Libyen im Dezember 2016 – Monatsrückblick
Was geschah… eine
unvollständige Auflistung
Dezember 2016
01.12. In
mehreren Bezirken von Tripolis sind schwere Kämpfe zwischen verschiedenen
islamistischen Milizen ausgebrochen. Bei den Kämpfen sollen etliche Zivilisten
ums Leben gekommen sein.
JamahiriyaNewsAgency: Die libysche
Menschenrechtskommission (NCHRL) fordert in einer Stellungnahme, in Tripolis
keine Gewalt und keine schweren Waffen gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen.
01.12. In
der Nähe des zerstörten internationalen Flughafens von Tripolis sollen zwischen
Misrata-Milizen und Wirschefana-Einheiten ebenfalls Kämpfe ausgebrochen sein.
01.12. Im
Medizinischen Zentrum von Bengasi, in dem die in Kämpfen von Ganfouda
verwundeten Soldaten behandelt werden, ist eine Kofferbombe explodiert. In
dem betroffenen Bereich der Klinik hielten sich zum Zeitpunkt der Explosionen
viele Menschen auf, etliche wurden verletzt.
01.12. Mohamed
Dadschri, Außenminster der Übergangsregierung (Beida), sagte in einem Interview
mit LibyaHerald,
dass die Weigerung der internationalen Gemeinschaft, mit der Regierung in Beida
und ihrem Premierminister al-Theinni in Kontakt zu treten, die Probleme in
Libyen nicht gelöst, sondern stattdessen neue Probleme verursacht habe. Siehe meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/internat-gemeinschaft-verschaerft-probleme
02.12. In Sebha sind bei Kämpfen zwischen der
Libyschen Nationalarmee (LNA) und feindlichen IS-Milizen laut dem Sprecher des
Medizinischen Zentrums 25 Verwundete in das Krankenhaus eingeliefert worden.
Sieben Menschen fanden den Tod.
03.12. Die Libysche Nationalarmee hat drei weitere
große Häuserblocks in dem eingeschlossenen Bezirk von Ganfouda erobert. Vier
Soldaten wurden dabei getötet, 21 verletzt.
03.12. Die
für das Fluggepäck zuständigen Arbeiter am Flughafen von Labrak sind in den
Streik getreten. Alle Flüge mussten ausgesetzt werden. Die Arbeiter fordern
die Zahlung ihrer seit elf Monaten ausstehenden Gehälter. Es droht ein
landesweiter Streik, da auch die Arbeiter anderer Flughäfen seit Anfang des
Jahres nicht bezahlt worden sind.
03.12. Der
russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte bei der Mittelmeer-Konferenz in
Rom, dass der als Oberbefehlshaber der Libyschen Nationalarmee vom Parlament
ernannte Khalifa Hefter Teil der politischen Übereinkünfte sein müsse. Russland
würde aber an niemanden in Libyen Waffen liefern. Es verfolge in dem Land keine
militärischen Interessen. Russland
sei mit allen politischen Kräften in Libyen in Kontakt und werde eine
‚Einheitsregierung‘ nur dann anerkennen, wenn sie die Zustimmung des Parlaments
habe.
03.12. Der
Strafgerichtshof in Misrata hat die Freilassung von Scheich Khaled Tantousch
verfügt, der 2012 in einer abstrusen Gerichtsverhandlung zu lebenslänglicher
Strafarbeit verurteilt worden war. Der Scheich, ein geachteter
geistiger Führer, hat mutig die von der NATO und von Söldnern begangenen
Kriegsverbrechen öffentlich gemacht und seine Zeugenaussagen internationalen
Anwälten, die die NATO-Verbrechen in Libyen untersuchen, zur Verfügung
gestellt.
