Montag, 29. März 2021

Kurznachrichten Libyen – 25.03.2021

Libyen. LNA-Kommandant fällt Attentat zum Opfer / Friedensaktivist verschleppt und sein Kamel geschlachtet / Maas auf Kurzbesuch in Tripolis / Menfi in Paris und Kairo

Angelika Gutsche |

Attentat auf LNA-Kommandanten al-Werfalli

+ 24.03.: Mahmoud Mustafa al-Werfalli, Kommandant der Eliteeinheit der Libyschen Nationalarmee (LNA), wurde in Bengasi ermordet. Bewaffnete eröffneten auf ihn und seine Begleiter das Feuer. Ein Begleiter Werfallis starb noch vor Ort, Werfalli später in einer Klinik in Bengasi.
Werfalli – ein Hassobjekt der Dschihadisten. Am 23. Januar 2018 verübten Dschihadisten vor einer Moschee in Bengasi ein Doppelattentat, bei dem über 40 Menschen starben und mehr als 80 zum Teil schwer verletzt wurden. Die Moschee wurde von Anhängern eines politisch neutralen Islams besucht. Zwei Tage nach dem tödlichen Anschlag erschoss al-Werfalli vor dieser Moschee zehn Gefangene der LNA, die dem IS und anderen extrem-islamistischen Gruppen zugerechnet wurden, bei einer außergerichtlichen Exekution. Der IStGH verhängte gegen al-Werfalli einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1374769283499188224
https://twitter.com/LibyaReview/status/1374768618685235200
https://www.freitag.de/autoren/gela/terroranschlag-in-bengasi-mit-34-toten
IS und al-Kaida nahe Gruppen scheinen erneut zu versuchen, den Aussöhnungsprozess in Libyen zu zerstören.

Gefangennahme eines Friedensaktivisten und Schlachtung seines Kamels/Zawiya.

24.03.: Der junge Libyer Abdel-Ali al-Habouni war auf einer Friedensmission unterwegs als er in der Stadt Zawiya (an der Mittelmeerküste, westliche von Tripolis) von Milizen gefangengenommen und sein Kamel geschlachtet wurde. Zawiya ist das führende Schmuggler- und Schleusernest an der libyschen Küste. Dort ist auch die Libysche Küstenwache von Zawiya beheimatet.
Zunächst war auch der Bürgermeister von al-Radschban (nahe al-Dschamail) und sein Stellvertreter verhaftet worden, später wurden sie aber wieder freigelassen. Künstler und Repräsentanten der Gemeinde von Radschban hatten al-Habouni freudig begrüßt.
Al-Habouni war zunächst weit im Osten Libyens von seinem Heimatort Imsaad (nahe Tobruk) zu Fuß zu einer 9.000 Kilometer langen Friedensreise aufgebrochen, die ihn durch alle Regionen des Landes führte und an der Grenze zu Tunesien enden sollte. In Tobruk schenkten ihm Angehörige seines Stammes, der al-Haboun, für die Weiterreise ein Kamel, das ihm in Zawiya weggenommen und geschlachtet wurde.
Während seiner Reise hatte al-Habouni Botschaften des Friedens und der Liebe an die Bewohner Libyens gesandt.
Der al-Haboun-Stamm hat seine Gefangennahme verurteilt, sieht sich aber weiterhin dem Friedensgedanken verpflichtet und erklärte: „Diese Tat fällt nur auf die Täter zurück. Vielleicht leiden die ehrlichen Menschen von Zawiya genauso unter der Trauer und bedauern diese Tat ebenso wie wir“. Sie forderten die „ehrenwerten Scheichs von Zawiya“ auf, schnell zu intervenieren, um al-Habouni freizulassen und seine Sicherheit zu garantieren. „Wir bekräftigen, dass es kein Leben ohne Frieden gibt und Frieden gleich Leben ist“, heißt es in der Erklärung.
https://twitter.com/ThisIsLibya/status/1374454382134054915
https://libyareview.com/11373/libyan-militias-kidnap-peace-traveler-al-habouni-in-zawiya-kill-his-camel/
https://libyareview.com/11386/al-habounis-tribe-condemns-his-arrest-in-zawiya-demand-his-release/
https://www.freitag.de/autoren/gela/kraftstoffschmuggel-im-grossen-stil-1

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+ 25.03.: D/IT/F/Tripolis. Der deutsche Außenminister Heiko Maas ist zusammen mit seinen französischen und italienischen Amtskollegen zu einem Kurztrip in Tripolis eingetroffen. Sie wurden von der libyschen Außenministerin Najla al-Mangoush empfangen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1375056978196717570

23.03.: Frankreich/Koni/Menfi. Der französische Präsident empfängt Libyens Präsidialratsvorsitzenden Mohamed al-Menfi und seinem Stellvertreter Musa al-Koni zu Beginn ihres offiziellen Frankreich-Besuches im Élysée-Palast. Macron forderte alle ausländischen Streitkräfte auf, sich unverzüglich aus Libyen zurückzuziehen. Es ist der erste Auslandsbesuch von Menfi und Koni seit Amtsantritt.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1374417845895847936
Frankreich soll weder Deutschland noch Italien vorab über den Besuch informiert haben.

+ 24.03.: Frankreich/Menfi/Koni. Während des Treffens mit Menfi und Koni in Paris sagte der französische Präsident Emmanuel Macron, dass ab kommender Woche die französische Botschaft in Tripolis wieder eröffnet werden wird. Frankreich will helfen, die Kontrolle über die libyschen Grenzen mit Hilfe der Anrainerstaaten wieder herzustellen. Länder, die Libyen destabilisieren wollen, sollen an diesem Vorhaben gehindert werden.
https://www.libyaherald.com/2021/03/24/france-to-support-ceasefire-and-stability-in-libya-secure-borders-and-reopen-embassy-monday-macron/
Frankreichs hat großes Interesse, die Kontrolle über die angrenzenden Sahelstaaten wie Niger und Tschad, woher es wichtige Rohstoffe bezieht, aufrechtzuerhalten.

+ 25.03.: Ägypten/Menfi. Der ägyptische Präsident as-Sisi begrüßte den Vorsitzenden des libyschen Präsidialrats Mohammed al-Menfi in Kairo. Diskutiert werden soll die Zusammenführung der militärischen Streitkräfte in Libyen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1375097345394802689

+ 25.03.: Freilassung Gefangener. Der libysche Parlamentarier Misbah Douma: „Die Freilassung von Gefangenen – ob ohne Gerichtsverfahren gefangengenommen, oder, obwohl für unschuldig befunden, weiter festgehalten, oder zum Zwecke der Erpressung verschleppt – ist der erste Schritt zu einer umfassenden Versöhnung und zur Wahrung der Würde der libyschen Bürger.“
https://libyareview.com/11390/libyan-mp-settling-prisoner-issue-first-step-for-comprehensive-reconciliation/

+ 24.03.: Dezember-Wahlen. Die Bewegung 24. Dezember kämpft für die Abhaltung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 24. Dezember 2021. Jeder 24. eines Monats soll ein Tag sein, an dem das Recht der Libyer auf nationale Gesetzlichkeit bekräftigt wird, um den Zustand der getrennten Gebiete zu beenden. Der Erfindung von Ausreden, um die Wahl zu verhindern, müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Auch müssten die alten Wählerlisten annulliert und neue erstellt werden. Das Parlament wird aufgefordert, die Umsetzung des Fahrplans zu beschleunigen.
https://almarsad.co/en/2021/03/24/7213_elections/

+ 24.03.: Verwaltungsdistrikte. Der Sprecher der GNU-Übergangsregierung Mohamed Hammouda gab bekannt, dass bei einem Ministertreffen vereinbart wurde, ein neues Verwaltungssystem zu errichten. Libyen soll in 13 Provinzen unterteilt werden, um Befugnisse dezentraler zu gestalten, jedoch ohne die Befugnisse der Gemeinderäte einzuschränken.
https://libyareview.com/11408/new-libyan-government-our-priorities-are-the-covid-19-pandemic-solving-the-electricity-crisis/
Im Moment gibt es 22 Munizipien.

23.04.: Covid-19/Sirte. Wegen der sich verschlechternden Pandemiesituation ist in der Stadt Sirte eine teilweise Ausgangssperre in Kraft getreten. Es bestehe in den Kliniken ein akuter Mangel an Versorgung mit Sauerstoff.
https://libyareview.com/11367/partial-curfew-imposed-in-sirte-due-to-covid-19/

+ 23.03.: EU/Kani-Miliz/Sanktionen. Die EU verhängte Sanktionen gegen die Gebrüder Mohamed Khalifa al-Kani und Abdul Rahim al-Kani, Anführer der Kani/Kaniyat-Miliz aus Tarhuna. Ihnen werden Menschenrechtsverletzungen und außergerichtliche Tötungen vorgeworfen. Zunächst waren die Kani-Brüder mit der ‚Einheitsregierung‘ verbündet, liefen dann aber zur LNA über. Die in Tarhuna in Massengräbern gefundenen Ermordeten gehen auf das Konto der Kani-Miliz.
https://www.libyaherald.com/2021/03/23/eu-imposes-sanctions-on-kani-brothers-of-tarhuna/
siehe auch: https://www.freitag.de/autoren/gela/die-massengraeber-von-tarhuna
Die Kani-Brüder sind nicht die einzigen, die sanktioniert gehören. Was ist mit den Verbrechen von Bashagha, Kara, Kikli?

+ 24.03.: UN/Kubis/Menschenrechtsverbrechen. Der UN-Sondergesandte für Libyen, Jan Kubis, hielt sein erstes Briefing vor dem UN-Sicherheitsrat. Er sagte unter anderem, dass die UN-Mission weiterhin „Fälle von Tötungen, Entführungen, Angriffen auf Aktivisten und Hassverbrechen“ dokumentiere. Menschenrechtsverbrechen würden in Libyen weiterhin fortgesetzt. Er zeigte sich besorgt über außergerichtliche Tötungen und willkürliche Verhaftungen, von letzteren seien im Moment mehr als 8.000 Menschen betroffen. „Die Meinungsfreiheit ist in großer Gefahr, bewaffnete Gruppen operieren unkontrolliert“.
http://en.alwasat.ly/news/libya/315245
https://www.libyaherald.com/2021/03/25/jan-kubis-first-brief-to-unsc-is-cautiously-upbeat-after-formation-of-libyas-reunified-government/

+ 23.03.: Übergangsregierung (Tobruk)/GNU-Regierung. Die bisherige libysche Übergangsregierung mit Sitz im östlichen Libyen übergab offiziell die Macht an GNU-Übergangsregierung.
https://www.libyaherald.com/2021/03/23/eastern-based-libyan-government-hands-over-to-unified-government-of-national-unity-libya-finally-has-one-government/
Jetzt behaupten alle westlichen Staaten, wie sie sich freuen würden, dass Libyen endlich wieder eine geeinte Regierung hat. Dabei haben sie all die Jahre darauf hingearbeitet, Libyen zu spalten.

