Kurznachrichten Libyen – 18. bis 24. September 2025
Kämpfe in az-Zawiya / Türkei verhindert Krieg in Tripolis, um eigene Agenda nicht zu gefährden / Suspendierung des Bürgermeisters von Zintan / Keine Fortschritte bei Umsetzung des Plans der UN-Mission / Weiterhin keine Freilassung ehemaliger Dschamahiriya-Beamter und von Hannibal Gaddafi / Gesundheitsversorgung auf dem Nullpunkt: Krankenhäuser können wegen Mangels an medizinischem Material nicht mehr operieren / Beginn des neuen Schuljahres: fehlende Lehrer und mangelhafte Bildungsqualität / In zwei Jahren Neuverschuldung von 24 Milliarden EUR / Dollarisierung des Handels / 40 Prozent der Libyer unterhalb der Armutsgrenze / Öleinnahmen für korrupte Machenschaften verwendet / Kontrolle über das östliche Mittelmeer: Belt and Road oder East-Med-Pipeline / Trump-Berater Massoud Boulos vermischt politische Öl-Verhandlungen mit familiären Geldgeschäften
Kämpfe in az-Zawiya
+ In den frühen Morgenstunden des
24. Septembers kam es in der Nähe der Raffinerie von az-Zawiya zu Zusammenstößen
zwischen der Security Threats Agency und der Kabowat-Gruppe
aufgrund der Festnahme einiger ihrer Mitglieder.
Die Schulen blieben geschlossen und die Bürger wurden aufgerufen, in ihren
Häusern zu bleiben.
Die az-Zawiya
Oil Refining Company forderte alle Konfliktparteien zu
einer sofortigen Feuereinstellung auf.
Die General
Electricity Company gab bekannt, dass das Stromnetz infolge der
Kämpfe beschädigt wurde.
Ein Mitglied der Petroleum Facilities Guard, Mohammed Salem
Khamadsch, wurde durch den Einschlag einer Mörsergranate getötet.
Das 103.
Infanteriebataillon (Sala-Bataillon/Kommando Othman al-Lahb) nahm ebenso
wie der Stability Support Apparatus (Hassan Abu Zariba) im Kampfgebiet
Aufstellung, um den Konflikt zu beenden.
Mufti Sadiq
al-Gharyani hält den Zawiya-Krieg für einen Kampf zwischen
ehemaligen Gefangenen der Deterrence Force und der Dabaiba-‚Regierung‘.
Mitglied des Ältestenrats
und der Notabeln von az-Zawiya riefen dazu auf, die Vernunft walten zu
lassen und die Zusammenstöße sofort zu beenden.
Die Kämpfe
wurden beendet.
Militär / Milizen / Gewalt
+ Am 18. Oktober eröffneten Bewaffnete das Feuer auf den Hauptsitz der Staatsanwaltschaft von Tripolis-Süd im Gebiet al-Falah. Die Union der Mitarbeiter von Justizbehörden forderte die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen auf.
+ Am 18. Oktober erschossen in Tripolis Bewaffnete eine Person auf der Autobahn. Die Täter flüchteten.
+ Am 20. September kam es in der
libyschen Küstenstadt Dschanzur (westlich von Tripolis) zu Scharmützeln
zwischen zwei rivalisierenden Fraktionen, zum einen Verbündete von Abdul
Rachman Fathi Tarh (alias al-Hankura) und zum anderen Mitglieder der Gruppe von
Arif Schalal at-Tarbaqi, einem Verbündeten von Munir as-Suwaih. Beide Gruppierungen
sollen am Drogenhandel beteiligt sein. Die Zusammenstöße führten zur Schließung
der Küstenstraße.
Am 21. September fanden in Dschanzur erneut
bewaffneten Zusammenstößen statt.
Es wurde auch das Krankenhaus gestürmt. Khalil al-Hassi:
Die Verbündeten von Abdullah at-Trabelsi verbreiten Chaos und Terror.
Einwohner von
Dschanzur forderten den Generalstaatsanwalt, die Dabaiba-‚Regierung‘
und den Generalstabschef dazu auf, die Militärlager nach
den jüngsten Zusammenstößen im Wohngebiet zu räumen. Tausende
Zivilisten seien in Lebensgefahr gewesen. Sollten die Forderungen ignoriert
werden, sei ein Volksaufstand zu erwarten.
+ Die Nationale Institution für Menschenrechte dokumentierte die Entführung des Bürgermeisters von Abu Salim (Tripolis), Abdul Rahman al-Hamdi. Es handle sich dabei um ein kriminelles Verschwindenlassen, da unklar ist, wer für seine Verschleppung verantwortlich ist. Sein Verbleib müsse unverzüglich geklärt werden.
+ Der TikToker Mohammed al-Kander wurde nach seiner Rückkehr aus Ägypten am 20. September in Dschamil verschleppt. Die Entführung wurde von einer Gruppe unter der Führung von Akram Hanisch durchgeführt, der mit Othman al-Lahb (103. Bataillons) in Verbindung steht.
+ Am 22. September kam es in der Stadt Sabratha zu bewaffneten Zusammenstößen. Die sogenannte Capo-Gruppe begann, die Bewohner des Gebiets anzugreifen, nachdem eine RBG-Granate auf das Capo-Rasthaus abgefeuert worden war.
+ Der Stability
Support der Sicherheitdirektion (SSS) dokumentierte in einem
Videoclip die Beschwerde eines Bürgers, nachdem der SSS seinen Sohn
angegriffen und ihn gezwungen hatte, Säure zu trinken,
um an die Geheimnummern der in seinem Besitz befindlichen Visa-Karten
zu gelangen. Als der junge Mann starke Vergiftungserscheinungen
aufwies, wurde er ins Krankenhaus gebracht, wo er verstarb.
Es scheint mehrere Fälle dieser Art gegeben zu haben.
+ Die Nationale Institution für Menschenrechte forderte Aufklärung über den Verbleib von Adel Massud Radwan, Mitarbeiter des Zentrums für juristische Expertise, der am 1. Oktober 2024 in Bengasi von Mitgliedern der Haftar-treuen Tariq-bin-Ziyad-Brigade verschleppt worden war.
+ Am 22. September dokumentierte Khalil al-Hassi, wie die mit Osama Nadschim verbundene Kriminalpolizei einen Bürger in den Kofferraum eines Autos stopft.
+ Am 24. September blockierten Demonstranten mit brennenden Reifen die Straße im Gebiet Abu Kammasch für Reisende, die auf den Weg nach Tunesien waren.
