Dienstag, 31. Mai 2016



Libyen verstehen – ein Interview mit Alexandra Valiente
von Hugo Turner


Vivia Libya Wordpress veröffentlichte am 24. Mai den zweiten Teil eines Interviews, das Hugo Turner mit Alexandra Valente führte[1]

Anmerkung des Herausgebers:
Nachdem dieses Interview geführt wurde, hat es neue kritische Entwicklungen gegeben, auf die hier kurz eingegangen werden soll.
Mit Überraschung wurde zur Kenntnis genommen, dass sich auch Russland und China unter den 20 Nationen befanden, die die Wiener Beschlüsse durchgedrückt haben und dabei die Tatsache ignorierten, dass das libysche Volk beziehungsweise die Stämme von diesem Dialog ausgeschlossen sind und auch nicht an der libyschen politischen Übereinkunft (Shkirat) beteiligt wurden. Die vielbeschworene "international anerkannte Tobruk-Regierung" hat dieses Regime nie legitimiert, das den merkwürdigen Status einer Einheitsregierung beibehält.
Obwohl ebenfalls bei der Wiener Konferenz anwesend, ignoriert Ägypten weiterhin die ‚Einheitsregierung‘ und unterstützt die libysche Armee (LNA) in ihrem Kampf gegen den Terrorismus und missachtet damit die Vereinbarung, dass keine Nation parallele libysche Institutionen unterstützen oder finanzieren darf. Ägypten ist klar, dass sie sich mit Waffenlieferungen an die Einheitsregierung selber ins Bein schießen würde.
Gestern kündigte Khalifa Hefter (eine umstrittene Person, deren Vergangenheit mit dem CIA verknüpft ist) an, er werde nach Moskau reisen, um über eine russische Unterstützung beim Kampf gegen den IS zu sprechen. Seit Beginn der ‚Operation Dignity‘ (Würde) ist Hefter etliche Male in Kontakt mit Moskau getreten. Sollte Russland bereit sein, der rechtmäßigen Armee Hilfe zu leisten, würde dies die Pläne der NATO-Staaten vereiteln sowie den geringen Einfluss, der der Einheitsregierung verblieben ist, untergraben.
Russland würde wissen, mit wem sie sich einig waren, als es darum ging, den Kurs der Nation zu bestimmen. Die UNO hat nicht verheimlicht, mit wem sie sich in Istanbul getroffen hat und dass sie bei ihrer ‚Präsidentenwahl‘ mit den türkisch-saudisch-katarischen Geheimdiensten zusammengearbeitet hat.
Es ist unvorstellbar, dass Russland die gleichen Terroristengruppen, die sie in Syrien bekämpft, jetzt in Libyen legitimiert. Damit gefährdet es seine Syrien-Mission, da die USA und die UN weiterhin ‚gemäßigte Terroristen‘ schützen.
Heute, während Fajez Sarradsch in Doha (Katar) die Unterstützung für eine UN-Resolution sucht, die das de facto Regime legalisiert, ist die Libysche Nationalarmee auf dem Marsch nach Tripolis, um die Stadt von den Besatzern und terroristischen Milizen zu befreien.




Teil II

HT: Sie möchten an den Aussagen in Ihrem ersten Interview „Libyen verstehen“ etwas korrigieren?
AV: Ja. Erinnern Sie sich, dass am 12. April Martin Kobler zugegeben hat, dass die Einheitsregierung (Government of Accord GoA) ohne die Zustimmung des international anerkannten Repräsentantenhauses [in Tobruk] (House of Representatives HoR) nur auf dem Papier existiere.
Ich sagte, dass das HoR am 19. April der Einheitsregierung ein Vertrauensvotum ausgestellt hätte. Dies geschah allerdings nur unter Vorbehalt. Zusätzlich zu den Forderungen, die entsprechenden Dokumente zu deren Legalisierung zu ergänzen, verlangten sie ein Treffen mit der Einheitsregierung in Tobruk. Dies war für die ausländischen Mächte, die sich um die Einsetzung des Regimes bemühten, eine Enttäuschung, denn es ist der Einheitsregierung nicht möglich, sich außerhalb Tripolis‘ zu bewegen, nicht einmal mit dem Schutz ihres Militärs – und auch innerhalb Tripolis benötigt sie ständige Bewachung.
HT: So hat das HoR niemals die Rechtmäßigkeit der Einheitsregierung anerkannt?
AV: Nein. Der Präsident des HoR, Ageela Saleh, hielt die Einladung zum Dialog aufrecht, aber seine Anfragen wurden ignoriert.
Da das HoR niemals die Einheitsregierung anerkannte, hat sie nach den Richtlinien der Vereinten Nationen und in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht keine Legitimation, ungeachtet dessen, was in Wien stattgefunden hat. Nichtsdestotrotz hat am Tag nach der Wiener Konferenz Fajez Sarradsch, der Vorsitzende des Präsidialrates (Presidential Council) die Einheitsregierung ins Amt gerufen und das Tobruk-Parlament und die Libysche Nationalarmee in ihrer jetzigen Form als obsolet erklärt.
HT: Was ist in Wien passiert?
AV: Die Wiener Konferenz war der katastrophale Schlusspunkt und ein meisterhaftes Propaganda-Event, das unter dem gemeinsamen Vorsitz des US-Staatssekretärs John Kerry und dem italienischen Außenminister Paolo Gentiloni stattgefunden hat. Zwanzig Nationen waren an der Verschwörung und dem Staatsstreich beteiligt, der eine illegale Regierung legitimierte und die ständige Okkupation von Libyen formalisierte. Sie brachten Terroristen an die Macht, finanzierten terroristische Milizen (Präsidialgarde), rüsteten sie mit Waffen auf und übertrugen ihr die Aufgabe, das Regime zu schützen.
HT: Wie setzt sich diese Präsidialgarde zusammen und was bedeutet dies in Bezug auf die Legitimierung extremistischer Milizen?
AV: In unserem ersten Interview verwies ich auf die Besorgnis, die von Menschenrechtsorganisationen, Rechtsanwälten und dem Widerstand bezüglich des Skhirat-Abkommens vom 17. Dezember 2015 geäußert worden war. Es wurde davor gewarnt, dass die Einheitsregierung die Menschenrechtsverletzungen nicht beenden würde, sondern den Gewalttätern volle Immunität garantiere.
Das politische Libyen-Abkommen von Skhirat findet in dem Wiener Kommuniqué ebenfalls Erwähnung. Das Skhirat-Abkommen beinhaltet die Entwaffnung und die Auflösung der Milizen. Jedoch operieren seit der Ankunft der Einheitsregierung in Tripolis extremistische Milizen unter dem Dach des ‚Libya Dawn‘ (Libysche Morgendämmerung) mit dem Auftrag, den Präsidialrat zu bewachen. Gleichzeitig hat sich Martin Kobler in Istanbul mit den Kommandanten dieser Milizen getroffen. Mit dabei war Abdel Hakim Belhadsch von al-Kaida. Dabei wurde die Machtaufteilung endgültig geklärt und der Aufgabenbereich unter dem neuen Regime festgelegt. Es wurde geplant, die Libysche Nationalarmee durch die Präsidialgarde und die Nationalgarde zu ersetzen.
HT: Was können Sie uns über die Mordkampagne gegen Mitglieder der Libyschen Nationalarmee sagen?
AV: Bezugnehmend auf das Treffen in Istanbul, das unter der Schirmherrschaft des türkischen Geheimdienstes stattgefunden hatte, wurde von arabischer Seite in London ein detailliertes Exposé veröffentlicht. Khaled al-Scharif, Mitglied der Libyan Islamic Fighting Group LIFG schlug dabei die Mordkampagne vor, die Offiziere der Libyschen Nationalarmee zum Ziel hatte. Damit sollten die Gegner der libyschen Usurpation durch die Moslembruderschaft ausgeschaltet werden. Seither sind in Tripolis viele Mitglieder der Armee getötet worden. Und es ist kein Zufall, dass der IS in Sirte die gleiche Strategie fährt.
HT: Wie hat das Volk reagiert?
AV: Die Wiener Konferenz fand zu einer Zeit statt, als im Land die Krise eskalierte: Der IS tauchte an vielen Fronten auf, es gab eine humanitäre Katastrophe, Krankenhäuser mussten aufgrund des Mangels an Ausstattung und Medikamenten geschlossen werden, die Leute verarmten, viele wurden vertrieben und es herrschte Lebensmittelknappheit.
Militäroperationen unter der Führung der Stämme und der Libyschen Nationalarmee waren dabei, Sirte zu befreien, während die Säuberung Bengasis von Terroristen weiterlief und die Kämpfe um Derna und Misrata an Intensität zunahmen. Obwohl im vom IS bedrohte Bani Walid der Alarmzustand ausgerufen war, wurden tausende Flüchtlinge aus Sirte, dies es geschafft hatten, vor Schließung der Ausfallstraßen aus der Stadt zu entkommen, willkommen geheißen.
Angesichts dieser und anderer enormer Herausforderungen haben Menschen aus allen Regionen des Landes ihre Ablehnung sowohl der Einheitsregierung als auch des Staatsstreichs durch die Moslembruderschaft zum Ausdruck gebracht. Es gab Massendemonstrationen. Das Volk steht hinter der Libyschen Nationalarmee, es unterstützt die Auflösung der Milizen und die Bemühungen, den Terrorismus zu bekämpfen und ausländische Einmischung abzuwehren. Das HoR arbeitet weiter. Die Libysche Nationalarmee operiert unter dem Oberbefehl des HoR. Beim Sirte-Einsatz hat es sich geweigert, mit der Präsidialgarde zu kooperieren. Die Stämme haben ihr eigenes Sicherheitskonzept bezüglich der territorialen Verteidigung und der Befreiung von Sirte. Sie arbeiten mit der ‚Vereinten Kommandozentrale‘ der Libyschen Nationalarmee zusammen, die unabhängig von der Einheitsregierung und deren terroristischen Milizen ist.
HT: Wie glauben Sie, wird der Widerstand auf die gegenwärtige Situation reagieren?
AV: Der Widerstand ist auf Seiten der Stämme und des Volkes.
HT: Was bedeutet die Einsetzung einer Moslembruderschaft-Regierung für Libyen und für die Region?
AV: Sie bedeutet eine massive Ausweitung des Kriegstheaters, eine Eskalation des Terrorismus‘, zunehmenden Waffenschmuggel sowie ein Anwachsen der Wanderbewegungen aus Afrika und dem Mittleren Osten. Aus meiner Sicht unterscheidet sich die Arbeit der verschiedenen Organisationen innerhalb des Netzwerkes der Moslembruderschaft in der Ausprägung, aber nicht in der Art und Weise ihres Handelns. Es kann kein wirkliches Ende des Terrors geben, ohne sich mit der Moslembruderschaft in ihrer Gesamtheit zu beschäftigen.
HT: Wie steht es um die Menschenrechtssituation in Libyen?
AV: Fortschritte bei der Freilassung einiger politischer Häftlinge kommen einzig durch die engagierten Bemühungen der Stämme zustande. Weder die Tripolis- noch die Tobruk-Regierung haben eigene Anstrengungen unternommen, die Menschenrechtssituation zu verbessern oder das Leiden der Zivilbevölkerung zu mildern. Nachdem jetzt die Einheitsregierung an die Macht gehievt wurde, wird sich die Menschenrechtssituation weiter verschlechtern. Die Tatsache, dass den terroristischen Milizen in Tripolis für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ihre anhaltenden Menschenrechtsverletzungen Immunität garantiert wurde, ist ein Hinweis darauf, wie die Zukunft unter der Einheitsregierung aussehen wird.
HT: Was wird die Zukunft für Libyen bringen?
AV: Seit der Beginn der NATO-Invasion 2011 befindet sich Libyen im Krieg. Es ist kein Bürgerkrieg, auch wenn die Berichte, die sich auf Stratfor-Quellen berufen, dies glauben lassen möchten. Der Kampf ging immer darum, die Besatzungsmächte aus dem Land zu drängen und die ausländische, multinationale Ausbeutung des libyschen Ressourcenreichtums zu beenden. Es ist ein Kampf gegen den Terrorismus, jenen Terrorismus, den die NATO nach Libyen gebracht hat.
Jetzt wird der Kampf zielgerichteter und aggressiver werden.
Dank des unzähmbaren Geistes, des Mutes, der Würde und der Widerstandfähigkeit des libyschen Volkes habe ich keine Zweifel, dass es alle Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellen, überwinden und erfolgreich sein Land von Terrorismus und fremder Besatzung befreien wird.







