Samstag, 28. März 2020



Kurznachrichten aus Libyen – 26.03.2020

Libyen. Militärische Lage – Coronakrise – Übergangsregierung (Tobruk) – Einheitsregierung (Tripolis) – Verschiedenes 

Angelika Gutsche |
+ Es fand ein großangelegter Angriff auf den westlich von Tripolis gelegenen LNA-Luftwaffenstützpunkt al-Witia durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ statt, der von der LNA zurückgeschlagen werden konnte. Die Milizen, die von syrischen Söldnern, die die Türkei ins Land gebracht hatte, unterstützt wurden, scheinen große Verluste erlitten zu haben. Sieben syrische Söldner wurden gefangengenommen.
Die LNA verweist darauf, dass es sich um einen massiven Bruch der Waffenruhe handelt, die zur Bekämpfung der Coronakrise vereinbart worden war.
Der Angriff auf die Luftwaffenbasis al-Witia gehört zur großangelegten Mehrfrontoffensive, die die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ seit zwei Monaten vorbereiten.
+ Bei den Kämpfen in Ain Zara innerhalb der Hauptstadt Tripolis wurde auch ein syrischer Söldner von der LNA gefangengenommen, ebenso wie an der Flughafenschnellstraße bei Tripolis. Alle gefangenen syrischen Söldner werden an Syrien ausgeliefert.
+ Die LNA (155. Bataillon und 9. Brigade) konnten bei ihrem Vormarsch am 25.3. neue Stellungen in al-Ahia-al-Barria auf der Flughafenschnellstraße in Tripoli einnehmen
+ Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) ist die Zahl der Todesopfer der in Libyen kämpfenden syrischen Söldner auf 151 angestiegen.
+ Das Tariq-bin-Ziyad-Bataillon der LNA konnte das Tarik-Riqdalin-Militärlager, bisher von Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gehalten, erstürmen und dort die Kontrolle übernehmen. Die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ stehen unter dem Kommando von Osama Dschuwaili.
+ Die LNA konnte die Stadt al-Assa im Westen Libyens nahe der tunesischen Grenze erobern und übernahm unter dem Jubel der Einwohner die Kontrolle über die Stadt.
+ Die LNA übernahm auch die Kontrolle über die Stadt Riqdalin, die ebenfalls westlich von Tripolis und nur in 55 Kilometer Entfernung vom tunesischen Grenzübergang Ras Adschdir (Ras Ajdir) liegt. Damit befindet sich auch ein Großteil des Westens Libyens unter der Kontrolle der LNA.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1242858292591972353

+ Ebenfalls von der LNA (Tariq-bin-Ziyad-Bataillon) eingenommen wurde die Stadt Zilten (Zelten) nahe der Grenze zu Tunesien.
+ Die LNA flog Luftangriffe auf den Mitiga-Luftwaffenstützpunkt bei Tripolis.
+ In Tripolis finden weiterhin Kämpfe statt. Die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ versuchen, das Vorrücken der LNA aufzuhalten. Nach Raketeneinschläge in Wohngegenden konnte die LNA Raketenabschussbasen der Milizen zerstören.
+ Das libysche Außenministerium (Tobruk) verurteilte die Bombardierung von Wohnvierteln in Gasir Bin Gashir und Tarhuna durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘. Die internationale Gemeinschaft und die UN-Sondermission für Libyen werden aufgerufen, diese eklatanten Völkerrechtsverletzungen zu verurteilen.
+ Die LNA gibt bekannt, dass bei Kämpfen ein Milizionär der ‚Einheitsregierung‘ namens Bazbika in Ain Zara getötet wurde. Bazbika war bekannt durch sein brutales Auftreten in Tripolis. Er hatte Frauen und ältere Menschen geschlagen, die vor Banken in Tripolis Schlange stehen mussten.
+ Laut der LNA wurde das al-Kaida-Mitglied Ayoub Bu Ras, das als Milizenführer auf Seite der ‚Einheitsregierung‘ kämpfte, in Tripolis getötet.
+ Bei der Bombardierung eines Gefängnisses am 24.03. in Tripolis wurden mehrere Insassen getötet. In dem Gefängnis saßen gefangene LNA-Soldaten ein. Auch Wärtern wurden verletzt.
+ Der LNA ist es gelungen, ein unbekanntes Flugobjekt westlich von Adschdabaja abzuschießen

Coronakrise
+ Libyens Nationales Zentrum für Seuchenkontrolle bestätigte den ersten Fall von Covid-19 in Libyen. Ein 73-jähriger Mann, der am 5. März über Tunesien aus Saudi-Arabien nach Libyen zurückgekehrt war, wurde positiv auf das Coronavirus getestet.
Jeder, der mit einem Coronavirus-Patienten in Kontakt kam, soll unter Quarantäne gestellt werden.
Es ist höchstwahrscheinlich, dass es mehr Coronafälle gibt, die ohne Symptome verlaufen oder nicht getestet werden, und sich so das Virus still und heimlich verbreiten kann.
+ Der libysche Erziehungsminister Fawzi Boumiris (Tobruk) hat die Schließung aller Bildungseinrichtungen bis zum 11. April verlängert.
+ Das libysche Komitee zur Bekämpfung des Coronavirus hat ein Pendeln zwischen Städten und Regionen bis auf weiteres verboten.
+ Chinesische Experten schulen libysche Ärzte in der Diagnose und Behandlung von Covid-19. Zu den Experten zählt auch Dr. Jiao Jie, der Präsident des Internationalen Krankenhauses der Universität Peking.
+ Tunesien: Wie der tunesische Handelsminister Mohamed Msilini bekanntgab, wurde ein Frachtschiff, das mit Alkohol zur Herstellung von Desinfektionsmitteln beladen war, auf hoher See gekapert. Gerüchte, der Frachter sei von Italienern gekapert worden, bestätigte Msilini nicht. In Tunesien gibt es bisher 75 bestätigte Coronafälle.

Übergangsregierung (Tobruk)
+ Yusuf al-Aqouri, Leiter des parlamentarischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, warnte, dass das mit der Türkei geschlossene Militärabkommen eine gefährliche Eskalation verursacht habe. Die Öleinnahmen würden verschwendet.
https://almarsad.co/en/2020/03/23/parliamentary-foreign-committee-accuses-gna-of-continued-violations-of-ceasefire-agreement/

‚Einheitsregierung‘ (Tripolis)
+ Sami al-Atrasch, Berater der ‚Einheitsregierung‘ und von as-Sarradsch, hat auf Medien, die der ‚Einheitsregierung‘ nahestehen, in der Kyrenaika, in Ägypten, den VAE und allen anderen Ländern, die mit dem demokratisch gewählten Parlament und der LNA in Verbindung stehen, zu Selbstmordattentaten aufgerufen.

Verschiedenes
+ Das Öl geht aus: Das ölreiches Libyen ist von extremer Brennstoffknappheit betroffen und der Schwarzmarkt floriert. Die Verluste aus der Sperrung der Ölanlagen übersteigen 3,5 Milliarden US-$.
Die libyschen Stämme haben die Ölanlagen stillgelegt, da mit den Einnahmen die syrischen Söldner und die Waffenhilfe der Türkei bezahlt wurden.
+ Der US-Botschafter in Libyen, Richard Norland, äußerte die Besorgnis der USA über den Einsatz ausländischer Söldner in Libyen. Damit seien Libyens Souveränität und Unabhängigkeit bedroht. Der Botschafter betonte auch, dass es nicht der Wille des libyschen Volkes sei, von fremden Militärs besetzt zu werden. Dies sei auf die Türkei und Russland gemünzt gewesen. Washington sei mit allen ausländischen Parteien im Kontakt, um den Konflikt zu lösen.
https://libyareview.com/?p=879



Kurznachrichten Libyen – 23.03.2020

Coronavirus – Militärische Lage – Übergangsregierung – ‚Einheitsregierung‘ – LNA – Verschiedenes

Coronavirus
+ Bis 23.03. wurden in Libyen keine Personen mit Corona-Virus registriert. Es gab 59 Verdachtsfälle und 72 Personen wurden unter Quarantäne gestellt, so das Nationale Zentrum für Seuchenkontrolle (NCDC).
Der libysche Innenminister (Tobruk) Ibrahim Bouchnaf hat als Vorsichtsmaßnahme zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus eine durchgehende Ausgangssperre ab Mittwoch, dem 25. März, bis Freitag, dem 3. April, in allen Gebieten unter der Kontrolle der libyschen Übergangsregierung verhängt.
Parlamentspräsident Aguila Saleh forderte die Libyer in einer Fernsehansprache auf, sich an „alle Vorsichtsmaßnahmen, die angesichts der drohenden Verbreitung des Coronavirus in Libyen getroffen wurden zu halten“. Es sei die Mitarbeit der Bürger gefordert. In Bengasi, Sabrata und Sebha herrschen Ausgangssperren, die Bürger dürfen ihre Häuser nur noch für die nötigsten Besorgungen verlassen.
Auch die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis verhängt eine partielle Ausgangssperre.
+ Die Grenze zu Ägypten wurde geschlossen.
+ Libyen hat in Rom ein ganzes Hotel für in Italien gestrandete Libyer gemietet.
+ Die ‚Einheitsregierung‘ hat zur Eindämmung der Coronakrise zwanzig Gefangene freigelassen.
+ Es gibt Berichte, dass nachts die Grenze zu Tunesien bei Ras Adschdir von Milizen gewaltsam geöffnet wurde, um Reisende ohne jegliche Vorsichtsmaßnahme nach Libyen einreisen zu lassen.
+ In Tunesien wurden 75 bestätigte Coronafälle gemeldet.