Dabaibas Krieg
+ Der Journalist Khalil al-Hassi:
Zur Übergabe des Mitiga- und des Ain-Zara-Gefängnisses an das
Justizministerium bildete Dabaiba ein Komitee. Dieses steht unter Leitung
von Machmud al-Yassir, der ein Onkel von Mohammed Burqiqa ist.
Sowohl al-Yassir als auch sein Neffe hätten aufgrund ihrer Allianz
mit Baschagha enge Verbindungen zu Abdel Rauf Kara, dem Kommandanten
der Deterrence Force.
Burqiqas Name wurde erstmals durch die Beschlagnahmung der Akte von
Musa as-Sadr aus der Generalstaatsanwaltschaft, die er den
Libanesen im Austausch für einen finanziellen Deal übergab, bekannt.
Burqiqa verfügt über großen, auch medialen Einfluss.
+ Laut Mohammed
Schaaban al-Mardas (ehemaliger Botschafter) möchte die Türkei nicht,
dass Dabaiba an der Macht bleibt, denn er habe den Krieg angezettelt.
Bei einem Krieg würde die Türkei viel von ihrem Einfluss und
ihren Verbindungen zu den Milizen verlieren, da sich viele Länder an
dem Konflikt beteiligen würden.
Dabaiba habe den Krieg ausgelöst, indem er bestimmte Personen
ermorden ließ.
+ Der vom IStGH gesuchte und gerade von Dabaiba abgesetzte ehemalige Kommandeur der Kriminalpolizei, Osama Nadschim, soll laut britischen Recherchen in Großbritannien über Finanz- und Immobilienvermögen in Höhe von schätzungsweise 12 Millionen Pfund Sterling verfügen.
+ Das Libysche
Zentrum für Sicherheits- und Militärstudien
sieht das Sicherheitsabkommen zwischen der Dabaiba-‚Regierung‘
und der Deterrence Force lediglich als den Beginn einer neuerlichen
Konfrontation, nur mit anderen Mitteln.
Es gebe immer noch keine offizielle Bekanntgabe der getroffenen Vereinbarungen.
Dies deute darauf hin, dass es Hindernisse für die vollständige Umsetzung des
Abkommens gibt. Kara werde den Verlust seiner militärischen Macht
nicht zulassen.
+ Achmed Hamza (Nationale Institution für Menschenrechte) erklärte, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ die Durchsetzung des Rechts lobe, während die Bürger in Tripolis dem Sicherheitschaos und der steigenden Kriminalität ausgeliefert sind. Die sogenannten Maßnahmen zur Strafverfolgung seien zu einem Deckmantel für die Beseitigung bestimmter Parteien geworden.
+ Khaled
al-Mischri (Präsidialrat) in einem Interview: Dabaiba verwechsle
den Begriff „Staat“ mit dem Begriff „Regierung“. So seien
beispielsweise die Deterrence Force keine Miliz außerhalb der
staatlichen Autorität, sondern dem Präsidialrat unterstellt.
Der Versuch des Dabaiba-Clans, zum „Haftar“ der westlichen
Region aufzusteigen, diene dessen persönlichem Vorteil.
Die Herrschaft
von Clans habe alle Institutionen durchdrungen, vom Präsidialrat
über die beiden Regierungen und die De-facto-Herrschaft im Osten wie
im Westen, sogar in den Milizen. Auch der Sohn des Muftis Sadiq
al-Gharyani wurde Mitglied des Fatwa-Komitees.
Die vom 6+6-Komitee erlassenen Wahlgesetze
verlangten von jedem Präsidentschaftskandidaten die Aufgabe seines
Amtes, und zwar nicht nur von Militärangehörigen, sondern von allen
Amtsinhabern. Die Ablehnung von Doppelstaatsbürgern bei der
Kandidatur für ein Amt sei Gesetz. Haftar könne zur Wahl
antreten, wenn er sein Militäramt und seine us-amerikanische
Staatsbürgerschaft aufgibt.
Mischri ist der Ansicht, dass viele zunächst kritische Medienschaffende
von Dabaiba gekauft wurden, um anschließend positiv über ihn
zu berichten.
Die Ausgaben für die UN-Mission
sollen erheblich gekürzt werden, wenn bis Ende Oktober keine
Fortschritte erzielt werden. Hannah Tetteh habe die Teilnehmerzahl
bei den Kommunalwahlen übertrieben, um den falschen Eindruck eines
Fortschritts in Libyen zu erwecken. Die meisten Mitarbeiter der
UN-Mission profitierten vom Status Quo, und daher bestehe innerhalb
der Mission kein wirklicher Wille, eine Lösung zu finden.
Bezüglich des Präsidialrats
erklärte al-Mischri, dass dessen Vorsitzender Takala lediglich als Angestellter
von Dabaiba fungiere und keine Entscheidungen gegen die
Dabaiba-‚Regierung‘ treffen könne.
Die Libyer wünschten sich sehnlichst Präsidentschaftswahlen.
2,7 Millionen hätten sich für die Wahl registriert, die entweder Saif
al-Islam Gaddafi oder Haftar hätte gewinnen können. Es sei inakzeptabel,
wie Haftar das Militär in Familienbesitz gebracht habe.
Es sei ein Problem festzustellen, wer Libyer ist und wer nicht
und wer das Wahlrecht hat. Mehr als fünf Prozent der Bevölkerung im
Fessan seien heute Nicht-Libyer. Im Fessan befinde sich Libyens
großer Reichtum, darunter auch Gold. Heute tummelten sich dort
Geheimdienste aus der ganzen Welt.
Suspendierung des Bürgermeisters von Zintan
+ Die Dabaiba-‚Regierung‘ suspendierte den Bürgermeister von Zintan, Taher Misbah Abu Dschanah, wegen angeblicher Amtsverstöße.
+ Honoratioren und Älteste von Zintan gaben am 21. September den Abbruch der Beziehungen zur Dabaiba-‚Regierung‘ wegen der willkürlichen Suspendierung des Bürgermeisters bekannt. Zintan werde keiner Partei erlauben, seine Institutionen zu manipulieren. „Wir fordern die sofortige Rücknahme dieser willkürlichen, politischen Entscheidung und eine offizielle Entschuldigung bei der Bevölkerung von Zintan.“
+ Abu al-Gasim Guraisch, Scheich von Zintan, warnt die Dabaiba-‚Regierung‘ davor, die Bevölkerung von Zintan zu provozieren. Der Bürgermeister sei rechtmäßig gewählt worden.
+ Die Nationale Versammlung libyscher Parteien verurteilte die Entscheidung der Dabaiba-‚Regierung‘, den Bürgermeister der Gemeinde Zintan von seiner Arbeit zu suspendieren. Es müsse die Achtung der Ergebnisse demokratischer Wahlen in den Gemeinden sichergestellt sein.
