Samstag, 29. Mai 2021

Kurznachrichten Libyen - 26.05.2021

Libyen. Immer wieder die Forderung nach Dezemberwahlen, Abzug aller ausländischen militärischen Kräfte und Söldner und Nichteinmischung des Auslands.

Angelika Gutsche  

+ 17.05.: EU/Tripolis. Die EU-Mission hat ihr Büro in Tripolis wiedereröffnet.
https://www.libyaherald.com/2021/05/17/eu-reopens-its-mission-in-tripoli/

+ 17.05.: Türkei/Dabaiba. Mitglieder des Energieausschusses des Parlaments sandten im Namen der Mitarbeiter und Experten von General Electricity ein Memorandum an den GNU-Premierminister ad-Dabaiba und gaben bekannt, dass die Regierung die Zusammenarbeit mit dem türkischen Unternehmen Calik Energy einstellen und stattdessen einen Vertrag mit dem türkischen Unternehmen IKSA abschließen möchte, dessen Vertreter zufällig Ibrahim Ali Dabaiba, der Cousin des Premierministers, ist.
https://almarsad.co/en/2021/05/17/hors-energy-committee-warns-the-gnu-not-contract-turkish-company-iksa/1-11/

+ 18.05.: Außenministerin Mangoush forderte die USA auf, ihre Botschaft und ihr Konsulat in Tripolis und Bengasi wieder zu eröffnen, was eine positive Botschaft an die internationale Gemeinschaft senden würde. Sie betonte die Notwendigkeit, ausländische Einmischung zu beenden, Dienstleistungen für libysche Bürger zu erbringen, die Arbeitsaufnahme staatlicher Institutionen und eine umfassende nationale Aussöhnung einzuleiten.
Sie betonte, dass die Exekutivbehörde die notwendigen Voraussetzungen für die Abhaltung von Wahlen und die Stärkung der politischen Legitimität im Land schaffen müsse, indem sie Sicherheitsfragen anspreche, die nationale Souveränität über das gesamte libysche Territorium ausdehne und die Präsenz ausländischer Streitkräfte und Söldner beende.
Zu Palästina/Israel: „Wir erneuern unsere Position zur Unterstützung der palästinensischen Sache und verurteilen die Anwendung von Gewalt gegen die Palästinenser und wahren die Heiligkeit religiöser Heiligkeiten. Wir halten uns an die Resolution des Sicherheitsrates und die internationale Legitimität in besonders."
https://almarsad.co/en/2021/05/18/al-manqoush-must-unify-state-institutions-and-liberate-sovereign-decisions-from-coercion/

+ 18.05.: Deutsche Wirtschaft. An einem "Webinar" nahmen über 80 deutsche Unternehmen zum Thema „Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen in Libyen“ teil. Die Veranstaltung wurde von der Arabisch-Deutschen Kammer organisiert. Der deutsche Staatsminister Marco Wanderwitz und der deutsche Botschafter in Libyen, Oliver Owcza, waren dabei.
https://www.libyaherald.com/2021/05/19/webinar-held-involving-over-80-german-companies-interested-in-libyan-market-energy-health-and-education-dominated-discussion/

+ 19.05.: Der Parlamentarier Said Imgheib über Abdel-Hamid Dabaiba: "Ohne ehrliche Berater verfolgt der Premierminister der GNU den gleichen Ansatz wie sein Vorgänger [Sarradsch], indem er sich auf den Kauf von Loyalitäten und der Zahlung von Bestechungsgeldern verlässt, um an der Macht zu bleiben".
https://libyareview.com/12874/libyan-mp-prime-minister-lacks-honest-guidance/

+ 20.05.: Waffenschmuggel. Etwa 2.000 9-mm-Handfeuerwaffen wurden im Hafen von Misrata beschlagnahmt. Die Waffen waren auf der Rückseite in einem Container mit Frauenbekleidung versteckt.
https://www.libyaherald.com/2021/05/20/about-2000-smuggled-9mm-handguns-seized-at-misrata-port/

+ 20.05.: Brak-al-Shati-Massaker: Heute ist der 4. Jahrestag des Massakers von Brak asch-Schati, bei dem 141 Menschen ermordet wurden. Das libysche Parlament fordert erneut den UN-Generalstaatssanwalt auf, die Beteiligten der Misrata- und al-Zawija-Milizen zur Rechenschaft zu ziehen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1395224665971363844
https://twitter.com/LibyaReview/status/1394780927537123329
siehe auch: https://www.freitag.de/autoren/gela/misrata-brigade-begeht-massaker-an-soldaten

+ 20.05.: Sarkozy. Die Verhandlung gegen den früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy hat begonnen. Er wurde angeklagt, von Muammar al-Gaddafi 2007 Millionen in bar als Wahlkampfhilfe erhalten zu haben, was in Frankreich illegal ist. Sarkozy beteuert seine Unschuld.
https://libyareview.com/13141/sarkozy-on-trial-over-libyan-corruption-case/

+ 20.05.: EU/Migration. Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson erklärte, dass die EU Gespräche mit der libyschen Regierung über ein neues Migrationsabkommen führe.
https://libyareview.com/13110/eu-seeking-new-migration-deal-with-libya/

+ 21.05.: Tripolis/Milizen. Der libysche Militärbefehlshaber Ayoub Sahaab eröffnet das Feuer auf eine Familie in der libyschen Hauptstadt Tripolis.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1395739274687954958

+ 22.05.: UNSMIL/Türkei. Das türkische Außenministerium gab bekannt, dass der UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Ján Kubiš, auf Einladung des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu vom 22. bis 23. Mai 2021 Ankara besuchen wird.
https://almarsad.co/en/2021/05/22/jan-kubis-heads-to-turkey-to-discuss-political-settlement-in-libya/

+ 22.05.: Mord/Tripolis/Milizen. Milizen erschoss einen jungen Mann und verletzten seinen Vater in der Region Janzour westlich der Hauptstadt Tripolis. Libyen steht unter Schock, da sich durch die verschlechternde Sicherheitssituation in Tripolis Verbrechen häufen. Die Kriminalitätsraten und außergerichtlichen Tötungen sind in Rekordhöhe gestiegen. Der Leiter des Nationalen Komitees für Menschenrechte, Ahmed Hamza, sagte, dass der kaltblütige Mord das katastrophale Versagen des Innenministeriums beweise, Sicherheit, Stabilität und Ordnung aufrechtzuerhalten.
https://libyareview.com/13191/military-commander-kills-unarmed-man-in-libyan-capital/

+ 23.05.: Moslembruderschaft/Wahlen. Laut dem Politologen Mohamed ar-Raish hat das Libysche Politische Dialogforum (LPDF) den 24. Dezember als Datum für die Wahlen in Libyen festgelegt habe. Gegen diesen Plan steht jedoch die Moslembruderschaft, die darauf abzielt, den Zeitplan und den Prozess der Wahlen zu behindern.
https://almarsad.co/en/2021/05/23/al-raish-muslim-brotherhood-trying-to-obstruct-direct-presidential-elections/

+ 24.05.: Katar/Libyen. Der Vorsitzende des Präsidialrates, Mohamed al-Menfi, empfing den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Außenminister von Katar, Scheich Muhammad bin Abdul Rahman al-Thani, und seine begleitende Delegation.
https://almarsad.co/en/2021/05/24/president-al-menfi-and-qatari-foreign-minister-discuss-bilateral-ties-and-regional-issues/611352e4-6c4f-4fec-b7cc-7daee2dca595-2/

+ 25.05.: Katar/Ägypten. Katars Außenminister Scheich Mohamed bin Abdulrahman Al-Thani kam zu einem zweitägigen Besuch nach Kairo, um sich mit seinem ägyptischen Amtskollegen Sameh Shoukry zu treffen und die Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit zu erörtern. Thema sind auch die Situation in Libyen und Palästina.
https://libyareview.com/13286/qatari-egyptian-foreign-ministers-discuss-developments-in-libya/

+ 26.05.: Stromversorgung. Laut der General Electricity Company (GECOL) hat eine von Bahri Musa Bahri angeführte bewaffnete Gruppe die Transformatorstation bei Sebah gestürmt habe. GECOL warnte vor einem vollständigen Stromausfall in der Stadt. Die GECOL-Mitarbeiter würden bedroht und eingeschüchtert und an ihrer Arbeit behindert.
https://libyareview.com/13317/power-outage-fear-as-armed-group-break-into-sebhas-electricity-station/

+ 26.05.: LPDF. Es beginnt ein zweitägiges virtuelles Treffen des Libyschen Forums für politischen Dialog (LPDF). Die Sitzungen werden live übertragen.
https://www.libyaherald.com/2021/05/26/the-unsmil-facilitated-libyan-political-dialogue-forum-lpdf-virtual-meeting-started-today-and-is-being-transmitted-live/

+ 26.05.: Italien/Frankreich. Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi traf am Dienstag in Brüssel am Rande des Treffens des Europäischen Rates mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zusammen und erörterte die aktuellen Entwicklungen in Libyen und die Aussichten auf Frieden.
https://almarsad.co/en/2021/05/26/draghi-discusses-with-macron-the-prospects-for-stability-in-libya/

+ 26.05.: Migration.
Die NGO Proactiva Open Arms veröffentlichte Fotos von ertrunkenen Migranten, darunter auch Kindern, die versucht hatten, über das Mittelmeer von Libyen nach Europa zu gelangen, und an der libysche Küste angeschwemmt worden waren. Der italienische Premierminister Mario Draghi kommentierte die Fotos wie folgt: „Bilder von Körpern von Babys und Kleinkindern, die an einem Strand in Libyen angespült wurden, sind inakzeptabel.“
https://libyareview.com/13320/drowned-migrants-wash-up-on-libyan-beach-after-shipwreck/
Und was denkt Herr Draghi dagegen zu unternehmen?

+ 26.05.: Wirtschaft. Der Libyan Business Council (LBC) gab gestern bekannt, dass er ein Abkommen (Memorandum of Understanding/MoU) mit der Union der ukrainischen Industriellen und Bauunternehmer unterzeichnet hat.
https://www.libyaherald.com/2021/05/26/lbc-signs-mou-with-ukraine-union-of-industrialists-and-contractors/
Ausgerechnet die Ukraine!Mit der kann es die Türkei ja auch sehr gut.

Andere Länder:

+ 21.05.: Palästina/Arabische Staaten. TheGuardian schreibt: "Zum ersten Mal kommt es zu einer Spaltung der arabischen Staaten wegen der Weigerung von UAE, Bahrain, Marokko und Sudan, die Angriffe Israels auf Gaza zu verurteilen. In diesen Ländern wächst der Konflikt mit der eigenen Bevölkerung."
https://www.theguardian.com/world/2021/may/17/arab-states-split-for-first-time-on-refusal-to-condemn-israel-over-gaza?utm_term=Autofeed&CMP=soc_568&utm_medium=Social&utm_source=Twitter#Echobox=1621284456
In Falle des neusten Palästina-Israel-Kriegs muss es heißen: Bevölkerungen toppen Regierungen. Dem einfachen Menschen ist es egal, mit wem sich die arabischen Herrscherhäuser aus Gründen des eigenen Machterhalts und Politkalküls gerade verbündet haben oder mit wem sie ihre Feindschaften pflegen, ob VAE nun mit Israel kann oder die Hamas von Katar und der Türkei unterstützt wird. Auf der ganzen Welt sieht man die Not und das Leiden der palästinensischen Menschen in Gaza und in den besetzten Gebieten sowie in Ostjerusalem und empört sich. Dies ist keinesfalls gleichzusetzen mit einer Solidarisierung mit Hamas, der Türkei, Katar oder der Moslembruderschaft. Hier geht es um Solidarität mit der geschundenen palästinensischen Bevölkerung.
Das weiß Israel und das weiß die Hamas, dass sich dieser Krieg nicht mehr in ihrem Sinne instrumentalisieren ließ, sondern aus dem Ruder zu laufen drohte, weil die Straße sprach - solidarisch, laut und weltweit.