+ 24.03.: GB/IRA/Eingefrorene Gelder. Die britische Regierung gab bekannt, dass die „eingefrorenen Vermögenswerte nicht von der britischen Regierung beschlagnahmt werden dürfen“, um Opfer der IRA zu entschädigen, die Verletzungen durch angeblich von Libyen gelieferte Waffen erlitten haben. Es sollen auch keine öffentlichen Mittel Großbritanniens zur Opferentschädigung verwendet und diese dann vom libyschen Staat zurückgefordert werden. Der libysche Staat solle sich direkt mit den Opfern ins Einvernehmen setzen. Dies sei aber wegen der momentanen politischen Lage in Libyen praktisch nicht möglich.
https://libyareview.com/11380/uk-rules-out-using-libyan-assets-to-compensate-ira-victims/

+ 22.03.: Nato/Libyen/Mauretanien. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, dass er die Bildung der GNU-Übergangsregierung begrüße ebenso wie Schritte, die den Weg zu Dezember-Wahlen ebnen würden. „Die NATO unterstützt weiterhin voll und ganz den Friedensprozess unter der Führung der Vereinten Nationen. Und dann werden wir darauf zurückkommen müssen, ob die Zeit für die NATO reif ist, Libyen auch beim Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen, aber das muss zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden“.
Er fügte hinzu: „Der Präsident von Mauretanien besuchte kürzlich die NATO und bat um Unterstützung im Kampf gegen Terroristen, und wir werden ein Expertenteam nach Mauretanien schicken, um uns mit ihnen zusammenzusetzen und zu besprechen, was wir tun können, um zu helfen.“
https://libyareview.com/11340/nato-welcomes-new-libyan-government/
Die Nato spielt sich als Weltpolizist auf. Die „Hilfe“, die es Libyen 2011 zukommen ließ, wird unvergesslich bleiben.

 

 

Mittwoch, 24. März 2021

Kurznachrichten Libyen – 22.03.2021

Libyen. 19.03.2011: Beginn des Bombenkriegs gegen Libyen / Klage gegen Sarradsch und Erdogan am IStGH eingereicht / Korruptionsvorwürfe gegen neue und alte Einheitsregierung

Angelika Gutsche  

Zum zehnten Mal jährt sich der Tag, an dem die Nato ihren Angriffskrieg gegen Libyen begann

19.03.2011: Manlio Dinucci gibt auf Voltaire.net eine Antwort auf die Frage: „Warum die NATO Libyen vor zehn Jahren zerstörte“. Dinucci weist darauf hin, dass Libyen eigentlich ein Verbündeter der USA im Kampf gegen Dschihadismus und extremistische Gruppierungen des politischen Islams war und hält die US-amerikanische Raffgier für den wichtigsten Kriegsgrund.
Zunächst unter dem Kommando von Africom, dann unter Nato-Kommando kamen in Libyen Kampfjets zum Einsatz, wurde von Flugzeugträgern und Kriegsschiffen aus Krieg gegen Libyen geführt. Doch „schon vor der Luftoffensive wurden in Libyen regierungsfeindliche Stämme und islamistische Gruppen finanziert und bewaffnet und von Spezialeinheiten, insbesondere aus Katar, infiltriert, um die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Landes auszuweiten“.
Dinucci: „So wird dieser afrikanische Staat zerstört, der, wie die Weltbank 2010 dokumentierte, ein >hohes Wirtschaftswachstum< erzielte mit einem jährlich um 7,5 Prozent wachsenden BIP und >hohe Indikatoren für die menschliche Entwicklung< verzeichnete, darunter den allgemeinen Zugang zu Grund- und Sekundarbildung und mehr als 40 Prozent Universitätsabsolventen. Trotz der Disparitäten war der durchschnittliche Lebensstandard in Libyen höher als in allen anderen afrikanischen Ländern. Etwa zwei Millionen Einwanderer, die meisten von ihnen aus Afrika, fanden dort Arbeit. Der libysche Staat mit den größten Reserven an Erdöl und Erdgas in Afrika, begrenzte die Gewinnmargen für ausländische Konzerne. Dank des Rohstoffexports wies die libysche Handelsbilanz einen Jahresüberschuss von 27 Milliarden Dollar auf. Der libysche Staat investierte im Ausland rund 150 Milliarden Dollar. Die libyschen Investitionen in Afrika waren entscheidend für das Vorhaben der Afrikanischen Union, drei Finanzorganisationen zu schaffen: den Afrikanischen Währungsfonds mit Sitz in Yaoundé (Kamerun), die Afrikanische Zentralbank mit Sitz in Abuja (Nigeria), die Afrikanische Investitionsbank, mit Sitz in Tripolis. Diese Organisationen hätten es ermöglicht, einen gemeinsamen afrikanischen Markt und eine gemeinsame Währung zu schaffen.
Es war kein Zufall, dass der NATO-Krieg zur Zerstörung des libyschen Staates nicht einmal zwei Monate nach dem Gipfel der Afrikanischen Union begann. Diese hatte am 31. Januar 2011 grünes Licht für die Gründung des Afrikanischen Währungsfonds gegeben, wie aus den von WikiLeaks veröffentlichten E-Mails der damaligen Außenministerin der Obama-Regierung, Hillary Clinton, hervorgeht. Ziel der USA und Frankreichs war es, Gaddafi zu eliminieren, bevor er die Goldreserven Libyens nutzten konnte, um eine pan-afrikanische, alternative Währung zum US-Dollar und zum CFA-Franc (diese Währung hatte Frankreich seinen 14 ehemaligen Kolonien aufgezwungen) zu schaffen. Dies wird auch dadurch belegt, dass 2011 noch vor Beginn des Bombardements, die Banken in Aktion traten: Sie konfiszierten die 150 Milliarden USD, die der libysche Staat im Ausland investiert hatte und von denen der größte Teil verschwunden ist. Bei diesem Raubzug tat sich besonders die mächtigste US-Investmentbank Goldman Sachs hervor, deren Vizepräsident Mario Draghi war.“
In der Nachfolge des Krieges wurden afrikanische Migranten unter der Beschuldigung, >Gaddafi-Söldner< zu sein, in Käfige gesteckt, gefoltert und ermordet. In Tawerga wurde eine ethnische Säuberung durchgeführt. Fast 50.000 libysche Bürger seien vertrieben worden. Dinucci macht auch das italienische Parlament für diese Gräuel verantwortlich, das am 18. März 2011 dafür stimmte, >jede Initiative (d.h. Kriegseintritt Italiens gegen Libyen) zu ergreifen, um den Schutz der Menschen in der Region zu gewährleisten<.
Laut Dinucci stecken sich heute bestimmte Machtgruppen und multinationale Konzerne, begünstigt durch die chaotische Situation im Land, die Erdöleinnahmen in die Taschen. Der Lebensstandard der Libyer sei eingebrochen, für chaotische Migrationsströme seien Menschenhä
https://www.voltairenet.org/article212441.html

Nato-Krieg/Geheimverhandlungen/Saif al-Islam Gaddafi. Der britische Independent berichtete über Geheimgespräche, die von Norwegen 2011 vermittelt worden waren mit dem Ziel, den Nato-Krieg gegen Libyen zu beenden. Letztendlich seien diese Verhandlungen gescheitert, mit den bekannten Folgen.
Der damalige norwegische Außenminister Jonas Store, der an den Verhandlungen 2011 teilnahm, beschuldigte Frankreich und Großbritannien, sich einer Verhandlungslösung in Libyen widersetzt zu haben. Er habe nicht das Gefühl gehabt, dass London und Paris über eine diplomatische Option nachdenken wollten: „Wenn in der internationalen Gemeinschaft der Wunsch bestanden hätte, diesen Weg mit einigem Engagement zu verfolgen, denke ich, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, ein weniger dramatisches Ergebnis zu erzielen und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu vermeiden“.
Dem damaligen französischen Präsidenten Sarkozy und dem britischen Premier Cameron wird vorgeworfen, die damalige libysche Dschamahirija-Regierung um jeden Preis gestürzt haben zu wollen. Am 17. März 2011 stimmten die UN für eine Nato-Intervention. In den nächsten sieben Monaten wurden Hunderte von Luftangriffen gegen Libyen geflogen.
Gaddafis Verbündete hätten versucht zu verhandeln. Saif al-Islam Gaddafi habe zu diesem Zweck hochrangige norwegische Beamte nach Tripolis eingeladen. Store berichtet, dass sich „zu der Zeit, als die UN-Resolution in New York verabschiedet wurde, zwei hochrangige norwegische Beamte mit Saif al-Islam im Präsidentenpalast in Tripolis aufhielten. Als die ersten NATO-Luftangriffe bevorstanden, mussten sie eilig über die Grenze nach Tunesien gebracht werden, um ihre Sicherheit zu gewährleisten“.
Norwegen beteiligte sich anschließend an der Bombardierung und warf 600 Bomben über Libyen ab. Gleichzeitig habe der damalige norwegische Premierminister und heutige Nato-Generalsekretär Stoltenberg seinen Außenminister Store darum gebeten, die Geheimverhandlungen fortzuführen. Nach wochenlangen Verhandlungen habe Store am 27. April 2011 in einem Osloer Hotelzimmer ein Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Dschamahirija und der libyschen ‚Opposition‘ vermittelt. Die Dschamahirija war durch Mohammed Ismail, Saif al-Islams rechte Hand, vertreten, die ‚Opposition‘ durch Ali Zeidan, der dem Nationalen Übergangsrat angehörte. Es habe einen „umfassenden Plan“ zur Beendigung des Kriegs gegeben. Muammar al-Gaddafi sei bereit gewesen, auf die Macht zu verzichten, wollte aber das Land nicht verlassen. Erst ganz zum Schluss habe sich Gaddafi doch noch bereit erklärt, ins Exil zu gehen. Allerdings seien laut Store die großen westlichen Länder nicht an einer Verhandlungslösung interessiert gewesen: „Wenn es den Willen dazu gegeben hätte, wäre eine Art Waffenstillstand möglich gewesen, um diplomatische Schritte zu ergreifen.“ Doch der politische Wille fehlte.
Store, der jetzt Norwegens oppositionelle Arbeiterpartei führt, kam zu dem Schluss, dass das Scheitern dieser Verhandlungen umso tragischer war, als dadurch Libyen für die nächsten zehn Jahre zum „Schlachtfeld für andere Länder“ wurde.
http://en.alwasat.ly/news/libya/314641

Russland: Laut einer Stellungnahme Moskaus zerstörte die Intervention der Nato in Libyen die Staatlichkeit und ließ Terrorismus und Migrationskrise ansteigen. Dies sollte die tatsächlichen Kosten einer Politik des Regime-Change deutlich machen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1373057530474205188

