Montag, 4. August 2025

 

Kurznachrichten Libyen – 24. bis 31. Juli 2024

1. August 2025 / gelanews 

Verhaftungskampagne in Sirte durch Haftar / Moslembrüder besetzen mit Dabaiba Hilfe Amt des Staatsratsvorsitzenden / Flughafen von Ghadames soll an Frankreich übergeben werden / Indien schickt für zu eröffnende Botschaft Sicherheitspersonal nach Tripolis / Folter und hohe Todesrate in libyschen Gefängnissen / Systemische Stromausfälle landesweit / Haftar- und Dabaiba-Clan beherrschen Libyen: Korruption sprengt weiterhin alle Grenzen / Zuständigkeit des IStGH in Libyen umstritten / Fall Hannibal Gaddafi weiter ungelöst / Türkei als Schlüsselakteur bei neuer Sicherheitsarchitektur / Gaddafi-Ära – Ära der Stabilität und Würde

Militär / Milizen / Gewalt

+ Am 25. Juli führten Haftar-Streitkräfte in Sirte eine groß angelegte Verhaftungskampagne gegen junge Männer aus dem GaddafiStamm durch. Die Verhaftungskampagne fiel mit Haftars Besuch in Sirte zusammen.

+ Am 28. Juli wurden in Sirte Brigadegeneral Miftah Belkhair Hiblo Gaddafi und Oberst Salem Makhzum Gaddafi von Mitgliedern des Inlandsgeheimdienstes (Bengasi) festgenommen. Diese Festnahmen sind Teil einer Kampagne, die Haftar dieser Tage gegen die Mitglieder des Gaddafi-Stammes in der Stadt Sirte gestartet hat.

+ Am 28. Juli wurde Ramzi al-Lafi, Kommandant der 3. Kompanie der 111. Brigade des Verteidigungsministeriums der Dabaiba-‚Regierung‘, zusammen mit fünf seiner Familienmitglieder während einer Schießerei südwestlich von Tripolis, in Alwad Issa, getötet.
Anschließend drangen Teile der 111. Brigade (Kommando Abdel Salam Zubi) in Wirschefana in das Gebiet Uled Issa ein.
Ramzi al-Lafi hatte im Mai in Tripolis an der Operation gegen den Stability Support Apparatus und der Ermordung seines Kommandanten Abdul Ghani al-Kikli (alias Ghanewa) teilgenommen.
Der Menschenrechtsaktivist, Hussam al-Gemati: Nach dem Tod von al-Lafi wird Muammar al-Dawi, Kommadeur der mächtigen 55. Brigade, der „König von Wirschefana“ werden.
Über Wirschefana erfolgt die Kontrolle der Routen in Richtung Tripolis.

+ Das Verteidigungsministerium von Abdulhamid Dabaiba ließ wissen, dass es im Rahmen umfassender Militäroperationen zur Zerstörung der Stellungen von Schmuggler- und Schleuserbanden gezielte Luftangriffe in bestimmten Gebieten durchführen wird.
Die Nationale Institution für Menschenrechte in Libyen forderte das Verteidigungsministerium auf, den Schutz der Zivilisten während der angekündigten Luftangriffe sicherzustellen. Es warnte auch davor, unter dem Deckmäntelchen der Kriminalitätsbekämpfung politische Rechnungen zu begleichen und politische Gegner zu verfolgen.

+ Abu Agila al-Buraiki (Vorsitzender der libyschen Menschenrechtsorganisation) boykottierte die Sitzung des Komitees für Versöhnung und politischen Dialog in Tripolis, da dieses Komitee nichts zur Versöhnung und Dialog unternehme. Niemand habe politische Gefangene wie Abdullah as-Senussi und Morde wie dem von Abdul Moneim al-Mariami im Büro des Generalstaatsanwalts erwähnt. Ältere Gefangene säßen seit 15 Jahren im Gefängnis.
Auch die geforderte Ernennung des Präsidialrats als Regierung werde abgelehnt.

+  Mehrere Mitglieder des Rechnungsprüfungsamts reichten bei Imad Trabelsi Beschwerde gegen die Mitglieder der von Khaled Schakschak gegründeten Sicherheitsabteilung ein, da diese Mitarbeiter einschüchtere und misshandle.

+ Wie die italienische Zeitung Il Post berichtete, bildet Italien Haftars Soldaten auf italienischen Stützpunkten aus, obwohl Rom offiziell keine aktiven militärischen Ausbildungsprogramme mit Haftar unterhält. Diese Trainingskursen seien vor mehreren Monaten im Geheimen organisiert worden, da Italien gute Beziehungen zu Tripolis und Bengasi aufrechterhalten wolle.

+ Der italienische Politiker Daniele Ruffinetti ist der Ansicht, dass aufgrund des in Tripolis bestehenden Sicherheitsvakuums Haftar eine Militäroperation gegen Tripolis in Erwägung zieht und sich dabei auf ein Netzwerk von Beziehungen zu lokalen Parteien, die Unterstützung von Moskau und eine flexiblere Haltung der Türkei als in der Vergangenheit stützt. In diesem Zusammenhang könne jedes ausdrückliche Schweigen von Washington implizit als grünes Licht für eine militärische Initiative aus dem Osten interpretiert werden.
Die anhaltende Zersplitterung Libyens ohne multilaterale Eindämmung wird das zentrale Mittelmeer in einen offenen Konfliktherd verwandeln, in dem jede lokale Krise systemische Auswirkungen auf die europäische Sicherheit haben könnte.

+ Der libysche Politikanalyst Dschalal Harchawui meint, dass Haftar derzeit nicht versuchen wird, die Schwäche der Regierung in Tripolis auszunutzen, da er weiß, dass Tripolis schwer bewaffnet und Haftar gegenüber zutiefst feindselig eingestellt ist.
Die Vorstellung, dass die Türkei Tripolis vernachlässige, um das östliche Libyen zu umwerben, und gleichzeitig Tripolis behalten könne, könnte böse enden.  

+ Greek City Times berichtete über die Präsenz griechischer Fregatten vor der Küste Libyens, die die griechischen Souveränitätsrechte schützen und die Stabilität im östlichen Mittelmeer gewährleisten sollen.
Dieser Schritt erfolge zu einem Zeitpunkt erhöhter Spannungen in der Region, in dem sich die diplomatischen Beziehungen zwischen den beteiligten Ländern an einem kritischen Punkt befinden.

+ Die italienische Luftwaffe führte drei Einsätze vor der libysche Küste durch, den letzten zwischen al-Bayda und Tobruk.

+ Diese Woche wurden fünf militärische Frachtflüge zwischen der Türkei und Bengasi registriert.

