Kurznachrichten Libyen – 07.01.2021
Libyen. Sebha (Fessan) unter Kontrolle der LNA / UN-Beobachtermission für Libyen / Wahlen in weiter Ferne / Lockerbie / Saudi-Arabien und Katar ausgesöhnt
Militärische Lage
+ 03.01.: Sebha/Kämpfe. In der südlibyschen Stadt Sebha
sind Kämpfe zwischen der LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung‘ ausgebrochen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1345730560564584448
+ 04.01.: Sebha/LNA. Die LNA hat Sebha unter ihre Kontrolle
gebracht. Die Lage in der Stadt soll ruhig sein.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1346121768734519298
+ 05.01.: Sebha/LNA. Das Generalkommando der LNA kündigte
an, dass es gewaltsam gegen jeden vorgehen wird, der die Sicherheit und
Stabilität von Sebha und den umliegenden Städten gefährdet. Es soll mit Geld
aus Tripolis bezahlte Kräfte gegeben haben, die Sebha destabilisieren und
ausländische Söldner rekrutieren sollten.
In Sebha kam es zu den Unruhen, nachdem sich der Innenminister der
‚Einheitsregierung‘, Fathi Bashagha, mit einer Gruppe der Tibu-Stämme getroffen
hatte. Diese unterstützen den Gouverneur der südlichen Region, der mit dem
Sarradsch-Loyalisten Ali Kana in Verbindung steht.
https://almarsad.co/en/2021/01/04/lna-general-command-lna-controls-sebhas-situation-after-bashagha-fuels-conflict/
+ 03.01.: Milizen. Die as-Samud-Brigade von Salah Badi
(Miliz der ‚Einheitsregierung‘) überwirft sich mit dem Hattin-Bataillon und
lehnt die im Rahmen des 5+5-Militärkommission beschlossene Wiedereröffnung der
Straße zwischen Misrata und Sirte ab.
Seit November 2018 steht Badi wegen Destabilisierung des Landes auf der
Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrats.
https://libyareview.com/9294/gna-forces-refuse-to-reopen-misrata-sirte-road/
+ 06.01.: Frankreich/Militär. Laut ItalMilRadar
sind französische Militärflugzeuge über Libyen im Einsatz.
https://www.itamilradar.com/2021/01/06/new-french-mission-off-libya/
UNO / Libysch-politisches Dialogforum (LPDF) / 5+5-Militärkommission
+ 06.01.: Guterres/Beobachtermission. UN-Generalsekretär
Guterres hat vor dem UN-Sicherheitsrat seinen Vorschlag erneuert,
internationale Beobachter in Libyen zu stationieren, um das
Waffenstillstandsabkommen zu überwachen. Es solle „als erster Schritt ein Team
in die Hauptstadt Tripolis geschickt werden, um die Grundlagen für einen
skalierbaren UN-Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands in Sirte zu
schaffen.“ Die 5+5-Militär-Kommission (JMC) habe um die Entsendung von
internationalen Beobachtern gebeten. Diese Beobachter würden unbewaffnet sein,
keine Militäruniformen tragen und unter UN-Schirmherrschaft agieren. Er wies
darauf hin, dass die Beobachter an der Seite gemeinsamer Beobachtungsteams der
in Tripolis ansässigen ‚Einheitsregierung‘ und der im Osten ansässigen
Übergangsregierung arbeiten würden. Guterres stellte fest, dass die libyschen
Parteien die Entsendung von ausländischen Truppen, einschließlich uniformiertem
Personal der UN, ablehnten. Er bekräftigte die Verpflichtung der UNO, die 5+5-Militärkommission
bei der Durchsetzung des Waffenstillstandsabkommens zu unterstützen.
Guterres hatte vorgeschlagen, dass ein internationales Beobachterkomitee aus
Zivilisten und pensionierten Militärs aus internationalen Gremien (AU/EU/AL)
gebildet werden sollte.
https://libyareview.com/9381/un-secretary-general-reiterates-call-for-ceasefire-observers-in-libya/
Die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ will in Libyen unbedingt einen
Fuß in der Tür haben. Sonst könnten sich die Libyer ja untereinander einigen.
