Dienstag, 31. August 2021

Kurznachrichten Libyen – 29.08.2021

Libyen. USA will Wahl bis September 2022 dehnen /Milizen entführen Beamten des Innenministeriums /Libysche Moslembrüder am Attentatsversuch auf tunesischen Präsidenten beteiligt

Angelika Gutsche |

+ 29.08.: USA/Neuer Wahltermin September 2022. Die USA schlagen vor, die Libyenwahlen bis September 2022 zu dehnen. Der US-Vorschlag, der Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien vorgelegt wurde, sieht vor, dass am 24. Dezember ein erster Wahlgang stattfinden soll, dem ein zweiter Wahlgang am 15. September 2022 (!) folgen soll.
https://www.theafricareport.com/122644/exclusive-us-proposes-libya-vote-ending-in-september-2022-to-salvage-roadmap/
Katze aus dem Sack! Natürlich wollen Dabaiba und seine türkischen Moslembruderschaftsfreunde keine Wahlen, bei denen sie verlieren werden. Und haben dabei die volle Unterstützung der USA! Libyen stehen wiederum unruhige Zeiten bevor.

+ 25.08.: Milizen/Tripolis/Entführung. Kämpfer der Ghnewa-Miliz unter der Führung von Abdel-Ghani al-Kikli (Ghnewa) drangen in das libysche Innenministerium in Tripolis ein und entführten Oberst Bashir as-Senussi, zuständig für geheime Angelegenheiten.
Innenminister Khaled Mazen war während des Angriffs nicht im Ministerium. Der Direktor des Ministerbüros, Brigadegeneral Noureddine Abu Dscherida wurde durch einen Anruf gewarnt.
Die Miliz von al-Kikli kontrolliert wichtige Gebiete im Zentrum von Tripolis, insbesondere das Viertel Abu Salim.
https://libyareview.com/15931/militias-storm-libyan-interior-ministry-headquarters-kidnap-official/

+ 26.08.: Milizenangriff. Bei einem bewaffneten Angriff auf einen Sicherheitskontrollpunkt in az-Zawiya (westliches Libyen) wurden ein Polizist getötet und drei verletzt.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1430920462423429128

+ 23.08.: Tunesien/Attentat. Der Parlamentsabgeordnete Ali at-Tekbali behauptet, dass ein hochrangiger libyscher Beamter an dem gescheiterten Attentat auf den tunesischen Präsidenten Kais Saied beteiligt war, nannte aber keine Namen.
https://libyareview.com/15848/libyan-mp-accuses-government-official-of-involvement-in-tunisian-president-assassination-attempt/

+ 23.08.: Terrorismus/Tunesien/Libyen. LNA-Sprecher al-Mismari sagte, dass es eine Verbindung zwischen religiösen Extremisten im westlichen Libyen und solchen in Tunesien gebe, wobei letztere in Libyen ausgebildet würden. Im Juni 2019 seien fast 380 „terroristische Kämpfer“ über Zuwara nach Libyen gekommen. Die Moslembruderschaft kontrolliere den Militärstützpunkt Ramaa in 30 km Entfernung zur algerischen Grenze. „Libysche Terroristen“ würden zur Durchführung von Anschlägen in Libyen und Tunesien eingesetzt.
https://libyareview.com/15857/libyan-national-army-tunisian-extremists-have-close-ties-with-libyan-extremists/

+ 24.08.: Attentat Saied/Tunesien. Es wurde eine Person festgenommen, die mutmaßlich für die Planung des Attentats auf den tunesischen Präsidenten Saied verantwortlich war. Sie bekannte sich zur Moslembruderschaft und erklärte, sie habe das Attentat mit einer aus Libyen geschmuggelten Schusswaffe ausführen wollen. Sie sei in Besitzes eines libyschen Passes aus der westlibyschen Stadt az-Zawija, dessen ‚Ausstellung aufgrund eines Telefonats mit dem Chef des Obersten Staatsrats Khaled al-Mishri erfolgte.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1429911636463267840

+ 25.08.: Tunesien/Libyen. Das tunesische Verteidigungsministerium gab die Verhaftung von 52 Syrern bekannt, die in zwei Gruppen versuchten, heimlich über die Grenze von Libyen nach Tunesien zu gelangen.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1430613881664200710

+ 25.08.: Tunesien/Libyen. Ein Konsortium libyscher nationaler Parteien und Bewegungen hat ein Schreiben veröffentlicht, in dem sie alle Versuche verurteilen, die Sicherheit und Stabilität Tunesiens zu untergraben. Sie forderten auch den Abzug aller ausländischen Streitkräfte, Söldner und bewaffneten Gruppen aus dem libyschen Hoheitsgebiet. Diese Erklärung folgte auf die Kontroverse um ein Schreiben der tunesischen Interpol, wonach mehr als 100 tunesische Extremisten auf dem Luftwaffenstützpunkt al-Watija stationiert sind und planen, Tunesien zu infiltrieren, um Terrorakte zu begehen - was zu massiver Kritik an der GNU-Regierung und zu der Frage führte, warum sie die Sicherheitslage im Land nicht in den Griff bekommt.
Al-Watiya befindet sich unter der Kontrolle der türkischen Besatzungstruppen und ihrer Söldner.
https://almarsad.co/en/2021/08/25/libyan-parties-and-movements-condemn-all-destabilization-plots-on-the-security-of-tunisia/

+ 26.08.: Tunesien/Libyen. Die libysche Außenministerin al-Mangoush und Innenminister Khaled Mazen treffen zu Gesprächen in Tunesien ein. Offiziell sollen die Wiedereröffnung der Grenze und die Wiederaufnahme von Flügen das Thema sein. In der vergangenen Woche hatte der tunesische Präsident Kais Saied die vollständige Schließung der Grenzübergänge Ras Dschedir und Dhehiba-Ouazen angekündigt, obwohl sich die libyschen Behörden um die Wiederöffnung der Übergänge bemüht hatten. Die tunesischen Behörden begründeten ihren Schritt mit den Gesundheitsmaßnahmen, die zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 ergriffen werden. In Wirklichkeit dürfte der Grund für die Schließung die Sorge vor der Gefahr des Einschleusens von Terroristen aus Libyen sein.
https://twitter.com/alsaaa24/status/1430842903476281346
Tatsächlich dürfte es bei den Gesprächen um die Vorgänge der Unterstützung von terroristischen Umtrieben in Tunesien durch die Moslembruderschaft in Libyen gehen.

