA nicht einen einzigen Dollar besitze. Die Wahrheit wird komplett verdreht. Sie erlauben mir nicht, nach Amerika, nach Europa zu reisen, nur weil ich die Regierung von Fayez as-Sarradsch nicht legitimiert habe."
Zu den jüngsten Waffenlieferungen aus der Türkei an die Misrata- und Tripolis-Milizen meint Saleh: "Es ist nicht das erste Mal, dass Waffen bei diesen Terrorgruppen in Libyen eingetroffen sind. Wir haben die internationale Gemeinschaft wiederholt gebeten, Waffen an die libysche Armee zu liefern, aber ohne Erfolg. Die Waffen kommen bei den Terrorgruppen an und sie wissen es und hätten die Möglichkeit, dies zu stoppen." Die Waffen kämen auf dem See- und Luftweg ins Land. Die kriminellen Gruppen finanzierten die Waffenkäufe mit den Erlösen aus dem Erdöl, das unter dem Schutz der LNA gefördert und transportiert wird. Allerdings gingen alle Einnahmen an die Zentralbank in Tripolis, die von der 'Einheitsregierung' kontrolliert wird, die ihrerseits in Geiselhaft von terroristischen Gruppierungen und den Milizen von Salah Badi, Aytham al-Tadschuri, Bugra und anderen steht. "Wir können die Ölförderung nicht stoppen, weil wir damit gegen die Interessen anderer Länder verstoßen. Gleichzeitig richtet sich der Ölexport gegen die nationalen Sicherheitsinteressen Libyens. Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Die libysche Armee braucht Waffen! Unsere Militärakademien und Ausbildungszentren ensprechen komplett den militärischen Regeln. Jeder, der die LNA kennt, weiß, dass es diese libysche Armee trotz ihrer geringen Ressourcen und dem Fehlen von Waffen geschafft hat, den Terrorismus auf 90 Prozent des libyschen Territoriums zu besiegen."
Den Entschluss des libyschen Parlaments, die Muslimbruderschaft als terroristische Gruppierung einzustufen, begründet Saleh wie folgt: "Die Muslimbruderschaft führt alle extremistischen Gruppierungen an. Sie glaubt nicht an Demokratie und an demokratische Spielregeln. Sie haben bereits einmal gegen die Regierung geputscht, mit der Unterstützung bestimmter Länder, die wollten, dass die Moslembrüder den gesamten Staatsapparat kontrollieren. Die Moslembruderschaft hat die vollständige Kontrolle über die Einheitsregierung. Sie sind diejenigen, die die illegale Migration fördern. Sie erkennen kein anderes System als ihr eigenes an. Als sie 2014 die Wahlen verloren hatten, stellten sie sich gegen die Rechtsstaatlichkeit, indem sie eine Paralellregierung bildeten, die einige Länder, die behaupteten, für die Demokratie zu sein, unterstützten. Es handelt sich um eine ausgewachsene Terroristengruppe, die weltweit hinter Attentaten steckt."
Auf die Frage, warum Sarradsch noch immer keine Untersuchungesergebnisse zum Brak al-Shati-Massaker am 18. Mai vor zwei Jahren,bei dem über 150 Menschen getötet wurden, bekannt gab, meint Saleh, dies sei nicht geschehen, weil das Massaker von Gruppen verübt wurde, die von der Sarradsch-Regierung kontrolliert und finanziert werden. Sarradsch habe diesen Terrorgruppen unglaublich viel Geld bezahlt, während die Libyer vor Ort, auf deren Gebieten sich die Ölfelder befinden, leer ausgegangen seien. Sarradsch habe wiederholt erklärt, dass er diese Gruppen unterstütze. Er sei ihr Gefangener. Und Sarradsch sei auch der Grund, warum die Krise in Libyen nicht gelöst werden kann. "Wenn er und seine Mitarbeiter von der Bildfläche verschwinden, wird sich die Situation in Libyen stabilisieren." Die libysche Armee rückte auf Tripolis vor, so wie in Abu Dhabi verabredet. Doch er habe seine Verpflichtungen nicht eingehalten, weil er sich in der Hand der Milizen befindet. Als Sarradsch nach Tripolis zurückgekehrt war, brach er die Vereinbarung, weil sich die kriminellen Gruppen, die ihn umgeben, weigerten, einen vereinten und unabhängigen Staat zu akzeptieren."
Das Parlament könne nicht den Rücktritt von Sarradsch fordern, weil seine Regierung nicht legal ist. Das Parlament habe ihr bereits zweimal das Vertrauen verweigert. "In der letzten Sitzung haben wir die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft gebeten, die 'Einheitsregierung' nicht mehr anzuerkennen und zu unterstützen. An der allerletzten Parlamentssitzung in Tripolis haben nur neun Abgeordnete teilgenommen, die derzeit wirklich im Amt sind, alle anderen sind suspendiert, zurückgetreten oder haben ein abgelaufenes Mandat." Die in dieser Sitzung gefassten Beschlüsse hätten somit keine Gültigkeit.
Zur italienischen Libyen-Politik meinte Saleh: "Italien ist das Land, das Libyen am nächsten liegt. Deshalb ist Italien von allem betroffen, das in Libyen geschieht. Unglücklicherweise hat es sich immer gegen uns und auf die Seite der 'Einheitsregierung' gestellt. Als ich auf der Konferenz in Palermo war, habe ich Premierminister Giuseppe Conte und Außenminister Enzo Moavero Milanes erklärt, dass die Libyer Wahlen wollen, damit all diese Probleme bald ein Ende finden."
Auf die Frage nach einem Waffenstillstand bei den Kämpfen um Tripolis mit über 60.000 Flüchtlingen und den vielen hundert Toten und Verletzten, auch unter Zivilisten, meint Saleh: "Krieg bedeutet immer Zerstörung. Das möchte niemand, aber manchmal ist es unumgänglich. Die internationale Gemeinschaft fordert eine Waffenruhe. Aber wie soll man die Milizen aus der Hauptstadt vertreiben, ohne Krieg? Es wurde ein Gesetz vom libyschen Parlament verabschiedet, das fordert, dass die Milizen Tripolis verlassen müssen. Doch wenn Sarradsch und seine Regierung diese Milizen nicht unter Druck setzen, was soll dann die LNA machen? Still halten und ewig warten, während Libyens Ressourcen geplündert werden, um diese Milizen zu finanzieren?"
Zu einer auch immer wieder ins Spiel gebrachten Dreiteilung Libyens in Tripolitanien, Kyrenaika und Fessan meint Saleh: "Die Lösung der Krise in Libyen ist sehr einfach. Die internationale Gemeinschaft muss die Verantwortung für die gegenwärtige Situation übernehmen. Das tatsächliche Problem sind die Milizen, die mit der Moslembruderschaft in Verbindung stehen und die Länder, die sie finanzieren. Wie man in den Medien sah, kamen gepanzerte Fahrzeuge von anderen Nationen nach Libyen. Das libysche Volk ist vereinigt. Das sieht man daran, wie jene, die ihre Häuser wegen des Krieges verlassen müssen, sofort Aufnahme in anderen Städten finden. So wie es im Osten Libyens geschah, als die Menschen Bengasi und Derna verlassen mussten und Aufnahme bei ihren libyschen Brüdern fanden, ganz anders als in Syrien oder im Jemen. Das libysche Parlament hat alle Gesetze erlassen und ein verfassungsmäßiges Vorgehen ermöglicht, um das Land aufzubauen. Libyen ist seit siebzig Jahren ein unabhängiger Staat. Wir haben eine Verfassung, um das Land zu verwalten. Warum kehren wir dahin nicht zurück? Um den Stillstand zu überwinden, müssen wir die Verfassung anwenden. Wenn wir die Milizen, die die Demokratie nicht anerkennen, besiegt haben, werden wir Parlaments- und Präsidentschaftswahlen durchführen auf der Grundlage der Verfassung."
Saleh erklärt auf die Frage, ob man die Türkei und Katar nicht stoppen kann, dass sich alle Führer der Moslembruderschaft und der Terrorgruppen in der Türkei befinden, auch Verwundete werden in türkischen Kliniken behandelt. "Wenn unsere Armee, die LNA, eine dieser Waffenlieferungen, die über See ins Land kommen, bombardiert, sieht das die internationale Gemeinschaft als Bedrohung der internationalen Sicherheit und des Friedens an." Doch die Libyer seien entschlossen, die Hauptstadt von diesen von außerhalb unterstützten Gruppen zu befreien und die Milizen und Terroristen aus Tripolis zu vertreiben. Die libysche Armee wolle nicht mit Gewalt an die Macht kommen. Wie in Derna und Bengasi werde sie sich nach der Vertreibung der Terroristen zurückziehen und die Stadt unter der Kontrolle der Polizei und der Sicherheitsbehörden lassen. Es müssten Maßnahmen ergriffen werden, die die Ausrüstung der Milizen durch die Türkei und Katar beenden und das Waffenembargo gegen die libysche Nationalarmee müsse aufgehoben werden. "Alle Revolutionen hatten ihren Anfang in der Kyrenaika: der Unabhängigkeitskrieg, Gaddafis Revolution von 69, die vom 17. Februar und die Operation "Würde" [der LNA]. Wenn die Kyrenaika ihre Rechte fordert, folgt ganz Libyen. Es tut mir leid, dass dies die Italiener noch nicht begriffen haben ".
Auf die Frage von Vanessa Tomassini, ob es 2011 eine echte Revoultion gegeben habe oder ob die Ereignisse von außen gesteuert waren, hält sich Präsident Saleh bedeckt. "Das libysche Volk wünschte sich eine Veränderung. Das haben einige Länder ausgenutzt. Sie halfen dem libyschen Volk, den Krieg zu gewinnen, unterstützten aber gleichzeitig die Moslembruderschaft, die Kontrolle über das Land zu erlangen. Die Revolution ging weiter, hat aber bis heute ihr Ziel nicht erreicht."

https://specialelibia.it/2019/05/23/parola-ad-aguila-saleh-comunita-internazionale-chiede-cessate-il-fuoco-ma-puo-espellere-le-milizie-da-tripoli-senza-guerra/



Ministerpräsident Al-Thani (Tobruk) zur Lage

Libyen/Bengasi. Abdullah al-Thani unter anderen zu den Themen: LNA, Haftar, Milizen in Tripolis, Waffenstillstand, Wahlen, Demokratie, Migranten, Zusammenarbeitt mit Italien und EU


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SpezialeLibia brachte am 19. Mai ein Interview mit dem Übergangspremierminister Abdullah al-Thani (Tobruk) unter dem Titel: "Die Zeit der Diktatoren ist vorbei. Hafter wird das Land vereinen."