[1] https://vivalibya.wordpress.com/2016/04/22/understanding-libya/

Dienstag, 24. Mai 2016



Die USA und das Erdöl

Ressourcenkrieg: Der Verteilungskampf hat weltweit begonnen. Er wird von den USA auch mit militärischen Mitteln und ohne pardon geführt.

Erdöl ist ein endlicher, nur beschränkt zur Verfügung stehender Stoff, egal ob es sich um konventionell oder unkonventionell gefördertes Erdöl handelt. Unter konventionellem Erdöl versteht man Erdöl, das leicht und zu einem günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis aus der Erde geholt werden kann. Die Förderung und Verarbeitung von unkonventionellem Erdöl dagegen ist teuer und schwierig, da es zum Beispiel in mehr als 500 Meter Meerestiefe angebohrt werden muss oder am sogenannten Ölsand haftet, von dem es erst aufwendig zu lösen ist. Der Leiter des ‚Swiss Instituts for Peace and Energy Research‘ SIPER in Basel, Dr. Daniele Ganser, weist darauf hin, dass der ‚Peak Oil‘, das heißt der Scheitelpunkt für die Höchstfördermenge, bei konventionellem Erdöl bereits 2006 erreicht war. Seitdem nimmt die jährliche Fördermenge aufgrund der Erschöpfung der Ressourcen beständig ab.[1] Ganser ist der Meinung, dass unkonventionelles Erdöl das konventionelle beim anhaltenden Ölhunger der Industriestaaten nur für eine gewisse Zeit ersetzten kann, bevor die konventionellen Fördermöglichkeiten schneller einbrechen, als dies die unkonventionelle Förderung auffangen kann. Man kann sich vorstellen, welche Auswirkungen dies auf unsere Industrienationen haben wird, deren ganzes Erfolgsrezept auf dem immer umfassenderen Einsatz von Energie und auf unbeschränktes Wirtschaftswachstum ausgerichtet ist. „Dramatische Verteilungskämpfe zeichnen sich ab, getrieben von der Begrenztheit der Ressourcen“, so Alexander Jung vom ‚Spiegel‘.[2]
Der breiten Öffentlichkeit ist diese Problematik allerdings nicht bewusst und sie wird von Politik und Medien auch nicht thematisiert. Der Umbau der Energiewirtschaft in Richtung weg von fossilen Energieträgern und hin zu immer mehr erneuerbaren Energie wie Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse wird allein mit dem Klimawandel begründet. Würde das mögliche Ende des Erdölzeitalters offen diskutiert, wären die neuen Kolonialkriege, die sich vor allem gegen die erdölfördernden OPEC-Staaten richten, wohl nicht mehr als Einsatz für Demokratie und Menschenrechte zu rechtfertigen, sondern die Menschen würden sie als das begreifen, was sie sind: moderne Raubzüge zur Beschaffung von Ressourcen.
Anders als weite Bevölkerungsteile ist die Politik, insbesondere die amerikanische, bestens über den Peak Oil informiert. Als Mitglied eines amerikanischen Think-Tanks namens ‚Project for the New American Century‘ (PNAC) verfasste Dick Cheney schon 1998 gemeinsam mit Donald Rumsfeld und Paul Wolfowitz einen Brief an den damaligen amerikanischen Präsidenten Clinton, in dem ein Regimewechsel im Irak und eine offensivere Politik der USA in den Erdölländern des Nahen Ostens gefordert wurde. Angestrebt wurde nichts weniger, als dass die USA die Welt dominieren sollten, auch mittels der Kontrolle über die Erdölfelder.[3]
Der amerikanische Präsident George Bush (2001 – 2008) war aufgrund seiner vorherigen Tätigkeiten (Arbusto Oil) ein Ölfachmann, ebenso wie sein Vize Dick Cheney (Halliburton) und seine spätere Außenministerin Condolezza Rice, die dem Direktorium von Chevron angehört hatte. Wie Ganser schreibt, reagierte die Bush-Administration „mit militärischer Gewalt, dem Schüren von Angst und Hass, im Abbau von Bürgerrechten und der Täuschung der Öffentlichkeit“ auf die Herausforderung des Peak Oil. Dick Cheney war klar: „[es] … wird die globale Nachfrage nach Erdöl in den nächsten Jahren um zwei Prozent wachsen, während gleichzeitig in den Erdölfeldern ein natürlicher Rückgang der Produktion von mindestens drei Prozent erwartet werden muss.“ Und zu diesem Schlamassel kommt, dass sich zwei Drittel der konventionellen Erdölreserven ausgerechnet im Nahen Osten befinden. Cheney: „Erdölfirmen hätten gern besseren Zugang zu dieser Region.“[4]
Mit den Anschlägen von 9/11 eröffnete sich den USA die Möglichkeit, den Zugang zu dieser Region zu erkämpfen. Ob 9/11 ein Terroranschlag von dschihadistischen Terroristen war, von der Bush-Administration geduldet oder sogar selbst inszeniert wurde, ist bis heute umstritten. Sicher ist dagegen, dass unter dem Vorwand des ‚Krieges gegen den Terror‘ der Krieg in Afghanistan und im Irak vom Zaun gebrochen, der Islamische Staat ins Leben gerufen und die Bürgerrechte in den USA ausgehebelt wurden.
Nachdem die USA 9/11 zum ersten Bündnisfall der NATO erklärt hatten, blieb den Mitgliedsstaaten nichts anderes übrig, als sich am Afghanistan-Feldzug zu beteiligen. Afghanistans Taliban-Regierung war beschuldigt worden, Osama bin Laden als dem Drahtzieher von 9/11 Unterschlupf gewährt zu haben. Das Land wurde besetzt, und schon plante man den Bau der TAPI-Pipeline durch das an wichtige erdölfördernde Länder angrenzende Afghanistan. Dieses Vorhaben konnte allerdings aus Sicherheitsgründen bis heute nicht in Angriff genommen werden.
Im Jahr 2003 folgte der nächste ‚Krieg gegen den Terror‘, nun gegen den Irak. Allerdings sagte der ehemalige US-Finanzminister, Paul O’Neill, dass dieser Angriff schon seit Januar 2001 geplant gewesen sei, also bereits Monate vor den Anschlägen auf das World Trade Center: „Schon im Februar ging es um die logistische Unterstützung“ des Irakfeldzugs, „nicht mehr um das warum, sondern um das wie und wie schnell.“[5] Und als es 2003 ernst wurde, meinte Wolfowitz auf einer Konferenz über Sicherheitspolitik in Singapur bezüglich des Irak-Kriegs, dass es aus wirtschaftlicher Sicht keine andere Wahl gegeben hätte, denn: „Das Land schwimmt auf einem See aus Erdöl.“[6] Da der Krieg gegen den Irak nicht die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats erhalten hatte und vom UNO-Generalsekretär Kofi Annan als illegal und dem internationalen Völkerrecht wiedersprechend eingestuft wurde, konnten die USA diesmal nicht mit der NATO, sondern nur mit einer ‚Koalition der Willigen‘ in den ‚Krieg gegen den Terror‘ ziehen, dem sich Deutschland unter Kanzler Gerhard Schröder verweigerte. Im Gegensatz zu Großbritannien, das sich unter Toni Blair gerne an der Plünderung der Erdölressourcen des Irans beteiligte. Großbritannien hatte schon immer Interesse an Afghanistan gehabt. Öl gegen Blut: Der Krieg kostete mindestens 150.000 Irakern das Leben, aber nur etwa 4.400 Amerikanern. Die großen westlichen Erdölmultis haben seitdem dank eines neuen Ölgesetzes des damaligen USA-gestützten Premierministers Nouri al-Maliki Zugriff auf das irakische Erdöl, das vorher der staatlichen irakischen National Oil Company gehört hatte. Das zerstörte Land selbst versinkt im Chaos.
Der nächste Staat auf der US-amerikanischen Öl-Agenda war Libyen, das die größten konventionellen Erdölreserven Afrikas besitzt und dessen Erdöl von erstklassiger Qualität ist. Daneben war Gaddafi ein unbequemer Zeitgenosse, der etliche Vorhaben, die dem Dominanzstreben der USA und auch französischen Interessen in Afrika – wie der Einführung einer goldgedeckten afrikanischen Währung – zuwider liefen, in Angriff genommen hatte. Unter dem Vorwand, die Bevölkerung vor Gaddafi schützen zu müssen, wurde das Land bombardiert und Gaddafi ermordet. Deutschland beteiligte sich unter seinem damaligen Außenminister Guido Westerwelle nicht an diesem Militäreinsatz. Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg erklärte, dieser Krieg sei völkerrechtswidrig, denn das Völkerrecht enthalte „ein striktes Verbot des militärischen Eingreifens in Bürgerkriegen auf fremden Territorium. [… ] Der demokratische Interventionismus, propagiert 2003, als sich die irakischen Massenvernichtungswaffen als Lüge erwiesen, und jetzt in der euphemistischen Maske einer Pflicht zur kriegerischen Hilfe im Freiheitskampf wiedererstanden, ist politisch, ethisch und völkerrechtlich eine Missgeburt.“[7] Bekanntlich sahen das Barack Obama, Nicolas Sarkozy und David Cameron ganz anders und schickten laut New York Times „eine westliche Schattenarmee“ aus CIA-Einheiten, MI6-Agenten und sonstigen Spezialeinheiten nach Libyen. Katar lieferte Waffen an die ‚Rebellen‘, dem schloss sich auch die Türkei an.
Für die Beschuldigungen gegen Gaddafi, er hätte 6.000 Tote zu verantworten, geäußert von Sliman Bouchuiguir, dem Generalsekretär der libyschen Menschenrechtsliga bei einer Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats am 25. Februar 2011 in Genf, konnten bis heute keinerlei Beweise vorgelegt werden, ganz im Gegenteil gelten seine Aussagen inzwischen als schlichtweg falsch. Nach dem Sieg der ‚Aufständischen‘ in Libyen wurde Bouchuiguir zum libyschen Botschafter in der Schweiz ernannt – ein kleines Dankeschön.
Inzwischen gibt es in Libyen nicht nur drei konkurrierende Regierungen, sondern auch zwei konkurrierende nationale Öl-Kooperativen – eine in Tripolis und eine in Bengasi – die sich gegenseitig blockieren. Bei der von der ‚internationalen Gemeinschaft‘ neu eingesetzten ‚Einheitsregierung‘ geht es vor allem darum, wer die nationale libysche Erdöl-Kooperative und somit den Zugriff auf die libyschen Ölfelder kontrolliert. Am 16. Mai 2016 sind die beiden Kooperativen bei den Wiener Libyen-Verhandlungen übereingekommen, zusammenzuarbeiten, um die Ausfuhr von Erdöl aus dem Land zu ermöglichen. Allerdings ist mehr als fraglich, ob dieses Abkommen auch eingehalten wird. Im Moment kann keine der beiden Öl-Kooperativen Öl exportieren: Im Westen des Landes wurden die Pipelines von Zintan-Milizen geschlossen, im Osten wird der einzige Exporthafen, der sich noch in Betrieb befindet, von beiden Öl-Kooperativen blockiert. Die Tobruk-Regierung lässt keine Tanker der Tripolis-Öl-Kooperative beladen und die ‚Einheitsregierung‘ lässt mit westlicher Hilfe keine Schiffe auslaufen, die von der Tobruk-Öl-Kooperative beladen wurden.
Die Tobruk-Regierung weigert sich weiterhin, mit der ‚Einheitsregierung‘ und deren Administration zusammenzuarbeiten. Ölfelder, die mit anderen Öl-Terminals im Osten Libyens verbunden sind, stehen unter der Kontrolle der libyschen Nationalarmee von Khalifa Hefter, ein erbitterter Feind der islamistischen Tripolis-Kräfte. Er wird einem Ölexport kaum zustimmen, wenn die Erträge an die Zentralbank in Tripolis gehen, die von der ‚Einheitsregierung‘ kontrolliert wird, die er als illegitim nicht anerkennt.
Es ist unklar, wen die in Wien ansässige OPEC als libyschen Vertreter akzeptieren wird: Eigentlich hat die OPEC die Öl-Kooperative von Bengasi als die legale Vertretung Libyens anerkannt, allerdings behauptet jetzt die UNO, dass nur mit der Öl-Kooperative von Tripolis verhandelt werden darf, da diese von der ‚Einheitsregierung‘ kontrolliert wird.
Komplizierte Verhältnisse also im Bürgerkriegsland Libyen. Kein Wunder, dass sich schon wieder amerikanische, britische, französische und italienische Sonderkommandos auf den Weg gemacht haben, um den Zugriff auf das Erdöl ein für alle Mal zugunsten der neu installierten ‚Einheitsregierung‘ zu klären, die schnellstmöglich die nationale Erdöl-Kooperative privatisieren und den Zugriff der internationalen Ölmultis ermöglichen soll. Der neoliberalen Weltanschauung zufolge gehört dort das Geld auch hin, und nicht in einen libyschen Wohlfahrtsstaat investiert, oder noch schlimmer, die Afrikanische Union damit unterstützt, die von Gaddafi gesponsert beispielsweise einen eigenen Kommunikationssatelliten im All platziert hat, der Handyverbindungen für Schwarzafrika günstig anbietet und damit dem Westen das Geschäft vermasselt.
Die USA brüsteten sich vor wenigen Tagen auf CNN, in Libyen wieder zu bombardieren und mit Spezialkräften auch an Land gegen den IS vorzugehen.[8] Wirklich gegen den IS? Wie auch immer – auch dieser Einsatz ist völkerrechtswidrig. Die ‚Einheitsregierung‘, die eingebunkert auf einer Marinebasis in der Nähe von Tripolis campiert, müsste erst vom Tobruk-Parlament anerkannt werden, um legalisiert zu sein. Das ist sie aber nicht. Also hat sie auch nicht das Recht, fremde Truppen ins Land zu holen. Was sie übrigens auch noch nicht getan hat. Werden diese Truppen nicht von einer legalen Regierung ins Land gebeten und ist der Einsatz auch nicht vom UN-Sicherheitsrat abgesegnet, ist er völkerrechtswidrig. Aber im ‚Krieg gegen den Terror‘ sind eben alle Mittel recht. Gaddafi ‚musste weg‘, um dem IS Platz zu machen, der dann mit westlichen Truppen bekämpft werden darf. Das ist die Demokratie, die dem Land gebracht wurde.
Seit 9/11 ist es überhaupt mit beträchtlichen Risiken verbunden, eines der zwölf Mitglieder der OPEC zu sein. So erlebt auch Venezuela gerade wieder den Versuch, den linken Präsidenten Nicola Maduro, den Nachfolger von Präsident Chavez, zu stürzen, so wie bereits 2002 – allerdings erfolglos – versucht wurde, Chavez durch einen Putsch zu entmachten. Es muss doch gelingen, auch die sich komplett im Staatsbesitz befindliche venezolanische Erdölgesellschaft PDVSA, das größte Erdölunternehmen Lateinamerikas, zu privatisieren und den internationalen Öl-Multis zu überschreiben. Gerade wird gemeldet, dass sich die USA auf einer Militärbasis in Honduras zur Intervention in Venezuela vorbereiten, um die Regierung Maduro zu stürzen.[9] Und ob eine brasilianische Präsidentin die gleichen Probleme mit neoliberalen Gegenspieler hätte, würde Brasilien Gurken züchten, anstatt täglich 1,5 Millionen Barrel Erdöl zu fördern, darf auch bezweifelt werden.
Dabei ergibt sich auch keine Hoffnung aus einer neuen wissenschaftlichen Theorie, die besagt, Erdöl sei nicht biologischen Ursprungs, sondern würde sich ständig im Erdmantel erneuern und an die Erdoberfläche gedrückt werden und dies würde zur Wiederauffüllung bereits leer gepumpter Erdölfelder führen. „Der Erdkern ist sozusagen ein riesiger nuklearer »Ofen«, der unter den dort herrschenden Bedingungen extremen Drucks und außerordentlich hoher Temperaturen ständig Kohlenwasserstoffe produziert und dies dann durch Spalten, die auch als »Migrationskanäle« bezeichnet werden, in den Erdmantel presst. Wenn sie dort durch bestimmte Mineralvorkommen wie etwa Ferrit wandern, können sie sich in komplexere Kohlenwasserstoffketten wie etwa Petroleum verwandeln.“[10] Erdöl könne kein fossiler Brennstoff sein, der in urerdgeschichtlichen Zeiten aus verrotteter Biomasse erzeugt wurde, denn zum einen hätte man Erdöl viel zu tief im Erdinneren gefunden, und zum anderen kämen im Universum große Mengen von Methangas, also abiotische Kohlenwasserstoffe, vor.
Diese Theorie hat durchaus Charme. Allerdings bleibt unklar, in welchen Zeiträumen die Erzeugung von Erdöl im Erdinneren erfolgt und wie schnell sich somit leere Speicher wieder auffüllen könnten. Ebenfalls ungeklärt bleibt die Frage, wie umgehen mit dem bei der Verbrennung erzeugten CO2, da durch die Verwendung von immer mehr Erdöl bekanntlich der Klimawandel ausgelöst und so die Umwelt geschädigt wird.
Für die gegenwärtige Kriegspolitik ist diese Außenseitertheorie ohnehin nicht von Bedeutung, da die Politstrategen der USA vom Vorhandensein eines bereits 2006 eingetretenen Peak Oils für konventionelles Erdöl ausgehen. Und selbst wenn es diesen nicht gäbe, wäre unter militärstrategischen Gesichtspunkten die Kontrolle der Erdölfelder sinnvoll, da so auch die Versorgung konkurrierender oder feindlicher Staaten mit dem Lebenssaft, den jede  Wirtschaft so dringend benötigt, gekappt werden kann. So war es für die USA ein wichtiger Nebeneffekt, die Chinesen aus Libyen zu vertreiben. Denn damit haben die USA den Chinesen den Zugang zum Mittelmeer versperrt, wohin sie das Erdöl aus dem Niger per Pipelines zur Verschiffung hätten leiten können. Im Niger haben die Chinesen bereits große Erdöl-Claims abgesteckt. Und man stelle sich vor, das politisch instabile Italien würde eine sehr linke Regierung wählen, dann könnten die USA Italien, das stark vom libyschen Erdöl abhängig und deren Erdölkonsortium ENI in dem Land umfangreich vertreten ist, einfach den Erdölhahn zudrehen und somit Italien wirtschaftlich zu Boden zwingen. Dies erklärt vielleicht auch, warum Italien bei der ungeliebten Invasion in Libyen mitmacht, mitmachen muss, um die Kontrolle über das libysche Erdöl nicht vollständig den USA zu überlassen. Ist der vorgeschobene Kampf gegen den Islamischen Staat vielleicht auch ein verborgener Kampf zwischen Europa und den USA um die Erdölressourcen in Nahost?
Der Westen braucht das Öl wie ein Junkie seinen Stoff.[11] Die Abhängigkeit endet im moralischen Zerfall und in der Beschaffungskriminalität. Es wird gelogen, betrogen und gemordet. Verbrechen werden begangen, Kriege angezettelt und bis zur letzten Brutalität geführt. Ganze Gesellschaften werden vernichtet, Staaten kaputt gebombt. Das Völkerrecht ist nichts mehr wert, die Menschenrechte haben sich verabschiedet. Demokratie existiert nur noch zum Schein, Gesetze werden ohne parlamentarische Mehrheit durchgeboxt, Regierungen kaltblütig weggeputscht. Der Krieg um die Rohstoffe hat längst begonnen und findet auf allen politischen, militärischen, wirtschaftlichen, kulturellen, sportlichen Ebenen statt. Europa steckt in diesem ganzen Schlamassel mitten drin. Die Versuche des deutschen Außenministers Steinmeiers, deeskalierend auf die USA einzuwirken – wie zum Beispiel in Libyen: Ausbildung der libyschen Soldaten ja, aber entgegen der Meinung der USA nicht in Libyen, sondern in Tunesien – wirken da eher rührend.