+ 21.05.: "Nach dem Waffenstillstand: Netanjahu und Hamas erklären sich zum Sieger" - Interview mitMoshe Zuckermann
https://www.buchkomplizen.de/blog/aktuelles/nach-dem-waffenstillstand-netanjahu-und-hamas-erklaeren-sich-zum-sieger/

+ 26.05. Syrien/Wahlen. Deutschland untersagt Syrern Beteiligung an syrischen Wahlen. Artikel von Karin Leukefeld.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=72791#more-72791
Ach wie sind wir doch demokratisch!

26.05.2021

 

 

Dienstag, 25. Mai 2021

Die letzte Schlacht des Wüstencowboys

Am Wochenende des 17./18. April 2021 verstarb der tschadische Präsident Idriss Déby – so wie er gelebt hatte: als Soldat auf dem Schlachtfeld bei der Bekämpfung bewaffneter Rebellen. Die Zukunft des Landes ist ungewiß.

 

24.4.2021. Am Mittag des 20. April gab das tschadische Militär in einer kurzen Stellungnahme bekannt, daß der seit 1990 regierende Staatspräsident Idriss Déby an der Front beim Kampf gegen die bewaffneten Rebellen der „Front für Wandel und Eintracht im Tschad“ (FACT) getötet worden sei.

„Er übernahm die Leitung der Operationen beim heroischen Kampf gegen die terroristischen Horden, er wurde bei den Gefechten verwundet und hauchte die Seele aus, als er nach N'Djamena zurückgebracht worden war“, erklärte die Armee.

Dies war im Prinzip für Déby nichts Ungewöhnliches. In seiner 30-jährigen Amtszeit als Staatspräsident und Oberkommandierender der Streitkräfte schien er sich immer für den zweiten genannten Job mehr zu interessieren als für den ersten.

Auch nun hatte er mit sagenumwobenen 79,3% die Präsidentschaftswahlen am 11. April gewonnen. Der Zweiplatzierte, sein ehemaliger Regierungschef Albert Pahimi Padacké vom zeitweiligen Koalitionspartner RNDT (Nationale Sammlung für Demokratie im Tschad) bekam gerade mal 10,3%, die meisten oppositionellen Kandidaten boykottierten die Wahl, weil sie kaum Wahlkampf machen durften.

Eine Woche brauchte die Wahlkommission um das Ergebnis auszuzählen (andere sagen: zusammenzuschustern). Doch am Wahltag selbst waren die FACT-Rebellen ins Land eingedrungen, um den Präsidenten zu stürzen. Nach einigen Gefechten mit der Armee wurden die Reihen der FACT zwar ausgedünnt, aber aufzuhalten schien sie nicht. Eine Angelegenheit also, um die sich der „Wüstencowboy“, wie ihn seine französischen Gönner aufgrund von Débys Tollkühnheit und Entschlossenheit nannten, persönlich kümmern mußte! Er sagte seine Siegesrede kurzerhand hab, brauste an die Front, schwang sich auf ein Einsatzfahrzeug und bretterte als Feldkommandant in die Schlacht, wo ihn kurz darauf eine Kugel in die Brust traf! Der Schock für die Armee und selbst für das Volk saß tief! Déby hatte so viele Gefechte geführt, so oft ging es mehr als knapp für ihn zu, doch besiegt werden, war für ihn keine Option. Der „grandiose Nichtunterzukriegende“ nannten die Tschader ihren Präsidenten – wohl so ein ähnlich zweifelhafter Ehrentitel wie in Deutschland „Gröfaz“.

Aber schließlich hatte Déby so viele Gefechte und Umsturzversuche – oft äußerst knapp – überstanden, daß seine Standhaftigkeit zur Legende wurde.

So kommandierte er 2008 ungerührt seine letzten 2.000 loyalen Soldaten (die Armee befand sich teilweise schon in Auflösung) gegen ebenfalls mehrere Tausend in die Hauptstadt N´Djamena eingedrungenen schwer bewaffneten Rebellen, welche sich bis auf wenige hundert Meter an den Präsidentenpalast herangekämpft hatten. Das Angebot der Franzosen, ihn auszufliegen, lehnte er ab. Déby wußte, daß die Zeit für ihn spielte. Der Hauptstadtflughafen wurde von den französischen Soldaten gehalten, um Ausländer zu evakuieren. Aus dem Libyen Muammar al-Ghaddafis waren Flugzeuge mit Munitionsnachschub unterwegs und in der sudanesischen Grenz- und Bürgerkriegsprovinz Darfur hatte sich die von Tschad unterstützte Rebellengruppe Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM) mit ihren Pick Ups in Marsch gesetzt, um den bedrängten Déby zu unterstützen. Die tschadischen Truppen kappten den Rebellen in der Hauptstadt die Nachschubverbindungen und schon bald ging ihnen der Sprit aus. Mit Hilfe der JEM wurden sie dann vollständig besiegt.

Mehr Soldat als Politiker

Déby wurde an französischen Militärschulen zum Offizier und Hubschrauberkampfpiloten ausgebildet. Sein militärisches Geschick und strategisches Können sowie sein Wagemut galten damals schon als legendär und seine französischen Ausbilder gaben ihm deshalb den Beinamen „Wüstencowboy“.

In den 80iger Jahren diente Déby als Sicherheitsberater des damaligen Diktators Hissené Habre, bis sich die beiden nach ein paar Jahren zerstritten.

In der Nacht vom 1. auf den 2. April versuchten Déby und Hassan Djamouss, ebenfalls ein hoher Offizier aus dem Volk der kleinen Zaghawa-Minderheit, den Tyrannen umzubringen. Der Versuch scheiterte und beide mußten fliehen. Déby und Djamouss galten bereits zu dieser Zeit als legendäre Kriegshelden, welche die letzten Seriensiege gegen die überlegene libysche Armee errungen hatten.

Auch hier hatte Déby wieder unverschämtes Glück. Nach dem mißlungenen Putschversuch wurde er auf der Flucht verwundet und konnte bis in den Sudan fliehen, während Djamouss gefangengenommen und von Habrés Armee zu Tode gefoltert wurde.

Déby vollzog wieder eine seiner taktischen Wendungen, flog nach Tripolis zu Libyens Revolutionsführer Muammar al-Ghaddafi um Hilfe für einen Feldzug gegen das tschadische Regime zu erbitten. Als Mitbringsel übergab er dem Libyer Informationen über seinen Erzfeind Khalifa al-Haftar, einen hochrangigen libyschen General der Interventionstruppen im Tschad, welcher die Fronten gewechselt hatte, nachdem er in Gefangenschaft geraten war und nun eine CIA-finanzierte Widerstandsbewegung gegen Ghaddafi führte. Déby war Habrés Verbindungsmann zu Haftar gewesen.

Drei Feldzüge startete Déby gegen die Hauptstadt mit seiner Rebellenbewegung, die er Patriotische Heilsbewegung (MPS) nannte. Der dritte Angriff im Dezember 1990 war erfolgreich, Habré gab auf und floh. Auch die Franzosen schienen damals erkannt zu haben, daß Dèby eher der Mann war, der den tschadischen Konflikt entwirren könnte. Er verbesserte die Beziehungen zu Libyen und zum Sudan, ohne die engen Bindungen an Frankreich zu lösen. Haftars Widerstandsgruppe wurde aber nicht nach Tripolis ausgeliefert, sondern Déby erlaubte den USA die Kämpfer auszufliegen. Eine Entscheidung, die sich nach dem Sturz Ghaddafis noch einmal bezahlt machen sollte...

 

Nach der Machtübernahme leitete Déby eine Nationalkonferenz mit allen relevanten politischen und gesellschaftlichen Akteuren ein zur Ausarbeitung einer Verfassung. Es wurden Oppositionsparteien und unabhängige Medien zugelassen. Doch schon damals hatte man den Eindruck, der neue Präsident verschleppe die Reformen. Zu den ersten freien Wahlen kam es erst 1996 – das erste und letzte Mal übrigens, daß Déby in eine Stichwahl mußte. Später „organisierte“ seine Wahlsiege im ersten Durchgang.

 

Das Mehrparteiensystem und freie Medien, die aber beide über die Jahre immer wieder mehr beschränkt wurden, sind Débys wichtigstes Erbe. Nicht für ihn, aber für die Bevölkerung. In Sachen Entwicklungspolitik tat sich in den letzten 30 Jahren kaum etwas. Die Zahlen, welchen den Zugang zu Trinkwasser oder sanitären Einrichtungen markieren, gingen in den letzten Jahren sogar zurück – offenbar, weil sie nicht mit dem Ansteigen der Bevölkerungszahlen Schritt hielten.

 

Man konnte den Eindruck gewinnen, das Führen von Kriegen war diesem Militär-Präsidenten wichtiger, als die Entwicklung des eigenen Landes zu fördern. Gelder aus den spärlichen Erdöleinnahmen flossen zu großen Teilen in die Armee, Débys Steckenpferd.

 

Wenn es keinen Krieg im eigenen Land gab, wurde einer gesucht. Tschadische Truppen kämpften in Nigeria, in Mali, im Niger, im Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, in Kamerun und in Libyen, wo der Tschad das einzige Land war, welches dem 2011 von der NATO angegriffen Ghaddafi direkte militärische Unterstützung gab.

 

Nach dessen Sturz verbündete sich Déby aber mit dem säkularen General Khalifa al-Haftar, welcher den Osten Libyens kontrollierte und dort gegen militante Islamisten vorging.

 

Mit Hilfe französischer und US-amerikanischer Ausbilder wurde die tschadische Armee zu einer der schlagkräftigsten der Region ausgebaut. Obwohl sie insgesamt nur rund 25.000 Mann zählte, mußte sie vor ein paar Jahren auch im „taumelnden Riesen“ Nigeria einrücken, um die islamistische Terror-Armee „Boko Haram“ zu bekämpfen, wozu die auf dem Papier viel mächtigere nigerianische Truppe nicht in der Lage war.

 

Déby erklärte damals öffentlich, daß Tschad seit Wochen auf nigerianischem Gebiet Krieg gegen Boko Haram führe, aber seine Truppen noch nicht einen einzigen nigerianischen Soldaten zu Gesicht bekommen hätten.

 

Er schaffte es mit der militärischen Unterstützung diverser westlicher „Anti-Terror-Missionen“, wie z.B. jene in Mali, für den Westen unverzichtbar zu werden. Die Initiative „G5 Sahel“, ein Bündnis aus Mauretanien, Mali, Tschad, Niger und Burkina Faso, welches sich Entwicklung, Armutsbekämpfung und Förderung der Sicherheit der Wüstenregion zum Ziel gesetzt hatte, schuf eine eigene 5.000 Mann starke Eingreiftruppe, welche der zunehmenden Ausbreitung regionaler islamistischer Terrormilizen einen Riegel vorschieben sollte. Auch hier stellte der Tschad den Großteil der Soldaten.