Auf die Frage der Journalistin Vanessa Tomassini, ob im Osten Libyens eine Diktatur herrsche, antwortete al-Thani: "Die Zeit der Diktatoren ist vorbei. Jeder, der in Libyen Präsident werden möchte, benötigt die Zustimmung der Libyer. Niemand wird ohne Wahlen an die Macht kommen. Feldmarschall Khalifa Haftar arbeitet an der Wiedervereinigung Libyens, danach werden von denjenigen, die das Land führen, Wahlen durchgeführt. Wer immer das sein mag, auch wenn die Libyer Gaddafis Sohn wählen, wird die Wahl anerkannt werden. Das ist Demokratie."
Al-Thani betont sein gutes Verhältnis zu Haftar. Beide hätten in der Armee gedient. Er kenne Haftar seit 1996. Es wäre eine große Leistung der Übergangsregierung gewesen, wieder eine Armee aufzubauen. Seit 2014 sei viel Geld von der Übergangsregierung für die Armee und die Besoldung der Soldaten ausgegeben worden. Der Verteidigungsminister, zu dem die Libysche Nationalarmee gehört, sei Teil der Übergangsregierung.
Der Marsch auf Tripolis sei zwischen Hafter und ihm abgesprochen gewesen. Es handle sich dabei um eine Operation zur Wiedervereinigung des Landes. Es soll nicht gegen das eigene Volk gekämpft werden, sondern die Milizen sollen ausgeschaltet werden. Ein Vergleich zwischen Tripolis und der östlichen Region zeige: "Wir haben keine Gefängnisse für politische Gegenspieler, Milizen auf der Straße sind nicht erlaubt, dagegen gibt es Polizei, eine Gerichtspolizei und die offizielle Armee. Die Situation ist eine völlig andere. Tripolis kann nicht die Hauptstadt Libyens sein, wenn es von Milizen wie Kara und Gnewa kontrolliert wird. Das ist unmöglich!"

Es sei auch die wichtigste Bedingung des Skhirat-Abkommens gewesen, dass die von Italien unterstützte 'Einheitsregierung' die Milizen ausschaltet. Stattdesssen seien in den letzten drei Jahren, seit 2016, die Milizen immer stärker geworden. Dies bedeute, die 'Einheitsregierung' konnte ihre Ziele nicht erreichen.
Im Gegensatz dazu habe die Übergangsregierung (Tobruk) ein ausgezeichnetes Verhältnis zum Parlament, weil sie dessen Vertrauen genieße. Es gebe zu einigen Punkten verschiedene Meinungen, weil die Regierung die Exekutive und nicht die Legislative verkörpert. Die Regierung respektiere den Parlamentspräsidenten Aguila Salah, mit dem es in einem ständigen Austausch sei.
Nur mit einigen Abgeordneten sei im Gegensatz zur großen Mehrheit eine Arbeit nicht möglich.
Gefragt nach einem Waffenstillstand antwortet al-Thani: "Waffenstillstand mit wem? Mit den Milizen? Mit dem IS? Seit 2011 sind fast zehn Jahre vergangen und das Land verfällt immer mehr. Die Infrastruktur ist zerstört, alle Projekte wurden eingestellt, es gibt kein Bargeld in den Banken, die Stromleitungen sind kaputt. [...] Es sind Libyer, die sterben und es tut uns leid, all dies ist sehr schmerzlich. Manchmal sind wir zu Operationen gezwungen, die schmerzhaft aber notwendig sind. Es gibt keinen anderen Weg als die Milizen zu bekämpfen. [...] Mr. Fayez al-Sarradsch, der Premierminister der 'Einheitsregierung', hat als Bedingung für einen Waffenstillstand den Rückzug der Armee auf ihre Ausgangsposition gestellt. Das ist für uns unannehmbar. Ein Waffenstillstand wäre vielleicht möglich, wenn jeder in seiner jetzigen Stellung bliebe. Aber die Milizen müssen ihre Waffen an die Armee abgeben. Glaubt die italienische Ölgesellschaft in Mellita, dass es besser ist, wenn die Milizen bleiben? [...] Das Hauptinteresse Italiens besteht, dass weiterhin Öl und Gas exportiert wird. Aber das muss von einer vereinten Regierung gemanagt werden. Es ist die größte Gefahr für Italien, wenn die Milizen in Tripolis bleiben und es keine vereinte Regierung gibt. Man muss darauf hinarbeiten, Libyen sicherer und stabiler zu machen, es müssen die Gesetze gelten, nicht zuletzt müssen unsere südlichen Grenzen geschützt werden."
Auf die Frage, warum die 'internationale Gemeinschaft' die Sarradsch-Regierung unterstützt, meint al-Thani, Sarradsch sei weder vom libyschen Volk gewählt, noch vom Parlament anerkannt worden.
Er sei von Bernardino Léon, damaliger UN-Sondergesandter für Libyen, zu dessen eigenem Vorteil eingesetzt worden. Die internationale Gemeinschaft und die anderen Länder scheren sich nur um ihre eigenen Interessen und zwingen jeden, dass er ihnen zu Vorteilen verhilft. "Die Welt akzeptiert niemanden, der für seine Würde handelt oder die Würde seines Landes, sondern nur diejenigen, die ihre Forderungen komplett erfüllen."

Auf die Feststellung, dass Sarradsch mit libyschen Geldern Milizen, Terroristen, Kriminelle und Söldner finanziert, antwortet al-Thani: "Er will im Amt bleiben und dafür tut er alles. Wenn Sarradsch die Milizen nicht mehr bezahlt, kann er sich keine 24 Stunden in Tripolis halten. Das weiß jeder." Es habe in Abu Dhabi (VAE) eine Absprache gegeben, die besagte, dass die Armee friedlich in Tripolis einmarschiert, dass dann eine neue Exekutive gebildet wird, dass Wahlen vorbereitet werden und dass es in Libyen einen Neubeginn geben soll. Es hätte zwei Treffen geben sollen. Beim ersten sei man zu einer mündlichen Vereinbarung gekommen, die jeder mit seinen Leuten diskutieren sollte. Aber als Sarradsch nach Tripolis zurückgekehrt war, lehnten die Milizen, die zur Moslembruderschaft gehörten, die Vereinbarung ab.

Al-Thani weist noch einmal darauf hin, dass die islamistischen Parteien und die Moslembruderschaft lange an der Zerstörung der Armee gearbeitet haben. Die erste Entscheidung von Osama al-Dschuwaili als Verteidigungsminister und Yousef Mangoush als Stabschefs sei es gewesen, das 32. Battalion und die Verteidigungsstreitkräfte von Gaddafi ebenso wie die Sicherheitsorgane aufzulösen, Vorbild war der Irak 2003. Es wurde das 4. Batallion aufgelöst und eine neue Dorhua-Miliz gebildet. Mit den Polizeikräften sei genauso verfahren und Parallelinstitutionen geschaffen worden. Der Hauptverdächtige für die Ermordung von Abdel Fatah Junis, Hauptmann der bewaffneten libyschen Streitkräfte, am 28. September 2011, sei Ali al-Issawi, heute Wirtschaftsminister der 'Einheitsregierung'.
Von Anfang an seien die Armee, die Polizei und die Sicherheitskräfte ausgeschaltet worden, um das Land ins Chaos zu stürzen und so die Macht übernehmen zu können. "Das Hauptziel unserer Regierung ist nicht die Machtübernahme, sondern die Einsetzung einer legitimierten und gewählten Körperschaft." Der Krieg in Bengasi und Derna sei beendet worden, die Sicherheit in den Städten der östlichen Region wieder hergestellt. "Wir konzentrieren uns auf die Aufrechterhaltung und den Bau von Schulen und auf das Gesundheitssystem." Das Wasser und Abwassersystem ist repariert und an den Stromnetzen wird gearbeitet. Man bemühe sich im Gegensatz zu Tripolis um Lebensmittelimporte, die auch in den Osten und Süden des Landes gebracht werden. Alle Gehälter würden an die Angestellten ausbezahlt, während die Tripolis-Regierung nur die Gehälter von Januar und Februar bezahlt habe, obwohl dort die ganzen Öleinnahmen hingehen. Dort flössen die Gelder an die Milizen.
Auf die Frage, wie das Migrationsproblem gelöst werden soll, meint al-Thani, dies sei kein ursprüngliches Problem Ostlibyens. Man sei ernsthaft bemüht, gesetzeskonform mit illegaler Migration umzugehen. Diejenigen, die in den Schmuggel verstrickt wären, müssten strenger bestraft werden. Es müsse die libysche Regierung unterstützt werden, die das Problem tatsächlich lösen könne. Italien und die EU sollten Projekte erstellen und finanzieren, die in den Herkunftsländern Jobs schaffen. Die Migranten kämen nach Europa, weil sie Arbeit suchten. Die Europäer sollten in afrikanischen Ländern investieren, um dort die Lebensbedingungen zu verbessern. Ansonsten gebe es in 20, 30 Jahren in Italien keine Italiener mehr, sondern nur noch Afrikaner. Man wolle mit Italien und der EU auf allen Gebieten zusammenarbeiten, speziell in der Kontrolle der südlichen Region. Dies wäre zum Vorteil aller. Wenn Italien ernsthaft an einer Zusammenarbeit interessiert ist, könne man Projekte entwickeln, um die illegale Migration zu beenden und die Grenzen mit moderner Technik zu schützen. Die Libyer seien für alles offen. "Die Armee ist im Süden und im Osten präsent, nur der Westen unterliegt noch nicht ihrer Kontrolle. Die Europäer bemerken bereits, dass weniger Migranten aus Südlibyen kommen."
https://specialelibia.it/2019/05/19/esclusiva-primo-ministro-al-thani-il-tempo-per-i-dittatori-e-passato-haftar-sta-unificando-il-paese/



Türkei liefert militärische Güter an Extremisten

Libyen. Gepanzerte Fahrzeuge und Waffen für extremistische Tripolis-Milizen. Libysche Armee (LNA) will westliche Seehäfen sperren.