Militärische Lage
+ Die LNA hat nach eigenen Angaben am 22.03. einen Angriff der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ abgewehrt. Der fehlgeschlagene Angriff führte zur Zerstörung eines türkischen Panzerwagens, die Insassen wurden getötet. Den Milizen sei die Übergabe der Leichname der türkischen Soldaten angeboten worden, diese hätten aber abgelehnt. Die Türkei solle sich an die LNA wenden, damit die Toten über den libyschen Roten Halbmond oder das Rote Kreuz an ihre Familien in der Türkei übergeben werden können.
+ Milizen der ‚Einheitsregierung‘ erhielten laut LNA-Angaben am 22.03. eine Waffenlieferung aus der Türkei. Die Waffen seien mit einem Krankenwagen von Hafen von Misrata nach Tripolis transportiert worden. Dies stelle eine Verletzung des Waffenstillstands dar, den beide Seiten vereinbart hatten, um sich auf die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie zu konzentrieren.
+ Drei kurz hintereinander am 20.03. von Libyen in die Türkei gestartete Libyen Airlines Flüge werfen Fragen auf, da der Flugverkehr aufgrund der Coronakrise komplett eingestellt sein sollte.
+ Das Schiff M/V Ana wurde in Pray umbenannt und transportiert unter der Flagge von Sierra Leone eine weitere militärische Ladung von Istanbul nach Libyen. Offiziell hat das Schiff medizinische Güter geladen. Die M/V Ana wurde im Februar im Hafen von Tripolis durch einen Bombenangriff, der auch drei türkische Offiziere tötete, beschädigt.
https://almarsad.co/en/2020/03/19/the-vessel-m-v-ana-that-survived-tripoli-port-shelling-is-on-its-way-to-libya-with-ammunition-and-armored-vehicles/
+ Wie die UN-Sondermission für Libyen berichtet, wurden vier Mädchen im Alter von 14 bis 20 Jahren durch Beschuss in Ain Zara getötet und fünf weitere verletzt. Unklar ist, wer für den Beschuss verantwortlich ist.
+ LNA setzt Vormarsch in Tripolis Richtung Zentrum fort. Im Süden von Tripolis werden heftige Kämpfe beim Vormarsch der LNA auf Ain Zara gemeldet.
+ LNA verstärkt Verteidigungsbereitschaft des libyschen Ölhalbmondes, da Angriff der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ befürchtet werden.
+ Raketeneinschläge wurden aus der Altstadt von Tripolis gemeldet.
+ Der Tod des al-Kaida-Mitglieds und Anführer des Schurarats von Bengasi, Ziad Balam, in einem Krankenhaus in der Türkei wurde bestätigt.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1240855638000963584
+ Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, dass 139 syrische Söldner bei Kämpfen um Tripolis und Misrata getötet worden sind. Die Söldner wurden von der Türkei nach Libyen gebracht, was zu einer Eskalation der Lage beigetragen hat.
Es sollen schon mehr als 4.500 syrische Söldner in Libyen angekommen sein, weitere 1.900 sollen derzeit in Militärlagern in der Türkei, nahe der Grenze zu Syrien, ausgebildet werden.
Die britische Zeitung The Guardian hatte im Januar berichtet, dass syrischen Kämpfern in Libyen ein Monatsgehalt von 2.000 US-$-Dollar gezahlt wird und dass ihnen die türkische Staatsbürgerschaft versprochen wurde. Inzwischen sollen die Gehälter aus Geldmangel gesenkt worden sein.
https://www.addresslibya.co/en/archives/54950
+ Angeblich verweigern syrische Söldner in Libyen ihren militärischen Einsatz. 700 von ihnen sollen zurück nach Syrien wollen.

Übergangsregierung (Tobruk)
+ Yusuf al-Aqouri, Leiter des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, warnte davor, die Ernennung des ehemaligen algerischen Außenministers Ramtane Lamamra zum Leiter der UN-Sondermission für Libyen (UNSMIL) zu überstürzen. „Wir haben historische Beziehungen zu Algerien und wir wissen seine Unterstützung der Stabilität unseres Landes zu schätzen. Obwohl wir diese Beziehungen ausbauen möchten, könnte eine solche Ernennung zu Verstimmungen zwischen den beiden Schwesterländern Libyen und Algerien führen, wenn die Politik und die Entscheidungen von Herrn Lamamra nicht den Konsens der Libyer finden. Die derzeitige Situation ist, dass Stephanie Williams, die UNSMIL stellvertretend leitet.“
https://almarsad.co/en/2020/03/23/parliamentary-foreign-committee-accuses-gna-of-continued-violations-of-ceasefire-agreement/
+ Der Verteidigungsausschuss des Parlaments begrüßte am 22.03. die Entscheidung des Generalkommandos der LNA, einen Waffenstillstand in Tripolis zu akzeptieren, um der Gefahr eines Coronavirusausbruchs zu begegnen. Es wurde allerdings noch einmal darauf hingewiesen, dass die türkischen Streitkräfte und die syrischen Söldner den Westen Libyens verlassen sollten, und dass die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis den Waffenstillstand einhalten sollten.

‚Einheitsregierung‘ (Tripolis)
+ In der Regierung kriselt es gewaltig. Die Führung ist gespalten.
+ Der Streit zwischen Milizen in Tripolis und dem Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ Bashaga eskaliert weiter. Die Miliz Tripolis Protection Force hat ein Dokument über die „Skandale, Verschwörungen, Veruntreuungen und den Verrat“ des Innenministers Bashaga publiziert. So behauptet die Tripolis Protection Force, dass Bashagha versucht habe, mittels gefälschter Verträge und Gesellschaften eine Milliarde libysche Dinar unter dem Vorwand, die Operation Volcano unterstützen zu wollen, zu veruntreuen. Außerdem habe Bashaga seinen Schwiegersohn zum libyschen Botschafter in Deutschland ernannt.
+ Der vom Präsidialrat in Tripolis gebildete Krisenausschuss tagte zum dritten Mal in Folge. Gesprächsthemen waren die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ und wie die ‚Sicherheit‘ in Tripolis in Bezug auf die LNA erhöht werden könne.
+ Der Präsidialrat in Tripolis begrüßte den internationalen Aufruf nach einer Waffenruhe.

Libysche Nationalarmee
+ Wiederholt und immer wieder wirft die LNA den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ einen Bruch der vereinbarten Waffenruhe vor.
+ Das Generalkommando der LNA begrüßte am 21.03. den Aufruf zur Aussetzung der militärischen Operationen für humanitäre Zwecke als Reaktion auf die Corona-Epidemie, sofern sich die übrigen Parteien an den Waffenstillstand halten. Der LNA-Sprecher Mismari sagte, die LNA engagiere sich am meisten für einen Waffenstillstand, trotz der wiederholten Verletzungen durch Milizen und Söldner, die sich nicht an internationale Abkommen hielten. Msmari: „Wir begrüßen nach wie vor jede Anstrengung in Richtung der Auflösung von Milizen, der Übergabe ihrer Waffen, der Vertreibung der türkischen und syrischen Söldner aus Libyen und der Beseitigung des Terrorismus“.
Mismari beschuldigte die ‚Einheitsregierung‘, die derzeitige Situation und die humanitäre Situation im Zusammenhang mit der Rückkehr libyscher Bürger, die auf türkischen Flughäfen gestrandet sind, ausgenutzt zu haben, um terroristische Söldner auf denselben Flügen nach Misrata zu fliegen. Es würden auch weiterhin Waffen und militärische Ausrüstung von türkischen Häfen zu den Häfen von Tripolis und Misrata geschickt, um Söldner und Terroristen zu unterstützen.
Mismari machte auch die Türkei für eine eventuelle Ausbreitung des Coronavirus in Libyen verantwortlich, da die Söldner durch die Türkei, in der bereits eine Corona-Epidemie herrsche, nach Libyen transportiert würden.
Mismari machte noch einmal deutlich, dass die Sperrung der Ölanlagen eine Sache der libyschen Stämme sei, da die Öleinnahmen von der ‚Einheitsregierung‘ unrechtmäßig zur Finanzierung von Söldner und Waffen herangezogen worden seien.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1241538599604158464
+ LNA-Sprecher Mismari sagte am 22.03., das Generalkommando der LNA habe keine neue Entscheidung über einen Waffenstillstand in Tripolis getroffen, denn es fühle sich immer noch „dem am 12. Januar unterzeichneten Waffenstillstand verpflichtet“.
+ Die libysche Gesellschaft für Ölumschlaghäfen verhinderte am Samstag, dass ein aus Italien kommendes Frachtschiff im Hafen von Ras Lanuf im Osten Libyens anlandet. Das Verbot erklärt sich durch die Schließung aller Häfen, um den Coronavirus nicht einzuschleusen.

Verschiedenes
+ Die italienische Sektion der Ärzte für Menschenrechte sagte, dass in Libyen 85 Prozent der Migranten gefoltert werden.
+ Der algerische Präsident Abdelmadschdid Tebboune und sein französischer Amtskollege Macron diskutierten am Telefon über die Zusammenarbeit ihrer Länder in Sachen Libyen
+ Der ägyptische Präsident Fattah as-Sisi telefonierte mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Wichtiges Thema waren die jüngsten Entwicklungen in Libyen in Zusammenhang mit der Berlin-Konferenz.

+ Der Schweizer Friedensforscher Dr. Daniele Ganser in einem sehr sehenswerten Vortrag mit dem Titel „Der illegale Krieg gegen Libyen – 2011“:
https://kenfm.de/dr-daniele-ganser-der-illegale-krieg-gegen-libyen-2011/




LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Tschad: Boko Haram tötet fast 100 Soldaten – Déby plant Gegenschlag

28.3.2020. Kämpfer der islamistischen Terrororganisation Boko Haram, die ursprünglich aus Nigeria stammt, haben Anfang der Woche die tschadische Militärbasis Bohoma auf einer Halbinsel am Ufer des Tschadsees angegriffen, über sieben Stunden lang beschossen und knapp 100 Soldaten getötet – der bisher größte Blutzoll, den der Tschad zu zahlen hatte. Präsident Idriss Déby, der zum Ort des Geschehens eilte und die Gegenschläge vor Ort persönlich koordinieren will, ist selbst ein ehemaliger Rebellenführer, gilt als glänzender Stratege und hat seine Truppen bereits seit Jahren nach Nigeria, Niger und Mali entsandt, um den dortigen Regierungen bei der Bekämpfung von Islamisten zu helfen.

 

 

Philippinen: Kommunistische Guerilla verkündet Waffenstillstand wegen Corona

28.3.2020. Als Reaktion auf den Aufruf des UN-Generalsekretärs Antonio Guterres für einen weltweiten Waffenstillstand für die Zeit der Corona-Pandemie hat die Neue Volksarmee (NPA) der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) den Anfang gemacht und einen einseitigen Waffenstillstand ausgerufen. Die NPA kämpft schon  seit Jahrzehnten gegen das von meist rechts orientieren Regierungen geführte Regime einflußreicher Familienclans auf der Inselgruppe.

 

 

Deutschland: „Defender 2020“ abgesagt!