+ Frankreich hat in Absprache mit Osama Dschuwaili (Kommandant Militärzone Westliche Berge) damit begonnen, militärische Ausrüstung an Ghadames zu senden. Nachdem Dschuwaili den Flughafen von Ghadames übernommen hat, bereite er dessen Übergabe an Frankreich vor. Ghadames befindet sich nahe den Grenzübergängen zu Algerien und Tunesien. Frankreich will auch eine Ausweitung der russischen Aktivitäten verhindern.

+ Indien will zum Schutz seiner geplanten Botschaftseröffnung in Tripolis vierzig Sicherheitsbeamte der indischen Central Reserve Police Force (CRPF) nach Libyen entsenden, ähnlich wie im irakischen Bagdad.

+ Hossam al-Gamaty verurteilte die Gewährung eines Schengen-Visums durch die maltesischen Behörden an Ali al-Maschay, Kommandeur der Haftar nahestehenden 20/20-Kompanie. Al-Maschays Name sei in zahlreichen Berichten des UN-Expertengremiums, von Amnesty International und Human Rights Watch als Kriegsverbrecher erwähnt worden.

+ Das Berufungsgericht in Tripolis hat zum zweiten Mal die Entscheidung von Abdelhamid Dabaiba aufgehoben, Ali Ischtiwi (alias as-Saria) zum Leiter der Kriminalpolizei zu ernennen.

+ Es herrscht Besorgnis über die hohe Zahl der Todesfälle in libyschen Gefängnissen. Vor mehr als einem Jahr sei der politische Aktivist Saradsch Daghman gestorben, nachdem er vom Inlandsgeheimdienst in Bengasi festgenommen wurde.
Es herrsche Straflosigkeit und es werden immer wieder neue Todesfälle von Verhafteten dokumentiert.
Anfang des Monats starb Abdel Moneim al-Mariami unter mysteriösen Umständen in der Haft, kurz nachdem ein Befehl zu seiner Freilassung ergangen war. Diese Fälle deuten auf systematische Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung hin. Diese schweren Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht in ganz Libyen stellen Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. Kriegsverbrechen dar, die nach internationalem Recht strafbar sind.
Zwischen März 2024 und Juli 2025 wurden 19 Todesfälle in Internierungslagern im Osten, Westen und Süden Libyens dokumentiert, deren Opfer sich alle im Gewahrsam der Sicherheitskräfte befanden. Zu den Opfern zählten Oppositionelle, Regierungskritiker und Mitglieder der Zivilgesellschaft. Die tatsächliche Zahl der Todesfälle in libyschen Haftanstalten dürfte weitaus höher liegen.
In vielen Fällen wurden forensische Berichte zurückgehalten, während die Familien der Opfer von Anzeichen von Misshandlungen an den Leichnamen berichteten. Kein einziger Todesfall in Gewahrsam habe dazu geführt hat, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden. Der Sicherheitssektor müsse grundlegend reformiert werden.

Dabaibas Krieg

+ Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanische Union hielt am 24. Juli auf Ebene der Staats- und Regierungschefs eine Sitzung zur Lage in Libyen ab, die erste seit September 2011. Thema war der Waffenstillstand in Tripolis, die Überwachung seiner Umsetzung sowie Sicherheits- und Militärvereinbarungen zur Entspannung der Lage zwischen den rivalisierenden Fraktionen in Tripolis.

+ Data Center Dynamics meldete, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ im Mai, als die Proteste gegen ihn eskalierten, das Internet größtenteils abschalten ließ

UN-Sondermission für Libyen (UNSMIL)

+ Am 26. Juli traf der Sondergesandte des US-Präsidenten Trump, Massud Boulos, auch mit der UN-Sondergesandten Hannah Tetteh zusammen. Beide Seiten erörterten die negativen Auswirkungen politischer Spaltungen und Sicherheitsinstabilität auf die libysche Wirtschaft und sprachen über die notwendigen Wirtschaftsreformen, die ein nachhaltiges Umfeld für den privaten Sektor schaffen und ausländische Investitionen anziehen würden.

+ Hannah Tetteh erklärte bei einer Videoschalte an den Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union, dass sie dem UN-Sicherheitsrat  im August die Schritte zur möglichst baldigen Abhaltung von Wahlen vorlegen werde. Zu deren Durchführung benötige sie auch die Unterstützung der Afrikanischen Union.
[Wie sollen sich Wahlen in der jetzigen Situation in Libyen durchsetzen lassen?]

+ Laut dem Parlamentsabgeordneten Dschaballah asch-Schaibani müssen Wahlen stattfinden, nachdem die Regierung, Institutionen und der Militärapparat vereinigt, Waffen eingesammelt und Milizen aufgelöst sind. Dies könnte die UN-Mission und die intervenierenden Länder durchsetzen, wenn sie wollten. Dies wollen sie aber nicht.

+ Am 29. und 30. Juli tagten in Anwesenheit der UN-Mission Mitglieder des 6+6-Komitees (Staatsrat und Parlament) mit dem Beratungsausschuss der UN-Mission.

Sitzung des Staatsrats zur Wahl des Vorsitzenden

+ Am 27. Juli 2025 fand die Sitzung zur Wahl des Staatsratsvorsitzenden statt. Mohammed Takala, Führer der Moslembruderschaft, gewann die Wahl zum Staatsratsvorsitzenden. Er erhielt 59 Stimmen, Ali as-Suwaih 13 Stimmen, Abdullah Dschuwan 14 Stimmen, Nadschi Mukhtar 8 Stimmen und Suleiman Zubi eine Stimme.
Es stimmten mehr als zwei Drittel der Mitglieder ab, nämlich 95 von 145.
Abdulhamid Dabaiba gratulierte Takala zum Wahlsieg.
Khaled al-Mischri hatte nicht teilgenommen. Im August 2024 hatte al-Mischri mit einer einzigen Stimme knapp die Wiederwahl gegen Takala gewonnen, mit 69 zu 68. Dies wurde von Takala nicht anerkannt.

+ Das Takala-Büro gab bekannt, dass Mohammed Takala der gewählte Vorsitzende des Staatsrat ist.  Hassan Habib wurde erster Stellvertreter, Moussa Faradsch zweiter Vorsitzender und Belkacem Dabarz Protokollführer.
Die Spaltung des Staatsrats sei hiermit beendet.

+ Laut Khaled al-Mischri scheiterte die Sitzung zur Vorstandswahl, da zum festgelegten Zeitpunkt kein Quorum erreicht worden sei.
Er kündigte eine formelle Anrufung der Verfassungskammer an.

+ Mitglieder, die die Sitzung boykottiert hatten, bezeichneten die Wahlitzung für illegitim. Deren Ergebnis werde abgelehnt, da kein Konsens bestanden habe.
Der Rat werde gespalten bleiben, weil etliche Mitglieder die Sitzung und die Wahl von Takala nicht anerkennen.

