Kurznachrichten Libyen – 17.03.2021
Libyen. Dabaiba-Regierung übernimmt /
UN-Bericht zum Stimmenkauf nicht veröffentlicht / IS-Stützpunkt ausgehoben /
Vorwurf von Korruption/Kriegsverbrechen an ‚Einheitsregierung‘
Angelika Gutsche |
+ 17.03.: UN/GNU/Stimmenkauf. Die UN haben sich
entschieden, den Teil ihres Berichts, der sich mit den Vorwürfen des
Stimmenkaufs zur Bestimmung der neuen GNU-Regierung unter Dabaiba während des
Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) in Genf befasst, nicht
zu veröffentlichen. In dem mehr als 500 Seiten umfassenden Bericht heißt es,
dieser Teil werde „für den vertraulichen Anhang des Berichts aufbewahrt“. Es
sei „keine weitere Berichterstattung zu diesem Thema vorgesehen“. Eigentlich
hatten die UN angekündigt, den Bericht am 17. März vorzulegen.
https://www.libyaherald.com/2021/03/17/un-withholds-from-publication-lpdf-bribery-section-of-its-report/
Was wird von einer Regierung zu erwarten sein, die von der UN bestimmt
wurde und wohl nicht nur intransparent, sondern auch mit Stimmenkauf ins Amt
kam? Anders kann die Geheimhaltung der Untersuchungsergebnisse ja nicht
gedeutet werden. Legitimität und Glaubwürdigkeit der GNU sind gleichzeitig mit
ihrem Amtsantritt dahin.
+ 16.03.: Korruption/Regierungen. Die
Anti-Korruptionskommission fordert die vollständige Offenlegung der Finanzen,
sowohl der scheidenden als auch der neuen Regierung.
https://www.libyaherald.com/2021/03/16/anti-corruption-commission-calls-for-completion-of-financial-disclosure-declarations-by-both-outgoing-and-incoming-governments/
+ 14.03.: Ubari/Drohnen/IS/LNA. Nach mehreren Luftangriffen
auf ein Versteck von IS-Kämpfern in Ubari (Südlibyen) stürmte die LNA das
Versteck, verhaftete zwei Männer und eine Frau, beschlagnahmte Waffen und
brachte die gelagerte Munition zur Explosion.
https://libyareview.com/11106/libyan-army-raids-isis-hideout-in-ubari/
Es wird vermutet, dass der Luftangriff von US-Drohnen ausgeführt wurde, die
nahe der Oase Dirkou (Niger) starteten, außerdem, dass die dort gefundenen
Waffen aus Misrata stammen.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1371065177580437504
+ 15.03.: LNA/IS/Ubari. Wie die LNA bekannt gab, wurde der
IS-Kommandant Mohammed Mailoud Mohammed, alias Abu Omar, in Ubari festgenommen.
Er wird beschuldigt, terroristische Operationen in Libyen durchgeführt zu
haben, insbesondere einen Angriff auf den Ölhalbmond.
Abu Omar erlitt bei seiner Festnahme eine Schussverletzung.
https://libyareview.com/11116/libyan-army-well-known-isis-commander-abu-omar-captured-in-ubari/
+ 16.03. Amtsübergabe/‘Einheitsregierung‘/GNU. Nachdem am
Montag die neue GNU-Regierung vor dem Parlament in Tobruk den Amtseid abgelegt
hatte, reisten Premierminister Dabaiba und der Vorsitzende des Präsidialrats,
Mohamed al-Minfi, sowie die beiden Stellvertreter Abdullah al-Lafi und Musa
al-Koni nach Sirte, um sich dort mit Mitgliedern der 5+5-Militärkommission
(JMC) zu treffen. Sie informierten sich insbesondere über die Wiedereröffnung
der Küstenstraße und den Abzug der ausländischen Söldner.