+ Die Union der Bürgermeister der Gemeinden al-Dschabal, Wirschefana, Suf al-Dschin und Gasr al-Akhyar verurteilte die Suspendierung des Bürgermeisters der Gemeinde Zintan. Der für die Suspendierung zuständige Minister für Kommunalverwaltung müsse entlassen werden.
Besatzung
+ Laut AfricaIntelligence
ist Erdogan entschlossen, Dabaiba trotz der Fragilität
seiner Position zu unterstützen, weil dies die Aufrechterhaltung
der zwischen den beiden Ländern unterzeichneten bilateralen Verteidigungsabkommen
ermöglicht und zudem den Abschluss lukrativer Verträge über den Verkauf militärischer
Ausrüstung sicherstellt.
Die Türkei habe Dabaiba davor zurückgehalten, einen Angriff
auf die Deterrence Force zu starten, da dessen Ausgang höchst
ungewiss gewesen wäre.
+ Der türkische Außenminister Hakan Fidan erklärte in Bezug auf Libyen, dass es zwischen Ägypten und der Türkei eine gute Geheimdienstzusammenarbeit gebe, die noch verbessert werden sollte.
+ Am 18. September wurden zum zweiten Mal in Folge Überwachungsdrohnen der US Navy vor der Küste von Tripolis und Zawiya gesichtet.
+ Am 19.September überwachte eine US-Drohne länger als 16 Stunden ununterbrochen den Luftraum von Tripolis.
+ Am 21. September startete ein Flug im östlichen Libyen vermutlich mit dem Ziel Akaba/Israel.
+ In der mediterranen Wirtschaftszone zwischen Griechenland und Libyen wurde eine israelische IAI Heron-Drohne der griechischen Küstenwache gesichtet.
+ Laut Middle East
Online hat der IStGH erneut gefordert, Saif al-Islam Gaddafi
zu verhaften. Dies könnte der Versuch sein zu verhindern, dass
sein Name wieder auf der politischen Bühne Libyens in den Vordergrund tritt.
Der IStGH-Haftbefehl gegen Saif al-Islam wurde bereits 2011 erlassen.
Dagegen reichte Libyen Klage ein mit der Begründung, es sei befugt,
über die Anklage gegen Saif al-Islam selbst zu entscheiden. Die libyschen
Behörden sind der Ansicht, dass die gegen Saif al-Islam ergangenen
Gerichtsurteile ausreichend sind und Gerechtigkeit geschaffen wurde.
+ Abdul Hamid Issa Khader (Anführer aus Misrata): „Schande über alle, die die NATO ins Land geholt und sich darüber gefreut haben. Verflucht mögen diejenigen sein, die über Generationen hinweg Schande über die Kinder und Enkel gebracht haben.“
UNO / UN-Mission
+ Arab Weekly (London): Hannah Tetteh könnte sich gezwungen sehen, sich für die vierte Option des Beratungsausschusses zu entscheiden, nämlich das Parlament und den Staatsrat durch eine neue verfassunggebende Versammlung, die im Rahmen eines inklusiven nationalen Dialogs gebildet wird und eine breite Vertretung aller Teile der Gesellschaft vorsieht, zu ersetzen.
+ Die Website Al-Araby
al-Dschadid (Katar) moniert, dass noch immer Unklarheit über
Hannah Tettehs Zeitplan für die Umsetzung des UN-Fahrplans herrscht.
Es sei die Rede von 12 bis 18 Monaten gewesen, seitdem habe Tetteh
aber klargestellt, dass es sich dabei nicht um verbindliche Termine
handelt.
In libyschen Kreisen mehrten sich die Forderungen, mit der Umsetzung
des Fahrplans zu beginnen und alle derzeitigen politischen Gremien
auf Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta aufzulösen.
Die UN-Mission ihrerseits erklärte, ihr Mandat basiere auf Kapitel VI,
das sich auf friedliche Beilegungen konzentriere. Sie sei nicht
befugt, Regierungen einzusetzen oder abzusetzen. Kapitel VII
beziehe sich auf spezifische Fragen wie das Waffenembargo und das
Einfrieren von Vermögenswerten.
+ Senussi Ismail erklärte, dass die Schritte hinter den Erwartungen, den politischen Prozess wirklich in Gang zu bringen, zurückbleiben. Es sehe nicht danach aus, als seien die libyschen Parteien bereit, eine einheitliche Regierung und landesweite Wahlen anzustreben.
+ Hannah Tetteh informierte am Rande der UN-Generalversammlung in New York hochrangige Beamte aus den USA, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Italien, Katar, Saudi-Arabien, der Türkei, den Emiraten und Großbritannien über die neuesten politischen und sicherheitspolitischen Entwicklungen in Libyen.
+ Am Rande der
UN-Generalversammlung diskutierten der Präsidialratsvorsitzende
al-Menfi und Trumps Berater Masoud Boulos die politische Lage in
Libyen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit in politischen,
sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Fragen.
Al-Menfi traf sich auch mit dem Generalsekretär
der Arabischen Liga, Achmed Aboul Gheit.
+ Vor dem UN-Quartier in Bani Walid fand ein Protest gegen die als ungerecht bezeichnete UN-Resolution Nr. 7 statt.
Politische Gefangene
+ BBC
berichtete, dass der 74-jährige Abu al-Mariami al-Massud, der mit
Dabaibas Hilfe in die USA verschleppt wurde, laut Aussage vor dem
us-amerikanischen Gericht in Libyen zu einem falschen Geständnis über
den Lockerbie-Absturz gezwungen worden sei. In Libyen hätten ihn drei
maskierte Männer verschleppt, ihm seine Medikamente vorenthalten
sowie ihn und seine Familie bedroht. Er sei in einem Geheimgefängnis
ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und seine Verfahrensrechte
seien ihm verweigert worden.
Aus Angst um sich und seine Familie habe er damals ein Geständnis
abgelegt. Dieses erzwungene Geständnis dürfe vor Gericht nicht gegen
ihn verwendet werden.
Auch das Verteidigerteam
von Abu al-Mariami wies auf den physischen und psychischen Druck zur
Erpressung eines Geständnisses hin, dem ihr Mandat ausgesetzt
war. Es gebe keine offiziellen Dokumente, die ein Geständnis belegten.
Al-Mariami al-Massud befinde sich in den USA in Einzelhaft und es werde
auch dort starker Druck auf ihn ausgeübt. Dem libyschen
Verteidigungsteam werde der direkte Zugang zu ihm verwehrt.