+ Mohammed Moazeb (Staatsratsmitglied) erklärte, diese Wahlen seien abgehalten worden, um die Spaltung zu beenden und dem Staatsrat die Wiederaufnahme seiner Aufgaben zu ermöglichen.

+ Der Parlamentarier Abdul-Moneim al-Arafi hält die Abstimmung des Staatsrats für eine von Dabaiba inszenierte Farce.

+ Al-Arab (London) schrieb: Die libysche Muslimbruderschaft übernimmt in einem von Dabaiba unterstützten Putsch die Kontrolle über den Staatsrat. Diese Wahlen waren Teil von Dabaibas Plan, die Umsetzung der zwischen al-Mischri und Agila Saleh erzielten Vereinbarung zu blockieren.
Dem Dabaiba-Lager sei es gelungen, das Blatt zu Takalas Gunsten zu wenden. Das Ziel sei, die Kontrolle über den Staatsrat zu erlangen, damit jedes Bündnis zwischen dem Staatsrat und dem Parlament verhindert werde, welches zu einer einheitlichen nationalen Position führen könnte, indem eine einheitliche Regierung gebildet wird, die das Land aus seiner politischen Sackgasse befreien kann.
Dabaiba sei der Nutznießer des Chaos und konnte seinen Erzfeindes Khaled al-Mischri ausgrenzen. Diese Wahl fand ohne Konsens unter den wichtigsten Interessenvertretern statt. Sie spiegeln das Bemühen des Dabaiba-Lagers, die Umsetzung der zwischen al-Mischri und Aguila getroffenen Vereinbarung über eine Einheitsregierung zu blockieren.
Der Staatsrat dürfte in eine Abwärtsspirale der Zersplitterung und Spaltung geraten, wodurch seine politische und gesetzgeberische Rolle gefährdet und die Gesamtsituation im Land durch die Unterbrechung der Kommunikationsverbindungen zwischen Tripolis und Bengasi weiter verschärft wird.
Was in der Sitzung geschah, war die Übernahme des Staatsrats durch die politisch-islamistische Bewegung unter Führung der Muslimbruderschaft durch einen Putsch, der von Dabaiba unterstützt und finanziert wurde.

+ Die UN-Mission gratulierte Takala zu seiner Wahl als Staatsratsvorsitzender. Die Abstimmung habe unter normalen und transparenten Bedingungen stattgefunden.

+ Auch die EU erkannte die Wahl Takalas zum Vorsitzenden des Staatsrats an.

+ Ebenso hat die Arabische Liga die Wahl von Mohammed Takala zum Staatsratsvorsitzenden anerkannt.

+ Al-Mischri lehnte die Anerkennung des Sieges Takalas durch die UN-Mission ab. Er betrachte sie als Einmischung in einen Rechtsstreit, der darauf abziele, den Weg zu einer libysch-libyschen politischen Lösung zu blockieren. Al-Mischri beruft sich auf ein diesbezügliches Gerichtsurteil.

+ Al-Arab (London) schrieb: Die UN-Mission ist in den politischen Konflikt verwickelt, indem sie Takalas Vorsitz im Staatsrat unterstützt. Die Stellungnahme für Dabaibas Verbündeten hindere die UN-Mission, ihrer Rolle bei der Lösung der Libyenkrise gerecht zu werden.
Die Haltung der UN-Mission stelle einen Sieg für die politisch-islamistische Bewegung dar, die sich jeder Einigung mit dem Parlament widersetzt und die Bildung einer einheitlichen Regierung beeinträchtigt. Damit werde das zwischen al-Mischri (Staatsrat) und Agila Saleh (Parlament) ausgehandelte Projekt zur Bildung einer neuen Einheitsregierung zunichte gemacht.
Indem die UN-Mission Takalas Sieg begrüßt, ist sie zu einer Partei im libyschen politischen Konflikt geworden. Damit werden Lösungsprojekte behindert und Bemühungen um einen Konsens blockiert.
Die UN-Mission verschärfe die Situation, indem sie die Spaltung innerhalb des Staatsrats vertieft, den endgültigen Bruch zwischen dem Staatsrat und dem Parlament bestätigt und die Kluft zwischen Tripolis und Bengasi vertieft.
Die Spaltung innerhalb des Staatsrats werde aufrechtzuerhalten, und zwar im Einvernehmen mit regionalen und internationalen Parteien, die auf eine Verschärfung der Krise und eine Eskalation des Konflikts hinarbeiten.
Es stehen Vorwürfe gegen lokale Parteien im Raum, sie hätten Bestechungsgelder eingesetzt, um die Kontrolle über den Staatsrat zu erlangen, so wie es beim Politischen Dialogforum geschehen ist.
[Könnte das Verhalten der UN-Mission etwas mit dem kürzlichen Besuch des Trump-Beraters Boulos in Verbindung stehen, der Dabaiba sicher etliche Zusagen abgerungen hat, wofür Dabaiba im Gegenzug im Amt bleiben darf?]

Kommunalwahlen

+ Die Behinderung der Kommunalwahlen und die Beschlagnahmung von Stimmzetteln durch Haftar zeige laut der Website al-Araby al-Dschadid, dass Haftar überhaupt keine Wahlen will, weder auf lokaler noch auf nationaler Ebene. Haftar veröffentliche täglich Botschaften, in denen er klar zum Ausdruck bringt, dass in den von ihm kontrollierten Gebieten kein Platz für Demokratie und Volksvertretung ist. Haftar habe begonnen, ein familienbasiertes Herrschaftssystem aufzubauen, indem er seine Söhne in verschiedene Bereiche des Systems einbindetmilitärisch, sicherheitstechnisch und finanziell.

+ Libya Crime Monitor verurteilte die Drohkampagne gegen Kandidaten für die Kommunalwahlen und Bürger in Azizia durch den Kandidaten und derzeitigen Vorsitzenden des Lenkungsrats, Baschir al-Mubaraki (55. Infanteriebataillon unter dem Kommando von Muammar al-Dawi/Dabaiba). Dabei kam es zu bewaffneten Angriffen, auch mit Schusswaffen, und die Beschlagnahmung von Stimmzetteln.
Von systematischen Angriffen auf den Wahlprozess seien auch mindestens sieben weitere Gemeinden in östlichen und westlichen Libyen betroffen.

+ Der Rechtswissenschaftler Magdy Abdo kritisierte, dass trotz des Gerichtsurteils des Berufungsgericht von Tripolis, die Kommunalwahlen auszusetzen, die Wahlkommission die Kommunalwahlen fortsetzt. Dies würde zu doppelten Gremien und einer weiteren Spaltung des Landes führen.
Die weitere Durchführung von Kommunalwahlen führe zwangsläufig dazu, dass es in Gemeinden zwei Gemeinderäte geben wird. Eine Partei wird am Gerichtsbeschluss festhalten und deshalb Wahlergebnisse für ungültig erklären, während eine andere Partei die Wahlen gewinnen und an den Wahlergebnissen festhalten wird.
Die Missachtung gerichtlicher Entscheidungen verstoße gegen die Verfassungsgrundsätze und richte sich gegen die Unabhängigkeit der Justiz. Die Durchsetzung des Rechts sei nicht mehr gewährleistet.