Wie in den sozialen Medien veröffentlichte Fotos und Videos belegen, haben Milizen der 'Einheitsregierung' in Tripolis trotz Waffenembargo am Samstag 40 gepanzerte Fahrzeuge, Waffen und Munition aus türkischer Produktion über den Hafen von Tripolis erhalten. Die militärische Ladung befand sich auf dem Frachtschiff Amazon, das unter moldauischer Flagge läuft und vom türkischen Schwarzmeerhafen Samsun ausgelaufen war.

Die Ladung wurde im Hafen von Tripolis von Salah Badi und seiner schlagkräftigen al-Samoud-Miliz in Empfang genommen. Salah Badi hat sich bisher jeder politischen Lösung in Libyen widersetzt. Badi steht seit letzten November auf der UN-Sanktionensliste, gegen ihn wurde ein Reiseverbot verhängt und seine Konten gesperrt. In einer Erklärung des britischen Auswärtigen Amtes wurden die Gründe für seine Sanktionierung genannt: „Salah Badi… hat konsequent daran gearbeitet, eine politische Lösung in Libyen zu untergraben. Im August und September 2018 spielte Badi eine führende Rolle bei schweren Zusammenstößen in Tripolis, bei denen mindestens 120 Menschen getötet wurden, die meisten davon Zivilisten.“

Auch die radikale Marsa-Tripolis-Miliz postete auf Facebook, wie aus frisch geöffneten Kisten an ihre Kämpfer Maschinen- und Präzisionsgewehre sowie Panzer- und Flugabwehrraketen verteilt wurden.

Bereits letzte Woche gab es Berichte, wonach die libysche Armee (LNA) eine türkische Drohne der Milizen der 'Einheitsregierung' abgeschossen hat.

Die Waffenlieferungen dürften auf einen Besuch des Innenministers der 'Einheitsregierung', Fathi Bashagha, in Ankara zurückgehen, der dort um größere Militärunterstützung bat. Es sollte von dem Verbündeten Türkei alles "beschafft werden, was nötig ist, um den Angriff [der LNA] zu stoppen, einschließlich militärischer und ziviler Hilfe." Der aus Misrata stammende Bashagha hatte die Marsa-Brigade in Tripolis ins Leben gerufen und wird laut Internas der 'Einheitsregierung' inzwischen als der wahre Machthaber in Tripolis wahrgenommen, und nicht mehr Fayez al-Sarradsch.

Die Vereinten Nationen befürchten, dass dies zu einer neuen Eskalation der Gewalt führen könne. Auch wenn Bashaga um die Lieferung gebeten, heißt es auch, dass "es andere Personen vor Ort gibt, von denen die Welt nichts weiß."
Genau diese explosive Gemengelage von hochgefährlichen Brigaden, die von der Türkei und anderen Ländern unterstützt werden, ist der Grund, warum die libysche Armee und ihr Oberbefehlshafter Haftar gegen Tripolis marschieren. Nicht zu vergessen, dass diese Milizen in Tripolis Verbindungen zu Terroristengruppen wie Ansar al-Scharia, al-Kaida oder dem IS pflegen, wie dies auch in den letzten Wochen immer deutlicher wurde. So griff in dieser Woche der IS zum vierten Mal Truppen der libyschen Armee (LNA) im Süden Libyens an. Diese Angriffe sollen als Störmanöver gegen die LNA auf ihrem Marsch nach Tripolis dienen. Und auch innerhalb Tripolis haben sich extremistische Dschihadisten, etliche frisch aus Syrien eingeflogen, dem Kampf der Tripolis- und Misrata-Brigaden angeschlossen. Einer davon, der Ansar al-Scharia-Anführer Zeyad Balaem, soll gestern in Tripolis gefallen sein.

Haftar tourt derweil durch die europäischen Hauptstädte, um seinerseits Unterstützung für seinen Kampf zur Befreiung von Tripolis zu sammeln. Laut einem libyschen Diplomaten könnte er auch nach Washington ins Weißen Haus eingeladen werden.

Der Stabschef der libyschen Seestreitkräfte (LNA), Generalmajor Faradsch al-Mahdawi, kündigte unterdessen die Mobilisierung aller Seestreitkräfte an. Eine Blockade der Häfen in Westlibyen soll durchgesetzt werden. Die LNA drohte, jeden anzugreifen, der sich den Häfen der westlichen Militärzone nähert. Damit sollen weitere militärische Hilfslieferungen an Tripolis und Misrata verhindert werden.

A. Gutsche

Donnerstag, 23. Mai 2019



Zivilisten getötet und verhaftet - Tripolis in Aufruhr


Libyen.Tripolis/Bengasi. Anhänger der libyschen Armee festgenommen / Zivilisten von Milizen getötet / brennende Reifen in Tripolis / Angriff auf Ölfeld / Bengasi: Migranten kommen frei

Nachdem in Tripolis die Bevölkerung ihren Unmut über drei Terroranschläge in der Stadt Luft machte, rief die libysche Armee (LNA) die Bevölkerung auf, sich gegen die 'Einheitsregierung' und deren Milizen zu erheben.

In Tripolis wurde ein Jugendlicher beim Kaffeekauf von einer Kugel, die von Milizen abgefeuert worden waren, getötet. Ein weiterer Zivilist wurde von Bewaffneten getötet, nachdem er sie daran gehindert hatte, sein Haus im Bezirk Ain Zara zu überfallen. Ein dritter Zivilist kam zu Tode, als er von einem Milizfahrzeug überfahren worden war.

Zeugen berichten, dass es zu Unruhen in der Bevölkerung kam. Auf sozialen Medien verbreitete Videos zeigen, wie Anwohner aus Protest gegen die Milizen Reifen anzündeten.

Milizen der 'Einheitsregierung' unter Sarradsch haben in Tripolis hunderte von Anhängern der libyschen Armee (LNA) willkürlich festgenommen. Misrata-Milizen verhafteten rund 180 Anhänger der libyschen Armee (LNA) und halten sie auf einer Farm an der Al-Sidra-Straße gefangen. Dies stellt den bisherige Höhepunkt von Verhaftungen von Anhängern der libyschen Armee (LNA) in Tripolis dar.

Mittlerweile sollen 250 bis 350 Islamisten mit zivilen, libyschen Fluglinien nach Tripolis gelangt sein, darunter auch Kämpfer der terroristischen al-Nusra aus Syrien.

Es wurde auch ein Angriff auf das Zella-Ölfeld der Zueitina Oil Company in der südlichen Stadt Zillah verübt, den die libysche Armee (LNA) abwehren konnte. Bei dem Angriff seien drei Menschen getötet und vier entführt worden. Drei Entführte konnten wieder befreit werden. Zu dem Angriff hat sich der IS bekannt.

Eine gute Nachricht war die Freilassung von vier Arbeitern von den Philippinen und aus Südkorea, die vor über einem Jahr entführt worden waren. Die Freilassung konnte dank der Zusammenarbeit zwischen VAE und der libyschen Armee (LNA) erreicht werden.

In Bengasi hat derweil der Übergangspräsident al-Thani (Beida) ein Migrantenlager besucht. Er ordnete die Freilassung aller Migranten an, die gültige Dokumente bei sich haben, auch wenn sie illegal nach Libyen eingereist sind, was in Libyen einen Straftatbestand darstellt. Diejenigen, die in Libyen bleiben und arbeiten wollten, bot al-Thani Hilfestellung bei der Arbeitsplatzvermittlung an. Al-Thani äußerte auch den Wunsch, in dem Migrantenzentrum eine Bibliothek einzurichten. Und der Außenminister der Übergangsregierung, Abdulhadi Ibrahim, erklärte, dass "denen, die in ihre Heimatländer zurückkehren wollen, geholfen wird, sicher zu ihren Familien zu gelangen." Für diejenigen, die keine Papiere haben, sei das Ministerium bereits in Kontakt mit den ausländischen dipolomatischen Vertretungen, um die Rückkehr zu beschleunigen. Die Migranten in Bengasi kommen größtenteils aus Subsahara-Ländern, aber auch aus dem Nahen und Fernen Osten. Unter den Migranten befinden sich auch Kriegsflüchtlinge aus dem Jemen.

Nachdem Feldmarschall Haftar diese Woche in Rom mit Italiens Premier Conte zusammengegtroffen ist, gab Paris bekannt, dass der französische Präsident Macron nächste Woche Gespräche mit Haftar führen werde. Es gehe dabei um die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen.

 A. Gutsche 

 https://thelibyanreport.com/libyan-national-army-calls-for-revolt-in-tripoli/
https://specialelibia.it/2019/05/17/al-thani-tra-i-migranti-a-bengasi-lasciate-andare-chi-ha-i-documenti-aiuteremo-chi-vuole-restare-e-lavorare/
https://kurier.at/politik/ausland/tripolis-radikale-islamisten

Bengasi im Ramadan - Auferstanden aus  Ruinen


Libyen/Bengasi. In SpecialeLibia gibt Vanessa Tomassin ein Stimmungsbild der abendlichen Ramadan-Feiern in Bengasi

Bei einem Spaziergang durch die Überreste der alte Medina von Bengasis sieht die Autorin in einem erleuchteten Fenster den Geist des libyschen Volkes und seiner Widerstandsfähigkeit verkörpert. Der IS habe in Bengasi Schulen, Universitäten und Polizeiausbildungszentren zerstört, doch sei sein Versuch, sich als staatliche Autorität zu etablieren am Mut der Stadtbewohner und insbesondere der Soldaten der libyschen Nationalarmee unter Führung von Marschall Khalifa Haftar gescheitert, jenem Hafter, der heute dafür kämpfe, auch die Hauptstadt Tripolis von Terroristen und Milizen zu befreien. "Die von extremistischen Gruppen in Bengasi verursachten Trümmerhaufen und Metallteile, die einsturzbedrohten Gebäude und die durch Explosionen und Mörsergranaten eingestürzte Wände halten bei der Bevölkerung die Angst vor dem Terrorismus wach." Die Terroristen seien laut den Berichten der Einheimischen aus Syrien, dem Irak, Pakistan und dem Sudan, aus Ägypten, Tunesien, der Türkei und Katar gekommen. "An diesem Ort geschah am 11. September 2012 der Angriff auf das diplomatische Hauptquartier der USA, bei der US-Botschafter Chris Stevens zusammen mit einem Agenten und zwei Marinesoldaten ums Leben kam. Das Konsulat ist seitdem geschlossen, die Straße wird gesichert."