28.3.2020. Das umstrittene NATO-Manöver „Defender 2020“ an der russischen Grenze ist nun endgültig abgesagt worden, was von der Friedensbewegung mit großer Genugtuung zur Kenntnis genommen wurde. Gegen das Manöver hatte sich vielfälitger Widerstand organisiert, zuletzt hatten u.a. unter Federführung der neutralistischen Bürgerbewegung Neue Richtung 34 Organisationen ein Schreiben an die russische Botschaft gesandt, in dem sie ihren Willen für eine friedliche Verständigung mit Moskau sowie ihre Ablehnung des Manövers und der antirussischen Sanktionen zum Ausdruck brachten.

 

 

Ecuador: Ex-Präsident Rafael Correa will trotz Verfolgung zur Wahl antreten

9.3.2020. Trotz politischer Verfolgung seiner Person und seiner Anhänger durch das neoliberal-rechte Regime des Machthabers Lenin Moreno will der frühere linksnationale Staatspräsident Rafael Correa (2007-17) aus dem belgischen Exil gegen Ende des Jahres nach Ecuador zurückkehren und zu den nächsten Wahlen kandidieren, wobei er sich noch nicht entschieden habe, ob er zu den Parlamentswahlen oder als Vizepräsident antreten werde. Correa leitete in seiner Amtszeit die Epoche der sogenannten „Bürgerrevolution“ ein, in der die Armut und soziale Ungleichheit erfolgreich zurückgedrängt, das Bildungs- und Gesundheitssystem ausgebaut wurden, die US-Truppen des Landes verwiesen und die Zusammenarbeit mit den fortschrittlichen Regierungen in Lateinamerika forciert wurden.

 

 

Linke Bundestagsabgeordnete verklagen Merkel wegen Beihilfe zu Mord

9.3.2020. Acht Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen Beihilfe zum Mord durch Unterlassung verklagt und beziehen sich dabei auf Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani, der durch eine Drohne getötet wurde, welche über die Relaisstation der US-Truppen in Ramstein gelenkt wurde. Es verstößt ganz klar gegen das Grundgesetz, daß ausländische Truppen deutsches Territorium zum Töten von anderen Personen benutzen, desweiteren sind die allseits beim US-Regime beliebten Drohnemorde ein Verstoß gegen internationales Völkerrecht und gegen das UNO-Gewaltverbot.

 

 

Burundi: Opposition schickt radikalen Ex-Rebell ins Rennen

6.3.2020. Die burundische Opposition hat sich auf Agathon Rwasa, den früheren Guerillaführer der radikalen Hutu-Rebellen der Nationalen Befreiungskräfte (FNL) geeinigt, doch ob der Hutu-Nationalismus Rwasas das geeignete Mittel ist, um die autoritäre Herrschaft der regierendenden CNDD-FDD zu beenden, dürfte fraglich sein. Die CNDD-FDD (Nationalrat für die Verteidigung der Demokratie – Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) ist selbst aus einer Hutu-Rebellenarmee gegen die Herrschaft der Tutsi-Minderheit hervorgegangen, hat sich aber mit den Tutsis arrangiert.

 

 

Libyens Stämme beziehen klar Front gegen türkische Invasion

6.3.2020. Ende Februar versammelten sich rund 3.000 Stammesführer, Stadtdelegierte und Frauenvertrerinnen, um über die weitere Lage im Lande zu beratschlagen. Dabei stellten sie sich klar gegen die türkische Intervention an der Seite der schwächelnden, nicht-gewählten „Einheitsregierung“ in Tripolis, erklärten ihre Unterstützung für die Libysche Nationalarmee (LNA) von General Khalifa al-Haftar – und zwar für so lange, bis der letzte ausländische Soldat oder Söldner libyschen Boden verlassen hat – und forderten die Aufhebung des sogenannten „Isolationsgesetzes“, nach welchem die Anhänger des ehemaligen Revolutionsführers Muammar al-Ghaddafi keine öffentlichen Ämter besetzen dürfen.



Donnerstag, 19. März 2020

Kurznachrichten – 19.03.2020

Libyen. Coronavirus – Militärische Lage – Libysche Stämme – LNA – Verschiedenes
 

Coronavirus
+ Die Übergangsregierung (Tobruk) schließt ab 19.3. alle libyschen Grenzen zu Land, See und Luft.
Von 18 Uhr abends bis 6 Uhr morgens wird eine Ausgangssperre verhängt.
+ Der Gesundheitsminister der Übergangsregierung (Tobruk), Dr. Saad Aggoub, sagte, dass Einreisende überwacht und Verdachtsfälle getestet werden. Sollte ein Test positiv ausfallen, stünden in mehreren Krankenhäusern Quarantänestationen zur Verfügung.
+ Schutzmasken werden in Bengasi kostenlos an die Bevölkerung verteilt.
Die LNA baut in Zintan ein zweites Notfallhospital mit 50 Betten.
+ Das libysche Parlament erklärt, dass alle im Ausland aufgrund der Coronakrise gestrandeten Libyer kostenlos mit einer Luftbrücke nach Hause geholt werden. Ein eigenes Komitee sei gegründet worden, um in Tunesien gestrandeten Libyern zu helfen.
+ Der Innen- und der Gesundheitsminister der Übergangsregierung (Tobruk) sagten, es bestünde für die libysche Bevölkerung kein Anlass zur Panik. Generalmajor al-Nadhuri forderte, dass die Gebete in den Moscheen für zwei Wochen ausgesetzt werden. Er rief die Bürger dazu auf, ihre Kinder nicht zum Studium in die Moscheen zu schicken.
+ Die Übergangsregierung (Tobruk) hat in China um Hilfe nachgesucht.
+ Die ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) hat den Notstand ausgerufen und alle Häfen geschlossen. Fayez as-Sarradsch führte am 16.3. den Vorsitz bei einer außerordentlichen Sitzung des Ministerrats der ‚Einheitsregierung‘. Es ging dabei um die wirtschaftlichen Entwicklungen und die Vorsichtsmaßnahmen, die zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie ergriffen werden. Es wurden Ausschüsse gebildet, die Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona überwachen sollen.
+ Das Bildungsministerium der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) hat Studenten und Mitarbeiter von Bildungsmaßnahmen im Ausland daran gehindert, in den nächsten drei Wochen nach Libyen zurückzukehren, um einer Ausbreitung des Coronavirus entgegen zu wirken.
+ Der Generaldirektor des Nationalen Zentrums für die Kontrolle von Krankheiten, Badreddine al- Nadschjar, sagte, Libyen versuche, aus den Erfahrungen Chinas mit den Gefahren der Verbreitung des neuen Coronavirus zu lernen: „Peking hat Ländern wie Italien, Iran und Spanien, die bei der Bekämpfung von Covid-19 Probleme haben, Hilfe angeboten und diese auch von China erhalten, um die Ausbreitung der Virenherde zu stoppen. Libyen braucht dieselbe Art von Unterstützung bezüglich deren Erfahrung sowie medizinische Ausrüstung, insbesondere Beatmungsgeräte.“ Es gebe auch einige Labortestgeräte bei Verdacht auf Corona, aber es sei nur eine begrenzte Anzahl von Betriebsteilen vorhanden. Nadschjar wies darauf hin, dass alle Koordinierungs- und Testmaßnahmen ausschließlich über das Nationale Zentrum laufen.
+ Das libysche Außenministerium und das Gesundheitsministerium der Übergangsregierung (Tobruk) trafen sich zu einer gemeinsamen Sitzung, um das Vorgehen gegen Covid-19 zu erörtern. An der Sitzung nahmen auch Vertreter von internationalen und lokalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation, der UN, internationaler Hilfsorganisationen, ACTED, der Internationalen Organisation für Menschen mit Behinderungen, des Internationalen Medizinischen Corps und des Internationalen Roten Kreuzes teil.
+ Westliche und arabische Länder forderten am 17.03. die kriegführenden Fraktionen auf, die Kämpfe einzustellen, damit die Behörden des Landes auf die Bedrohung durch das Coronavirus reagieren könnten. Die Kämpfer könnten nach Hause gehen und eventuell erkrankte Angehörige pflegen.
Diesem Aufruf hat sich die UN-Sondermission für Libyen angeschlossen.
+ Dr. Fatima Hamroush, Libyens ehemalige Gesundheitsministerin, erklärte, sie bleibe optimistisch, weil Libyen bisher keine bestätigten Coronafälle hat. Sie rief alle libyschen Bürger und auch die Regierung dazu auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Übertragung des Virus zu verhindern, Hamroush: „Die Kriegsparteien müssen diesen totalen Krieg beenden, denn Covid-19 ist jetzt der wirkliche und gefährliche Feind", erklärte Dr. Hamroush.
Sie sagte: „Ich würde gerne wissen, wohin sich jemand, der sich einem Coronavirus-Screening-Test unterziehen möchte, begeben muss? Wie hoch ist die Zahl der registrierten Fälle? Bisher habe dazu noch nichts gehört.“ Es würden nicht einmal die Mindestanforderungen bei der Bereitstellung der notwendigen medizinischen Geräte erfüllt.“
https://almarsad.co/en/2020/03/16/dr-fatima-hamroush-government-must-curb-the-spread-of-the-coronavirus-pandemic/
+ Der radikal-islamistische Kleriker Sadiq al-Gharyani erklärte am 17.3., dass die Schließung von Moscheen und das Verbot öffentlicher Gottesdienste gegen das islamische Recht verstoße. Gott habe niemanden ermächtigt, die islamischen Verpflichtungen abzusagen. Diese Erklärung Gharyanis widerspricht den Anordnungen der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis), die eine zweiwöchige Aussetzung der Gebete in Moscheen ankündigte. Sogar die Moscheen in Mekka stellten wie viele moslemische Gemeinden in anderen Ländern die Gebete ein, um die Bevölkerung zu schützen.
+ Nachdem der Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ mit seiner Delegation über Frankreich und Tunesien aus London nach Libyen zurückgekehrt ist, weigerte er sich bei seiner Ankunft in Misrata, sich eines Coronatests zu unterziehen.
+ Der Sprecher der LNA, Generalmajor Ahmed al-Mismari, hat sich nach der Rückkehr von einer Auslandsgeschäftsreise als Vorsichtsmaßnahme für zwei Wochen in Quarantäne begeben.
+ Es wird von verschiedener Seite versucht, aus der Corona-Krise Profit zu schlagen. Für Waren aus dem Sanitärbedarf werden überhöhte Preise verlangt.
Die Preise gehen insgesamt durch die Decke. Alle Händler, die Wucherpreise verlangen, sollen den Behörden gemeldet werden.
+ Das Afrikakommando der USA (AFRICOM) hat die diesjährige Durchführung von Phoenix Express, einer gemeinsamen Sicherheitsübung der Marine mit afrikanischen Staaten, abgesagt, um die Verbreitung des Coronavirus zu begrenzen. Im letzten Jahr nahmen daran 14 Länder teil, darunter Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten.
+ Tunesien setzt internationale Flüge aus und schließt seine Landgrenzen zu Libyen und Algerien. In Tunesien werden alle Märkte und Versammlung verboten.