Man werde vor dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte
der Völker in Tansania Klage gegen die Dabaiba-‚Regierung‘
einreichen.
Die Familie von al-Mariami stehe vor erheblichen finanziellen
Herausforderungen, um us-amerikanische Kanzleien mit dem Fall beauftragen
zu können.
+ Der Prozess gegen den ehemaligen Geheimdienstchef Generalmajor Abdullah as-Senussi, Achmed Ibrahim, Mansur Daw und andere Persönlichkeiten der ehemaligen Dschamahiriya-Regierung wurde ein weiteres Mal verschoben, nun auf den 27. Oktober.
Hannibal Gaddafi
+ Der libanesische Justizminister Adel Nassar bestätigte, dass das Justizministerium auf ein Urteil des Untersuchungsrichters wartet, ob Hannibal Gaddafi, Sohn von Oberst Muammar Gaddafi, freigelassen wird. Hannibal ist seit 2015 unrechtmäßig im Libanon inhaftiert.
+ Der Bruder von Hannibal, as-Saadi Gaddafi, kommentierte die Erklärung des libanesischen Ministers: „Ihr Mut und Ihre Entschlossenheit, Gerechtigkeit zu erreichen und Rechtschaffenheit aufrechtzuerhalten, sind ein Leuchtfeuer, das den Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit erhellt.“ Er sagte: „Ihre aufrichtigen Bemühungen, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken und die Rechte der Unterdrückten zu verteidigen, erwärmen unsere Herzen und heben unsere Stimmung. Wir unterstützen Sie nachdrücklich und fordern Sie auf, diesen beschwerlichen Weg fortzusetzen und die misstönenden und tyrannischen Stimmen zu ignorieren, die versuchen, das Licht der Gerechtigkeit auszulöschen.“
+ Laut der Zeitung al-Arab löste die Aussage des libanesischen Justizministers zur Möglichkeit der Freilassung von Hannibal Gaddafi im Libanon eine Welle politischer und rechtlicher Kontroversen aus. Insbesondere der as-Sadr-Clan deutete mögliche Eskalationsschritte an.
+ Der libanesischer Justizminister Adel Nassar bestritt, im Fall Hannibal Gaddafis in die Entscheidungsfindung einzugreifen. Der Fall liege in den Händen des Justizermittlers, der eine Entscheidung im Einklang mit dem Gesetz zu treffen habe.
+ Der ehemalige libanesische Präsident Amin Gemayel wies darauf hin, dass Hannibal Gaddafi zum Zeitpunkt des Verschwindens von Musa as-Sadr zwei Jahre alt war und auch später keinerlei Verbindung zum Geheimdienst oder zur Politik hatte. Hannibals Verhaftung sei eine bizarre Angelegenheit und mache dem libanesischen Regime keine Ehre.
+ Fathi
asch-Schabli (Partei Stimme des Volkes): Hannibal Gaddafi ist
ein Gefangener, der wie eine Schachfigur in einem erbärmlichen
politischen Spiel unter Berufung auf Imam Musa as-Sadr missbraucht wird.
Der Libanon sei ein Staat ohne Gesetz, ein Dschungel, in
dem die Schwachen gnadenlos unterdrückt werden und die Justiz zu
einem Erpressungsinstrument wurde.
Muammar Gaddafi
+ Am 23. September 2009 trat Muammar
Gaddafi vor die UN, zerriss die Charta und verurteilte Kriege,
Besatzungen und Kolonialverbrechen. Sein Widerstand war ein Aufruf an
Afrika und die Unterdrückten, Gerechtigkeit und Menschenwürde zu fordern.
Sein ehemaliger Sprecher Ibrahim Moussa:
Die Philosophie, Kultur und Vision von Muammar Gaddafi reichte über Libyens
Grenzen hinaus.
+ Said
Raschwan (Wirtschaftsexperte) weist darauf hin, dass entgegen
anderslautender Nachrichten Muammar Gaddafi niemals einen Palast oder ein
luxuriöses Haus in Tripolis besaß. Sein Haus entsprach dem
der libyschen Mittelschicht.
Der ägyptische Medienstar Machmud Saad
entschuldigte sich zwischenzeitlich für seine Aussage und
erklärte, dass Gaddafi keinen Palast hatte.
+ Issam Darduri,
2011 Mitglied der Sicherheitskräfte des tunesischen
Karthago-Flughafens und Präsident der tunesischen Organisation für
Sicherheit, sagte aus, dass im Jahr 2011, vor dem Umsturz
in Libyen, große Mengen von LSD-Pillen und Captagon von Europa über
Tunis nach Libyen eingeführt wurden.
Als damals Gaddafi vor der Einfuhr dieser Drogen warnte, sei dies
mit Skepsis und Spott aufgenommen worden. Darduri habe damals gewusst,
dass in Gaddafis Worten viel Wahrheit steckte und man sie hätte beachten
müssen.
+ Hafez al-Ghuwail (Politikwissenschaftler): Das Merkwürdige ist, dass die Libyer im Jahr 2025 das fordern, was sie bereits 2010 – und sogar weit mehr – hatten.
Medizinische Versorgung
+ Das Abu-Salim-Unfallkrankenhaus teilte am 22. September mit, dass chirurgische Eingriffe aufgrund des Mangels an medizinischem Material ausgesetzt und auf Notfalloperationen beschränkt werden.
+ Die Anästhesieabteilung des Ali-Omar-Askar-Krankenhauses gibt bekannt, dass sie aufgrund der Nichtverfügbarkeit wichtiger Medikamente, insbesondere Anästhetika, keine Operationen durchführen kann.
+ Die Vereinigung der Patienten mit Muskeldystrophie gibt den Tod von Abdulsalam Miftah Hadiya aus der Stadt Choms bekannt. Er sei aufgrund des Mangels an den grundlegendsten Behandlungsmitteln verstorben. Die Vereinigung: Wie viele Abdulsalam müssen wir verlieren, bevor der Staat seine Verantwortung gegenüber den Patienten wahrnimmt?!
+ Kriegsversehrte demonstrierten am 22. September vor dem Sitz der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis und forderten die unverzügliche Bereitstellung der ihnen zustehenden finanziellen und medizinischen Leistungen.
+ As-Sadiq al-Gharyani prangerte an, dass ein Krankenhaus zwar eine kostenlose Behandlungen für Krebspatienten anbietet, die Krebsbehörde jedoch die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus eingestellt hat. Dafür schicke die Nationale Krebsbehörde Patienten zu exorbitanten Kosten zur Behandlung ins Ausland.