+ 06.01.: LNA/Beobachtermission. Der LNA-Sprecher
al-Mismari begrüßte die Entscheidung der Vereinten Nationen zur Entsendung
einer Beobachtermission, um das Waffenstillstandsabkommen in Libyen zu
beobachten und die Wiedereröffnung der Küstenstraße zu überwachen. Die
Priorität sei der Abzug der ausländischen Truppen und Söldner innerhalb der
gesetzten 90-Tage-Frist ab dem 23.10.2020, wie im Genfer Abkommen festgelegt.
https://almarsad.co/en/2021/01/06/al-mismari-the-international-monitoring-mission-includes-civilians-and-military-officers/
Was passiert, wenn die Türkei ihre Söldner und das Militär nicht bis zum
gesetzten Stichtag Ende Januar abzieht? Die Realität vor Ort sieht doch so aus,
dass die Türkei ihre Militärpräsenz im westlichen Libyen weiter ausbaut.
+ 06.01.: LNA/Beobachtermission. LNA-Brigadegeneral Khalid
al-Madschub sagte, die Entsendung internationaler Beobachter sei bei der
5+5-Militärkomission festgelegt worden und kein neuer Vorschlag. Er dementierte
Gerüchte, nach denen die LNA gegen die Anwesenheit internationaler Beobachter
sei.
https://almarsad.co/en/2021/01/06/mahjoub-international-monitoring-mission-not-new-idea-but-part-of-geneva-agreement/
+ 02.01.: Ausländische Einmischung. In einer Erklärung
forderten insgesamt 36 der 74 LPDF-Mitglieder den UN-Sicherheitsrat auf, alle
ausländischen Söldner des Landes zu verweisen und die türkischen Militärbasen
in Libyen zu schließen sowie jegliche Art von ausländischer Einmischung im Land
zu beenden. Sie betonten die Notwendigkeit, den Zustrom von Waffen und Söldnern
in das nordafrikanische Land zu verhindern. Sie fügten hinzu, dass
Waffenexporte und Söldner gegen das politische Abkommen und die
Verfassungserklärung verstoßen und negative Auswirkungen haben, die das Land in
weitere Konflikte ziehen. Die LPDF-Mitglieder riefen die politischen Eliten
Libyens außerdem dazu auf, gemeinsam nach einvernehmlichen politischen Lösungen
zu suchen, um die Einheit, Souveränität und Stabilität ihres Landes zu
bewahren. Außerdem wurde die Bildung eines nationalen Versöhnungskomitees
gefordert.
https://libyareview.com/9286/lpdf-members-call-on-un-to-expel-mercenaries-from-libya/
+ 02.01.: Beratungsausschuss. Das LPDF hat einen aus 18
Mitgliedern bestehenden Beratungsausschuss eingerichtet. Er soll Fragen in
Zusammenhang mit der neu zu bildenden Exekutive erörtern.
https://libyareview.com/9298/unsmil-announces-establishment-of-lpdfs-advisory-committee/
+ 06.01.: Gefangenenaustausch. Unter Aufsicht der
5+5-Militärkommission erfolgte ein dritter Gefangenenaustausch. Die LNA
tauschte 26 gefangene Milizionäre gegen 41 LNA-Soldaten.
https://libyareview.com/9395/lna-gna-prisoner-exchange-in-southern-libya/
+ 03.01.: Wahlen 24.12.2021. Laut dem Leiter der Hohen
Nationalen Wahlkommission (HNEC), Emad ad-Din as-Sayeh hat die Wahlkommission
eine Frist bis zum Juli 2021 gesetzt, um die Gesetze, die für eine
ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen notwendig sind, einzubringen. As-Sayeh
wies darauf hin, dass die Präsidentschaftswahlen mehr Zeit in Anspruch nehmen
würden als die Parlamentswahlen.
https://libyareview.com/9316/head-of-libyas-elections-commission-sets-july-as-deadline-for-receiving-elections-law/
Was bedeutet die Aussage, dass Präsidentschaftswahlen mehr Zeit in Anspruch
nehmen als Parlamentswahlen? Ist dies eine neuerliche Verzögerungstaktik bei
Präsidentschaftswahlen? Nur Parlametnswahlen abzuhalten würde nichts weiter
bedeuten als den momentanen Zustand weiter aufrechtzuerhalten: In Tripolis eine
von der UN eingesetzte Regierung und im östlichen Libyen ein dazu in Opposition
stehendes Parlament.