03.12. Der
italienische Konteradmiral Enrico Credentino, Kommandeur der EU-Marinemission
EUNAVFOR MED, hat in einem vertraulichen Bericht an die EU-Kommission erklärt,
dass die Einwohner in den [westlichen] Küstenstädten Libyens im Jahr geschätzt
zwischen 275 und 325 Millionen Euro am Migrantenschmuggel verdienen. Somit
ist der Menschenschmuggel zu einer der wichtigsten Einnahmequellen Libyens
geworden. Credentino
schrieb: „Die
Existenz von Migration entlang der Zentralen Mittelmeerroute ist eine Realität,
die so sicher und so effektiv wie möglich geregelt werden muss.“
04.12. VivaLibya weist noch einmal auf die Aussagen
der Verteidiger von Seif al-Islam Gaddafi hin, die besagen, Seif Gaddafi
befinde sich in Libyen auf freiem Fuß, doch müsse sein Aufenthaltsort aus
Sicherheitsgründen geheim bleiben. Aus Sicht des Imperiums sei Seif Gaddafi der
gefährlichste Gegenspieler in der Region. Seine starke Unterstützung innerhalb
der Bevölkerung und sein Verantwortungsbewusstsein, das ihn veranlasst, in
Libyen zu bleiben, um die Nation wieder aufzubauen, seien der neokolonialen
Agenda verhasst. Und an anderer Stelle: „Während westliche Aktivisten darüber
debattierten, ob Seif wirklich frei ist, feierten die Stämme in ganz Libyen bei
der Nachricht seiner Freilassung und die Ältestenräte, die die Regionen, die
Städte und Dörfer, die Frauen und die Jugend vertreten, erklärten ihre
Verbundenheit mit Seif als ihren rechtmäßigen Anführer. Ebenso wurden
offizielle Stellungnahmen vom Höchsten Gericht der Libyschen Stämme und vielen
Teilen des Grünen Widerstands herausgegeben.“
05.12. Die
Bunjan-Marsous-Miliz (LIFT/Libya Islamic Fighting Group) aus Misrata, die mit
dem Präsidialrat in Tripolis und der NATO verbündet ist, hat ihren Sieg über
den IS in Sirte verkündet. Die Kämpfe waren sehr verlustreich. Die Miliz
habe nun aber die gesamte Kontrolle über das, was von Sirte noch übrig ist. Das
US-Militärkommando gab bekannt, es hätte gestern 15 Luftschläge auf 42
verschiedene Ziele durchgeführt, insgesamt waren es seit dem 1. August 492
Einsätze. „Die am Strand gelegenen Anwesen, wo sich der IS zuletzt aufgehalten
hatte, und das umgebende Ghiza, wurden ausradiert."
05.12. Bei
erbitterten Kämpfen der LNA gegen Dschihadisten des Revolutionären Schura-Rat von Bengasi und ihre IS- und
al-Scharia-Verbündeten im Ganfouda-Distrikt von Bengazi starben neun Soldaten.
Über die Verluste der Dschihadisten ist nichts bekannt.
07.12. Nachdem
eine Miliz die beiden östlich von Sirte gelegenen Kleinstädte Nuflija und Ben
Dschawad, die unter der Kontrolle der LNA standen, eingenommen hatte, wurden
die beiden Ortschaften unverzüglich von der LNA zurückerobert. Dabei wurden
vier Soldaten getötet und einige verletzt, ebenso wie es bei der Miliz acht
Tote gegeben hat. Die National Oil
Corporation (NOC) hat den Angriff der Miliz verurteilt.
Es herrscht Unklarheit, wer für den Angriff am gestrigen Tag verantwortlich
war.
Die LNA sagte, bei der angreifenden Miliz habe es sich um eine Miliz gehandelt,
die zum Revolutionären Revolutionsrat von
Bengasi gehört. Allerdings soll sich unter den Gefangengenommenen auch ein
Mitglied des vom ‚Präsidialrat‘ eingesetzten Temperory Securtiy Committees befinden und somit der ‚Präsidialrat‘
in Tripolis in die Sache verwickelt sein.
Die Petroleum
Facilities Guard, die die Ölanlagen und -häfen bewacht, steht inzwischen
unter dem Kommando von Oberst Muftah al-Magarief von der Libyschen
Nationalarmee.
07.12. In
Bengasi führten Terroristen einen doppelten Autobombenanschlag vor dem
Hauptquartier der Spezialeinsatzkräfte der LNA durch, bei dem 18 Personen
verletzt wurden, darunter Soldaten, Polizisten, Zivilisten und
medizinisches Personal. In Ganfouda wurden die radikal-islamistischen Kämpfer
auf einen immer engeren Raum zusammengedrängt. Jetzt findet ein Häuserkampf
statt.
07.12. Die
US-Marine hat den Einsatz des Amphibientransportschiffs San Antonio beendet. Seit Oktober wurden von hier aus Einsätze
gegen den IS in Sirte geflogen. Das Schiff gehört zur 6. US-Flotte, die in
Italien stationiert ist, um US-Interessen in Europa und Afrika durchzusetzen.
08.12. Nächste
Woche soll vom Präsidialrat in Tripolis eine Präsidialgarde aufgestellt werden.
Wie die Rekruten auf ihre Herkunft und Zuverlässigkeit überprüft werden sollen,
ist unklar. Martin Kobler sagte in New York, die Aufstellung dieser
Präsidialgarde würde für den ‚Präsidialrat‘ einen Weg zur Aufhebung des
Waffenembargos eröffnen. Diese ‚Präsidialgarde‘ solle vor allem die ‚Regierung‘
und die staatlichen Institutionen sowie ausländische Botschaften schützen.
