Die späte Rache der ehemalige Außenministerin Natschla Mangusch am Tripolis-‚Premier‘ Abdul Hamid Dabaiba

11. Januar 2025 / gelanews

Seit die ehemalige libysche Außenministerin Mangusch Einzelheiten über ihr Treffen mit ihrem damaligen israelischen Amtskollegen Eli Cohen ausplauderte, überschlagen sich die Proteste gegen den Tripolis-Premier Abdul Hamid Dabaiba. Die Dabaiba-‚Regierung‘ hat bei der libyschen Bevölkerung keinerlei Rückhalt mehr. Die Menschen sind wütend und ihre Geduld mit der ‚Regierung‘, die auf der ganzen Linie versagt, ist am Ende.

Das Interview, das Mangusch einer Journalistin auf der mit al-Dschasira verbundenen Atheer-Plattform gab, und das am 6. Januar 2025 ausgestrahlt wurde, bringt den bereits schwer angeschlagenen Premierminister von Tripolis, Abdulhamid Dabaiba, in arge Bedrängnis und die Menschen in Libyen auf die Straße. Doch nicht nur die Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis, auch die Haftar-Familie im östlichen Libyen hatte wiederholt Kontakt zu Israel. So besuchte Saddam Haftar im November 2021 Israel und hielt sich eine Stunde am Ben-Gurion-Flughafen auf, um Gespräche mit jüdischen Offiziellen zu führen.

Das Herz der libyschen Bevölkerung schlug schon immer kraftvoll für Palästina. Kontakte mit Israel, das in Libyen „zionistisches Gebilde“ genannt wird, werden als Landesverrat geahndet. Doch angesichts des Gaza-Kriegs und des grausamen Völkermords, den Israel an den Palästinenser begeht, hat das eigentlich geheime Treffen zwischen Natschla Mangusch und Eli Cohen im Jahr 2023 in Rom neue Brisanz erhalten.

Um die Ausstrahlung des Interviews zu verhindern, habe die Dabaiba-‚Regierung‘ im Vorfeld Kontakt zu katarischen Beamten und dem al-Dschasira-Management aufgenommen. Auch wenn dies nicht gelang, sollen zumindest Teile des Gesprächs gelöscht worden sein. Gerade zu einer Zeit, in der der unbeliebte Dabaiba sich weigert, von seinem Posten zu weichen, um Platz für Wahlen zu machen, platzte das Mangusch-Interview wie eine Bombe in die libysche Politik und trägt zur weiteren Schwächung von Dabaiba bei.

Das Interview

In dem der Öffentlichkeit präsentierten Interview erklärte Natschla Mangusch, das Treffen zwischen ihr und Eli Cohen sei vereinbart worden, nachdem die israelische Seite Kontakt mit der Tripolis-‚Regierung‘ aufgenommen hatte. Die Reise nach Rom sei zwischen der Natanyahu-Regierung und der Dabaiba-‚Regierung‘ abgestimmt gewesen und es sei eine offizielle Tagesordnung festgelegt worden. Zwischen ihr und Eli Cohen wurden strategische Fragen erörtert. Nachdem das Treffen bekannt geworden sei, habe die Dabaiba-‚Regierung‘ sie aufgefordert, das Land zu verlassen. Es sei nie gegen sie ermittelt worden, was sie erstaunt habe.

Mangusch ging auch auf die Haltung von Oberst Muammar al-Gaddafi zur Palästina-Frage ein und bestätigte ihm, die palästinensische Sache mit Härte unterstützt zu haben. Weiter erklärte Mangusch das Außenministerium der Dabaiba-‚Regierung‘ für korrupt. Diese sei auch bereit gewesen, die Frage der Entschädigungen von Juden und Italienern, die Libyen verlassen mussten, wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

Es dürfte nicht ihr schlechtes Gewissen gewesen sein, dass Mangusch gerade jetzt zu dem Interview veranlasste, sondern mit dem Rückhalt bestimmter ausländischer Kräfte, denen Dabaiba heute eher bei der Durchsetzung eigener Pläne im Weg steht, könnte sich Mangusch für das Verhalten, das ihr Dabaiba nach dem Bekanntwerden des damaligen Treffens angedeihen ließ, freudig gerächt haben. LibyaPress berichtete, dass Mangusch von der Familie Dabaiba vier Millionen US-Dollar angeboten bekommen habe, sollte sie über die Mitwirkung von Abdul Hamid Dabaiba beim Einfädeln der libysch-israelischen Gespräche schweigen.

Jetzt erst wurde auch bekannt, dass an der Vermittlung der Gespräche gegen gutes Entgelt der mauretanische Geschäftsmann Larbi Uld Dschedin im Auftrag von Abdel Hamid Dabaiba und Ibrahim Dabaiba beteiligt war.

Israel machte 2023 das Treffen öffentlich

Bereits im August 2023 kam es bei Bekanntwerden des Mangusch-Cohen-Treffens in Libyen zu Protesten. Die Konterfeis von Eli Cohen, dem israelischen Außenminister, und Nadschla Mangusch, der libyschen Außenministerin, prangten auf den Titelseiten israelischer Zeitungen. Eli Cohen wurde mit den Worten zitiert: „Das Treffen mit Mangusch ist ein erster Schritt in den Beziehungen zwischen Israel und Libyen“. Er fuhr fort: „Wir haben die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern in humanitären Fragen, in Fragen der Agrartechnologie und Wassertechnologie besprochen“. Anschließend dankte Cohen dem damaligen italienischen Außenminister Antonio Tajani für die Ausrichtung des Treffens in Rom.