+ 26.08.: AFRICOM. Das US-Afrika-Kommando (AFRICOM) teilte dem Nachrichtensender 218 News mit, dass es über den Angriff auf einen LNA-Kontrollpunkt in der libyschen Stadt Zillah (Fessan) informiert sei und die Ereignisse in Libyen aufmerksam verfolge.
https://libyareview.com/15922/africom-monitoring-libya-after-recent-isis-attack/

+ 28.08.: NOC/Erdöl. Der Erdölministr Mohamed Aoun hatte am 24. August beschlossen, dass Dschadallah al-Awkali anstelle von Mustafa Sanella neuer Vorsitzender des NOC (National Oil Corporation) werden soll, da sich Sanella im Ausland aufhalte. Allerdings hat Awkali das Amt abgelehnt, da Sanella bekannt gegeben habe, er wolle das NOC vom Ausland aus führen.
Aoun hatte den GNU-Premierministr Dabaiba vor kurzem gebeten, Sanella seines Amtes zu entheben. Laut Aoun steht die Zusammensetzung des derzeitigen Vorstands nicht im Einklang mit libyschen Gesetzen.
https://libyareview.com/15959/libyas-sanalla-rejects-appointment-of-new-noc-head/ Es ist nicht bekannt, warum Sanella Libyen verlassen hat und in welchem Land er sich aufhält.

+ 29.08. NOC/Erdölsyndikat. Das libysche Erdölsyndikat forderte, auf die Entlassung des NOC-Vorsitzenden Mustafa Sanella hinzuwirken.
https://libyareview.com/16012/libyan-oil-syndicate-sanalla-deliberately-ignored-laws-regulating-work-relations/

+ 29.08.: Ölministerium/NOC. Ölminister Mohamed Aoun suspendierte den NOC-Vorsitzender Mustafa Sanella von seinem Amt. Sanella habe gegen das Gesetz verstoßen, weil er das NOC aus dem Ausland leite und ohne Erlaubnis reise.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1431994569084784644

+ 28.08.: Erdöl/AGOCO. Die staatliche libysche Arabian Gulf Oil Company (AGOCO) mit Sitz in Bengasi erklärte, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage sei, seine Arbeit fortzusetzen. Es habe das ihm zugesagte Budget für die Jahre 2020 und 2021 nicht erhalten und es sei ihm deshalb nicht möglich, Ersatzteile, Ausrüstung und Produktionsmittel bereitzustellen, um seine Serviceverpflichtungen zu erfüllen und seine Mitarbeiter zu bezahlen.
https://libyareview.com/15962/libyas-agoco-suspends-works-due-to-debts/
AGOCO ist in acht Ölfeldern tätig, darunter Sarir, Messla, Nafoora, Beda und Hammada. Das Unternehmen betreibt außerdem Ölterminals und Raffinerien in Tobruk und Sarir (Wikipedia).

+ 24.08.: Waffenhandel. Die LNA gab bekannt, dass sie nahe Ubari (Fessan) ein großes Waffenarsenal beschlagnahmt hat, das vermutlich zu regierungsfeindlichen Kämpfern und Terroristen nach Mali und in den Niger gebracht werden sollte.
Laut einem UN-Bericht sind in Libyen etwa 29 Millionen Waffen im Umlauf. Dies wirke sich auch negativ auf Nachbarländer wie den Tschad, Niger und Mali aus. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass Libyen zum weltweit größten unkontrollierten Waffenlager geworden ist.
https://libyareview.com/15884/libyan-army-seizes-weapons-en-route-to-west-africa/

+ 26.08.: 5+5-Militärkommission/GreatManMadeRiver. In Absprache mit der 5+5-Militärkommission wurde eine gemeinsame Truppe aus west- und ostlibyschen Militärs geschaffen, um den GreatManMadeRiver (GMMR) zu sichern.
https://www.libyaherald.com/2021/08/26/unsmil-welcomes-cooperation-between-eastern-and-western-forces-towards-army-unification/

+ 29.08.: Al-Watija-Luftwaffenbasis/Türkei. Der Stützpunkt al-Watija, der nur 27 Kilometer von der tunesischen Grenze und 125 Kilometer von Tripolis entfernt liegt, ist einer der wenigen Militärstützpunkte, die 2011 während der Nato-Intervention nicht zerstört wurden und deshalb eine der wichtigsten Militärbasen in Libyen darstellt. Die Militärbasis al-Watija sowie der Stützpunkt Mitiga in Tripolis und die libyschen Häfen Zawija, Tripolis, Misrata und Khoms seien inzwischen türkisches Hoheitsgebiet.
Als 2019 die LNA eine Tripolis-Offensive startete, konnten die USA nicht direkt militärisch eingreifen, aber sie hätten dem türkischen Präsidenten Erdoğan grünes Licht gegeben.
Von 2019 bis 2020 befand sich al-Watija unter der Kontrolle der LNA. Auch mit Hilfe der türkischen Drohnen konnte al-Watija nicht eingenommen werden und Tripolis drohte an die LNA zu fallen. Deshalb griff US-AFRICOM mit der Bombardierung von LNA-Stellungen in die Kämpfe ein. Die LNA zog sich bis nach Tarhuna zurück, wurde aber von den USA durch Androhung neuer Bombardements gezwungen, noch weiter nach Osten zurückzuweichen.
Die al-Watija-Luftwaffenbasis wurde zu einem türkischen Stützpunkt umgewandelt, den Libyer nur noch mit Erlaubnis des türkischen Militärs betreten dürfen. Auch die Anzahl der IS- und al-Kaida-Kämpfer wurde durch die von Erdogan ins Land gebrachten syrischen Söldnern erhöht, von denen sich viele in der al-Watija-Basis aufhalten, darunter 2.500 mit tunesischer Staatsangehörigkeit. Dies löste in Tunesien große Besorgnis aus. Der Plan ist, extremistische Dschihadisten zur Durchführung von Terroranschlägen nach Tunesien einsickern zu lassen. Das Militärkommando an der libyschen Grenze führe Namroush, ehemaliger Verteidigungsminister unter Sarradsch, Mitglied der Moslembruderschaft und Verbündeter der Türkei. Die gesamte Grenze zwischen Tunesien und Libyen wird heute von Milizen kontrolliert.
Die Türkei werde versuchen, keine Dezemberwahlen in Libyen zuzulassen, da die Moslembruderschaft wie schon 2014 bei Wahlen marginalisiert würde.
https://www.lantidiplomatico.it/dettnews-la_base_di_alwatiyah_in_libia_epicentro_del_terrorismo_nato_in_nordafrica/41939_42816/

