Der frühere tunesische Präsident Ben Ali meldet sich zu Wort: Was 2011 wirklich geschah
Tunesien. Zine el Abidine Ben Ali (*1936) war von 1987 bis
zum Januar 2011 tunesischer Staatspräsident. Nach der Selbstverbrennung eines
Gemüsehändlers im tunesischen Sidi Bouzid im Januar 2011 kam es zu
Massenprotesten gegen die Regierung Ben Ali. Ihm und seiner Entourage wurden
Kleptokratie und Geldgier im großen Stil vorgeworfen. Es war der Beginn des
sogenannten ‚Arabischen Frühlings‘.
Mit einer Botschaft an das tunesische Volk hat sich der
ehemalige Präsident Zine el Abidine Ben Ali sechs Jahren nach seinem Sturz zum
ersten Mal zu Wort gemeldet. Er
beschuldigt darin die CIA, zusammen mit radikalen Islamisten die Aufstände in
Tunesien entfacht zu haben. Die Botschaft wurde unter anderem am 7.
Januar 2017 von JamahiriyaNewsAgency.com veröffentlicht.
Er führt darin aus,
dass die Verschwörung gegen Tunesien tatsächlich schon 2007 begann. Anlass war
die Weigerung Tunesiens, die Militärbasis Bizerte den USA zu überlassen sowie
die Blockade gegen Libyen zu verschärfen. Als 2008 Condoleezza Rice[1]
Tunesien besuchte und vorschlug, unter Leitung der USA eine Zentrale für
Menschenrechte einzurichten unter dem Vorwand, jungen Leuten das Konzept von
Menschenrechtsnormen beizubringen, und zur Antwort bekam: „Warum eröffnen Sie
diese Zentrale dann nicht in Israel?“, war sie so erbost, dass sie alle
weiteren Termine absagte und noch am gleichen Tag abflog.
Ben Ali sieht das
heute als das erste Alarmzeichen, das auf ein kommendes Komplott hindeutete. Es
sollte von ihren Stellvertretern in Tunesien ausgeführt werden.
Als die Regierung
immer wieder Hinweise bekam, dass es einen Plan zum Sturz der Regierung in
Tunesien gebe und daraufhin bei Ali Seriati[2]
nachfragte, war die Antwort immer die gleiche: Es handle sich um falsche
Informationen und alles wäre unter Kontrolle. Diese Auskunft gab es auch noch
eine Woche vor der Selbstverbrennung des Gemüsehändlers Bouazizi in Sidi
Bouzid.
Am 14. Januar 2011
begleitete Ben Ali seine Frau und seinen Sohn zum Flughafen. Sie sollten wegen
der unübersichtlichen politischen Lage das Land verlassen. Er habe vorgehabt,
anschließend zurück in den Präsidentenpalast zu fahren. Allerdings habe er am
Flughafen überraschender Weise Ali Seriati getroffen, der ihm geraten habe,
ebenfalls das Land zu verlassen. In Tunesien sei er seines Lebens nicht mehr
sicher. Sobald sich die Lage beruhigt habe, solle er zurückkehren.
Als bei den Unruhen
durch Scharfschützen unschuldige Menschen zu Tode kamen, benutzten dies die Medien,
die Bevölkerung weiter aufzuwiegeln. Es herrschte eine große Verwirrung. Es gab
Söldner, die unter dem Befehl der USA standen, Todesschwadronen, die sich aus
Mitgliedern der islamistischen Ennahda-Bewegung (Widergeburt) zusammensetzten
und die teilweise noch heute in Tunesien aktiv sind, Söldner aus den
benachbarten Ländern, sowie Söldner, die aus Ländern des ehemaligen
Jugoslawiens, insbesondere aus Bosnien kamen und von Katar eingeschleust und
finanziert worden waren.
Ben Ali schreibt, dass
weitere Details bekannt wurden, aus denen klar hervorging, dass die
Ennahda-Bewegung in den Staatsstreich verwickelt war, und dass Jugendliche von
ihr ausgebildet und bewaffnet worden waren. Er erinnere sich noch gut an die
Ereignisse 2006 nach der Entlassung von Hamadi Jebali[3]
aus der Haft. Der US-amerikanische Botschafter in Tunis habe angerufen und den
Wunsch geäußert, Hamadi Jebli zu Hause zu besuchen. Dieser Besuch habe dann
tatsächlich stattgefunden. Natürlich habe dies Fragen aufgeworfen, doch hätte
man sich damals niemals vorstellen können, dass es so enge Beziehungen zwischen
den Führern der Bewegung „Wiedergeburt“ und der CIA geben könne.