Klage vor dem IStGH gegen Erdogan und Sarradsch stattgegeben

IStGH/Erdogan/Sarradsch. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat eine Klage gegen den türkischen Präsidenten Recep Erdogan und den ehemaligen Chef der libyschen ‚Einheitsregierung‘, Fayez as-Sarradsch, wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen stattgegeben. Die Klage hatte die libysche Organisation der Opfer von Terrorismus und Extremismus in Zusammenarbeit mit dem Afro-Asiatischen Zentrum für Studien und Beratungen eingereicht. Erdogan, Sarradsch, türkischen Militärs, libyschen Regierungsangehörigen und Milizenführern werden Verstöße gegen 33 UN-Resolutionen vorgeworfen. Nach Angaben der italienischen Agentur Nova heißt es in der Anklageschrift, dass „Erdogan, Sarradsch und die anderen Genannten zwanzig Kriegsverbrechen in Libyen ausgeführt haben, die nach internationalem Recht strafbar sind und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gelten.“ Weiter heißt es: „Sie haben kollektiv eklatante Verstöße gegen internationale Konventionen wie die Charta der Vereinten Nationen und die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zum Fall Libyen auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta begangen. Die Betreffenden haben gegen die Resolution Nr. 1970 des Sicherheitsrates verstoßen, die den Verkauf und den Export von Waffen an Libyen verbietet, sowie gegen die nachfolgenden diesbezüglichen Beschlüsse, insgesamt mehr als 33, von denen die vielleicht wichtigsten die Resolution 1973, die Resolution 2420 und die Resolution 2292 sind.“
Darüber hinaus hätten die Beschuldigten „gegen internationale Konventionen und Verträge verstoßen, die das Verbot, die Finanzierung, die Ausbildung und den Einsatz von Söldnern vorschreiben.“
Sie verletzten auch die „internationale Konvention zur Bekämpfung der Rassendiskriminierung, das Internationale Seerechtsabkommen, die Wiener Konventionen über internationale Verträge, das Internationale Abkommen über die Zivilluftfahrt und andere relevante internationale Verträge und Abkommen.“
Die libysche Organisation für Opfer von Terrorismus und Extremismus präsentierte in Zusammenarbeit mit dem Afro-Asiatischen Zentrum eine Dokumentenmappe, die etwa zwanzig der von Erdogan und as-Sarradsch in den libyschen Gebieten begangenen Verbrechen dokumentiert.
Die Beschwerde schloss damit, dass Erdogan und as-Sarradsch auch „das Verbrechen der direkten und öffentlichen Aufstachelung zur Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, der Verbreitung von Hass und der Unterstützung oder Ermutigung zur Planung oder Vorbereitung solcher Verbrechen sowie das Verbrechen des Transports, der Ausbildung, der Finanzierung und der Rekrutierung von Söldnern begangen haben.“
Die Türkei verstoße weiterhin gegen das Waffenstillstandsabkommen in Libyen, indem sie die Milizen der ehemaligen Sarradsch-Regierung unterstützt, eine militärische Luftbrücke mit Libyen unterhält, obwohl das Land gerade eine neue Aufbauphase zur Vereinheitlichung seiner Institutionen und zur Wiederherstellung seiner Stabilität begonnen habe.
Die Türkei kontrolliere eine Reihe von Militär-, Luft- und Seestützpunkten im Westen Libyens, von denen der bekannteste der Stützpunkt al-Wataya ist. Und trotz des Ablaufs der Frist für den Abzug der Söldner aus Libyen rekrutiere die Türkei nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle immer noch Söldner innerhalb der syrischen Gebiete in Vorbereitung auf ihre Verlegung in libysches Land.
https://aw-journal.com/20-war-crimes-the-international-criminal-receives-a-lawsuit-against-erdogan-and-al-sarraj/

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+ 19.02.: GNU-Minister al-Lafi/Verbrechen. Wegen schwerer Vorwürfe gegen den GNU-Minister für politische Angelegenheiten Walid al-Lafi hat die libysche Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Al-Lafi werden nicht nur Korruption und Erpressung vorgeworfen, sondern er soll auch islamistische Extremisten in Bengasi unterstützt haben.
Al-Lafi soll den Direktor einer libyschen Firma betrogen und mit Entführung gedroht haben und ihn zusammen mit Atef Bakra zur Zusammenarbeit mit Importfirmen gezwungen haben. Bakra hat bereits mehrere zusammen mit Lafi begangene Verbrechen gestanden. Seit 2012 gehört Bakra der Moslembruderschaft an.
Laut Bakra habe Lafi eine Firma unter dem Namen Safeer Logistics gegründet sowie ein Büro für Finanztransfer- und Handel, das auf dem Schwarzmarkt zur Geldwäsche eingesetzt wurde.
Weiter wurde bekannt, dass Bakra und Lafi für Treffen mit dem italienischen Geheimdienst nach Italien gereist waren. Zurück in Tripolis hätten sie versucht, Personen für den italienischen Geheimdienst anzuwerben. Im Gegenzug sollten sie hohe Positionen in Libyen erhalten. Bei einer Party, bei der reichlich Alkohol floss, wurden Politiker und Medienschaffende fotografiert und anschließend erpresst. Sie sollten dazu gezwungen werden, Lafi politisch zu unterstützen.
https://libyareview.com/11227/new-libyan-minister-accused-of-supporting-terrorists-in-benghazi/
Das riecht nach Landesverrat.

18.03.: Gesundheitswesen. Der neue Gesundheitsminister der GNU-Übergangsregierung Ali az-Zenati will keine den medizinischen Bereich betreffenden Auslandsschulden begleichen. Zuerst müsse eine Überprüfung stattfinden. Zenati: „Für das Geld, das für Behandlungen im Ausland ausgegeben wurde, hätten mindestens drei medizinische Zentren von Weltniveau im Osten, Westen und Süden Libyens erbaut werden können.“ Nun sollen Prüfungskomitees gebildet werden.
Herz-, Tumor- und Gehirnoperationen sollten nicht mehr im Ausland durchgeführt, sondern Ärzte sollten nach Libyen geholt werden.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1372662581249331206
Das Gesundheitssystem für die normale Bevölkerung in Libyen ist am Kollabieren.

+ 21.03. Staatshaushalt. Die GNU-Übergangsregierung von Premierminister Dabaiba hat bekannt gegeben, dass sie dem Parlament ein Budget in Höhe von 96 Milliarden LD vorgeschlagen hat, das in der Hauptsache aus Erdöleinnahmen finanziert werden soll.
An dem Budget wird starke Kritik geübt. Es gebe keine staatlichen Institutionen, die die Ausgaben angemessen überwachen könnten. Ein großes Budget für eine Regierung, die nur neun Monaten im Amt bleiben soll, würde zu weiterer Korruption ermutigen, denn die vorgesehenen Mittel für mittel- oder langfristige Entwicklung könnten gar nicht eingesetzt werden. Auch werde die in Korruption verstrickte Sarradsch-‚Einheitsregierung‘ nicht zur Rechenschaft gezogen.
Es wird vermutet, dass die GNU-Übergangsregierung überhaupt nicht plant, Wahlen abzuhalten, sondern über den Dezember hinaus im Amt bleiben will.
https://www.libyaherald.com/2021/03/21/2021-budget-of-ld-96-billion-proposed-by-gnu-to-parliament/

+ 21.03.: Nachrichtenagentur LANA. Die für alle offiziellen staatlichen Medien zuständige Libyan Media Corporation gab bekannt, dass die seit des dschihadistischen Putsches durch den Libya Dawn von 2014 gespaltene libysche Nachrichtenagentur LANA, ehemals Dschamahirija News Agency, wieder vereinheitlicht und für das ganze Land zuständig ist.
https://www.libyaherald.com/2021/03/21/libya-reunifies-official-state-news-agency-lana/
Es stellt sich die Frage, wer in Libyen wirklich die Strippen zieht. Diese Einigungen und recht positiven Entwicklungen sind schwerlich auf die erst wenige Tage im Amt befindliche und politisch leichtgewichtige GNU-Übergangsregierung zurückzuführen.

+ 19.03.: Tuareg/Ubari. Die Tuareg-Gemeinschaft in Ubari hat nach jahrelangen Unstimmigkeiten die Vereinigung ihrer beiden Sozialräte angekündigt. Ab nun repräsentiert ein einziger Sozialrat ihren Stamm.
https://twitter.com/FezzanLibyaOrg/status/1372996131228160008

+ 20.03.: Wahlen 2021. Der Leiter der Libyan Media Corporation (LMC), Mohamed Baio, sagte, dass Wahlen nicht zur Debatte stehen, sondern dass die Durchführung von Wahlen eine nationale Entscheidung darstellen. Darüber könne nicht diskutiert werden. Wörtlich: „Oh, ihr Tölpel und Hinterlistigen, behaltet eure Meinungen für euch und lasst die Libyer ihre Legitimität und ihr Heimatland zurückgewinnen.“
Bereits vor einigen Tagen hatte sich eine Gruppe zur „Bewegung für die Abhaltung von Präsidentschaftswahlen“ gegründet. Sie setzt sich für die Abhaltung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zum 24. Dezember 2021 ein.
https://libyareview.com/11284/libyan-official-elections-are-an-undisputed-national-choice/
Zwar steht die libysche Bevölkerung den GNU-Vorhaben wie Waffenstillstand, Öffnung der Küstenstraße, Zusammenführung der libyschen Institutionen, Vereinigung und Aussöhnung des Landes und Wahlen im Dezember sehr positiv gegenüber. Das sollte aber nicht verwechselt werden mit einer Zustimmung für die jetzt ins Amt gehievte GNU-Übergangsregierung unter Dabaiba, die zu großen Teilen der Moslembruderschaft nahesteht und stark türkeilastig ist.

+ 20.03.: Leichenfund. Al-Hadath hatte über Leichenfunde in Bengasi berichtet. Dabaiba habe den Generalstaatsanwalt gebeten, diesbezüglich Ermittlungen aufzunehmen.
Das Sicherheitszentrum von Bengasi dementierte: Gerüchte über den Fund von Leichen seien absolut unbegründet.
https://almarsad.co/en/2021/03/19/the-benghazi-joint-security-room-denies-any-bodies-were-found-near-a-cement-factory-in-the-city/

+ 20.03.: Syrische Söldner. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) bekamen die von der Türkei nach Libyen gebrachten syrischen Söldner den Befehl, zu packen und sich auf ihre Rückkehr nach Syrien vorzubereiten.
Augenblicklich sollen sich 6.750 syrische Söldner in Libyen aufhalten. Eine Frist für ihren Abzug im Januar war verstrichen.
https://libyareview.com/11257/has-turkey-given-its-orders-to-syrian-mercenaries-in-libya-to-return/

+ 19.03.: Landmine. Bei der Explosion einer Landmine in der Gegend von Ain Zara in Tripolis wurde ein Kind getötet und drei weitere verletzt.
http://en.alwasat.ly/news/libya/314642

+ 20.03.: Kriegsrelikte. Laut UNICEF sind in Libyen über eine halbe Million Menschen der Gefahr durch Explosionen von Kriegsrelikten ausgesetzt.
https://libyareview.com/11263/unicef-over-half-a-million-people-in-libya-at-risk-due-to-explosive-war-remnants/

+ 19.02.: Verschleppung. Ein Mitarbeiter der Libyschen Auslandsbank, Abdel-Khaliq Mohamed Misbah Ibrahim, wurde im Zentrum von Tripolis festgenommen. Die UN-Sondermission für Libyen (UNSMIL) forderte die Justizbehörden auf, dafür zu sorgen, dass Ibrahim entweder sofort frei gelassen oder einem Gericht vorgeführt wird.
UNSMIL forderte die GNU-Regierung auch dazu auf, für die Freilassung aller in Libyen illegal festgesetzten Personen zu sorgen.
https://libyareview.com/11243/libyan-official-arrested-in-tripoli/

+ 19.02.: Politische Gefangene. Die neu ernannte GNU-Justizministerin Halima Ibrahim Abdel-Rahman sagte, es werde ein Komitee mit internationaler Beteiligung gebildet, um an der Freilassung libyscher Gefangener in nicht-regulären Gefängnissen zu arbeiten.
https://libyareview.com/11233/libyas-justice-minister-working-on-releasing-detainees/
Das wäre höchste Zeit!