Es
ist anzunehmen, dass sich diese sogenannten ‚Präsidialgarde‘ in der Hauptsache
aus Angehörigen extremistisch-islamistischer Milizen zusammensetzen wird. Es
stünden sich dann in Libyen zwei Armeen gegenüber: die LNA und die
‚Präsidialgarde‘, was den Bürgerkrieg befeuern würde.
10.12. Die
anhaltenden Proteste gegen die islamistischen Milizen in Tripolis erreichten
einen neuen Höhepunkt, seit auf Facebook ein Video der „Revolutionären Brigaden
von Tripolis“ aufgetaucht ist, dass zeigt, wie in Tripolis eine Frau von
Milizenmitgliedern vergewaltigt wird.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
www.freitag.de/autoren/gela/anhaltende-proteste-in-tripolis
10.12. Während
einer sechsstündigen Feuerpause evakuierte die LNA libysche Familien und
ausländische Arbeiter aus dem umkämpften Stadtbezirk Ganfouda in Bengasi.
10.12. Scharif
al-Wafi, ein Mitglied des Libyschen Dialogs (Skhirat Abkommen, Dez. 2015), hat
die Entscheidung des UN-SMIL (UN-Sonderbeauftragter für Libyen) gerüffelt, das
für nächste Woche geplante Treffen in Tunis abzusagen. Al-Wafi beschwerte
sich nicht nur, dass er und zwei weitere Kollegen über die Absage nicht einmal
informiert wurden und der UN-SMIL nur mit einigen Teilnehmern des Libyschen
Dialogs zusammenarbeitet, sondern er meinte, dass der ‚Präsidialrat‘ ein
totaler Fehlschlag sei, der aufgelöst werden müsse, insbesondere in Anbetracht
des skandalösen Angriffes von Tripolis-Milizen auf den ‚Öl-Halbmond‘ vor
wenigen Tagen. Die Zusammenarbeit des ‚Präsidialrats‘ mit diesen
Tripolis-Milizen sei nicht akzeptabel. Der ‚Präsidialrat‘ hätte nicht die
Zustimmung des Parlaments in Tobruk und sei deshalb eine illegale Institution.
13.12. Die
üblichen Verdächtigen (Kanada, Frankreich, Italien, Niederlande, Türkei,
Großbritannien, USA, Arabische Liga sowie Martin Kobler) haben sich in Tunis
getroffen, um ihrem Willen kundzutun, dem ‚Präsidialrat‘ behilflich zu sein,
die ‚Präsidialgarde‘ zu einer funktionierende Militärmacht zu machen. Für
die ‚Präsidialgarde‘ sind bereits 580 Soldaten ausgewählt worden, die in
Großbritannien, Italien, der Türkei und anderen Ländern ausgebildet wurden, 900
sollen noch dazu kommen, sowie 160 Polizeibeamte.
Diese ‚Präsidialgarde‘, die sich
hauptsächlich aus Kämpfern islamistischer Milizen zusammensetzt, soll die
Libysche Nationalarmee, die vom gewählten Parlament aufgestellt ist, ersetzen.
Beziehungsweise soll sie gegen die LNA in Stellung gebracht werden. Es gibt
dann nicht nur eine Übergangsregierung (Theini) in Beida, eine
Marionettenregierung (Sarradsch) in Tripolis und eine islamistische
‚Rettungsregierung‘ (Ghweil) ebenfalls Tripolis, sondern neben den ganzen Milizen
auch zwei Armeen. Statt Libyen wieder zu einen, führt dies zu einer weiteren
Spaltung des Landes, in dem sich zwei Armeen gegenüberstehen werden. Wenn sich
zwei bewaffnete Armeen gegenüberstehen, werden sie auch bald gegeneinander
kämpfen. Tripolis, das neue Aleppo?
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
www.freitag.de/autoren/gela/wie-der-westen-die-kaempfe-in-libyen-befeuert
13.12. Die
UN-Mission für Libyen (UN-SMIL) wurde vom UN-Sicherheitsrat um neun Monate bis
15. September 2017 verlängert.
Russland hatte sich für eine Verlängerung nur um sechs Monate ausgesprochen,
stimmte der Resolution aber zu.
14.12. Generalfeldmarschall
Khalifa Hefter von der Libyschen Nationalarmee (LNA) hat Offiziere und Soldaten
dazu aufgerufen, sich für eine Offensive zur Befreiung von Tripolis bereit zu
halten. Es gibt Berichte, nach denen die LNA in Kontakt mit Kräften in
Tripolis ist. Allerdings steht zu befürchten, dass die völlig zerstrittenen
Milizen in Tripolis durch einen Angriff der LNA wieder zusammenstehen würden.
14.12. Die
seit 2014 durch Rjajna-Milizen blockierte westliche Pipeline, durch die das Öl
von den Ölfeldern an die Küste transportiert wird, soll wieder eröffnet werden.