Am Dienstag dann übergab in Tripolis der Premierminister der alten
‚Einheitsregierung‘ Fajez as-Sarradsch die Amtsgeschäfte an den Vorsitzenden
des neugewählten Präsidialrats, Mohamed al-Menfi. Anwesend waren auch der neue
Premierminister der Regierung der Nationalen Einheit (GNU),
Abdel-Hamid Dabaiba, und die Mitglieder des Präsidentenrats der Ex-‚Einheitsregierung‘.
Al-Menfi sagte, er wolle an dem Wahltermin zum 24. Dezember 2021 festhalten.
https://libyareview.com/11181/al-sarraj-holds-handover-ceremony-in-tripoli-for-al-mnifi/
https://libyareview.com/11173/libyan-military-committee-calls-for-security-council-to-withdraw-all-mercenaries-from-libya/
+ 16.03.: Außenministerium. Die neue Außenministerin Najla
Mangoush übernahm das Amt von ihrem Vorgänger Mohamed Siala.
https://www.libyaherald.com/2021/03/17/libyas-first-female-foreign-minister-najla-mangoush-takes-over-her-duties/
+ 16.03.: Innenministerium. Auch der neue Innenminister
Khaled Mazem übernahm sein Amt von dem bisherigen Amtsinhaber, Fathi Bashagha.
Kurz danach wurde Bashagha gesichtet, wie er weiterhin mit seiner Kolonne
gepanzerter Fahrzeuge unterwegs war.
https://libyareview.com/11178/libyas-new-interior-minister-assumes-duties/
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1371904697729232900
Die von der UN-Sondergesandten Stefanie Williams ins Amt gehievte neue
Regierung ist also inthronisiert – vorgesehen ist eine Amtszeit nur bis
24.12.2021. Es ist nicht zu erwarten, dass dieser Wahltermin eingehalten wird.
+ 14.03.: Forderungen an Dabaiba: Das Mitglied des Libyschen
Politischen Dialogforums (LPDF), Salwa el-Daghili, stellt an die Regierung
von Abdel-Hamid Dabaiba grundlegende Forderungen. Dazu zählen, den Aufenthalt
ausländischer Militärs und Söldner in Libyen zu beenden, die Milizverbände
aufzulösen, die elenden Lebensbedingungen und den Lebensstandard der
Bevölkerung zu verbessern. Daghili sagte auch, dass „die nationale Versöhnung
durch die Freilassung von Gefangenen, die Rückkehr von Vertriebenen und die
Vorbereitung von Wahlen am Ende des Jahres eingeleitet werden muss.“
Dabaiba müsse „die Stadt Sirte zum Regierungssitz wählen, damit Entscheidungen
unabhängig und ohne Einschüchterung und Zwang [durch Milizen] getroffen werden
können“. https://almarsad.co/en/2021/03/14/salwa-el-daghili-dbaibas-government-has-to-end-presence-of-foreign-forces-mercenaries-and-militias/
+ 13.03.: Wirtschaft/GNU. Der erste Erlass (1/2021) der
neuen ‚Einheitsregierung‘ (GNU) unter Abdel-Hamid Dabaiba sieht vor, alle
Aktivitäten staatlicher Investmentfonds und Unternehmen einzufrieren.
https://www.libyaherald.com/2021/03/13/gnu-freezes-spending-of-state-investment-funds-and-companies/
+ 15.03.: 5+5-Militärkommission. Die 5+5-Militärkommission
(JMC) traf sich zu ihrer dritten Sitzung in Sirte. Auch die
UN-Beobachtermission nahm an dem Treffen von Militär-, Sicherheits- und
Feldkomitees sowie Offiziere der Militärtechnik teil.
https://libyareview.com/11136/un-observers-participate-in-libyan-military-committee-meeting-in-sirte/
+ 14.03.: Milizen/LNA. Laut dem Sprecher des
Parlamentspräsidenten al-Marimi sollen libysche Milizionäre in die libysche
Armee und Polizei integriert werden. Die 5+5-Militärkommission (JMC) treffe
auch Vorbereitungen, Söldner und terroristische Milizen aus Libyen zu
evakuieren. Waffen der libyschen Milizen sollen eingezogen werden.