Militärische Lage
+ Am 18.03. werden schwere Kämpfe um Ain Zara (südlich von Tripolis) gemeldet.
Es wird gemeldet, dass Ziyad Belaam vom dschihadistischen Revolutionsrat Bengasi, der für die ‘Einheitsregierung’ in Tripolis kämpft, in Ain Zara schwer verletzt wurde. Es wurde eine Liste mit weiteren zehn getöteten Dschihadisten von der LNA veröffentlicht.
+ In Tripolis selbst wird in der Almatbat Straße gekämpft.
+ Es wird berichtet, dass eine großangelegte und überraschende Mobilisierung der LNA am 17.3. erfolgte. Die Einheiten hätten in mehreren Regionen und Städten strategisch wichtige Positionen, auch bei Institutionen, bezogen.
In Bengasi sichern LNA-Einheiten die Hauptstraßen.
+ Die LNA gab bekannt, sie habe am 16.3. die Kontrolle über die Gebiete al-Kasrat und al-Hirah erlangt. Damit wurde die Straße, die Gharyan mit Tripolis verbindet, für die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ abgeschnitten.
+ Am 16.3. flog die LNA Luftangriffe auf Milizen der ‚Einheitsregierung“ in der Gegend von Abu Grain.
+ Am 15.3. führte die LNA einen Angriff auf den Mitiga-Flughafen bei Tripolis durch, bei dem einige türkische Soldaten ums Leben kamen.
+ Nach Angaben von Mismari hat die LNA in den vergangenen Tagen türkische Militärziele, darunter Radar- und Luftverteidigungsanlagen, die sich auf dem Flugplatz von Mitiga befinden, angegriffen. Er sagte, die LNA habe auch in der Region Misrata alles zerstört, was als „türkische Präsenz“ betrachtet wird, einschließlich der Militärdepots.
Al-Mismari unterstrich, dass die LNA den Waffenstillstand einhält und Operationen nur als Reaktion auf die Provokationen der ‚Einheitsregierung‘ durchführt. Die LNA-Streitkräfte seien in mehrere Bezirke von Tripolis eingedrungen, rückten aber wegen der Einhaltung des Waffenstillstands nicht weiter vor.
https://sputniknews.com/africa/202003151078571761-eastern-based-libyan-national-army-hits-tripolis-mitiga-airport-killing-turkish-servicemen/

Libysche Stämme
+ Am 15. März begann in Sebha die zweite Konferenz des libyschen Stammesrates unter der Leitung des Vorsitzenden al-Fandi. Er sagte, man müsse „die Vergangenheit vergessen und sich auf die Zukunft konzentrieren“. Jetzt müsse man sich auf die Rettung dessen konzentrieren, was von Libyen übrig geblieben ist.
Fandi bereist im Rahmen der nationalen Friedens- und Versöhnungsbemühungen des Rates libysche Städte und Gemeinden.
https://twitter.com/FezzanLibyaOrg/status/1239220965403512832
+ Die libyschen Stämme halten die Ölanlagen weiterhin geschlossen. Libyens Nationale Ölgesellschaft NOC sagte, dass die Ölproduktion von 1,2 Millionen BPD auf nur noch 91.000 gesunken sei. Die Verluste betragen über 3,27 Milliarden US-$ Dollar.
[Diese Mittel können nun von der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) nicht mehr eingesetzt werden, um die Milizen, ausländischen Söldner und die Türkei zu bezahlen.]

Libysche Nationalarmee (LNA)
+ Das LNA-Generalkommando sagte, dass der wiederholte Beschuss der Häuser von unschuldigen Menschen und zivilen Einrichtungen durch bewaffnete terroristische Milizen ein Kriegsverbrechen sei. Diese Vorgänge würden überwacht und dokumentiert und die Täter strafrechtlich verfolgt werden.
+ Der Sprecher der LNA, al-Mismari, sagte in einem Interview, dass der Rücktritt von Ghassan Salamé von seinem Posten als UN-Sondergesandter für Libyen deshalb erfolgte, weil die politischen Verhandlungen in einer Sackgasse gelandet waren. Die Waffenruhe sei keine Chance zur Lösung der Libyenkrise, sondern eine Chance für Terroristen gewesen. Salamé habe es am Rechts- und Sicherheitsverständnis gefehlt.
Mismari sprach sich gegen die Wahl eines neuen UN-Sondergesandten durch die Nachbarländer aus. Die Nominierung des ehemaligen algerischen Außenminister Ramtane Lamamra werde abgelehnt, denn es werde jemand gebraucht, der die Krise auch erkennen und lösen könne. Mismari erwartet, dass die LNA bis zum Ende des Waffenstillstands die Hauptstadt Tripolis kontrollieren werde.
Die LNA sichere die Öl- und Gasquellen in Libyen.
+ Eine Delegation jemenitischer Stämme kam zu einem offiziellen Besuch nach Bengasi. Sie wolle damit ihre Unterstützung für das libysche Volk zum Ausdruck bringen und die bilateralen Beziehungen stärken. Die Delegation traf dem LNA-Generalmajor Khairy al-Tamimi zusammen.
+ Mit einem Schaubild stellt die LNA den Aufbau ihrer hierarchischen Struktur dar: Feldmarschall Haftar ist der Oberkommandierende, über ihm steht der Parlamentspräsident Agila Saleh.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1238675783872393216/photo/1

Verschiedenes
+ Die UN-Sondermission für Libyen berichtet, dass sie hunderte von Berichten über verschleppte Personen, Folterungen, Tötungen und Vertreibungen ganzer Familien aus der Stadt Tarhuna durch die 9. Brigade al-Kaniyat erhalten hat. Unter den Opfern befinden sich Zivilisten, Staatsbeamte, gefangene Kämpfer und Aktivisten der Zivilgesellschaft. Berichtet wurde über zahlreiche Exekutionen durch die 9. Brigade im Gefängnis von Tarhuna am 13. September. Die UN-Sondermission hat auch Dutzende von Berichten über das Entführen und die Folter von Zivilisten erhalten, darunter, aber nicht nur, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Journalisten, Migranten und Staatsbeamte durch die Nawasi-Miliz und die in Tripolis stationierte Special Deterrence Force (SDF) (SDF). Die UN-Sondermission macht für diese Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen sowohl die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ als auch Einheiten der LNA verantwortlich.
+ In Libyen sind in den letzten zehn Jahren mehr als 530 Sufi-Kulturstätten zerstört worden. Scheich Osama Ali bin Hamel sagt: „Schreine, Zawiyas, eine Bibliothek mit 4.000 Bänden – darunter Manuskripte, die 500 Jahre alt sind – sind verbrannt, vollständig zerstört worden“. Die Zerstörungen gehen auf das Konto extremistischer Islamisten, die den Sufismus ablehnen und eine reine Lehre aus der Zeit des Propheten verbreiten wollen.
+ Nach Überzeugung des ehemaligen libyschen Botschafters bei der UN, Ibrahim al-Dabbashi, wird jeder Nachfolger von Ghassan Salamé als UN-Sondergesandter für Libyen an seiner Aufgabe scheitern. Die Situation in Libyen könne sich erst dann ändern, wenn die UNO ihre Politik ändert, und nicht nur ihre Gesandten austauscht.
https://libyareview.com/?p=590
+ As-Sarradsch von der ‚Einheitsregierung‘ hat sich mit dem italienischen Botschafter in Tripolis getroffen.
+ Der Bruder des Manchester-Bombers, Hashem Abedi, ist in Großbritannien in 22 Fällen des Mordes für schuldig befunden worden.
https://news.sky.com/story/hashem-abedi-brother-of-manchester-arena-bomber-guilty-of-22-counts-of-murder-11958187
+ Ein gestern vom Chatham House veröffentlichter Forschungsbericht mit dem Titel „Die Entwicklung der libyschen bewaffneten Gruppen seit 2014: Dynamiken innerhalb von Kommunen und wirtschaftliche Interessen“ untersucht die Beziehungen zwischen bewaffneten Gruppen und Gemeinden in Libyen und die Einnahmequellen, die es bewaffneten Gruppen ermöglicht haben, an Macht und Einfluss zu gewinnen.
In dem Bericht heißt es: „Die nationalen Militär- und Geheimdienstinstitutionen, die den libyschen Staat schützen sollten, sind nach wie vor schwach, und ihre Kohärenz wurde durch die Regierungskrise nach 2014 und den anhaltenden Konflikt weiter untergraben. Die Ausnahme bilden die Libysch-Arabischen Streitkräfte (LAAF), die oft als Libysche Nationalarmee (LNA) bezeichnet und von Khalifa Hafter angeführt werden, der die vor Ort legitimierten Kräfte unter einem zentralen Kommando zusammengeführt hat.“
Weiter heißt es, „Die Offensive der LAAF in der Hauptstadt, die im April 2019 begann, stellt eine ernsthafte Herausforderung für bewaffnete Gruppen dar, die sich mit der in Tripolis ansässigen Einheitsregierung‘ verbünden. Die Folgen des Krieges werden eine Herausforderung für die Einheitsregierung oder jede zukünftige Regierung sein, da die am Krieg beteiligten Gruppen erwarten, dass sie belohnt werden. Die Reform des Sicherheitssektors (SSR) ist daher kurzfristig von entscheidender Bedeutung: Wenn die Einheitsregierung den bewaffneten Gruppen unter ihrer Führung finanzielle und technische Expertise und Ressourcen sowie rechtliche Absicherung bietet, wird es den Anreiz für die bewaffneten Gruppen erhöhen, für ihre Reformpläne empfänglich zu sein.“
Und: „Die bewaffneten Gruppen haben sich weiterhin bewaffnet, mobilisiert und in den Sicherheitsapparat des Staates integriert, ohne sich ihm unterzuordnen“.
„Die bekannte Beteiligung der vier wichtigsten bewaffneten Gruppen der Hauptstadt an kriminellen Aktivitäten ist ein Kompromiss, den viele Einwohner zu tolerieren scheinen, vorausgesetzt, dass die offene Gewalt gering bleibt. Dennoch ist die Ansicht weit verbreitet, dass die Gier der bewaffneten Gruppen in Tripolis eine Rolle bei der Schärfung des aktuellen Konflikts gespielt hat“.
„Im Osten scheinen viele Bewohner die Ausweitung der LAAF über den Sicherheitsbereich hinaus zu akzeptieren (oder sogar zu begrüßen), sofern sie diese Aufgaben effektiv wahrnimmt. Allerdings ist das Ausmaß der Kontrolle der LAAF so groß, dass der Widerstand gegen das Bündnis einen hohen Preis hat.
Im Süden stützen sich die bewaffneten Gruppen in hohem Maße auf die soziale Legitimität; sie fungieren als Hüter der Einflusszonen der Stämme und als Verteidiger ihrer jeweiligen Gemeinschaften gegen Bedrohungen von außen, während sie bisweilen auch lokale Konflikte schüren. Der soziale Schutz ist nach wie vor maßgebend, was bedeutet, dass auch die Rechenschaftspflicht innerhalb der Gemeinschaften begrenzt ist.“
„Bewaffnete Gruppen in Tripolis haben die geringeren finanziellen Einnahmen aus dem Staatshaushalt durch die Kultivierung inoffizieller und illegaler Einnahmequellen kompensiert. Sie haben sich auch darauf konzentriert, staatliche Institutionen zu infiltrieren, um den Zugang zu den Staatshaushalten und Verträgen, die sich in der Hauptstadt befinden, sicherzustellen“.
„In dem Forschungspapier heißt es, dass die LAAF im Osten des Landes eine langfristige Strategie entwickelt hat, um die sicherheitspolitische, politische und wirtschaftliche Sphäre durch die Schaffung einer quasi-rechtlichen Grundlage für den Erhalt von Geldern von den rivalisierenden staatlichen Behörden Libyens zu beherrschen. Sie hat dies durch umfangreiche Interventionen im Privatsektor ergänzt. Die externe Schirmherrschaft unterstützt militärische Operationen, trägt aber auch dazu bei, dieses auf ungesicherten Schulden basierende Finanzsystem über Wasser zu halten.
Im Süden hat der begrenzte Zugang zu Mitteln des Zentralstaats bewaffnete Gruppen dazu veranlasst, sich aktiv in der Wirtschaft zu engagieren. Dies hat sich in der Besteuerung von Bewegungen und der Erhebung von Schutzgebühren, insbesondere für informelle (und oft illegale) Aktivitäten, niedergeschlagen.“
Die Studie fordert die internationale Politik unter anderem dazu auf, zum Schutz der Wirtschaft „wirkliches Engagement zur Durchsetzung des Waffenembargos“ zu zeigen.
https://www.libyaherald.com/2020/03/18/the-development-of-libyan-armed-groups-since-2014-community-dynamics-and-economic-interests-a-chatham-house-study/
+ Die britische Zeitung The Guardian bietet dem Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) Fathi Bashaga ein großes Forum. Sarradsch scheint dabei kaum noch eine Rolle in der ‚Einheitsregierung‘ zu spielen, sondern der Guardian bezeichnet Bashagha „als die einflussreichste Figur in der von der UNO anerkannten Einheitsregierung“. Bashagha erklärte, er wolle den Kampf gegen Haftar verstärken und den Angriff auf Tripolis beenden. Dabei zählt Bashagha auf die Hilfe der Türkei. Daneben will Bashagha den öffentlichen Sektor reformieren, sprich Arbeitsplätze abbauen.
[Bashagha war 2014 für den Ausbruch des Bürgerkriegs in Tripolis verantwortlich, wo er das demokratische Wahlergebnis, das den Moslembrüdern verheerende Verluste bescherte, nicht anerkannte und statt dessen die militärische Operation Libya Dawn startete, in dessen Verlauf das gewählte Parlament in den Osten Libyens flüchten musste.]
+ Bundeskanzlerin Merkel, Erdogan, Macron und der britische Premierminister Johnson hielten eine Videokonferenz ab. Danach hieß es, der Flüchtlingspakt mit der Türkei werde aufrechterhalten. Eine Zollunion zwischen EU und der Türkei dürfe „nicht aus den Augen verloren“ werden. Und Erdogan habe betont, er wolle Mitglied der Nato bleiben, was alle Teilnehmer der Videokonferenz begrüßt hätten.