06.01.: Wahlen 24.12.2021. Ein Mitglied der Hohen
Nationalen Wahlkommission (HNEC), Abdelhakim Belkhair sagte, dass die
Kommission etwa 70% der für die Durchführung der Wahlen im Dezember 2021
erforderlichen Maßnahmen abgeschlossen hat. Allerdings reichen die bisher
vorgesehenen Mittel in Höhe von zehn Millionen US-$ nicht aus, um alle Aufgaben
zu erfüllen.
https://libyareview.com/9398/libyas-electoral-commission-complains-of-insufficient-funds/
Bis zum Dezember kann noch viel Unvorhersehbares passieren. Warum nicht
sofort Wahlen? 2014 konnten sie auch durchgeführt werden.
+ 03.01.: Wahlen/Skepsis. Der Leiter der Organisation
für politische Entwicklung, Dschamal al-Falah, sagte, dass die Libyer sich
nach Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sehnen, um dem Chaos und dem Mangel
an politischer Legitimität sowie der Spaltung des Landes ein Ende zu setzen.
Allerdings sähen gewisse politische Kreise Wahlen kritisch, da sie durch faire
und demokratische Wahlen von der öffentlichen Bühne verschwinden würden. Es
seien dieselben Kräfte, die 2014 die Parlamentswahlen gekippt hätten. In die
Versprechungen, Wahlen am 24.12.2021 abzuhalten, hat Falah wenig Vertrauen. Es
hätte schon viele Wahltermine gegeben, die immer wieder verschoben wurden.
https://almarsad.co/en/2021/01/03/al-falah-those-who-overturned-the-2014-elections-will-also-impede-the-december-elections/
+ 06.01.: Russland/Gaddafi. Der stellvertretende russische
Außenminister Sergei Werschinin forderte, die Gaddafi-Unterstützer in den
innerlibyschen politischen Dialog einzubeziehen. Werschinin weiter: „...
wenn die überwiegende Mehrheit der Libyer es für notwendig hält, Wahlen wie
geplant abzuhalten, dann sollte es so sein. Gleichzeitig sind wir davon
überzeugt, dass die Wahlen nicht das Ziel an sich sind, sondern dass sie in die
dringend notwendigen Transformationen in Libyen eingebunden werden sollten, die
eine echte nationale Versöhnung mit der Bewahrung der Integrität des Landes und
der Bildung effizienter Machtinstitutionen erreichen sollen“.
https://de.rt.com/international/111335-moskau-gaddafi-unterstutzer-sollten-am/
Türkische Besatzung
+ 03.01.: Der ehemalige Offizier des französischen Verteidigungsministeriums
und Militärexperte Delon Gauder erklärte gegenüber der Zeitung AlBayan,
dass sowohl die UN als auch die internationale Gemeinschaft von Anfang an über
Erdogans Ambitionen in Libyen informiert waren. Erdogan werde von seinen
Ambitionen auch nicht abrücken, auch weil die Türkei in den letzten Jahren im
westlichen Libyen viel Geld in Milizen investiert und für Korruptionszahlungen
ausgegeben hat. Europäische Militärexperten gingen davon aus, dass die Türkei
eine fraktionsübergreifende, mit leichten und mittleren Waffen ausgerüstete
Miliz aufbauen will, die direkt der Befehlsgewalt von türkischen Militärs in
Libyen unterstellt ist. Dies würde eine politische Lösung in Libyen stark
behindern.
https://almarsad.co/en/2021/01/03/french-military-expert-erdogan-will-not-retreat-from-his-ambitions-in-libya-and-north-africa/
+ 02.01.: Syrische Söldner. Über 150 syrische Söldner haben
Tripolis über den Mitiga-Flughafen in Richtung Istanbul verlassen.
https://libyareview.com/9305/218-news-syrian-mercenaries-sent-back-to-turkey-from-libya/
+ 05.01.: EU/Söldner. Der Sprecher der EU, Peter Stano,
erklärte, dass eine politische Lösung in Libyen ohne einen umfassenden
Waffenstillstand nicht zu erreichen sei: „Wir werden alles Notwendige tun, um
einen Waffenstillstand in Libyen zu gewährleisten. Nicht akzeptieren können wir
die dortige Anwesenheit von Söldnern und ausländischen Streitkräften“.
https://libyareview.com/9360/radio-france-abdel-hakim-belhaj-transported-mercenaries-to-libya/
+ 05.01.: Kurdinnen/Söldner. Die Abgeordnete der
Demokratischen Volkspartei (HDP) in der Türkei, Tülay Hatimoğulları, hat in
einer parlamentarischen Anfrage an den türkischen Außenminister Mevlüt
Çavuşoğlu Aufklärung über den Verbleib von hunderten kurdischen Frauen und
Mädchen durch türkisch unterstützte Milizen im nordsyrischen Afrin gefordert.