Dadurch ließ Paris dem „Boss des Sahel“, wie Déby sich zum Schluß sich selbst gern nannte, nahezu alles durchgehen.

 

Seit dem Sturz Ghaddafis in Libyen galt der Tschad, wie auch der Niger, als ein „Schlüsselland“ bei der Bekämpfung der „illegalen“ Migrationen nach Europa. Déby wußte, je mehr der Westen sich auf ihn verließ, desto mehr konnte er sich in Sachen Menschenrechten und Machtsicherung erlauben. Seine letzten Regierungsjahre waren gekennzeichnet von zunehmender Unterdrückung der Opposition und dem Ausbau der eigenen Macht. Während er der Opposition mit Verweis auf die Corona-Lage eigene  Kundgebungen verbot und zeitweilig die sozialen Netzwerke im Internet abschalten ließ, um die Organisation des zivilen Widerstandes gegen sein Regime zu erschweren, ließen er und seine zur Partei umgeformte MPS Wahlkampfkundgebungen im ganzen Land abhalten.

 

Eine Verfassungsänderung, welche er zuvor per Volksentscheid legitimieren ließ, sorgte nicht nur für die Abschaffung der Ämter des Premierministers und des Vizepräsidenten, was ihm die Konzentration weiterer Macht in seinen Händen ermöglichte. 2018 (?) ließ sich Déby vom Parlament zum einzigen Marschall des Tschad ernennten, einen Titel, der ihm laut eigener Aussage wegen seiner (durchaus herausragenden) „Verdienste an der Waffe“ (O-Ton) zustünde.

 

Zwar sicherte sich Déby mit der Verfassungsänderung weitere Amtszeiten, doch die Abschaffung des Ministerpräsidenten, den er regelmäßig auswechselte und dem er quasi die Schuld für Regierungsversagen in die Schuhe schieben konnte, war ein taktischer Fehler. Nun war der Präsident selbst für alle Fehlentscheidungen in der Regierung verantwortlich. Offenbar war sich Déby am Ende seiner Herrschaft seiner Sache zu sicher.

 

Als Bilanz seiner 30-jährigen Herrschaft kann man zusammenfassen, daß Déby durch seine Schaukelpolitik dem notorischen Unruheherd Tschad einen labilen Frieden bewahrte, aber nicht in der Lage war, trotz der Erdöleinnahmen für eine nachhaltige Entwicklung des Landes zu sorgen.

 

Nach seinem Tod übernahm eine Militärjunta die Macht und setzte Débys Sohn Mahamat, selbst General und Kommandeur einer Eliteeinheit, als Präsidenten ein. Dieser plant das Land 18 Monate zu regieren und danach Wahlen abhalten zu lassen, wogegen die Opposition Sturm läuft. Nach der Verfassung hätte der Parlamentschef das Präsidentenamt übernehmen und innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen einleiten müssen.

Um die Opposition zu beschwichtigen ernannte Déby jr. nun Albert Pahimi Padacké, den Gegenkandidaten seines Vaters bei der letzten Wahl, zum Premierminister.

 

Kay Hanisch

Mai 2021

 

 

 

 

 

Donnerstag, 20. Mai 2021

Kurznachrichten Libyen – 17.05.2021

Libyen. Moslembruderschaft erkennt neuen Geheimdienstchef nicht an / Im Juni 2. Berliner Libyen-Konferenz geplant / Palästina-Israel-Konflikt

Angelika Gutsche |

+ 16.05.: Neuer Geheimdienstchef. Der Streit um die Ernennung des neuen Geheimdienstchefs Generalmajor Hussein al-Ayeb geht weiter. Der alte Geheimdienstchef des westlichen Libyens, Umad at-Trabelsi, weigert sich mit Hilfe seiner Milizen, das Hauptquartier an al-Ayeb zu übergeben und ihm die Akten auszuhändigen. Al-Ayeb arbeitet derzeit noch außerhalb des Geheimdienstquartiers.
Hinter Trabelsi steht die Moslembruderschaft, die sich gegen die Ernennung von Ayeb ausgesprochen hat.
https://almarsad.co/en/2021/05/16/al-ghazal-muslim-brotherhood-supports-refusal-to-hand-over-files-to-new-intel-chief/

+ 14.05.: Türkisches Militär. Die italienische Radarseite ItaMilRadar, die auf die Überwachung von Militärflugzeugen spezialisiert ist, berichtete, dass ein türkisches Militärfrachtflugzeug am Donnerstag im Westen Libyens gelandet ist. Ihr Ziel dürfte der von der Türkei kontrollierte Militärstützpunkt al-Watiya gewesen sein. Die Türkei wurde von der libyschen Außenministerin aufgefordert, alle Söldner und militärischen Kräfte aus Libyen abzuziehen.
https://libyareview.com/12763/itamilradar-turkish-military-aircraft-lands-in-western-libya/

+ 15.05.: UN/Ausländisches Militär. In einem Bericht für den UN-Sicherheitsrat sagte UN-Generalsekretär Guterres, dass weiterhin Verteidigungspositionen entlang der Achse Sirte-Dschufra ausgebaut werden und dass sich nach wie vor ausländische Söldner und Militärs in Libyen befinden. Es seien Luftaktivitäten auf verschiedenen Militärstützpunkten zu beobachten. Nach Angaben von UN-Diplomaten wird die Zahl der ausländischen Militärs und Söldner in Libyen auf mehr als 20.000 geschätzt, darunter 13.000 Syrer und 11.000 Sudanesen sowie mehrere hundert Türken.
https://libyareview.com/12787/un-secretary-general-no-reduction-of-foreign-fighters-in-libya/

+ 17.05.: Libysche Nationalarmee (LNA). LNA-Sprecher Generalmajor al-Mismari forderte die Auflösung der Milizen im Land und betonte, dass die libysche Armee weiterhin gegen ‚Terroristen‘ kämpfen werde. „Libyen kann nur mit einer starken Armee stark sein, das zeigt sich in der Stadt Bengasi durch die Anwesenheit einer von der LNA geschützten Polizeitruppe. Die Sicherheits- und Exekutivdienste arbeiten dort Seite an Seite“.
https://libyareview.com/12836/libyan-army-we-will-continue-to-fight-terrorism/

16.05.: Migration. Über 650 Personen wurden von der libyschen Küstenwache zurück nach Tripolis gebracht. Sie waren in vier Schlauchbooten von Zuwara aus in Richtung Italien in See gestochen.
https://twitter.com/UNHCRLibya/status/1394084709714497540

+ 13.05.: Berlin-Konferenz II. Das deutsche Außenministerium teilte mit, dass eine internationale Außenministerkonferenz zu Libyen in der zweiten Junihälfte in Berlin stattfinden soll.
Im Januar 2020 fand die erste Berliner Libyen-Konferenz statt.
https://libyareview.com/12755/second-berlin-conference-on-libya-to-be-held-in-june/

+ 17.05.: Türkei/Libanon. Wie Reuters berichtete, will die türkische Firma Karpowership, die den Libanon von zwei schwimmenden E-Werken aus mit Strom versorgt, die Stromlieferungen wegen ausstehender Zahlungen und rechtlicher Bedenken einstellen. Der Libanon könnte in totaler Dunkelheit versinken.
https://almarsad.co/en/2021/05/17/turkeys-karpowership-shuts-down-power-to-lebanon-as-country-faces-economic-and-electricity-crisis/

+ 15.05.: Palästina/Libysches Parlament. Libysche Parlamentarier verurteilten die israelische Aggression gegen palästinensische Zivilisten und die Schändung religiöser Stätten in Ost-Jerusalem. Sie prangerten die israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen an und kritisierten die israelische Siedlungspolitik auf besetztem palästinensischen Territorium und forderten, die Rechte des palästinensischen Volkes in Jerusalem zu garantieren.
Sie verurteilten auch die arabischen und islamischen Länder dafür, dass sie den Palästinensern in den besetzten Gebieten keine Unterstützung gewährten. Es werde versäumt, Israel bei den Vereinten Nationen zu verurteilen. Dies gebe ihm für weitere Verbrechen grünes Licht.
Die Parlamentarier forderten die GNU und den Präsidialrat dazu auf, Gespräche mit allen arabischen und islamischen Ländern zu führen, um eine gemeinsame Haltung einzunehmen, um die brutale israelische Aggression gegen das palästinensische Volk zu stoppen.
Die ‚internationale Gemeinschaft‘ müsse dringend Maßnahmen ergreifen, um die Eskalation der Gewalt gegen die Palästinenser in Jerusalem zu stoppen, ihnen den notwendigen Schutz gewähren. Ihr Recht auf freie Religionsausübung müsse gewahrt bleiben.
An drei Tagen hintereinander kam es auch in Libyen zu Demonstrationen, bei der die Menschen ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk zum Ausdruck brachten.
https://libyareview.com/12789/libyan-parliament-condemns-israeli-violence-against-palestinians/

+ 17.05.: Palästina/Al-Mangusch. Außenministerin Najla al-Mangusch hat die Außenminister der Mitgliedsstaaten der Organisation der Islamischen Zusammenarbeit (OIC) aufgerufen, eine klare Warnung an Israel auszusprechen. Die ‚internationale Gemeinschaft‘ müsse darauf hingewiesen werden, dass die Fortsetzung ihres Schweigens und die Verzögerung von entschlossenen Maßnahmen gegen die Angriffe der Besatzungstruppen gleichbedeutend mit grünem Licht für die weitere Tötung des palästinensischen Volkes sei. Das Schweigen würde die Intensität der Gewalt und des Blutvergießens erhöhen und für die Region und die gesamte Welt schlimme Konsequenzen nach sich ziehen. Jetzt seien Taten gefordert. Der UN-Sicherheitsrat müsse Verantwortung übernehmen.
OIC und die Arabische Liga wurden aufgerufen, koordiniert dem palästinensischen Volk Hilfe zu leisten.
https://libyareview.com/12822/libyan-fm-calls-for-unified-islamic-voice-against-israeli-violence-in-palestine/

+ 17.05.: UN-Sicherheitsrat/USA. Die USA blockieren „zum dritten Mal innerhalb einer Woche eine gemeinsame Erklärung des UN-Sicherheitsrates, in der ein sofortiger Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas gefordert wird.“
https://de.rt.com/der-nahe-osten/117623-usa-blockieren-erklaerung-sicherheitsrates-fuer-waffenruhe-zwischen-israelis-und-palaestinenser/

+ 15.05.: Palästina/Israel. Bericht aus Gaza von Abed Shokry: „Wir dachten, dass der Tag des Jüngsten Gerichts nun Wirklichkeit wird. Denn mal sind es 80 und mal sind es 160 Flugzeuge, die den 365 km2 großen Gazastreifen zeitgleich mit Hunderten von Raketen beschießen. Die Marine macht mit und die Bodenpanzer direkt an der Grenze geben uns den Rest. Das ist so grauenhaft und so unmenschlich. Was wir erleben, übertrifft alles, was man sich vorstellen kann. Um 6.00 Uhr morgens gab es gestern 80 Bombardierungen im Umkreis von zwei Kilometern in fünf Minuten. Unsere Kinder schrien vor Angst. Und ich hoffte so sehr, dass die Bomben nicht allzu nahe einschlagen: Denn splitternde Fenster und einstürzende Mauern würden sehr schnell zu Verletzungen führen.“
Und: „Wir wollen nicht unter Besatzung leben. Wir wollen frei sein. Wir wollen über unser Leben selbst bestimmen. Wir wollen gleichbehandelt werden, wie alle Menschen in einer freien Welt.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=72456#more-72456