Damit könnte die Ölförderung auf eine Million Barrel pro Tagen erhöht werden.
Die Pipeline muss allerdings zuerst instand gesetzt werden. Die Petroleum
Facilities Guard (PFG) hat versichert, für deren Schutz zum Wohle des libyschen
Staats zu sorgen. Die PFG sieht sich nun als Teil der Libyschen Nationalarmee,
was von der LNA bestätigt wird.
Die Libysche Nationalarmee hat in den
letzten vier Monaten die Kontrolle der ‚National Oil Corporation‘ NOC sowohl
über die Exportterminals im östlichen ‚Ölhalbmond‘ als auch über die
Ölförderung in den westlichen Ölfeldern wieder hergestellt.
14.12. Seit
einigen Tagen kommt es in Tripolis wieder zu stundenlangen Stromausfällen und
zu Wasserengpässen.
14.12. In
Bengasi halten die Kämpfe um die letzte Terroristen-Enklave im Ganfouda-Bezirk
an. Es wurden erneut elf Soldaten getötet. Eine IS-Radio-Station und ein kleines
Waffenlager konnten eingenommen werden, sowie zwei Gefangene, die seit dem
Krieg 2011 gefangen gehalten wurden, befreit werden.
14.12. Parlamentspräsident
Agila Saleh (Tobruk) hat in Moskau ‚fruchtbare‘ Gespräche mit Russlands
Außenminister Sergej Lawrow geführt. Russland unterstützt das ‚Polititsche
Übereinkommen‘ von Skhirat, besteht aber darauf, dass eine Einheitsregierung
vom Parlament in Tobruk anerkannt werden müsse, bevor sie in Kraft treten
könne.
Der russische Botschafter für Libyen, Iwan Molotkow, führte Gespräche mit dem
‚Verteidigungsminister‘ der ‚Einheitsregierung‘, Oberst al-Barghathi. Es ging
dabei um die Instandhaltung russischer Militärausrüstungen, die sich jetzt in
den Händen des Präsidialrats befinden.
16.12. In
Tripolis kam es bei Gebietskämpfen erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen
verschiedenen islamistischen Milizen an der Hochstraße zum Flughafen. Die
Hochstraße bleibt bis auf weiteres geschlossen. Bei den Milizen in Tripolis ist
nach der Ankündigung der Libyschen Nationalarmee, sich auf den Marsch auf
Tripolis vorzubereiten, Nervosität ausgebrochen.
16.12. Wie
angedroht haben die für das Fluggepäck zuständigen Arbeiter ihre Streiks auf
das ganze Land – mit Ausnahme des Mitiga-Flughafens – ausgeweitet. Betroffen
sind Labrak, Misrata, Tamenhint, Tobruk und Zuwara. Die Arbeiter haben seit
über einem Jahr kein Gehalt mehr bezogen.
16.12. Am
Mitiga-Flughafen bei Tripolis ist ein Airbus von Afriquiyah Airways durch
‚zufälligen‘ Beschuss beschädigt worden.
17.12. JamahiriyaNewsAgency: Die Abteilung für Politische
Angelegenheiten des Libyan People’s National Movement (LPNM) hat ihr
regelmäßiges Treffen in ihrem Hauptquartier in Kairo abgehalten. Der
Schwerpunkt lag auf den neuesten lokalen, regionalen und internationalen
Entwicklungen. Die Siege der bewaffneten Einheiten in ihrem Kampf gegen den
Terror in Bengasi und dem ‚Öl-Halbmond‘ wurden begrüßt.
Die Teilnehmer betonten die Notwendigkeit, auf die Anfragen von afrikanischen
Führern, die ihre Bereitschaft und ihren Wunsch nach einem Treffen mit einer
Delegation des LPNM zum Ausdruck gebracht haben, schnell zu reagieren. Es
handle sich dabei vor allem um Führer und Staatsoberhäupter der Afrikanischen
Union und ihrer Institutionen.
Daneben haben die Teilnehmer für geplante praktische Aktionen grünes Licht
gegeben.
18.12. Bei
einem Autobombenanschlag in Ganfouda-Bezirk von Bengasi und bei der Explosion
einer Landmine kamen heute sieben Soldaten und ein ranghoher Offizier der
Libyschen Nationalarmee LNA ums Leben.
18.12. Im
Rahmen einer von Algerien ergriffenen Alternative für eine Lösung des
Libyen-Problems unabhängig von der internationalen Gemeinschaft und basierend
auf einem libysch-libyschen Dialog ist Generalfeldmarschall Hefter zu einem
Gespräch mit Algeriens Premierminister Abdelmalek Sellal in Algier
eingetroffen. Am Vortag war bereits Libyens Parlamentspräsident Agila Saleh
zu polititschen Gesprächen in Algier.