+ 20.03.: Mord. Der Familie des getöteten Mohammed Biyala wird dessen Leichnam übergeben. Der junge Biyala war in Tripolis von Ghniwa al-Kikli getötet worden.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1373374787070873602

+ 21.03.: Covid-19. Über Bani Walid wurde wegen des Covid-19-Ausbruchs eine zweiwöchige Ausgangssperre verhängt und die Stadt wurde abgeriegelt.
In Libyen sollen bisher knapp 2.500 Menschen an (mit?) Covid-19 gestorben sein.
https://libyareview.com/11313/two-week-curfew-in-libyas-bani-walid-due-to-covid-19-outbreak/

+ 21.03.: Diebstahl. Nahe Tripolis sind erneut mehr als vier Kilometer Kupferkabel gestohlen worden. Die Verbindung von Transformatoren wurde unterbrochen, was zu Stromausfällen führte.
https://libyareview.com/11326/gecol-over-4000-meters-of-copper-wires-stolen-near-tripoli/

+ 18.03.: Frankreich/Türkei. Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly erklärte, dass die Türkei versuche, ihren Machtanspruch in Libyen mit Gewalt durchzusetzen. Ankara schaffe in Libyen, Syrien und Aserbaidschan vollendete Tatsachen und beschädige damit die Souveränität der drei Länder.
https://libyareview.com/11221/french-defense-minister-slams-turkey-over-libya/

+ 18.03.: Türkei/LNA. Die Libysche Nationalarmee (LNA) genehmigte türkischen Handelsschiffen das Einlaufen in Häfen im östlichen Libyen.
https://libyareview.com/11215/libyan-army-allows-turkish-merchant-ships-to-enter-eastern-libyan-ports/

+ 19.03.: Militärische Zusammenarbeit/Italien. Der italienische Verteidigungsminister Lorenzo Guerini bestätigte nach einem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin Kramp-Karrenbauer, die militärisch-technische Zusammenarbeit mit dem libyschen Verteidigungsministerium zu vertiefen. Er berief sich auf die Vereinbarung, die im Dezember unterzeichnet worden war.
https://libyareview.com/11224/italian-german-mods-seek-to-bolster-military-cooperation-with-libya/

+ 21.03.: Staatsbesuch/Italien. Der italienische Außenminister Luigi Di Maio kam als erster europäischer Staatsmann zu Gesprächen mit der neuen GNU-Übergangsregierung unter Dabaiba in die libysche Hauptstadt Tripolis.
Bereits vorher fanden Gespräche zwischen Claudio Descalzi vom italienischen Ölkonzern ENI und Dabaiba sowie dem libyschen Erdölminister Mohamed Aoun statt.
https://libyareview.com/11310/libyan-prime-minister-holds-talks-with-italian-foreign-minister/

+ 19.03.: GNU-Übergangsregierung. Sabine Kebir schreibt in Freitag: „In dem zerrütteten Land wurde eine Übergangsregierung bestimmt. Die rivalisierenden Machtzentren handeln vorübergehend im Einvernehmen […] Diese Exekutive des Übergangs hat den Auftrag, sich selbst überflüssig zu machen. Sie soll zum 24. Dezember Wahlen ermöglichen, aus denen dann ein neues Kabinett hervorgehen könnte.“
https://www.freitag.de/autoren/sabine-kebir/einheit-der-gegensaetze

22.03.: Sandsturm in der Sahara (Fessan):
https://twitter.com/FezzanLibyaOrg/status/1374018905233063940

22.03.2021

 

 

 

Kurznachrichten Libyen – 17.03.2021

Libyen. Dabaiba-Regierung übernimmt / UN-Bericht zum Stimmenkauf nicht veröffentlicht / IS-Stützpunkt ausgehoben / Vorwurf von Korruption/Kriegsverbrechen an ‚Einheitsregierung‘

Angelika Gutsche |

+ 17.03.: UN/GNU/Stimmenkauf. Die UN haben sich entschieden, den Teil ihres Berichts, der sich mit den Vorwürfen des Stimmenkaufs zur Bestimmung der neuen GNU-Regierung unter Dabaiba während des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) in Genf befasst, nicht zu veröffentlichen. In dem mehr als 500 Seiten umfassenden Bericht heißt es, dieser Teil werde „für den vertraulichen Anhang des Berichts aufbewahrt“. Es sei „keine weitere Berichterstattung zu diesem Thema vorgesehen“. Eigentlich hatten die UN angekündigt, den Bericht am 17. März vorzulegen.
https://www.libyaherald.com/2021/03/17/un-withholds-from-publication-lpdf-bribery-section-of-its-report/
Was wird von einer Regierung zu erwarten sein, die von der UN bestimmt wurde und wohl nicht nur intransparent, sondern auch mit Stimmenkauf ins Amt kam? Anders kann die Geheimhaltung der Untersuchungsergebnisse ja nicht gedeutet werden. Legitimität und Glaubwürdigkeit der GNU sind gleichzeitig mit ihrem Amtsantritt dahin.

+ 16.03.: Korruption/Regierungen. Die Anti-Korruptionskommission fordert die vollständige Offenlegung der Finanzen, sowohl der scheidenden als auch der neuen Regierung.
https://www.libyaherald.com/2021/03/16/anti-corruption-commission-calls-for-completion-of-financial-disclosure-declarations-by-both-outgoing-and-incoming-governments/

+ 14.03.: Ubari/Drohnen/IS/LNA. Nach mehreren Luftangriffen auf ein Versteck von IS-Kämpfern in Ubari (Südlibyen) stürmte die LNA das Versteck, verhaftete zwei Männer und eine Frau, beschlagnahmte Waffen und brachte die gelagerte Munition zur Explosion.
https://libyareview.com/11106/libyan-army-raids-isis-hideout-in-ubari/
Es wird vermutet, dass der Luftangriff von US-Drohnen ausgeführt wurde, die nahe der Oase Dirkou (Niger) starteten, außerdem, dass die dort gefundenen Waffen aus Misrata stammen.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1371065177580437504

+ 15.03.: LNA/IS/Ubari. Wie die LNA bekannt gab, wurde der IS-Kommandant Mohammed Mailoud Mohammed, alias Abu Omar, in Ubari festgenommen. Er wird beschuldigt, terroristische Operationen in Libyen durchgeführt zu haben, insbesondere einen Angriff auf den Ölhalbmond.
Abu Omar erlitt bei seiner Festnahme eine Schussverletzung.
https://libyareview.com/11116/libyan-army-well-known-isis-commander-abu-omar-captured-in-ubari/

+ 16.03. Amtsübergabe/‘Einheitsregierung‘/GNU. Nachdem am Montag die neue GNU-Regierung vor dem Parlament in Tobruk den Amtseid abgelegt hatte, reisten Premierminister Dabaiba und der Vorsitzende des Präsidialrats, Mohamed al-Minfi, sowie die beiden Stellvertreter Abdullah al-Lafi und Musa al-Koni nach Sirte, um sich dort mit Mitgliedern der 5+5-Militärkommission (JMC) zu treffen. Sie informierten sich insbesondere über die Wiedereröffnung der Küstenstraße und den Abzug der ausländischen Söldner.
Am Dienstag dann übergab in Tripolis der Premierminister der alten ‚Einheitsregierung‘ Fajez as-Sarradsch die Amtsgeschäfte an den Vorsitzenden des neugewählten Präsidialrats, Mohamed al-Menfi. Anwesend waren auch der neue Premierminister der Regierung der Nationalen Einheit (GNU), Abdel-Hamid Dabaiba, und die Mitglieder des Präsidentenrats der Ex-‚Einheitsregierung‘.
Al-Menfi sagte, er wolle an dem Wahltermin zum 24. Dezember 2021 festhalten.
https://libyareview.com/11181/al-sarraj-holds-handover-ceremony-in-tripoli-for-al-mnifi/
https://libyareview.com/11173/libyan-military-committee-calls-for-security-council-to-withdraw-all-mercenaries-from-libya/

+ 16.03.: Außenministerium. Die neue Außenministerin Najla Mangoush übernahm das Amt von ihrem Vorgänger Mohamed Siala.
https://www.libyaherald.com/2021/03/17/libyas-first-female-foreign-minister-najla-mangoush-takes-over-her-duties/

+ 16.03.: Innenministerium. Auch der neue Innenminister Khaled Mazem übernahm sein Amt von dem bisherigen Amtsinhaber, Fathi Bashagha.
Kurz danach wurde Bashagha gesichtet, wie er weiterhin mit seiner Kolonne gepanzerter Fahrzeuge unterwegs war.
https://libyareview.com/11178/libyas-new-interior-minister-assumes-duties/
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1371904697729232900
Die von der UN-Sondergesandten Stefanie Williams ins Amt gehievte neue Regierung ist also inthronisiert – vorgesehen ist eine Amtszeit nur bis 24.12.2021. Es ist nicht zu erwarten, dass dieser Wahltermin eingehalten wird.

+ 14.03.: Forderungen an Dabaiba: Das Mitglied des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF), Salwa el-Daghili, stellt an die Regierung von Abdel-Hamid Dabaiba grundlegende Forderungen. Dazu zählen, den Aufenthalt ausländischer Militärs und Söldner in Libyen zu beenden, die Milizverbände aufzulösen, die elenden Lebensbedingungen und den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern. Daghili sagte auch, dass „die nationale Versöhnung durch die Freilassung von Gefangenen, die Rückkehr von Vertriebenen und die Vorbereitung von Wahlen am Ende des Jahres eingeleitet werden muss.“
Dabaiba müsse „die Stadt Sirte zum Regierungssitz wählen, damit Entscheidungen unabhängig und ohne Einschüchterung und Zwang [durch Milizen] getroffen werden können“. https://almarsad.co/en/2021/03/14/salwa-el-daghili-dbaibas-government-has-to-end-presence-of-foreign-forces-mercenaries-and-militias/

+ 13.03.: Wirtschaft/GNU. Der erste Erlass (1/2021) der neuen ‚Einheitsregierung‘ (GNU) unter Abdel-Hamid Dabaiba sieht vor, alle Aktivitäten staatlicher Investmentfonds und Unternehmen einzufrieren.
https://www.libyaherald.com/2021/03/13/gnu-freezes-spending-of-state-investment-funds-and-companies/

+ 15.03.: 5+5-Militärkommission. Die 5+5-Militärkommission (JMC) traf sich zu ihrer dritten Sitzung in Sirte. Auch die UN-Beobachtermission nahm an dem Treffen von Militär-, Sicherheits- und Feldkomitees sowie Offiziere der Militärtechnik teil.
https://libyareview.com/11136/un-observers-participate-in-libyan-military-committee-meeting-in-sirte/

+ 14.03.: Milizen/LNA. Laut dem Sprecher des Parlamentspräsidenten al-Marimi sollen libysche Milizionäre in die libysche Armee und Polizei integriert werden. Die 5+5-Militärkommission (JMC) treffe auch Vorbereitungen, Söldner und terroristische Milizen aus Libyen zu evakuieren. Waffen der libyschen Milizen sollen eingezogen werden.
https://libyareview.com/11109/libyan-militiamen-to-be-integrated-into-the-army-and-police/