+ 17.05.: Palästina/Israel. Neues von Abed Shokry aus Gaza: „Wie rechtfertigt der Staat Israel mit amerikanischer und deutscher Unterstützung, Zivilisten kaltblütig zu ermorden, indem man ihre Häuser mit F 35 Flugzeugen nachts bombardiert, während sie geschlafen haben und ohne sie vorzuwarnen. Stell(t)en diese Familien eine Gefahr für die Sicherheit des Staates Israels dar? Oder waren sie im Schlaf an aktiven Handlungen gegen Israel beteiligt? Oder wurden Raketen von diesen Häusern abgefeuert? Oder gehen die Tunnel der Widerstandsbewegungen durch die fünfte Etage oder 14. Etage?
Das Dilemma ist, dass die Weltgemeinschaft diesen israelischen Lügen Glauben schenkt. Was ist mit den Zerstörungen des Arbeitsministeriums und des Ministeriums für soziale Entwicklung (Sozialamt)? Was ist mit den Zerstörungen von Straßen, Schulen, Moscheen, Postämtern, Banken?
Bringen diese Zerstörungen ihnen und uns Frieden??? Gestern waren 200 Flugzeuge im Einsatz, nach israelischen Angaben….
Mein Sohn (11 Jahre alt) fragte mich, warum können wir nichts gegen diese Zerstörungsflugzeuge unternehmen??? Ich habe ihm gesagt, wir haben NICHTS….“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=72495

+ 17.05.: Palästina. Video (Vorsicht, Gewalt): https://twitter.com/MLNA2021/status/1394148191344500737

+ 17.05.: Palästina. „Wenn Du als Mensch bezeichnet werden möchtest, bist Du bei den Palästinensern. Aus den gleichen Gründen, aus denen Du damals bei den Juden sein musstest.“
https://twitter.com/MLNA2021/status/1394129192992841736

In eigener Sache: Reisebedingt werden die nächsten Wochen keine „Kurznachrichten Libyen“ erscheinen. Ich werde aber versuchen, meine Leser über wichtige Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

17.05.2021

 

 

 

LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".

Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Ex-NATO-Generalsekretär kommt mit Verschwörungstheorien über deutsche Bundestagswahl

15.5.2021. Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmusen verwirrt die europäische Öffentlichkeit derzeit mit der kruden Verschwörungstheorie Rußland wolle die deutschen Bundestagswahlen beeinflußen ohne genau zu erklären, wie das denn überhaupt funktionieren soll. Rasmussen vertrat bereits frühere hanebüchene Positionen wie z.B., daß das libysche Staatsoberhaupt Muammar al-Ghaddafi sein eigenes Volk bombardieren lasse – eine Lüge, die nur dazu diente, einen Vorwand für den NATO-Überfall auf Libyen im Jahr 2011 zu finden.

 

 

Libyen: Außenministerin fordert Abzug türkischer Truppen

15.5.2021. Die neue libysche Außenministerin Najla al-Mangoush forderte bei einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu den Abzug aller ausländischen Truppen und Kämpfer aus Libyen, so wie es in den internationalen Vereinbarung zur Befriedung des Landes vorgesehen ist. Dies brachte nicht nur Widerspruch aus der Türkei ein, die sich mit Truppen in dem schwachen Staat eingenistet hat, sondern auch einen Shitstorm von islamistischen Terrorbanden und der Moslembrüder mit ihren Seilschaften, welche ihre Macht im Schatten der türkischen Besatzungstruppen ausgebaut haben.

 

 


Weißrußland: Pro-westlicher Putschversuch verhindert!

7.5.2021. Der weißrussische Geheimdienst hat mitgeteilt, daß für den 9. Mai, den Tag der Siegesfeier über Nazi-Deutschland bei der Parade ein Anschlag auf Präsident Alexander Lukaschenko geplant war, bei dem der Präsident und seine Familie sowie auch „alle hochgestellten Führungsmitglieder“ des Landes ermordet werden sollten, die Stromversorgung im Land gekappt, um eine schnelle Reaktion der Sicherheitskräfte zu verhindern, ein bewaffneter Aufstand organisiert und natürlich – nach dem üblichen Muster der Farbrevolutionen — Menschen auf die Straßen gebracht werden sollten. Der Plan solle aus dem westlichen Ausland finanziert worden sein und war weit fortgeschritten (u.a. waren bereits Bestechungsgelder an die Schlüsselfiguren geflossen) – der rußlandfreundliche Präsident Alexander Lukaschenko, der eine Politik der nationalen Unabhängigkeit betreibt, ist dem Westen ein Dorn im Auge und soll durch einen EU- und US-freundlichen Statthalter ersetzt werden.

 

 

 

Ablösung im Tschad: Auf Idriss Déby folgt Mahamat Idriss Déby

26.4.2021. Nachdem der tschadische Präsident Idriss Déby (seit 1990) erst eine Woche zuvor mit knapp 80% seine Wiederwahl verbuchen konnte, ist er eine Woche später überraschend durch eine Kugel der Rebellenbewegung FACT an der Front gestorben – er konnte es nicht lassen als alter Soldat wie so oft seine Verbände als Feldkommandant selbst in die Schlacht zu führen. Lange Jahre hatte er dabei oft unverschämtes Glück und sprang dem Tod oft nur knapp von der Schippe – nun übernahm ein Militärrat für 18 Monate die Macht und ernannte seinen Sohn Mahamat Idriss Déby, einen 37-jährigen Vier-Sterne-General und Kommandeur einer Eliteeinheit, als Präsidenten.

(Siehe hierzu der Nachruf auf Idriss Déby)

 

Montag, 17. Mai 2021

 

Lockerbie: Neue Beweise unerwünscht

Libyen/Lockerbie. Die Begründung für die Ablehung der Berufung durch die Familie Megrahi jetzt veröffentlicht

Angelika Gutsche  

Wie bereits berichtet, ist die Familie des wegen des Lockerbie-Absturzes verurteilten Libyers Abdelbasit Megrahi mit ihrem Antrag, gegen die 2001 erfolgte Verurteilung von Megrahi posthum in Berufung zu gehen, gescheitert.[1] Im April veröffentlichte die britische Times die Urteilsbegründung.[2]

Am 21. Dezember 1988 stürzte eine Boeing 747 auf dem Weg von London nach New York kurz nach ihrem Start über dem schottischen Lockerbie ab. Es fanden 270 Menschen den Tod. Am 31. Januar 2001 fällte ein schottischer Gerichtshof, der in den Niederlanden tagte, sein Urteil über zwei Libyer: Einer davon, Lamin Khalifa Fhimah, wurde freigesprochen, der andere, Abdelbasit Megrahi, der Sicherheitschef von Libyan Arab Airlines, wurde des Mordes für schuldig erklärt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen einer fortgeschrittenen Krebserkrankung wurde Megrahi 2009 aus der Haft entlassen und verstarb später in Libyen. Bis zu seinem Tod hat Megrahi seine Unschuld beteuert.

Die Familie Megrahi versuchte, auf der Grundlage neuer Beweise und wegen des offensichtlichen Vorliegens eines Justizirrtums, gegen das Urteil des Jahres 2001 in Berufung zu gehen. Am 11. März 2020 entschied die Schottische Kommission zur Überprüfung von Kriminalfällen (Scottish Criminal Cases Review Commission - SCCRC), dass die posthume Berufung der Familie Megrahi beim Höchsten Schottischen Strafgericht (High Court of Justiciary) gegen das damalige Urteil zulässig sei, da Hinweise auf einen möglichen Justizirrtum unter anderem aufgrund eines „unangemessenen Urteils“ vorlägen. Doch am 15. Januar 2021 bestätigte der Oberste Richter des Berufungsgerichts den Schuldspruch des Erstgerichts und schmetterte damit das Berufungsersuchen der Familie Megrahi ab. Diese will nun vor den britischen Obersten Gerichtshof (Supreme Court) ziehen, um das Urteil von 2001 anzufechten.

In dem Berufungsersuchen spielten geheim gehaltene Dokumente eine Rolle, die vermutlich von König Hussein von Jordanien nach dem Lockerbie-Anschlag von 1988 an die britische Regierung geschickt worden waren. Diese Dokumente wurden nicht freigegeben, weil sie der nationalen Sicherheit Großbritanniens schaden könnten. Diesbezüglich kam das Gericht zu dem Schluss, dass die jordanischen Dokumente der Verteidigung nicht nutzen würden, auch wenn sie Kenntnis davon hätte. Das Gericht äußerte sich rein juristisch, nahm zu den neuen Beweismitteln und Erkenntnissen, die die Verteidigung zusammengetragen hatte, nicht einmal Stellung.

Ludwig De Braeckleer[3], der sich seit vielen Jahren mit dem Fall Lockerbie beschäftigt und seine Recherchen auf seinem Blog Inteltoday veröffentlicht, sagt der Familie Megrahi aufgrund der nun veröffentlichten Begründung des Gerichts ein erneutes Scheitern auch vor dem britischen Supreme Court voraus.[4] Ebenso sei eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht erfolgversprechend, denn eine gerichtliche Klärung des Lockerbie-Falles sei niemals zu erwarten.

In seinen Lockerbie-Artikeln, die unter dem Titel „J’accuse...“[5] auf Inteltoday veröffentlicht sind, zerlegt De Braeckleer die Lockerbie-Anklage gegen den Libyer Megrahi. Darüber, was den Absturz der Boeing 747 über Lockerbie verursachte, gibt es verschiedene Theorien. Die unwahrscheinlichste von allen ist, dass Megrahi und Libyen etwas damit zu tun haben. Und doch war ein Libyer der einzige, der jemals in der Sache Lockerbie verurteilt wurde.

Das Gerichtsurteil von 2001 und dessen Begründung strotzen vor Ungereimtheiten und Fehlern, so ist schon im ersten Satz ein falsches Datum angegeben. Es heißt dort: „Um 19:03 Uhr am 22. Dezember 1988 stürzte PanAm-Flug 103 vom Himmel.“ Nun, der PanAm-Flug 103 stürzte am 21. Dezember 1988 vom Himmel. Dieses falsche Datum wird prompt noch am 15. Januar 2021 von der offiziellen Website Judiciary of Scotland übernommen. Dort ist wiederum falsch zu lesen: „Das Flugzeug zerschellte am 22. Dezember 1988 über der Stadt Lockerbie.“

Die während des Prozessverlaufes 2001 vorgelegten Beweise bewegen sich weiter auf ähnlich unterirdischem Niveau. Und so verwundert es nicht, dass die britische Regierung am 2. November 2016 beschloss, alle Untersuchungsberichte zum Lockerbie-Fall von Januar 1990 bis Dezember 1992 bis mindestens 2026 und möglicher Weise darüber hinaus unter Verschluss zu halten.