Laut Hatimoğulları wurden einige der entführten kurdischen Frauen als
Sexsklavinnen für syrische Söldner in das westliche Libyen gebracht. In einem
Bericht von Missing Afrin Women heißt es: „Mehr als 1.000 Frauen und
Mädchen gelten allein in Afrin als vermisst, nachdem die Türkei vor zwei Jahren
die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) im Rahmen der zweimonatigen Operation
Olivenzweig aus der Region vertrieben hat.“ AlMarsad: „Die von
der Türkei unterstützten Milizen, die für die Entführungen in Afrin
verantwortlich sind, heißen Ahrar asch-Scharqiyah, Failaq asch-Scham, Hamza
Division, Dschabhat asch-Schamiyah und Sultan Murad Division
- sie alle haben ihre Männer nach Libyen geschickt, um die Milizen der
‚Einheitsregierung‘ zu unterstützen. Die Geschichten von Misshandlungen ähneln
denen der jesidischen Frauen, die in die Hände des IS fielen“. Weder für
libysche noch internationale NGO-Organisationen sei das Schicksal dieser Frauen
ein Thema. Nur AFRICOM äußerte in seinem Bericht für den US-Kongress über den
Zeitraum von April bis Juni 2020 Sorge, dass libysche Frauen sexuelle
Übergriffe von Dschihadisten und Söldnern der Syrischen Nationalarmee (SNA)
erleiden müssten.
Sexuelle Gewalt und Entführungen durch bewaffnete Gruppen bleiben ein
angstbesetztes Tabuthema, da sie für die betroffenen Frauen mit Stigmatisierung
verbunden sind. AlMarsad: „Die UNSMIL schweigt über die fortgesetzte
und offene Entsendung syrischer Söldner und Terroristen durch die Türkei nach
Libyen. Ihre Zahl hat 18.000 erreicht, und es gibt Berichte, dass noch mehr
Söldner unterwegs sind.“
https://almarsad.co/en/2021/01/05/hatimogullari-kurds-kidnapped-from-northern-syria-transferred-to-syrian-militia-leaders-in-western-libya/
https://libyareview.com/9372/turkish-lawmaker-launches-inquiry-onto-kidnapped-kurdish-women-transported-to-libya/
+ 04.01.: Söldner. Laut der syrischen Beobachtungsstelle
für Menschenrechte halten sich etwa 10.000 ausländische Dschihadisten in Libyen
auf, darunter 2.500 mit tunesischer Staatsangehörigkeit. Unter den Söldnern der
Ankara-treuen syrischen Fraktion seien knapp 500 getötet worden.
https://almarsad.co/en/2021/01/03/sohr-syrian-mercenaries-in-libya-seek-direct-payment-from-turkey/
+ 06.01.: Türkei/Besatzung. Der Politanalyst Muhammad
asch-Scharif sagte, dass die Türkei weiterhin Söldner und Waffen nach Libyen
liefert und die türkische Luftbrücke nach Tripolis, Misrata und zum al-Watiya
Luftwaffenstützpunkt weiter ausbaut. „Die Sicherheitslage im Westen Libyens ist
fragil, und Erdogan nutzt diese Situation aus, indem er Waffen an
terroristische Organisationen liefert.“ Sollte es nicht gelingen, dies zu
stoppen, „wird es zu einer bewaffneten Konfrontation zwischen Libyern und
diesen Söldnern kommen.“
https://almarsad.co/en/2021/01/06/al-sharif-turkey-turns-western-libya-into-mercenary-garrison-and-arms-depot/
05.01.: Belhadsch. Der französische Sender RFI berichtete,
dass Abdelhakim Belhadsch, Vorsitzende der Al-Watan-Partei und Anführer der als
terroristisch eingestuften Libyschen Islamischen Kampfgruppe (LIFG),
mit seiner Fluglinie Libyan Wings Airlines daran beteiligt war, im
Auftrag Erdogans syrische Söldner nach Libyen zu fliegen. Mit Libyan Wings
sollen tausende syrischer Söldner und Dschihadisten nach und von Libyen
transportiert worden sein. Die Libyan Wings Airline Company
bestreitet jedoch, mit Abdelhakim Belhadsch in Verbindung zu stehen.
Belhadsch wird seit 2019 vorgeworfen, mit dem türkischen Geheimdienst
zusammenzuarbeiten. Gegen ihn und Ibrahim al-Dschadhran liegen Haftbefehle der
libyschen Generalstaatsanwaltschaft vor. Der Vorwurf lautet, in Libyen an
Anschlägen, Verbrechen und der Führung bewaffneter Gruppen beteiligt gewesen zu
sein.
