Libyen und der Iran-Krieg
Während den beiden libyschen ‚Regierungen‘ zum Iran-Krieg nichts weiter einfällt, als den Iran zu verurteilen, erklärt die New York Post, dass Trump kein zweites Libyen wolle. Achmed Gaddaf ad-Dam erläutert, warum Trump besorgt und frustriert ist. Mussa Ibrahim sieht den Iran gestärkt und plädiert für eine breite Allianz der Befreiung.
Die Hammad-‚Regierung‘ (Bengasi) verurteilte den iranischen Angriff auf die US-Militärbasis in Katar und bezeichnet ihn als „eklatante Aggression und eine Verletzung der Souveränität Katars“. Und auch das Außenministerium der Dabaiba-‚Regierung‘ (Tripolis) drückte seine „scharfe Verurteilung“ der iranischen Angriffe auf Katar aus.
Trump wolle kein zweites Libyen im Iran – doch seine Träume seien zerplatzt
In einen Beitrag der The New York Post am 20. Juni hieß es: „Trump will nicht, dass der Iran zu einem zweiten Libyen wird.“ Trumps Besorgnis über die Bombardierung des Iran rühre teilweise von seiner Angst her, ein „zweites Libyen“ zu schaffen. Trump habe sich dabei insbesondere auf das Chaos bezogen, dass nach mehr als einem Jahrzehnt der NATO-Bombenangriffe, die zum Sturz Gaddafis führten, noch immer herrscht. Die Intervention in Libyen habe auch das Aushandeln von Abkommen mit Ländern wie Nordkorea und dem Iran erschwert. Nach 2011 seien in Libyen Sklavenmärkte eröffnet und Videos von IS-Mitgliedern veröffentlicht worden, die Christen enthaupteten. Die Ölproduktion In Libyen sei zurückgegangen und durch das Fehlen einer Zentralregierung würden Afrikaner aus dem gesamten Kontinent das Mittelmeer in unsicheren Booten in Richtung Europa überqueren.
Laut Ahmed Gaddaf ad-Dam (unter Gaddafi Koordinator der libysch-ägyptischen Beziehungen) verrieten der Auftritt und die Körpersprache von Trump, dass er besorgt und frustriert sei. Der Krieg in der Ukraine höre nicht auf und Gaza verwandle sich nicht in eine Riviera. Dank Netanjahu sei der Iran-Dialog entgleist. Trumps Träume seien zerplatzt.
Die Konfrontation mit dem Iran sei Jahrzehnte lang ein schlechtes Omen für alle us-amerikanischen Präsidenten, die an den Kriegen im Irak, Libyen und Syrien beteiligt waren, gewesen. Einmal sollte Libyen für das Lockerbie-Attentat verantwortlich gewesen sein, dann sollte es Atomwaffen im Irak gegeben haben. Jedes Mal habe es sich dabei um Falschinformationen gehandelt. Nun sei es der Iran, der angeblich kurz vor dem Bau der Atombombe stand – eine Nachricht, die alle fünf Jahre wiederholt wurde.
Doch diesmal scheine ein Krieg Trumps Interessen, und auch den Interessen der USA, zu widersprechen. Trump wolle nicht, dass die politische Lösung von Europa ausgeht und er selbst mit leeren Händen dasteht. Nachdem der Iran gedroht habe, die umliegenden Stützpunkte anzugreifen oder die Straße von Hormus zu schließen, durch die täglich 17 Millionen Barrel Öl fließen, wolle Trump kein unkalkulierbares Risiko eingehen.
Mussa Ibrahim sieht Iran gestärkt
Auch der ehemalige Sprecher von Muammar al-Gadddafi, Mussa Ibrahim, meldete sich auf Twitter ausführlich zu Wort und erklärte, warum die Islamische Republik Iran trotz der dadurch entstandenen hohen Kosten strategisch gestärkt aus diesem Krieg mit den USA und Israel hervorgehe.
Der Iran habe nicht nur seine Fähigkeiten zur militärischen Abschreckung bewiesen, sondern auch das Bewusstseins von Widerstand und die Vertiefung des regionalen Befreiungsprojekts gestärkt. Für diese zunehmende Stärke gebe es mehrere Gründe:
- Ein neues Bewusstsein der Befreiung. Der Diskurs des „demütigenden Friedens“ und der „pragmatischen Neutralität“ sei untergraben worden, während gleichzeitig der Widerstand als rationaler und moralischer Weg neue Legitimation erfahren habe.