"Extremisten kontrollierten bis zur Flucht der Terroristengruppe Wilayat Barqganze im Januar 2017 und der Flucht des Schura-Rats im Mai 2017 ganze Stadtteile wie Suq Al-Hout, das Fischmarktviertel und al-Sabri, die völlig zerstört zurückblieben. Der Terror verschonte auch nicht das italienische Konsulat, von dessen Hauptquartier nur noch wenige Mauern stehen. Am 12. Januar 2013 wurde der Wagen des italienischen Generalkonsuls Guido De Sanctis beschossen. Der Diplomat blieb zwar unverletzt, aber Italien zog seine Mitarbeiter zurück. Die Menschen der Kyrenaika warten immer noch auf seine Rückkehr, die sich, wahrscheinlich durch die Ereignisse in Tripolis, verzögert."

In Bengasi würden die Menschen nicht daran zweifeln, dass die Armee ihren Brüdern und Schwestern in Tripolis das Leben zurückbringen werde. Es sei völlig undenkbar, sie in der Geiselhaft von Milizen, Kriminellen und Terroristen zu lassen. In Bengasi sei es vielen Dschihadisten gelungen zu fliehen. [...]
Bengasi habe den Krieg gegen den Terror gewonnen und die Menschen kehrten zu einem neuen Leben zurück und schmiedeten Zukunftspläne. Im heiligen Monat Ramadan seien die Tage ruhig, erst abends zum Fastenbrechen erwache das Leben. Gegen vier Uhr nachmittags öffneten die Verkaufsstände. Frisches Brot, Spielzeug und Süßigkeiten würden verkauft. Noch vor Sonnenuntergang strömten Familien auf die Straße. Man könne winzige Kugeln in fünf verschiedenen Farben kaufen, die sich in einer mit Wasser gefüllten Schüssel zu voller Größe ausdehnen. "Die Menschen scheinen glücklich zu sein und sich sicher zu fühlen. Von einer angsteinflößenden Militärdiktatur, von der so viel die Rede ist, sei nichts zu spüren. Höfliche Beamte regeln den Verkehr, Polizei ist vor Ort, aber anders als in Tripolis, nicht so aufdringlich, wo die Milizen manchmal eher wie Zivilisten wirken." Ein anderer Unterschied zu Tripolis: Der Dialekt habe eine andere Musikalität. Die Autokennzeichen in Bengasi seien überregional. Viele Menschen seien in der Stadt gastfreundlich aufgenommen worden. Sie stammten aus Bani Walid, Tripolis, Misrata, sogar aus dem Süden, aus der Stadt Mursuk. Die Küstenstraße zum Flughafen säumten riesige Plakate, die den Märtyrern der libyschen Armee für die wiedererlangte Freiheit danken.

"Nach dem Fastenbrechen sind die Kinder mit den Eltern unterwegs zu den Spielplätzen. Zwischen den bunten Lampen galoppiert ein sehr junger Jockey, auf einem Mini-Pony, begleitet von seinem Reitlehrer. Mädchen sitzen auf einer Bank und unterhalten sich. Die Geschäfte sind bis spät in die Nacht geöffnet, Juweliere, berühmte Label- und Prêt-à-Porter-Boutiquen, aber auch Autohäuser. Jugendliche plaudern, einige sitzen in Cafés und schauen Fernsehen, andere schlängeln sich mit ihren Fahrrädern und Gokarts durch den Verkehr. Aus einem heruntergelassenen Autofenster lächelt uns jemand zu, so als ob er uns erkannt hätte und uns begrüßen wolle. In den Konditoreien haben wir die Wahl der Qual bei all den bunten , verführerischen Süßigkeiten: Kuchen, Erdbeeren, Pistazien, Joghurt und Schokolade. Bengasi feiert seine Auferstehung, das Leben hat über die dunkle Vergangenheit gesiegt. Einige Hotels wurden bereits renoviert, an anderen wird noch gearbeitet, ebenso wie an den Läden der Medina. So viel muss noch aufgebaut werden, doch die wichtigste Voraussetzung dafür ist gegeben: die Hoffnung auf und der Wunsch nach einer Zukunft. Das ist der Motor für eine Wohlstands-Revolution, an der ganz Libyen beteiligt sein wird."

A. Gutsche

 
https://specialelibia.it/2019/05/15/la-resurrezione-di-bengasi-dalle-macerie-alla
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Montag, 20. Mai 2019

Sarradschs Zeit ist abgelaufen

Libyen. Es gibt viele Gründe, warum der von der sogenannten ‚internationalen Gemeinschaft‘ eingesetzte und durch nichts legitimierte Fayez al-Sarradsch von seinen Ämtern zurücktreten muss.
Sarradsch war eindeutig der vom Westen eingesetzte Mann, um die Interessen eben dieses Westens in Libyen voranzubringen. Sarradsch hatte und hat kein Interesse, Libyen zu befrieden und echte und faire Wahlen durchzuführen, denn das wäre das Ende seiner Macht. Die libysche Bevölkerung weiß nur zu gut, was die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ für Spielchen in Libyen spielt, um ihre Wirtschaftsinteressen durchzusetzen. Allerdings ist die Lage inzwischen so chaotisch, dass es selbst für weite Teile des Westens nicht mehr aussichtsreich erscheint, weiter auf Sarradsch zu setzen. Frankreich, in Konkurrenz zu Italien, hat von Anfang auf die Macht aus dem Osten, die libysche Nationalarmee unter Feldmarschall Haftar gesetzt. Außerdem: Wer ist die ‚internationale Gemeinschaft‘? Das sind die Westmächte, die NATO und die mit ihr alliierten Staaten. Der Rest der Welt sollte sowieso nichts zu melden haben.
Der mit Sicherheit durchschlagkräftigste Grund für das Ende Sarradsch ist, dass ihm der US-amerikanische Präsident Trump die Unterstützung entzogen und sich auf die Seite von Haftar geschlagen hat. In einem Bloomberg-Artikel heißt es dazu: „In der vergangenen Woche erklärte Präsident Donald Trump in einer Telefonkonferenz mit Libyens starkem Mann Khalifa Haftar, dass die USA einen Angriff auf die Hauptstadt des Landes unterstützt haben, um die von den Vereinten Nationen befürwortete Regierung ihres Amtes zu entheben.
Nach Berichten von drei Diplomaten habe ein dem Trumps Gespräch mit Hafter vorausgehender Anruf von John Bolton, Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus, Haftar ebenfalls den Eindruck vermittelt, die USA hätten grünes Licht für eine Offensive auf Tripolis gegeben.“
Auch wenn diese Aussagen von Trump und Bolton in Widerspruch zu einer Erklärung des US-amerikanischen Außenministers Mike Pompeo stehen, der die libysche ‚Einheitsregierung‘ unterstützte, kann daraus bestenfalls geschlussfolgert werden dass die US-amerikanische Außenpolitik keine einheitliche Linie verfolgt, aber auch in diesem Fall der Ober wohl den Unter sticht.
Ein weiterer Grund für den dringend angeratenen Rücktritt Sarradsch ist auch gegeben, wenn es stimmt, was verschiedene Akteure in Libyen behaupten, nämlich dass es eine Absprache zwischen Sarradsch und Haftar gegeben hat, die besagte, dass die libysche Armee (LNA) keinen Widerstand zu erwarten hat, wenn sie in Tripolis einmarschiert. Wenn Sarradsch diese Abmachung gebrochen hat, dann ist er, und nur er allein für die bisher 454 Getöteten und etwa 2154 Verletzten, die die Kämpfe um Tripolis bisher gefordert haben, verantwortlich.
Die UNO und die Europäer werden Sarradsch und seine ‚Einheitsregierung‘ nicht gegen den Willen des US-amerikanischen Präsidenten halten können, auch weil Frankreich, Ägypten, die VAE und sogar Saudi Arabien Haftar und die libysche Armee (LNA) unterstützen, sicherlich mit dem Wohlwollen von Russland. Die Europa-Rundreise, die Sarradsch vor wenigen Tagen unternahm, kann als gescheitert gelten. Laut des US-amerikanischen Magazins Politico hat as-Sarradsch sein Ziel – er besuchte Rom, Berlin, Paris und London – nicht erreicht. Die Europäer verurteilten den Marsch von Feldmarschall Khalifa Haftar auf Tripolis nicht eindeutig und es herrschte die allgemeine Ansicht, dass ein Waffenstillstand angestrebt werde, ohne als Vorbedingung den Rückzug der libyschen Armee (LNA) auf ihre alten Stellungen zu fordern. Sogar Italien scheint diese Linie zu teilen.
Als Gegenschlag hat die ‚Einheitsregierung‘ angekündigt, die Lizenzen von 40 ausländischen Firmen auszusetzen, darunter die französische TOTAL. Als Begründung wurde angegeben, die Firmen hätten versäumt, die Lizenzen fristgerecht zu verlängern. Diese Maßnahme wird Europa und die ‚internationale Gemeinschaft‘ in ihrem Vorhaben, Sarradsch abzusetzen, noch bestärken.
Sarradsch hat auch in Libyen die Sache in jeder Hinsicht verbockt. Er hat die gesamte Bevölkerung gegen sich aufgebracht. Im Osten des Landes ist man dankbar, dass die libysche Armee dem Islamisten-Spuk ein Ende machte und unterstützt bedingungslos die Armee und Hafter. Um den Süden und die dortigen Zustände hat sich Sarradsch Regierung überhaupt nichts geschert, auch nicht um die Bedrohung der dortigen Menschen durch IS, al-Kaida und marodierende Milizen. Auch dort wurde die Ankunft der libyschen Armee (LNA) mit Freuden begrüßt. Und in Tripolis sind die Menschen es mehr als leid, dass ihre Stadt und ihr Staat von den blutsaugenden Milizen ausgebeutet werden, während Infrastruktur und soziale Einrichtungen dem Verfall preisgegeben sind.
Wer also steht noch hinter Sarradsch? Die Tripolis- und Misrata-Milizen wohl auch nur, solange er erpressbar ist und der Geldhahn offen bleibt. Die Türkei und Katar? Die stehen hinter den Moslembrüdern, die verspielt haben. Die Türkei und Katar werden versuchen, für ihre Parteigänger noch so gute Kapitulationsbedingungen wie möglich herauszuholen. Viele Kämpfer werden sich ins Ausland absetzen, aus dem sie ja zum Großteil auch kommen. Sie kämpften entweder als Söldner für die ‚Einheitsregierung‘ oder waren Mitglieder des IS oder von al-Kaida. Stammesmilizen werden in die neue Armee integriert werden bzw. deren Angehörige ins zivile Leben zurückkehren. Bei den jetzigen Kämpfen um Tripolis dürfte es sich um die letzten Zuckungen eines wilden Haufens handeln.
Wenn Sarradsch weg ist, könnte es einen neuen Übergangspremier der ‚Einheitsregierung‘ geben. Da dieser nicht mehr von den Moslembrüdern und Milizen beherrscht sein wird, kann ihn Hafter als Premier akzeptieren. Hafter selbst wird wohl der Oberbefehlshaber der vereinten, neuen libyschen Streitkräfte bleiben bzw. werden.
Man kann nur hoffen, dass dieser neue Premier so schnell wie möglich Wahlen ausschreiben lässt, die unter dem Schutz der libyschen Armee abgehalten werden. Es müssten Wahlen sein, an der sich alle politischen Akteure Libyens beteiligen können, die frei und fair ablaufen, und deren Ergebnisse von allen Teilnehmenden anerkannt werden. Hafter hat sich bisher stets zu Wahlen bekannt. Er selbst wird nicht antreten, alt und gesundheitlich angeschlagen wie er ist, sondern sich mit seiner Rolle als militärischer Oberbefehlshaber begnügen.
Doch zunächst wird sich der UN-Sicherheitsrat am 16. Mai auf Bitte von Großbritannien erneut in einer geheimen Sitzung zum Thema Libyen zusammensetzen. Erst einmal hat er einen Waffenstillstand für Libyen gefordert
A. Gutsche