Angelika Gutsche, 22.5.2016



[1] Daniele Ganser „Europa im Erdölrausch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit.“, 2012, Orell Füssle Verlag, Zürich
[2] Alexander Jung, Erich Follath (Hrsg.): „Der neue kalte Krieg. Kampf um die Rohstoffe.“, 2008, Goldmann Verlag München
[3] „A Report of the Project of the New American Century“, 2000 Washington. Nach: D. Ganser „Europa im Erdölrausch“
[4] Dick Cheney zitiert in: „William Clark: „Petrodollar Warfare“, 2005, New Society Publishers
[5] Zitiert in Ron Suskind: „The Price of Loyalty, 2004 New York. Nach: D. Ganser „Europa im Erdölrausch“
[6] Paul Wolfowitz zitiert in : Iraq War Was About Oil. In Guardian, 4. Juni 2003. Nach: D. Ganser „Europa im Erdölrausch.“
[7] Reinhard Merkel: „Die Militärintervention gegen Gaddafi ist illegitim.“ In: FAZ, 22.3.2011
[8] http://edition.cnn.com/2016/05/18/middleeast/libya-isis-us-special-forces/
[9] http://www.jungewelt.de/2016/05-20/012.php
[10] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/sinnlose-kriege-um-erdoel.html
[11] Daniele Ganser „Europa im Erdölrasch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit.“, 2012, Orell Füssle Verlag, Zürich

Donnerstag, 19. Mai 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Venezuela bereitet sich auf einen US-Angriff  á la Libyen vor
24.5.2016. Die demokratisch-sozialistische Regierung von Präsident Nicolas Maduro hat Militärmanöver abhalten lassen und Waffen an die Bevölkerung ausgeben lassen, denn sie rechnet mit einem möglichen militärischen Angriff der USA auf das erdölreiche Land, wie es 2011 in Libyen geschehen war. Seit Wochen fahren westliche Medien eine Kampagne gegen Venezuela und stellen die Versorgungslage völlig überzogen oder verzerrt dar, es werden rechte politische Kräfte mit Geld und „ideologischem Rüstzeug“ aus den USA versorgt und zur Rebellion aufgestachelt und wirtschaftliche Destabilisierungsmaßnahmen – ähnlich wie sie die USA 1970-73 gegen Chile einsetzten – angewandt.
Maduros Vorgänger und politischer Ziehvater Hugo Chavez war 2011 einer der konsequentesten Gegner des Libyen-Krieges weltweit. Es gelang ihm die anerkannten Ex-Präsidenten Lula da Silva (Brasilien) und Jimmy Carter (USA) als Friedensvermittler zu gewinnen - doch der Westen und die NATO-Nazis Clinton, Obama, Cameron und Sarkozy.