+ 11.03.: 5+5-Militärkommission. In einem Artikel von MiddleEastMonitor wird die schleppende Umsetzung der Beschlüsse der 5+5-Militärkommission (JMC) beklagt, so sei beispielsweise immer noch keine Öffnung der Küstenstraße erfolgt: „Am 6. März besuchte Dabaiba die kleine Stadt Abu Grain, östlich von Misrata. Er hoffte, der erste Reisende zu sein, der die Straßenblockade überwinden kann und nach Sirte durchkommt; aber er wurde enttäuscht. Die dortigen Streitkräfte weigerten sich, Barrieren und Gräben zu entfernen. Gerüchten zufolge verlangten die regierungstreuen Milizen in Tripolis 250 Millionen Dollar als Gegenleistung für die Öffnung.“
Ebenso sei der Abzug ausländischer Söldner zum 23. Januar geplant gewesen: „Fast zwei Monate später ist noch kein einziger ausländischer Kämpfer oder Söldner abgereist“.
Resümee: „Der Waffenstillstand hält zwar noch, aber der Krieg ist noch nicht vorbei. Zwar beschießen sich die Truppen an der Frontlinie zwischen Sirte und Dschufra nicht mehr gegenseitig, aber die Pattsituation im JMC ist besorgniserregend. Wenn überhaupt, dann deutet es auf die Tatsache hin, dass jede Seite mit Unterstützung ihrer ausländischen Hintermänner immer noch Zweifel am gesamten politischen Prozess des Landes hat.“
„Das Schießen mag aufgehört haben, aber der Finger ist immer noch am Abzug, bereit zu schießen. Die Demobilisierung der Streitkräfte und die Vereinheitlichung der Befehlsgewalt sind Bereiche, in denen die neue Regierung auf eine harte Probe gestellt werden wird.“
https://www.middleeastmonitor.com/20210311-libyas-ceasefire-hold-your-fire-but-be-ready-to-fire/

+ 16.03.: Kriegsverbrechen. Der Generalsekretär der Norwegischen Organisation für Gerechtigkeit und Frieden (NISJP) in Oslo, Tariq Anani, sagte, dass Libyen in den Zuständigkeitsbereich des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) fällt. Es könne ein Verfahren wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen eingeleitet werden, begangen von Milizen und bewaffneten Gruppen, die unter der Verantwortung des scheidenden Präsidialratsvorsitzenden, Fayez as-Sarradsch gestanden haben. Von den Milizen ausgeführte Kriegsverbrechen gegen die LNA seien dokumentiert. Anani forderte die Dabaiba-Regierung auf, diese Verbrechen nicht ungesühnt zu lassen und den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) aufzufordern, eine Untersuchung einzuleiten.
https://almarsad.co/en/2021/03/17/anani-the-international-criminal-court-should-investigate-sarrajs-crimes/

+ 14.03.: LNA/GNU-Regierung. LNA-Feldmarschall Haftar traf sich mit dem neu ernannten stellvertretenden Ministerpräsidenten Hussain Al-Qutrani.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1371169218989862919

+ 16.03.: Türkei/Militär. Das türkische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass es im Rahmen des im November 2019 mit der damaligen ‚Einheitsregierung‘ unterzeichneten Abkommens weiterhin „Schulungen für das Personal der libyschen Armee im Rahmen des Ausbildungs-, Beihilfe- und Beratungsabkommens “ durchführen werde. Bereits vorher hatte die Türkei verkündet, ihre türkischen Kräfte durch rumänische Ausbilder und Experten ersetzen zu wollen, die die Interessen der Türkei vertreten.
https://libyareview.com/11155/turkish-military-presence-remains-in-libya/

+ 16.03.: Türkei/Bruch Waffenembargo/UN. Ein UN-Bericht zeigt zahlreiche Verstöße der Türkei gegen das UN-Waffenembargo auf. Nach Unterzeichnung des militärischen Beistandspakts im November 2019 schickte Ankara Militärfregatten, um einen Luftverteidigungsschirm über der Westküste Libyens aufzuspannen. Ebenso kamen türkische Militärberater ins Land, die es der ‚Einheitsregierung‘ ermöglichten, einen „asymmetrischen Zermürbungskrieg“ zu führen. Der Bericht bestätigte auch, dass die türkische quasimilitärische Firma SADAT, gegründet von Adnan Tanri Verdi, einem ehemaligen Militärberater des türkischen Präsidenten Erdogan, „Milizen, die mit der GNA verbunden sind, militärisch ausbildete und 5.000 syrische Söldner in Libyen finanziell betreute“.
„Syrische Kämpfer waren seit Ende Dezember 2019 in Libyen aktiv, insbesondere nach der Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit der Türkei. Ihre Zahl schwankte zwischen 4.000 und 13.000 Kämpfern, darunter 250 Minderjährige“.
https://libyareview.com/11184/un-report-reveals-turkish-violations-of-arms-embargo-on-libya/

+ 16.03.: Syrische Söldner. In Tripolis' westlichem Vorort Janzour hielten von der Türkei unterstützte syrische Söldner eine Militärparade ab, wobei sie Fahnen der syrischen Opposition hochhielten, um den Jahrestag des Ausbruchs des syrischen Bürgerkriegs zu feiern.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1371984665737887749

+ 17.03.: Rechnungsprüfungsamt/Korruption/NOC/Sanella. In seinem Bericht für das Jahr 2019 warf das Rechnungsprüfungsamt der NOC (National Oil Corporation) mangelnde Transparenz, Rechtsverstöße, versäumte Investitionsmöglichkeiten (Einstieg bei Marathon Oil) und Fehlbesetzungen im Verwaltungsrat vor. Der Bericht sei schockierend und offenbare den weitgehenden Zusammenbruch der staatlichen Institutionen mittels fehlender Kontrolle und Korruption, hervorgerufen durch schwache, von Milizen kontrollierte Regierungen.
Die NOC weigere sich weiterhin, die Sanella und dem Vorstand gewährten Zahlungen, Vergünstigungen und Zulagen offenzulegen.
Sanella soll auch 3,8 Milliarden Libysche Dinar auf die Konten der Libyschen Zentralbank überwiesen haben, die für die Dabaiba-Regierung vorgesehen sind.
Die Gesamtzahl der Mitarbeiter des Konzerns und seiner Tochtergesellschaften beträgt 68.885. Dies entspricht einem Zuwachs von 1.665 Mitarbeitern innerhalb eines Jahres.
Die insbesondere im Süden und Westen des Landes herrschende Treibstoffkrise sei auf „schlechte Überwachungs- und Kontrollrichtlinien und -verfahren der Distributionsunternehmen und Verteilungsstationen“ zurückzuführen.
Unfassbar: Sanella erhielt vom US-Außenministerium die Auszeichnung Anti-Corruption Champions für seine Rolle „beim Schutz der natürlichen libyschen Ressourcen“.
Aufgrund der Sicherheitslage verzeichnete Libyen in den letzten Jahren stark schwankende Öleinnahmen: 2019 wurden 41,3 Mrd. Dinar eingenommen, ein Rückgang von 6% gegenüber 2018. Im Jahr 2020 wurden 9,2 Mrd. libysche Dinar verzeichnet, ein weiterer Rückgang von 92 % gegenüber dem Vorjahr.
https://libyareview.com/11186/libyan-audit-bureau-accuses-noc-chairman-mustafa-sanalla-of-corruption/
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1372181139125792773
Sanella war gern gesehener Gast bei allen westlichen Tagungen, die sich mit den Themen libysche Wirtschaft und libysches Öl beschäftigten. Der Westen arbeitet am liebsten mit willfährigen, korrupten Polikern zusammen.

+ 16.03. Korruption/Sarrasch/Kebir. Der ehemalige Untersekretär des libyschen Außenministeriums, Hassan as-Saghir, beschuldigte Ex-Premierminister Fayez as-Sarradsch und den Chef der Libyschen Zentralbank Siddiq al-Kebir sich durch Währungsbetrugs mit Staatsgeldern bereichert zu haben. Sie hätten den Dollar zum Vierfachen seines Preises verkauft. Saghir behauptete auch, dass „al-Kebir mehr Immobilien in der Türkei besitzt als Erdogan, und dass as-Sarradsch mehr Vermögen in London und Bahrain hat als der britische Premierminister Boris Johnson und der Chef der Bank von Bahrain“. Und er stellte die Frage, warum der Präsident des Rechnungsprüfungsamts Khaled Shakshak die Vorgänge nicht an Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet hat.
https://almarsad.co/en/2021/03/16/al-saghir-cbls-siddik-al-kabir-owns-more-real-estate-in-turkey-than-erdogan/
Seit 2011 wird Libyen geplündert. Ein Ende ist nicht abzusehen.

+ 16.03.: Dabaiba/Sanella/Öleinnahmen. Dabaiba bat in einem Brief an Sanella, die bei der libyschen Auslandsbank zurückgehaltenen Öleinnahmen an die Zentralbank zu überweisen, da die Vertrauensabstimmung über die GNU erfolgreich verlaufen ist.
https://twitter.com/Libya_OSINT/status/1371929663199657986
Da hat es einer aber eilig, an das libysche Geld zu gelangen. Es war vereinbart worden, dass die Öleinnahmen so lange auf der Auslandsbank zurückgehalten werden, bis Regelungen über eine gerechte Verteilung getroffen sind – und nicht, so lange, bis Dabaiba bestätigt ist.

14.03.: Wahlen. Der Leiter der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC), Emad as-Sayeh sagte, dass die Kommission den 31. Juli als Frist festgesetzt hat, zu der die Wahlgesetzgebung stehen muss. Dies sei für die Durchführung von Wahlen unabdingbar.
Sayeh betonte, dass die Kommission bereit ist, ein Referendum über einen Verfassungsentwurf abzuhalten, falls dieser vom Parlament verabschiedet wird. „Wenn die Libyer mit 'Ja' für den Verfassungsentwurf gestimmt haben, werden wir in eine elfmonatige Übergangsphase eintreten. Wenn sie aber mit 'Nein' gestimmt haben, wird der Entwurf an die verfassungsgebende Versammlung zur Änderung weitergeleitet“.
https://libyareview.com/11111/libyas-elections-commission-sets-july-31st-as-deadline/
Abhaltung von Wahlen am 24.12.? Kaum, denn es ist zeitlich so gut wie unmöglich, wenn vorher ein Verfassungsentwurf durch das Parlament beschlossen und anschließend noch durch ein Referendum bestätigt werden soll.

03.03.: Wahlen/Saif al-Islam Gaddafi. Laut L’AntiDiplomatico erhoffen sich viele Libyer, dass Saif al-Islam Gaddafi bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren wird, auch wenn sich Saif al-Gaddafi selbst dazu noch nicht geäußert hat. Saif al-Gaddafi verfüge im In- und Ausland über eine breite Basis. Die Libyer hätten gesehen, dass der Nato-Krieg nichts als Zerstörung, Konflikte, wirtschaftlichen Niedergang, Ausbreitung von Kriminalität und extremistischen Organisationen gebracht hat. Am 25. Februar habe der Sonderbeauftragte des russischen Präsidenten für den Nahen Osten und Afrika, der stellvertretende Außenminister Mikhail Bogdanov, Vertreter der Bewegung von Saif al-Islam Gaddafi, nämlich Miftah al-Werfalli und Omar Abu Ishrida, empfangen. Russland vertrat die Ansicht, an einer politischen Lösung müssten auch die Anhänger der libyschen Dschamahirija beteiligt werden.
L’AntiDiplomatico zitiert den libyschen Politanalysten Fayez Al-Araibi, der sagte, dass nach zehn Jahren seit der „Februar-Verschwörung der Sachverhalt für jeden offensichtlich geworden ist. Die Stammes-, Gemeinde- und Volksführer setzen auf die nationale Versöhnung durch Saif al-Islam und auf seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen“.
Die Unterstützer von Saif al-Islam zeigten sich überzeugt, dass er jede fair durchgeführte Wahl gewinnen würde. Darauf deuteten alle in Libyen durchgeführten Meinungsfragen hin.
https://www.lantidiplomatico.it/dettnews-presidenziali_in_libia_attesa_per_la_candidatura_di_saif_alislam_gheddafi/82_40017/
Die Frage ist, ob es jemals in Libyen Wahlen geben wird.