https://libyareview.com/11109/libyan-militiamen-to-be-integrated-into-the-army-and-police/
+ 11.03.: 5+5-Militärkommission. In einem Artikel von MiddleEastMonitor
wird die schleppende Umsetzung der Beschlüsse der 5+5-Militärkommission
(JMC) beklagt, so sei beispielsweise immer noch keine Öffnung der Küstenstraße
erfolgt: „Am 6. März besuchte Dabaiba die kleine Stadt Abu Grain, östlich von
Misrata. Er hoffte, der erste Reisende zu sein, der die Straßenblockade
überwinden kann und nach Sirte durchkommt; aber er wurde enttäuscht. Die
dortigen Streitkräfte weigerten sich, Barrieren und Gräben zu entfernen.
Gerüchten zufolge verlangten die regierungstreuen Milizen in Tripolis 250
Millionen Dollar als Gegenleistung für die Öffnung.“
Ebenso sei der Abzug ausländischer Söldner zum 23. Januar geplant gewesen:
„Fast zwei Monate später ist noch kein einziger ausländischer Kämpfer oder
Söldner abgereist“.
Resümee: „Der Waffenstillstand hält zwar noch, aber der Krieg ist noch nicht
vorbei. Zwar beschießen sich die Truppen an der Frontlinie zwischen Sirte und
Dschufra nicht mehr gegenseitig, aber die Pattsituation im JMC ist
besorgniserregend. Wenn überhaupt, dann deutet es auf die Tatsache hin, dass
jede Seite mit Unterstützung ihrer ausländischen Hintermänner immer noch
Zweifel am gesamten politischen Prozess des Landes hat.“
„Das Schießen mag aufgehört haben, aber der Finger ist immer noch am Abzug,
bereit zu schießen. Die Demobilisierung der Streitkräfte und die Vereinheitlichung
der Befehlsgewalt sind Bereiche, in denen die neue Regierung auf eine harte
Probe gestellt werden wird.“
https://www.middleeastmonitor.com/20210311-libyas-ceasefire-hold-your-fire-but-be-ready-to-fire/
+ 16.03.: Kriegsverbrechen. Der Generalsekretär der Norwegischen
Organisation für Gerechtigkeit und Frieden (NISJP) in Oslo, Tariq
Anani, sagte, dass Libyen in den Zuständigkeitsbereich des Internationalen
Strafgerichtshofs (ICC) fällt. Es könne ein Verfahren wegen des Verdachts auf
Kriegsverbrechen eingeleitet werden, begangen von Milizen und bewaffneten
Gruppen, die unter der Verantwortung des scheidenden Präsidialratsvorsitzenden,
Fayez as-Sarradsch gestanden haben. Von den Milizen ausgeführte
Kriegsverbrechen gegen die LNA seien dokumentiert. Anani forderte die
Dabaiba-Regierung auf, diese Verbrechen nicht ungesühnt zu lassen und den
Internationalen Strafgerichtshof (ICC) aufzufordern, eine Untersuchung
einzuleiten.
https://almarsad.co/en/2021/03/17/anani-the-international-criminal-court-should-investigate-sarrajs-crimes/
+ 14.03.: LNA/GNU-Regierung. LNA-Feldmarschall Haftar traf
sich mit dem neu ernannten stellvertretenden Ministerpräsidenten Hussain
Al-Qutrani.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1371169218989862919
+ 16.03.: Türkei/Militär. Das türkische
Verteidigungsministerium gab bekannt, dass es im Rahmen des im November 2019
mit der damaligen ‚Einheitsregierung‘ unterzeichneten Abkommens weiterhin
„Schulungen für das Personal der libyschen Armee im Rahmen des Ausbildungs-,
Beihilfe- und Beratungsabkommens “ durchführen werde. Bereits vorher hatte die
Türkei verkündet, ihre türkischen Kräfte durch rumänische Ausbilder und
Experten ersetzen zu wollen, die die Interessen der Türkei vertreten.