Libyen: Einheitsregierung meldet Fortschritte im Kampf gegen den IS
24.5.2016. Die neue libysche „Einheitsregierung“ unter „Premierminister“ Fayez al-Seraj, welche von der sogenannten „internationalen Gemeinschaft“, aber auch von den Nachbarländern protegiert wird, meldet erste Erfolge im Kampf gegen die radikalislamische Terrorsekte „Islamischer Staat“ (IS). Die Truppen der „Einheitsregierung“ (zusammengewürfelte Verbände aus islamistischen Milizen und säkularen Kämpfern) hatten die Kleinstadt Abu Grain, die rund 140 km von der IS-Hochburg Sirte liegt und zwei weitere Dörfer von der Terrorgruppe befreit.






Polen: NATO-Kritiker und Oppositionspolitiker Mateusz Piskorski unter „Spionageverdacht“ verhaftet
24.5.2016. Mateusz Piskorski, Gründer der linksnationalistischen Partei Zmiana („Veränderung“) und der NATO-kritischen Denkfabrik „Europäisches Zentrums für geopolitische Analysen“ ist von Polizisten des rechtsnationalen Kaczynski-Regimes unter dem Vorwurf der angeblichen „Spionage“ für Rußland und China verhaftet worden. Auch die Wohnungen weiterer Zmiana-Mitglieder wurden durchsucht. Die Aktion markiert die endgültige Übernahme des polnischen Staates durch die NATO-Fanatiker. Der rußlandfreundliche Piskorski, der früher Parlamentsabgeordneter für die linkspopulistische Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung“) von Andrzej Lepper war, hatte kritisch mit Insiderwissen über ein NATO-Manöver berichtet – das ist aber eher investigativer Journalismus als „Spionage“.





Imran Khan: Scharfe Kritik an pakistanischer Regierung
23.5.2016. In einem Exklusiv-Interview mit dem russischen Fernsehsender RT hat der frühere Kricket-Star und jetzige Chef der Gerechtigkeitspartei (PTI), Imran Khan, die pakistanische Regierung für ihre Unfähigkeit, die Angriffe von US-Drohnen auf Pakistanis zu stoppen, scharf kritisiert. Die Regierenden seien „schamlose Leute“ohne „Würde“ und „Selbstachtung“, die nur auf US-Dollar und internationale Hilfsmittel aus seien, so u.a. der Politiker, der mit seiner Partei über einen pakistanischen Bundesstaat regiert und dort mit seinen Anhängern aus Protest gegen die Drohnenangriffe NATO-Militärtransporte nach Afghanistan blockiert hatte.





Libyen: Ehemaliger Ghaddafi-Außenminister vertritt jetzt neue „Einheitsregierung“ in Wien
 
19.5.2016. Die neue „Einheitsregierung“ unter dem von der UNO ernannten „Premierminister“ Fayaz al-Seraj, einem wohlhabenden Architekten, der unter Muammar al-Ghaddafi für das Wohnungsbauministerium gearbeitet hat, wird bei den Verhandlungen in Wien von ihrem neuen Außenminister Taher Siyala vertreten, der bereits in der Jamahiriya (Rätedemokratie unter Ghaddafi) denselben Posten inne hatte, wie die österreichische Tageszeitung "Der Standard" berichtete. Die neue Einheitsregierung wird nicht nur von den westlichen Ländern, sondern auch von Staaten, welche dem NATO-Überfall und Regimewechsel 2011 kritisch gegenüber stehen, wie Rußland, China, Algerien, Tunesien, Niger und Tschad sowie von der Afrikanischen Union (AU) unterstützt.





 Lügenpresse


DER SPIEGEL – und er tut es immer wieder


In „Der Spiegel“ Ausgabe 16/2016 erschien unter dem Titel „Der gescheiterte Staat“ ein Artikel über die Situation in Libyen. Ein Artikel, der mehr verwirrt, denn aufklärt und einige Merkwürdigkeiten aufweist, zum Beispiel wenn er Regierungen, Milizen und die libysche Nationalarmee durcheinander bringt.