Dienstag, 14. Mai 2019



Kampf um Tripolis: 08. bis 09. Mai 2019

Libyen. Tote bei IS-Angriff in Südlibyen / Luftangriffe der LNA auf Munitionslager der ‚Einheitsregierung‘ / Sarradsch in Berlin, Paris und London / ‚Einheitsregierung‘ kündigt Wirtschaftsverträge / Hafter in Kairo

+ 08.05. Die Anzahl der Todesopfer ist bei den Kämpfen um Tripolis auf 443 gestiegen, die der Verletzten beträgt etwa 2110. Laut der UN-Organisation für Migration sollen etwa 60.000 Zivilisten vor den Kämpfen um Tripolis geflohen sein.
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+ 08.05. Am 7. Mai hatte die libysche Armee (LNA) eine Mirage-F1 aus Misrata abgeschossen. Der verletzte Pilot gab nach seiner Gefangennahme an, er sei portugiesischer Staatsbürger, d.h. es handelt sich um einen für die ‚Einheitsregierung‘ kämpfenden Söldner.
Inzwischen hat sich auch die Identität seines Kommandanten geklärt: Er heißt Alhadi Ali Maklouf, ist Einsatzleiter für die Mirage-F1 und Kommandant für technische Angelegenheiten.
Es existiert ein Vertrag, den Alhadi mit einer Gruppe von Ingenieuren aus Ecuador als Vertreter des Air College unterzeichnete. Die Ingenieure aus Ecuador waren von dem Unternehmen Gateway to MENA for Logistics Services vermittelt worden, das ihrerseits mit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis zusammenarbeitete. Am 2. Juni 2016 wurde diese Zusammenarbeit durch einen Flugzeugabsturz aufgedeckt. Die Piloten erhielten ein monatliches Salär in Höhe von bis zu 20.000 Euro.
Die Frage, in wessen Diensten der portugiesische Pilot stand und von wem er bezahlt wurde, dürfte somit geklärt sein. Die Verbindungen zur ‚Einheitsregierung‘ sind eindeutig. Dennoch bestreitet die ‚Einheitsregierung‘, etwas mit dem Kampfjet oder dem portugiesischen Piloten zu tun zu haben.
Laut dem portugiesischen Verteidigungsministerium wird kein Pilot der portugiesischen Luftwaffe vermisst. Es werden auch keine Einsätze in Libyen geflogen und die Luftwaffe habe keine Mirage F1-Flugzeuge.
Das Parlamentsmitglied Tariq al-Jeroushi forderte, Sarradsch und den Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ vor Gericht zu stellen, da es ein Kriegsverbrechen sei, ausländische Söldner zu rekrutieren, um libysche Bürger zu töten und Städte zu bombardieren. Auch der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit des libyschen Parlaments verurteilte aufs Schärfste, dass die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis ausländische Piloten als Söldner angeheuert hat. Die internationale Gemeinschaft müsse die Anerkennung der ‚Einheitsregierung‘ aufheben.
+ 08.05. Die UN-Sondermission für Libyen äußerte ihre Besorgnis über die zunehmenden Fälle von Verhaftungen und Entführungen von Beamten und Journalisten in Libyen.
08.05. Nachdem Fayez al-Sarradsch, ‚Premierminister‘ der ‚Einheitsregierung‘ Italien und Deutschland besuchte, fand auch ein Treffen mit dem französischen Präsidenten Macron in Paris statt. Macron forderte einen bedingungslosen Waffenstillstand unter internationaler Aufsicht, da es keine militärische Lösung geben könne.
+ 08.05. Es hat sich eine Pro-Sarradsch-Gruppe des libyschen Parlaments vom Parlament in Bengasi abgespalten und zum zweiten Mal mit 45 Abgeordneten in Tripolis getagt. Für die nächsten eineinhalb Monate wurde als Übergangspräsident Al-Sadiq Al-Kehili (Tadschura) und Hamouda Sayala (Tripolis) als Mediensprecher mit den Stimmen von 27 Mitgliedern gewählt.
+ 08.05. Der Dschihadist Ibrahim al-Mudani, bekannt als Ibrahim Nakouza, wurde bei einem Luftschlag der Armee (LNA) getötet. Er stand mit dem dschihadistischen Schura-Rat von Bengasi in Verbindung.
+ 09.05. Bei Luftangriffen der libyschen Armee (LNA) wurden ein Munitionsdepot der ‚Einheitsregierung‘ getroffen. Weitere Angriffe erfolgten auf das Hauptquartier einer Miliz im Gebiet von Dschanzur im Westen von Tripolis.
+ 09.05. Der ägyptische Präsident al-Sisi hat gemeinsam mit dem obersten General des Geheimdienstes Feldmarschall Khalifa Hafter in Kairo empfangen.
+ 09.05. Der IS hat sich zu einem Angriff auf die Stadt Ghudwa (südlich von Sebha) bekannt, bei dem drei Zivilisten getötet und ein vierter entführt wurden. Es sollen damit die Streitkräfte der libyschen Armee unter Hafter getroffen werden.
+ 09.05. Nachdem der Versuch von Sarradsch, auf seiner Europa-Tour Deutschland und Frankreich zur Unterstützung der ‚Einheitsregierung‘ einzuschwören, als gescheitert angesehen werden muss, hat der ‚Wirtschaftsminister‘ der ‚Einheitsregierung‘ in einem Erlass erklärt, dass der Handel mit mehreren internationaler Unternehmen, insbesondere mit französischen wie der Ölgesellschaft TOTAL, eingestellt werden soll. Betroffen sind auch Alcatel, Thales und Bruges sowie Siemens, das für die meisten Energieprojekte in Libyen zuständig ist. Auch das italienische Unternehmen Bocelli war betroffen, was als Warnung an Italien verstanden werden kann, dass auch der italienische Erdölkonzern ENI, der in Westlibyen tätig ist, in Zukunft betroffen sein könnte.
Die offizielle Begründung lautet, es wären Genehmigungen abgelaufen.
+ 09.05. Sarradsch ist in London mit Theresa May und dem britischen Außenminister Jeremy Hunt zusammengetroffen.
+ 09.05. Die UN untersuchen, ob die libysche Armee oder einer ihrer Verbündeten trotz des Waffenembargos in Tripolis bewaffnete Drohnen einsetzen.


Die Hauptstadt Tripolis ist seit dem 4. April umkämpft. Auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ stehen die Tripolis- und Misrata-Milizen, die die vom Ausland eingesetzte 'Einheitsregierung' stützen, und auf der anderen Seite die libysche Armee (LNA) unter General Hafter, die vom gewählten libyschen Parlament in Bengasi und einer Übergangsregierung aufgestellt wurde und den Auftrag erhielt, gegen die dschihadistisch-terroristischen Milizen, die die Hauptstadt Tripolis im Würgegriff halten, vorzugehen.
Es sollten vom 14. bis 16. April in der Stadt Ghadames Gespräche aller in Libyen aktiven politischen Parteien stattfinden, und ein Wahltermin festgelegt werden. Diese Konferenz wurde nach dem Ausbruch der Kämpfe um Tripolis von den Vereinten Nationen abgesagt. Wahlen werden seit Jahren immer wieder verschoben.
Formell sind die Tripolis-Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gegenüber loyal. Allerdings haben die Milizen kriminelle Netzwerke gebildet, kontrollieren sowohl die ‚Einheitsregierung‘ als auch die Wirtschaft und saugen den Staat finanziell aus. Ihren Lohn erhalten sie von Ministerien oder staatseigenen Firmen. Die libysche Bevölkerung ist der Willkür dieser Milizen ausgeliefert.
Tatsächlich ist Libyen Schauplatz eines internationalen Konflikts. Katar, die Türkei und Italien stehen gegen Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Frankreich. Wichtige Akteure sind die Golfstaaten, die EU, aber auch die USA und Russland mischen mit. Damit endlich wieder die libysche Bevölkerung Gehör findet und über die Politik im eigenen Land bestimmen kann, müssen so schnell wie möglich Wahlen abgehalten werden.
Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen und der brutalen Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos.

 A. Gutsche

Montag, 13. Mai 2019



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Libyen: Luftwaffe schießt EU-Söldner in Kampfflugzeug ab
13.5.2019. Die Luftabwehr der Libyschen Nationalen Armee (LNA) unter General Khalifa al-Haftar hat ein Mirage F.1- Kampfflugzeug abgeschossen, welches im Auftrag der von der westlichen Staatengemeinschaft unterstützten Marionettenregierung unter „Premierminister“ Fayez al-Seraj, operierte. Der portugisische Pilot konnte sich retten und wurde gefangengenommen, wo er zugab mit anderen Söldnern aus der EU für die islamistischen Milizen in Misrata, welche an der Seite Serajs kämpfen, tätig zu sein und dafür bezahlt worden zu sein, „um Straßen und Brücken zu zerstören“.