https://libyareview.com/11155/turkish-military-presence-remains-in-libya/
+ 16.03.: Türkei/Bruch Waffenembargo/UN. Ein UN-Bericht
zeigt zahlreiche Verstöße der Türkei gegen das UN-Waffenembargo auf. Nach
Unterzeichnung des militärischen Beistandspakts im November 2019 schickte
Ankara Militärfregatten, um einen Luftverteidigungsschirm über der Westküste
Libyens aufzuspannen. Ebenso kamen türkische Militärberater ins Land, die es
der ‚Einheitsregierung‘ ermöglichten, einen „asymmetrischen Zermürbungskrieg“
zu führen. Der Bericht bestätigte auch, dass die türkische quasimilitärische
Firma SADAT, gegründet von Adnan Tanri Verdi, einem ehemaligen Militärberater
des türkischen Präsidenten Erdogan, „Milizen, die mit der GNA verbunden sind,
militärisch ausbildete und 5.000 syrische Söldner in Libyen finanziell
betreute“.
„Syrische Kämpfer waren seit Ende Dezember 2019 in Libyen aktiv, insbesondere
nach der Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit der Türkei. Ihre Zahl
schwankte zwischen 4.000 und 13.000 Kämpfern, darunter 250 Minderjährige“.
https://libyareview.com/11184/un-report-reveals-turkish-violations-of-arms-embargo-on-libya/
+ 16.03.: Syrische Söldner. In Tripolis' westlichem Vorort
Janzour hielten von der Türkei unterstützte syrische Söldner eine Militärparade
ab, wobei sie Fahnen der syrischen Opposition hochhielten, um den Jahrestag des
Ausbruchs des syrischen Bürgerkriegs zu feiern.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1371984665737887749
+ 17.03.: Rechnungsprüfungsamt/Korruption/NOC/Sanella. In
seinem Bericht für das Jahr 2019 warf das Rechnungsprüfungsamt der NOC
(National Oil Corporation) mangelnde Transparenz, Rechtsverstöße, versäumte
Investitionsmöglichkeiten (Einstieg bei Marathon Oil) und Fehlbesetzungen im
Verwaltungsrat vor. Der Bericht sei schockierend und offenbare den weitgehenden
Zusammenbruch der staatlichen Institutionen mittels fehlender Kontrolle und
Korruption, hervorgerufen durch schwache, von Milizen kontrollierte
Regierungen.
Die NOC weigere sich weiterhin, die Sanella und dem Vorstand gewährten
Zahlungen, Vergünstigungen und Zulagen offenzulegen.
Sanella soll auch 3,8 Milliarden Libysche Dinar auf die Konten der Libyschen
Zentralbank überwiesen haben, die für die Dabaiba-Regierung vorgesehen sind.
Die Gesamtzahl der Mitarbeiter des Konzerns und seiner Tochtergesellschaften
beträgt 68.885. Dies entspricht einem Zuwachs von 1.665 Mitarbeitern innerhalb
eines Jahres.
Die insbesondere im Süden und Westen des Landes herrschende Treibstoffkrise sei
auf „schlechte Überwachungs- und Kontrollrichtlinien und -verfahren der
Distributionsunternehmen und Verteilungsstationen“ zurückzuführen.
Unfassbar: Sanella erhielt vom US-Außenministerium die Auszeichnung Anti-Corruption
Champions für seine Rolle „beim Schutz der natürlichen
libyschen Ressourcen“.
Aufgrund der Sicherheitslage verzeichnete Libyen in den letzten Jahren stark
schwankende Öleinnahmen: 2019 wurden 41,3 Mrd. Dinar eingenommen, ein Rückgang
von 6% gegenüber 2018. Im Jahr 2020 wurden 9,2 Mrd. libysche Dinar verzeichnet,
ein weiterer Rückgang von 92 % gegenüber dem Vorjahr.
https://libyareview.com/11186/libyan-audit-bureau-accuses-noc-chairman-mustafa-sanalla-of-corruption/
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1372181139125792773
Sanella war gern gesehener Gast bei allen westlichen Tagungen, die sich mit
den Themen libysche Wirtschaft und libysches Öl beschäftigten. Der Westen
arbeitet am liebsten mit willfährigen, korrupten Polikern zusammen.