Richtig ärgerlich wird der Spiegel-Artikel dort, wo er seit langem und eindeutig wiederlegte falsche Behauptungen über den Hergang des Sturzes von Gaddafi und der Dschamahirija-Regierung in Libyen aufstellt. So heißt es dort: „… begehrte im Februar 2011 auch der Osten Libyens auf, der sich seit Langem von Tripolis gegängelt fühlte. Gaddafi reagierte erwartungsgemäß und schickte Heckenschützen, Artillerie und Streubomben. Es folgte ein brutaler Bürgerkrieg, der unzähligen Zivilisten das Leben kosten sollte. […] Die Intervention, die der UN-Sicherheitsrat am 17. März beschloss, hatte keinen Regimewechsel zum Ziel, sondern den Schutz der Zivilbevölkerung vor den Regierungstruppen Gaddafis. In dieser Hinsicht war die Intervention auch erfolgreich.
Eine Intervention als erfolgreich zu bezeichnen, die ein prosperierendes Land, das in Afrika reichste und fortschrittlichste in Sachen Menschenrechte, Frauenrechte, Bildungswesen und medizinische Versorgung, in Armut, Elend und Verzweiflung bombte, dazu braucht es schon ein gehöriges Maß an Chuzpe. Eine Intervention, die einen bis heute eskalierenden Bürgerkriege nach sich zog, einen gescheiterten Staat zur Folge hat, in dem sich der IS ausbreiten kann, und der bis heute geschätzt 100.000 Menschen den Tod kostete, ist der Gipfel des Zynismus.
Die Behauptungen, dass Gaddafi Heckenschützen, Artillerie schickte und Streubomben einsetzte, und dass durch den NATO-Krieg Blutvergießen verhindert worden wäre, ist bewiesenermaßen falsch. Dagegen ist belegt, dass die gewaltsamen Auseinandersetzungen mit libyschen Sicherheitskräften von organisierten und vom Ausland unterstützten Kräften provoziert wurden.
Ausschlaggebend für die UN-Resolution 1973, die die Verhängung einer Flugverbotszone zum Inhalt hatte, war die Behauptung, Gaddafi hätte 6.000 Aufständische getötet. Doch wann und von wem war dies behauptet worden?
In Genf hatte eine Sitzung des Menschenrechtsrats stattgefunden. Der Vertreter Libyens, Sliman Buchuiguir hatte sich erhoben und diese Zahl der 6.000 in den Raum geworfen. Unterstützt wurde er von einer der US-Regierung nahestehenden NGO ‚National Endowment for Democracy‘ NED, die mit Schreiben an die US-Regierung, die EU und die UNO den Ausschluss Libyens aus dem UN-Menschenrechtsrat forderte. 85 internationale Menschenrechtsorganisationen unterstützten diese Forderung mit ihrer Unterschrift. Die Saat war aufgegangen – ohne jeden Beweis für die Richtigkeit der Behauptungen.
Als nächstes wurde die Anschuldigung gegen Gaddafi in New York bei einer Sitzung des Sicherheitsrats der UN wiederholt. Als Quelle wurde der Menschenrechtsrat in Genf genannt. Mit Zustimmung Russlands und Chinas wurde deshalb am 17. März 2011 eine Flugverbotszone über Libyen verhängt. In den westlichen Medien hieß es, Gaddafi werfe Bomben ‚auf die eigene Bevölkerung‘.
Als Russland und China registrierten, dass die Flugverbotszone nicht einem humanitären Einsatz galt, sondern von der NATO dahingehend umgebogen wurde, gegen Libyen in den Krieg zu ziehen und mit NATO-Kampfflugzeuge Städte wie Bani Walid und Sirte zu bombardieren, um Gaddafi und die Dschamaharija-Regierung zu stürzen, fühlten sich beide Mächte betrogen.
Es handelte sich um einen NATO-Krieg, getarnt als humanitäre Aktion der Vereinten Nationen und abgenickt durch den Weltsicherheitsrat. Die Bevölkerungen der westlichen Länder klatschten Beifall. Wenn es gegen einen sogenannten ‚Diktator‘ geht, ist man immer auf der richtigen Seite des Weltgeschehens. Seit Hitler weiß doch jedes Kind: Diktatoren müssen weg!
Nur leider stellte sich später heraus, dass die Behauptungen, die gegen Gaddafi und das libysche Militär erhoben worden waren, schlichtweg erfunden waren, ebenso wie einst die Atomwaffen Saddam Husseins, die als Grund für eine Intervention in den Irak vor der UNO herhalten mussten. Sliman Buchuiguir, der ein Gegner Gaddafis war, wollte ihn aus persönlichen Gründen stürzen. Belege für die 6.000 Toten, von Journalisten gefordert, konnte Buchuiguir bis heute nicht liefern. Als seine Quelle nannte er später Mahmoud Dschibril.
Wer war Mahmoud Dschibril? Dschibril leitete während der Ära Gaddafi den Ausschuss für wirtschaftliche Entwicklung und pflegte als Verfechter neoliberaler Wirtschaftsideen enge Verbindungen mit den USA und Frankreich. Er wechselte bei Ausbruch der Unruhen unverzüglich die Seiten und wurde Vorsitzender des in Bengasi gebildeten ‚Nationalen Übergangsrats‘ NTC. Ein anderes libysches Regierungsmitglied, Abdul Dschalil, stellte sich ebenfalls auf die Seite der ‚Aufständischen‘ und gehörte anschließend dem NTC an. Kurzzeitig wurde er sogar libysches Staatsoberhaupt. Dschalil, als ehemaliger Justizminister ein Vertreter des wirklich repressiven Flügels der libyschen Regierung, bekam in der Nach-Gaddafi-Zeit – genauso wie Abdulfatah Junis (ehemals Kommandeur der libyschen Sondereinheiten) und Rahmann al-Abhar (ehemals Generalstaatsanwalt) – im NTC Übergangsrat wichtige Posten. Der Westen erhob dagegen keine Einwände.
Zutiefst von den Vorgängen in Libyen enttäuscht und völlig desillusioniert gab Dschalil im Mai 2014 gegenüber dem Sender Al-Arabia zu: „Gaddafi gab niemals den Befehl, Demonstranten zu töten. Das taten Scharfschützen aus dem Westen: aus Frankreich, Großbritannien und den USA. Die Getöteten, die wir vorzeigten, waren Ausländer, die wir in libysche Kleidung gesteckt hatten. Niemand forderte sie zurück. Ich wusste von dem Plan als ich noch in Gaddafis Regierung war, aber zu dieser Zeit konnte ich nichts sagen. Doch das war der Plan und wir mussten ihn ausführen. Wenn dies alles bereits 2011 bekannt geworden wäre, hätten die internationale Gemeinschaft und die UN die Resolution 1973 nicht durchsetzen können.“
Aus heutiger Sicht kann man sagen, sie alle waren nur nützliche Idioten für die neuen Kolonialherren. Und genauso wird es den islamistischen Gruppierungen ergehen, die nicht schnell genug bereit sind, vor den Kolonialherren kuschen.
In einer  Harvard-Studie „Lessons from Libya: How Not to Intervene“ [1] von 2013 schreibt auch Professor Kuperman, dass Gaddafi Gewalt niemals gegen Zivilisten oder wahllos einsetzte und wie der NATO-Einsatz den Krieg um mindestens das sechsfache verlängerte:Die damaligen Pressemeldungen übertrieben die „Todesrate“ um den Faktor zehn; sie gingen von ‚mehr als 2.000 Toten‘ während der ersten Tage der Proteste in Bengasi aus, während Human Rights Watch (HRW) später nur 233 Tote im ganzen Land zählte. Dass Gaddafi nicht die Zivilbevölkerung, sondern aufständische Kämpfer zum Ziel hatte, zeigt sich auch bei der Zahl von Verwundeten in Misrata. Dort wurden laut HRW in den ersten sieben Wochen 949 Personen verletzt, davon waren nur 30 Frauen oder Kinder. In dieser Zeit wurden in der Stadt Misrata mit einer Bevölkerung von 400.000 genau 257 Menschen getötet. Auch richtete Gaddafi kein Blutbad in einer der anderen Städte wie Aidabija, Bani Walid, Brega, Ras Lanuf, Zawija und dem Großteil von Misrata an, die seine Armee von den Rebellen vor der Nato-Intervention rückerobert hatten. Es findet sich kein Hinweis darauf, dass er dies bei der Rückeroberung der noch von Rebellen gehaltenen Stadt Bengasi vorgehabt hätte. Die weitverbreitete Meinung, das Hauptziel der Nato in Libyen wäre es gewesen, Zivilisten zu schützen ist also falsch. Es gibt genügend Beweise, die zeigen, dass es das Ziel der Nato war, Gaddafi zu stürzen, auch wenn dadurch das Leiden der Zivilbevölkerung zunahm. Im Gegensatz zu Gaddafi attackierte die Nato die libyschen Streitkräfte ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, selbst in solchen Fällen wie in Gaddafis Heimatstadt Sirte, wo die libysche Armee auf dem Rückzug war und die Nato verkündete, die Zivilisten zu schonen. Darüber hinaus unterstützte die Nato auch dann noch die Rebellen, wenn diese wiederholt einen Waffenstillstand, den die Regierungstruppen anboten, ablehnten, obwohl dieser dazu hätte beitragen können, die Gewalt zu beenden und Zivilisten zu schonen. Erst diese militärische Hilfestellung zusätzlich zu Waffenlieferungen, militärischer Ausbildung und der Entsendung verdeckter, hunderte Mann starker Truppen aus Katar, ermöglichte es den Rebellen, Gaddafi gefangen zu nehmen und zu töten und im Oktober 2011 die Macht in Libyen zu übernehmen.
Ein falsches Verständnis ist es also, wenn gemeint wird, dass die Intervention Leben rettete und Libyen und seinen Nachbarn von Nutzen war. Denn als die Nato Mitte März 2011 in Libyen intervenierte, hatte Gaddafi bereits über den Großteil von Libyen wieder die Kontrolle zurückerlangt, während sich die Rebellen auf einem schnellen Rückzug in Richtung Ägypten befanden. Der Konflikt war sechs Wochen nach seinem Beginn so gut wie zu Ende und hatte etwa 1.000 Menschen das Leben gekostet, darin eingeschlossen Soldaten, Rebellen und Zivilisten, die ins Kreuzfeuer geraten waren. Als die Nato eingriff, konnten die Rebellen ihre Angriffe fortsetzen, was insgesamt 7.000 mehr Tote bedeutete.
