Erdölförderung sinkt immer stärker / Allgemeine angespannte und instabile Lage / Wahlen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt / Libyen hängt regierungslos in der Luft 

+ 03.01.: Ölförderung. Die libysche Ölförderung ist erneut um 500.000 Barrel gesunken. Die National Oil Corporation (NOC) hatte angekündigt, dass die Hauptpipeline, die die östlichen Samah- und Dhuhra-Felder mit dem größten Exportterminal des Landes, es-Sider, verbindet, wegen Wartungsarbeiten stillgelegt wird. Die NOC kündigte außerdem an, dass in der nächsten Woche noch einmal die Förderung um 200.000 bpd heruntergefahren wird, da eine beschädigte Pipeline repariert werden soll.
Vor noch nicht einmal zwei Wochen wurde das größte libysche Erdölfeld asch-Scharara durch Milizen abgeschaltet, was zu einem Förderrückgang von rund 350.000 bpd führte. Insgesamt werden diese Stilllegungen die Förderung auf etwa 700.000 bpd reduzieren. Im Jahr 2021 förderte Libyen im Durchschnitt schätzungsweise 1,2 Millionen bpd.
https://libyareview.com/20129/libyas-oil-output-drops-by-500000/
Es heißt, Großbritannien versuche, den NOC-Hauptsitz oder zumindest das Büro des NOC-Vorstands, Sanella, nach Ras Lanuf zu verlegen. Gleichzeitig soll es militärische Bewegungen in Tripolis bzw. in Richtung der Erdölfelder geben.

+ 07.01.: LNA/Dabaiba. Dabaiba, ehemaliger Chef der GNU-Regierung, hat laut LNA die Gehälter für LNA-Angehörige ausgesetzt. Und dies, obwohl LNA-Einheiten die libyschen Ölanlagen schützen, durch die im Jahr 2021 Einnahmen in Höhe von 103 Milliarden LD erzielt werden konnten. Von den fehlenden Gehaltszahlungen seien etwa eine halbe Million Menschen, darunter auch die Familien der Soldaten, betroffen. Die LNA habe Kredite aufnehmen müssen.
https://libyareview.com/20239/libyan-army-pm-dbaiba-has-suspended-army-paychecks/

+ 05.01.: Großbritannien/Reisewarnung. Das britische Auswärtige Amt riet von allen Reisen nach Libyen ab: „Wenn Sie sich entgegen dieser Empfehlung in Libyen aufhalten, sollten Sie versuchen, das Land sofort mit allen Mitteln zu verlassen“, denn die Sicherheitslage vor Ort sei instabil und könne ohne Vorwarnung schnell in gefährliche Kämpfe umschlagen.
Zur Erinnerung: Das libysche Parlament hat die britische Botschafterin zur persona non grata erklärt.
https://libyareview.com/20200/uk-urges-nationals-to-leave-libya/

+ 03.01.: Saleh/Mishri/Marokko. Die aus völlig unterschiedlichen politischen Lagern stammenden libyschen Politiker, Parlamentspräsident Agila Saleh und der Präsident des Hohen Staatsrats (HCS) Khaled Al-Mishri, befinden sich auf einer gemeinsamen Marokko-Reise, um den politischen Fahrplan Libyens zu diskutieren.
https://libyareview.com/20089/libyas-parliament-state-council-leaders-meet-in-morocco/

Rund um die ausgesetzten Wahlen

+ 28.12.: Ein Zusammenschluss von 18 libyschen Parteien und Bewegungen veröffentlichte eine Erklärung, in der sie die ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Libyens verurteilt und die Behörden auffordert, dem Ruf des libyschen Volkes nach Abhaltung von Wahlen ohne weitere Verzögerung Folge zu leisten. „Das Staatsoberhaupt und die Mitglieder des Repräsentantenhauses müssen frei, unparteiisch und ohne Verzögerung oder Behinderung gewählt werden“.
https://almarsad.co/en/2021/12/28/national-parties-and-movements-issue-statement-against-foreign-interference-in-libyan-sovereignty/
Fordern kann man viel.