Ein spektakuläres Fehlurteil - die Beweislage

Befremdlich ist allein schon die Tatsache, dass das Gericht 2001 zwei unterschiedliche Urteile sprach. Während der Angeklagte Fhimah als ‚nicht schuldig‘ frei gesprochen wurde, verurteilte das Gericht Megrahi wegen Massenmordes zu einer Haftstrafe von mindestens 27 Jahren. Nur unter der Voraussetzung, dass die beiden Anklagepunkte „Verschwörung“ und „Verstoß gegen die Luftsicherheit“ fallengelassen wurden, konnte Fhimah freigesprochen werden. Nur: Megrahi hätte niemals das Bombenattentat ohne Hilfe von Fhimah durchführen können, der aber nicht Mangels an Beweisen, sondern als ‚nicht schuldig‘ freigesprochen wurde. Der Logik folgend, hätte dann auch Megrahi frei gesprochen werden müssen.

Abwegig erscheint auch die Vorstellung, dass ein unbegleiteter Bombenkoffer trotz der Sicherheitsvorkehrungen auf drei internationalen Flughäfen den Weg von Malta nach Frankfurt und von dort nach London gefunden hat, um dann in London auf den PanAm-Flug 103 verladen zu werden. Bis heute konnte nicht eindeutig geklärt werden, wie und wo der Bombenkoffer seinen Weg in das Flugzeug fand: in Frage kommen Frankfurt, aber auch London. Mehr als unwahrscheinlich ist dagegen die Vorstellung, dass der Bombenkoffer bereits in Malta auf den Weg gebracht wurde, wie es Megrahi zur Last gelegt wurde.

Das Gericht nahm auch keinen Anstoß daran, dass die Aussagen des Hauptbelastungszeugen und Ladenbesitzers auf Malta, Tony Gauci, bei dem Megrahi Kleidung gekauft haben soll, die sich später im Bombenkoffer wiederfand, voller Widersprüche ist, nicht nur, was das Aussehen des vermeintlichen Käufers betrifft, sondern auch bezüglich der angeblich gekauften Kleidung sowie des Kaufdatums.

Der Hemdfetzen, in dessen Kragen sich praktischer Weise Teilchen einer Zeitzünder-Platine fanden, wurde angeblich am 13. Januar 1990 von zwei Detective Constables an der Lockerbie-Unglücksstelle gefunden. Laut offizieller Version wurde der Hemdfetzen, der sich als Teil eines verkohlten Kragens mit einem Etikett, das zu Gaucis Laden auf Malta führte, im Mai 1989 untersucht und das Platinenteilchen im Kragen gefunden. Allerdings beweisen Fotos, dass das Datum umgeschrieben worden war und der Hemdkragen nicht vor dem 10. Oktober 1989 für die Untersuchung zerlegt worden war. Das FBI erhielt sogar erst im Januar 1990 Informationen über die gefundene Zeitzünderplatine. Es ist also nicht nur Gaucis Zeugenaussage unglaubwürdig, auch die in die Lockerbie-Untersuchung involvierten CIA-Leute, Sachverständigen und sonstigen Belastungszeugen gelten als diskreditiert. Als Beispiel sei hier der Name Alan Feraday genannt, ein sogenannter Forensikexperte, der später als Fachmann wegen offensichtlicher Inkompetenz von allen Gerichtsverhandlungen ausgeschlossen wurde. Da spielt es schon fast keine Rolle mehr, dass die Ermittler unterschiedliche Modelle des Toshiba-Radios angaben, in dem die Lockerbie-Bombe angeblich versteckt war. [6]

Doch das Gericht kam zu dem Schluss: Die Spur des Hemdes führt in das Bekleidungsgeschäft von Gauci auf Malta und die Spur der Zeitzünderplatine nach Libyen. Libyen, Gaddafi und Megrahi waren die Schurken.

Die englische Tageszeitung The Guardian stellte am 27. Juni 2001 anlässlich des Lockerbie-Prozesses folgendes fest: „…Bereits in der Nacht des Flugzeugabsturzes wurden ausschlaggebende Beweise unterschlagen. […] Die Tatsache, dass sich die Richter weigerten, sich von der großen Menge an zweifelhaften Beweisen, die sich durch die ganze Anklage zogen, umstimmen zu lassen, machte viele Beobachter sprachlos.“

Der UN-Beobachter Hans Köchler merkte im Februar 2001 an, dass sich das Gericht ausschließlich auf Indizien stützte, aus denen es eine Reihe höchst problematischer Schlussfolgerungen zog: „In einem solchen Kontext erscheint der Schuldspruch hinsichtlich des ersten Angeklagten willkürlich, ja irrational“.[7]

Spätere Recherchen

Von dem Anwaltsteam Megrahis später durchgeführte Recherchen wiesen die Widersprüche und Unglaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen Tony Gauci ebenso nach wie die Unmöglichkeit, dass Megrahi der Käufer der Kleidungsstücke gewesen sein konnte, da er sich zum fraglichen Zeitpunkt nicht einmal auf Malta aufgehalten hat. Unglaubhaft war auch, dass das Etikett im Hemdkragen unbeschädigt den Absturz überstanden haben könnte. Es stellte sich auch heraus, dass Gauci viel Geld, die Sprache ist von drei Millionen USD, erhielt – als Belohnung für sachdienliche Hinweise. Es gelang auch der metallurologische Nachweis, dass die Spuren des Platinenteilchens nicht nach Libyen führen. Das Megrahi-Verteidigungsteam leistete gute Arbeit, nur zeigte sich jetzt, dass das schottische Gericht nicht Willens war, den Prozess noch einmal aufzurollen, sondern sich auf juristische Argumente zurückzog.

Nach Meinung von Ludwig De Braeckleer musste Libyen die Tat unter allen Umständen untergeschoben werden. Dazu wurden Beweise gefälscht und platziert. Dies traf insbesondere auf den Zeitünder zu, der unbedingt nach Libyen weisen sollte. Die Gerichte werden niemals eingestehen, in einem solch emotional aufgeladenen Fall ein Fehlurteil gesprochen zu haben. Nicht nur sie würden ihre Reputation verlieren, sondern auch die in Lockerbie involvierten Regierungen der USA und Großbritanniens.

In dem gesamten Lockerbie-Prozess ging es niemals um Wahrheitsfindung, sondern es ging darum, Libyen für den Absturz des PanAm-Flugs 103 verantwortlich zu machen mit dem Ziel, den UN-Sicherheitsrat zur Verhängung von Sanktionen gegen Libyen zu drängen. Dies gelang.

Iran und die Palästinenser

Der Lockerbie-Absturz fand im Dezember 1988 statt. Doch erst im November 1991 wurden Haftbefehle gegen Megrahi und Fhimah ausgestellt und Gaddafi als der Schuldige für das Lockerbie-Attentat gebrandmarkt. Vorher wiesen alle vorgeblichen Spuren in den Iran und zur PLO.

Am 3. Juli 1988 hatten die USA ein iranisches Zivilflugzeug von ihrem Flugzeugräger im Persischen Golf aus abgeschossen. Alle 290 Insassen fanden den Tod. Die USA entschuldigten sich nicht einmal für diesen ‚Irrtum‘, sondern belobigten den dafür verantwortlichen Militär. Sofort nach dem Absturz des PanAm-Flugs 103 über Lockerbie wurden die Iraner beschuldigt, die Boeing 747 als Vergeltung für dieses Verbrechen zum Absturz gebracht zu haben. Es hieß, der Iran habe für die Ausführung der Tat die Palästinensische Gruppe Popular Front for the Liberation of PalestineGeneral Command (PFLP-GC) angeheuert. Den Iran zu beschuldigen passte zunächst für die USA unter Reagen und für Großbritannien unter Thatcher vorzüglich in die politische Großwetterlage. Khomeini war’s!

Doch im März 1989 änderte Iran seinen außenpolitischen Kurs: Khomeini entmachtete seinen designierten Nachfolger und Hardliner Montazeri. Präsident wurde nach Khomeinis Tod der den USA wohlgesonnene Rafsandschani. Die USA benötigten den Iran außerdem als Partner im Golfkrieg des Jahres 1990 gegen den Irak (Saddam Hussein war in Kuweit einmarschiert) und um im Libanon eine Geiselaffäre zu beenden. Die USA suchten wieder die Annäherung an den Iran.

In einem vertraulichen Telefongespräch sollen sich Reagan und Thatcher Ende März 1989 darauf geeinigt haben, das Thema Lockerbie aus dem öffentlichen Interesse verschwinden zu lassen. Doch plötzlich tauchte es im Herbst 1989 wieder auf. Allerdings war der böse Bube nun nicht mehr Khomeini, sondern Gaddafi. Es hieß, neu aufgetauchte Beweise wiesen eindeutig in Richtung Libyen.

Laut De Braeckleer wurden die Beweise, die zunächst in den Iran führten, von den Geheimdiensten auf Libyen umfrisiert. Doch was waren das für Beweise?

Eine palästinensische Terrorzelle in Deutschland

Im deutschen Neuss, das nahe Frankfurt liegt, hatte die deutsche Polizei am 26. Oktober 1988 die Antiterror-Operation Herbstlaub durchgeführt, in deren Verlauf 16 Personen verhaftet wurden, darunter der Bombenbauspezialist der PFLP-GC Marwan Khreesat sowie Hafez Dalkamoni aus Syrien. Dalkamoni wurde beschuldigt, einen Bombenanschlag auf ein Verkehrsflugzeug vorbereitet zu haben. Die Polizei fand auch Toshiba-Radiorekorder und Zeitschaltuhren, die angeblich denen bei der Lockerbie-Bombe verwendeten glichen, sowie Plastiksprengstoff der Marke Semtex. Und sie fand vier Bomben, eine angeblich existente fünfte Bombe blieb verschwunden und soll beim Lockerbie-Attentat zum Einsatz gekommen sein. Laut Zeugenaussage lag auch ein brauner Samsonite-Koffer wie beim Lockerbie-Attentat verwendet in einem Kofferraum der Terroristen. Anzumerken bleibt, dass Khreesat nicht nur ein PFLP-GC-Bombenbauer war, sondern auch ein CIA-Agent.

Als Drahtzieher für den Anschlag auf den PanAm-Flug 103 wurde der Iran ausgemacht, der die palästinensische Gruppe beauftragt und bezahlt haben soll. Belegt wurde dies durch angeblich geleistete Zahlungen des Iran an die PFLP-GC sowie nachgewiesener Treffen von hochrangigen Iranern und Mitgliedern der PFLP-GC. Die Angaben zu den Zahlungen wurden erstmals auf Wunsch der CIA in der deutschen Zeitschrift Quick im Mai 1989 veröffentlicht.[8]

Allerdings konnte de Braeckleer nachweisen, dass für die angeblichen Zahlungen des Iran an die PFLP-GC, anders als behauptet, keine stichhaltigen Beweise existieren.

Die Malta-Spur

Der Palästinenser Abu Talb hielt sich im Oktober 1988 in Malta auf. Er kaufte dort verschiedene Kleidungsstücke, mit denen er zurück nach Schweden reiste. Diese Kleidungsstücke sollen sich später ebenfalls im Kofferraum in Neuss befunden haben und sollen dieselben sein, die sich dann im Lockerbie-Bombenkoffer fanden.

Die erste Beschreibung des Besitzers des Bekleidungsgeschäfts Tony Gauci passte relativ gut auf Abu Talb, musste aber, nachdem die PFLP-GC und der Iran auf Wunsch von Reagan und Thatcher als Täter aus dem Spiel waren, auf Libyen umgedichtet werden. Und nun kam Megrahi ins Spiel, der sich als Sicherheitschef von Libyan Arab Airlines des Öfteren auf Malta aufhielt, auch mit falschen Pässen unterwegs war und eine Freundin auf Malta hatte.