Innerlibysche Nachrichten

+ Der Parlamentsabgeordnete Ali Abu Zriba erklärte, es müsse so schnell wie möglich eine Regierung gebildet werden, um die Krise in Libyen zu beenden.
Am 26. Juli trafen sich die Scheichs der Westregion, ihre Vertreter und Mitglieder des Staatsrates, um ihre Reihen zu schließen. Nur ein libysch-libyscher Dialog zwischen dem Parlament und dem Staatsrat könne das Land retten. Die Militärführung wurde aufgefordert, sich an einem Ort in Libyen zusammenzusetzen, wo ihre Sicherheit gewährleistet werden kann.
Kritisiert wurde die UN-Mission und die Arabische Liga wurde aufgefordert, eine große Delegation libyscher Scheichs und Vertreter zu bilden, um die Libyen-Angelegenheit zu verfolgen. Kritisiert wurde, dass sich ausländische Staaten zum Thema Libyen treffen, ohne dass Libyer anwesend sind.

+ Laut dem Libyenspezialisten Dschalal Harchaui versuche das Ausland, in Libyen eine vollständige strategische Transformation umzusetzen. Die Türkei habe Dabaiba davon abgehalten, in Tripolis eine Militäroperation zu starten und verwende nun auch den Begriffeine neue Einheitsregierung“. Diese aber sei für die Dabaiba-‚Regierung‘ eine existenzielle Bedrohung. Gleichzeitig stelle die Türkei Haftars Streitkräften militärische Ressourcen zur Verfügung, biete ihnen Ausbildungsmöglichkeiten und versuche, sie vollständig für sich zu gewinnen, um die Ratifizierung des Memorandums zur Festlegung der Seegrenzen im Sinne der Türkei zu erreichen. Haftar würde es begrüßen, sollte die Türkei Dabaiba entmachten.
Entgegen den Erwartungen, dass der Dabaiba-Clan still und leise von der Bildfläche verschwinde, habe Dabaiba dem Trump-Gesandten Mussad Boulos mitgeteilt, dass seine Regierung die Idee einer neuen Einheitsregierung ablehnt.

+ Die Kandidaten für eine neue Einheitsregierung sind Issam Abu Zeriba, Othman Abdel Dschalil, Mohamed Mazughi, Ali Sassi, Salama al-Ghoil und Othman al-Basir.

+ Da Mohammed al-Maschai Vorstandsvorsitzender der Elektrizitätsbehörde, Vorstandsvorsitzender des al-Ahly Fußballclubs und verantwortlich für die Lebensmittel- und Arzneimittelaufsicht ist, stellt sich die Frage der Bündelung von Machtbefugnissen und Interessenkonflikten.

+ Die Schiffsbesatzungen der General Maritime Transport Company forderten den Verkehrsminister auf, alle Entscheidungen des Lenkungsausschusses seit dessen Amtsantritt aufzuheben, da diese administrativ fehlerhaft und von einem rachsüchtigen Regionalismus geprägt seien sowie auf vorsätzlichen Falschdarstellungen beruhten. Gefordert wird auch die Entlassung des Direktors der Rechtsabteilung.
Sollte den Forderungen nicht nachgekommen werden, drohten Streiks.

+ Die Bewohner der Gemeinde al-Gadisiya im Stadtteil Andalus von Tripolis forderten, die Probleme, die durch Migranten und ausländische Arbeitskräfte in ihrem Gebiet entstanden sind, anzugehen. Die Sicherheit, auch durch Raubüberfälle, sei bedroht.

+ Osama Hammad (Chef der Parallelregierung) forderte seine Minister und die Leiter öffentlicher Institutionen auf, der Dabaiba-‚Regierung‘ und den mit ihr verbundenen Institutionen keinerlei finanzielle oder administrative Daten zur Verfügung zu stellen.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ verfüge aufgrund ihrer abgelaufenen Amtszeit über keine Legitimität mehr.

Wirtschaft / Finanzen / Korruption

+ Der Finanzanalyst Sabry Dau warnte, dass die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Das Fehlen von Finanzkontrollen und das Unterlassen strenger Sparmaßnahmen werden die Wirtschaftskrise verschärfen.

+ Laut dem Wirtschaftsexperte Mohammed Darmisch verschärft der wiederholte Wertverlust der Landeswährung die Inflation und hat eine Preiserhöhung bei Waren und Dienstleistungen zur Folge. Trotz ihrer institutionellen Vereinigung nach Jahren der Spaltung kann die Zentralbank den Markt nicht kontrollieren, solange es keine wirksame Koordinierung zwischen der Geld-, Fiskal- und Handelspolitik gibt.

+ Der Ökonom Mukhtar al-Dschadid: „Die Maßnahmen der Zentralbank werden keine Früchte tragen, solange die unkontrollierten Ausgaben beider Regierungen nicht beendet werden.“

+ Die Mitarbeiter der Sahara Bank forderten den Chef der Libyschen Zentralbank, Nadschi Issa, auf, den zahlreichen Verwaltungsverstößen des neuen Generaldirektors der Bank, Anas Schanbisch, ein Ende zu setzen. Falls die derzeitige Situation nicht behoben werde, drohe ein Generalstreik.

+ Das Libysche Zentrum für Sicherheits- und Militärstudien in einer Studie zur Herrschaft des Haftar-Clans und des Dabaiba-Clans in Libyen: Die Korruption in Libyen stelle eine der größten Herausforderungen für den politischen und wirtschaftlichen Wandel des Landes seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes im Jahr 2011 dar. Korruption durchdringe die staatlichen Institutionen, indem es sich die politische Spaltung, bewaffnete Konflikte und das Fehlen einer wirksamen Kontrolle zunutze macht.
Im Rahmen dieser Korruption seien auf der libyschen Bühne zwei große Clans aufgetaucht: der Dabaiba-Clan und der Haftar-Clan. Beiden Clans sei es gelungen, inmitten des politischen und sicherheitspolitischen Chaos im Land weitreichende Einflussnetzwerke aufzubauen und enorme Reichtümer anzuhäufen.
Es handele sich dabei um zwei unterschiedliche Modelle politischer und wirtschaftlicher Korruption. Der Dabaiba-Clan sei ein Paradebeispiel für institutionelle Korruption, die ihre Wurzeln im Baugewerbe und der öffentlichen Auftragsvergabe hat. Ali Dabaiba nutze seine ehemalige Position als Leiter der Verwaltungsentwicklungsbehörde während der Gaddafi-Ära, um ein wirtschaftliches Familienimperium aufzubauen, das später durch massive Auslandsinvestitionen erweitert wurde. Dieses Netzwerk wurde durch den Aufstieg Abdul Hamid Dabaibas zum Premierminister gestärkt, was dem Clan einen beispiellosen politischen und wirtschaftlichen Einfluss verschaffte.
Der Haftar-Clan stelle ein Musterbeispiel für Korruption im Zusammenhang mit der Militär- und Sicherheitskontrolle dar. Haftar habe seine Kontrolle über Ost- und Südlibyen ausgenutzt, um ein paralleles Wirtschaftsnetzwerk aufzubauen. Haftars Netzwerk sei auf den Raub öffentlicher Ressourcen und den Schmuggel von Öl und Treibstoff angewiesen. Haftar gründete militärische Einheiten, die direkt von seinen Clanmitgliedern geführt wurden, wie beispielsweise das Tariq-bin-Ziyad-Bataillon unter der Führung seines Sohnes Saddam.