+ 24.08.: Türkische Besatzung. Ein türkischer Militärhubschrauber landete auf dem Mitiga-Flughafen von Tripolis. Mehrere türkische Soldaten gingen von Bord. Das Vorhandensein einer türkischen Luftbrücke zu westlibyschen Städten wird als Behinderung der internationalen Bemühungen um eine friedliche Lösung der libyschen Konflikte angesehen.
https://libyareview.com/15905/turkish-helicopter-lands-in-libyas-mitiga-airport/

+ 25.08.: Umweltverschmutzung/Küste. Ungeklärte Abwässer und Müll: Die Verschmutzung der Mittelmeerküste von Tripolis verunmöglicht den Bewohnern der libyschen Hauptstadt die dringend benötigte Erholung. Eine Reihe von Stränden entlang der 30 Kilometer langen Küste des Großraums Tripolis sind wegen der katastrophalen Verschmutzung gesperrt. Die Abwässer der zwei Millionen Einwohner von Tripolis werden ungeklärt ins Meer geleitet und machen diesen Küstenabschnitt zum am stärksten verschmutzten der 1.770 Kilometer langen Küste Libyens. Daneben verunreinigen Dosen, Plastiktüten und Flaschen die Küste. Die einzige Kläranlage von Tripolis wurde schon vor Jahren geschlossen, ebenso wie viele Industrieanlagen, die aus Mangel an Wartung oder Geldmangel stillgelegt sind.
http://en.alwasat.ly/news/libya/330532

+ 24.08.: Medien. Mehrere Organisationen forderten die GNU-Regierung auf, den Regierungsbeschluss Nr. 301 vom 11. August 2021 zurückzunehmen, da er in Bezug auf das Ministerium für Information und Regierungskommunikation eine echte Gefahr für die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien in Libyen darstellt. Er gewähre „einer dem Regierungschef unterstellten Verwaltungsbehörde sehr weitreichende Befugnisse zur Überwachung des Mediensektors, ohne Rücksicht auf internationale Standards der freien Meinungsäußerung“. Die Befugnisse der Behörde seien zu weitreichend, da die Unabhängigkeit der öffentlichen Medien bedroht ist.
Sie forderten ferner, dass alle künftigen Gesetzesbeschlüsse erst nach Konsultationen mit Berufsverbänden, Journalisten, Wissenschaftlern und anderen Akteuren in der Medienlandschaft umgesetzt werden.
https://libyareview.com/15872/libyan-organisations-call-on-pm-to-retract-resolution-restricting-media-freedom/

+ 29.08.: Parlament/LANA. Das Parlament erlässt die Resolution 2/2021, mit der sie die staatliche libysche Nachrichtenagentur LANA und ihre Vermögenswerte auf das Parlament überträgt. Damit wir LANA der Zuständigkeit von al-Lafi entzogen.
GNU-Premierminister Dabaiba hat vor kurzem die Befugnisse von Walid al-Lafi erweitert. Al-Lafi ist hoch umstrittener Staatsminister für Kommunikation und politische Angelegenheiten, steht der Moslembruderschaft nahe und betreibt auch eigene Medienkanäle.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1430993858465304588

+ 26.08.: Libysche Zentralbank. Der Leiter des Liquiditätsausschusses der Libyschen Zentralbank (CBL) in Bengasi, Ramsy al-Agha, bestätigte das Verschwinden von 15 Milliarden Libyscher Dinar (11,5 Milliarden USD) aus der CBL. Der internationale Rechnungsprüfungsbericht des Jahres 2015 habe darauf hingewiesen, dass die Milliarden zur Zeit der ‚Einheitsregierung‘ „ohne rechtliche Grundlage“ ausgegeben worden seien. Dafür verantwortlich war as-Siddiq al-Kebir, der Chef der CBL. Der hochumstrittene al-Kebir weigert sich noch heute, seine Stelle zu räumen.
https://libyareview.com/15938/libyan-central-bank-governor-accused-of-hiding-11-5-billion/

+ 26.08.: Audit-Bericht/Rechnungsprüfung für 2020: Der Chef der libyschen Zentralbank Siddik al-Kebir hat Informationen über Geldwäsche vor dem Rechnungsprüfungsbüro verheimlicht. Kebir zahlte zwei Milliarden Euro bei der türkischen Zentralbank und der türkischen Ziraat Bank ein - ohne Berücksichtigung von Kreditrisiken. Das türkische Unternehmen Gengiz beschlagnahmte die Guthaben der Libyschen Zentralbank bei der Arab Turkish Bank und der Ziraat Bank.
Kebir hat türkische Anleihen gezeichnet, deren Kreditwürdigkeit sehr niedrig eingeschätzt wird und ohne Berücksichtigung der geopolitischen Instabilität der Türkei, die enorme Risiken für die türkische Lira birgt.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1430272438143799299