Dienstag, 17. März 2020



Kurznachrichten – 14.03.2020

Libyen. Libysche Stämme – Justiz – Parlament - Coronavirus – LNA – ‚Einheitsregierung‘ – Vereinte Nationen – International – Verschiedenes 


Libysche Stämme
+ Der Rat der Scheichs und Ältesten erklärt, dass Katar mit dem Ziel, das nationale Projekt scheitern zu lassen, weiterhin mit terroristischen Gruppen in Kontakt steht. Der Sprecher Abu Bakr Suleiman Mardama sagte, die Stämme unterstützten Feldmarschall Haftar in seinem Kampf gegen den Terrorismus und die türkische Invasion.
Scheich Mardama, ein Angehöriger des Tibu-Stammes, sagte, dass der Ältestenrat eine offizielle Klage gegen die Türkei und Katar wegen Kriegsverbrechen in Libyen eingeleitet habe.
Alle libyschen Stammesmitglieder kämpften an verschiedenen Plätzen unter dem Oberbefehl der LNA gegen die osmanische Besatzung, die versuche, Zwietracht zwischen den Libyern zu säen und Konflikte im ganzen Land zu erzeugen. „Mitglieder terroristischer Organisationen glauben an die Ideologie der Muslimbruderschaft. Alle extremistischen Organisationen sind unter dem Deckmantel der Muslimbruderschaft entstanden, einer Gruppe, die sich in unserem Land keinerlei Beliebtheit erfreut“.
Die Krisen in Libyen gingen auf die Einmischung Katars und der Türkei in die inneren Angelegenheiten des Landes zurück. Dies wirke sich auf das Leben aller Libyer aus. In Bezug auf die offenen Grenzen und den Grenzübertritt von Ausländern nach Libyen betonte Mardama, dass von diesen versucht werde, die Grenzgebiete unsicher zu machen und die Stabilität des Landes zu untergraben: „Einige Menschen kommen auch über die langen, nicht völlig zu kontrollierenden Grenzen, um hier ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“ Das Leben in ihren eigenen Ländern sei zu schwierig.
Mardama kündigte das Treffen des Libyschen Jugendrats am 4. April an, bei der libysche Jugendliche aus dem ganzen Land zusammenkommen und ihre Führung wählen wollen.
Mardama betonte, dass der libysche Stammesrat die Botschaft an die Welt sandte, dass die Stammesältesten diejenigen sind, die die Ölfelder stillgelegt haben. Wer verhandeln wolle, solle sich an den Rat wenden, der in Harawa unter der Führung von Scheich Saleh Al-Fandi, dem Vorsitzenden des Obersten Rates der libyschen Scheichs, gebildet wurde.
https://almarsad.co/en/2020/03/13/libyan-sheikhs-and-elders-council-qatar-makes-suspicious-calls-to-influence-the-councils-national-project/

Justiz
+ Der Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat entschieden, dass ein Verfahren gegen Saif Al-Islam Gaddafi zulässig ist. Dazu erklärte Dr. Aref Ali Nayed, Vorsitzender des Libya Institute for Advanced Studies (LIAS), dass sich der IStGH dabei auf Behauptungen der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis unter Führung von Fayez as-Sarradsch stütze, die behauptet, dass das in Libyen in Kraft getretene Allgemeine Amnestiegesetz für Saif al-Islam Gaddafi nicht gelte.
Nayed zeigte sich über das Verhalten der ‚Einheitsregierung‘ empört, die den Fall an den IStGH verwiesen habe. Saif al-Islams sei libyscher Staatsbürger, deshalb unterliege sein Fall der libyschen Gerichtsbarkeit und somit müsse das Allgemeine Amnestiegesetz auch für ihn zur Anwendung kommen.
Es sei bemerkenswert, dass eine von niemanden gewählte, sogenannte ‚libysche‘ Regierung, die auch niemals vom Parlament das Vertrauen ausgesprochen bekam, solche Beschlüsse fasse. Nayed: „Damit wird auf die Anwendung des libyschen Rechts verzichtet und es werden die parlamentarischen Beschlüsse nicht anerkannt. Dies überrascht eigentlich nicht, denn dafür sind dieselben Personen verantwortlich, die auch den neuen türkischen Kolonialismus hierher geholt haben.“
[Der IStGH ist nur dann zuständig, wenn eine Sache nicht in dem Land selbst, in der die Sache anhängig ist, verhandelt werden kann.]
+ Die schottische Kommission zur Überprüfung von Kriminalfällen (Scottish Criminal Cases Review Commission - SCCRC) hat erklärt, dass die Familie des 2012 verstorbenen Abdelbaset al-Megrahi gegen seine damalige Verurteilung in Berufung gehen könne. Al-Megrahi war wegen des Lockerbie-Bombenattentats zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden, wegen seiner schweren Krebserkrankung 2009 nach Libyen entlassen worden, wo er 2012 verstarb. Der offiziell ernannte internationale UN-Prozessbeobachter Prof. Hans Köchler veröffentlichte 2001 und 2002 jeweils Berichte, in denen er von einem „spektakulären Justizirrtum“ sprach.
https://www.freitag.de/autoren/gela/lockerbie-schmierentheater-reloaded

Libysches Parlament
+ Laut Parlamentspräsident Agila Saleh werden die Öleinnahmen von der Libyschen Zentralbank (CBL) in Tripolis zur Finanzierung ausländischer Söldner und zum Kauf von Waffen verwendet.