Es wird vermutet, dass Belhadsch eng mit Mahdi al-Harati zusammenarbeitet, dem
irisch-libyschen ehemaligen Bürgermeister von Tripolis, der seit seiner
Beteiligung an Waffenlieferungen an syrische Milizen im Jahr 2011 enge
Verbindungen zu den syrischen Gruppierungen hatte. Harati hatte in Syrien eine
Miliz namens Liwa al-Umma gegründet und soll für die Ausbildung von
Erdogans Söldnern und ihre Verlegung nach Libyen verantwortlich sein.
https://almarsad.co/en/2021/01/05/rfi-radio-highlights-belhajs-role-in-transporting-mercenaries-to-libya/
Migration
+ 03.01.: Malta. Nachdem 169 illegale Einwanderer aus
libyschen Gewässern gerettet wurden und andere Schiffbrüchige aus maltesischen
Gewässern, verweigerten die maltesischen Behörden die Aufnahme von 56 Kindern,
darunter viele ohne Begleitung.
https://libyareview.com/9321/malta-rejects-migrants-from-fleeing-libya/
04.01.: Italien/Aufnahme. Italien gestattete dem spanischen
Schiff Open Arms, 265 Migranten in Sizilien auszuschiffen.
https://libyareview.com/9352/hundreds-of-migrants-arrive-in-italy-from-libya/
05.01.: Rückführung. Die Internationale Organisation
für Migration (IOM) in Libyen gab bekannt, dass in nur 24 Stunden mehr als
160 Migranten abgefangen und nach Libyen zurückgebracht wurden.
Insgesamt wurden mindestens 11.891 illegale Einwanderer, darunter 811 Frauen
und 711 Kinder, im Mittelmeer abgefangen und nach Libyen zurückgebracht.
Schätzungsweise 316 Migranten sind gestorben, weitere 417 sind auf See
verschollen. Tausende von Migranten werden weiterhin in überfüllten Haftzentren
festgehalten, trotz wiederholter internationaler Aufrufe, diese Zentren zu
schließen.
https://libyareview.com/9337/iom-illegal-migrants-returned-to-libya/
Verschiedenes
03.01.: Lockerbie. In der TimesOfIsrael schreibt
John Holt, ehemaliger CIA-Führungsoffizier von Abdul Madschid Giaka: „Ich weiß,
dass Libyen nicht hinter dem Bombenanschlag steckt, weil ich der langjährige
Betreuer des Hauptzeugen der US-Regierung, Abdul Madschid Giaka, war, einem
libyschen Agenten, der in den zwei Jahren nach dem Bombenanschlag nie
irgendwelche Beweise beibrachte, die auf Libyen hinwiesen. Es gab keinen
Anhaltspunkt dafür, dass er etwas über die Beteiligung dieses Landes wusste.
Dennoch sagte er Jahre später gegen den verurteilten libyschen
Geheimdienstoffizier Abdel Basset al-Megrahi im Lockerbie-Bombenanschlag (Pan
Am 103) Prozess in Den Haag im Jahr 2000 aus. Die US-Regierung verhinderte
meine Aussage und unterdrückte die Kabel, die ich schrieb und die bewiesen,
dass Giaka nichts wusste. Als meine Schreiben schließlich auf Antrag der
Verteidigung für den Prozess freigegeben wurden, verabschiedete das Gericht
Giaka zusammen mit den beiden CIA-Operationsoffizieren, die zum Prozess
geschickt wurden, um Giakas Glaubwürdigkeit zu bezeugen. Doch heute geht die
Scharade weiter. Das FBI räumt ein, dass sie Herrn Masud nicht einmal selbst
befragt hat und alles von einer acht Jahre alten Aussage eines ungenannten
libyschen Polizeibeamten aus einem Land abhängt, das sich mitten in einem
verheerenden Bürgerkrieg befindet.“
https://blogs.timesofisrael.com/im-a-former-cia-agent-iran-was-behind-lockerbie-and-should-be-made-to-pay/
https://www.timesofisrael.com/who-made-the-bomb-the-full-truth-about-the-lockerbie-bombing-has-yet-to-be-told/
Dass Israel daran Interesse hat, Iran wieder ins Zentrum der Lockerbie-Aufmerksamkeit
zu rücken, ist wohl weniger der Wahrheitsliebe als ihrer Feindschaft mit dem
Iran geschuldet. Die Rolle der westlichen Geheimdienste soll vermutlich
weiterhin im Verborgenen bleiben. Geheimdienstler lüften immer nur so viel an
Wahrheit, wie politisch opportun erscheint oder nicht mehr zu unterdrücken ist.