+ Marwan ad-Dargasch fordert, dass jeder libysche Beamte, der mit dem illegalen und jeder Kontrolle entzogenen Libyen-Wiederaufbaufonds von Belqasim Haftar zu tun hat, strafrechtlich verfolgt werden müsse.

+ Vom Menschenrechtsaktivisten Hossam al-Gamati veröffentlichte Dokumente belegen die Beteiligung von Haitham al-Madani Ramadan, CEO des Unternehmens Libya Technology Engineering Works der National Oil Corporation, an einem neuen Fall des Raubs von Geldern aus dem Öldienstleistungssektor. Es handle sich um ein gefährliches Korruptionsnetzwerk, in das lokale und internationale Beamte und Unternehmen verwickelt sind. An der Korruption beteiligt sei auch Mohammed al-Masbahi im Büro von Massud Suleiman.
Al-Gamati fragt: „Wo sind der Chef der National Oil Corporation und der Ölminister? Wo sind der Generalstaatsanwalt, die Verwaltungskontrollbehörde, das Rechnungsprüfungsamt und die Antikorruptionskommission?

+ Said Wanis (Staatsrat) sieht trotz der enormen Summen, welche das libysche Elektrizitätsunternehmen in den letzten zwei Jahren ausgegeben hat, keine Verbesserung in der Stromkrise, die sich in täglichen Stromausfällen zeigt. Dies wecke den Verdacht weitverbreiteter Korruption. Es handle sich um eine getarnte und vertuschte, systematische Plünderung staatlicher Gelder.

Stromausfälle

+ Laut dem Stadtrat von Sarman kommt es in der Gemeinde zu Stromausfälle von bis zu zehn Stunden täglich, bei Temperaturen bis zu 45° C. In der gesamten Stadt gebe es kein fließend Wasser mehr. Verantwortlich hierfür sei der Vorstand der General Electric Company.

+ Sabah Dschumaa, Parlamentarier aus der Stadt Tarhuna, prangerte die ständigen Stromausfälle in der Stadt an und forderte die Behörden auf, sich mit den ständig verschlechternden Lebensbedingungen zu befassen.

+ Die Bewohner des Viertels as-Salam in Bengasi forderten Belqasem Haftar auf, etwas gegen den mehrtägigen Stromausfall zu unternehmen. Es gebe auch kein fließend Wasser mehr.

+ Die Brotpreise sind infolge des ständigen Stromausfalls enorm gestiegen. Die Bäckereien müssten Diesel zu exorbitanten Preisen auf dem Schwarzmarkt kaufen. Die steigenden Betriebskosten könnten viele Bäckereien zur Schließung zwingen.

Erdöl/Erdgas

+ Der Trump-Berater Massud Boulos drückte seine Freude über den Vertrag der NOC mit dem US-Unternehmen Hill International in Höhe von 235 Millionen USD aus, ebenso wie über die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen der NOC und ExxonMobil. Die Vereinbarung zur Erschließung der Waha-Ölfelder, die in Kürze zwischen der Waha Partners Group und dem us-amerikanischen Unternehmen ConocoPhillips abgeschlossen wird, werde voraussichtlich Investitionen in Millionenhöhe umfassen.

+ Dazu der Politiker Imad al-Hasak: „Libysche Politiker glauben, dass die Verbesserung der Beziehungen zu den USA oder dem zionistischen Gebilde die Zauberformel für den Machterhalt ist.“ Doch könne dieser politische Flirt darauf hinauslaufen, dass die Ressourcen des libyschen Staates auf Jahre hinaus verscherbelt werden. Und dies nur, damit die Dabaiba-‚Regierung‘ noch ein paar Monate überleben könne.
Auch die Ansiedlung von Palästinensern könnte mit den USA besprochen und von dieser libyschen ‚Regierung‘ akzeptiert worden sein.

+ Die EU profitiert von dem Vertrag zwischen dem us-amerikanischen Unternehmen Hill und Mellitah Oil and Gas, da das italienische Unternehmens Eni Partner von Mellitah ist. Italien sieht sich auf dem Weg, ein Energiezentrum im Mittelmeerraum zu werden.

+ Der Vorstand der National Oil Corporation informierte die zuständigen Behörden darüber, dass Arkano, ein Unternehmen im Besitz von Haftar und Ibrahim Dabaiba, jetzt offizieller Partner bei der Ölförderung in den Ölfeldern Mesala und Sarir ist.
Das UN-Expertengremium hatte zuvor in seinem Bericht an den Sicherheitsrat aufgedeckt, dass Arkano in verdächtige Aktivitäten und Ölschmuggel verwickelt ist.
[Libyen in Privatbesitz von Haftar und Dabaiba.]

Libyen und der IStGH

+ Laut dem IStGH ist Libyen nach seiner förmlichen Erklärung, die Zuständigkeit des IStGH für die in seinem Hoheitsgebiet von 2011 bis Ende 2027 begangenen Verbrechen anzuerkennen, zur Übergabe von Gesuchten verpflichtet.

+ Der Justizminister der Parallelregierung von Osama Hammad, Khaled Massud, wandte sich mit einem Schreiben an den IStGH, worin er erklärte, dass die Anerkennung der Dabaiba-‚Regierung‘ für die Zuständigkeit des IStGH von 2011 bis Ende 2027 für Libyen verfassungswidrig sei. Die Dabaiba-‚Regierung‘ sei abgelaufen und verfüge über keine Legitimität mehr. Der IStGH wurde aufgefordert, die Erklärung der Regierung der Tripolis-‚Regierung‘ zurückzuweisen, da sie eindeutig gegen das Römische Statut verstößt. Die Souveränität und nationale Gerichtsbarkeit Libyens sei zu respektieren

+ Der Oberste Rat der Stämme Ashraf und al-Murabitun hält die Übertragung der Gerichtsbarkeit auf den IStGH durch Dabaiba für nicht verfassungsgemäß und für einen eklatanter Angriff auf die nationale Souveränität. Libyen werde damit ausländischen Interessen unterworfen.
Jeder Versuch werde abgelehnt, die internationale Justiz als Instrument zur Begleichung politischer Rechnungen oder zur Vertuschung des Versagens der Dabaiba-‚Regierung‘ zu missbrauchen.
Jede Erklärung im Namen des Staates müsse von einem legitimen, vom Volk gewählten Gremium abgegeben oder mit ausdrücklicher Genehmigung der Legislative erfolgen.