Coronavirus
+ Laut dem Innenministerium der Übergangsregierung (Tobruk) müssen alle Personen aller Nationalitäten, die in Libyen einreisen, zwei Wochen lang unter Quarantäne, „bis sichergestellt ist, dass sie nicht mit dem Coronavirus infiziert sind“.
Es wurde auch die Schließung aller Schischa-Bars und Cafés angekündigte. Das Bildungsministerium erklärte, dass alle Bildungseinrichtungen ab dem 15. März für zwei Wochen geschlossen werden.
+ Die LNA sagte, alle Grenzübergänge in den Tschad, den Sudan und nach Algerien werden geschlossen, um die Verbreitung des Coronavirus zu unterbinden.
+ Der Gesundheitsminister der Übergangsregierung (Tobruk), Saad Agoub, forderte alle betroffenen Behörden auf, breit angelegte Reinigungsinitiativen in ganz Libyen zu starten, um die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern.
Es soll auch die logistische Unterstützung und die Entwicklung von Notfallplänen in den medizinischen Quarantänestationen in Erwartung von Notfällen aufgestockt werden.
Im Moment gibt es in Bengasi drei Corona-Verdachtsfälle.
+ Der Sohn des Bürgermeisters von Bengasi ist nach seiner Rückkehr aus dem Iran unter Quarantäne gestellt worden. Es stellt sich allerdings die Frage, zu welchem Zweck er im Iran war.
+ Die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis hat alle Bildungseinrichtungen ab 14. März für zwei Wochen geschlossen.
+ Der Flughafen Misrata verbietet bis auf weiteres die Einreise von Nicht-Libyern.
+ In Tunesien gilt ab 13. März für alle Reisenden aus allen Ländern weltweit bei Einreise eine 14-tägige Pflicht, sich in Quarantäne zu begeben. Es wurden die Seegrenzen geschlossen und alle Flüge nach Italien ausgesetzt, andere auf ein absolutes Minimum begrenzt. Es gibt nur noch einen wöchentlichen Flug nach Deutschland. Tunesien hat 16 bestätigte Covid-19-Fälle.
Fast der gesamte Flugverkehr von Tripolis sowie West- und Südwestlibyen läuft über den Flughafen von Tunis. Fast alle ausländischen Botschaften sind von Tripolis nach Tunis verlegt worden, und es ist der Standort für die meisten internationalen Organisationen. Viele Libyer lassen sich in Tunesien medizinisch behandeln und tätigen dort Geschäfte. Die Grenzschließung trifft sie hart.
+ Badr al-Din al-Nadschjar, Direktor des libyschen Nationalen Zentrums für Seuchenbekämpfung, sagte: „Ich will offen sprechen, weder haben wir die Fähigkeit, noch sind wir darauf vorbereitet, mit dem Coronavirus umzugehen. Wenn dieses Virus Libyen erreicht, wird die Situation bei uns schlimmer sein als in Italien.“ Es fehle an angemessenen Isolations-, Quarantäne- und Behandlungsmöglichkeiten. Dafür fehle das nötige Geld.
Daneben mangelt es auch an medizinischer Ausrüstung wie Beatmungsgeräten sowie an Ärzten und Krankenschwestern.
Migranten und Binnenvertriebenen sind aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen und Unterernährung besonders bedroht.

Libysche Nationalarmee
+ Laut dem LNA-Sprecher kommt es bei den Kämpfen um Tripolis wegen des Schutzes der Zivilbevölkerung zu Verzögerungen. Außerdem sollen den Kämpfern der Milizen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Position zu überdenken.
+ Der LNA-Sprecher sagte auch, dass Katar den Transfer von Söldnern und Waffen über die Türkei nach Libyen finanziere.
+ Laut LNA wurde ein Vorstoß der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ an der „Ramla-Kreuzung“ in Tripolis abgewehrt.
+ Die LNA flog Luftangriffe auf Milizen der ‚Einheitsregierung‘ in Abu Grein, südlich von Misrata.
+ Laut LibyenReview ist überall in der Hauptstadt Tripolis schwere Artillerie zu hören.
+ Die LNA schießt eine türkische Aufklärungsdrohne über dem LNA-Luftwaffenstützpunkt al-Dschufra südlich von Sirte ab.

‚Einheitsregierung‘ (Tripolis)
+ Der Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Bashagha, sprach in London mit hohen britischen Beamten über die Reform der libyschen Sicherheitsstruktur. Ausgerechnet Bashagha, der als Parlamentsmitglied (für Misrata) das Parlament boykottiert und für die Tripolis-Milizen verantwortlich zeichnet, sagte in einer Rede vor dem britischen Parlament, dass die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis den „demokratischen Staat verteidigt, der die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit garantiert“. Bashagha betonte die Notwendigkeit, die bilateralen Beziehungen zwischen Libyen und Großbritannien, insbesondere in den Bereichen Sicherheit und Handel, zu stärken.
Bashagha war 2014 für den Ausbruch des Bürgerkriegs in Tripolis verantwortlich, wo er das demokratische Wahlergebnis, das den Moslembrüdern verheerende Verluste bescherte, nicht anerkannte und statt dessen die militärische Operation Libya Dawn startete, in dessen Verlauf das gewählte Parlament in den Osten Libyens flüchten musste.
+ Laut der US-amerikanischen Journalistin Lindsay Snell übernimmt die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis die Kosten für alle syrischen Söldner, die nach Libyen kommen. Der monatliche Sold für sie liegt zwischen zwei- und dreitausend US-$.
Da den ausländischen Söldner trotz der klammen Staatskasse der Sold immer noch ausbezahlt wird, während die libyschen Milizen der ‚Einheitsregierung‘ kein Geld mehr bekommen, hätten letztere das Büro von Fayez as-Sarradsch angegriffen.
Über die Situation der syrischen Söldner sagte Snell in einem Fernsehinterview, diese hätten in Syrien keine Heimat mehr und würden monatlich nur 100 US-$ verdienen. Deshalb sehen sie Libyen als die einzig ihnen verbleibende Chance.
+ Die libysche Botschaft in der Türkei hat der ‚Einheitsregierung‘ mitgeteilt, dass die türkischen Krankenhäuser die Aufnahme von verletzten Milizenkämpfern wegen nicht bezahlter Rechnungen verweigern.

Vereinte Nationen
+ Der Algerier Ramtane Lamamra wurde vom UN-Generalsekretär Antonio Guterres als neuer UN-Sondergesandter für Libyen und somit als Nachfolger von Ghassan Salamé vorgeschlagen. Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sollen die Ernennung unterstützen. Der 67-jährige Lamamra war von 2013 bis 2017 algerischer Außenminister und von 2008 bis 2013 Kommissar der Afrikanischen Union für Frieden und Sicherheit. Er war in mehreren afrikanischen Konflikten, insbesondere in Liberia, als Vermittler tätig.
Bis der Nachfolger offiziell ernannt ist, nimmt die US-Amerikanerin Stephanie Williams, die bisherige Stellvertreterin des zurückgetretenen Salamé, das Amt des UN-Sondergesandten für Libyen wahr. https://aawsat.com/english/home/article/2176141/algeria%E2%80%99s-ramtane-lamamra-eyed-next-un-libya-envoy

International
+ Der ägyptische Außenminister Sameh Schoukry befindet sich auf Europa-Tournee, wo er unter anderem Gespräche in Belgien und Frankreich führt. Wichtigstes Thema dabei sei Libyen.
Nach einem Treffen in Paris mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian ließ Schoukry verlauten, man sei sich über die Wichtigkeit der Koordinierung in Bezug auf Libyen einig. Es gehe dabei um eine „umfassende politische Lösung, die Bekämpfung des Terrorismus und die Ablehnung ausländischer Einmischung“.
In Brüssel traf sich mit Schoukry mit Josep Borrell von der Europäischen Kommission, um die Entwicklungen in Libyen und im Mittelmeerraum zu erörtern.
+ Die derzeit amtierende UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Stephanie Williams, nahm an der Sitzung der Kontaktgruppe der Afrikanischen Union vom 11. bis 12. März in Oyo, Kongo, teil. Die Teilnehmer erörterten die Lage in Libyen und die Fortschritte bei den Vorbereitungen für die von der AU angestrebten interlibyschen Versöhnungskonferenz.
+ Die Zustimmungswerte für den türkischen Präsidenten Erdogan fallen rasant. Anfang März „stehen nur noch knapp 30 Prozent der Türken hinter seinem völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien, knapp 49 Prozent lehnen ihn ab“. Und auch Erdogans Partei liegt nur noch bei schlappen 29 Prozent. Die größte Oppositionspartei CHP ist ihm mit 27 Prozent hart auf den Fersen, die linksliberale HDP kommt auf 12 Prozent.
[Die Werte für Erdogans Krieg gegen Libyen dürften vermutlich ähnlich lauten.]
https://www.heise.de/tp/features/Tuerkei-Erdogans-Mafia-Taktik-4681262.html

Verschiedenes
+ Laut Geheimdienstberichten sollen einige syrische Söldner nach Tunesien gegangen sein, um dort Terrorzellen zu gründen.
+ Karikaturen in Libyen zur gegenwärtigen politischen Lage:
http://en.alwasat.ly/news/caricature/260283

Montag, 16. März 2020

Kurznachrichten – 08.03.2020



 Kurznachrichten 8.3.2020


Libyen. Libysche Stämme – Militärische Situation – Übergangsregierung (Tobruk) – ‚Einheitsregierung‘ (Tripolis) – International – Verschiedenes 


Libysche Stämme
+ Die libyschen Stämme gründeten am 5. März im Gebiet von Harawa, das etwa 50 Kilometer östlich von Sirte liegt, einen neuen Stammesrat. In einer anschließend veröffentlichten Erklärung heißt es, dass aufgrund des Erfolges und der großen Resonanz, die das Tarhuna-Stammestreffen innerhalb der libyschen Bevölkerung gefunden hat, ein neues Gremium geschaffen wird, das alle libyschen Stämme umfasst. Das Ziel des Stammesrates sei Aussöhnung, Wiedervereinigung und die Suche nach einer Lösung der libyschen Probleme. „Die Mitglieder des Rates wurden einberufen und wählten ihren neuen Vorsitzenden. Sie einigten sich auf eine Reihe organisatorischer und koordinierender Maßnahmen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit. Der nationale Eid wurde von allen Sitzungsteilnehmern geleistet“.
Die Mitglieder betonten ihre Verpflichtung, sich an alle in Tarhuna getroffenen Beschlüssen der Stämme zu halten und sich für deren Umsetzung einzusetzen, um den kolonialen Bestrebungen und dem Zustrom extremistischer Kräfte aus dem Ausland entgegenzutreten.
Der Rat möchte konstruktiv zur Lösung der libyschen Probleme beitragen. Die Situation sei kritisch, da die Stimme der libyschen Stämme, die vor Ort einen bedeutenden Einfluss hat, international missachtet werde.
https://almarsad.co/en/2020/03/07/libyan-tribal-council-we-will-back-efforts-to-resolve-the-libyan-crisis-and-achieve-reconciliation/
+ Die Schließung der Ölanlagen durch die libyschen Stämme führt zu Einnahmeverlusten in Höhe von etwa 2,708 Milliarden US-$. Der Druck auf die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis werde so immens erhöht.
 