John Holt macht den Iran für den Lockerbie-Anschlag verantwortlich und
fordert, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Der Iran habe eine
Vergeltung ausgeübt für den Abschuss eines Zivilflugzeugs der Iran Air
im Persischen Golf durch den Lenkwaffenkreuzer USS-Vincennes der US-Marine, bei
dem 290 Menschen ums Leben kamen.
Doch wer macht die USA für den Abschuss dieser iranischen Maschine
verantwortlich? Angeblich sei der Abschuss nur versehentlich passiert.
Versehentlich mal 290 Menschen umgebracht? Und selbst wenn es keine Absicht
war, spricht das nicht von der Verantwortung frei für den Tod von fast
dreihundert Pilgern, die auf den Weg nach Mekka waren. Machen die USA etwa
Libyen auch deshalb für Lockerbie verantwortlich und nicht den Iran, weil sie
damit auch von der Aufarbeitung ihrer Schuld bei dem Abschuss der iranischen
Maschine ablenken? Die US-Regierung weigerte sich nämlich nicht nur, sich beim
Iran zu entschuldigen, sondern belog bei der offiziellen Untersuchung den
Kongress und zeichnete den Luftkriegskoordinator des Schiffes mit einem
Belobigungsorden für seine heldenhafte Leistung aus. Die USA behaupteten, in
internationalen Gewässern unterwegs gewesen zu sein, während sie sich
tatsächlich im territorialen Gewässern des Irans bewegten. („Trail Of The Octopus – Behind the
Lockerbie Desaster“, Donald Goddard with Lester K. Coleman, GB 1993). Der
iranische Innenminister Ali Akbar Mohtashemi soll daraufhin den Racheakt
geplant und sich zu diesem Zweck am 9. Juli 1988 mit Ahmed Dschibril, dem Chef
der Popular Front for the Liberation of Palestine – General Command
(PFLP-GC) in Teheran getroffen haben.
Der Iran habe dann mit Hilfe von Marwan Khreesat, dem Bombenbauer der PLO,
den Lockerbie-Anschlag verübt. Khreesat, der 2016 starb, war in Deutschland
verhaftet, aber kurz darauf wieder freigelassen worden. Es sei unklar, ob
Khreesat ein für den deutschen oder den jordanischen Geheimdienst arbeitender
Agent war. Hier kommt Lester K. Coleman ins Spiel, ebenfalls ein ehemaliger
CIA-Agent, der die Verbindungen zwischen libanesischen Drogenschmugglern und
dem US-Geheimdienst DEA öffentlich machte („Trail Of The Octopus“). Laut
Coleman gingen Heroinlieferungen mit Wissen und Hilfe von US-Geheimdiensten vom
Libanon via Frankfurt und London in die USA und auf diesem Weg soll auch der
Lockerbie-Bombenkoffer in das Flugzeug geschmuggelt worden sein. Dschibril
konnte sich auf die Hilfe von dschihadistischen Gruppen in Frankfurt verlassen,
darunter Arbeiter der Gepäckaufbewahrungsstelle am Flughafen, die Erfahrung
hatten mit dem Durchschmuggeln von Drogenkoffern. Unter den Lockerbie-Toten
befanden sich mindestens zwei, wahrscheinlich sogar fünf und mehr
US-amerikanische Geheimdienstleute. Ebenfalls an Bord war ein
DEA-libanesisch-amerikanischer Kurier, der vorher im Rahmen der verdeckten
Operationen wenigstens drei kontrollierte Heroinlieferungen nach Detroit
ausgeführt hatte.
+ 03.01.: Entführung. Der Direktor des Medienbüros der
Verwaltungskontrollbehörde, Emad al-Mazoughi, wurde in Tripolis von Bewaffneten
entführt. Al-Mazoughi soll beabsichtigt haben, die Namen von in
Korruptionsfälle verwickelten Personen zu veröffentlichen.