Der Ladenbesitzer Gauci wurde auf Kurs gebracht, neue Beweise wurden ‚gepflanzt‘, und im Herbst 1989 war die CIA soweit, den von ihr mit wahrer Besessenheit verfolgten Gaddafi zum neuen Täter auszurufen.[9] Nicht nur De Braeckleer auf seinem Inteltoday-Blog, sondern auch das Verteidigerteam von Megrahi[10] weisen detailliert die Beweisfälschungen und das Legen falscher Fährten nach.

Iran, Libyen oder ein ganz anderer Täter?

Während mittlerweile viele Beobachter rund um den Lockerbie-Absturz von Libyen wieder zurück auf den Iran als Täter schwenken, kommt De Braeckleer nach ausgiebigen Recherchen zu der Schlussfolgerung, dass bereits die Beweise, die auf den Iran und die PFLP-GC als Täter deuten, von der CIA gefälscht waren. Braeckleer ist der Meinung, dass ein „massives strukturelles Versagen aufgrund der bekannten Probleme von Metallermüdung in den Sektionen 41 und 42 der Boeing 747“ vorlag, dass also ein Konstruktionsfehler der Boeing 747 der Grund für das Auseinanderbrechen des Flugzeugs war und überhaupt kein Bombenanschlag stattgefunden hat. Dies hätte für Boeing den wirtschaftlichen Niedergang bedeutet. Hypothetisch wurde diese Möglichkeit bereits unmittelbar nach dem Anschlags in einer BBC-Sondersendung angesprochen.[11]

Die Warnungen und die Passagierliste

Merkwürdige Vorgänge rund um den Flugzeugabsturz weisen in eine andere Richtung. Gut zwei Wochen vor dem Anschlag, am 5. Dezember 1988, war eine Terrorwarnung bei der US-Botschaft in Finnland eingegangen. Ein mit arabischem Akzent sprechender Mann hatte in Helsinki angerufen und in den folgenden zwei Wochen einen Anschlag auf einen PanAm-Flug von Frankfurt in die USA angekündigt. Daraufhin gab die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA eine Sicherheitsmeldung heraus, in der es unter anderem hieß: „Die Federal Aviation Administration wurde über die Drohung in Kenntnis gesetzt und die Sicherheitsvorkehrungen für PanAm-Flüge von Frankfurt erhöht.“[12] Die Warnung wurde auch von der US-Botschaft in Moskau veröffentlicht und an US-Bürger, die sich dort aufhielten, weitergegeben. Dies führte dazu, dass viele Fluggäste umbuchten.

Spannend ist, wer sich nicht mehr auf der Passagierliste des Flugs PanAm 103 fand und wer neu auf den Flug gebucht wurde. Den Flug PanAm 103 zunächst gebucht, aber dann storniert, umgebucht oder verpasst hatten folgende prominenten Fluggäste: der Außenminister von Südafrika Roelof Botha und seine zweiundzwanzig köpfige Delegation, der US-Botschafter im Libanon John McKarthy, der Vizedirektor des FBI Chris Revell, ein DEA- (Drug Enforcement Administration) Verwaltungsbeamter namens Steven Greene, die Sängerin Jennifer Rush, die Mitglieder der Soulband Four Tops aus Detroit, der ehemalige Sex-Pistols-Musiker John Lydon und seine Frau. Südafrikas Außenminister Botha sagte 1989 in einem Interview mit der BBC, dass er durch eine Warnung des Geheimdienstes dazu gezwungen wurde, seinen Flug mit PanAm 103 in letzter Minute umzubuchen.

Doch die Plätze blieben nicht frei, sondern wurden neu besetzt: In der Mehrzahl durch ahnungslose Studenten, die sich freuten, einen Platz bei den vor Weihnachten so beliebten PanAm-Flügen in die USA ergattert zu haben. Für sie alle war es der letzte Flug ihres Lebens.

Aber es kam auch Prominenz beim Absturz zu Tode, so Bernt Carlsson, der seit 1985 den Posten des UN-Kommissars für Namibia innehatte. Carlsson war mit belastendem Material auf dem Weg zur UN in New York, um gegen URENCO, eine Urananreichungsfirma in Namibia, auszusagen. Nach seinem Tod wurde der Prozess gegen URENCO abgesetzt. Bernt Carlsson hatte sich nicht nur als UN-Kommissar, sondern in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der Sozialistischen Internationale stets gegen die Apartheitspolitik und für die Unabhängigkeit Namibias stark gemacht und sich damit gegen die Interessen der USA, Großbritanniens und vor allem Südafrikas im Hinblick auf die Gold-, Uran- und Diamantenminen Namibias gestellt. Carlsson war auch Sonderberater für den 1986 ermordeten, schwedischen Premierminister Olof Palme gewesen.

An Bord der Unglücksmaschine befanden sich etliche CIA-Mitarbeiter, darunter Major Charles McKee. Dazu muss man wissen, dass die USA dunkle Drogengeschäfte duldeten und am Schmuggel von Drogenkoffern aus Nahost in die USA beteiligt waren[13]. Zu dieser Zeit war der ehemalige CIA-Direktor George Bush sen. Vizepräsident unter Ronald Reagan. Bush sen. war mit Sicherheit während seiner Zeit als CIA-Direktor in den Iran-Contra-Skandal verstrickt. Es ging ein Aufschrei durch die Welt als sich herausgestellt hatte, dass die Israelis Waffen an den Iran lieferten und das Geld, das Iran bezahlte, von den USA zur Unterstützung der Contras in Nicaragua, die gegen die gewählte Regierung der Sandinisten kämpften, verwendet wurde. Die Contras schmuggelten auch über Jahre Kokain in die USA – geduldet von der CIA. Bush sen. wollte nächster Präsident der USA werden und Iran wusste von seinen Machenschaften als Chef der CIA.

Laut verschiedener Quellen hatte der CIA-Beamte McKee Informationen über Drogentransporte, die in Absprache mit der CIA von libanesischen Drogendealern via Frankfurt und London in die USA durchgeführt wurden. McKee stand diesen Drogengeschäften äußerst kritisch gegenüber und war mit entsprechenden Beweisen unterwegs nach Washington, um diese Vorgänge bekannt zu machen.

Mit an Bord der Todesmaschine waren vier weitere CIA-Agenten: Daniel O’Connor, Sicherheitsbeamter an der US-Botschaft auf Zypern (Zypern war ein Dreh- und Angelpunkt für Agenten), Matthew Gannon, stellvertretender Leiter der Geheimdienstzentrale in Beirut sowie Ronald Larivier und Bill Leyrer. Zumindest die beiden Erstgenannten dürften über die Drogengeschäfte ihrer Behörde Bescheid gewusst haben.

Mit einem Drogenkoffer, der sich im Gepäck eines gewissen Khalid Jaafar, einem libanesisch-amerikanischen Drogenkurier, befunden hat, könnte auch die Bombe an Bord von Flug PanAm 103 gelangt sein. Der vermeintliche Heroin-Koffer wäre dank der Hilfestellung durch das CIA pannensicher an Bord des Pan-Am-Flugzeugs gelangt. Muss noch erwähnt werden, dass Jaafar eigentlich ein DIA-Offizier (Defence Intelligence Agency) war und für die US Armed Forces arbeitete? Auch Jaafar stürzte mit PanAm-Flug 103 in den Tod.

Bleibt die Frage, inwieweit westliche Geheimdienste in den Absturz von PanAm 103 verwickelt waren. Wussten sie, dass in einem Koffer statt Drogen eine Bombe transportiert wurde und dies geschehen lassen oder hatten sie dies sogar veranlasst?

Eine Frage der Zeit – doch die Wahrheit kommt ans Licht

Zur Aufklärung des Lockerbie-Falls gehören viele Puzzleteilchen, von denen hier nur ein Teil zur Sprache kam. Man hört immer wieder, der Fall Lockerbie sei wohl niemals aufzuklären. Tatsächlich gibt es viele Theorien, die in sich schlüssig, zusammengenommen widersprüchlich sind. Es dürften im Laufe der Zeit auch viele Nebelkerzen gezündet worden sein, um die wahren Geschehnisse zu verschleiern. Doch die Wahrheit muss und wird ans Licht kommen – auch wenn es dauert.

Viele Menschen haben gegen den unfairen Ablauf des Lockerbie-Prozesses, das den Libyer Megrahi zum Opfer machte, ihre Stimme erhoben, darunter Persönlichkeiten wie Nelson Mandela oder Noam Chomsky. Besondere Hochachtung verdient Jim Swire, dessen Tochter Flora ebenfalls beim Lockerbie-Absturz ums Leben kam. Swire bezeichnete den Prozessverlauf und die Urteilssprechung als ‚katastrophal‘ für die schottische Justiz und kämpft seither für die Aufklärung der wahren Vorgänge.[14] Er schrieb am 7. Oktober 2018: „Ich bin der Vater von Flora Swire, die 1988 an Bord des Flugzeugs ermordet wurde, und ich war bei dem anschließenden Prozess gegen den Libyer Abdelbaset al-Megrahi dabei. Am Ende war ich überzeugt, dass wir Zeugen einer Parodie der Justiz geworden waren. Es gab viele Mängel in der Beweisführung, und diejenigen von uns, die nach der Wahrheit gesucht haben, wurden von der Regierung und dem schottischen High Court weiter frustriert. Es ist uns klar geworden, dass der Prozess nicht darauf ausgelegt war, die Verantwortlichen zu verurteilen, sondern die Wünsche der Regierungen der USA und Großbritanniens zu erfüllen.“[15]

Der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Gareth Pierce kam zu dem Schluss, dass der Aufbau des Verfahrens gegen Megrahi und Libyen eine aktive Beteiligung aller auf allen Ebenen des Justizsystems erforderte ebenso wie die stillschweigende und auch die offene Unterstützung von der Spitze der politischen Hierarchie.[16]

Mit der Zuschreibung des Lockerbie-Attentats auf Gaddafi als Drahtzieher ist es gelungen, Gaddafi zum Inbegriff eines blutrünstigen Terroristen zu machen. Dieses bösartige, von der CIA konstruierte Etikett blieb durch die Verurteilung Megrahis allen dem widersprechenden Beweisen zum Trotz an Gaddafi kleben und ermöglichte 2011, dass der Nato-Krieg gegen Libyen so gut wie ohne öffentlichen Protest stattfinden konnte.