+ 16.03. Korruption/Sarrasch/Kebir. Der ehemalige
Untersekretär des libyschen Außenministeriums, Hassan as-Saghir, beschuldigte
Ex-Premierminister Fayez as-Sarradsch und den Chef der Libyschen Zentralbank
Siddiq al-Kebir sich durch Währungsbetrugs mit Staatsgeldern bereichert zu haben.
Sie hätten den Dollar zum Vierfachen seines Preises verkauft. Saghir behauptete
auch, dass „al-Kebir mehr Immobilien in der Türkei besitzt als Erdogan, und
dass as-Sarradsch mehr Vermögen in London und Bahrain hat als der britische
Premierminister Boris Johnson und der Chef der Bank von Bahrain“. Und er
stellte die Frage, warum der Präsident des Rechnungsprüfungsamts Khaled
Shakshak die Vorgänge nicht an Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet hat.
https://almarsad.co/en/2021/03/16/al-saghir-cbls-siddik-al-kabir-owns-more-real-estate-in-turkey-than-erdogan/
Seit 2011 wird Libyen geplündert. Ein Ende ist nicht abzusehen.
+ 16.03.: Dabaiba/Sanella/Öleinnahmen. Dabaiba bat in einem
Brief an Sanella, die bei der libyschen Auslandsbank zurückgehaltenen
Öleinnahmen an die Zentralbank zu überweisen, da die Vertrauensabstimmung über
die GNU erfolgreich verlaufen ist.
https://twitter.com/Libya_OSINT/status/1371929663199657986
Da hat es einer aber eilig, an das libysche Geld zu gelangen. Es war
vereinbart worden, dass die Öleinnahmen so lange auf der Auslandsbank
zurückgehalten werden, bis Regelungen über eine gerechte Verteilung getroffen
sind – und nicht, so lange, bis Dabaiba bestätigt ist.
14.03.: Wahlen. Der Leiter der Hohen Nationalen
Wahlkommission (HNEC), Emad as-Sayeh sagte, dass die Kommission den 31.
Juli als Frist festgesetzt hat, zu der die Wahlgesetzgebung stehen muss. Dies
sei für die Durchführung von Wahlen unabdingbar.
Sayeh betonte, dass die Kommission bereit ist, ein Referendum über einen
Verfassungsentwurf abzuhalten, falls dieser vom Parlament verabschiedet wird.
„Wenn die Libyer mit 'Ja' für den Verfassungsentwurf gestimmt haben, werden wir
in eine elfmonatige Übergangsphase eintreten. Wenn sie aber mit 'Nein' gestimmt
haben, wird der Entwurf an die verfassungsgebende Versammlung zur Änderung
weitergeleitet“.
https://libyareview.com/11111/libyas-elections-commission-sets-july-31st-as-deadline/
Abhaltung von Wahlen am 24.12.? Kaum, denn es ist zeitlich so gut wie
unmöglich, wenn vorher ein Verfassungsentwurf durch das Parlament beschlossen
und anschließend noch durch ein Referendum bestätigt werden soll.
03.03.: Wahlen/Saif al-Islam Gaddafi. Laut L’AntiDiplomatico
erhoffen sich viele Libyer, dass Saif al-Islam Gaddafi bei den
Präsidentschaftswahlen kandidieren wird, auch wenn sich Saif al-Gaddafi selbst
dazu noch nicht geäußert hat. Saif al-Gaddafi verfüge im In- und Ausland über
eine breite Basis. Die Libyer hätten gesehen, dass der Nato-Krieg nichts als
Zerstörung, Konflikte, wirtschaftlichen Niedergang, Ausbreitung von
Kriminalität und extremistischen Organisationen gebracht hat. Am 25. Februar
habe der Sonderbeauftragte des russischen Präsidenten für den Nahen Osten und
Afrika, der stellvertretende Außenminister Mikhail Bogdanov, Vertreter der
Bewegung von Saif al-Islam Gaddafi, nämlich Miftah al-Werfalli und Omar Abu
Ishrida, empfangen. Russland vertrat die Ansicht, an einer politischen Lösung
müssten auch die Anhänger der libyschen Dschamahirija beteiligt werden.