+ 22.08.: Haushalt. Libysche Analysten sind der Ansicht, dass die GNU-Regierung es vorzieht, ohne einen vom Parlament verabschiedeten Haushalt zu arbeiten. Ein Haushalt würde sie zwingen, ihre Ausgaben zu benennen und sich daran zu halten, während der GNU-Premierminister Dabaiba ohne bewilligten Haushalt ausgeben kann, was und wie er will - innerhalb des Höchstbetrags, den ihm die in Tripolis ansässige Libysche Zentralbank (CBL) gewährt. Dabaiba könne deshalb seinen Haushaltsvorschlag so aufgebläht haben, dass er abgelehnt werden muss.
Kein früherer libyscher Premierminister wurde wegen seiner Ausgaben oder Entscheidungen zur Rechenschaft gezogen. Wenn am 24. Dezember tatsächlich Wahlen abgehalten werden sollten, wäre Dabaiba nur noch vier Monate im Amt und danach nicht mehr greifbar.
https://www.libyaherald.com/2021/08/23/libyas-parliament-and-government-are-falling-out-analysis/

+ 29.08.: Saif al-Islam/Gaddafi. Parlamentspräsident Agila Saleh auf die Frage, ob Saif al-Islam Gaddafi das Recht habe, bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren: „Wenn er die Bedingungen erfüllt. Der nächste Präsident sollte libyscher Staatsbürger und älter als 40 Jahre sein. Er sollte nicht wegen Straftaten oder Verbrechen verurteilt sein. Er muss einen Universitätsabschluss haben und seine ganzen Besitztümer offenlegen. Er darf zum Zeitpunkt der Kandidatur keine andere Staatsangehörigkeit besitzen.“ Auf die Frage über die Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), die gegen Saif anhängig ist, sagt Saleh: „Über Saif al-Islam hat der IStGH noch keine endgültige Entscheidung gefällt.“
Frage: „Saif al-Islam wird auch von libyschen Gerichten gesucht und es wurde die Todesstrafe gegen ihn verhängt. Was ist sein gegenwärtiger juristischer Status?“
Saleh: „Bei seiner Bewerbung um die Kandidatur muss er Dokumente vorlegen, die belegen, dass er nicht wegen eines Verbrechens oder Vergehens verurteilt wurde, das eine moralische Schande beinhaltet“.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1431996013175246851
Es ist anzumerken, dass in Libyen eine Generalamnestie verhängt wurde, unter die auch Saif al-Islam Gaddafi fiel und aufgrund derer er in Zinten aus der Gefangenschaft entlassen wurde.

+ 25.08.: Parlament/Dabaiba. 29 Parlamentarier haben dazu aufgerufen, der von Dabaiba geführten GNU-Übergangsregierung das Vertrauen zu entziehen. Die Parlamentarier warfen der Regierung u.a. vor, „dem libyschen Volk nicht die einfachsten Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen“.
https://libyareview.com/15916/29-libyan-mps-call-for-withdrawing-confidence-from-government/

+ 27.08.: Parlament/Dabaiba. Der Parlamentarier Said Imgheib, erklärte zum Antrag über den Vertrauensentzug von Dabaiba: „Dieser Antrag wird die Abhaltung der Wahlen in keiner Weise stören oder behindern. Ich kann sagen, dass dieser Antrag die letzte Chance ist, die Einheit, Integrität und Stabilität des Landes zu bewahren“.
Parlamentspräsident Agila Saleh hatte erklärte, man werde der von Dabaiba geleiteten GNU-Regierung das Vertrauen entziehen, wenn Dabaiba nicht an der Anhörung am Montag teilnehme: „Die Regierung hat es versäumt, die Institutionen zu vereinheitlichen und die Bürger mit Lebensmitteln, Medikamenten und Strom zu versorgen. Sie hat es auch versäumt, die nationale Aussöhnung einzuleiten und die Wahlen vorzubereiten“.
https://libyareview.com/15956/libyan-mp-parliaments-request-to-withdraw-confidence-from-government-will-guarantee-elections-on-time/

+ 29.08.: LPDF/Dezemberwahlen. 31 Mitglieder des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) forderten den UN-Sondergesandten für Libyen und Leiter der UNSMIL, Ján Kubiš, auf, eine Dringlichkeitssitzung abzuhalten, um gegen Verstöße der Umsetzung des LPDF-Fahrplans anzugehen. Sie betonten ihren unbedingten Willen, alle Hindernisse zu beseitigen, die der Abhaltung der für den 24. Dezember 2021 geplanten Wahlen im Wege stehen.
https://libyareview.com/15975/31-lpdf-members-call-for-emergency-session-addressing-roadmap-breaches/

+ 26.08.: Dezemberwahlen. Wie die Wahlkommission bekanntgab, haben sich rund 7.000 Libyer im Ausland in das Wahlregister eingetragen. Die Wahlkommission beschloss, den Termin für die Eintragungen bis 17. September zu verlängern.
https://libyareview.com/15928/hnec-7000-libyans-abroad-registered-to-vote/

+ 29.08.: Misrata-Miliz/Türkei. Salah Badi, Kommandant der as-Samoud-Miliz aus Misrata, forderte die Türkei auf, Söldner und Truppen aus Libyen abzuziehen. Badi kommandierte 2014 die islamistische Libya-Dawn-Operation und war maßgeblich an der Zerstörung des internationalen Flughafens von Tripolis beteiligt. Jetzt sagt er, er weigere sich, Seite an Seite mit syrischen Söldnern zu kämpfen. Heute würde die Türkei das ganze westliche Libyen und die libysche Außenpolitik kontrollieren.
https://libyareview.com/15997/misrata-military-commander-salah-badi-turkey-controls-libyas-foreign-policy-today/

+ 29.08.: Misrata/Türkei. Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums besuchten der ehemalige Stabschef der ‚Einheitsregierung‘ in Misrata, al-Haddad, am 24. August 2021 mit einer Delegation die vor der libyschen Küste ankernde türkische Fregatte TG Gediz.