+ Das Gericht in Bengasi-Süd erließ eine Anordnung mit sofortiger Wirkung, mit der die Umsetzung der Dabaiba-Anordnung bezüglich der Zuständigkeit des IStGH in Libyen für die Verfolgung gesuchter Libyer von 2011 bis 2027 gestoppt wird.

Hannibal Gaddafi – Gefangener des Libanon

+ Hussein Mahna, Scheich des libanesischen Haruk Faur-Clans, forderte bei seinem Treffen mit dem libanesischen Premierminister Nawaf Salam die Freilassung von Hannibal Gaddafi. Ihm sei schweres Unrecht widerfahren.

+ Laut Laurent Bayon, Anwalt von Hannibal Gaddafi, sitzt Hannibal seit fast zehn Jahren in Haft als Beschuldigter in einem Fall, bei dem er erst zwei Jahre alt war.
Mit dem Tod seines Vaters, Muammar al-Gaddafi, wurden alle Ermittlungen zu diesem Fall eingestellt. Hannibal bekleidete niemals Ämter, die mit den libyschen Sicherheitsdiensten, Gefängnissen oder anderen Stellen, die es ihm ermöglicht hätten, Informationen über den Fall Musa as-Sadr zu erhalten, in Verbindung standen. Und selbst wenn der Verdacht bestünde, dass er über Informationen verfügen sollte, hätte er lediglich den Status eines Zeugen, der keinesfalls festgenommen werden darf. Hannibal werde im Libanon nur deshalb jahrelang in Haft gehalten, weil er der Sohn des verstorbenen Beklagten ist.
Derzeit arbeite man mit den Vereinten Nationen und der Genfer-Arbeitsgruppe daran, den Fall voranzubringen. Man habe sich an die Vereinten Nationen gewandt, weil Hannibals Inhaftierung gegen jegliches Gesetz und Bürgerrechte verstößt. Er wurde in den neun Jahren seiner Inhaftierung nur einmal verhört und nie vor Gericht gestellt.

+ Der Politologe Mohammed al-Asmar erklärte, dass die libanesische Seite versuche, den Fall Hannibal Gaddafi zu politisieren, anstatt ihn gerichtlich zu behandeln. Diejenigen, die sich derzeit in Libyen an den Schalthebeln befinden, seien Feinde Gaddafis, trotzdem hätten sie zugegeben, dass Hannibal niemals eine sicherheitsrelevante Position innehatte.
Der Fall Hannibal werde internationalisiert und zu einer politischen Krise.

Streit um Seerechtsabkommen Griechenland / Türkei

+ Der griechische Premierminister Mitsotakis bestätigte am 25. Juli, dass Griechenland die Dabaiba-‚Regierung‘ eingeladen habe, Gespräche über die Grenzziehung ausschließlicher Wirtschaftszonen im Mittelmeerraum aufzunehmen, um über die Grenze des Festlandsockels und der ausschließlichen maritimen Wirtschaftszone zu sprechen.
Die Tripolis-‚Regierung‘ hatte 2019 ein maritimes Abkommen mit der Türkei geschlossen, dass gegen die Wirtschaftsinteressen Griechenlands im Mittelmeer gerichtet ist.

+ Laut der Zeitung al-Nahar al-Arabi sei es Griechenland nicht gelungen, die Ausweitung des türkischen Einflusses in Libyen zu stoppen. Die beiden rivalisierenden Regierungen im östlichen und westlichen Libyen haben sich in einem ungewöhnlichen Schritt darauf geeinigt, Athens Beharren auf der Suche nach Öl und Gas in den südlichen Konzessionsgebieten um Kreta zu kritisieren.

+ Der griechische Autor Jason Pack forderte die EU auf, die Finanzhilfen für Libyen einzustellen, um die Erpressung Griechenlands und Zyperns mit der Drohung von Migration durch libysche Akteure zu beenden. Haftar und Dabaiba nutzten die Migrationskrise, um materielle oder politische Vorteile zu erzielen, während die Türkei die Tripolis-Karte spiele, um die Souveränitätsrechte Griechenlands und Zyperns im Mittelmeerraum in Frage zu stellen.

+ Laut Jan Lesser, Vizepräsident des German Marshall Fund, einer us-amerikanischen Denkfabrik und Leiter ihres Brüsseler Büros, werde man nicht zulassen, dass die Türkei Libyen als Instrument zur Durchsetzung ihrer Interessen hinsichtlich der Hoheitsgewässer im östlichen Mittelmeer benutzt.
Libyen sei seit Jahren ein ständiges Sicherheitsproblem im Mittelmeerraum, und einige NATO-Verbündete, insbesondere Griechenland und Italien, haben jahrelang versucht, dieses Thema auf die Tagesordnung ihrer EU- und NATO-Verbündeten zu setzen – mit wenig Erfolg.

Libyen und das Ausland

+ Türkei. Laut der türkischen Zeitung Fikr Toro stellt die Entscheidung des libyschen Parlaments über das Abkommen zur Festlegung der Seegrenze abzustimmen, für die Türkei eine neue strategische Öffnung in Ostlibyen dar und könnte ihre Stellung in der gesamten Libyen-Frage verändern.
Ein umfassendes Abkommens zur Verteidigungskooperation zwischen den beiden Ländern sei geschlossen worden. Die Türkei könnte damit zu einem Schlüsselakteur bei der Umstrukturierung des libyschen Sicherheitssektors im Osten und Westen werden und dabei eine strategische Doppelrolle einnehmen. Die türkische Expansion nach Ostlibyen könnte das unerklärte Modell der Machtteilung zwischen der Türkei und Russland gefährden und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern in Libyen an einen Scheideweg zwischen Eskalation und Verhandlung bringen. Die EU und die USA könnten das Vorgehen der Türkei akzeptieren.

