Freitag, 30. Dezember 2011

Brief an das Außenministerium

FRIEDEN FÜR LIBYEN!

Solidaritätsbewegung für das von der NATO angegriffene Libyen



Frieden für Libyen!
- z.H. Herrn Kay Hanisch -
Postfach 1135
04741 Roßwein

                                                                                                          Dresden, 1.12.2011

Auswärtiges Amt
11013 Berlin

Betreff: Menschenrechtslage in Libyen und Erhalt der Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik


Sehr geehrte Damen und Herren,

unter Bruch des internationalen Völkerrechts und unter grober Missachtung der UN-Resolution 1973 hat die NATO einen Angriffskrieg  gegen den souveränen Staat Libyen vom Zaun gebrochen, bei dem die deutsche Bundesregierung stiller Teilhaber war.

Wir wollen hier nicht weiter auf die unsäglichen Kriegsverbrechen des westlichen Militärbündnisses eingehen, denn diese sind Ihnen sicherlich zur Genüge selbst bekannt.
Aber im Zuge dieses Krieges ist in Libyen – mit aktiver westlicher Unterstützung – nun ein Regime an die Macht gelangt, welches hauptsächlich aus einem Konglomerat widerstreitender lokaler oder radikalislamischer Milizen und einer kleinen Führungselite westlich-neoliberaler libyscher Exilanten besteht – wobei letztere einen geringen Rückhalt in der Bevölkerung und keine eigene politisch-militärische Hausmacht haben (sieht man von anwesenden NATO-Soldaten ab).

Das unter diesen Umständen keine Stabilität in Libyen Einzug halten kann, sei dahingestellt – dies gehört sicherlich ohnehin zur Strategie der NATO bzw. der in diesem Falle als Hauptprotagonisten agierenden Staaten USA, Frankreich und Großbritannien.

Unabhängig davon, wie man die Menschenrechtssituation in Libyen in der Ghaddafi-Ära bewertet, mehren sich Berichte darüber, dass sich diese nach den in den Massenmedien zur „Revolution“ verklärten Auseinandersetzungen drastisch verschlechtert hat. Die Zahl der Gefängnisse und Gefangenenlager unter dem Regime des sogenannten „Nationalen Übergangsrates“ (NTC) hat sich im Vergleich zur Ghaddafi-Zeit verzehnfacht, und es befinden sich über 7.000 Personen hauptsächlich aus politischen Motiven in Haft.

Die Berichte der Menschenrechtsorganisationen „Amnesty International“ und  Human Rights Watch  werfen dem NTC-Regime Massaker an der Zivilbevölkerung, gezielte Tötungen von Angehörigen der dunkelhäutigen libyschen Minderheiten, schwarzafrikanischen Gastarbeiter und Anhängern des bisherigen politischen Systems vor.
Auch finden politisch motivierte Vertreibungen, wie in der Kleinstadt Tawergha,  statt.
All dies kann man wohl kaum als jene „Demokratie“ bezeichnen, welche nach Verlautbarungen der offiziellen „Propaganda“ der NATO und der Massenmedien angeblich in Libyen Einzug gehalten haben soll.

All diese Informationen sickern immer mehr an die Öffentlichkeit durch, und es wird ständig schwieriger, das Bild von einem „Einsatz zum Schutz der Zivilbevölkerung“ aufrecht zu erhalten. Die westlichen Staaten und auch die Bundesregierung, welche nach einigem Zögern letztlich diesen Einsatz durchgeführt bzw. befürwortet haben, erleiden jetzt einen massiven Glaubwürdigkeitsverlust, denn es ist in allen europäischen Völkern - nach entsprechender Aufklärung - extrem unpopulär, andere Staaten aufgrund von erfundenen (angebliche libysche „Luftangriffe auf Demonstranten“) bzw. übertriebenen (Anzahl getöteter Demonstranten) Gründen in die „Steinzeit“ zu bomben und ihre Infrastruktur zu zerstören.

Bei der Begründung ihres Militäreinsatzes verwies die NATO auf  ihre „Schutzverantwortung“  („Responsibility to Protect“). Diese Schutzverantwortung kann sich aber nicht nur auf einen Teil der libyschen Bevölkerung, nämlich contra-Ghaddafi, beziehen, sondern muss alle Libyer – gleich welcher politischen Ausrichtung – mit einbeziehen.

Wir fordern das Auswärtige Amt und somit die Bundesregierung auf, hier klar Stellung zu beziehen und auch von dem neuen NTC-Regime die Einhaltung der Menschenrechte zu fordern.

Zahlreiche Unterstützer der Jamahiriya, wie sich das politische System der „Ghaddafi-Zeit“ nannte, sind von Folter und Tod bedroht.
Dr. Abu Zaid Umar Durda, von 1990-1994 Generalsekretär des Allgemeinen Volkskomitees (entspricht dem Posten eines Regierungschefs) wurde in der Haft vom NTC-Regime schwer gefoltert und lag lange im Koma. Er „fiel“ aus dem Fenster während eines Verhörs und brach sich beide Beine. Seiner Familie wurde verwehrt, ihn zu sehen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, Druck auf das neue Regime auszuüben, damit es die Unversehrtheit der politischen Gefangen garantiert. Der brutale Lynchmord an Muammar al-Ghaddafi hat neue Maßstäbe gesetzt. So etwas darf keine Normalität werden!

Nun droht dem letzten Regierungschef der Jamahiriya, dem im August 2011 nach Tunesien geflüchteten Bagdadi al-Mahmudi, welcher an den NTC ausgeliefert werden soll, ein ähnliches Schicksal. Wir bitten die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass  Bagdadi al-Mahmudi nicht an Libyen ausgeliefert und ihm nötigenfalls Asyl gegeben wird.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass alle politischen Gefangenen in Libyen freigelassen werden und dass jene, die Schuld auf sich geladen haben, rechtsstaatlich akzeptable Prozesse zu erwarten haben.
Da derzeit kein nennenswertes Justizsystem in Libyen existiert, können derartige Prozesse nicht in diesem Land stattfinden, sondern sollten in einem neutralen Staat abgehalten werden.

Bitte teilen Sie uns bis zum 20.12.2011 mit, wie das Auswärtige Amt hier – insbesondere auch wegen des Schicksals der drei genannten Personen – hier tätig werden wird, da wir ansonsten – nur aus unserer Sicht - die Öffentlichkeit über die Passivität der Bundesregierung und ihre Mitverantwortung für die Leiden der libyschen Zivilbevölkerung unter dem NTC informieren werden.

Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie das Grundgesetz, insbesondere Artikel 26 (Verbot des Angriffskrieges) uneingeschränkt einhält – auch im Zusammenhang mit den derzeitigen Ereignissen in und um Syrien und Iran.


Mit freundlichen Grüßen

i.A. des Sprecherrates der Initiative Frieden für Libyen!




(Kay Hanisch)

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