+ 29.12.: 125 Kandidaten für die auf unbestimmte Zeit ausgesetzten Parlamentswahlen unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung, in der sie dazu aufriefen, den 24. Januar als Termin für die Präsidentschaftswahlen in Libyen beizubehalten. Außerdem forderten sie die Bekanntgabe einer vorläufigen Kandidatenliste für die Parlamentswahlen und der endgültigen Liste der Präsidentschaftskandidaten. Sie betonten auch die Notwendigkeit, den 6. März 2022 als Termin für den zweiten Wahlgang festzulegen, der zeitgleich mit den Parlamentswahlen stattfinden soll.
https://libyareview.com/19938/125-libyan-parliamentary-candidates-demand-january-elections/

+ 29.12.: 76 Kandidaten für die Parlamentswahlen aus dem Süden Libyens forderten einen Termin für die verschobenen Wahlen gemäß dem Vorschlag der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC) festzulegen. Sie drohten mit landesweitem zivilem Ungehorsam, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden und Klagen an.
https://libyareview.com/19978/southern-libyan-mp-candidates-threaten-civil-disobedience/

+ 03.01.: Der Vorsitzende des Hohen Nationalen Wahlausschusses Libyens, Emad as-Sayed sagte, es seien eine Reihe von Drohungen eingegangen, die den Wahlausschuss davor warnten, die endgültige Namensliste der Präsidentschaftskandidaten bekannt zu geben.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1477969359377215489

+ 03.01.: Wahlkommission/Proteste. Demonstranten forderten in der Nähe des Parlamentsgebäudes in Tobruk die Nennung eines Wahltermins, während der Leiter der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC), Emad as-Sayeh, das Parlament über die Gründe der Absage der Dezemberwahlen informierte.
https://libyareview.com/20138/protesters-demand-date-for-libyan-presidential-elections/

+ 03.01.: Parlament/Proteste. Demonstranten hindern libysche Abgeordnete daran, das Parlament in Tobruk zu verlassen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1478002833387573250

+ 01.01.: Dabaiba/Rechtsverstöße. Ein Verfassungsrechtler erklärt, Dabaiba sei nicht berechtigt, sein Amt auszuüben, da er seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen nicht zurückgezogen habe. Die Leitung der Kabinettssitzung der GNU am vergangenen Donnerstag durch Dabaiba stelle einen Rechtsverstoß dar.
https://libyareview.com/20039/expert-libyan-pm-not-legally-entitled-to-perform-duties/
Kann sich darüber noch jemand aufregen? Seit die UN und die ‚internationale‘ Kriegsgemeinschaft Libyen zu regieren versucht, gehören Rechtsverstöße, Rechtsbeugungen und Rechtsmissachtungen zum Tagesgeschäft.

+ 29.12.: Dabaiba/Fälschung. Die Verwaltungskontrollbehörde (ACA) forderte den Generalstaatsanwalt Siddiq as-Sour auf, die Berichte über die Verwendung eines gefälschten Universitätsdiploms durch Ministerpräsident Abdelhamid Dabaiba zu untersuchen. Es geht dabei um die Frage, ob Dabaiba einen gefälschten Universitätsabschluss vorgelegt hat, um bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren zu können.
https://libyareview.com/19987/libyas-attorney-general-asked-to-investigate-pms-forged-degrees/

Korruption und Veruntreuung

+ 28.12.: Dabaiba. Die Präsidentschaftskandidatin Laila bin Khalifa beschuldigte öffentlich die von Dabaiba geführte Behörde, Gelder, die für den Bau eines Krankenhauses in der Stadt Zuwara vorgesehen waren, veruntreut zu haben.
https://twitter.com/smmlibya/status/1475787017271365634

+ 01.01.: Finanzministerium. Generalstaatsanwalt as-Siddiq as-Sour forderte die Verantwortlichen des Finanzministeriums auf, die Gründe für die nicht bilanzierte Überweisung von mehr als vier Millionen LD an die Nationale Antikorruptionskommission (NACC) zu nennen. Er verlangte auch die Gründe für die Überweisung von Mitteln an das Libysche Medienzentrum für Studien und Beratungen in Kairo sowie Angaben darüber, ob diese Überweisung im Einklang mit dem Finanzgesetz und der Haushaltsordnung 2021 erfolgte.
https://libyareview.com/20050/libyas-finance-ministry-accused-of-illegally-transferring-large-funds-to-entities/