+ 22.08.: Migration. Monitor berichtet über die Lage von Migranten in Libyen und fragt, warum Deutschland und die EU diese kriminellen Strukturen unterstützen.
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/eu-abschottungspolitik-100.html

+ 24.05.: Migration. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) teilte mit, dass mindestens 279 Migranten vor der libyschen Küste „gerettet“ und an Land zurückgebracht wurden. 14 Personen gelten als vermisst, eine Leiche konnte geborgen werden. Das UNHCR weist wiederum darauf hin, dass „Libyen kein sicherer Hafen für die Ausschiffung ist“.
https://libyareview.com/15870/one-migrant-dead-14-missing-off-libyan-coast/

+ 25.08.: Migration. Nachdem ein Migrantenboot vor der libyschen Küste westlich von Tripolis gesunken ist, konnten 51 Menschen gerettet werden, 18 Migranten ertranken.
https://libyareview.com/15896/18-migrants-drown-off-libyan-coast/

+ 27.08.: Migration. Eine Krankenschwester, die für Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Lampedusa arbeitet, sagte gegenüber der italienischen Nachrichtenwebsite ANSA, dass viele Migranten in Libyen vor ihrer Ausreise festgehalten, geschlagen und gefoltert wurden.
Seit 2017 haben Rom und Brüssel rund 1,1 Milliarden Euro für die Finanzierung der libyschen Küstenwache und anderer zuständiger libyscher Behörden ausgegeben. Zu den Empfängern gehörte u.a. der Leiter der Küstenwache in der Stadt az-Zawiya, Abdel-Rahman al-Milad, alias al-Bidschda, ein berüchtigter Schleuserboss.
In den Migrantenlagern, die teils offiziell, teils von Schleuserbanden betrieben werden, werden Tausende Migranten zu Geldzahlungen ihrer Familien erpresst. Frauen erleiden häufig sexuelle Gewalt, die auch zu Selbstmorden führen. Minderjährige Mädchen sagten aus, dass sie in einem vom Innenministerium in Tripolis betriebenen Gefängnis vergewaltigt worden seien.
https://libyareview.com/15948/msf-migrants-beaten-tortured-in-libyan-detention-centers/

+ 29.08.: Migration. Ein Boot mit jungen Ägyptern, die auf dem Weg nach Europa waren, ist vor der libyschen Küste gekentert. Dabei kamen elf Menschen ums Leben.
Außerdem wurden 50 Ägypter entführt und deren Familien zu Lösegeldzahlungen genötigt.
https://libyareview.com/15983/11-egyptians-drown-after-boat-capsizes-off-libyan-coast/

+ 29.08.: Migration. Ein Boot mit dreißig Migranten ist vor der libyschen Küste gesunken. Dabei sind fünf Menschen ertrunken, einige konnten gerettet werden, weitere werden vermisst.
https://libyareview.com/15988/5-syrian-migrants-drown-off-libyan-coast/

+ 25.08.: Libyen/Ukraine/Militär. Das Innenministerium unter Leitung von Khaled Mazen berichtete, dass 15 Offiziere und Unteroffiziere einen militärischen Ausbildungskurs in der Ukraine absolvieren.
https://www.libyaherald.com/2021/08/25/interior-ministrys-diplomatic-missions-protection-personnel-receiving-training-in-ukraine/

+ 24.08.: Marokko/Libyen. Bei einer Pressekonferenz mit dem libyschen Vizevorsitzenden des Präsidialrats, Abdullah al-Lafi erklärte der marokkanische Außenminister Nasser Bourita, dass die bevorstehenden Wahlen für die Legitimität [der Regierung] in Libyen von entscheidender Bedeutung sind. Hindernisse könnten mit gutem Willen und einem ruhigen Dialog überwunden werden.
https://libyareview.com/15926/moroccan-foreign-minister-elections-crucial-to-libyas-future/
In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass Algerien als Nachbarland zu Libyen die diplomatischen Beziehungen mit Marokko abgebrochen hat aufgrund von Differenzen wegen der Westsahara, der Nutzung der Spionagesoftware Pegasus und den in Algerien ausgebrochenen Waldbränden, für die Algerien Marokko verantwortlich macht.

+ 23.08.: Außenministertreffen. Algerien wird am 30. und 31. August Gastgeber eines Außenministertreffens für Libyen und seiner Nachbarländer – Algerien, Ägypten, Tunesien, Sudan, Tschad und Niger – sein. Teilnehmen werden auch Vertreter der UN und der AU. Es soll eine politische Lösung für die Konflikte in Libyen gefunden werden.
https://libyareview.com/15860/algeria-to-host-meeting-on-libyan-political-solution/

+ 24.08.: KARTE - LNA/Kyrenaika/Fessan. 80 Prozent des libyschen Öls und Gases werden in der Kyrenaika gefördert und 90 Prozent des Wassers kommt über den ManMadeRiver aus der Kyrenaika und dem Fessan. Dagegen entfallen 90 Prozent der Staatsausgaben auf Tripolis. Karte:
https://twitter.com/MLNA2021/status/1430096882232176642/photo/1

TUNESIEN

24.08.: RT: Der tunesische Präsident Kais Saied hat die Suspendierung des Parlaments >bis auf Weiteres< verlängert. Nach einem entsprechenden Dekret bleibt auch die Immunität sämtlicher Abgeordneter aufgehoben.
Saied hat die Moslembruderschaft ausgehebelt, indem er den tunesischen Regierungschef Hichem Mechichi abgesetzt und die Arbeit des Parlaments eingefroren hat.
https://de.rt.com/afrika/122996-tunesien-praesident-kais-saied-verlaengert-suspendierung-parlament/

AFGHANISTAN

+ Türkei in Afghanistan. NZZ: Die Taliban wollen, dass türkische Nato-Truppen Afghanistan verlassen: „Die Türkei spielte bisher eine zentrale Rolle bei der Sicherung des Flughafens von Kabul. Auf Druck der Taliban hat sie nun mit dem Abzug ihrer Truppen begonnen.“ Obwohl Erdogan gerne weiter die Sicherung des Flughafens übernommen hätte, ließen die Taliban wissen, „dass sie den Abzug aller türkischen Soldaten bis zum 31. August erwarteten“.
https://www.nzz.ch/international/afghanistan-die-tuerkei-zieht-soldaten-vom-kabuler-flughafen-ab-ld.1642310?mktcid=nled&mktcval=102&kid=nl102_2021-8-27&ga=1&trco=
Mit den Türken bliebe weiterhin die Nato im Land. Die Türkei arbeitet mit den USA Hand in Hand, siehe auch oben: Kampf um den westlibyschen Luftwaffenstützpunkt al-Watija.