18.12. Der
tschadische Außenminister, Moussa Faki Mahamat, gab bekannt, dass in Kürze eine
Delegation afrikanischer Führer Libyen besuchen werde, um den
Libysch-Libyschen-Dialog innerhalb der Libysch-Politischen-Vereinbarungen
(Skhirat-Abkommen) voranzubringen.
19.12. Vertreter
der Militärräte von Zinten, Sabratha und anderer Städte haben die Ernennung
eines Oberkommandierenden für die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gefordert.
Diese Forderung haben die tiefe Spaltung In Misrata und Zinten offengelegt. Die
von Vertretern der Militärräte vertretenen Standpunkte geben nicht die Stimmung
in der Bevölkerung oder in den Milizen wieder.
Zinten: Der Einfluss des
eng mit der Moslembruderschaft verbunden Militärrats ist im Schwinden
begriffen. Die tatsächliche Militärmacht in Zinten liegt bei der Abu Bakr
Brigade, geführt von al-Adschmi Al-Atairi, in dessen Gefangenschaft sich vor seiner
Freilassung auch Seif al-Islam Gaddafi befand. Al-Atairi unterstützt den Ruf
Hefters für den Marsch auf Tripolis. Die westlichen Landesteile sollen
dafür mobilisiert werden.
Misrata: Hier stellt sich die
Lage ähnlich dar. Laut offiziellen Stellungnahmen unterstützt die
Militärführung den ‚Präsidialrat‘. Allerdings stellt sich eine größere Anzahl
von Milizen dem entgegen. Die Spaltung zieht sich auch durch die allein 33
Misrata-Milizen, die sich in Tripolis aufhalten. Einige von ihnen unterstützen
Khalifa Ghweil (‚Rettungsregierung‘) und dessen Pläne für eine gemeinsame
Regierung mit der Theinni-Regierung (Beida), andere Milizen möchten dagegen
islamistische Revolutionäre an der Macht sehen.
‚Präsidialrat‘: Selbst der ‚Präsidialrat‘ist in der Frage der
Ernennung eines Oberkommandierenden gespalten.
19.12. Das
Elektrizitätswerk von Zawia wurde von Bewaffneten angegriffen, die die
Angestellten zwangen, die Stromversorgung nach Tripolis zu kappen.
19.12. Vor
ihrem Gipfeltreffen im nächsten Monat im Kongo hat eine hochkarätige Delegation
der Afrikanischen Union AU Libyen besucht. Unter den Besuchern befinden sich
Amadou Toumani Toure aus Mali, Jacob Zuma aus Südafrika, Mohamed Ould Abdel
Aziz aus Mauretanien, Denis Sassou Nguesso aus dem Kongo und Joweri Museveni
aus Uganda. Bezeichnenderweise ist die erste Station ihres Aufenthalts die
Parlamentsstadt Tobruk.
19.12. Die
für das Fluggepäck zuständigen Arbeiter haben am Flughafen von Labrak und
Tobruk ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Übergangsregierung in Beida, die
sich die Summe von einer ungenannten Quelle leihen konnte, hat die Auszahlung
der seit einem Jahr ausstehenden Gehälter versprochen.
Der Flughafen von Misrata bleibt weiter geschlossen, da die dortigen Arbeiter
den Versprechungen des ‚Präsidialrats‘ in Tripolis nicht glauben, dass ihnen
ihr Gehalt überwiesen wird.
19.12. Aus
finanziellen Gründen musste der Fernsehsender Misrata TV eingestellt werden. Aufgrund des libyschen
Bankendesasters besteht keine offizielle Möglichkeit, die zu bezahlenden Gebühren
an den in Bahrain stationierten Satelliten-Provider Noorsat zu überweisen.
Auch der Nachrichtensender LANA in Beida ist nicht mehr erreichbar.
20.12. JamahiriyaNewsAgency:
Indem die USA die Bewaffnung der im Ausland geschaffenen und vom Ausland eingesetzten
‚Einheitsregierung‘ und ihren aus dem ‚Libyan Dawn‘ rekrutierten
‚Präsidialgarde‘ unterstützen, bewaffnen sie in Wahrheit Terroristen und
berauben die legitime Libysche Nationalarmee LNA der Unterstützung, die sie
braucht, um erfolgreich den Terrorismus in Libyen bekämpfen zu können.
In Libyen zeigen die USA und ihre Verbündeten das ganze Ausmaß ihrer Heuchelei
durch die Einsetzung einer ‚Einheitsregierung‘ und die Schaffung einer
‚Präsidialgarde‘, die Terroristen zur Macht verhilft. Diese Präsidialgarde wird
als ihr terroristischer Stellvertreter bewaffnet, finanziert und zu ihrem
eigenen Schutz eingesetzt.