+ 29.12.: Kultursministerin. Der libysche Generalstaatsanwalt al-Siddiq as-Sour ließ die Kultusministerin der GNU-Regierung, Mabrouka Touki, vorübergehend inhaftieren. Ihr wird Korruption vorgeworfen. Touki soll unter anderem Dokumente gefälscht haben, um die Kontrolle der öffentlichen Ausgaben zu erschweren.
Bereits vor einer Woche war Bildungsminister Moussa al-Megarief verhaftet worden. Es ging dabei um nicht gedruckte Schulbücher.
https://libyareview.com/19975/libyas-minister-of-culture-arrested-on-corruption-charges/

+ 29.12.: . Erziehungsamt. Der Generalstaatsanwalt al-Sour ordnete bereits vor einer Woche die Inhaftierung des Direktors des Amtes für die Einziehung von Geldern und die Verwaltung von Vermögenswerten an. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, Tätigkeiten auszuüben, die dem Zweck seines Amtes zuwiderlaufen.
https://www.libyaherald.com/2021/12/29/attorney-general-orders-detention-of-director-of-libyan-state-funds-recovery-and-asset-management-office/

+ 04.01.: Ehemaliger Innenminister. Der ehemalige Innenminister und stellvertretende libysche Ministerpräsident (14. Nov.12 bis 29. Aug. 2014) as-Siddiq Abdelkarim wurde auf Anordnung des Generalstaatsanwalts wegen Korruption verhaftet. Er kandidierte auch für die Präsidentschaftswahlen.
https://libyareview.com/20149/former-libyan-deputy-pm-of-libya-arrested/

Weitere Nachrichten aus Libyen

+ 31.12.: Dabaiba/Frauen. Äußerungen von Dabaiba über unverheiratete Frauen lösten eine Welle der Empörung aus. Dabaiba hatte gesagt, dass die Notwendigkeit bestehe, „Mädchen, die älter und unverheiratet sind, mehr in den Mittelpunkt zu stellen und ihre Heiratschancen zu fördern.“ Diese Äußerung sei „beleidigend gegenüber unverheirateten libyschen Frauen“.
https://libyareview.com/20004/libyas-pm-slammed-for-offensive-statements-against-women/

+ 06.01.: Türkische Besatzung. Laut der italienischen Website ItaMilRadar, die Bewegungen von Militärflugzeugen beobachtet, ist ein aus Ankara kommendes türkisches Flugzeug in Misrata gelandet.
https://libyareview.com/20195/turkish-aircraft-lands-in-libya/

+ 07.01.: E-Pässe. Sowohl die libyschen als auch die ägyptischen Behörden akzeptieren ab 2022 keine handgeschriebenen grünen Pässe aus der Gaddafi-Ära mehr für Reisen. Die Behörden am Landhafen von Musaid haben erklärt, dass sie für die Einreise in das ägyptische Hoheitsgebiet die Verwendung moderner elektronischer Pässe verlangen.
https://libyareview.com/20205/libyan-embassy-in-cairo-to-begin-processing-e-passports/
Rein ins Zeitalter der totalen digitalen Kontrolle. Sehr witzig auch bei den ständigen Stromausfällen in Libyen.

+ 01.01.: Medizinische Versorgung. Mehr als 1,3 Millionen der insgesamt 6,9 Millionen Libyer haben keinen Zugang mehr zur medizinischen Grundversorgung. Es sind die Einrichtungen nicht funktionsfähig oder es fehlt an Material bzw. Personal. Das gesamte Gesundheitssystem ist nicht nur unterfinanziert, sondern es kommt immer wieder zu Engpässen in der Wasser- und Stromversorgung.
https://libyareview.com/20052/1-3-million-libyans-lack-access-to-basic-health-care/
Der libysche Staat wurde 2011 durch die Nato mit Hilfe von extremistischen Islamisten zusammengebombt und zerstört und ist immer noch am Boden. Die Menschen im einst reichsten Land Afrikas leiden Not.