+ Libyen belegt im Jahr 2025
laut dem CEOWORLD-Index
den achten Platz unter den rückständigsten Ländern in Bezug auf das Gesundheitssystem.
Von 110 Ländern mit den besten Gesundheitssystemen nimmt
Libyen den 103. Platz ein, noch hinter Sudan, Kongo, Kamerun und Uganda.
Innerlibysche Nachrichten
+ Al-Araby
al-Dschadid-Website: Zu Beginn des Schuljahrs bestünden bei den Eltern
Sorgen über die steigenden Kosten und die mangelhafte
Bildungsqualität. Es fehle Fachpersonal, der chronische
Lehrermangel sei nicht behoben. Daneben fehlten in den Schulen Toiletten,
Fenster, Heizungen und Freizeitbereiche.
Privatschulen seien keine Alternative, da sie vor allem teuer
sind, ohne den Schülern echte Qualität und angemessene Betreuung
zu bieten.
Die herrschende Korruption sei offensichtlich, nachdem der ehemalige
Bildungsminister wegen Veruntreuung von Geldern für den Druck von
Schulbüchern zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.
+ Die Versammlung der Lehrergewerkschaft forderte die sofortige Auszahlung der ausstehenden Gehälter und eine Krankenversicherung für alle. Die Gewerkschaft sei vereint und umfasse den Osten, Westen und Süden. Jeder Angriff auf die Gewerkschaft werde als Angriff auf alle Lehrer angesehen. Daher werde der Rücktritt des Generalsekretärs abgelehnt, da nur die Generalversammlung befugt ist, einen solchen Rücktritt anzunehmen oder abzulehnen. Der Gewerkschaftsakkreditierungsausschusses des Parlaments habe seine Befugnisse klar überschritten.
+ Hossam el-Gamati (Menschenrechtsaktivist) deckte Verträge für Scheinprojekte mit gefälschten Siegeln in der Gemeinde Zliten auf. Zu den Beteiligten zählten Miftah Hammadi, der Mitglied des Gemeinderats ist, sowie Osama Hammad, Fawzi al-Maqla und der Parlamentsabgeordnete Ezz ad-Din Gwerib.
+ Die Dabaiba-‚Regierung‘ hob die Entscheidung des ehemaligen Allgemeinen Volkskomitees aus dem Jahr 2009 auf, das al-Falah-Gebiet als gemeinnütziges Projekt einzustufen.
+ Laut einem Beschluss von Mohammed Baayu (Vorsitzender der Libyan Media Corporation Bengasi) wird die Ausstrahlung des der Dabaiba-‚Regierung‘ angeschlossenen libyschen nationalen Radio- und Fernsehsenders in den Gebieten Bengasi, Sebha und Sirte eingestellt.
+ Fathi asch-Schabli (Partei Stimme des Volkes) hält die 14 Millionen USD, die in Bengasi für eine arabische Medienkonferenz verprasst wurden, für eine riesige Verschwendung in einer Zeit, in der die libysche Bevölkerung Probleme habe, Treibstoff, Medikamente und sogar Mehl oder Milch für ihre Kinder zu kaufen.
+ Der Staatsanwalt ordnete die Inhaftierung des ehemaligen Bürgermeisters und Beamten der Gemeinde ar-Radschban wegen Unterschlagung an.
+ Bewohner
von Bani Walid lehnten einen Besuch der Amazigh-Delegation
(Berber) ab, da er zu internen Konflikten unter den Menschen von
Warfalla führen könnte. Jeder Versuch, den Warfalla-Stamm aus dem
arabischen Lager zu lösen, werde abgelehnt.
Gefordert werde die Abhaltung eines Forums für alle libyschen Stämme ohne
Ausnahme, um das libysche soziale Gefüge wiederherzustellen.
+ Asaad Zahio
(Nationale Union Libyscher Parteien): Es muss nationale Kräfte
geben, die großen Mut und Kühnheit besitzen und Verantwortung
übernehmen, indem sie erklären, dass die importierten und unpatriotischen
Ideen abzulehnen sind.
Die Menschen sollten die Möglichkeit haben, jemand Ehrlichen zu finden,
der die Nation versöhnt.
Seit 2018 befände man sich in einer Blockadesituation und sei nicht
in der Lage, einen verfassungsmäßigen Rahmen für die Durchführung von
Wahlen zu schaffen. Das Land steuere mit Hochdruck auf Zerfall und
Zersplitterung zu, während um Macht, Positionen und Institutionen gekämpft
wird.
„Wissen die Machtkämpfer in Tripolis beispielsweise, was an
der Grenze passiert?! Wissen sie vom Ölhandel und -schmuggel?!
Wissen sie vom Menschen- und Drogenschmuggel?“
Wirtschaft / Finanzen
+ Achmed Hamza (Institution für Menschenrechte) geht davon aus, dass es in Libyen angesichts der Klassenunterschiede zu einer Hungerrevolte kommen werde. Vierzig Prozent der Libyer lebten unterhalb der Armutsgrenze.
+ Der Journalist Achmed Senussi
berichtete, dass die General Electric Company (GEC) Glasfaserkabel
zur Zählerablesung und zur Turbinenüberwachung, aber nicht für
Internetverbindungen nutzt.
Mohammed Gaddafi übertrug einst das Eigentum an diesen Kabeln an
das Telekommunikationsnetz. Der Geschäftsführer der Telekommunications
Holding Company ist heute Yussef Buzweida, der die Glasfaserkabel
vom Telekommunikationsnetz auf das Stromnetz übertragen
hat.
Als Buzweida dann Libya Telecom (Hatef Libya) übernahm,
wurden die Glasfaserkabeln für 100 Millionen LYD pro Jahr
von GEC gepachtet. Telecom schloss zusätzlich
einen Vertrag mit einem privaten Unternehmen ab, um Glasfaserkabeln
zu mieten. Die Gewinne wurden 30 (Telecom) zu 70 Prozent
(privates Unternehmen) verteilt.
Buzweida, der diese merkwürdigen Vereinbarungen getroffen hat,
sei sowohl Vorsitzender der Telecommunications Holding Company
wie auch der Vorsitzende von Libya Telecom.
+ Das bilaterale
Handelsvolumen zwischen der Türkei und Libyen erreichte in den ersten
acht Monaten diesen Jahres drei Milliarden US-Dollar.
Türkische Bauunternehmer haben bislang für 641 Projekte Auftragsvergaben
im Wert von 31,5 Milliarden US-Dollar abgeschlossen.
Ein Abkommen zur Gründung der Gemeinsamen Wirtschafts- und Handelskommission
(JETCO) werde bald in Istanbul unterzeichnet.