Militärische Situation
+ Am 7. März griff die LNA den Mitiga-Flughafen in Tripolis mit Artillerie an. Laut LNA wurde ein türkisches Einsatzzentrum, verantwortlich für den Einsatz türkischer Drohnen, zerstört.
Die türkische Luftabwehr im Mitiga-Flughafen ging in Flammen auf.
Bereits vorher hatten die türkischen Militärs den Flughafen verlassen und sich nach Misrata abgesetzt.
+ Die LNA schoss südlich von Tripolis wieder eine türkische Drohne ab, die vorher noch vom Mitiga-Flughafen gestartet war.
+ In den Städten Aziziya und al-Hirah kommt es zu Kämpfen zwischen Milizen der ‚Einheitsregierung‘ und der LNA.
+ Am 7. März kam es zu Zusammenstößen zwischen der LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung‘ im Südosten von Misrata. Die LNA gibt an, den Angriff der Milizen zurückgeschlagen zu haben.
+ Es kam zu schweren Zusammenstößen zwischen der LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung, unterstützt von syrischen Söldnern, südlich von Abu Slim.
+ Bisher sollen 117 syrischen Söldnern in Libyen ums Leben gekommen sein. Laut Angaben der LNA soll es 150 syrische Söldner zwischenzeitlich gelungen sein, sich nach Europa abzusetzen.

Übergangsregierung (Tobruk)
+ Der Premierminister der Übergangsregierung (Tobruk), al-Thani, hat als erster Premierminister seit 2011 die Stadt Kufra im Süden des Landes besucht. Er sprach dort mit lokalen Politikern und Militärs.
+ Der libysche Außenminister Abdulhadi al-Huwaidsch (Tobruk) traf sich in Rabat mit seinem marokkanischen Amtskollegen.
+ Der libysche Außenminister al-Huwaidsch (Tobruk) traf sich in Algier zu Gesprächen mit dem algerischen Außenminister Sabri Boukadoum.
+ Libyen hat seine Botschaft in Damaskus (Syrien) am 3. März offiziell wiedereröffnet. An der Eröffnungszeremonie nahm der libysche Außenminister al-Huwaidsch (Tobruk) teil.

‚Einheitsregierung‘ (Tripolis)
+ Der Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Bashagha, hat bei einem Treffen mit dem US-Botschafter Richard Norland darüber gesprochen, wie er die Tripolis-Milizen in den Griff bekommen will.
Die Tripolis Protection Force wurde im Dezember 2018 aus verschiedenen Milizen gebildet und soll nominell unter dem Innenminister operieren. Zu ihr gehören die Tripoli Revolutionaries Brigade, die Nawasi Brigade und die Deterrence Force (Rada).
Letzte Woche hatte Bashagha die Tripolis-Milizen öffentlich beschuldigt, für Entführungen und Erpressungen verantwortlich zu sein und staatliche Institutionen einschließlich der Geheimdienste zu kontrollieren. Darauf wurde Bashagha von der Tripoli Protection Force auf Twitter angegriffen. Es wurde ihm vorgeworfen, die Voraussetzungen für die Errichtung einer US-Militärbasis in Libyen zu schaffen.
Bashagha scheint sich der ‚internationalen Gemeinschaft‘ und insbesondere den USA als neuer starker Mann in Tripolis anzudienen, der mit den Milizen aufräumt. Dies führt zu Machtkämpfen in Tripolis, da sich die Milizen von Bashagha abserviert fühlen.
Die beiden folgenden Vorfälle scheinen damit in Zusammenhang zu stehen:
In Tripolis wurde die Leiche eines Kommandanten der Misrata-Milizen, Mohammed Erfaida, aufgefunden. Erfaida stand in enger Verbindung zu Fathi Bashagha. Erfaida befehligte die von der Türkei ins Land gebrachten syrischen Söldner. Seine Ermordung scheint mit Streitigkeiten zwischen Tripolis-Milizen und Misrata-Milizen zusammenzuhängen.
Der Generaldirektor von Afriqyah Airways, Ali Milad Daw, soll von der islamistischen RADA-Miliz in Tripolis entführt worden sein.

International
+ In Kairo forderte der Präsident des arabischen Parlaments, Meshaal as-Salami, die internationale Gemeinschaft auf, entschlossen die türkische Einmischung in die inneren Angelegenheiten der arabischen Länder zu stoppen. Diese Einmischungen stellten eine direkte Bedrohung der nationalen Sicherheit der Araber und des internationalen Friedens und der Sicherheit sowie der Grundsätze einer guten Nachbarschaft dar. Die Einmischungen verletzten das Völkerrecht, die UN-Charta und Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.
+ In Tunis verübten zwei Selbstmordattentäter einen Anschlag auf die US-Botschaft. Dabei wurde nach offiziellen Angaben ein Polizist getötet, vier weitere wurden verletzt. Die Attentäter näherten sich auf einem Motorrad der Botschaft, wo sie sich in die Luft sprengten.
+ Bei einem Telefongespräch am 3. März betonten Angela Merkel und der russische Präsident Putin die Notwendigkeit, dass die libyschen Kriegsparteien an einem Waffenstillstand festhalten müssen. Es müssten die Ergebnisse der Berliner Libyen-Konferenz ungesetzt werden.
+ Eine hochrangige Delegation aus französischen, italienischen und deutschen Diplomaten traf mit dem Oberkommandierenden der LNA, Khalifa Haftar, in dessen Hauptquartier bei Bengasi zusammen, um die aktuelle Lage in Libyen zu besprechen.

Verschiedenes
+ Am 5. März versammelten sich im tunesischen Hammamet mehr als hundert junge Menschen aus allen libyschen Städten im Rahmen der Initiative „Libysche Jugendkonferenz für Frieden und Aufbau“. Der Präsident der Konferenz, Ahmed al-Khatib, sagte in seiner Eröffnungsrede, man wolle „der Welt eine Botschaft der Liebe und des Friedens senden und unseren Willen und unsere Entschlossenheit ausdrücken, Libyen und seine Jugend in eine bessere Zukunft zu führen“.
Bashir Sheik, der Leiter der Organisation The Fezzan's Anger (Wut des Fessan) sagte, die libysche Krise betreffe Politiker, nicht die normalen Menschen. Trotz aller Differenzen könne man miteinander reden, um die Probleme zu lösen. Es wurde darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, die Integrität und Einzigartigkeit Libyens zu bewahren.
https://specialelibia.it/2020/03/06/libyan-youth-conference-for-peace-and-construction-i-giovani-libici-esempio-di-pace-e-dialogo/

Montag, 9. März 2020



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Ecuador: Ex-Präsident Rafael Correa will trotz Verfolgung zur Wahl antreten

9.3.2020. Trotz politischer Verfolgung seiner Person und seiner Anhänger durch das neoliberal-rechte Regime des Machthabers Lenin Moreno will der frühere linksnationale Staatspräsident Rafael Correa (2007-17) aus dem belgischen Exil gegen Ende des Jahres nach Ecuador zurückkehren und zu den nächsten Wahlen kandidieren, wobei er sich noch nicht entschieden habe, ob er zu den Parlamentswahlen oder als Vizepräsident antreten werde. Correa leitete in seiner Amtszeit die Epoche der sogenannten „Bürgerrevolution“ ein, in der die Armut und soziale Ungleichheit erfolgreich zurückgedrängt, das Bildungs- und Gesundheitssystem ausgebaut wurden, die US-Truppen des Landes verwiesen und die Zusammenarbeit mit den fortschrittlichen Regierungen in Lateinamerika forciert wurden.


 

Linke Bundestagsabgeordnete verklagen Merkel wegen Beihilfe zu Mord

9.3.2020. Acht Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen Beihilfe zum Mord durch Unterlassung verklagt und beziehen sich dabei auf Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani, der durch eine Drohne getötet wurde, welche über die Relaisstation der US-Truppen in Ramstein gelenkt wurde. Es verstößt ganz klar gegen das Grundgesetz, daß ausländische Truppen deutsches Territorium zum Töten von anderen Personen benutzen, desweiteren sind die allseits beim US-Regime beliebten Drohnemorde ein Verstoß gegen internationales Völkerrecht und gegen das UNO-Gewaltverbot.

 

 

Burundi: Opposition schickt radikalen Ex-Rebell ins Rennen

6.3.2020. Die burundische Opposition hat sich auf Agathon Rwasa, den früheren Guerillaführer der radikalen Hutu-Rebellen der Nationalen Befreiungskräfte (FNL) geeinigt, doch ob der Hutu-Nationalismus Rwasas das geeignete Mittel ist, um die autoritäre Herrschaft der regierendenden CNDD-FDD zu beenden, dürfte fraglich sein. Die CNDD-FDD (Nationalrat für die Verteidigung der Demokratie – Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) ist selbst aus einer Hutu-Rebellenarmee gegen die Herrschaft der Tutsi-Minderheit hervorgegangen, hat sich aber mit den Tutsis arrangiert.


 

Libyens Stämme beziehen klar Front gegen türkische Invasio

6.3.2020. Ende Februar versammelten sich rund 3.000 Stammesführer, Stadtdelegierte und Frauenvertrerinnen, um über die weitere Lage im Lande zu beratschlagen. Dabei stellten sie sich klar gegen die türkische Intervention an der Seite der schwächelnden, nicht-gewählten „Einheitsregierung“ in Tripolis, erklärten ihre Unterstützung für die Libysche Nationalarmee (LNA) von General Khalifa al-Haftar – und zwar für so lange, bis der letzte ausländische Soldat oder Söldner libyschen Boden verlassen hat – und forderten die Aufhebung des sogenannten „Isolationsgesetzes“, nach welchem die Anhänger des ehemaligen Revolutionsführers Muammar al-Ghaddafi keine öffentlichen Ämter besetzen dürfen.





Stämme fordern internationale Anerkennung

Libyen. Die Ölanlagen bleiben solange geschlossen, bis die internationale Gemeinschaft die Beschlüsse des Tarhuna-Stammesforums anerkennt. 