+ 31.12.: Volksvermögen. Der Wirtschaftsprofessor Attia al-Mahdi al-Fitouri erklärte, dass die Staatskassen auch ein Jahrzehnt nach dem Sturz von Muammar Gaddafi weiterhin geplündert werden. Insgesamt haben die auf die Dschamahirija folgenden Regierungen 360 Milliarden USD ausgegeben, aber „diese Ausgaben kamen den libyschen Bürgern nicht zugute, und sie haben keine Entwicklung zum Besseren bewirkt“. Fitouri weiter: „Wir haben ein echtes Problem: Je höher die Öleinnahmen, desto höher die Korruption. Wir sind dabei, alle Einnahmen und unsere Ersparnisse zu eliminieren“. Und er warnte: „Wenn wir so weitermachen, werden unsere Enkelkinder in 50 oder 60 Jahren vielleicht auf demselben Lebensstandard leben wie unsere Eltern und Großeltern Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre, als Libyen eines der ärmsten Länder der Welt war.“
https://libyareview.com/20006/libyan-governments-spent-over-500-billion-dinars-since-2011/

+ 28.12.: Streik. Das Allgemeine Gewerkschaftsbüro der Hochschullehrer kündigte das Ende ihres seit Oktober andauernden Streiks an und rief alle Beschäftigten zur Rückkehr an die Arbeit auf.
https://libyareview.com/19928/libyan-university-employees-end-nationwide-strike/

+ 31.12.: Migration. Einen ausführlichen Bericht über die Lage der Migranten in Libyen findet sich unter dem Titel „Flucht nach Europa. Die Verschwundenen von Tripolis“ auf WOZ.
https://www.woz.ch/2151/flucht-nach-europa/die-verschwundenen-von-tripolis

+ 31.12. Migration. Bei mehreren Bootsunglücken im Mittelmeer vor der libyschen Küste sind in der Woche vor Weihnachten fast 300 Flüchtlinge ertrunken.
https://libyareview.com/19999/300-refugees-drown-off-libyan-coasts-in-7-days/

+ 06.01.: Migration. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schreibt in ihrem Jahresbericht 2021, dass „32.425 Migranten gerettet oder auf See abgefangen und nach Libyen zurückgebracht wurden“ und dass im vergangenen Jahr 655 Migranten vor der libyschen Küste starben und 897 weitere vermisst werden.
https://libyareview.com/20197/iom-897-migrants-missing-since-departing-libya-in-2021/

+ 07.01.: Kabeldiebstahl. GECOL gab bekannt, dass allein in den letzten 24 Stunden im Westen Libyens (bin-Saadan-Leitung im Umspannwerk al-Azeel und Tarhuna-Verteilungsstation) 2.100 Meter Kupferkabel gestohlen wurden. Dies führte zur Unterbrechung der Stromzufuhr von etwa 20 Transformatoren, was wiederum zu Stromausfällen in zahlreichen Wohnvierteln führte.
https://libyareview.com/20243/gecol-calls-for-end-to-assaults-on-libyas-electrical-network/

+ 03.01.: Pentagon/Libyen. GiftAmHimmel schreibt: „Der nordafrikanische Staat Libyen ist ein Paradebeispiel für die verheerenden Auswirkungen des Pentagon, der Central Intelligence Agency (CIA), des Außenministeriums sowie der von Washington kontrollieren North Atlantic Treaty Organisation (NATO) bei der Zerstörung des erdölreichen Staates vor einer Dekade. Dieses imperialistische Projekt war die erste vollumfängliche Operation der drei Jahre zuvor im Jahr 2008 gegründeten [und im deutschen Stuttgart stationierten] United States Africa Command (AFRICOM).
Bis heute versinkt Libyen im Chaos, da es mindestens dreimal nicht gelungen ist, eine von den Vereinten Nationen vermittelte funktionierende Regierung der nationalen Einheit zu bilden und die anhaltenden internen Kriege im Lande zu beenden. Für den 24. Dezember waren Wahlen angesetzt. Die Wahlen konnten jedoch nicht stattfinden, weil es den Eliten nicht gelungen ist, ein auf den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung basierendes, kohärentes politisches System zu schaffen.
Unter dem politischen Regime der Dschamahirija unter dem verstorbenen Oberst Muammar Gaddafi war Libyen zum wohlhabendsten Staat innerhalb der Afrikanischen Union (AU) geworden. Der Staat war ein Bollwerk der Unterstützung für nationale Befreiungsbewegungen und soziale Gerechtigkeit in ganz Afrika und der Welt.
Während des vergangenen Jahrzehnts ist Libyen zu einer Quelle von Konflikten und Instabilität in ganz Nord- und Westafrika geworden. Menschenhandel hat das Leben von Einheimischen und Millionen Migranten in Gefahr gebracht, die auf dem Weg zum Mittelmeer und auf den europäischen Kontinent durch das Land geschleust werden.“
https://giftamhimmel.de/afrika-im-jahresrueckblick-2021-regionale-konflikte-und-die-rolle-des-imperialismus/