Die USA sind weltweit notorische
Erzeuger und Vermittler des Terrorismus‘. Durch ihre Gleichsetzung von Terroristen mit legitimen Widerstandsbewegungen,
die gegen Terrorismus und die imperiale Besatzung kämpfen, gelingt es ihnen,
enorme Verwirrung zu stiften. Verschiedene
Stratfor-Quellen haben fälschlicher Weise berichtet, dass sich in Libyen der
Grüne Widerstand mit dem IS verbündet habe. Wahr dagegen ist, dass sich der
Grüne Widerstand immer, ohne jede Ausnahme, gegen jede Art von politischen
Islam ausgesprach und diesen immer bekämpfte, ganz egal, unter welchem Namen er
auftrat. Denn jede Art von politischem Islam bedroht die Sicherheit und Souveränität
von Libyen.
20.12. Die
internationale Organisation für Migration (IOM) gibt bekannt, dass im Jahr 2016
bisher 18.722 Menschen vor der libyschen Küste gerettet wurden, davon 165
zwischen dem 2. und 16. Dezember, während in der gleichen Zeitspanne 51 Leichen
angeschwemmt wurden, die meisten davon an der Küste bei Zuwara.
20.12. Nach
widersprüchlichen Berichten sollen IS-Terroristen eine Pumpstation des
Man-Made-Rivers eingenommen, Menschen festgehalten und das Gelänge verwüstet
haben, bevor sie sich zurückzogen. Schon früher sind Kleinkriminelle in
Anlagen des Man-Made-Rivers eingebrochen und haben Metalle und technische
Ausrüstung gestohlen.
21.12. Das
US-Africa Command (AFRICOM) hat die Einstellung seiner Militäroperationen gegen
den IS in und um Sirte bekanntgegeben. Insgesamt wurden in den letzten acht
Monaten 495 Luftschläge durchgeführt.
21.12. Zwei
Bomben explodierten im Medizinischen Zentrum von Bengasi und verursachten
beträchtlichen Sachschaden. Ernstlich verletzt wurde niemand.
21.12. Ein
hoher Offizier der Libyschen Nationalarmee wurde im Ganfouda-Bezirk von Bengasi
durch eine Landmine getötet.
23.12. Ein
MIG 23 Kampfflugzeug, das vom Mitiga-Flughafen bei Tripolis gestartet war,
stürzte in der Nähe von Tarhuna (90 km südöstlich von Tripolis) ab. Beide
Piloten kamen dabei ums Leben. Über die näheren Ursachen ist nichts bekannt.
23.12. Ein
libysches Flugzeug, das auf dem Flug von Sebha nach Tripolis war, wurde von
zwei mit Handgranaten-Attrappen bewaffneten Männern nach Malta entführt.
Die Maschine der Afriqiyah Airways
hatte 111 Passagieren und sieben Besatzungsmitgliedern an Bord. Schon nach
kurzer Zeit konnten die Passagiere und Besatzungsmitglieder nach der Landung in
Malta das Flugzeug verlassen. Die beiden Entführer wurden wegen ‚Terrorismus‘
verhaftet. Sie baten um politisches Asyl. Nachdem es zunächst hieß, es solle
sich bei den Entführern um eine Pro-Gaddafi-Gruppe handeln, wurde dies später
nicht mehr bestätigt. Dies klingt auch unwahrscheinlich, da in Sebha zwei
Stämme gegeneinander kämpfen, die beide keine Pro-Gaddafi-Stämme sind. Außerdem
wurde die Freilassung von Seif al-Islam gefordert, der nach Angaben der
„Dschamaharija“ ja schon längst frei ist. Auch startete das Flugzeug vom
Luftwaffenstützpunkt Tamenhint aus, der sich noch unter der Kontrolle von
Misrata-Milizen befindet. Wahrscheinlicher ist, dass Gaddafi-Anhänger wieder
einmal als Flugzeugentführer diskreditiert werden sollten.
24.12.
OH GRAUS! Libyaherald meldet die
Bereitschaft von ‚Prinz‘ Mohammed el-Senussi, Sohn des letzten Kronprinzen
Hassan, Libyen wieder die Monarchie zu bringen. Es sei ihm eine Ehre, „dem Land
zu dienen“. Er lobte die achtzehnjährige Herrschaftszeit des ersten und
letzten König Idris.
26.12. Die
Libysche Nationalarmee (LNA) flog Luftangriffe gegen die ‚Verteidiungsbrigaden
von Bengasi‘ (Bengasi Defence Brigade BDB) in den Städten Hun und Dschufra. Die
‚Bengasi-Brigaden‘ haben vor einigen Tagen die östlichen Ölfelder, die unter
Kontrolle der LNA stehen, erfolglos angegriffen. Die ‚Bengasi-Brigaden‘ werden
unterstützt vom Verteidigungsminister der ‚Einheitspartei‘, dem Großmufti
Ghariani, Ibrahim Dschedhren und einem Mitglied des ‚Präsidialrats‘.