L’AntiDiplomatico zitiert den libyschen Politanalysten Fayez
Al-Araibi, der sagte, dass nach zehn Jahren seit der „Februar-Verschwörung der
Sachverhalt für jeden offensichtlich geworden ist. Die Stammes-, Gemeinde- und
Volksführer setzen auf die nationale Versöhnung durch Saif al-Islam und auf
seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen“.
Die Unterstützer von Saif al-Islam zeigten sich überzeugt, dass er jede fair
durchgeführte Wahl gewinnen würde. Darauf deuteten alle in Libyen
durchgeführten Meinungsfragen hin.
https://www.lantidiplomatico.it/dettnews-presidenziali_in_libia_attesa_per_la_candidatura_di_saif_alislam_gheddafi/82_40017/
Die Frage ist, ob es jemals in Libyen Wahlen geben wird.
+ 14.03.: Covid-19/Dabaiba. Premierminister Dabaiba
erklärte: „Das Tragen von Masken wird obligatorisch sein. Dies ist das
Mindeste, was wir in unserem Bemühen, das Virus einzudämmen, tun können“.
Bereits am 2. März hatte die WHO mitgeteilt, dass Libyen 292.800 Dosen des
britischen Impfstoffs von AstraZeneca erhalten wird.
https://libyareview.com/11082/new-libyan-prime-minister-vows-to-provide-covid-19-vaccines-soon/
Einige Länder wie Dänemark, Norwegen, Island, Rumänien, Irland,
Niederlande, Bulgarien, Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien, Portugal und
Lettland die Impfung mit AstraZeneca nach mehreren Todesfällen vorerst
gestoppt. AstraZeneca ist auch umstritten, weil es bei älteren
Personen nicht wirken soll.
https://de.rt.com/europa/114465-auch-spanien-portugal-und-lettland/
Arab Lives Matter?
+ 14.03.: GECOL/Diebstahl. Die General Electricity
Company Libyen (GECOL) gab bekannt, dass wieder über 9.000 Meter
Kupferdraht im westlichen Libyen gestohlen wurden. Dies führte zu einer
Unterbrechung der Stromleitungen.
https://libyareview.com/11063/gecol-reports-theft-of-9000-meters-of-electricity-cables-in-western-libya/
+ 17.03.: Tunesien/Tripolis. Der tunesische Präsidenten
Kais Saied kam auf Staatsbesuch nach Tripolis, wo er vom neuen Vorsitzenden des
libyschen Präsidialrats Mohamed al-Minfi empfangen wurde. Anschließend traf er
sich auch mit Premierminister Dabaiba.
https://libyareview.com/11189/tunisian-president-arrives-in-libya-for-state-visit/
Die tunesische Wirtschaft ist am Kollabieren. Dringend wird der
wirtschaftliche Austausch mit Libyen benötigt sowie die Rückkehrmöglichkeit von
tunesischen Gastarbeitern nach Libyen.
+ 14.03.: Ägypten/Türkei. Der ägyptische Außenminister
Sameh Choukry sprach vor dem Parlament über die Annäherungsgespräche mit der
Türkei. Er sagte, dass „die Grundlage für die Wiederherstellung normaler
Beziehungen mit der Türkei eine Änderung der türkischen Politik voraussetze,
die die Stabilität der Region und die Nichteinmischung in die inneren
Angelegenheiten der Länder gewährleistet.“
https://twitter.com/ThisIsSoliman/status/1371139308510384140
+ 15.03.: Krieg gegen Libyen und Syrien.