- Stärkung des radikalen Flügels der Widerstandsachse. Der Krieg stärke die radikale Widerstandsströmung innerhalb des iranischen Revolutionsprojekts, die strategische Zugeständnisse im Austausch für vorübergehende Ruhe ablehne.
- Militärische und strategische Entwicklung. Der Iran habe ein umfassendes operatives Verständnis für die moderne Kriegsführung gezeigt und komplexe Strategien inmitten des fortschreitenden Kriegsverlaufs entwickelt. Das iranische Militär habe seine Stärken und Schwächen, die Schwachstellen des Gegners und die Logistik genau im Blick.
- Zerschlagung von Spionagenetzwerken. Der Iran habe Spionageoperationen, die mit den USA und zionistischen Organisationen in Verbindung stehen, aufdecken und zerschlagen können. Dies erhöhe seine innere Sicherheit und Widerstandsfähigkeit und erschwere künftige Infiltrationen.
- Entlarvung der kolonialen Rolle Israels. Die Öffentlichkeit in der Region sehe Israel jetzt nicht mehr als normalen Staat, sondern deutlicher als kolonialen Vorposten. Begriffe wie „imperialistisches Siedlerprojekt“ seien im öffentlichen Bewusstsein wiederbelebt worden.
- Zerstörung des Mythos der zionistischen Überlegenheit. Der Krieg habe die innere Zerbrechlichkeit Israels und seine Abhängigkeit von der Unterstützung durch die USA offengelegt. Der Mythos von der „unbesiegbaren Armee“ sei zusammengebrochen, was langfristige Auswirkungen auf ihr Abschreckungspotential und das weltweite Image Israels habe.
- Zusammenbruch der alternativen Projekte zum Widerstand. Verschiedene ideologische Projekte, die als Ersatz für den Widerstand vermarktet wurden – wie „Petrodollar-Salafismus“, „liberale Abhängigkeit“ oder der vom Westen unterstützte Säkularismus – hätten weder zu Souveränität noch zu Befreiung geführt und seien heute weitgehend diskreditiert.
- Irans nationale Opposition: Ein verantwortungsvolles Modell. Trotz tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten lehnte die nationale Opposition des Iran eine ausländische Einmischung ab und unterstützte die nationale Einheit während der Aggression. Dies stünde in krassem Gegensatz zu den Oppositionsmodellen im Irak, in Syrien oder Libyen, die sich mit ausländischen Invasoren verbündeten und zur Zerstörung ihrer Länder beitrugen.
Hoffnung auf eine breite Befreiungsallianz
Mussa Ibrahim sieht einen Weg zu einer breiteren Befreiungsallianz, die über den Iran hinausreicht.
Die revolutionäre Mission des Iran müsse über den Abschreckungsgedanken oder die Demontage des zionistischen Prestiges hinausgehen. Es sei an der Zeit, neue Allianzen zu schmieden. Die Erfahrung zeige, dass das Vertrauen in engstirnige islamistische Bewegungen – wie die Muslimbruderschaft, die sich in Libyen mit der NATO verbündete und sich den US-Unternehmungen in Syrien und Afghanistan angeschlossen hat – eher eine Belastung als ein Gewinn ist.
Da die Islamische Revolution in der Vergangenheit ihren Befreiungskompass verloren habe, bestehe ihre historische Verantwortung nun darin, diese ideologischen Fesseln zu überwinden und eine breite Volksfront zu schmieden, die befreiungsorientierte Islamisten, engagierte arabische Nationalisten und die widerständige Linke (nicht die mit der NATO verbündete Linke) zu einer regionalen Achse vereint, die auf Souveränität, Volkslegitimität und Freiheit beruht. Es dürfe mit Akteuren, die immer noch in der Logik der „Spaltung“ und der „Umma-Ideologie“ verfangen sind, keine taktische Konvergenz mehr geben.
Man brauche ein nicht-ideologisches, vereinigendes Projekt, das in Freiheit, Gerechtigkeit und Würde wurzelt, und das in der Lage ist, den zionistischen Apparat und seine regionalen Stellvertreter zu besiegen.
„Und das ist in Wahrheit die kollektive Verantwortung von uns allen, nicht nur die des Iran.“
A. Gutsche
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen