Montag, 10. Juli 2017



Libyen/Tschad/Sudan. Neue Studie: Westen sollte sich militärisch nicht einmischen.

Ein 192-Seiten-Bericht über das Stammesgebiet der Tibu im Grenzdreieck Südlibyen, Nord-Tschad und Westsudan berichtet seit 2011 über große Goldfunde in den Gebieten der südsaharischen Zone vom Sudan bis Südalgerien, der zum sogenannten Tibesti-Goldrausch in Nord-Dafur (Sudan) und im Stammesgebiet der Tibu im Grenzdreieck führte.[1]
2011 kam es im Zuge des Nato-Krieges gegen Libyen zu einer Flutung der betreffenden Gebiete mit Waffen. Im nördlichen Tschad florieren auch heute noch die Waffenmärkte. In den Goldfundgebieten beidseits der Grenzen entstanden neue Siedlungen mit mehreren tausend Einwohnern. Libyen lieferte das Wasser, aber auch neben dem Sudan Generatoren und Arbeitsgerät für die Goldminen.
Der Zugang zu den Goldminen wird von Tibu-Milizen kontrolliert, die von den Schürfern und Goldhändlern Steuern erheben. Dabei sind die Regierungen der Nationalstaaten Tschad, Sudan und Libyen außen vor. Sicher ein Ärgernis für die korrupten Regierungen dieser Länder (sofern vorhanden, Libyen ist ein failed state), die sich das Gold gern unter den Nagel reißen würden und denen die Tibu feindlich gegenüber stehen.
Die Lage in Libyen wird als der Hauptgrund für die Destabilisierung der Länder der Sahelzone beschrieben, in deren saharischen Weiten der Staat nicht mehr präsent ist. Aus diesem Grund müsse unbedingt wieder ein starker libyscher Staat entstehen, in dessen Macht es steht, seine Südgrenze zu kontrollieren. Um wirklich Stabilität zu schaffen, müssten dabei aber die Bedürfnisse der dortigen Bevölkerung Berücksichtigung finden.
Der Krieg in Libyen und die Anwesenheit von Dschihadisten in der Sahara könnten nicht mit militärischen Interventionen oder mit der Stationierung westlicher Soldaten gelöst werden. Denn die Grenzen dieser Wüstengebiete sind durchlässig und nicht zu kontrollieren, d.h. sie existieren nur auf der Landkarte.
Die Sahara mit dem Tibesti-Gebirge wird wegen ihrer unermesslichen Bodenschätze für den Westen immer interessanter. In diesen Weiten Kriege gegen die einheimischen Stämme zu führen, um sich deren Reichtümer anzueignen, dürfte der westlichen Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln sein, auch in Anbetracht des verursachten Fiaskos in Afghanistan, Irak oder Libyen.

[1]: The report (Juni 2017):
Tubu Trouble: State and Statelessness in the Chad– Sudan–Libya Triangle by Jérôme Tubiana and Claudio Gramizzi


A. Gutsche

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