Dienstag, 11. August 2020



Kampf um die Ressourcen des Mittelmeers

Libyen: Erdöl/Erdgas. Griechenland, Ägypten, Türkei und Malta: Kampf um maritime Erdgas- und Erdölvorkommen entbrannt. ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis gibt libysche Ansprüche praktisch auf. 


Ägypten und Griechenland unterzeichnen Abkommen, das Türkei-Tripolis-Vereinbarung aushebelt
Um dem zwischen der Türkei und der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis geschlossenen Abkommen zu sogenannten Ausschließlichen Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer Paroli zu bieten, haben am 06. August Ägypten und Griechenland ein Abkommen zur maritimen Grenzziehung unterzeichneten, mit dem eine Ausschließliche Wirtschaftszone zwischen Ägypten und Griechenland eingerichtet wurde. Das Gebiet weist vielversprechende Öl- und Gasreserven auf, deren Nutzung koordiniert werden soll.
Die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis hatte 2019 ein ähnliches Abkommen mit der Türkei geschlossen, das nach internationalem Recht als nicht haltbar beurteilt wird. Dem Abkommen hätte auch das libysche Parlament zustimmen müssen, dem es nicht einmal vorgelegt wurde. Kritisiert wurde auch, dass die Türkei mit Libyen keine gemeinsame Seegrenze hat und die Inseln Kreta und Zypern keine Berücksichtigung finden. Laut Experten hebt die neue Ziehung der Seegrenze zwischen Ägypten und Griechenland das unrechtmäßige Abkommen zwischen der Türkei und der libyschen ‚Einheitsregierung‘ auf, denn es lässt keine Möglichkeit für eine Verbindung zwischen der Türkei und Libyen, stehe aber laut dem griechischen Außenminister Dendias fest auf dem Boden des Völkerrechts. Damit sei das Türkei-Tripolis-Abkommen in die Tonne getreten.
Ägypten hofft, durch das rasche Wachstum der ägyptischen Erdgaslieferungen zu einem regionalen Energieknotenpunkt zu werden. Es bildete zusammen mit Griechenland, Zypern, Israel, Italien und Jordanien das sogenannte Gasforum Östliches Mittelmeer, das den Gasmarkt der Region entwickeln soll und von dem die Türkei ausgeschlossen ist.
Das libysche Parlament begrüßte das zwischen Griechenland und Ägypten geschlossene Abkommen, das das zwischen der Türkei und der 'Einheitsregierung' unterzeichnete Abkommen hinfällig mache und den türkischen Ambitionen in Libyen zuwider laufe.
Anschauliches Foto über den maritimen Grenzverlauf Griechenland - Ägypten:
https://twitter.com/smmlibya/status/1292031236077228035/photo/1

Trotz bereits getroffener Entscheidung des Internationalen Gerichtshof zugunsten Libyens will Malta Ansprüche mit Hilfe der Türkei durchsetzen
Malta steht im Libyen-Konflikt fest an der Seite der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis. Dies dürfte nicht ganz uneigennützig sein, denn bei dem Treffen zwischen dem türkischen Außenminister Cavusoglu, dem maltesischen Außenminister Bartolo und dem Präsidenten des Präsidialrats as-Sarradsch am 06.08. in Tripolis spielte der libysche Festlandssockel eine wichtige Rolle. Wie AlMarsad berichtet, versucht Malta ein Seerechtsabkommen mit der 'Einheitsregierung' in Tripolis zu unterzeichnen, das dem ähnelt, welches die 'Einheitsregierung' mit der Türkei geschlossen hat.
Seit geraumer Zeit haben sich die Kontakte zwischen Tripolis, Ankara und Valletta intensiviert. Bei den jetzigen Verhandlungen nimmt die Türkei eine Art „Vermittlerrolle“ ein, die allerdings ihren Preis hat. So stimmte Malta am 8. Mai gegen die EU-Operation Irini, um am nächsten Tag seinen kompletten Rückzug von Irini anzukündigen. Die Türkei, die hauptsächlich von der Durchsetzung des Waffenembargos betroffen ist, hat dies freudig zur Kenntnis genommen.
Malta will sich die Gunst und Unterstützung der Türkei sichern, um einen Anspruch bei der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis auf einen Außerordentlichen Wirtschaftsraum auf dem libyschen Festlandsockel anzumelden. Da die ‚Einheitsregierung‘ militärisch komplett von der Türkei abhängig ist und die Türkei Malta bei ihren Wünschen unterstützt, wird sich Sarradsch wohl dem Wunsch der Türkei und Maltas beugen müssen.

Der Internationale Gerichtshof lehnte 1981 die Ansprüche Maltas ab
Allerdings hat die Sache für Malta einen beachtlichen Haken. Bereits 1981 entschied der Internationale Gerichtshof (IGH) im Streit um diesen Festlandsockel zugunsten von Libyen und gegen Malta. Malta hatte bereits 1980 mit Ölbohrungen begonnen. Dem vorausgegangen war ein Vertragsabschluss mit der US-amerikanischen Texaco, die ihrerseits eine Tochtergesellschaft der italienischen ENI, Saipem 2, beauftragte, Bohrungen durchzuführen. Daraufhin drohte Oberst Muammar al-Gaddafi mit der Bombardierung jeder in diesen Gewässern installierten Bohrinsel und schickte zwei libysche Kriegsschiffe zu den Bohrinseln.
Auch Italien schickte Kriegsschiffe zum libyschen Festlandsockel und Malta setzte seine Luftwaffe in Bereitschaft. Es drohte ernsthaft Krieg bis die italienische Bohrinsel in Richtung Malta zurückgezogen wurde und Valletta den Internationalen Gerichtshof einschaltete, dessen Entscheidung, anders als von Malta erwartet, eindeutig zu Gunsten Libyens ausfiel.
Heute sieht Malta seine Chance gekommen, sich mit Hilfe der Türkei über das damalige Gerichtsurteil hinwegzusetzen. Obwohl Sarradsch außer der Anerkennung durch ausländische Mächte in Libyen keinerlei Legitimität hat, scheint er bereit, für die türkische Militärhilfe libysche Interessen aufzugeben und libysche Ressourcen gegen Militärhilfe zu tauschen. In dem auch fischreichen libyschen Festlandsockel werden ergiebige Ölfelder vermutet.
Die Libyer beurteilen das Vorgehen Maltas mit Hilfe der Türkei als reinen Diebstahl.
https://uk.reuters.com/article/uk-egypt-greece/egypt-and-greece-sign-agreement-on-exclusive-economic-zone-idUKKCN25222H
https://libyareview.com/?p=5532
https://almarsad.co/en/2020/08/07/malta-plans-to-steal-libyas-continental-shelf-with-turkish-help-despite-1981-icj-ruling/

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