Scheich as-Senussi al-Heliq al-Zawi, Vorsitzender des Obersten Rates der Zawiya-Stämme, erklärte in einem Interview mit Sputnik, dass derzeit im Südosten und Westen Libyens etwa 22 Ölfelder geschlossen sind. Unter der Voraussetzung, dass die internationale Gemeinschaft den Forderungen des libyschen Volkes und dem Schlusskommuniqué des Tarhuna-Stammesforums[1] Gehör schenkt, bestünde die Bereitschaft, die Ölfelder wieder zu öffnen.
Laut Scheich al-Heliq seien die Stämme über die Schließung der Ölanlagen nicht glücklich. Doch die Entscheidung musste getroffen werden, da mit den Öleinnahmen Terroristen finanziert wurden, die viele unschuldige Libyer ermordet haben.
Al-Heliq fragt: „Wo waren die Vereinten Nationen, wo war die Welt, als die Türkei tausende syrische Kämpfer ins Land brachte, um unsere Söhne zu töten und unsere Hauptstadt Tripolis zu zerstören? Die Ölfelder und Häfen sind bis jetzt auf Wunsch des libyschen Volkes, auf Geheiß von Scheichs, bedeutenden Persönlichkeiten und Weisen geschlossen. Alle libyschen Ölfelder sind wegen Wartungsarbeiten geschlossen.“
Wenn die Vereinten Nationen die Beschlüsse des Tarhuna-Stammesforums akzeptieren, dann können die Ölanlagen wieder geöffnet werden. Al-Heliq: „Wir haben die Ölfelder geschlossen und wir werden die Entscheidung treffen, sie wieder zu öffnen.“ Und weiter: „Die Ölfelder könnten schon morgen wieder geöffnet werden, aber nur unter der Bedingung, dass die Vereinten Nationen unsere Forderungen erfüllen und die Beschlüsse des Tarhuna-Stammesforums anerkennen, die vom libyschen Volk befürwortet werden. Alle Ölfelder bleiben geschlossen, bis die Forderungen des libyschen Volkes erfüllt sind.“
Wenn die Vereinten Nationen es ernst meinten, müssten sie in Libyen nach der Lösung suchen und nicht mehr in europäischen oder arabischen Hotels: „Die Lösung liegt in Libyen, wo bedeutende und ehrenhafte Scheichs das libysche Volk vertreten.“

[1] https://www.freitag.de/autoren/gela/die-beschluesse-der-grossen-staemme
https://almarsad.co/en/2020/03/01/al-heliq-the-un-watched-fighters-from-turkey-and-syria-come-to-libya-to-kill-our-sons-with-oil-money/

Salamé zurückgetreten – Sarradsch muss folgen

Libyen. So lautet heute nach dem Rücktritt des UN-Sondergesandten für Libyen eine der Schlagzeilen in Libyen 

Ghassan Salamé gab gestern aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt vom Amt des UN-Sondergesandten für Libyen bekannt, nachdem er und die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ mit der Durchsetzung ihrer Libyen-Pläne in Genf krachend gescheitert sind.

Wie kann es in Libyen weitergehen
Der Vorsitzende des Libya Institute for Advanced Studies (LIAS), Aref Ali Nayed, dankte Ghassan Salamé für seinen Mut zum Rücktritt und für seine Bemühungen in Sachen Libyen und forderte den Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, Sajez as-Sarradsch, auf, es Salamé gleichzutun: „Sarradsch muss Salamé nachfolgen und seine Macht abgeben, die er seit vier Jahren ausübt, ohne je gewählt oder vom Parlament bestätigt worden zu sein.“
Laut Nayed können die Beschlüsse der Berliner Libyenkonferenz nur richtig und korrekt umgesetzt werden, wenn der Kampf alle Libyer gegen den einzigen wirklichen Feind vereint, nämlich gegen den Terrorismus und seine Unterstützer.
Wolle man die Berliner Beschlüsse wirklich umsetzen, könne dies nur bedeuten, dass der Präsident des gewählten und einzig legitimierten Parlaments den Ausnahmezustand erklärt, der aufgrund der terroristischen türkischen Invasion und des Zusammenbruchs der Genfer Gespräche ja tatsächlich eingetreten ist. Es müsse eine Notstandsregierung zur Erfüllung von vier Aufgaben gebildet werden:
Die erste Aufgabe sei der Kampf gegen Terrorismus und dessen Anhänger sowie die Beendigung der türkischen Invasion. Gesprächskanäle müssten allen offenstehen, die das gleiche Ziel verfolgen. Zweitens müsse eine einheitliche und professionelle Sicherheits- und Militärstruktur aufgebaut werden. Als dritte Aufgabe sieht Nayed den Kampf gegen Korruption und gegen den Raub von Ressourcen, die allen Libyern ohne Unterschied zugutekommen müssen. Und viertens müssten die politischen und sozialen Treffen in Libyen intensiviert werden, um eine wirkliche Aussöhnung zu erreichen und eine nationale Charta zu erstellen, die als Grundlage für Kommunal-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen unter internationaler Aufsicht dienen soll.

Die Vorgeschichte
Nachdem bereits im Dezember 2019 die baldige Einnahme der von Milizen beherrschten Hauptstadt durch die Libysche Nationalarmee (LNA) absehbar war, wurde von der sogenannten internationalen Gemeinschaft und die sie unterstützenden UNO mantramäßig ein „es gibt keine militärische Lösung; es kann nur eine politische Lösung geben“ wiederholt, um die „international anerkannte Regierung“ von Sarradsch in Tripolis an der Macht zu halten. Mit ihr konnten die besten Geschäfte gemacht und das Land ausgeplündert werden, auch wenn inzwischen über neunzig Prozent des libyschen Staatsgebiets unter Kontrolle der LNA standen.
In aller Schnelle wurde unter deutscher Federführung am 18. Januar eine Berliner Libyenkonferenz einberufen. Damit diese aber überhaupt stattfinden konnte, wurde Russland bemüht, die Gegenspieler noch vorher in Moskau zusammenzubringen. So reisten nicht nur Sarradsch als Vertreter der 'Einheitsregierung' in Tripolis und General Haftar als Oberbefehlshaber der LNA am 13. Januar nach Moskau, sondern auch der Präsident des international anerkannten Parlaments Aguila Saleh. Anwesend waren unter anderen der türkische Außen- und der Verteidigungsminister. Zwar wurde eine Art Waffenstillstand vereinbart, aber Haftar reiste ab, ohne das gewünschte Waffenstillstandsabkommen unterschrieben zu haben. Begründung: Er müsse sich erst mit dem Parlament und den Stämmen besprechen.
Trotz fehlendem Waffenstillstandsabkommen wurde am 19. Januar in Berlin eine Konferenz zum sogenannten „Libyenprozess“ abgehalten. Am Verhandlungstisch saßen viele Staatsoberhäupter, beispielsweise Merkel, Macron, Putin, Johnson, auch der türkische Präsident Erdogan, während diejenigen, um die es ging, nämlich Sarradsch und Haftar, in einem Nebenzimmer ausharren mussten und nur über die Ergebnisse informiert wurden. Auch das vom Ergebnis stark tangierte Griechenland war nicht eingeladen und drohte deshalb, alle EU-Beschlüsse zu Libyen zu blockieren.
Vereinbart wurde unter Ausschluss von Libyern, dass unter Federführung der UN-Sondermission für Libyen in Genf schnellstmöglich ein sogenanntes 5+5-Militärgespräch geführt wird, um den „Friedensprozess“ voranzutreiben und zu einem dauerhaften Waffenstillstand zu gelangen, der anschließend mit „Friedenstruppen“ gesichert werden sollte. Deutschland zeigte sich höchst erfreut, baldmöglichst auch mit Truppen in Libyen präsent zu sein und Italien diente ebenfalls unverzüglich 300 Soldaten an. Um dieses militärische Eingreifen zu rechtfertigen, brauchte man allerdings vorher unbedingt einen Pro-Forma-Waffenstillstand.
Als die Lage rund um Tripolis durch den Vormarsch der LNA für Sarradsch und seine Milizen immer brenzliger geworden war, begingen die westlichen Verbündeten einen weitreichenden Fehler: Die Türkei wurde vorgeschickt, um die Lage militärisch in den Griff zu bekommen. Erdogan schickte massiv Waffen, militärisches Gerät und Berater und – der schwerste Fehler – dschihadistische Söldner aus Syrien. Dies brachte das Fass in Libyen nicht nur zum Überlaufen, es explodierte schlichtweg.
Der große Fehler der westlichen Staaten war, dass sie weder das Parlament in Libyen noch das libysche Volk in irgendeiner Weise in ihre strategischen Gedankenspielchen miteinbezogen hatten. Verhandelt werden sollte nur mit Haftar als den für die LNA Verantwortlichen, von dem man annahm, er ließe sich durch Moskau beeinflussen. Dabei hatte das libysche Parlament Haftar beauftragt, die LNA aufzubauen und er war von ihm als Oberkommandierender eingesetzt worden. Und die libyschen Stämme waren es gewesen, die ihre Jugend dazu aufgerufen hatten, sich der LNA anzuschließen und für die Einheit und die Souveränität Libyens zu kämpfen. Selbst wenn er gewollt hätte, wäre es Haftar kaum gelungen, sich gegen den Willen des Parlaments und der libyschen Stämme durchzusetzen.
Die libyschen Stämme beschlossen als letzte Warnung einen Tag vor der Berliner-Konferenz am 17. Januar die Schließung aller libyschen Ölanlagen. Am 19. und 20. Februar fand in Tarhuna das große Stammestreffen statt, an dem Stämme aus dem Osten, Westen und Süden des Landes teilnahmen, und das mit folgendem Statement endete: Sturz der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, absolute soziale Gleichheit sowie die Fortsetzung der Schließung der Öl- und Gasanlagen bis zur Erfüllung der Forderungen.
Parlament und Stämme konnten sich weiterhin der kompletten Missachtung durch die ‚internationalen Gemeinschaft‘ sicher sein, die weiterhin die Genf-Gespräche pushte, obwohl sie von einem Großteil der Geladenen aus verschiedenen Gründen boykottiert und damit zur Farce wurden. Die Genf-Gespräche wurden endlich als das, was sie von Anfang an waren, nämlich als gescheitert erklärt. Heute nun gab Salamé seinen Rücktritt bekannt.
Es waren nicht nur die Genf-Gespräche gescheitert, sondern der gesamte westliche Plan zur Rekolonialisierung Libyens ist in sich zusammengefallen. Es war nicht gelungen, Tripolis so lange mit Hilfe der Türkei und syrischer Söldner zu halten, bis Nato-Truppen dank eines UN-Beschlusses eingesetzt werden konnten, um ein mit gezinkten ‚Delegierten‘ erzieltes Waffenstillstandsabkommen durchzusetzen. Ein permanenter Kriegszustand, ein eingefrorener Konflikt wäre die Folge gewesen, mit dem sich anschließend weiter an der Teilung Libyens hätte arbeiten lassen.

https://almarsad.co/en/2020/03/03/nayed-sarraj-must-follow-in-the-footsteps-of-salame-and-resign-from-holding-on-to-power-without-elections/
https://www.freitag.de/autoren/gela/libysche-staemme-schliessen-oelanlagen