+ USA/Türkei. Africa Intelligence berichtete, dass Dabaiba dabei sei, die Beziehungen zwischen Tripolis und Washington auszubauen, um seine Führungsposition zu stärken. Pro-Dabaiba-Medien beschäftigten Lobbyisten aus dem Umfeld von US-Präsident Donald Trump.
Das Unternehmen von Chase McDowell, einem prominenten us-amerikanischen Lobbyisten, will seine Verbindungen zum Weißen Haus nutzen, um die Handelsbeziehungen zwischen den USA und der Türkei im Auftrag der türkischen Produktionsfirma AMS Art Media Production zu stärken, die den Fernsehsender Salam TV betreibt.
Ein Beratervertrag zu Themen der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen den USA und Libyen in Höhe von 150.000 USD monatlich wurde abgeschlossen.
Das us-amerikanische Unternehmen habe gute Verbindungen zum Trump-Clan und zu republikanischen Politikern.
Das türkische Unternehmen habe ein Büro in Tripolis, das den Salam Channel und andere Sender verwaltet, und pfleget enge Verbindungen zu Dabaiba.

+ EU/Türkei/Russland. Laut der griechischen Organisation To Vima konzentriert sich die EU bei der Migration aus Libyen auf die Rolle Russlands, während sie sich zur Beteiligung der Türkei auffällig bedeckt hält.

+ Türkei. Am 30. Juli empfing der türkische Außenminister Hakan Fidan den Chef des libyschen Rechnungshofs, Khaled Schakschak, in Ankara.

+ USA. Die Bedeutung des Besuchs von Trump-Berater Boulos liegt laut Magazin Arab Weekly (London) darin, dass er die amerikanische Präsenz in einem Konflikt bekräftigt, der oft regionalen Stellvertretern und europäischer Verwirrung überlassen wurde, und dass in den kommenden Monaten neue Kanäle für die Wirtschaftsdiplomatie eröffnen werden.

+ Ägypten/Palästina. Am 26. Juli stürmten Anhänger des radikal-islamistischen Muftis und Moslembruders as-Siddiq al-Gharyani die ägyptische Botschaft in Tripolis und forderten die Öffnung des Rafah-Grenzübergangs nach Gaza.
Al-Gharyani verurteilte die Festnahme von Ayham al-Gharyani, als dieser an der Protestaktion teilnahm.
[Allerdings blockiert nicht Ägypten, sondern Israel die Grenze zum Gazastreifen.
Die Moslembruderschaft versucht, nach Syrien auch Ägypten zu destabilisieren, das Land mit der letzten noch starken Armee in dieser Region.
].

+ Tunesien. Die tunesische Regierung hat beschlossen, die an der Grenze zwischen Libyen und Tunesien eingerichtete Pufferzone noch ein weiteres Jahr bestehen zu lassen. Dies geschehe im Kontext von Instabilität und grenzüberschreitenden Bedrohungen.

+ Syrien. In Libyen gestrandete Syrer haben die Dabaiba-‚Regierung‘ aufgefordert, sie nach Syrien zurückzubringen. Einige von ihnen seien vor zehn oder 15 Jahren oder sogar noch früher nach Libyen mit der Absicht gekommen, nach Europa zu gehen. Sie wurden von extremistischen Milizen verhaftet, ihrer Freiheit und ihrer Dokumente beraubt.

+ Afrikanische Union. Am 6. Gipfeltreffen des Zehnerkomitees der Afrikanischen Union, das sich mit der Reform des UN-Sicherheitsrats befasste, nahm auch Präsidialratsvorsitzender al-Menfi teil. Für Libyen bekannte er sich zur einheitlichen afrikanischen Position, die in der Sirte-Erklärung und dem Ezzolini-Konsens hinsichtlich der Reform des UN-Sicherheitsrates zum Ausdruck kommt. Die Vertretung im Sicherheitsrat müsse alle Völker und Regionen auf der Grundlage von Gleichheit und Ausgewogenheit widerspiegeln.
Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union verpflichtete sich, die Unabhängigkeit und Souveränität Libyens zu respektieren und den von Libyen geführten und in libyscher Verantwortung stehenden politischen Prozess sowie die nationale Aussöhnung zu unterstützen.
Es sollte von allen Handlungen oder Erklärungen Abstand genommen werden, die zu einer weiteren Eskalation führen könnten. Es bestehe die Notwendigkeit, die nichtstaatlichen Kräfte in der Hauptstadt zu entwaffnen.
„Wir lehnen jede Form ausländischer Einmischung ab und fordern den sofortigen und bedingungslosen Abzug aller ausländischen Streitkräfte, ausländischer Kämpfer und Söldner aus libyschem Gebiet.“
Ugandas Präsident Yoweri Museveni erklärte in seiner Rede, es sei eine Schande, dass Afrika diese kriminellen Aktivitäten in Libyen weiter zuließ. Man müssen gemeinsam etwas dagegen unternehmen.

Weitere Nachrichten aus Libyen

+ Die Internationale Organisation für Migration (IOM) berichtete von mindestens 18 Ertrunkenen und weiteren 50 Vermissten, nachdem ein Migrantenboot vor der Küste von Tobruk (östliches Libyen) gesunken ist.

+ In Berkat und Ghat brachen schwere Brände aus. Feuerwehrfahrzeuge zur Brandbekämpfung sind nicht vorhanden.

+ In Ubari starben innerhalb von 48 Stunden zwei Kinder aufgrund giftiger Skorpionstichen und ein weiteres Mädchen ist in einem kritischen Zustand. Es fehlt an Serum.

+ Der Vorsitzende der Verwaltungskontrollbehörde, Abdullah Gaderbu, suspendierte den Direktor des Verwaltungs- und Finanzmanagementbüros des Büros für die Rückgewinnung libyscher Staatsgelder aus Gründen des öffentlichen Interesses von seiner Arbeit.

+ In der libyschen Sahara, nahe Sebha in den al-Hasauna-Bergen, wurden 10.000 Jahre alte Felsgravuren entdeckt, die Giraffen abbilden. Sie gehören einer Epoche an, als die Wüste noch grün war.