+ 14.03.: Covid-19/Dabaiba. Premierminister Dabaiba erklärte: „Das Tragen von Masken wird obligatorisch sein. Dies ist das Mindeste, was wir in unserem Bemühen, das Virus einzudämmen, tun können“.
Bereits am 2. März hatte die WHO mitgeteilt, dass Libyen 292.800 Dosen des britischen Impfstoffs von AstraZeneca erhalten wird.
https://libyareview.com/11082/new-libyan-prime-minister-vows-to-provide-covid-19-vaccines-soon/
Einige Länder wie Dänemark, Norwegen, Island, Rumänien, Irland, Niederlande, Bulgarien, Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien, Portugal und Lettland die Impfung mit AstraZeneca nach mehreren Todesfällen vorerst gestoppt. AstraZeneca ist auch umstritten, weil es bei älteren Personen nicht wirken soll.
https://de.rt.com/europa/114465-auch-spanien-portugal-und-lettland/
Arab Lives Matter?

+ 14.03.: GECOL/Diebstahl. Die General Electricity Company Libyen (GECOL) gab bekannt, dass wieder über 9.000 Meter Kupferdraht im westlichen Libyen gestohlen wurden. Dies führte zu einer Unterbrechung der Stromleitungen.
https://libyareview.com/11063/gecol-reports-theft-of-9000-meters-of-electricity-cables-in-western-libya/

+ 17.03.: Tunesien/Tripolis. Der tunesische Präsidenten Kais Saied kam auf Staatsbesuch nach Tripolis, wo er vom neuen Vorsitzenden des libyschen Präsidialrats Mohamed al-Minfi empfangen wurde. Anschließend traf er sich auch mit Premierminister Dabaiba.
https://libyareview.com/11189/tunisian-president-arrives-in-libya-for-state-visit/
Die tunesische Wirtschaft ist am Kollabieren. Dringend wird der wirtschaftliche Austausch mit Libyen benötigt sowie die Rückkehrmöglichkeit von tunesischen Gastarbeitern nach Libyen.

+ 14.03.: Ägypten/Türkei. Der ägyptische Außenminister Sameh Choukry sprach vor dem Parlament über die Annäherungsgespräche mit der Türkei. Er sagte, dass „die Grundlage für die Wiederherstellung normaler Beziehungen mit der Türkei eine Änderung der türkischen Politik voraussetze, die die Stabilität der Region und die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Länder gewährleistet.“
https://twitter.com/ThisIsSoliman/status/1371139308510384140

+ 15.03.: Krieg gegen Libyen und Syrien. Sehr lesenswert: Ein Interview mit dem hochkarätigen französischem Ex-Diplomaten Michel Raimbaud, das im italienischen „L’Antidiplomatico“ erschien, hat Nachdenkseiten ins Deutsche übersetzt. Befragt zum sogenannten ‚Arabischen Frühling‘ meinte Raimbaud: „Obwohl sie anfangs gutgläubige Menschen anzogen, die gegen Korruption und autoritäre Regime kämpften, stellte sich bald heraus, dass die Bewegungen von Aktivisten überwacht und manipuliert wurden, die von westlichen NGOs im Westen ausgebildet wurden, mit standardisierten Techniken der Mobilisierung, Propaganda und Organisation, die vor Ort von den bunten Revolutionen gelernt wurden, die in den 1990er Jahren zur Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawien führten.
Gefordert wurden der Abgang der Staatsoberhäupter, ein Regierungswechsel und Reformen, die darauf abzielten, den Staat, die Institutionen, die Armeen zu schwächen oder zu zerstören (vorrangige Ziele für den Westen und Israel sowie die stets vom Ausland inspirierten “Revolutionäre”). Beschwörungen von Demokratie und Menschenrechten sind Köder, um die Sympathie der westlichen Beschützer und “Freunde” zu gewinnen. Diese organisierten, orchestrierten, manipulierten und bald stark finanzierten und bewaffneten Aufstände aus dem Ausland (angelsächsische Länder durch NGOs) arteten zu Konflikten und chaotischen Situationen aus und breiteten sich von Land zu Land vom Maghreb bis zum Maschrek aus. Diese Kaskade von Tragödien ist keine Abfolge von isolierten und spontanen Bürgerkriegen, wie es die im Westen verbreitete falsche Version suggeriert, um die grobe Einmischung des atlantischen Imperiums zu verbergen.
Ohne dieses offene und endlich anerkannte Interessenbündnis zwischen dem Westen und Israel auf der einen, Staaten und islamistischen Kräften auf der anderen Seite gäbe es keine “Revolutionen”, die unterschiedliche Wendungen und Entwicklungen nehmen werden. […] Gaddafis Djamahiriya wird mit einer illegalen NATO-Intervention, Sezession und Chaos konfrontiert. Gaddafi wird von “Revolutionären”, die von westlichen “Diensten” unterstützt werden, ermordet. Der Staat wird zerstört und erholt sich nie wieder. […] Was Libyen betrifft, so denke ich, dass die Idee war, Gaddafi davon zu überzeugen, jedes Nuklearprojekt aufzugeben (er hätte es getan) und seine Pläne für die Unabhängigkeit und die wirtschaftliche, finanzielle und monetäre Einheit Afrikas (das hätte er nicht getan und musste deshalb “bestraft” werden). […] das Hauptziel der bewaffneten Intervention der NATO war es, Gaddafi zu liquidieren, um ihn daran zu hindern, ein vom Dollar, dem Euro und dem Westen unabhängiges afrikanisches Währungssystem zu finanzieren. Also mussten sie den libyschen Staat zerstören, was auch geschehen ist.“
Zu der Rolle, die die Medien dabei spielten, meint Raimbaud: „Die Rolle dieser Medien […] war sehr schädlich und die Propaganda mit einer echten Gehirnwäsche verbunden. Sie alle haben sich an der massiven Fehlinformation von Meinungen beteiligt: von den Lügen der Intellektuellen bis zur Unehrlichkeit der Politiker. Journalisten und “Reporter” vor Ort haben weitgehend zu einem riesigen intellektuellen Betrug und blinder Einmütigkeit zugunsten der Aggressoren und Verbrecher beigetragen, in Syrien wie in Libyen. Die westlichen Medien haben viel dazu beigetragen, die moralische Autorität zu zerstören, die der Westen und seine Klientel zu Unrecht beansprucht haben.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=70743

 

Kurznachrichten Libyen – 12.03.2021

Libyen. Milizenkämpfe in Tripolis – die neue Außenministerin Naila Mangoush – Verschleppung von Journalisten – Türkei bricht weiterhin Waffenembargo

Angelika Gutsche |

+ 11.03.: Milizen/Tripolis/Tadschura. In Tripolis sind zwischen verfeindeten Milizen Kämpfe ausgebrochen. Darin verwickelt sind Milizen aus Tadschura, die al-Rada- und die ad-Deman-Miliz. Es soll dabei um Entführung und einen Mord gehen und um die Bezahlung von gefordertem Blutgeld. Obwohl die Ex-‚Einheitsregierung‘ diese Milizen aufgelöst haben will, sind sie mit Panzern in Tripolis unterwegs. Die Zugangswege nach Tadschura (östlich von Tripolis) wurden blockiert.
Türkische Drohnen fliegen in niedriger Höhe über Tadschura.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1370001837286436865
https://english.aawsat.com/home/article/2855446/clashes-erupt-near-tripoli-soon-after-new-libya-govt-approved

+ 12.03.: Milizen/Tripolis/Tadschura. Das Problem zwischen Tripolis und Tadschura scheint gelöst: Die Entführten wurden gegen Lösegeld freigelassen und Blutgeld wurde entrichtet.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1370310190386544647

+ 11.03.: Najla Mangoush/Außenministerin. Zum ersten Mal wurde mit Najla Mangoush eine Frau libysche Außenministerin. Bisher arbeitete Mangoush als Strafverteidigerin und Universitätsprofessorin, vormals war sie im Nationalen Übergangsrat (NTC) aktiv. Nach einem Masterabschluss in Strafrecht an der Universität Bengasi studierte sie in den USA Konflikt- und Friedensmanagement an der Eastern Mennonite University und an der George Mason University. Sie hatte ein US-Regierungsstipendium für Academic Excellence (SAE) erhalten.
https://libyareview.com/11019/who-is-libyas-first-ever-female-foreign-minister/
Damit dürfte klar sein, welchen zukünftigen außenpolitischen Kurs Libyen fahren wird.

+ 11.03.: Kabinettsliste GNU. Der Posten des Verteidigungsministers soll vom dreiköpfigen Präsidialrat gemeinsam besetzt werden. Die gesamte Kabinettsliste findet sich hier:
https://www.libyaherald.com/2021/03/11/names-of-libyas-newly-endorsed-government-of-national-unity/

+ 12.03: Wahlen. Der Leiter der Libyan Media Corporation (LMC), Mohamed Baio, sagte, dass die für den 24. Dezember geplanten allgemeinen Wahlen nicht allein in der Verantwortung der Regierung liegen, sondern zuerst in der Verantwortung des libyschen Parlaments. Das Parlament müsse den Fahrplan bekannt geben, die verfassungsrechtliche Grundlage definieren und die Wahlgesetze erlassen.
https://libyareview.com/11052/baio-libyas-december-elections-responsibility-of-parliament/

+ 11.03.: Türkei/Söldner/Rumänien. 218 News berichtet, dass die Türkei den UN-Sondergesandten für Libyen, Jan Kubis, darüber informiert hat, den Abzug der syrischen Kämpfer aus Libyen voranbringen zu wollen. Ausbilder und Experten aus rumänischen Unternehmen sollen türkische Kräfte ersetzen.
Die Türkei betonte, dass die Anwesenheit syrischer Söldner auf die Vereinbarung zwischen der Ex-‚Einheitsregierung‘ und syrischen Oppositionskräften zurückgehe. Auch sei die Anwesenheit von türkischen Militärs auf den Militärstützpunkten in al-Khums, Tripolis und Misrata legal, da sie auf einer Vereinbarung mit der Ex-‚Einheitsregierung‘ beruhe. Der neue Premierminister Abdel-Hamid Dabaiba habe bestätigt, das mit der Türkei getroffene See- und Sicherheitsabkommen einhalten zu wollen.
https://libyareview.com/11033/218-news-ankara-to-contract-romanian-security-companies-to-replace-turkish-forces-in-libya/

+ 08.03.: Mord. Die libysche Anwältin Hanadi Khalifa al-Qadiri wurde von einer bewaffneten Gruppe im Süden von Tripolis getötet. Ihre Schwester wurde bei dem Angriff auf das Haus schwer verletzt.
Laut Augenzeugen soll es sich bei den Tätern um eine „eine Gruppe von Söldnern aus dem Tschad“ handeln, die mit Osama Ghweli in Verbindung stehen.
https://libyareview.com/10950/gunmen-kill-lawyer-hanadi-al-qadiri-in-tripoli/
Die Folgen von zehn Jahren Gesetzlosigkeit und Verrohung.