Ein im November 2020 erfolgter Angriff auf das Büro der Verwaltungskontrollbehörde
in Tripolis konnte damals abgewehrt werden. Im Oktober 2020 wurde der Leiter
des libyschen Medienbüros, Mohamed Baio, in Tripolis von der Tripoli
Revolutionaries Brigade (TRB) entführt und erst nach internationalen
Protesten wieder freigelassen.
https://libyareview.com/9301/gna-official-kidnapped-in-libyan-capital-tripoli/
+ 06.01.: Streik. Mitglieder der Petroleum Facilities
Guard (PFG) im Ölhafen von Hariga (bei Tobruk) haben einen Tanker an der
Einfahrt gehindert, um gegen die seit einem Jahr ausstehenden Gehaltszahlungen
zu protestieren.
https://libyareview.com/9365/pfg-prevent-tanker-from-entering-tobruk-port/
+ 06.01.: Terrorismus. Bei dem Terroristen, der im Juni
2020 drei Zivilisten im englischen Reading, erstochen hat, handelt es sich um
den Libyer Khairi Saadallah. Er hatte 2011 am Krieg gegen Gaddafi teilgenommen
und erhielt 2018 in Großbritannien einen Flüchtlingsstatus. Saadallah hat sich
vor Gericht zu der Tat bekannt.
https://libyareview.com/9379/libyan-involved-in-reading-murders-pleads-guilty/
+ 03.01.: Russland. Drei russische Seeleute und ein
Ukrainer, die vor etwa zwei Wochen im westlichen Libyen gefangen genommen
worden waren, nachdem sie mit einer Segelyacht in die libyschen Hoheitsgewässer
eingedrungen waren, wurden freigelassen und nach Moskau ausgeflogen. Die
Seeleute, die keine Ausweispapiere mit sich führten, behaupten, dass sie
gefoltert wurden.
https://twitter.com/Ambrey_Intel/status/1346016724492148736
+ 05.01.: USA/Al-Kaida. RT schreibt: „Der
Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Senat Chuck Grassley hat einen Bericht
veröffentlicht, wonach die evangelikale Entwicklungshilfeorganisation World
Vision United States im Jahr 2014 mit Billigung der Obama-Regierung
illegal Geschäfte mit einer al-Qaida nahestehenden Organisation tätigte.“ Diese
Organisation stand bereits auf einer Sanktionsliste.
https://de.rt.com/nordamerika/111318-obama-administration-soll-al-qaida/
+ 05.01.: Saudi-Arabien/Katar. Das Ende des Embargos gegen
Katar wurde beschlossen. Saudi-Arabien wird seine Grenze und den Luftraum zu
Katar wieder öffnen, Kuweit, VAE und Ägypten das Embargo gegen Katar aufheben.
Im Juni 2017 hatten Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und Ägypten Katar
vorgeworfen, den Terrorismus zu unterstützen und der Islamischen Republik Iran
nahezustehen. Es folgte eine Blockade des Golfstaates zu Lande, zur See und in
der Luft. Katar stritt die Vorwürfe stets ab.
https://de.rt.com/der-nahe-osten/111362-ende-des-embargos-gegen-katar-beschlossen/
Die arabischen Länder befürchten eine Neuausrichtung der Nahostpolitik
durch Biden, seine Wiederannäherung an den Iran, und rücken enger zusammen.
+ 05.01.: Golfkooperationsrat. Alle sechs Delegationen des
Golf-Kooperationsrates (GCC) unterzeichneten im saudi-arabischen al-Ula das
Abschlusskommuniqué und die Al-Ula-Erklärung, die sich eindeutig gegen den Iran
positioniert.
https://english.alarabiya.net/en/News/gulf/2021/01/05/Transcript-Saudi-Arabia-s-Crown-Prince-s-full-speech-at-AlUla-GCC-Summit
Eine Erklärung, warum sich die arabischen Golfstaaten einschließlich Katar
wieder eng zusammenschließen, liefert Thierry Meyssan. Die arabischen Länder
befürchteten, dass der neue US Präsident Biden wieder mit dem iranischen
Präsidenten Rohani kooperiert. Es geht dabei um die Kontrolle des Nahen Ostens;
diese Aufgabe will die USA wieder an den Iran delegieren. Nach dem Sturz des
Schahs sei die Rolle des „Regionalpolizisten“ an den Irak und dann an
Saudi-Arabien übergegangen. Dies solle sich wieder ändern. Biden könnte die
Bildung eines regionalen iranischen Reiches in der Levante und eines türkischen
Regionalreichs im Kaukasus fördern, beides auf Kosten Russlands. Rohani sei ein
langjähriger Partner Israels, gute, alte Bekannte seit der Iran-Contra-Affäre,
und habe sich während seines Wahlkampfes als Verfechter des Finanzkapitalismus
dargestellt sowie erklärt, dass der Iran aufhören müsse, ausländische
Revolutionäre zu finanzieren, auch wenn sie Schiiten wie die libanesische
Hisbollah seien. Damit stellt er sich diametral gegen die von
Revolutionsführer Khomeini vertretene Politik, nach der das „angelsächsische
Imperium“ in der Region beendet werden müsse. Der von den USA ermordete General
Soleimani war ein Hauptrivale Rohanis. Auch die Revolutionsgarden stehen in
Opposition zu Rohani.