Auf dem Blog ‚peds-Ansichten‘ wird in einem wirklich empfehlenswerten Artikel[2] dargestellt, wie sich in Libyen keineswegs eine Demokratie fordernde Jugend gewaltfrei für mehr Menschenrechte einsetzte, sondern vom Ausland unterstützte dschihadistische Islamisten zugange waren, die von Anfang an auf Gewalt setzten, Polizeistationen in Brand steckten und Zusammenstöße provozierten, so dass zum Beispiel in Bengasi 38 Polizisten (nicht Militär und auch nicht Oppositionelle!) in Krankenhäuser eingeliefert wurden oder 50 schwarzhäutige Soldaten der libyschen Armee in der Stadt al-Baida exekutiert wurden. Es kam zu Gewaltexzessen gegen Gaddafi-Anhänger und solche, die dafür gehalten wurden. Ein türkischer Bauarbeiter sagte zu BBC: „Wir hatten siebzig bis achtzig Leute aus dem Tschad in unserer Firma. Sie wurden mit Baumscheren und Äxten niedergemetzelt und von den Angreifern beschuldigt, für Gaddafi Truppen zu stellen. Auch die Sudanesen wurden massakriert. Wir haben es selbst gesehen.“[3]
Zu den Oppositionellen in Libyen zählten Kämpfer der LIFG (Libyan Islamic Fighting Group), die sich aus ehemaligen Mudschahedins aus Afghanistan zusammensetzt. Ihr Führer war Abdelhakim Belhadsch, der spätere Militärkommandeur von Tripolis und Soldempfänger des Emirs von Katar. Unterstützt wurden die islamistischen Gruppierungen von den im Land operierenden westlichen Geheimdiensten.
Es stellt sich die Frage, wer die libysche Regierung dazu bewog, noch einen Tag, nachdem die Rebellion begonnen hatte, 110 LIFG-Kämpfer zu begnadigen und aus dem Gefängnis zu entlassen. Wie bekannt, arbeiteten vor dem Februar 2011 die amerikanischen und libyschen Geheimdienste bei der Bekämpfung von IS und al-Kaida eng zusammen. Dann wechselten die USA plötzlich die Seiten. Ging hier etwas Ähnliches vor wie auch schon im Irak, als Saddam Hussein von der damaligen US-Botschafterin praktisch grünes Licht für einen Einmarsch in Kuweit bekam und sich somit in Sicherheit wiegte, denn der gemeinsame Feind von Irak und den USA war ja der Iran? Nun, bekanntlich kennen die USA keine Freunde, sondern nur Interessen.
Die USA hatten den Umsturz in Libyen von langer Hand vorbereitet. Systematisch wurden Konflikte zwischen dem Osten und der Regierung, zwischen neoliberalen Wirtschaftspolitikern und sozialistisch orientierten Dschamahirija-Anhängern geschürt, wurde im In- und Ausland versucht, Politiker und Personen aus dem Umfeld Gaddafis abzuwerben und für einen Umsturz zu gewinnen.
Bei all dem waren natürlich auch die Medien nicht unwesentlich beteiligt. Ein Pro-Gaddafi-Marsch im Juli 2011 in Tripolis, an dem zwischen einer und zwei Millionen Menschen teilnahmen (bei einer Bevölkerung von drei Millionen) wurde komplett totgeschwiegen. Gaddafi wurde zum bösen Diktator stilisiert, der sein Volk quält und unterdrückt und endlich, endlich „weg muss“. Eine Sonderrolle nahm dabei Al-Dschasira ein, der Haussender des Emirs von Katar, bekannt durch seine umfassende Unterstützung der Moslembrüder. Al-Dschasira war für die westlichen Medien die Hauptinformationsquelle über die Vorgänge in Libyen. Der Sender berichtete über die Bombenabwürfe durch die libysche Armee, die nie bestätigt wurden, obwohl das der US-amerikanischen Satellitenaufklärung, hätten sie denn stattgefunden, ohne weiteres möglich gewesen wäre. Die russische Aufklärung konnte sogar jegliche Art von Bombenabwürfen durch libysches Militär auf Zivilisten dementieren.
Eine Rolle, allerdings in erster Linie für die westliche Berichterstattung, spielten auch die neuen sozialen Medien, vor allem ‚facebook‘, das über eine anonyme Seite mit dem Namen ‚Libyan Youth Movement‘ zu einem ‚Tag des Zorns‘ am 17. Februar aufrief. Die Seite war keine zwei Wochen vor dem Ausbruch der Unruhen angelegt worden. Allerdings war dieser 17. Februar ursprünglich als Gedenktag gegen die Mohammed-Karrikaturen angelegt worden, und zwar von der libyschen Moslembruderschaft und hatte mit Demokratiebestrebungen rein gar nichts im Sinn.
Doch was war wirklich los in Libyen, zum Beispiel im Januar 2011? Tatsächlich hieß es am 4. Januar 2011 noch in einem Bericht des UN Human Rights Council über Libyen: „„Die Delegation [des UNHRC] stellte fest, dass alle Rechte und Freiheiten Bestandteil eines schlüssigen, gefestigten Rechtsrahmens sind. Die rechtlichen Garantien bilden die Basis für die Sicherstellung der Grundrechte der Menschen. Weiterhin werden Verstöße, die möglicherweise auftreten, vom Gerichtswesen verhandelt und Täter werden vor Gericht gebracht. Das Gerichtswesen gewährleistet die Rechte der Einzelnen und wird unterstützt von anderen Instanzen, in besonders bedeutender Weise von der Staatsanwaltschaft. Eine nationale Menschenrechtskommission, deren Mandat sich auf den „Pariser Prinzipien“ gründet, ist 2007 eingerichtet worden. Die vorgenannten Instanzen werden ergänzt von neu eingerichteten Mechanismen wie beispielsweise den mit dem Gesetzt Nr. 19 2001 geschaffenen zivilgesellschaftlichen Organisationen.“ (Punkt 10 des Berichts)
Der Schutz der Menschenrechte ist in der Libysch-Arabischen Dschamahirija sichergestellt. Das beinhaltet nicht nur politische Rechte sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Die Libysch-Arabische Dschamahirija kann sich auf ihre wegweisenden Erfahrungen auf dem Feld der Verteilung des Wohlstands und des Rechts auf Arbeit berufen.“ (Punkt 11 des Berichts)
„Die Delegation [des UNHRC] weist darauf hin, dass Frauen in der Libysch-Arabischen Dschamahirija hoch angesehen sind und ihre Rechte von allen Gesetzen und der Gesetzgebung garantiert werden. Diskriminierende Gesetze wurden aufgehoben. Libysche Frauen besetzen herausragende Positionen im öffentlichen Bereich, dem Justizwesen, der Staatsanwaltschaft, bei der Polizei und im Militär. Die libysche Gesetzgebung sichert auch die Rechte der Kinder, lässt Kindern mit besonderen Bedürfnissen, Älteren und Behinderten besondere Aufmerksamkeit zukommen.“ (Punkt 12 des Berichts)
„Illegale Einwanderung ist eine der größten Herausforderungen, denen sich das Land gegenübersieht. Illegale Einwanderung hat negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt, die Entwicklung, die Gesundheit, die Umweltprogramme und die soziale Stabilität. Die Libysch-Arabische Dschamahirija erwartet die Koordination und Kooperation mit den betroffenen Ländern, insbesondere mit Europäischen Ländern, die Ziel der Flüchtlinge sind, um umfassende Programme aufzubauen, die sich mit den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen dieses Phänomens befassen und den Flüchtlingen helfen, sich in ihren eigenen Ländern niederzulassen, indem ihnen Arbeitsgelegenheiten geboten werden und ihre Länder mit Entwicklungsplänen unterstützt werden.“ (Punkt 13 des Berichts)
„Die Libysch-Arabische Dschamahirija stellte fest, dass Gesetze auf der Basis der im Großen Grünen Dokument verankerten Prinzipien die Meinungsfreiheit sicherstellen. Artikel 5 fördert die Freiheit, wobei in Artikel 8 festgelegt ist, dass „jeder Bürger das Recht hat, seine Meinung öffentlich in den Volkskongressen und den Massenmedien zu äußern …“. In Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit ist jeder Bürger, Mann oder Frau, der das Alter von 18 [Jahren] erreicht hat, berechtigt zur Mitgliedschaft in den Basisvolkskongressen, und hat aufgrund dieser Mitgliedschaft das Recht ihre oder seine Meinung zu jedem Thema zu äußern. Des Weiteren werden angesichts der wachsenden Informationsnetze Einschränkungen der Meinungsfreiheit ohnehin hinfällig….“ (Punkt 16 des Berichts)
Die Religionsfreiheit wird gewährleistet getreu den Grundrechten und dem Grünen Dokument, das festlegt, dass Religion ein privater, geistlicher und persönlicher Wert ist und eine direkte Beziehung zum Schöpfer darstellt.“ (Punkt 17 des Berichts)[4] (Hervorhebungen durch die Verfasserin)
Aber vielleicht war ja gerade dies – neben der Gier nach Öl, Wasser, Geld und Gold – das Problem? Sollte verhindert werden, dass sich Libyen mit dem Modell seiner Dschamahirija zum afrikanisch-arabischen Vorzeigestaat entwickeln und als Vorbild für andere Staaten dienen könnte? Als Gegenmodell zu den meisten Staaten der arabischen Welt, die oft trotz ihres Öl-Geldes in einem rückwärtsgewandten Islamismus zu ersticken drohen? In der eigenen Bevölkerung und der der schwarzafrikanischen Länder erfreute sich Gaddafi auch dank seiner Großzügigkeit großer Beliebtheit und in Europa war er wieder hoffähig. Das galt es zu unterbinden.
Wenn es die afrikanischen und arabischen Länder jetzt nicht schaffen, sich gegen den neuen Kolonialismus zur Wehr zu setzen, dann sind all die Opfer, die in den Unabhängigkeitskriegen des letzten Jahrhunderts gebracht wurden, umsonst gewesen. Nur wenn sich die Libyer in ihrem Libyen behaupten, kann der neue Kolonialismus gestoppt werden. Das Rad der Geschichte darf nicht zurückgedreht werden.