Sehr lesenswert: Ein Interview mit dem hochkarätigen französischem
Ex-Diplomaten Michel Raimbaud, das im italienischen „L’Antidiplomatico“ erschien, hat Nachdenkseiten
ins Deutsche übersetzt. Befragt zum sogenannten ‚Arabischen Frühling‘ meinte
Raimbaud: „Obwohl sie anfangs gutgläubige Menschen anzogen, die gegen
Korruption und autoritäre Regime kämpften, stellte sich bald heraus, dass die
Bewegungen von Aktivisten überwacht und manipuliert wurden, die von westlichen
NGOs im Westen ausgebildet wurden, mit standardisierten Techniken der Mobilisierung,
Propaganda und Organisation, die vor Ort von den bunten Revolutionen gelernt
wurden, die in den 1990er Jahren zur Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawien
führten.
Gefordert wurden der Abgang der Staatsoberhäupter, ein Regierungswechsel und
Reformen, die darauf abzielten, den Staat, die Institutionen, die Armeen zu
schwächen oder zu zerstören (vorrangige Ziele für den Westen und Israel sowie
die stets vom Ausland inspirierten “Revolutionäre”). Beschwörungen von
Demokratie und Menschenrechten sind Köder, um die Sympathie der westlichen
Beschützer und “Freunde” zu gewinnen. Diese organisierten, orchestrierten,
manipulierten und bald stark finanzierten und bewaffneten Aufstände aus dem
Ausland (angelsächsische Länder durch NGOs) arteten zu Konflikten und chaotischen
Situationen aus und breiteten sich von Land zu Land vom Maghreb bis zum
Maschrek aus. Diese Kaskade von Tragödien ist keine Abfolge von isolierten und
spontanen Bürgerkriegen, wie es die im Westen verbreitete falsche Version
suggeriert, um die grobe Einmischung des atlantischen Imperiums zu verbergen.
Ohne dieses offene und endlich anerkannte Interessenbündnis zwischen dem Westen
und Israel auf der einen, Staaten und islamistischen Kräften auf der anderen
Seite gäbe es keine “Revolutionen”, die unterschiedliche Wendungen und
Entwicklungen nehmen werden. […] Gaddafis Djamahiriya wird mit einer illegalen
NATO-Intervention, Sezession und Chaos konfrontiert. Gaddafi wird von
“Revolutionären”, die von westlichen “Diensten” unterstützt werden, ermordet. Der
Staat wird zerstört und erholt sich nie wieder. […] Was Libyen betrifft, so
denke ich, dass die Idee war, Gaddafi davon zu überzeugen, jedes Nuklearprojekt
aufzugeben (er hätte es getan) und seine Pläne für die Unabhängigkeit und die
wirtschaftliche, finanzielle und monetäre Einheit Afrikas (das hätte er nicht
getan und musste deshalb “bestraft” werden). […] das Hauptziel der bewaffneten
Intervention der NATO war es, Gaddafi zu liquidieren, um ihn daran zu hindern,
ein vom Dollar, dem Euro und dem Westen unabhängiges afrikanisches
Währungssystem zu finanzieren. Also mussten sie den libyschen Staat zerstören,
was auch geschehen ist.“
Zu der Rolle, die die Medien dabei spielten, meint Raimbaud: „Die Rolle dieser
Medien […] war sehr schädlich und die Propaganda mit einer echten Gehirnwäsche
verbunden. Sie alle haben sich an der massiven Fehlinformation von Meinungen
beteiligt: von den Lügen der Intellektuellen bis zur Unehrlichkeit der
Politiker. Journalisten und “Reporter” vor Ort haben weitgehend zu einem riesigen
intellektuellen Betrug und blinder Einmütigkeit zugunsten der Aggressoren und
Verbrecher beigetragen, in Syrien wie in Libyen. Die westlichen Medien haben
viel dazu beigetragen, die moralische Autorität zu zerstören, die der Westen
und seine Klientel zu Unrecht beansprucht haben.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=70743