27.12. Nach
der Entführung und Ermordung von zwei Polizisten der Kriminalpolizei sind in
Tripolis schwere Unruhen ausgebrochen. Straßen wurden blockiert, Reifen in
Brand gesetzt und Gewehrfeuer war zu hören. Die gefesselten Polizisten
waren mit Kopfschuss hingerichtet worden.
Daraufhin wurde der Gebäudekomplex des
Ersten Gerichtshofs in Tripolis von der Kriminalpolizei abgesperrt und die
Mitarbeiter am Zugang gehindert. Der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin
Kobler, und der Hohe Gerichtsrat [islamistisch] verurteilten die Schließung des
Gerichts.
Währenddessen nehmen die Kämpfe zwischen
den Milizen immer mehr zu. Laut Libyaherald
zeigen die anhaltende Unsicherheit und Kriminalität in der Hauptstadt Tripolis,
wie schwach und ineffektiv die von Faiez Sarradsch geführte ‚Einheitsregierung‘
ist, die auf die Ereignisse immer nur reagieren kann. Sie hat keinerlei Macht,
um positive Effekte anzustoßen – und das noch ein Jahr nach Unterzeichnung des
Libya Political Agreement (LPA) von Skhirat.
27.12. Bewaffnete
Milizen, die den Radiosender in Gharjan schützen sollen, verhindern den zweiten
Tag die Programmausstrahlung.
27.12. Bewaffnete
haben die Straße von Gharjan nach Azizija bei Gawasim gesperrt.
27.12. Moskau
hat Martin Kobler für den Ausschluss von Khalifa Hefter vom politischen Prozess
in Libyen verurteilt. Der russische Außenminister Gennadi Gatilow meinte, Hefter
müsse eine Führungsrolle in einem geeinten Libyen einnehmen. Bestimmte andere
Kräfte seien von der UN-Sondermission für Libyen präferiert worden, während
Hefter ausgeschlossen blieb. Dabei habe Hefter gegen die Terroristen des IS
gekämpft und der Regierung geholfen, die Kontrolle über die Ölproduktion wieder
zu erlangen. Der französische Botschafter in Moskau sagte, bezüglich Libyen und
der Notwenigkeit, Terrorismus zu bekämpfen, seien sich Russland und Frankreich
einig.
27.12. Nachdem
der Präsident des Parlaments in Tobruk vor einer Woche Algerien besuchte,
reiste er jetzt nach Ägypten. Er traf sich dort unter anderem mit dem
Oberbefehlshaber General Hegazy und dem Außenminister Sameh Schukri. Ägypten
sagte zu, die Grenz- und Visaformalitäten für Libyer wieder zu erleichtern.
27.12. Eine
mit der Libysche Nationalarmee LNA verbündete Einheit hat den
Gwirat-al-Maal-Checkpoint einer Misrata-Miliz angegriffen, der etwa 17
Kilometer nördlich von Sebha an der Hauptstraße. Die Straße, die zur
Tamenhint-Luftwaffenstützpunkt führt, sei gesperrt.
In der Stadt Sebha selbst sind seit Samstag wieder Stammeskämpfe ausgebrochen.
Fünf Menschen, darunter zwei Kinder, fanden den Tod, mindestens fünfzehn
Menschen erlitten Verletzungen.
28.12. In
Tunesien wird der Erwerb von Bauland für Libyer eingeschränkt. Damit soll der
Bodenspekulation und der Preissteigerung Einhalt geboten werden. Es leben
inzwischen geschätzt zwischen 750.000 und einer Million Libyer in Tunesien,
die seit dem NATO-Krieg 2011 in das Nachbarland geflohen sind.
29.11. Die
Libysche Nationalarmee (LNA) hat die in Sebha stationierte Misrata-Miliz
aufgerufen, nicht nur die Stadt, sondern die gesamte Region zu verlassen. Vor
etwa drei Wochen konnte die LNA bereits in der Stadt Brak auf friedlichem Weg
den Al-Schatti-Luftwaffenstützpunkt einnehmen. Sie reklamiert auch die Einnahme
des Checkpoints an der Hauptstraße nördlich von Sebha für sich, der nur wenige
Kilometer vom Luftwaffenstützpunkt Tamenhint entfernt ist. Es sollen dabei
Kämpfer des Magartha- und des Gaddadfa-Stammes sowie Tibu und Darfur-Rebellen
aus dem Sudan beteiligt gewesen sein.