+ 07.03.: Entführung. Bewaffnete haben den in Sabrata wohnhaften Khaled Mohamad al-Akrak während seines Aufenthalts in der Stadt Surman entführt. Für seine Freilassung soll seine Familie zwei Millionen libysche Dinar (etwa 400.000 Euro) bezahlen.
https://libyareview.com/10912/gunmen-kidnap-libyan-citizen-in-surman/

07.03.: Entführung. In Tripolis wurden zwei Kinder im Wagen ihres Vaters entführt, als dieser kurz das Auto verlassen hatte. Inzwischen konnten die Kinder von Sicherheitskräften befreit werden. Entführungen und Verschleppungen von Zivilisten sind in Libyen weit verbreitet und werden von UN und Menschenrechtsorganisationen scharf verurteilt.
https://libyareview.com/10909/2-children-kidnapped-in-libyan-capital-tripoli/

+ 07.03.: Bashagha/Justiz. Fathi Bashagha, Innenminister der Ex-‚Einheitsregierung‘, hat den Verdächtigen Faisal Mestiri im Mordfall Radwan al-Hinqari auf freien Fuß gesetzt. Das Opfer Radwan al-Hinqari war Mitglied der dem Ex-Premierminister Sarradsch unterstellten Stabilization Support Authority (SSA).
Hintergrund ist der Zusammenstoß von einem Wagen der SSA mit einem Wagen aus der Kolonne des Ex-Innenministers am 21. Februar. Bashagha hatte den Vorfall als einen Anschlag auf seine Person bezeichnet, während die Staatsanwaltschaft feststellte, dass es sich bei dem Unfall nicht wie von Bashagha behauptet um einen Attentatsversuch, sondern um Provokation und Verkehrsbelästigung von Seiten al-Hinqaris gehandelt hatte. Anschließend war al-Hinqari infolge des Eingreifens von Mestiri zu Tode gekommen.
Mestiri war auf Anordnung der Staatsanwaltschaft zunächst in Tripolis inhaftiert, dann auf Bashaghas Wunsch in ein Gefängnis, das dem Innenministerium von Bashagha untersteht, verlegt worden. Nur zwei Tage später wurde Mestiri in Misrata freigelassen.
https://almarsad.co/en/2021/03/07/bashagha-releases-the-accused-in-al-hinqaris-death-case/
Welche politische Rolle wird Bashagha zukünftig ohne politisches Amt in Libyen spielen?

+ 07.03.: Bestechung/Dabaiba. Am 15. März soll der UN-Bericht zu den Bestechungsvorwürfen bezüglich der Abstimmung über die Dabaiba-Liste beim LPDF veröffentlicht werden. Dabaiba wies die Bestechungsvorwürfe zurück.
https://libyareview.com/10926/42-members-of-the-libyan-parliament-call-for-postponement-of-parliamentary-session/

+ 09.03.: Zentralbank/Dabaiba. Es wird vermutet, dass der neue Premierminister Abdel-Hamid Dabaiba den umstrittenen Chef der libyschen Zentralbank (CBL), Seddik al-Kebir, gegen alle Widerstände auf seinem Posten halten wird.
https://www.africaintelligence.fr/afrique-du-nord_politique/2021/03/09/l-arrivee-d-abdelhamid-dabaiba-renforce-le-gouverneur-de-la-banque-centrale-al-kabir,109648268-ar1

+ 08.03.: Finanzinstitutionen. Der Ex- stellvertretende Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis), Ahmed Maitiq, verkündete offiziell das Ende des Splittings der Finanzen zwischen den beiden Finanzministerien im Westen und Osten Libyens. Dies sei ein Schritt zur Vereinheitlichung aller staatlichen Institutionen. Das Finanzministerium der ‚Einheitsregierung‘ habe die Libysche Zentralbank (CBL) angewiesen, die Gehälter aller öffentlichen Staatsbediensteten zu überweisen.
https://libyareview.com/10936/maiteeq-announces-end-of-financial-split-in-libya/

+ 11.03.: Ex-‚Einheitsregierung‘/Rechnungsprüfung. Laut einem Bericht des Rechnungsprüfungsamts gab das Verteidigungsministerium der ‚Einheitsregierung’ jährlich 50 Millionen LYD (etwa 9,4 Mio. EU) für Kleidung und Bewirtung seiner Mitarbeiter aus.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1370091479729909761

+ 12.03.: Ex-‚Einheitsregierung‘/Rechnungsprüfung. Laut einem Bericht des Rechnungsprüfungsamts wurden etliche Unregelmäßigkeiten und Fälle von Korruption beim Innenministerium der Ex-‚Einheitsregierung‘ entdeckt, dessen Gesamtausgaben sich 2019 auf 3,7 Milliarden LD (etwa 700 Mio. EU) beliefen. Dabei handelt es sich um nicht genehmigte Ausgaben. Der Haushalt des Jahres 2019 war im Vergleich zu 2016 um 267 Prozent gestiegen. Unklar ist auch, warum das Verteidigungsministerium 30 Mio. LD (5,5 Mio. EU) auf Konten des Innenministeriums überwies.
https://libyareview.com/11044/libyas-audit-bureau-reveals-corruption-in-gna-interior-ministry/

+ 08.03.: Journalismus/Verschleppung. Der stellvertretende Leiter des Medienbüros der Nationalen Kommission für Menschenrechte in Libyen, der Journalist Mohamed Ali ar-Radschhi, wurde in der westlibyschen Stadt Tadschura von Bewaffneten, die mit der obskuren Anti-Hexerei- und Anti-Zauberei-Einheit der Behörde für Stiftungen und islamische Angelegenheiten verbunden sind, verschleppt. Die Kommission für Menschenrechte forderte, eine umfassende Untersuchung der Vorgehensweise der Behörde und ihrer Büros in den Städten Zawiya, Tadschura, Tripolis, Derna und Bengasi einzuleiten, um die „Grundrechte, die Sicherheit und die Freiheit aller Bürger und insbesondere von Journalisten, Medienarbeitern, Bloggern, Aktivisten und Menschenrechtsaktivisten“ zu schützen und zu verteidigen. Gefordert sei auch die UNSMIL.
Im Oktober wurden der Leiter des libyschen Medienbüros, Mohamed Baio, und seine beiden Söhne in Tripolis von einer bewaffneten Miliz entführt, bevor sie im November freigelassen wurden. Und erst vor wenigen Tagen wurden der Journalist Ziad az-Ziyad al-Warfali vom libyschen Fernsehsender Al-Ghad TV und sein Fotograf in Tripolis verschleppt und erst nach massiven Protesten nach 60 Stunden wieder freigelassen.
https://libyareview.com/10932/journalist-kidnapped-in-libyan-capital/

+ 11.03.: Migration. Die libysche Polizei gab bekannt, sie habe 120 Migranten befreit, die von Menschenhändlern in der Stadt Bani Walid, südöstlich von Tripolis, entführt worden waren. Die meisten der Entführten seien ägyptische Staatsangehörige, die man gefoltert und erpresst habe.
https://libyareview.com/11028/120-kidnapped-migrants-freed-in-libya/

+ 07.03.: Syrische Söldner. Ein syrischer Söldner in Libyen sprach mit der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) über seinen Werdegang: „Einer der Offiziere der syrischen Armee forderte mich auf, mich anderen Söldnern anzuschließen, die für einen Monatssold von 2.000 USD nach Libyen gingen. Ich ging zu einem der Hauptquartiere der Armee und schrieb mich ein. Ich wurde zusammen mit hundert anderen in die Gegend von Afrin in die türkische Stadt Gaziantep verlegt, wo wir eine kurze militärische Ausbildung von etwa zwei Wochen absolvierten. Dann ging es mit einem türkischen Passagierflugzeug von Gaziantep nach Istanbul und von dort mit einem türkischen Flugzeug in die libysche Stadt Misrata, wo wir etwa eine Woche blieben. Wir durften dort unsere Kaserne nicht verlassen, ohne dass uns ein Grund dafür genannt wurde. Danach wurden wir an Frontabschnitte verlegt, an die Seite der Streitkräfte der ‚Einheitsregierung‘. Ich habe etwa vier Monate an vielen Kämpfen gegen die LNA teilgenommen. Die Mehrheit der syrischen Kämpfer befand sich an vorderster Front. Ich habe viele junge syrische Männer gesehen, die während solcher Kämpfe verletzt und getötet wurden.“
Der Söldner fügte hinzu, dass die Zahl der syrischen Opfer etwa 1.000 betrage. Er behauptete, dass sich derzeit neu ins Land gebrachte Kämpfer in Trainingslagern in Libyen aufhalten.
Im Oktober 2020 unterzeichneten die damalige ‚Einheitsregierung‘ und die LNA in Genf ein Waffenstillstandsabkommen, das unter anderem vorsah, dass „alle sich zu Land, zur See oder in der Luft befindlichen Söldner und ausländischen Kämpfer innerhalb von drei Monaten nach Unterzeichnung des Waffenstillstands aus Libyen zurückziehen“. Die Frist verstrich.
https://libyareview.com/10903/syrian-mercenary-who-fought-in-libya-talks-about-turkeys-recruitment-process/

+ 11.03.: Bruch Waffenembargo/Türkei. Die Seite ItaMilRadar, die auf die Überwachung von Militärflugzeugen spezialisiert ist, gab bekannt, dass zwei militärische Frachtflugzeuge der türkischen Luftwaffe im westlichen Libyen gelandet sind. Damit werden auch die Vereinbarungen des 5+5-Militärabkommens unterlaufen. Einige libysche Politiker forderten die Sperrung des libyschen Luftraums für türkische Flugzeuge.
https://libyareview.com/11036/turkish-military-planes-continue-flights-to-western-libya-2/

+ 05.03.: Bruch Waffenembargo/Türkei. Ein weiteres Mal beschuldigt die EU die Türkei, das gegen Libyen verhängte Waffenembargo verletzt zu haben. Erneut hat das türkische Außenministerium die Inspektion von zwei Handelsschiffen durch die EU-Mission IRINI verhindert. Die Schiffe standen in Verdacht, Waffen für Libyen an Bord zu haben.
https://mena-studies.org/for-the-second-time-eu-accuses-turkey-of-violating-arms-embargo-imposed-on-libya/
Weiterhin transportiert die Türkei munter Waffen, militärische Ausrüstung und Söldner nach Libyen und es wird nichts dagegen unternommen. Was soll eine sogenannte „Überwachung des Waffenembargos“, wenn die Schiffe nicht durchsucht werden dürfen?