https://www.voltairenet.org/article211901.html
+ 06.01.: Golfkooperationsrat/Libyen. Die Staats- und
Regierungschefs der Länder des Golf-Kooperationsrates (GCC) haben in ihrer
Abschlusserklärung des 41. Gipfeltreffens ihre Hoffnung auf den Erfolg des
politischen Dialogs zwischen den libyschen Konfliktparteien und ihre
Unterstützung für den Waffenstillstand ausgedrückt.
https://almarsad.co/en/2021/01/06/6521/
Was bedeutet die Aussöhnung zwischen Saudi-Arabien/VAE und Katar, die
bisher auf unterschiedlichen Seiten standen, für den weiteren Verlauf des
Libyenkonflikts? Wie gestaltet sich das weitere Verhältnis Katars mit der
Türkei?
FILM
„Killing Gaddafi – Jagd auf den Diktator“ (44 Min.; Sunset
Presse in Zusammenarbeit mit France Télévisions; Idee: Armaud Hamelin/Nicolas
Glimors)
Bis 27.12.2021 in der Mediathek von ZDF-Info abrufbar.
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/killing-gaddafi-jagd-auf-den-diktator-102.html
Unmissverständlich belegt diese Dokumentation, dass der Nato-Krieg gegen Libyen
„mit teils falschen Propaganda-Informationen begründet wurde“. Hingewiesen wird
auf die Rolle der Medien, die durch Übertreibungen und Falschaussagen den Krieg
befeuerten, während bis heute keine Beweise für Gräueltaten durch das libysche
Militär vorliegen. So bezeugt der italienische General Camporini, dass
beispielsweise ein ganz normaler Friedhof als Massengrab dargestellt wurde.
Ausländische Söldner wurden 2011 allein zu dem Zweck erfunden, die
Öffentlichkeit Glauben zu machen, die libysche Bevölkerung stünde nicht hinter
Gaddafi. Insgesamt geht aus dem Film klar hervor, dass 2011 eine
gutorganisierte Desinformationskampagne stattfand. So verstieg sich der
damalige libysche Oppositionelle Dschalil zu der Behauptung, es würden eine
halbe Million Tote befürchtet, Ali Zeidan sprach immerhin noch von 6.000 Toten.
Für keine dieser Aussagen gab es damals eine Bestätigung durch die
Geheimdienste, ebenso wenig wie heute.
Im Film kommen Kritiker des Nato-Krieges zu Wort wie der Experte für
US-Militäreinsätze Alan Kuperman, der ehemalige US-Kongressabgeordnete Dennis
Kucinich, der den Angriffskrieg gegen Libyen für ein Kriegsverbrechen hält, die
Mitarbeiter der International Crisis Group Hugh Roberts und
Ivo Daalder, der britische Abgeordnete und Vorsitzende der
Untersuchungskommission zum Militäreinsatz in Libyen Crisp Blunt, die
AI-Mitarbeiterin Donatella Rovera, der italienische General Vincenzo Camporini,
aber auch Befürworter, die immer noch mit fragwürdigen Behauptungen den Krieg
gutheißen, wie z.B. der damalige französische Außenminister Alain Juppé und der
französische Botschafter in Libyen, Francois Gouyette, der damalige
italienische Außenminister Franco Frattini, der libysche Außenminister der
‚Einheitsregierung‘ Mohamed Siala. Auch Ramadan Zermoha, 2011 Chef der
sogenannten ‚Aufständischen, der anschließend mit dem Botschafterposten in Rom
belohnt wurde, darf behaupten, dass Gaddafi bei einem Schusswechsel ums Leben
gekommen sei. Dagegen existieren auf Youtube Videos, die zeigen, dass
der Oberst auf grausamste Art und Weise gepfählt wurde.
Auch wenn der Film nur oberflächlich an den wahren Motiven für den Krieg gegen
Libyen kratzt, ist er sehenswert.
07.01.2021
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