Es gebe 50 wöchentliche Flugverbindungen zwischen beiden Ländern und es
werde ein vereinfachtes Visaabkommen angeboten.
+ Middle
East Monitor: Die unter Haftars
Kontrolle operierende Hammad-‚Regierung‘ hat die höchsten
Schulden in der modernen Geschichte Libyens verursacht.
Die Bekämpfung des Währungschaos‘ in Libyen sei von entscheidender Bedeutung
für die Sicherheit der Mittelmeer- und Sahelregion sowie Europas
selbst. Die unkontrollierten Milliarden könnten Chaos anstatt Frieden
finanzieren. Libyen befinde sich heute inmitten eines finanziellen
und sicherheitspolitischen Sturms.
In nur zwei Jahren sei eine gewaltige Neuverschuldung von 129
Milliarden LYD (rund 24 Milliarden Euro) angehäuft worden,
wodurch die Gesamtverschuldung auf 284 Milliarden LYD anstieg.
Für ein Land mit etwa sechs Millionen Einwohnern seien diese Zahlen
katastrophal. Wo ist das Geld geblieben?
Durch das Drucken von Geld habe das Militärregime im Osten seine Ausgaben
finanzieren können, obwohl es weder Zuweisungen von Öleinnahmen noch eine
legitime Kreditaufnahmebefugnis gab. Die Prüfung der Libyschen
Zentralbank durch Deloitte ergab, dass Milliarden von
Dinar in die Wirtschaft gepumpt wurden.
Beunruhigend sei der Geldfluss in Ostlibyen wegen seiner Rolle bei
der Unterstützung des russischen Afrikakorps.
Auch die Rapid Support Forces des Sudan erhielten indirekte
finanzielle Unterstützung über Libyen.
So seien Libyens finanzielle Turbulenzen ein Multiplikator der regionalen Krise.
Seine Schattenwirtschaft destabilisiere Libyen im Inneren und weite
sich auf die Nachbarländer aus. Die Schwere der libyschen
Währungskrise beschränke sich nicht nur auf finanzielles Missmanagement,
sondern diene vielmehr als Multiplikator der strategischen Bedrohung.
Die Anhäufung von Schulden in Bengasi stehe im Zusammenhang mit der Finanzierung
von Söldnern, regionalen Konflikten, illegalen Wirtschaftszweigen und
Flüchtlingskrisen. Dies könne zum Zusammenbruch der libyschen Wirtschaft
führen, mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung und destabilisierenden
Auswirkungen in ganz Afrika und Europa.
+ Die Wirtschaft unterliege einer Dollarisierung. Der US-Dollar sei für Verkäufer und Käufer die einzige Möglichkeit geworden, plötzliche Preiserhöhungen und den Verlust der Kaufkraft der LYD zu vermeiden. Händler tätigten die Geschäfte in USD, da dieser angesichts der Abwertung des Dinar auf dem Parallelmarkt als stabiler gilt. Die meisten Geschäfte verlangten die Zahlung in USD, da der Handel mit LYD riskant geworden ist, insbesondere angesichts der Knappheit von 25-Dinar-Banknoten. Aufgrund der schrumpfenden Liquidität akzeptierten viele Geschäfte LYD nur zum doppelten Preis.
+ Am 23. September traf eine weitere Lieferung Bargeld im Wert von 357 Millionen LYD aus dem Ausland über den Flughafen Mitiga bei der Zentralbank ein. Dies soll die Liquidität verbessern.
+ Der Zentralbankchef Nadschi Issa suspendierte den Generaldirektor der Aman Bank for Investment and Trade, Achmed ad-Dukali.
Erdöl/Erdgas
+ Laut Crisis24
stehen Unternehmen, die in Libyen investieren möchten, vor großen
Herausforderungen. Investitionen in Libyen seien mit
sicherheitspolitischen, lokalen und rechtlichen Risiken verbunden, die
internationale Unternehmen berücksichtigen müssten. Rund achtzig Prozent der
Ölvorkommen befinden sich im Sirte-Becken und werden von beiden
‚Regierungen‘ im Eigeninteresse benutzt.
Die Öleinnahmen würden für korrupte Machenschaften verwendet, man
denke an die Arkana Oil Company, die das historische Monopol
der National Oil Corporation auf Ölexporte umgehen will.
Durch den Treibstoffschmuggel würden Einnahmen in nie dagewesener
Höhe erzielt.
Nach libyschem Recht ist das gesamte Öl in Staatsbesitz, sodass nur die National
Oil Corporation exportieren und Konzessionen oder Genehmigungen an private
Unternehmen vergeben darf.
+ Nadschwa al-Bischti (ehemals NOC) erklärte, dass es dieselben sind, die die Treffen zwischen Masoud Boulos und den libyschen Parteien koordinierten, die auch die Situation in Libyen kontrollierten, nämlich Katar und Italien.
Das östliche Mittelmeer und die Seegrenzen
+ Bei dem kürzlichen Dabaiba-Haftar-Treffen in Rom unter Federführung der USA seien auch die umstrittenen libyschen Seegrenzen erörtert worden. Es wurde die Gründung einer Gesellschaft aus beiden libyschen Lagern vorgeschlagen, an der sich mehrere Länder der Region im Rahmen einer Mittelmeerpartnerschaft beteiligen sollen.
+ Mohammed al-Harari (Außenministerium der Dabaiba-‚Regierung‘) erklärte nach einem Besuch in Griechenland, dass es einen neuen Verhandlungsprozess zur Festlegung der Seegrenzen geben soll, der alle neuen Entwicklungen berücksichtigt.
+ Der türkische Politikanalyst Muhannad Hafizoglu sieht in der Vereinbarung
des Außenministeriums der Dabaiba-‚Regierung‘ mit Griechenland, in Tripolis
ein weiteres Treffen bezüglich der Festlegung der Seegrenzen abzuhalten, eine Zuspitzung
des Verhältnisses zur Türkei und Ägypten. Dies richte sich gegen die
strategischen Interessen Libyens.
Es seien große Überraschungen in Libyen zu erwarten. Die Türkei
werde bei der Festlegung der Seegrenze keine Kompromisse eingehen. Sollte
Dabaiba die Verabschiedung des Abkommens durch das Parlament blockieren,
werde ihm die Türkei ihre Unterstützung entziehen.
+ Der türkische Politikanalyst Feras Oglu sieht Griechenland
nicht in der Lage, die Rolle der Türkei in Libyen zu
übernehmen. Die Türkei profitiere sowohl militärisch als auch
wirtschaftlich von dem von Khalifa Haftar begonnenen Tripolis-Krieg.