[1] https://www.freitag.de/autoren/gela/keine-gerechtigkeit-fuer-megrahi

[2] https://www.scotcourts.gov.uk/docs/default-source/cos-general-docs/pdf-docs-for-opinions/2021hcjac25.pdf?sfvrsn

[3] https://wikispooks.com/wiki/Ludwig_De_Braeckeleer

[4] https://inteltoday.org/2021/04/08/20-years-ago-kangaroo-zeist-court-issues-infamous-lockerbie-verdict-january-31-2001-update-judges-reject-new-lockerbie-appeal-family-to-apply-to-uk-supreme-court/

[5] https://inteltoday.org/2020/05/18/lockerbie-three-decades-of-lies-jaccuse-chapter-i-a-week-in-december/

[6] https://inteltoday.org/2020/06/22/lockerbie-three-decades-of-lies-jaccuse-chapter-vi-a-spectacular-miscarriage-of-justice/

[7] http://i-p-o.org/lockerbie-report.htm

[8] https://inteltoday.org/2020/06/01/lockerbie-three-decades-of-lies-jaccuse-chapter-iii-operation-autumn-leaves/

[9] Bob Woodward: Reagan und die geheimen Kriege der CIA, 1987

[10] dokumentiert in einem Film von William Cran und Christopher Jeans (2012): https://youtu.be/XxMfxYUP6VI

[11] https://www.youtube.com/watch?v=hLzzekWjS28

[12] https://wikispooks.com/wiki/Bernt_Carlsson

[13] Lester Coleman/Donald Goodard: „Trail of the Octopus“ (1993)

[14] http://www.lockerbietruth.com/

[15] https://inteltoday.org/2020/06/22/lockerbie-three-decades-of-lies-jaccuse-chapter-vi-a-spectacular-miscarriage-of-justice/

[16] https://inteltoday.org/2020/07/27/lockerbie-three-decades-of-lies-jaccuse-chapter-xi-jaccuse/

09.05.2021

 

Kurznachrichten Libyen – 13.05.2021

Libyen. Milizen in Tripolis erstürmen Hotel aus Protest gegen neuen Geheimdienstchef / Italienischer Geheimdienst im Fessan unterwegs / Eid fiter mubarak

Angelika Gutsche  

13.05.: Ende des Ramadan. Libyen feiert das Zuckerfest. Eid-Feierlichkeiten in Libyens zweitgrößter Stadt Bengasi.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1392782297447944194/photo/1

07.05.: Geheimdienst. Der Präsidialrat ernannte Generalmajor Hussein Mohammed al-Aeb zum Chef des libyschen Geheimdienstes. Er löst damit die beiden bisherigen Geheimdienstchefs (östliches und westliches Libyen) ab. LibyaHerald weiß über al-Aeb, dass er „einige Jahrzehnte für das Gaddafi-Regime gearbeitet hat. Er stammt aus Siyan am Fuße des im Westen gelegenen Nefusa-Gebirges. Anfang 2011 brach er mit Gaddafi, verbündete sich mit Haftar, überwarf sich aber wieder mit ihm. Er hat immer noch gute Kontakte zum Militär im Osten.“
https://libyareview.com/12589/who-is-libyas-new-chief-of-intelligence/
https://www.libyaherald.com/2021/05/07/new-head-of-intelligence-appointed/

+ 08.05.: Milizen/Hotelerstürmung. Milizen der GNU-Übergangsregierung in Tripolis haben das Corinthia-Hotel in Tripolis gestürmt, das auch Sitzungsort des Präsidialrats ist. Die Bewaffneten waren auf der Suche nach dem Präsidialratsvorsitzenden Mohamed Menfi. Ihr Protest richtete sich gegen die Absetzung von Emad Trabelsi als Geheimdienstchef durch den Präsidialrat und die Ernennung von Hussein Al-Aeb als seinen Nachfolger. Auch gegen die libysche Außenministerin Najla Mangoush wurde protestiert, da sie sich für den Abzug auch türkischer Söldner und Militärs ausgesprochen hatte. Es herrschen widersprüchliche Angaben darüber, ob der Büroleiter des Präsidialratsvorsitzenden verschleppt wurde.
https://www.libyaherald.com/2021/05/09/militias-raid-corinthia-hotel-seeking-presidency-head-menfi-in-protest-at-new-intelligence-head-and-foreign-minister-mangoush/
https://twitter.com/LibyaReview/status/1390790332292468745

+ 08.05.: Umzingelung/Corinthia-Hotels. Einen der Bewaffneten, die den Präsidentenrat in Libyens Tripolis umzingelt haben, hört man sagen: „Wo ist al-Mangoush? Wo ist al-Mangoush?“, die libysche Außenministerin.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1390953233892487171

+ 08.05.: Milizen/Hotelerstürmung. Aufnahmen vom Sturm auf das Corinthia-Hotel. Die Milizen suchten abfahrende Autos nach Präsidialratsvorsitzenden al-Menfi und Außenministerin Najla al-Mangusch ab.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1390804343734083588

+ 08.05.: Milizen/Sturm Corinthia-Hotel. Ein Video zeigt die Milizen in Tripolis bei der Vorbereitung ihrer Aktion gegen den Präsidialrat im Corinthia-Hotel. Der Befehlshaber Mohammed al-Hsan (Misrata-Bataillon 166) sagt: „Wir müssen das Innenministerium und den Präsidialrat in Tripolis sofort einnehmen und umzingeln. Versammelt eure Streitkräfte und nehmt schwere Waffen und lasst es uns tun.“
https://twitter.com/LibyaReview/status/1390783193402519552

+ 10.05.: Milizen/Regierung. Es wird die Forderung erhoben, die Regierungsinstitutionen nach Sirte zu verlegen, da in der Hauptstadt Tripolis die Lage wegen der Milizen zu unsicher sei.
https://libyareview.com/12684/libyan-mp-calls-for-relocation-of-presidential-council-from-tripoli/

+ 09.05.: Milizen/Gharian. Bei einer Milizenversammlung in Ghariyan erfolgt eine Lobpreisung auf die Dschihadisten des Bengasi-Schura-Rates.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1391142586417569792

+ 13.05.: Moslembruderschaft/Bayo. Mohammed Bayo, Leiter der Libyan Media Foundation auf Twitter: „Ich reiche Klage gegen Khaled Shakshak vom Rechnungshof und seine Partei für Gerechtigkeit und Aufbau sowie deren Organisationen im In- und Ausland wegen Anstiftung und Diffamierung ein. Die Kampagne der Moslembrüder gegen mich läuft über einen Medienkanal, der von einem Dieb betrieben wird, der 30 Millionen LYD gestohlen hat und der von der Staatsanwaltschaft gesucht wird, sowie über seine Anhänger in Istanbul und Tripolis auf Facebook. Das Strafregister der Moslembruderschaft wird immer länger und sie zusammen mit Khaled Shakshak versuchen, mich aus der Media Foundation zu entfernen.“
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1392623370458521602

+ 10.05.: Italien/LNA/Fessan. Laut LNA (Libysche Nationalarmee) trafen sich italienische Geheimdienstoffiziere im Fessan (südwestliches Libyen) mit Schleusern aus der Gegend von Ubari, Murzuk und um-Alaranib sowie mit bewaffneten Gruppen, die Kontakt zu tschadischen Kriminellen haben. Sie boten ihnen logistische Zusammenarbeit und die Zahlung von Bestechungsgeldern an. Die LNA fordert deren sofortige Verhaftung wegen Sabotage und Untergrabung der nationalen Sicherheit.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1391883621452161038

+ 10.08.: Parlament. Ein parlamentarischer Block forderte den Präsidalrat auf, sein Tempo zu beschleunigen. Er kritisierte die Einrichtung von Wiederaufbaufonds ohne einen detaillierten Plan. Korruption müsse ausgeschlossen werden und alle Städte miteinbezogen. Kritisiert wurde auch die zunehmende ausländische Einmischung in innerlibysche Angelegenheiten. Statt so viel mit dem Ausland zu kommunizieren sollte lieber die interne Kommunikation zum Brückenbau zwischen den verfeindeten Parteien genutzt werden. Oberste Priorität müsse der Abzug aller ausländischen Streitkräfte und Söldner haben. Es sei auch Besorgnis angebracht, weil das Militär immer noch nicht vereinheitlicht sei.
https://libyareview.com/12686/libyan-parliamentary-bloc-calls-on-presidential-council-to-hold-december-elections/

06.05.: Al-Koni/Libysches Militär. Der stellvertretende Präsidialratsvorsitzende Musa al-Koni erklärte, dass er im Süden des Landes (Fessan) mit Militärkommandeuren über die Vereinheitlichung der Armee sprechen werde. Es herrsche ein Mangel an Vertrauen zwischen den beiden Konfliktparteien. Beide hätten noch immer ihre „Finger am Abzug“. An den Gesprächen war zeitweilig auch die Außenministerin Mangusch beteiligt.
Sowohl al-Koni als auch Magusch wollten sich über die allgemeine Lage im Fessan informieren.
https://libyareview.com/12569/al-koni-to-discuss-army-unification-with-southern-military-commanders/
https://libyareview.com/12676/al-koni-al-mangoush-discuss-unifying-army-securing-libyan-borders/

+ 09.05.: Mangusch/Fessan. Die libysche Außenministerin Mangusch besuchte den Süden Libyens. Sie machte deutlich, dass Libyer „nicht als Wächter für die Grenzen Europas fungieren werden“ und fügte hinzu: „Libyen wird kein Transitland für unsere leidenden und verfolgten afrikanischen Brüder sein.“ Die Strafen für Schmuggler und Schleuser will sie verschärft sehen.
https://almarsad.co/en/2021/05/10/al-mangoush-libyans-will-not-act-as-guards-for-europes-borders/

+ 13.05.: Küstenstraße/Moslembruderschaft. Der Vorsitzende des Ausschusses für Verteidigung und nationale Sicherheit im libyschen Parlament, Talal al-Mihub, sagte, dass politische islamistische Gruppen jeden Fortschritt der 5+5-Militärkommission behindern, da sie die Milizen im Westen kontrollieren. Diese Gruppen wollten angesichts der türkischen Präsenz in Libyen weder die Öffnung der Küstenstraße noch die Umsetzung der vereinbarten Ergebnisse zulassen. Gemeint waren der Hohe Staatsrat (HSC) und die Partei für Gerechtigkeit und Aufbau, der politische Arm der Moslembruderschaft.
Die Türkei werde keine Wahlen Ende des Jahres zulassen, da sie in Libyen bleiben und das Wort für Libyen führen möchte.
https://libyareview.com/12735/libyan-mp-islamist-groups-obstructing-coastal-road-opening/

+ 06.05.: Militärisches Abkommen/Türkei. Übergangspremierminister Dabaiba bekräftigte sein Bekenntnis zum Seegrenzenabkommen, das die ehemalige Sarradsch-‚Einheitsregierung‘ 2019 mit der Türkei geschlossen hatte und das allgemein abgelehnt wird, nicht zuletzt deshalb, weil Libyen überhaupt keine gemeinsame Seegrenze mit der Türkei hat und das Abkommen vom libyschen Parlament auch nicht ratifiziert wurde.
Die Behauptung Dabaibas, dieses Abkommen gewähre Libyen weite Wirtschaftsräume im Mittelmeer, in die investiert werden könne und diene dem libyschen Volk, wurde stark kritisiert. Es stehe Dabaiba nicht an, dies zu beurteilen. Er fülle während eines Übergangs nur eine Regierungslücke aus, außerdem müsste das Abkommen immer noch vom Parlament ratifiziert werden.
Erst vor kurzem hatte Dabaiba dem griechischen Premierminister Mitsotakis bei dessen Besuch in Tripolis zugesagt, gemeinsame Ausschüsse zu bilden, an denen auch Griechenland beteiligt werden sollte. Mitsotakis hatte Libyen aufgefordert, das Abkommen zu annullieren: „Athen ist vehement gegen das Abkommen zwischen Ankara und Tripolis, das einen großen Teil des Mittelmeers für die Energiegewinnung und als Ausschließliche Wirtschaftszone beansprucht und damit im Widerspruch zum Völkerrecht und den Ansprüchen Griechenlands, Zyperns und Ägyptens steht“.
https://libyareview.com/12574/libyan-pm-reiterates-commitment-to-maritime-deal-with-turkey/