 Der GRÜNE WIDERSTAND erklärt:



Eine Kriegserklärung an das libysche Volk
Stellungnahme der Jamahirija-News-Agency zu der 'Libyen-Stabilisierungskonferenz' in Wien:
„Der Sinn dieses Treffens war es, den imperialistischen Staatsstreich zu Ende zu bringen, eine illegitime Regierung zu legitimieren und Regelungen für eine ständige ausländische Besatzung Libyens zu erstellen.
[ …]
Obwohl es sich um eine reine Propagandaveranstaltung gehandelt hat, sind die Folgen für die Souveränität Libyens verheerend.
Ein Beobachter merkte an, dass es kein Zufall ist, dass dieses Treffen, am hundertsten Jahrestag der Unterzeichnung des Sykes-Picot-Abkommens stattfand.
Für das Empire ist dies ein Sieg. Für die freien Menschen in Libyen eine offene Kriegserklärung.“


17.05.2016    Angelika Gutsche



In Libyen eskaliert die Lage: Staatsstreich


Der Präsidialrat der libyschen ‚Einheitsregierung‘ hat am 9. Mai 2016 angekündigt, eine ‚Präsidialgarde‘ aufstellen zu wollen. Dieser Plan, der zur offenen Konfrontation zwischen dem Präsidialrat und der libyschen Nationalarmee (LNA) beziehungsweise der Tobruk-Regierung führt, wurde heute bei einer 'Stabilisierungskonferenz für Libyen‘ in Wien begrüßt.