+ Sehenswertes Gespräch mit Pepe Escobar zu den Hintergründen des US-Abzugs aus Afghanistan.
https://www.youtube.com/watch?v=yQTE7cz-SIc

+ Thierry Meyssan zur US-Politik: „... der von Präsident George W. Bush erklärte >endlose Krieg< zielt nicht darauf ab, den Terrorismus zu >bekämpfen<, sondern den Terrorismus zu instrumentalisieren, um eine ganze Region zu destabilisieren. Der Titel des Artikels von Colonel Peters aus dem Jahr 2001: >Stabilität ist der Feind Amerikas<.“
Nach der Rumsfeld-Cebrowski-Strategie sollen die Großmächte Russland und China nicht bekämpft werden, sondern im Gegenteil, Kunden werden. Man müsse ihnen helfen, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und viele andere auszubeuten, aber nur unter dem Schutz der US-Armee.
https://www.voltairenet.org/article213829.html
Das mag ja sein, dass die USA dies als Option sehen, aber ob sich Russland und China zu US-amerikanischen Kunden machen lassen, ist noch eine andere Sache. Die USA werden alles versuchen, dass Afghanistan nicht zur Ruhe kommt und wo immer es geht, Chaos verbreiten.

+ Karsai: IS und USA sind eins. Nach dem schweren Anschlag am Kabuler Flughafen mit über 150 Toten erinnere man sich an die Aussagen des ehemaligen afghanischen Präsidenten Hamid Karzai von 2017, er sehe keinen Unterschied zwischen dem IS und den USA. Er bezeichnete die IS-Terrororganisation als >Werkzeug< der US-Regierung. Karzai: „Ich unterscheide überhaupt nicht zwischen dem IS und Amerika.“
https://de.rt.com/der-nahe-osten/123183-ex-us-verteidigungsminister-zu-afghanistan/
Flugs wurde ein neuer Name für den IS in Afghanistan erfunden: IS-K für IS-Khorasan. Besser wäre vielleicht IS-A?

29.08.2021

 

 

Donnerstag, 26. August 2021

Schwere Anschuldigungen gegen die USA

Libyen/AFRICOM. Haben die USA Mitte Mai 2020 den Luftangriff auf den damals von der LNA gehaltenen Luftwaffenstützpunkt al-Watiya im Westen Libyens ausgeführt und nicht die Türkei?

Angelika Gutsche |

Den Milizen der damaligen ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch (mit Sitz in Tripolis) war es am 18. Mai 2020 mit Hilfe von Luftangriffen und syrischen Söldnern beim dritten Versuch gelungen, den bis dahin von der Libyschen Nationalarmee (LNA) gehaltenen Luftwaffenstützung al-Watija einzunehmen. Offiziell wurde bisher davon ausgegangen, dass die Luftunterstützung von einer türkischen Fregatte aus erfolge, die vor der Westküste Libyens kreuzte.[1]

Der libysche Journalist Mahmoud al-Misrati ging schon vor einiger Zeit mit einer andere Version der damaligen Vorgänge an die Öffentlichkeit. Die LNA habe sich aufgrund eines Angriffs von AFRICOM (United States Africa Command) von der Luftwaffenbasis al-Watija zurückgezogen – und nicht aufgrund von türkischen Drohnenangriffen. AFRICOM habe direkt in die Kämpfe eingegriffen und die in al-Watiya stationierten Pantsir-S1-Luftabwehrsysteme der LNA zerstört, so dass die LNA gezwungen war, al-Watiya aufzugeben. Die USA hätten auch mit weiteren Luftangriffen gedroht, falls sich die Armee nicht vollständig aus der libyschen Hauptstadt Tripolis zurückziehen würde.

Von der LNA wurden die Behauptungen von al-Misrati nicht kommentiert, ihnen wurde aber auch nicht widersprochen. Im östlichen Libyen kursieren schon länger Gerüchte, dass die Luftabwehrsysteme der LNA im Luftwaffenstützpunkt von den USA bombardiert worden seien. Die erste offizielle Bestätigung der LNA, dass die USA tatsächlich ihre Streitkräfte ins Visier genommen haben, kam von Admiral Faradsch al-Mahdawi , der in einem Interview mit pronews.gr, das im Juli aufgenommen, aber erst vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, erklärte: „Die Raketen kamen von amerikanischen und nicht von türkischen Schiffen“ und hinzufügte: „Die Amerikaner haben uns in al-Watiya bombardiert“.

Für diese Version sprechen auch Indizien in Form von Fotos und Videos, die den robust gebauten Hangar, in dem sich das Pantsir-S1-Luftabwehrsysteme befand, nach dem Einsturz zeigen, und der kaum durch den Angriff türkischer Drohnen mit leichter Munition verursacht sein konnte. Auf einem von der Türkei veröffentlichten Video des Angriffs auf al-Watiya sind nur leicht bestückte türkische Drohnen zu sehen, von dem direkten Treffer des Hangars existieren jedoch keine Aufnahmen.

Eine vom damaligen libyschen Außenministerium der ‚Einheitsregierung‘ veröffentlichte Erklärung, in der es hieß: „Wir verurteilen den brutalen Angriff auf den Luftwaffenstützpunkt Uqba bin Nafie [Al Watiya] durch eine türkische Fregatte, die in libysche Hoheitsgewässer eingedrungen ist“ sollte wohl eher von den wahren Schuldigen ablenken, denn die Erklärung bezog sich auf eine türkische Fregatte der G-Klasse. Die Hauptaufgabe der türkischen Fregatten der G-Klasse ist jedoch die Luftverteidigung. Sie verfügen nur über Schiffs- und Luftabwehrraketen, die nicht für den Einsatz gegen Ziele an Land bestimmt sind. Die Türken setzten ihre Fregatten hauptsächlich zur Luftabwehr der LNA-Drohnen ein. Daher scheint ein Angriff mit Marschflugkörpern von einem US-amerikanischen Schiff die wahrscheinlichere Version zu sein.