+ 09.05.: Stämme/Gefangene. Das Komitee der Sozialräte der Stämme von Warfalla, Qadhadfa, al-Maqaraha und Suleiman protestierten gegen die Verzögerung der Freilassung von widerrechtlich festgehaltenen Gefangenen. Die von der Justiz angeordnete Freilassung sollte bis Ende des Ramadans erfolgen.
https://libyareview.com/12668/libyan-tribes-call-for-immediate-release-of-detainees/

+ 12.05.: Korruption. Neville Gafa, ein Beamter der ehemaliger ‚Einheitsregierung‘, hatte gegen eine maltesische Zeitung einen Prozess angestrengt, die behauptet hatte, dass Gafa seit 2014 für die Ausstellung von Visa für medizinische Behandlungen auf Malta von dutzenden Libyern Korruptionsgelder in Millionenhöhe kassiert habe. In dem jetzt stattfindenden Prozess sagten libysche Kriegsbeschädigte aus, die nicht die medizinische Behandlung erhalten hatten, die ihnen kostenfrei zugestanden hätte, da sie sich geweigert hatten, an Gafa zu zahlen.
Nun seien zwölf libyschen Kriegsopfern jeweils 350.000 € angeboten worden, um Neville Gafa nicht weiter zu belasten.
https://almarsad.co/en/2021/05/12/malta-independent-courts-told-neville-gafa-offered-e350000-to-victims-to-drop-claims-against-him/

+ 11.05.: Malta/Libyen. Libyens Außenministerin Mangusch hatte ein Treffen mit dem maltesischen Außenminister Evarist Bartolo und dem Finanzminister Clyde Caruana in der maltesischen Hauptstadt Valletta. In den Gesprächen ging es um den Kampf gegen irreguläre Migration, den Grenzschutz sowie die Wiederaufnahme von Flügen zwischen Malta und Libyen mit dem Ziel, die Türen für Handel und Investitionen zu öffnen.
https://www.libyaherald.com/2021/05/12/mangoush-visits-malta-discusses-wide-range-of-topics-of-joint-interest/

+ 10.05.: Migration. Aufnahmen von der Befreiung von Migranten im Fessan (Tazerbo) durch die LNA. Es handelte sich hauptsächlich um Menschen aus Somalia, darunter 13 Frauen, die gegen ihren Willen festgehalten worden waren.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1391408885307748352

+ 10.05.: Migration. „Zentrale Mittelmeerroute: Von Januar bis Anfang Mai kamen mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Toten hat sich mehr als verdreifacht.“ Allein am letzten Wochenende sollen mehr als 1.400 Menschen die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa erreicht haben.
https://www.heise.de/tp/features/Italien-Wieder-mehr-Bootsfluechtlinge-aus-Libyen-6042501.html

+ 11.05.: Migration. Die libysche Küstenwache fing nördlich von Zuwara in drei Einsätzen Schlauchboote ab, die mit 442 Migranten auf dem Weg nach Italien waren. Die Migranten wurden zurück nach Libyen gebracht.
https://libyareview.com/12696/libyan-coast-guard-rescues-442-europe-bound-migrants/
Viele NGOs sehen diese Rückbringung der Migranten nach Libyen um unerlaubte Push-Backs, die von der europäischen Frontex unterstützt werden.

+ 12.05.: Migration. Laut LaRepubblica will Italien die EU darum bitten, Libyen Geld dafür anzubieten, dass es Migrantenboote von der italienischen Küste fernhält. Draghi könnte auf dem EU-Gipfel (24./25. Mai) vorschlagen, dass die EU ein ähnliches Abkommen wie das mit der Türkei 2016 geschlossene mit Libyen aushandelt.
https://libyareview.com/12722/italy-to-request-eu-pay-libya-to-end-migrant-crossings/
Und die Zustände in den libyschen Migrantenlagern sind kein Thema?

+ 06.05.: Türkei/Militär. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas in Berlin sagte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu, dass ausländische Söldner Libyen verlassen sollten. Dies beträfe aber nicht „legitime Streitkräfte“, die aufgrund eines Abkommens mit der Regierung libysches Militär ausbilden. „Es gibt viele ausländische Kämpfer und Söldner in Libyen. Wir sind uns einig über ihren Abzug“, so Cavusoglu. Aber das zwischen der damaligen ‚Einheitsregierung‘ und der Türkei 2019 getroffene Abkommen zu beenden, „wäre nicht der richtige Ansatz“.
https://www.aa.com.tr/en/politics/foreign-fighters-should-not-be-confused-with-forces-in-libya-under-pact-with-govt-turkey/2231415#
Das war zu erwarten: Die Türkei bietet den Rückzug der syrischen Söldner an, will jedoch selbst militärisch in Libyen aktiv bleiben. Gefordert wird aber ein Abzug aller Söldner und alles ausländische Militär.

+ 05.05.: Merkel/Erdogan. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, dass der Abzug der ausländischen Truppen aus Libyen ein „wichtiges Signal“ sei; Merkel und Erdogan versprachen, die GNU-Übergangsregierung zu unterstützen.
https://twitter.com/GermanAmbLBY/status/1391823840586645505

11.05.: Merkel/Dabaiba. Angela Merkel und Dabaiba diskutierten telefonisch die nächsten Schritte des politischen Prozesses. Die Bundeskanzlerin ermutigte den Ministerpräsidenten zur Vorbereitung von Wahlen im Dezember 2021. Sie bekräftigte die Unterstützung Deutschlands für den innerlibyschen Friedensprozess, die Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens und den Abzug der ausländischen Streitkräfte. Weitere Diskussionspunkte waren Migration, regionale Fragen und wirtschaftliche Entwicklungen.
https://twitter.com/GermanAmbLBY/status/1391823848220373003
Jeder versucht in Libyen mitzureden.

+ 06.05.: Westliche Botschaften/Libysches Parlament. Das libysche Parlament lehnte die gemeinsame Erklärung der Botschaften Deutschlands, Italiens, Großbritanniens, Frankreichs und der USA kategorisch ab, da sie eine inakzeptable Einmischung in die inneren Angelegenheiten Libyens darstelle und nicht dem nationalen Konsens diene, der nach Monaten harter Arbeit endlich erreicht worden sei.
Die fünf Botschaften hatten alle libyschen Institutionen dazu aufgerufen, sich auf die am 24. Dezember geplanten Wahlen vorzubereiten. Auch die GNU-Übergangsregierung und das Parlament sollten sich auf eine verfassungsmäßige und rechtliche Grundlage für die Wahlen einigen. „Zusätzlich zu den politischen und sicherheitstechnischen Vorkehrungen werden die technischen und logistischen Vorbereitungen entscheidend sein“, hieß es in der Erklärung.
https://libyareview.com/12624/libyan-parliament-euro-american-statement-is-example-of-unacceptable-interference/

+ 08.05.: Westliche Botschaften/Hoher Staatsrat. Auch der Hohe Staatsrat äußerte sich sehr kritisch über das Statement der westlichen Botschaften: „Diese Erklärung wird als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Libyens betrachtet und bestätigt, dass die Verletzung der libyschen Souveränität nicht nur von der Anwesenheit ausländischer Söldner vor Ort abhängt, sondern sich durch den Versuch manifestiert, ausländische politische Diktate aufzuzwingen, die kategorisch abgelehnt werden“.
https://www.libyaherald.com/2021/05/08/hsc-accuses-leading-foreign-states-of-interference-in-libyas-decision-making-process/

+ 08.05.: Italienische Fischer. Vor wenigen Tagen waren drei italienische Schifferboote in die libyschen Hoheitsgewässer eingedrungen, worauf sie von einem Patrouillenboot der libyschen Küstenwache beschossen wurden. Die Trawler wurden beschädigt und ein Fischer verletzt. Die Küstenwache will allerdings nur Warnschüsse in die Luft abgegeben haben. Es griff ein italienisches Marineschiff in das Geschehen ein und rettete die Fischer. Wie die italienische Marine bestätigte, handelte es sich bei dem Boot der Küstenwache um ein Patrouillenboot, das der libyschen Küstenwache 2018 von Italien zum Abfangen von Migranten geschenkt worden war. Die italienische Regierung protestierte.
https://libyareview.com/12639/libyan-coastguard-boat-that-shot-italian-fisherman-was-gift-from-rome/

06.05.: EU-Armee. Laut einem EU-Beamten haben 14 EU-Länder, darunter Deutschland und Frankreich, eine schnelle militärische Eingreiftruppe vorgeschlagen. Es soll endlich zur Bildung einer europäischen Armee von zunächst 5.000 Soldaten kommen, zusätzlich sollen Schiffe und Flugzeuge eingesetzt werden. Damit soll „demokratischen ausländischen Regierungen“ geholfen werden, die „dringend Hilfe benötigen“. Bei einem Treffen der EU-Verteidigungsminister unter dem Vorsitz von Josep Borrell wird dieser Vorschlag diskutiert. Borrell ist für seine Kritik an der EU am "zögerlichen intervenieren im Ausland" beispielsweise Libyen bekannt.
https://de.rt.com/europa/117075-sprache-der-macht-engere-militaerische-zusammenarbeit-eu-usa/
Neokolonialismus pur: Vor dem Westen kuschende Politiker an die Macht und damit sie dort auch bleiben, europäisches Militär nach Afrika.

[siehe auch: https://de.rt.com/afrika/117116-mosambik-eu-militareinsatz-fur-erdgas/]

+ 09.05.: Palästina/Al-Aqsa-Moschee. Das libysche Außenministerium zur Stürmung der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem durch israelisches Militär: „Libyen verurteilt die Praktiken der Besatzungsbehörden im Zusammenhang mit der Zwangsvertreibung palästinensischer Familien aus der heiligen Stadt Jerusalem. All dies stellt eine Provokation der Gefühle von Muslimen auf der ganzen Welt und eine eklatante Verletzung der Regeln des internationalen und humanitären Rechts dar.“ Libyen ruft die internationale Gemeinschaft auf, ihre rechtliche und moralische Verantwortung für den Schutz des palästinensischen Volkes und für die Erhaltung und den Schutz der Ausübung religiöser Riten und der heiligen und historischen Stätten der Muslime und Christen in den besetzten palästinensischen Gebieten wahrzunehmen.
https://libyareview.com/12658/libya-condemns-storming-of-al-aqsa-mosque-by-israeli-police-forces/

+ 12.05.: Palästina/Menfi. Während eines Telefongesprächs des Vorsitzenden des libyschen Präsidialrats, Mohammed al-Menfi, mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, bekräftigte Menfi die „grenzenlose Unterstützung für die palästinensische Sache bis zur Errichtung ihres unabhängigen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt“ und lobte die „Standhaftigkeit des palästinensischen Volkes angesichts der israelischen Besatzung.“
http://en.alwasat.ly/news/libya/320169

+ 10.05.: Kulturgutrückgabe. Großbritannien gab die 1.800 Jahre alte Statue der Göttin Persephone an Libyen zurück. Sie war 2013 vom britischen Zoll in einem Lagerhaus in Heathrow beschlagnahmt worden.
https://libyareview.com/12673/uk-returns-1800-year-old-statue-to-libya/

+ 11.05.: Kopfbedeckung/Einheit. Drei Kopfbedeckungen, die die Einheit Libyens versinnbildlichen: Ein roter Hut für den Osten, ein weißer Turban für den Süden und ein schwarzer Hut für den Westen.
https://twitter.com/ThisIsLibya/status/1391520493346426880/photo/1

13.05.2021