Warum es ohne eine starke libysche Armee nicht geht
Libyen. Al-Tayeb
as-Safi, ehemaliger hoher Funktionär aus der Zeit Muammar al-Gaddafis, hat das
libysche Volk dazu aufgerufen, sich hinter der von General Hafter angeführten
Nationalarmee zu sammeln.
As-Safi bekleidete in der Zeit der Dschamahirija unter
anderen das Amt des Ministers für Wirtschaft, Handel und Investitionen. Er sagte
in einem Interview: „Der Stützpfeiler jedes Landes ist ihre Armee. Wir
unterstützen sie und fordern unsere Söhne auf, sich ihr anzuschließen.“
Die Aufstellung einer
neuen Armee
Wie der hoch verehrte libysche Volksheld Omar al-Mokhtar
gehört auch as-Safi dem Al-Manfah-Stamm an. Omar al-Mokhtar erlangte Anfang des
20. Jahrhunderts unter dem Namen „Löwe der Wüste“ als Anführer des Widerstands
gegen die italienische Besatzung Berühmtheit. Da Libyen eine
Stammesgesellschaft ist, ist die Einbindung der Stämme in jede Regierung und
Machtstruktur von größter Wichtigkeit. Seit dem Sturz und der Ermordung
Gaddafis wurde Libyen gespalten. Dies betraf auch die militärischen Führungen.
Während im Osten des Landes der Wiederaufbau einer Armee gelang, blieb der
Westen in verschiedene militärische Milizenführungen aufgesplittert, auch
dadurch bedingt, dass im Osten und Süden ein stärkerer Zusammenhalt der Stämme
besteht.
Nach dem Sturz Gaddafis waren Waffen im ganzen Land
verbreitet, Extremisten verübten Attentate. Laut as-Safi war dadurch die
Sicherheit der libyschen Stämme gefährdet, die General Hafter aufforderten, die
Lage unter Kontrolle zu bringen. Die Stämme schickten ihre Söhne, um die ersten
150 bis 200 Rekruten zu stellen. Heute zähle die Armee fast 80.000 Soldaten aus
allen libyschen Stämmen, die sich in erster Linie als Armeeangehörige
verstehen.
Nachdem die Islamisten bei den Parlamentswahlen vor vier
Jahren die meisten Sitze verloren hatten, verlegten sich ihre Milizen auf Mordanschläge
auf die noch vorhandene Polizei- und Armeekräfte, insbesondere Bengasi war
davon betroffen.
Wer ist Generalfeldmarschall
Hafter?
Unter Gaddafi war Hafter zunächst militärischer Befehlshaber.
Als er 1987 während des Tschad-Kriegs gefangengenommen wurde, haben ihn die USA
ausgeflogen. 2011 kehrte er nach Libyen zurück, um die ‚Aufständischen‘ zu
unterstützen.
Ende 2014 startete Haftar in Tripolis die Operation Dignity (Würde), um Armee- und
Polizeibeamte vor den Mordtaten der dschihadistischen Extremisten zu schützen,
die von der Nato mit der Behauptung unterstützt wurden, sie wolle Zivilisten vor
Gaddafi-Truppen schützen.
Die Nato und die
Militanten
Zur Rolle der Nato führt as-Safi aus, diese habe sich im
Jahr 2011 auf die Vernichtung der libyschen Armee konzentriert. Die Zahl der
Luftangriffe betrug an die 30.000, Ziele waren vorrangig Militär- und
Munitionslager, Luftwaffenstützpunkte und Luftabwehr. „Nach diesen
Nato-Militäroperationen gab es in Libyen keine Armee und Polizei mehr. Alle
glaubten, sich mit Waffen versorgen und selbst schützen zu müssen. Es entstand
ein furchtbares Chaos, das von radikalen Gruppen dazu benutzt wurde, Mordkampagnen
gegen die noch vorhandenen Reste von Polizei und Armee zu führen.“
Der Leidensdruck der Bevölkerung war groß, ebenso ihre Angst
vor dem IS. Den Stämmen wurde in dieser Situation klar, dass sie eine Armee
brauchten und baten deshalb Hafter um Hilfe. Auch die Mitglieder des
demokratisch gewählten Parlaments wurden von den Militanten bedroht, und
verlegten ihren Sitz von der Hauptstadt Tripolis in den Osten Libyens nach
Tobruk.
As-Safi erklärt, dass Polizisten und Offiziere in Städten wie
Tripolis und Bengasi sich nicht mehr trauten, eine offizielle Uniform zu tragen
oder ihren Personalausweis mit sich zu führen, aus Angst, von Extremisten
getötet zu werden. Als Hafter die Operation Dignity
ausrief, schlossen sich ihm etliche Offiziere und Soldaten an. Auch das Parlament
begrüßte den Schritt, denn in Bengasi beherrschten schwer bewaffnete
Dschihadisten-Gruppen die Straßen.
Der Aufbau der neuen
Armee
Dies war die Zeit, als der später vom libyschen Parlament
zum Generalfeldmarschall ernannte Hafter anfing, eine neue Armee aufzubauen,
die nahe Bengasi ausgebildet wurde. Das erklärte Ziel der Operation Dignity war
es, die Würde der libyschen Offiziere und Soldaten wieder herzustellen.
Tausende Veteranen und Freiwillige aus ganz Libyen schlossen
sich der Operation Dignity an. Alle Stämme erklärten sich bereit, ihre Söhne zu
den Streitkräften zu schicken. Heute umfasst laut as-Safi das stehende Heer
80.000 Soldaten. Die Armee konnte bis Ende 2018 große Erfolge bei der Befreiung
des Ostens von extremistischen Gruppen verzeichnen, bevor ein Teil der Armee im
Süden Libyens stationiert wurde. Die Städte im Westen wie die Hauptstadt
Tripolis seien dabei aber nie aus dem Blickfeld verschwunden.
as-Safi: „Nachdem die Armee die Sicherheit im ölreichen
Bezirk Al-Helal im Norden des Landes erhöht hat, können Ölfelder und Exportterminals
effizient arbeiten. Dies ist besonders für die libysche Wirtschaft von großer
Wichtigkeit.“
As-Safi schloss mit der Aussage, dass es ohne eine starke libysche
Armee nicht möglich ist, die Ausbreitung von organisierter Kriminalität zu
verhindern, zu der Gruppen gehören, die für die illegale Einwanderung und den Waffenschmuggel
verantwortlich sind, ebenso wie terroristische Gruppierungen wie der IS und ähnliche
Organisationen.
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