Neue Richtung fordert nach Trumps Erklärung Abzug der US-Truppen aus Deutschland
30.4.2019. Nachdem der US-amerikanische Machthaber Donald Trump die unverschämte Forderung an alle Staaten, welche unter der weitgehend überflüssigen Stationierung US-amerikanischer Truppen leiden, gerichtet hat, einen weitaus höheren Betrag für diese „Sicherheitsdienste“ der USA zu zahlen, hat die neutralistische Bürgerbewegung Neue Richtung den vollständigen Abzug der US-Truppen aus Deutschland innerhalb von sechs Monaten gefordert. Deutschland zahlt aktuell eine Milliarde Euro pro Jahr an Washington für dessen „Schutz“ und führt weltweite Unterstützungsaktionen in den US-Kriegen durch, während die aggressive US-Politik unser Land dadurch zur Zielscheibe von Gegnern der USA macht – ein Zustand, der nicht länger hingenommen werden kann und durch einen sofortigen NATO-Austritt und den Rauswurf der US-Truppen beendet werden muß!



Freitag, 10. Mai 2019



Dschihadisten aus Syrien auf dem Weg nach Libyen


Libyen. Britischer und türkischer Geheimdienst arbeiten zusammen mit der ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch an dem Transport von 6.000 Kämpfern aus dem syrischen Idlib nach Tripolis und Misrata.und die von der UNO unterstützte Regierung bringen 6.000 Terroristen aus Syriens Idlib nach Tripolis und Misrata

Ibrahim Moussa, ehemals Sprecher des Allgemeinen Volkskomitees, sagte, dass laut gut informierten Kreisen eine Koordination zwischen dem britischen Geheimdienst (MI6), dem türkischen Geheimdienst (MİT) und der ‚Einheitsregierung‘ unter Fayiz as-Sarradsch besteht, um über die internationalen Flughäfen von Misrata und Mitiga (bei Tripolis) etwa 6.000 multinationale Terroristen aus der syrischen Stadt Idlib nach Misrata und Tripolis zu fliegen.
Ibrahim Moussa fügte hinzu, dass die syrischen Streitkräfte gerade eine große Offensive gegen Idlib, die letzte große syrische Dschihadisten-Hochburg, begonnen haben. Sollten diese radikal-islamistischen Kämpfer aus Idlib gegen die libysche Armee in Stellung gebracht werden, setze dies eine neue Spirale des islamistischen Terrorismus in Gang. Das britisch-türkisch-dschihadistischen Projekt werde jedoch an der Operation ‚Würde‘ der libyschen Armee scheitern.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga rief alle libyschen Parteien dazu auf, Zurückhaltung zu üben und eine weitere Eskalation im westlichen Libyen zu vermeiden. Es müsse weiterhin ein politischer Weg aus der Krise gesucht werden.
Der ‚Ministerpräsident‘ der ‚Einheitsregierung‘, Fayiz as-Sarradsch befindet sich gerade auf Europa-Tournee. Am 6. April traf er mit einer Delegation von Diplomaten und Militärs in Rom ein, um sich unter anderen mit dem italienischen Premierminister Giuseppe Conte zu treffen. Obwohl Conte noch vor kurzem sagte, er sei weder für Hafter noch für Sarradsch, gestattete er ein Treffen der Tripolis-Milizen mit italienischen Militärs. Anschließend reiste Sarradsch zu Gesprächen nach Berlin weiter, wo er sich gestern mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel traf. Sarradsch dürfte auch bei diesen Gesprächen um eine verstärkte Unterstützung seiner ‚Einheitsregierung‘ durch die EU geworben haben bzw. wie bereits vorher gedroht haben, alle Migranten, die gerne nach Europa möchten, loszuschicken und einige IS-Kämpfer gleich dazu. Kurz vor den Europa-Wahlen eine böse Drohung.
Dies bedeutet im Prinzip, dass die EU nicht nur mit den Moslembrüdern, der Türkei und Katar gemeinsame Sachen machen soll, sondern auch mit libyschen Extremisten und internationalen al-Kaida und IS-Kämpfern, die weltweit als Terroristen gelistet sind.
Die Situation in Libyen ist unhaltbar und die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis wird nur durch die Unterstützung übelster Milizen, die von Ausland mit Waffen und Kämpfern unterstützt werden, künstlich am Leben erhalten. Außerhalb der libyschen Hauptstadt Tripolis, Misrata und kleinen Gebieten im Westen haben diese Milizen keine Gebiete unter ihrer Kontrolle. Eine weitere Unterstützung dieser terroristischen Tripolis- und Misrata-Milizen kann nur heißen, man ist an einer Friedens- und demokratischen Lösung in Libyen nicht interessiert.
Es kann nur einen Weg zum Frieden für Libyen geben: Niederschlagung der Milizen, Festlegung eines Wahltermins, Sicherung von allgemeinen Wahlen, an denen alle politischen Parteien beteiligt werden, durch die Armee.
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Die Hauptstadt Tripolis ist seit dem 4. April umkämpft. Auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ stehen die Tripolis- und Misrata-Milizen, die die vom Ausland eingesetzte 'Einheitsregierung' stützen, und auf der anderen Seite die libysche Armee (LNA) unter General Hafter, die vom gewählten libyschen Parlament in Bengasi und einer Übergangsregierung aufgestellt wurde und den Auftrag erhielt, gegen die dschihadistisch-terroristischen Milizen, die die Hauptstadt Tripolis im Würgegriff halten, vorzugehen.
Es sollten vom 14. bis 16. April in der Stadt Ghadames Gespräche aller in Libyen aktiven politischen Parteien stattfinden und ein Wahltermin festgelegt werden. Diese Konferenz wurde von den Vereinten Nationen abgesagt, nachdem Wahlen seit Jahren immer wieder verschoben wurden.
Formell sind die Tripolis-Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gegenüber loyal. Allerdings haben die Milizen kriminelle Netzwerke gebildet, kontrollieren sowohl die ‚Einheitsregierung‘ als auch die Wirtschaft und saugen den Staat finanziell aus. Ihren Lohn erhalten sie von Ministerien oder staatseigenen Firmen. Die libysche Bevölkerung ist der Willkür dieser Milizen ausgeliefert.
Tatsächlich ist Libyen Schauplatz eines internationalen Konflikts. Katar, die Türkei und Italien stehen gegen Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Frankreich. Wichtige Akteure sind die Golfstaaten, die EU, aber auch die USA und Russland mischen mit. Damit endlich wieder die libysche Bevölkerung Gehör findet und über die Politik im eigenen Land bestimmen kann, müssen so schnell wie möglich Wahlen abgehalten werden.
Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen und der brutalen Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos.


A. Gutsche 

 



Abgeschossener Pilot ist portugiesischer Söldner

Libyen: Der Pilot startete von Misrata seine Kampfjets, um „Straßen und Brücken zu zerstören“. Die Identität desjenigen, von dem der Söldner die Befehle empfing, konnte gelüftet werden.

Wie berichtet, schoss die libysche Armee (LNA) am 7. April ein Kampfflugzeug südlich von Tripolis ab und konnte den verletzten Piloten gefangen nehmen. Bei dem Kampfflugzeug handelte es sich um eine Mirage F1ED, die vom Luftwaffenstützpunkt Misrata gestartet war. Es gehörte zur Luftwaffe von Misrata, die in den letzten Wochen dutzende von Luftangriffen in umkämpften Gebieten wie Kasr bin Gashir, Tarhouna, Suq al-Khamis, Gharian flog. Am Luftwaffenstützpunkt in Misrata befindet sich das sogenannte Air College, das unter dem Kommando des Premierministers der ‚Einheitsregierung‘, Fayez al-Sarradsch steht.
Der Pilot wurde medizinisch behandelt und sagte, sein Name sei Jaime Reis, er sei 29 Jahre alt und portugiesischer Staatsbürger. Er sei nach Libyen geholt worden, „um Straßen und Brücken zu zerstören“. Er habe einen Vertrag mit einem ‚al-Hadi‘ abgeschlossen.
Dieser Aussage ging die italienische Journalistin Vanessa Tomassini von SpecialeLibia nach und konnte die Identität von ‚al-Hadi‘ lüften. Es handelt sich dabei um Alhadi Ali Maklouf, der als Planungsleiter für die Mirage-F1 und als Kommandant für technische Angelegenheiten an der Akademie tätig war. Es existiert ein Vertrag, den Alhadi mit einer Gruppe von Ingenieuren aus Ecuador als Vertreter des Air College unterzeichnete. Die Ingenieure aus Ecuador waren von dem Unternehmen Gateway to MENA for Logistics Services vermittelt worden, das ihrerseits mit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis zusammenarbeitete.
Bereits am 2. Juni 2016 wurde diese Zusammenarbeit aufgedeckt, nachdem bei einem Luftangriff auf den IS in Sirte ein portugiesischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland, ums Leben gekommen war. Die Piloten hatten monatlich bis zu 20.000 Euro verdient.

A. Gutsche


Donnerstag, 9. Mai 2019



Kampf um Tripolis: 04. bis 07. Mai 2019


Libyen. Misrata-Kampfflugzeug mit portugiesischem Pilot von libyscher Armee (LNA) abgeschossen / Hauptquartier der ‚Einheitsregierung‘ zerstört / Marsch auf Tripolis war zwischen Sarradsch und Hafter abgesprochen

+ 06.05. Die Anzahl der Todesopfer ist bei den Kämpfen um Tripolis auf 432 gestiegen, die der Verletzten beträgt etwa 2070. Laut der UN-Organisation für Migration sollen etwa 50.000 Zivilisten vor den Kämpfen um Tripolis geflohen sein.
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+ 04.05. Die ‚Einheitsregierung‘ sagt, ihre Milizen hätten viele zunächst von der libyschen Armee (LNA) eroberte Gebiete wieder zurückerobert.
Noch am 03.05. hatte die libysche Armee (LNA) versichert, vier Bezirke im Süden von Tripolis unter ihre Kontrolle gebracht zu haben.