Die maritime Grenzziehung zwischen Libyen und der Türkei könnte ein Druckmittel
für Verhandlungen mit Griechenland sein. Griechenland könne keine
souveränen Entscheidungen treffen, die zu Konflikten mit anderen
europäischen Ländern wie z. B. Frankreich führen.
Dabaiba könne nicht ignorieren, dass Griechenland
Teil der Europäischen Union ist, da er sonst in Konflikt mit mehreren
europäischen Ländern gerät. Dadurch gerate Dabaiba unter Druck, denn der Konflikt
im östlichen Mittelmeerraum sei ein Konflikt zwischen politischen und
regionalen Blöcken und nicht zwischen einzelnen Ländern.
Da die us-amerikanischen Interessen nicht vollständig mit den europäischen
Interessen übereinstimmen, werde dies den Druck auf Dabaiba verringern,
die Probleme mit Griechenland hinsichtlich der maritimen Grenzziehung
zu lösen.
Das Abkommen über die libysch-türkische Seegrenze hänge bedrohlich
über allen europäischen Ländern.
Das Gleichgewichtsspiel im östlichen Mittelmeerraum sei komplex
und Israel spiele im Geheimen eine wichtige Rolle.
Israels Interessen würden von mehreren Parteien vorangetrieben, um die türkischen
Interessen zu bedrängen.
+ Die Greek City
Times sieht im östlichen Mittelmeer den Ausbruch eines geopolitischen
Hurrikans, in dessen Zentrum die Türkei, Israel, Libyen
und Griechenland stehen.
Die chinesische Diplomatie sei entschlossen, die Einbeziehung Libyens
in die EastMed-Pipeline-Pläne zu verhindern, an denen
unter anderem Griechenland und Israel beteiligt sind. Die Einbeziehung
Libyens in die strategischen Energiepläne des Westens werde als
ernstes Hindernis für die Belt and Road Initiative gesehen. Die East-Med-Pipeline
sei Teil des umfassenderen Projekts des Wirtschaftskorridors Indien-Nahost-Europa
(IMEC).
In Tripolis versuchten Politiker, Trump und Israel zu beschwichtigen,
das gleiche geschehe im östlichen Libyen, indem man Israel
Gefälligkeiten anbietet. Damit soll der chinesische Einfluss in Libyen
eingedämmt werden. Dem stünden allerdings die türkische Militärpräsenz und
die chinesischen Wirtschaftsaktivitäten in Libyen im Wege.
Der Prozess der Integration eines vereinten Libyens in die chinesisch-türkische
Achse habe begonnen und die Parteien bewegten sich
langsam in Richtung einer strategischen Allianz, was sowohl den Plänen
Israels als auch denen seines Verbündeten Griechenland ernsthafte Hindernisse
in den Weg legt.
Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass eine Militärdiktatur, wie
Haftar lange gehofft hatte, die Zustimmung der Bevölkerung bekommen
wird.
+ The Times of
Israel stellt die Frage, ob die Türkei gemeinsam mit Libyen
einen Raubzug auf den Meeresboden plant. Maltas jüngste
öffentliche Ablehnung der maritimen Grenzziehung durch Tripolis und die
Türkei sei nicht bloß eine Beschwerde, sondern ein Wendepunkt,
der Risse in der Geopolitik des östlichen Mittelmeers offenbare.
Malta habe Einspruch erhoben, da das libysch-türkische
Abkommen Maltas Festlandsockel und seine Rechte an den Inseln verletze. Die
maritimen Grenzen legen die Gebiete für die Kontrolle von Explorationsrechten,
Meeresbodenkonzessionen und die Rechtsinstrumente für
Energieunternehmen fest.
Durch die Internationalisierung des Konflikts stiegen die politischen
und juristischen Kosten für Tripolis und Ankara und der Konflikt
werde in Foren verlagert, in denen es schwierig ist, die Rechte
kleiner Staaten außer Kraft zu setzen.
Libyen und das Ausland
+ Palästina/Israel. Thuraya
at-Tuwaibi (Menschenrechtsexpertin) berichtet von dem Plan, Palästinenser
organisiert über Ägypten und Jordanien nach Libyen zu bringen.
Hunderte Palästinenserinnen würden unter dem Vorwand vorgeladen, sie
seien die Ehefrauen libyscher Männer.
Arbeitsverträge würden ohne zugrunde liegende Jobangebote für ganze
Familien abgeschlossen. Einige internationale Organisationen haben
internationale Abkommen zur Ansiedlung und Beschäftigung von
Arbeitskräften geschlossen und palästinensische Familien in diese
Abkommen einbezogen. Dies stelle eine Form der Ansiedlung dar,
die durch Arbeitsverträge geschützt ist.
+ USA/GB. Tim Eaton (Chatham
House, Royal Institute of International Affairs) und die NYT
enthüllten, dass sich zu der Zeit, als sich der Trump-Vertraute Massoud
Boulos zur Verhandlung von Ölverträgen in Tripolis aufhielt, sein
Sohn Michael und dessen Frau Megan an der südfranzösischen Küste auf
einer Luxusyacht mit dem türkischen Milliardär Ergument Baygan
trafen. Baycan ist Eigentümer des zwielichtigen Unternehmens BGN,
das in Korruptionsfälle in Libyen in Zusammenhang mit Ölhandel
verwickelt ist und Verbindungen zu Ibrahim Dabaiba und Haftar hat. Bei
dem Treffen soll es darum gegangen sein, wie man aus dem Boulos-Dabaiba-Deal
Kapital schlagen könne.
Hochrangige Vertreter der US-Regierung warnten Massoud Boulos
vor der Gefahr, die Geschäfte seiner Familie mit der diplomatischen
Tätigkeit der Regierung in Libyen zu vermischen, da dies zu diplomatischen
Streitigkeiten in politisch sensiblen Regionen führen könnte.
+ USA. Arab Weekly: Die offensichtliche Bevorzugung der Dabaiba-‚Regierung‘ durch Massoud Boulos drohe die Spannungen mit der östlichen Region zu verschärfen und könnte die ohnehin schon fragmentierte politische Landschaft Libyens noch weiter verkomplizieren. Boulos priorisiere die Handelsabkommen und Chancen für us-amerikanische Unternehmen.
+ USA. Masoud Boulos, Berater von Trump für afrikanische Angelegenheiten, erklärte, in ständigem Kontakt mit beiden Parteien in Libyen zu sein und Vertreter beider Parteien würden Washington besuchen.
+ EU. Hossam ad-Din Abdeli (Politologe):
Die Angst Europas vor einer Eskalation in Libyen bestehe seit dem Sturz des
Regimes im Jahr 2011.