Nach der Einnahme von al-Watiya durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ und deren syrische Söldner wurde eine dort erbeutete Pantsir-S1 auf den in Deutschland gelegenen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein gebracht. Die USA bezogen nach dem Fall von al-Watiya auch Stellung gegen die LNA und trafen sich mit der Führung der ‚Einheitsregierung‘.

Es liege auf der Hand, warum die USA ihre Intervention zugunsten der Türkei und der Regierung in Tripolis geheim halten wollen. Griechenland und Frankreich, zwei ihrer NATO-Verbündeten, unterstützten die LNA und deren Oberkommandierenden, auch weil zwischen der damaligen ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch und der Türkei getroffene Abkommen – wie das über den Verlauf gemeinsamer Seegrenzen – nicht nur gegen internationales Recht, sondern auch gegen deren Interessen verstieß. Ein offenes Eingreifen der USA gegen die LNA hätte zu erheblichen Spannungen innerhalb der NATO geführt. Aus diesem Grund versuchten US-amerikanische Beamte, öffentlich eine neutrale Haltung gegenüber Libyen einzunehmen.

Nachdem die Situation in Libyen immer unhaltbarer wird, scheint die USA wieder bemüht, sich der LNA anzunähern. So gab es am 10. August in Kairo ein Treffen zwischen dem LNA-Oberkommandierenden Haftar und dem US-Botschafter in Libyen, Richard Norland.

LibyaReview schlussfolgert: „Da die Wahlgespräche im Sande verlaufen und die neue GNU-Regierung es nicht schafft, die Institutionen zu vereinen und die ausländischen Söldner aus Libyen zu vertreiben (die Türkei hat sich wiederholt geweigert, sie abzuziehen), scheint eine neue Krise vor der Tür zu stehen, die nicht nur die Annäherung zwischen den USA und der LNA, sondern auch den Zusammenhalt der NATO selbst auf die Probe stellen wird.“

[1] https://www.freitag.de/autoren/gela/kurznachrichten-aus-libyen-20-05.2020

https://libyareview.com/15843/did-the-united-states-really-bomb-the-libyan-national-army-in-al-watiya-base/

24.08.2021

 

 

Kurznachrichten Libyen – 22.08.2021

Libyen. Wasserversorgung nach Unterbrechung wieder gewährleistet / 5+5-Militärkommission fordert Abzug ausländischen Militärs / Libysche Moslembrüder Gefahr für Tunesien

Angelika Gutsche |

+ 17.08.: GreatManMadeRiver (GMMR)/Wasserversorgung. Nachdem sich die Rada-Miliz geweigert hatte, den schwer an Krebs erkrankten ehemaligen Geheimdienstchef Abdullah as-Senussi aus dem Gefängnis zu entlassen, erklärte der Magarha-Stamm, dass er Ölpipelines und den GGMR unterbrechen würde, sollte as-Senussi nicht innerhalb von 72 Stunden freigelassen werden.
Wie der offizielle Sprecher des GMMR, Salah as-Saadi erklärte, haben nun die libyschen Behörden selbst die Wasserversorgung in weiten Teilen des Landes seit Samstag für drei Millionen Menschen unterbrochen, angeblich aus Angst um Personal und Infrastruktur, nachdem der Stamm das wichtigste Versorgungszentrum des Landes gestürmt und die Freilassung von Abdullah as-Senussi gefordert hat. Es werde verhandelt.
https://www.libyaherald.com/2021/08/18/politically-motivated-armed-closure-cuts-mmr-water-supply/

+ 17.08.: GreatManMadeRiver (GMMR)/Wasserversorgung/UNSMIL. Die UNSMIL verurteilte die Schließung des GMMR, da dieser eine lebenswichtige Infrastruktur darstelle und der Zugang zu Wasser und die Wasserversorgung niemals politisiert werden dürften: "Die Mission fordert alle Akteure auf, im nationalen Interesse Libyens und aller Menschen in Libyen zu arbeiten, um sicherzustellen, dass die Wasserversorgung unverzüglich wieder aufgenommen wird und dass die Wasserinfrastruktur respektiert und geschützt wird".
https://libyareview.com/15703/lpdf-members-blamed-for-conflict-in-libya/

+ 22.08.: GreatManMadeRiver/UNSMIL. Die Wasserversorgung ist wieder hergestellt. Die UNSMIL würdigte die Bemühungen der 5+5-Militärkommission und des Magharha-Stammes, die zur Wiedereröffnung des GMMR geführt haben.
https://libyareview.com/15814/unsmil-welcomes-release-of-prisonersand-resumption-of-water-supply/
Nicht bekannt wurde, ob die Forderung des Magharha-Stammes bezüglich der Freilassung von as-Senussi erfüllt wurde.

+ 16.08.: 5+5-Militärkommission/Ausländische Militärkräfte. Die 5+5-Militärkommission (JMC) forderte, alle ausländischen Söldner und ausländischen Militärs aus Libyen abzuziehen sowie alle militärischen Abkommen und Memoranden, die mit anderen Ländern, einschließlich der Türkei, geschlossen worden waren, einzufrieren. Außerdem forderte sie das Libysche Politische Dialogforum (LPDF) auf, die verfassungsmäßige Grundlage zu akzeptieren, damit die Libyer ihr Recht auf Wahlen im Dezember wahrnehmen können. Und sie wiederholte ihre Forderung nach der Ernennung eines Verteidigungsministers.
Die Vorschläge der Kommission werden von vielen politischen Parteien in Libyen vorbehaltlos unterstützt. Allerdings lehnte der von der Moslembruderschaft beherrschte Hohe Staatsrat (HCS) die Forderung der 5+5-Militärkommission, alle internationalen Abkommen zur Sicherheitskooperation einzufrieren, scharf ab. Deren Vorsitzender Khalid al-Mishri drohte dem 5+5-Militärkommission sogar mit der Militärgerichtsbarkeit: Sie würden sich in die Politik einmischen und dafür stünden bis zu fünf Jahren Gefängnis.
https://libyareview.com/15678/libyas-high-council-of-state-rejects-demand-to-freeze-turkish-security-agreement/
https://almarsad.co/en/2021/08/17/libya-political-parties-declare-support-for-55-committees-call-to-freeze-foreign-military-agreements/
https://twitter.com/MLNA2021/status/1427752789195829258
Es kann davon ausgegangen werden, dass auch etliche militärische Führer im westlichen Libyen, die in der 5+5-Militärkommission vertreten sind, nicht von der Dominanz durch die türkische Besatzungsmacht begeistert sind.