Es ist anzunehmen, dass die LNA die im Süden des Landes stationierten
Misrata-Milizen zerschlagen will und deshalb auch den strategisch wichtigen und
ebenfalls noch von Misrata-Milizen gehaltenen Dschufra-Luftwaffenstützpunkt
angreifen wird. Auf dem Luftwaffenstützpunkt halten sich auch
radikal-islamistische Kämpfer der ‚Verteidiungsbrigaden Bengasi‘ (
Benghazi Defence Brigades) und des
‚Revolutionären Schura-Rats von Bengasi‘ (
Benghazi
Revolutionaries Shoura Council) auf. Von Dschufra aus, das etwa 330
Kilometer nördlich von Sebha liegt, lässt sich der Osten, Süden und Norden und
somit fast das gesamte Land kontrollieren. Bereits vor wenigen Tagen wurden
erste Luftangriffe auf die Luftwaffenbasis geflogen.
Gleichzeitig einsetzende Angriffe auf
die beiden Luftwaffenstützpunkte von Tamenhint und Dschufra, und daneben noch
Aufstände in Tripolis, dürften die Misrata-Milizen nicht gewachsen sein.
Ein Sprecher des Oberkommandos der libyschen Armee sagte, dass die in Tripolis
geplante Operation ‚Lightning snap‘ (Leuchtende Falle) heftiger als die
vorangegangenen sein wird. Die Befreiung von Tripolis werde rasch geschehen und
keinen lang andauernden Kampf bedeuten.
29.12. Die
Libysche Nationalarmee gibt bekannt, sie habe einen Checkpoint an der
Küstenschnellstraße bei Harawa, nur 65 Kilometer östlich von Sirte, errichtet.
29.12. Angeblich
sollen sich IS-Kämpfer, die in den letzten Tagen vor dem Fall von Sirte aus der
Stadt geflohen sind, in den Hügeln nahe Bani Walid versteckt halten.
29.12. Nach
der Festnahme eines Kollegen aus ungeklärten Gründen haben die Ärzte im
Krankenhaus von Misrata mit einem Arbeitskampf begonnen. Auch die Ärzte des
Medizinischen Zentrums von Sebha protestierten gegen Angriffe, die ‚Personen
des öffentlichen Lebens‘ gegen sie ausführten.
29.12. JamahiriyaNewsAgency:
Aus dem Bericht der Weltgesundheitsorganisation geht hervor, dass sich die
Gesundheitssituation in Libyen im Jahr 2016 weiter verschlechtert hat. In
dem von der UN-Mission für Libyen herausgegebenen Bericht wird unter anderem
der Mangel an AIDS-Medikamenten beklagt, der das Leben von vielen, die mit dem
Virus infiziert sind, bedroht. In Libyen sind 63.300 AIDS-Fälle registriert.
30.12. Die
Stammesältesten sowie die Kommunalbehörden des in der Nähe von Sebha gelegenen
Al-Buwanis-Bezirks, zu dem auch die Tamenhint-Luftwaffenbasis gehört, haben das
Ende der Kämpfe im Süden Libyens und den Rückzug der Misrata-Milizen gefordert.
Die Libysche Nationalarmee ist nur noch wenige Kilometer vom
Luftwaffenstützpunkt Tamenhint entfernt und verhandelt mit deren Vertretern
über die Übernahme.
Der Flugverkehr von Tamenhint, von dem auch die Flugzeugentführung am
23.12. ausging, wurde zwischenzeitlich eingestellt.
30.12. Der
Bürgermeister von Bengasi will sich nach Räumlichkeiten für das Ministerium für
Auswärtige Angelegenheiten der Übergangsregierung (Beida) von Abdullah
al-Thinni umsehen. Dies gab er bei einem Besuch des Außenministers Mohamed
Dadschri bekannt. Etliche ausländische Botschafter arbeiten bereits mit der
Beida-Regierung und nicht mit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis zusammen.
31.12. JamahiriyaNewsAgency:
Die Eroberung Tripolis durch die Libysche Nationalarmee ist eine rote Linie für
die Europäer, die ihre Interessen und ihre beherrschende Rolle in der Region
bedroht sehen. Deshalb müsse man die Reihen mit der Armee schließen. Der Kampf
richtet sich gegen die ausländische Invasion. Feigheit wäre Landesverrat –
ungeachtet aller Differenzen und politischer Vergehen, derentwegen Libyen an
diesem Punkt angelangt ist.
A. Gutsche
Quellen (soweit nicht anders vermerkt):
jamahiriyanewsagency.wordpress.com / http://vivalibya.wordpress.com /
libyaherald.com / libyaagainstsuperpowermedio.org /
https://deutsch.rt.com / https://de.gantara.de
/
http://augengeradeaus.net /
sputniknews.com / zdf.heute / standard.at / timesofmalta.com