Merkwürdiger Weise
wurde nie gefragt, wer den Bewaffneten die Schießbefehle gegeben hat, durch die
Unschuldige getötet wurden, nachdem er, Ben Ali sich bereits in Saudi Arabien
aufgehalten habe. Es sei auch nie nach dem Verbleib der Scharfschützen gefragt
worden, die auf frischer Tat festgenommen worden sind.
Das Spiel sei
weitergegangen. Unter Aufsicht von Mustafa Kamel Nabli wurden große Mengen Geld
aus der Zentralbank in den Regierungspalast geschafft und dann dort
fotografiert. Diese Märchen wurden laut Ben Ali Märchen von den Verrätern der
Bevölkerung auftischt.
Nachdem das Spiel der
Ennahda-Führer soweit erfolgreich durchgezogen worden war, stellten sie sich
laut Ben Ali als nächstes auf verzerrte und übertriebe Art als Opfer dar. Sie
wollten es nicht wahr haben, dass er, Ben Ali, ihnen das Leben gerettet hatte,
indem er 1987 das unter Habib Bourguiba[4] ausgesprochene Todesurteil von sechzehn ihrer
Führer aussetzte. So sollte das Todesurteil von Rachid Ghannouchi[5]
am 8. November 1987 vollstreckt werden.
Ben Ali endet mit der Feststellung, dass das heutige Tunesien ein
Tummelplatz für kriminelle Banden und ausländische Geheimdienste ist. Die CIA
kontrolliere, was immer sie will. Kürzlich wurde eine Vereinbarung von Rashid
Ghanouchi und Beji Caid Essebsi[6]
unterzeichnet, die es den USA erlauben, eine Militärbasis in Tunesien zu
errichten. Die Zukunft werde die
Beweise für den Verrat liefern, der dem heutigen Tunesien diese
niederschmetternden Erfahrungen beschert.
Soweit Ben Alis Botschaft an die Tunesier. Heute weiß man,
dass der Sturz arabischer Regierungen geplant und in Zusammenarbeit der USA/CIA
und radikal-islamistischen Kreisen erfolgte. Allerdings hätte dies nicht so
einfach vonstattengehen können, wäre Ben Ali nicht in weiten
Bevölkerungskreisen äußerst unbeliebt gewesen. Er wurde als unfähig
wahrgenommen, das Land in eine würdige Zukunft zu führen. Doch leider hat der
Sturz Ben Alis die politische und soziale Lage im Land kolossal verschlechtert.
Die Wirtschaft steht vor dem Kollaps, die neoliberal ausgerichteten,
islamistischen Zirkel, die finanziell vom Ausland finanziert werden und gut
organisiert sind, klammern sich ohne jede politische Vision an die Macht.
Angelika Gutsche
[1]
Condoleezza Rice war von 2005 bis 2009 unter George W. Bush Außenministerin der
USA.
[2]
Damaliger Sicherheitschef im Präsidentenpalast
[3]
Hamadi Jebali gehörte der islamistischen Bewegung Mouvement de la tendance
islamique (MTI) an. Er war langjähriges Vorstandsmitglied und
Generalsekretär von Ennahda
(Wiedergeburt). Am 28. August 1992 wurde Jebali wegen Mitgliedschaft in
einer illegalen Organisation und versuchten Staatsstreichs zu einer 16-jährigen
Haftstrafe verurteilt. Er wurde 2006 aus der Haft entlassen. Laut Wikipedia reiste er im Mai 2011 auf Einladung des Center for
the Study of Islam and Democracy nach Washington, um dort die US-Senatoren
John McCain und Joe Liebermann zu treffen. Im Dezember 2011 wurde Jebali zum
Ministerpräsidenten Tunesiens ernannt.
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www.kapitalis.com/afkar-2/8505-tunisie-jebali-mac-cain-le-sens-dune-accolade.html
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www.kapitalis.com/afkar-2/8505-tunisie-jebali-mac-cain-le-sens-dune-accolade.html
[4] Habib Bourguiba (1903-2000) war von 1957 bis
1987 tunesischer Präsident.
[5]
Rachid_al-Ghannouchi: Radikaler Islamist. 1987 unter dem Präsidenten Bourguiba
wegen Anstiftung zu Gewalt und Aufwiegelung zu einem Staatsstreich zum Tode
verurteilt. 1988 wurde Ghannouchi und andere inhaftierte Islamisten von dem
neuen Präsidenten Ben Ali freigelassen. Von 1993 bis 2011 lebte er im Exil in
London. 2011 wurde Ghannouchi Ministerpräsident der tunesischen
Übergangsregierung.
[6]
2014 wurde Beji Caid Essebsi Präsident von Tunesien. 2012 gründete er die
säkular ausgerichtete Partei Nidaa Tounes.
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