Offensichtlich ist, dass die Strategie der Moslembruderschaft darin besteht, mit Hilfe von der Türkei und Katar eine Nationalgarde aufzustellen, die die legitime libysche Nationalarmee (LNA) ersetzen soll.
Mit dieser Aufstellung einer ‚Präsidialgarde‘ soll die Auflösung der LNA, die loyal hinter der Tobruk-Regierung (House of Representatives HoR) steht, eingeleitet werden. Seit der Ankündigung, die Stadt Sirte vom IS befreien zu wollen, eskaliert der Streit zwischen der Tobruk-Regierung beziehungsweise der LNA und der ‚Einheitsregierung‘ immer mehr.
Laut dem Präsidialrat soll diese Nationalgarde finanziell und administrativ unabhängig sein und dem Oberkommandierenden der Armee unterstehen. Zu ihren Aufgaben soll zählen, „das präsidiale Hauptquartier zu schützen, die Mitglieder und Besucher des Präsidialrates zu bewachen, die Land- und Seezugänge sowie Flughäfen zu sichern. Vorgesehen ist, dass diese neue Präsidialgarde von einem Offizier nicht unter dem Rang eines Obersts befehligt wird und aus ausgewählten Polizei- und Armeeangehörigen besteht.“
Diese Entscheidung zur Aufstellung einer Präsidialgarde ist ein Bruch des Abkommens von Skhirat (Marokko), denn dieses hatte eine Auflösung der Milizen und ihren Rückzug aus Tripolis vorgesehen. Stattdessen werden nun die Interessen Katars und der Türkei durchgesetzt. Denn das Personal der neuen Präsidialgarde wird sich aus den dschihadistischen Milizen von Tripolis zusammensetzen, die nun die Grenzen, Marinestützpunkte und Flugplätze sichern sollen. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die libysche Nationalarmee LNA ihre Entmachtung nicht gefallen lassen wird.
Erinnert sei noch einmal an das vom türkischen Geheimdienst initiierte Treffen in Istanbul Ende März zwischen Martin Kobler und den libyschen Milizenführern, zu denen auch Khaled Abdelhakim Belhadsch, der ehemalige Anführer der LIFG (Libyan Islamic Fighting Group) gehörte. Bei diesem Treffen soll bereits das Projekt ‚Nationalgarde‘ vorgestellt worden sein, das vorsah, 10.000 Angehörige islamistischer Milizen darin zu integrieren, um Tripolis und seine Vororte zu sichern und somit Sarradsch und seiner ‚Einheitsregierung‘ die Arbeit zu erleichtern.
Man muss sich das vorstellen: Damit werden die islamistischen Milizen legitimiert und erhalten die Möglichkeit, weiterhin die Macht über die Hauptstadt Tripolis – und somit auch über die Zentralbank und das Ölministerium – auszuüben. Die offizielle libysche Nationalarmee, die ihre Legitimation durch das Tobruk-Parlament bezieht, wäre damit praktisch entmachtet. Die Tobruk-Regierung hat aber der ‚Einheitsregierung‘ noch immer nicht das Vertrauen ausgesprochen, was unter diesen Umständen auch nicht verwunderlich ist.
Gut dazu passt der bekanntgewordene Plan, den die islamistischen Milizenführer ausgeheckt haben und der auf die Ermordung von Offiziere der libyschen Nationalarmee in Tripolis abzielt.
Das Ganze scheint auf einen Staatsstreich hinauszulaufen, der die Interessen von Katar und der Türkei in Libyen sichern soll, indem die von ihnen unterstützten Milizen mit Hilfe des Präsidialrats die Kontrolle über den libyschen Staatsrat übernehmen.[1]
Auch ein sogenannter Blog der 94, der sich aus ehemaligen Mitgliedern des GNC zusammensetzt, die im Februar 2014 zurücktraten, und der von Mahmoud Dschibril angeführt wird, kritisierte die Bildung einer Präsidialgarde durch den Präsidentschaftsrat als illegale Aktion.
Die Tobruk-Regierung unterstützt Agila Saleh, den Präsidenten des Tobruk-Parlaments, als den Oberkommandierenden der libyschen Streitkräfte. Dschibril sagte in einem Interview mit Sputnik News über die ‚Einheitsregierung‘: „Diese Regierung wurde mit Gewalt eingesetzt. Es handelt sich dabei um internationale Vereinbarungen, aber um keine libyschen. Die Ergebnisse des bisherigen politischen Prozesses in Libyen werden ignoriert, ebenso wie alle Ergebnisse von drei bisher durchgeführten Wahlen, die immer zivile Politiker und nie Islamisten gewannen.“ Auch den selberernannten Staatsrat bezeichnete Dschibril als illegal.[2]
Und so zeigt sich immer mehr, dass die gewaltsame Einsetzung einer sogenannten ‚Einheitsregierung‘ statt einer Deeskalation eine immer stärkere Spaltung des Landes zur Folge hat und eine weitere Gewaltspirale in Gang gesetzt wird.
Und es stellt sich die dringliche Frage, welche Rolle bei diesem libyschen Trauerspiel Deutschland spielt. Was ist in diesem Zusammenhang von Merkel und ihrer Nähe zum türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der die Islamisten in Libyen bewaffnet und in jeder nur erdenklichen Hinsicht unterstützt, zu halten? Und was vom deutschen Diplomaten Martin Kobler, den Sonderbeauftragten der UN für Libyen, der mit den dschihadistischen Milizen von Tripolis kungelt und sich mit deren Führern bei einem vom türkischen Geheimdienst arrangierten Treffen abspricht? Und dessen von ihm mit Gewalt installierte ‚Einheitsregierung‘ jetzt islamistischen Milizen einen offiziellen Status verleiht? Erklärungen dringend erwünscht!

Angelika Gutsche, 16.05.2016

Nachtrag:
Heute fand in Wien eine sogenannte ‚Stabilisierungskonferenz‘ für Libyen statt. Dabei ging es um Wege, wie die ‚Einheitsregierung‘ gestützt werden kann.
Die Dschamhirija News Agency betrachtet die angenommenen Vereinbarungen der Wiener Libyen-Konferenz als letzte Stufe des Staatsstreichs gegen die gewählte libysche Regierung!
Um diesem Vorwurf nicht ausgesetzt zu sein, geben die westlichen Staaten das Statement aus, dass Libyen kein Staat mehr ist beziehungsweise noch nie einer war! So einfach geht das!
Die Jamahiriya news agency veröffentlicht auf Ihrer Homepage die Hauptpunkte des Entwurfs der heutigen Wiener-Libyen-Konferenz. [3]
Darin heißt es unter anderem:
-         Die Einheitsregierung ist die einzige legitime Regierung in Libyen.
-         Dem Präsidialrat obliegt das Oberkommando der bewaffneten Streitkräfte. Alle libyschen Streitkräfte müssen sich diesem Oberkommando beugen.
-         Die anwesenden Staaten begrüßen die Einsetzung einer Präsidialgarde, um Tripolis zu sichern und den Rahmen für Operationen gegen den IS zu geben.
-         Die Aufhebung des Waffenembargos wird unterstützt, soweit es der Präsidialgarde zum Kampf gegen den IS dient. Alle weiteren Waffenlieferungen außerhalb der Einheitsregierungen werden unterbunden.
-         Dem Sonderbevollmächtigen der Vereinten Nationen für Libyen, Martin Kobler, wird uneingeschränkte Unterstützung zugesagt.
Anwesend waren Vertreter folgender Staaten und Institutionen: Italien, USA, Algerien, Tschad, China, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Jordanien, Italien, Malta, Marokko, Niger, Katar, Russland, Saudi Arabien, Spanien, Sudan, Tunesien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Großbritannien, Afrikanische Union und Arabische Liga.



[1] https://vivalibya.wordpress.com/2016/05/10/presidential-guard-place-extremist-militias-in-power-to-destroy-the-libyan-national-army/
[2] https://www.libyaherald.com/2016/05/12/94-bloc-condemns-presidential-council-creation/