+ 04.05. Nachdem sich der IS zu dem Anschlag auf ein Ausbildungszentrum der Armee (LNA) in der Stadt Sebha im Süden Libyens mit neun Toten bekannt hatte, sagte Khaled al-Scharif, ehemaliges Mitglied der Libyan Islamic Fighting Group (LIFG) einem libanesischen Sender, dass die sogenannte The South Protection Force, die zur ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch in Tripolis gehört, für diesen Anschlag verantwortlich sei. Es seien eine Reihe von Operationen geplant, damit die ‚Einheitsregierung‘ wieder die Kontrolle über Gebiete erlange, die heute von der libyschen Armee (LNA) kontrolliert werden.
Neben dem IS haben sich zwischenzeitlich auch mit der ‚Einheitsregierung‘ verbündete Milizen, al-Somoud und das Bataillon 166, als für den Anschlag verantwortlich erklärt.
+ 04.05. Jim Hanson, der Präsident der American Security Studies Group (ein in Virginia ansässiger Think Tank), sagte in einem Interview, dass viele Kämpfer des IS, die sich in Libyen aufhalten, nun für die von den Vereinten Nationen anerkannte ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch kämpfen und von dieser Regierung, ebenso wie al-Kaida-Mitglieder, auch finanziert werden. Die US-Regierung müsse sich auf die Seite derjenigen stellen, die gegen den IS sind. 

+ 04.05. Laut der italienischen Zeitung Il Giornale kam es in den Gewässern des Golfs von Sirte zu einem Vorfall zwischen Italien und der libyschen Küstenwache. Die Küstenwache hatte neun italienische Fischerboote abgefangen, woraufhin die italienische Marine eingriff und die Fischerboote befreite. Hintergrund bildet der Streit, wieweit sich die libyschen Hoheitsrechte in den Golf von Sirte erstrecken bzw. was zu internationalen Gewässern gehört.

+ 04.05. Zum ersten Mal sollen von Milizen der ‚Einheitsregierung‘ von Syrern hergestellte M-302-Artillerie-Raketen eingesetzt worden sein. Mehrere tausend dieser Raketen sollen Ende April von einem iranischen Frachtschiff über den Hafen von Misrata nach Libyen gebracht worden sein.

+ 05.05. Bei Nachtangriffen zwischen dem 2. und 3. Mai hat die libysche Armee (LNA) laut eigenen Angaben Luftangriffe auf 14 Ziele in den Außenbezirken von Tripolis durchgeführt. Dabei sollen Panzer, aufgerüstete Fahrzeuge und andere Waffen zerstört worden sein.



+ 06.05. Ramadan sharif mubarak!
Die libysche Armee unter Hafter lehnt einen von der UN geforderten Waffenstillstand ab und erklärt, im Fastenmonat Ramadan einen „heiligen Krieg“ führen zu wollen.
Allerdings herrschte in Tripolis am ersten Tag des Ramadan vorsichtige Ruhe. Kampflärm war nicht zu hören.

+ 06.05. Laut Sputnik zerstörten die von Feldmarschall Haftar geführten Streitkräfte das Hauptquartier der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis.
+ 06.05. Der Hohe Sozialrat der libyschen Tuareg verurteilte den vor wenigen Tagen begangenen Terroranschlag auf das militärische Ausbildungslager der libyschen Armee (LNA) in Sebha, bei dem neun Menschen starben. Den betroffenen Familien wurde das Beileid ausgesprochen. Es seien wiederholt in Südlibyen solch feige terroristische Taten durchgeführt worden, die Ergebnisse der durchgeführten Ermittlungen der ‚Einheitsregierung‘ seien aber nie publik gemacht worden. Der Stammesrat bat die libysche Armee, Verantwortung zu übernehmen und das Sicherheitsvakuum zu schließen, das es diesen Gruppen ermöglichte, sich im Süden frei zu bewegen. Die ‚Einheitsregierung in Tripolis wurde gewarnt, keine Unterstützung oder militärische Hilfe Gruppen zukommen zu lassen, die von den Völkern des südlichen Libyens nicht anerkannt werden. Die ‚Einheitsregierung‘ werde als Komplize oder „Partner bei allen terroristischen Handlungen dieser Gruppen betrachtet, da sie von dort ihre Legitimität beziehen“.
+ 06.05. Fayez al-Sarradsch von der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis reiste mit einer Delegation von Diplomaten und Militärs nach Rom, um sich unter anderen mit dem italienischen Premierminister Giuseppe Conte zu treffen. Obwohl Conte noch vor kurzem sagte, er sei weder für Hafter noch für Sarradsch, gestattete er ein Treffen der Tripolis-Milizen mit italienischen Militärs.
Laut der italienischen Zeitung Repubblica forderte Sarradsch von Italien, es soll mehr und vor allem offener die ‚Einheitsregierung‘ verteidigen, die zwar von den Vereinten Nationen anerkannt, aber von der internationale Gemeinschaft aufgegeben worden sei.
+ 06.05. Während eines von Egypt Today in Kairo veranstalteten Seminars kam es zu einem Meinungsaustausch von libyschen Politikwissenschaftlern und Journalisten.
Mohamed el-Zobeidy, Professor für Völkerrecht an der Universität von Tripoli, sagte, die militärische Operation in der Hauptstadt hätte die Befreiung der staatlichen Institutionen aus dem Griff von militanten Gruppen zum Ziel. Die Hauptstadt Tripolis, wo fast 60 Prozent der libyschen Bevölkerung lebten, werde von Milizen beherrscht. Dort seien auch Kämpfer des IS, der Muslimbruderschaft und von al-Kaida aktiv. Zobeidy ist der Meinung, dass die Türkei und Katar Terroristengruppen und Militante in Libyen unterstützen, um das Land in ein Ausbildungszentrum für Terroristen zu verwandeln, die anschließend nach Syrien und in den Irak verlegt werden könnten.
Eine politische Lösung für Libyen sei nach der Befreiung von Tripolis möglich, allerdings werde eine solche Lösung von Militanten behindert.

Der libysche Journalist Abdel Baset bin Hamel sagte interessanter Weise, dass ein friedlicher Einmarsch der libyschen Armee (LNA) in Tripolis zwischen Fayez al-Sarradsch von der ‚Einheitsregierung‘ und Feldmarschall Hafter vorher abgesprochen war. Allerdings habe Sarradsch nach Besuchen in Doha und Ankara gegen diese Vereinbarung verstoßen.
 
Bin Hamel ist sich sicher, dass sowohl arabische als auch andere ausländische Terroristen gegen die libysche Armee in Tripolis kämpften. Einer der Terroristen sei Salah Bady, der 2014 für den Brand des Flughafens von Tripolis verantwortlich war und der von der Türkei finanziert wird, um gegen die libysche Armee zu kämpfen.
Der UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Ghassan Salamé, habe Militante mittels falscher Sicherheitsmaßnahmen wieder in die politische Szene in Libyen eingeschleust. Die UN-Mission schließe die Augen vor der gefährlichen Rolle, die Terroristen in Libyen spielen. Diese würden libysche Beamte und Diplomaten kidnappen und die Bürger erpressen.
Der libysche Politikwissenschaftler Ibrahim bel-Kassim sagte, dass die Bruderschaft in Libyen keinen Rückhalt hat. Sie muss sich jetzt an der Macht halten, das sei ihre einzige Hoffnung, da sie im Land sehr unbeliebt sei. Die Bruderschaft habe gute Beziehungen zu Militanten in Misrata. Deshalb müssen diese Gruppen ausgeschaltet und entwaffnet werden.
Ein ehemaliger Berater der libyschen Armee, Ramzy el-Romeeh, stellte die Zukunft Libyens angesichts der Unmengen sich im Umlauf befindlicher Waffen, infrage. Er sagte: „Die libyschen Streitkräfte streben nicht nach Macht, weil sich der Staat im Chaos befindet, sondern sie wollen ihn befreien, damit der Wiederaufbau beginnen kann.“ Und: „Fayez al-Sarradsch ist in einer bösen Situation, da er von internationalen Geheimdiensten kontrolliert wurde, vor allem von Großbritannien, zusätzlich von der Türkei und Katar... Milizen haben die Führung von Tripolis übernommen.“

+ 07.05. Die libysche Armee (LNA) hat ein Kampfflugzeug südlich von Tripolis abgeschossen und deren Piloten gefangengenommen. Es soll sich dabei um einen Söldner handeln, der sich selbst als portugiesischen Staatsbürger bezeichnet. Das Flugzeug gehört zur Luftwaffe von Misrata, die in den letzten Wochen dutzende von Luftangriffen in umkämpften Gebieten wie Kasr bin Gashir, Tarhouna, Suq al-Khamis, Gharian flog.

+ 07.05. Bei vier Luftangriffen der Armee in Tripolis wurden Panzer, Fahrzeuge und ein Waffenlager zerstört.
+ 07.05. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, hat alle Parteien des libyschen Konflikts zu einem Waffenstillstand aufgerufen. Die Offensive auf Tripolis solle gestoppt werden.
+ 07.05. Laut der Fluggesellschaft wurde ein Pilot von Libyan Airlines von Bewaffneten aus seinem Hotelzimmer in Tripolis entführt. Der Pilot stammt aus Bengasi. Innerhalb Tripolis häufen sich gerade die Entführungen. Der ‚Innenminister‘ der ‚Einheitsregierung‘ hat dazu aufgerufen, alle zu inhaftieren, die die Sicherheit in Tripolis unterminieren.
+ 07.05. Drei Söhne des Staatsratsmitglieds Hamid Barekow wurden in Mursuk ermordet. Bewaffnete eröffneten das Feuer auf die drei Brüder auf offener Straße.
+ 07.05. Nachdem der Fernsehsender Libya Al-Ahrar behauptete, zwei seiner Journalisten seien von der libyschen Armee (LNA) entführt worden, erklärte die libysche Armee (LNA)  in einer Stellungnahme, dass die legitimen libyschen Streitkräfte vom libyschen Parlament beauftragt wurden, den Terrorismus im Land zu beseitigen. Jeder, der zu Gewalt gegen diese Kräfte aufstachle, falle unter die Strafe des libyschen Gesetzes.
+ 07.05. Al-Sarradsch trifft in Berlin zu Gesprächen mit Kanzlerin Merkel ein.