Aus anderen Ländern

+ Palästina/Israel. Ungewöhnliches Treffen zwischen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem israelischen Verteidigungsminister Benny Gantz am 29. Dezember im Privathaus des israelischen Verteidigungsministers in Tel Aviv. Grund: Die Situation in den besetzten palästinensischen Gebieten steht angesichts der Missstände in der Westbank am Rande einer Explosion.
Laut Umfragen zeigten nur noch 14 Prozent der Palästinenser Sympathie für die Fatah-Partei von Mahmud Abbas. 2022: „ Der Status quo, der sich in der Besatzung, dem Ausbau israelischer Siedlungen und der mehr oder weniger fortgesetzten Sicherheitskooperation zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde widerspiegelt, könnte auf einmal zusammenbrechen und eine großangelegte Rebellion gegen Besatzer sowie die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland auslösen.“
https://de.rt.com/der-nahe-osten/129349-lage-im-westjordanland-droht-zu/

+ Westafrika. JungeWelt schreibt: „In Westafrika haben sich die Westeuropäer im vergangenen Jahrzehnt in eine Sackgasse geschossen und gebombt. Waren die Staaten im Süden der Sahara seit der sogenannten Unabhängigkeit 50 Jahre lang fragil, weil im neokolonialen Würgegriff Frankreichs, so sind sie heute in ihrer Existenz gefährdet. Je mehr Soldaten aus EU-Staaten in Mali und dessen Nachbarstaaten stationiert wurden, desto mehr Menschen wurden bei angeblich terroristischen Anschlägen in Niger, Tschad, Burkina Faso, Mali und Mauretanien ermordet – zwischen 4.000 und 6.000 jährlich. Die Wut in der Bevölkerung dieser Länder steigt, große Teile verlangen, dass die EU-Truppen die Region verlassen, Frankreich wird verdächtigt, den sogenannten Terroristen Hilfe zu leisten: Die Staaten der Region bleiben abhängig, solange sie nicht zur Ruhe kommen. So bleibt das Uran aus Niger billig, und der Investitionsvormarsch Chinas und Russlands wird gestoppt.
Fest steht auch hier: Wenn ein Truppenabzug verkündet wird wie von Frankreich im vergangenen Jahr, ist das derselbe Etikettenschwindel, den die USA im Irak betreiben. In »Sahelistan« ist an die Stelle von »Barkhane« eben »Takuba« getreten, eine Truppe, an der sich u. a. Estland, Dänemark, Schweden und Portugal beteiligen.“
https://www.jungewelt.de/artikel/417798.doppelherrschaft.html

+ Algerien/Marokko. JungeWelt schreibt: „Seit Marokko 2016 wieder der AU beitrat – es hatte die Vorläuferorganisation OAU 1984 aus Protest gegen die Aufnahme der Demokratischen Arabischen Republik Westsahara verlassen –, hat es eine Art Spaltungsprozess gegeben. Zwar hatte der Wiedereintritt Rabats auch etwas Positives, denn damit ging eine indirekte Anerkennung der weiterhin in der AU vertretenen und von Marokko besetzten Westsahara einher. Praktische Konsequenzen hatte das aber nicht. Das Königreich lehnt weiterhin die UN-Beschlüsse zu einer Volksabstimmung in den besetzten Regionen ab.“
https://www.jungewelt.de/artikel/417774.regionalb%C3%BCndnis-antiimperialistische-kraft.html