Zeitgeschichte

+ Video: Moussa Ibrahim Interview aus dem Jahr 2011 über die Vorgänge in Libyen:
„Sie nannten es damals Propaganda. Aber es war eine Warnung. Jedes Wort, das in diesem Moment gesprochen wurde, ist unsere heutige Realität.“

+ Das us-amerikanische Magazin Focal Media über Muammar Gaddafi: Muammar Gaddafi bleibt in Erinnerung als eine der meist polarisierenden Personen der modernen Geschichte und als ein Visionär, der sein Land wieder zum Leben erweckte.
Seine Biographie handelt von Ehrgeiz, Widersprüchen und Tragödien: Vom Wüstenzelt auf die Weltbühne.
Gaddafi hat Libyen nicht nur umgestaltet, sondern auch ein Erbe hinterlassen, das noch immer erstrebenswert erscheint und inspiriert, das herausfordert und provoziert – ein Erbe, das sich nicht vergessen lässt.
Gaddafi wurde nicht in einen mächtigen Clan hineingeboren, sondern stieg durch eine Karriere beim Militär auf. Im Alter von gerade einmal 27 Jahren führte er 1969 einen unblutigen Putsch durch, der König Idris stürzte, die libysche Monarchie beendete und eine neue Ära einleitete.
Gaddafi rief eine Republik aus, die sich an revolutionären Prinzipien orientierte. Er stellte seine einzigartige politische Philosophie vor, die Theorie der Dritten Internationale, die er in seinem berühmten Grünen Buch darlegte. Seine Philosophie war eine Mischung aus Sozialismus, Islam und Antiimperialismus.
Er schaffte die politischen Parteien ab, erklärte, dass alle Macht beim Volk liege, und richtete Volkskonferenzen und -komitees zur Verwaltung des Staates ein.
Gaddafi nutzte Libyens enormen Ölreichtum, um Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur zu verbessern. Die Alphabetisierungsrate erhöhte sich, die Lebenserwartung stieg und Libyen wurde – gemessen am Pro-Kopf-Einkommen – zu einem der reichsten Länder Afrikas. Gaddafi sorgte für kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung und finanzierte riesige Wohnungsbauprojekte. Für viele Libyer war dies ein goldenes Zeitalter – eine Zeit des Nationalstolzes und der Würde.
Die USA bombardierten 1986 Tripolis, zielten auf seine Residenz und töteten seine Adoptivtochter.
Trotz seiner weltweiten Isolation blieb Gaddafi standhaft. Er wurde als Mann, der sich den USA und der NATO entgegenstellte, zu einem Symbol des Widerstands.
Im Jahr 2011 intervenierte die NATO in Libyen, um Gaddafi zu stürzen. Dieser blieb im Land und weigerte sich, zu fliehen.
Seit dem Sturz Gaddafis ist Libyen im Chaos versunken. Rivalisierende Regierungen, Milizen und ausländische Akteure spalten das Land. Dies veranlasste viele Libyer dazu, die einst dämonisierte Gaddafi-Ära zu überdenken und sich heute an sie als eine Ära der Stabilität und Würde zu erinnern.

+ Eine Studie von Action on Armed Violence (AfAV) berichtete über die Auswirkungen der NATO-Intervention, die die Zerstörung des libyschen Staates und die regionale Destabilisierung zur Folge hat.
Die Luftangriffe der NATO wurden 2011 unmittelbar nach Gaddafis Tod eingestellt und die Mitgliedsstaaten feierten die Mission als Erfolg. Die dunklere Realität wurde verschleiert.
In den Monaten nach der Intervention zerfiel Libyens Sicherheitsarchitektur und die Waffenlager, die zu den größten Afrikas zählten, blieben ungesichert. Andere Arsenale wurden durch Luftangriffe zerstört und ihr Inhalt über den Wüstensand verstreut.
Der Zusammenbruch der staatlichen Kontrolle und das Fehlen koordinierter internationaler Abrüstungsbemühungen führten dazu, dass diese Waffen schnell in die Hände von Milizen, Schmugglern und Rebellengruppen fielen.
Der Waffenfluss aus Libyen erfolgte rasch und in großem Umfang, da Schmuggelnetzwerke aus der Vorkriegszeit reaktiviert und erweitert wurden, was den Waffentransfer über durchlässige Grenzen nach Niger, Tschad, Mali, Sudan, Algerien und in andere Länder erleichterte.
In Libyen herrschte weiterhin Aufruhr, da der Zusammenbruch der Zentralregierung zur Entstehung konkurrierender Regierungen und Milizen führte, die jeweils Legitimität beanspruchten und schwer bewaffnet waren.
Die Zersplitterung der Macht erstreckte sich bis auf die lokale Ebene, wo bewaffnete Fraktionen, die oft nur ihren Anführern treu waren, die Kontrolle über Städte und Regionen übernahmen.
Das durch den NATO-Angriff entstandene Vakuum wurde nicht durch ernsthafte Bemühungen um Stabilität gefüllt. Libyen ist zu einem Zentrum für Waffenhandel, Menschenhandel und die Anwerbung von Söldnern geworden, wobei ausländische Mächte rivalisierende Fraktionen in einem zunehmend internationalisierten Stellvertreterkonflikt unterstützen.
Die europäischen Länder, die 2011 ein Eingreifen gefordert hatten, waren von den Folgen am stärksten betroffen. Die Migrationsrouten durch Libyen sind gefährlicher und weniger kontrollierbar geworden, da Milizen vom Menschenhandel über das Mittelmeer profitieren.
In den darauffolgenden Jahren kam es immer mehr zu Grenzsicherungsmaßnahmen, militärischen Ausbildungsmissionen und bilateralen Abkommen, doch diese Bemühungen trugen kaum dazu bei, die eigentlichen Ursachen der entstandenen Unsicherheit zu beseitigen. Der Waffenfluss hielt an, die Konflikte eskalierten weiter, die Zivilbevölkerung trug die Hauptlast der Gewalt und Flüchtlinge flohen in den Norden.
Die Zeit nach 2011 offenbart, dass in Libyen eine Reihe systemischer Fehler begangen wurden, da sich die internationalen Rüstungskontrollmechanismen als unzureichend erwiesen. Die Überwachung der Endverwendung, sofern vorhanden, konnte die Abzweigung von Waffen nicht verhindern. Es gab weder eine umfassende Abrüstungsstrategie noch ernsthafte internationale Bemühungen, die Waffenbestände zu kartieren oder zu sichern.
Die Grenzkontrollen Libyens waren schwach und den Nachbarländern fehlten die Mittel, um den Waffenfluss zu verhindern.
Bewaffnete Gruppen nutzten das Chaos, um riesige Waffenarsenale aufzubauen, und veränderten so die militärische Landschaft der Region auf eine Weise, die bis heute spürbar ist.                                  

Aus den Nachbarstaaten

+ Ägypten. „Der ägyptische Präsident Abdel Fattah as-Sisi hat Mali technische, logistische und institutionelle Unterstützung zugesagt, um dem Land bei der Wiederherstellung der Sicherheit und der Stabilität zu helfen. Das westafrikanische Land wird seit 2012 durch tödliche Gewalt von Dschihadisten erschüttert, wobei Tuareg-Rebellen und mit ihnen verbündete islamistische Gruppen im Norden des Landes immer wieder Anschläge verüben. […] Der Besuch des Diplomaten in Mali [Kairos Außenminister Badr Abdelatt] war Teil einer Reise deiner Reise durch Westafrika in Begleitung einer Delegation von 30 ägyptischen Unternehmen, die an Wirtschaftsforen zur Förderung des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit teilnahmen.“
Die Reise umfasste Mali, Burkina Faso, Niger, Nigeria und Senegal.

 

 A. Gutsche

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