Die Hauptstadt Tripolis ist umkämpft, auf Seite der ‚Einheitsregierung‘ stehen die Tripolis- und Misrata-Milizen, die die vom Ausland eingesetzte 'Einheitsregierung' stützen, und auf der anderen Seite die libysche Armee unter General Hafter, die vom gewählten libyschen Parlament in Bengasi und einer Übergangsregierung aufgestellt wurde.
Formell sind die Tripolis-Milizen der Einheitsregierung gegenüber loyal. Allerdings haben die Milizen kriminelle Netzwerke gebildet, kontrollieren sowohl die ‚Einheitsregierung‘ als auch die Wirtschaft und saugen den Staat finanziell aus. Ihren Lohn erhalten sie von Ministerien oder staatseigenen Firmen. Die libysche Bevölkerung ist der Willkür dieser Milizen ausgeliefert.
Tatsächlich ist Libyen Schauplatz eines internationalen Konflikts. Katar, die Türkei und Italien stehen gegen Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Frankreich. Wichtige Akteure sind die Golfstaaten, die EU, aber auch die USA und Russland mischen mit. Damit endlich wieder die libysche Bevölkerung Gehör findet und über die Politik im eigenen Land bestimmen kann, müssen so schnell wie möglich Wahlen abgehalten werden.
Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen und der brutalen Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos.

A. Gutsche


Dienstag, 7. Mai 2019



Der Krieg gegen Libyen befeuerte Terrorismus in Afrika und Europa

Libyen. Libyen war seit dem Nato-Krieg 2011 und dem Sturz der Dschamahirija der ideale Nährboden für Terrorismus, al-Kaida und den Islamischen Staat.

Unter dem Titel „Wie der Krieg des Westens gegen Libyen in 14 Ländern den Terrorismus verbreitete“ schreibt Mark Curtis auf MiddleEastEye über die schrecklichen Konsequenzen, die der Nato-Krieg vor acht Jahren gegen Libyen nach sich zog.
Sowohl bei Europäern als auch bei Afrikanern mache sich das Erbe von David Cameron, Nicolas Sarkozy und Barack Obama, die den libyschen Führer Muammar Gaddafi stürzten, grausam bemerkbar. Allerdings sei man immer noch weit davon entfernt, diese Politiker für ihre Kriegsentscheidung zur Rechenschaft zu ziehen.

Unregierbarer Raum
In dem Konflikt von 2011 arbeitete die Nato mit islamistischen Kräften vor Ort zusammen, um Gaddafi zu stürzen. Dies hatte zur Folge, dass in Libyen ein rechtsfreier Raum, überflutet mit Waffen, entstand, der einen idealen Nährboden für terroristische Gruppierungen bot.

Syrien war das erste leidtragende Land
Als es in Syrien Anfang 2011 – also etwa zur gleichen Zeit wie in Libyen – zum Ausbruch des Bürgerkriegs kam, wurden in Libyen rund 3.000 Kämpfer, die auf dem Weg nach Syrien waren, gefördert und ausgebildet. Viele von ihnen gehörten al-Kaida, Dschabhat al-Nusra und dem Katibat al-Battar al-Libi (KBL) an. KBL war von libyschen Kämpfern gegründet worden und mit dem IS verbündet.
In der Stadt Derna, im Nordosten von Libyen, wurden Mitte 2014 al-Kaida-Gruppierungen, die sich umbenannt hatten, zum ersten offiziellen Ableger des IS im Land. Zu deren Mitgliedern zählte auch der KBL.

2015 verübte der IS in Libyen Autobombenanschläge und enthauptete Menschen. Er konnte sich im Osten in Derna und Bengasi sowie im Westen in Sabrata etablieren. Die Stadt Sirte wurde von bis zu 5.000 IS-Kämpfern besetzt. Ende 2016 wurde der IS vor allem durch US-Luftangriffe aus diesen Gebieten vertrieben, zog sich jedoch in die Wüstengebiete südlich von Sirte zurück und setzte von dort die Angriffe fort.
In den letzten zwei Jahren konnte der IS wieder zu einer beachtlichen Größe aufsteigen. Erneut führt er regelmäßig gefährliche Überraschungsangriffe auf staatliche Institutionen in der südwestlichen Sahara aus, nach denen er sich schnell zurückzieht.

Der UN-Sonderbeauftragte für Libyen Ghassan Salamé sagte im September vor dem UN-Sicherheitsrat, dass sich der IS in Libyen wieder ausbreite und verstärkt Operationen durchführe. 

Terror in Europa
Nach dem Sturz Gaddafis richtete der IS in der Nähe der Stadt Sabrata Trainingslager ein, die mit einer Reihe von Terroranschlägen in Verbindung stehen.
Cameron Colquhoun, ein ehemaliger Anti-Terror-Analyst der britischen Regierung, sagte der New York Times, dass in Europa die schlimmsten Anschläge mit Waffen und Bomben zu der Zeit begannen, als Katibat al-Battar nach Libyen zurückgekehrt war. „Von dort begann die Bedrohung nach Europa überzugreifen – genau dann, als diese Männer nach Libyen zurückkehrten und ausreichend Bewegungsmöglichkeiten hatten.“
Salman Abedi, der 2017 bei einem Popkonzert in Manchester 22 Menschen in die Luft jagte, war mehrmals mit Mitgliedern des Katibat al-Battar al-Libi, einer Fraktion des IS, in Sabrata zusammengetroffen, wo er wahrscheinlich auch ausgebildet worden war.
Weitere Mitglieder des KBL waren Abdelhamid Abaaoud, der Rädelsführer der Pariser Angriffe 2015 auf den Nachtclub Bataclan und ein Sportstadion. Bei dem Angriff wurden 130 Menschen getötet. Ebenso gehörten Kämpfer, die 2015 in Belgien an dem Angriff von Verviers beteiligt waren, zum KBL.
Auch der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, wo im Jahre 2016 zwölf Menschen getötet wurden, hatte Kontakte zu Libyern, die mit dem IS in Verbindung standen.

Libyens Nachbarn
Als in Tunesien 2015 ein Anschlag auf das Bardo-Museum mit 22 Toten verübt wurde, hatten die Attentäter Verbindungen zum IS in Libyen.
Ebenfalls 2015 fand in Tunesien ein Anschlag am Strand eines Hotels im Ferienort Port El Kantaoui statt, ausgeführt von einem 23-jährigen Tunesier mit einem Maschinengewehr. 38 Touristen, hauptsächlich Briten, wurden erschossen. Der Täter war Berichten zufolge ein Anhänger des IS und war wie Salman Abedi im IS-Lager von Sabrata ausgebildet worden.
Der östliche Nachbar Libyens, Ägypten, wurde vom Terrorismus heimgesucht. IS-Funktionäre in Libyen standen mit Terroristengruppen in Verbindung, die möglicherweise mehrere tödliche Angriffe in Ägypten durchgeführt haben. Nach dem Sturz Gaddafis war die westliche Sahara zu einem Schmuggelkorridor für Waffen und Kämpfer geworden, die auf dem Weg in den Sinai waren. Ägypten führte 2015, 2016 und 2017 Luftangriffe gegen Terroristenlager in Libyen durch, zuletzt nachdem 29 koptische Christen ermordet worden waren.

Die Sahelzone
Libyen hat sich auch zu einem Knotenpunkt für dschihadistische Netzwerke der südlichen Sahelzone entwickelt. Im Jahr 2011 kamen durch die Aufstände große Mengen an Waffen nach Nordmali, die ethnische Stammeskonflikte, die seit den 1960er Jahren schwelten, wieder aufflammen ließen.
Bis 2012 konnten lokale Verbündete von al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQIM) die Kontrolle über die im Norden Malis gelegenen Städte Gao, Kidal und Timbuktu erlangen. Nachdem Frankreich in Mali eingegriffen hatte, führte der Mangel an staatlicher Kontrolle in Libyen dazu, dass verschiedene Gruppen ihre operativen Einsatzzentralen nach Libyen verlegten, darunter AQIM und dessen Ableger al-Mourabitoun. In Libyen war es für diese Gruppierungen ein leichtes, sich mit Waffen zu versorgen.
Von ihrer Basis in Libyen aus agierend konnte die Gruppierung al-Mourabitoun mit ihrem Anführer Moktar Belmoktar im Januar 2013 die Kohlenwasserstoffanlage Amenas im Osten Algeriens überfallen, wobei 40 ausländische Arbeiter getötet wurden. Sie zeichnen auch verantwortlich für den Angriff auf das Radisson Blu Hotel in Bamako, Mali, im November 2015 mit 22 Toten und für den Angriff auf das Hotel Splendid in Ouagadougou, Burkina Faso, bei dem im Januar 2016 zwanzig Menschen getötet wurden. Außerdem griff al-Mourabitoun auch eine Militärakademie und eine französische Uranmine im Niger an.

Katastrophale Außenpolitik
Der Zusammenbruch Libyens zieht aber noch weitere Kreise. Bis 2016 soll laut US-Berichten einiges darauf hingedeutet haben, dass die nigerianische Dschihadisten-Gruppe Boko Haram, die für zahlreiche grausame Angriffe und Entführungen verantwortlich zeichnet, ihre Mitglieder zum IS in Libyen schickte, um die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen zu intensivieren.
Die International Crisis Group stellte fest, dass es erst die aus Libyen und der Sahelzone zur Verfügung gestellten Waffen und Kenntnisse waren, die es Boko Haram ermöglichten, im Nordwesten Nigerias aktiv zu werden. Es wird sogar behauptet, dass Boko Haram seine Befehle vom IS in Libyen erhielt.
Neben Kämpfern aus 14 Ländern haben sich in den letzten Jahren Kämpfer aus mehreren anderen Staaten dem IS in Libyen angeschlossen. Es wird geschätzt, dass fast 80 Prozent der IS-Mitglieder in Libyen keine Libyer sind, sondern aus Ländern wie Kenia, Tschad, Senegal und Sudan stammen. Es besteht die Gefahr, dass diese Kämpfer nach ihrer Ausbildung in ihre Heimatländer zurückkehren.

Das wahre Ausmaß der Folgen des Libyen-Krieges ist unübersehbar: Es hat den Terrorismus in Europa, Syrien, Nordafrika und in Subsahara-Afrika befeuert. Der islamische Staat ist zwar in Syrien und im Irak fast geschlagen, aber er ist noch lange nicht tot.

A. Gutsche