08.03.: Bruch Waffenembargo/Türkei. Laut Nordic Monitor stellte die türkischen Firma BNKC falsche Zollerklärungen aus. Die türkischen Behörden beschlossen, BNKC nur mit einer Verwaltungsstrafe zu belegen, anstatt eine strafrechtliche Untersuchung einzuleiten. Grund: Illegale Waffenlieferungen der türkischen Regierung konnten so geheim gehalten werden. BNKC war im September 2020 sanktioniert worden, weil sie Waffen an libysche Milizen lieferte.
Laut dem Bericht legen die „Unternehmensaktivitäten mit Waren, deren Handel starken Restriktionen unterliegt, wie beispielsweise Waffen, nahe, dass das Unternehmen von den türkischen Behörden gedeckt wurde. Die Geschäftsunterlagen könnten darauf hinweisen, dass es sich um eine Strohfirma handelt, die zur Durchführung bestimmter, vom türkischen Geheimdienst MIT gebilligter Aufgaben gegründet wurde“.
https://nordicmonitor.com/2021/03/turkish-firm-that-violated-un-arms-sanctions-on-libya-got-a-facelift-after-expose/

+ 08.03.: Türkei/Libyen/Journalismus. Ein türkisches Gericht verurteilte die Journalisten Muyesser Yildiz und İsmail Duken wegen Verrats von Staatsgeheimnissen zu Haftstrafen. Sie hatten über eine zu erwartende Vereinbarung zwischen den libyschen Parteien zur Vertreibung der türkischen Streitkräfte aus Libyen berichtet.
https://libyareview.com/10960/turkish-court-jails-two-journalists-over-reporting-on-libya/

+ 05.03.: Merkel/Dabaiba. In einem Telefongespräch bekräftigte Bundeskanzlerin Merkel ihre Unterstützung für den UN-geführten politischen Prozess und die Vorbereitung der Wahlen im Dezember. Sie betonte die Notwendigkeit des Abzugs ausländischer Truppen gemäß dem innerlibyschen Waffenstillstandsabkommen.
https://twitter.com/GermanAmbLBY/status/1367856642004549634

+ 06.03.: Milizen/Großbritannien. In Tripolis werden Milizen von britischen Militärs zur „Strafverfolgung“ ausgebildet. Auf Twitter wird gefragt, wie es sein kann, dass illegal agierende Milizen zur Strafverfolgung ausgebildet werden, die selbst strafverfolgt gehören.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1368128777281212418

+ 06.03.: Kommentar zum LibyanReview-Bericht „US-Botschafter drängt libysches Parlament zur Bestätigung der neuen Regierung“:
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1368096332251082753

+ 10.03. Sarradsch/Großbritannien. Der Guardian spekuliert, dass Fajez as-Sarradsch neuer libyscher Botschafter in Großbritannien wird, auch weil dort seine Familie residiert und er sich schon während seiner Zeit als libyscher Premierminister ständig in England aufhielt.
https://www.theguardian.com/world/2021/mar/10/libyan-parliament-approves-unity-government
Ein neues, schönes, lukratives Pöstchen für Sarradsch.

+ 05.03.: Rückgabe von Kulturgütern. Der Kopf einer Faustina-der-Jüngeren-Statue aus römischer Zeit wurde vom österreichischen Kulturminister an die libyschen Behörden zurückgegeben. Der Kopf war während des Zweiten Weltkriegs aus dem Apollonia-Museum in Soussa entwendet worden.
https://almarsad.co/en/2021/03/05/photos-the-head-of-the-roman-statue-of-faustina-returns-to-libya-after-75-years/
Während des Nato-Krieges gegen Libyen wurden viele antike Kulturgüter gestohlen, verkauft und außer Landes gebracht so wie dies auch heute noch geschieht.

+ 08.03.: CIA-Basis/Niger/Libyen. Wie die NYT berichtet, wird die geheime CIA-Basis in einem unzugänglichem Gebiet der Sahara nahe der Oase Dirkou im Niger, die seit drei Jahren besteht und zunächst nur einen kleinen Verkehrsflughafen umfasste, immer mehr ausgebaut. Die CIA fliegt von hier aus Aufklärungsflüge mit Drohnen, insbesondere wird der Südwesten Libyens kontrolliert. „Der Ausbau von Kapazitäten auf dem Stützpunkt deuten darauf hin, dass die CIA bereit wäre, bewaffnete Drohnenangriffe auszuführen“.
Das Afrika-Kommando des Pentagon hat MQ-9 Reaper-Drohnen auch in Niamey, der Hauptstadt Nigers, stationiert und betreibt eine 110 Millionen USD teure Drohnenbasis in Agadez, Niger. In Libyen wurden Drohnenangriffe gegen al-Kaida und den IS geflogen, zuletzt im September 2019.
„Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der International Crisis Group kam zu dem Schluss, dass die Military-first-Strategie Frankreichs und seiner Verbündeten, einschließlich der USA, gescheitert ist.“ In dem Bericht wurde festgestellt, dass eine Konzentration auf lokale friedensstiftende Maßnahmen erfolgreicher wäre.
https://www.nytimes.com/2021/03/08/us/politics/cia-drones-sahara-niger-libya.html
Nur leider geht es nicht um Friedensstiftung, sondern um den Ausbau der Machtbasis zur Kontrolle der Bodenschätze.

+ 06.03.: US-Außenpolitik/UN-Menschenrechtsrat. Thierry Meyssan schreibt in einer lesenswerten Analyse über die Außenpolitik der USA unter Antony Blinken: „Der Rückzug der USA aus dem Menschenrechtsrat war die Folge einer Anprangerung ihrer Heuchelei durch die Trump-Regierung. Tatsächlich wurde der Rat im Jahr 2011 von den USA selbst benutzt, um falsche Zeugen zu vernehmen und das >Gaddafi-Regime< der Bombardierung eines östlichen Viertels von Tripolis zu beschuldigen; ein Ereignis, das nie stattgefunden hat. Diese denkwürdige Inszenierung wurde dem Sicherheitsrat übermittelt, der eine Resolution verabschiedet hatte, die es dem Westen erlaubte, die libysche Bevölkerung vor ihrem >niederträchtigen Diktator zu schützen<“.
https://www.voltairenet.org/article212353.html

+ 09.03.: Politischer Islam/Linke. Unter dem Titel „Was ist Islamo-Linksradikalismus?“ schreibt Thierry Meyssan in einer lesenswerten Analyse, wie linke Persönlichkeiten den politischen Islam trotz des Beispiels von IS unterstützen. Dies sei keine Wahltaktik, sondern gehe auf eine Strategie des Kalten Krieges zurück, die von der Regierung Biden wiederbelebt wurde.
Über Libyen heißt es: „So wurde Bernard-Henri Lévy, nachdem er Guantánamo verherrlicht hatte, auch zum Sprecher der libyschen Dschihadisten. Er stellte die libysche Arabische Dschamahirija - ein von den französischen Utopisten des 19. Jahrhunderts inspiriertes Regime - als Diktatur dar. Er unterstützte die Bombardierung von Tripolis durch die NATO und die Ernennung eines ehemaligen Al-Kaida-Führers, Abdelhakim Belhadsch, zum Militärgouverneur von Tripolis. Schließlich verhalf er ihm sogar zu seinem offiziellen Empfang im französischen Außenministerium in Paris.“
https://www.voltairenet.org/article212384.html

+ 09.03.: USA/NYT/Krieg. World Socialist Website schreibt: „Dieser Monat markiert den 10. Jahrestag des US-NATO-Krieges gegen Libyen. Gestartet unter dem Vorwand, >Demokratie< und >Menschenrechte< zu verteidigen, brachte der Krieg dem Land, das das höchste Pro-Kopf-Einkommen und die am besten entwickelte sozial Infrastruktur auf dem afrikanischen Kontinent vorwies, nur Verwüstung und Zerstörung.
Acht Monate ununterbrochener Bombardierung verheerten ganze Landstriche, während die USA und die europäischen Mächte al-Kaida-nahe Milizen als stellvertretende Bodentruppen in einem Krieg für einen Regimewechsel einsetzten, der mit der Folterung und Ermordung des libyschen Führers Muammar Gaddafi endete.
Heute sind die verheerenden Folgen dieses Krieges unübersehbar. Libyen hat sich vom wohlhabendsten Land der Region in eine Hölle für seine Bevölkerung verwandelt. Zehntausende wurden in dem Krieg getötet und viele Tausende mehr sind in den folgenden zehn Jahren gestorben, in denen das Land ununterbrochener Gewalt durch rivalisierende Milizen ausgesetzt war, die von ausländischen Mächten unterstützt wurden.
Die Grundbedürfnisse für ein menschenwürdiges Leben bleiben unerfüllt. Buchstäblich nichts, was in dem im März 2011 begonnenen Krieg zerstört wurde, wurde wieder aufgebaut.
In der Hauptstadt Tripolis und in anderen Städten kommt es regelmäßig zu Stromausfällen. Es herrscht akuter Treibstoffmangel. Und das in einem Land, das über die größten Ölreserven in ganz Afrika verfügt. Nach offiziellen Angaben lebt mehr als ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze von weniger als zwei Dollar pro Tag, da der Zusammenbruch der libyschen Währung und die rasant steigende Inflation dazu geführt haben, dass sich viele nicht mehr ausreichend ernähren können. Auch der Zugang zu sauberem Wasser ist begrenzt. Im vergangenen Jahr ist die ohnehin schon angeschlagene libysche Wirtschaft nach Angaben des Internationalen Währungsfonds um 66,7 Prozent eingebrochen.
Libyens Krankenhäuser und Kliniken, die einst das fortschrittlichste Gesundheitssystem der Region hatten, liegen heute in Trümmern, während sich die Covid-19-Pandemie im Land ausbreitet. Bislang hat in Libyen noch keine einzige Impfung stattgefunden.
Das Land hat sich auch zum gewalttätigsten Zentrum des Menschenhandels auf dem Planeten entwickelt. Verzweifelte Flüchtlinge werden eingesperrt, ermordet, gefoltert, vergewaltigt und von rivalisierenden Milizen buchstäblich gekauft und verkauft, die versuchen, Lösegeld von den Familien zu erhalten. Viele derjenigen, denen die Flucht aus Libyen gelingt, ertrinken im Mittelmeer. […]
Libyen ist kein Beispiel für die >Tragödie des Arabischen Frühlings<, sondern für die monströsen Folgen von drei Jahrzehnten ununterbrochener US-imperialistischer Kriege und Interventionen, die ganze Gesellschaften verwüstet und Millionen von Toten verursacht haben.“
Der Artikel geißelt auch die Rolle, die die NYT 2011 „als Hauptpropagandist für den US-NATO-Angriffskrieg“ spielte. Die NYT versuche nun, die eigene Verantwortung für die Zerstörung Libyens zu vertuschen. Der UN-NATO-Krieg habe auch die „politische Unterstützung innerhalb der Pseudo-Linken, deren Politik die Interessen privilegierter Teile der oberen Mittelschicht widerspiegelt“ erhalten.
Und zur jetzigen US-Politik: „Die US-Beamten, die die Kriege in Libyen und Syrien orchestriert haben, sind zurück im Außenministerium und im Weißen Haus, von Joe Biden und Außenminister Antony Blinken abwärts."
In Libyen liege der von der Times wahrgenommene >Hoffnungsschimmer< in "der von der UN vermittelten Ernennung eines der korruptesten Geschäftsleute des Landes, Abdul Hamid Dabaiba, zum Premierminister einer >Übergangsregierung<. Washington bereitet sich darauf vor, diesen Deal zu nutzen, um aggressiver in das Gerangel um die Kontrolle über Libyen einzusteigen und zu verlangen, dass andere Mächte - insbesondere Russland und die Türkei - sich zurückziehen, während es sich hineindrängt.“
https://www.wsws.org/en/articles/2021/03/10/pers-m10.html

+ Archäologie. Prähistorische Felszeichnungen im Akakus-Gebirge:
https://twitter.com/ElgadiNad/status/1349433037684137985/photo/1

12.03.2021