Als weitere Teilnehmer an der über zwei Stunden dauernden Begegnung wurden genannt: Ibrahim ad-Dabaiba, Muhannad Dschunnes von der libyschen Botschaft in Rom, Manguschs Beraterin Salmin al-Gohary, Abdel Madschid Malikta, Leiter der Libyan Company for the Management of Joint Projects with the Private Sector, und Hossam al-Ghawil, Koordinator für libysch-türkische Beziehungen in der Dabaiba-‚Regierung‘. Nun heißt es, sogar Walid al-Lafi, Mitglied des Staatsrats, soll in Rom dabei gewesen sein.

Schon damals war die Dabaiba-‚Regierung‘ schwer angeschlagen und man fragte sich, warum gerade Israel dieses eigentlich geheime Treffen durchgestochen hatte. Die Karriere von Mangusch war beendet, sie floh bei Nacht und Nebel in die Türkei, um einer Anklage wegen Hochverrats zu entgehen. Und so konnte sie auch nicht mehr befragt werden, welche Rolle Dabaiba und andere Regierungsmitglieder bei diesem gar nicht geheimen Geheimtreffen spielten. Damals versuchte sich Dabaiba reinzuwaschen, indem er Mangusch vom Dienst suspendierte, Ermittlungen gegen sie in Gang setzte und ein Reiseverbot verhängte – just in dem Moment, als ihr Privatflugzeug in Richtung Istanbul abgehoben hatte.

Schwere Proteste erschüttern Libyens Städte

Wie schon im Sommer 2023 lösten auch jetzt die neuerlichen Enthüllungen landesweit heftige Proteste gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ aus. In Tripolis, Misrata, az-Zawiya, Sabratha, Bani Walid, Brak asch-Schati und Sebha wurde von den Protestierenden nicht nur der Rücktritt der Dabaiba-‚Regierung‘ gefordert, sondern auch die an dem Israel-Treffen Beteiligten vor Gericht zu stellen. Es wurden Straßenbarrikaden mit brennenden Reifen errichtet und Hauptstraßen blockiert. In Tripolis sicherten gepanzerte Fahrzeuge der Deterrence Force das Hauptgebäude der Dabaiba-‚Regierung‘ sowie Dabaibas Wohnhaus. Es wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. In Misrata wurde die Halle des Volkes von Dabaiba-Kräften abgesperrt. Die schweren Proteste dauerten dort am 10. Januar noch an.

Am 7. Januar wurde auch über Tadschura der Ausnahmezustand verhängt, nachdem das Rahbat ad-Duru-Bataillon unter dem Kommando von Baschir al-Baqarah eine allgemeine Mobilmachung ausgerufen hatte und die Zufahrtsstraßen nach Tadschura und dem Wadi ar-Rabi für Militärkonvois aus Misrata, die zur Unterstützung von Dabaiba anrückten, blockiert wurden. Inzwischen konnten Dabaiba-treue Militärs die Sperren wieder auflösen.

Selbst die Bengasi-Jugend organisierte eine Demonstration für den Sturz Dabaibas.

Die Proteste zogen die Verhaftung des Bloggers Khaled at-Tabib in Tripolis nach sich, ebenso wurden die Aktivisten Ahmed Omar Andara, seines Begleiters Ali al-Ahwal und von Magdy al-Musali verschleppt. Die Familien der Verhafteten und Bürgerrechtler forderten deren unverzügliche Freilassung.

Dabaiba wird als Verräter an der palästinensischen Sache geschmäht. Eine Unzahl von politischen Vereinigungen und Verbänden schlossen sich der Verurteilung der Kooperation mit Israel und der Forderung nach Rücktritt der Dabaiba-‚Regierung‘ und Bestrafung der Verantwortlichen an, darunter die al-Alqa-Stämme, der Oberste Rat der Zintan-Revolutionäre, die Nationale Union libyscher Parteien, der Sozialrat von Suk Dschamaa, die Ältesten von Tawergha, um nur einige zu nennen.

Der Vorsitzende des Obersten Rates der Stämme und Städte im Fessan, Ali Abu Sabiha, appellierte an die Vertreter des Südens im Präsidialrat, Parlament, Staatsrat und in der Regierung, die Mitgliedschaft sofort auszusetzen, „bis alle an dem Treffen zwischen al-Mangusch und dem Außenminister des zionistischen Feindes Beteiligten ermittelt“ sind. Die Bürgermeister der Gemeinden Zawiya, Sarman und Sabratha erklärten gemeinsam, die Dabaiba-‚Regierung‘ boykottieren zu wollen.

Das libysche Parlament im östlichen Libyen forderte die Staatsanwaltschaft offiziell auf, Ermittlungen gegen Dabaiba aufzunehmen. Alle an dem Treffen beteiligten Personen müssten vor Gericht gestellt werden. Und auch Khaled al-Mischri, umstrittener Vorsitzender des Staatsrats, schloss sich der Forderung an.

Die Proteste spiegeln die wachsende Unzufriedenheit mit der Regierung von Abdul Hamid Dabaiba wider und unterstreichen Libyens starken Widerstand gegen alle Versuche, Beziehungen zu Israel aufzunehmen.

Nur der Betroffene selbst, Abdul Hamid ad-Dabaiba, hüllt sich bislang in Schweigen.

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Mittwoch, 22. Januar 2025

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