Die Europäer seien in Libyen weder die stärkste noch
die einflussreichste Partei. Sie beschäftigten sich ausschließlich
mit der Frage der irregulären Migration und den Gas- und Ölressourcen
Libyens, die für den Energiesektor des alten Kontinents wichtig sind. Europa
selbst leide unter wirtschaftlichen Problemen und könne keine
unabhängigen Entscheidungen treffen. Derzeit spielten in Libyen Russland,
die Türkei und die USA wichtige Rollen.
+ Türkei/Russland/Italien/Frankreich/EU.
Laut Karim Mezran (Rafik Hariri
Center for the Middle East) ist die Spaltung Libyens das stabilste Ergebnis
der Nato-Intervention von 2011. Nach elf Jahren ohne Wahlen hätten sich
die Korrupten im Status Quo verschanzt und bildeten dort die herrschende
Klasse. Lokale Störenfriede bauten darauf, dass ausländische
Sponsoren sie vor den Konsequenzen schützen. Libyen
sei hart umkämpft.
Die Türkei habe sich im Rahmen eines Sicherheitsabkommens mit
Truppen im Westen festgesetzt und nutze ihre Position in den Seestreitigkeiten
im Mittelmeerraum.
Russland habe Wagner-Kämpfer auf Ölfeldern und Stützpunkten
stationiert und nutzt Libyen als logistische Drehscheibe für Operationen
in Afrika.
Italien priorisiere die Migrationskontrolle und ENI-Geschäfte,
während Frankreich sich für Partnerschaften zur Terrorismusbekämpfung
in der Sahelzone eher für Haftar einsetze.
Die USA unterstützten offiziell den UN-Prozess und konzentrierten
sich nun auf die Terrorismusbekämpfung.
Die EU beschränke sich auf die Eindämmung der Migration und
finanziere Internierungslager, die oft von Milizen betrieben
werden.
+ VAE. Die Vereinigten
Arabischen Emirate haben für das Jahr 2026 Anträge auf Touristen- und
Arbeitsvisa für neun Ländern, darunter Libyen, ausgesetzt.
Die Botschaft
der VAE in Libyen bestreitet dies.
+ Sudan/Kolumbien. Die britische Zeitung The Telegraph berichtete über kolumbianische Söldner, die über Libyen an die Front im Sudan geschickt werden, um in Darfur die Rapid Support Forces zu unterstützen.
+ Frankreich. Der französisch-libanesische Geschäftsmann Ziad Takieddine, der im Verdacht stand, an der illegalen Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf durch Libyen beteiligt gewesen zu sein, und ein wichtiger Prozesszeuge war, ist pünktlich zur Sarkozys Urteilsverkündung verstorben.
Migration
+ 93 Migranten waren am 19. September auf einem Ölversorgungsschiff gestrandet, darunter drei schwangere Frauen und sieben Kinder. Die deutsche NGO Sea-Watch forderte Italien zum sofortigen Eingreifen auf, damit diese Menschen nicht nach Libyen zurückgebracht werden.
+ The Guardian:
Schleuser sind Teil des offiziellen Militärapparats von Tripolis,
der von Libyens stellvertretendem Verteidigungsminister Abdul Salam
az-Zubi angeführt wird. Videos zeigen, wie kurdische Flüchtlinge auf
ein Rettungsboot geschmuggelt werden. Sie berichteten Mediterranea
Saving Humans, dass eine libysche Miliz sie aus einem Internierungslager
zum Rettungsboot gebracht habe.
Gerettete gaben an, dass vier Kurden aus Angst vor einer Falle sich weigerten,
den Milizionären zu folgen, und dabei getötet wurden.
Durch Partnerschaften zwischen Milizen und Internierungslagern seien die
Menschen Erpressung, Folter, sexueller Sklaverei, Entführungen gegen
Lösegeld ausgesetzt.
Italien habe 2017 mit der Tripolis-‚Regierung‘ ein Abkommen
geschlossen, das es ermöglicht, in den Gewässern abgefangene Migranten
zwangsweise nach Libyen zurückzubringen.
+ France 24:
Von Migranten in Libyen veröffentlichte und verifizierte Videos
zeigen Dutzende Flüchtlinge, die auf dem Boden eines
Internierungslagers in Tobruk ohne Decken oder Matratzen zusammengepfercht
liegen. Die Videos belegen Misshandlungen und Folter.
Jeder Sudanese, der das Lager verlassen will, müsse dafür Geld
an die Wärter bezahlen.
+ Die Partei Stimme
des Volkes warnte vor den Gefahren einer internationalen Umgehung
der libyschen Souveränität, indem einige in Libyen tätige internationale
Organisationen das humanitäre Problem der Migration ausnutzen,
um Druck auf Libyen auszuüben.
Libyen habe die Genfer Konvention von 1951 nicht ratifiziert und
die Verpflichtungen aus der Flüchtlingskonvention der Organisation für
Afrikanische Einheit von 1969 nicht in nationales Recht umgesetzt. Dies
könnte bedeuten, dass Druck auf Gesetzesänderungen oder zur Umsiedlung
von Migranten unter ausländischer Aufsicht ausgeübt wird.
Aus den Nachbarstaaten
+ Sahelstaaten. „Jahrestag
der Gründung der Allianz der
Sahelstaaten. Am 16. September begingen die Menschen in Burkina Faso, Mali
und Niger den zweiten Jahrestag der Allianz der Sahelstaaten (Alliance des
États du Sahel, AES), die 2023 durch die Liptako-Gourma-Charta gegründet
wurde.
Dies ist nicht nur ein Datum im Kalender, sondern die Feier des erneuten
Kampfes um Souveränität in einer Region, die lange Zeit unter dem französischen
Neokolonialismus und gescheiterten westlichen Sicherheitsstrategien gelitten
hat. In der gesamten Sahelzone fanden Solidaritätsaktionen statt.“
+ Sahelstaaten. „‘Instrument neokolonialer Unterdrückung‘: Drei afrikanische Länder verlassen den IStGH. Burkina Faso, Mali und Niger werfen dem Internationalen Strafgerichtshof vor, weniger privilegierte Länder gezielt ins Visier zu nehmen.“
+ Ägypten. „Seit 2022 baut der russische Atomkonzern Rosatom das erste Kernkraftwerk Ägyptens, el-Dabaa. Zugleich werden ägyptische Studenten in relevanten Fachgebieten ausgebildet. Russland schafft faktisch eine neue Industrie im Land, betont ein hochrangiger Regierungsvertreter.“
A. Gutsche
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