+ 17.05. 5+5-Militärkommission/Ausländische Militärkräfte. Osama Dschuwaili, Befehlshaber der Milizen der ehemaligen 'Einheitsregierung', hat die Aufforderung der 5+5-Militärkommission, alle militärischen Abkommen mit ausländischen Mächten einzufrieren, strikt abgelehnt - obwohl dies auch nach dem Genfer Waffenstillstandsabkommen vorgesehen ist.
https://libyaupdate.com/juwaili-i-categorically-reject-55-jmc-request-to-freeze-military-agreements-with-turkey/

+ 19.08.: 5+5-Militärkommission/Ausländisches Militär. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte in einer gemeinsamen Konferenz mit der Außenministerin der GNU-Übergangsregierung, Najla al-Mangoush, die gerade zu Gesprächen in Moskau ist, dass Russland den Rückzug aller ausländischen Streitkräfte und des Militärpersonals aus dem gesamten libyschen Hoheitsgebiet, wie vom 5+5-Militärausschuss festgelegt, unterstützt. Er sagte, die Türkei scheine dagegen eine andere Lesart der Berlin-II-Ergebnisse zu haben.

+ 21.08.: 5+5-Militärkommission/Präsidialrat. Nachdem die 5+5-Militärkommission den Abzug aller ausländischen Streitkräfte, das Einfrieren aller mit ausländischen Mächten geschlossenen Vereinbarungen und die Entwaffnung aller Milizen bzw. ihre Integration in die Sicherheitsorgane gefordert hat, herrscht Frustration über das Schweigen von Mohamed al-Minfi zu diesen Fragen. Als Vorsitzender des Präsidialrats übt al-Minfi offiziell auch das Amt des „Oberbefehlshabers der libyschen Armee“ aus.
https://libyareview.com/15783/why-has-the-head-of-libyas-presidential-council-remained-silent-about-withdrawal-of-foreign-forces/

+ 21.08.: Abzug ausländischer Truppen/Agila Saleh. Parlamentspräsident Agila Saleh forderte erneut den Abzug ausländischer Truppen und rief die internationale Gemeinschaft auf, Maßnahmen gegen die Türkei zu verhängen, um den Abzug ihrer Truppen zu erzwingen. Es gebe keine Rechtfertigung für die Präsenz von türkischen Streitkräften in Libyen, da der mit der ehemaligen ‚Einheitsregierung‘ geschlossene Vertrag null und nichtig sei, da er vom Parlament nicht ratifiziert wurde.
Es sei unter der GNU-Regierung von Abdel-Hamid Dabaiba auch keine Vereinheitlichung der Institutionen des Landes erfolgt. Für die Dezemberwahlen sollte die Übergangsverfassung von 2011 gelten, die anschließend durch eine dauerhafte Verfassung geändert werden könne. Die Parlamentsresolution Nr. 5 von 2014, die in der Verfassungserklärung enthalten ist, besage, dass das libysche Volk das Staatsoberhaupt direkt wählt. Damit sei die Art und Weise, wie der Präsident gewählt wird, in der Übergangsverfassung festgelegt. Einzig das Parlament sei befugt, Gesetze zu erlassen. Saleh: „Das libysche Volk will Wahlen. Sie sind der einzige Weg aus der libyschen Krise“.
https://libyareview.com/15785/libyan-parliament-speaker-demands-withdrawal-of-all-foreign-forces/

+ 17.08.: Dezemberwahlen/Parlament. Das Parlament hat einen Entwurf für ein Wahlgesetz zur Direktwahl des zukünftigen libyschen Präsidenten gebilligt. Der Entwurf wurde zur endgültigen Ausarbeitung an den Gesetzgebungs- und Verfassungsausschuss überwiesen. Parlamentspräsident Agila Saleh bestätigte, dass jeder libysche Bürger der die Voraussetzungen erfüllt, das Recht hat, Politik zu machen, bei den Wahlen zu kandidieren und ein öffentliches Amt zu übernehmen.
Das Libysche Politische Abkommen von Skhirat des Jahres 2015 sah vor, dass der Hohe Staatsrat, der von den Moslembrüdern beherrscht wird, bei wichtigen Entscheidungen konsultiert werden muss. Dieses Abkommen wurde aber vom Parlament nie ratifiziert. Außerdem bedeutet 'konsultieren' nicht 'zustimmen'.
https://libyareview.com/15708/libyan-parliament-approves-presidential-election-law/

+ 22.08.: Parlament/Dabaiba. Das Parlament forderte den GNU-Premierminister Dabaiba auf, am Montag, den 30. August, vor dem libyschen Parlament zu erscheinen. Gründe: Dabaiba wird vorgeworfen, sich in die Arbeit der 5+5-Militärkommission einzumischen und deren Arbeit zu behinderen. Er gäbe auch große Summen für Dinge aus, die nicht dazu dienen, die Bedürfnisse der libyschen Bürger zu befriedigen, und gebe Erklärungen ab, die den Frieden in Libyen bedrohen.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1429457260938399746

+ 19.08.: Wählerregistrierung. Die Website für die Wählerregistrierung von Libyern im Ausland wurde aktiviert. Der dazugehörige Link: http://voteabroad.ly
Die im Ausland lebenden Libyer werden aufgefordert, sich einzutragen.
https://www.libyaherald.com/2021/08/19/voter-registration-website-for-libyans-abroad-activated-foreign-ministry-calls-on-them-to-participate-in-the-next-election/

+ 19.08.: Präsidialrat. Die Sprecherin des Präsidialrats Najwa Wahiba wiederholte die Forderung, endlich einen Verteidigungsminister zu ernennen, um die militärischen Institutionen zu vereinheitlichen.
https://libyareview.com/15755/libyas-presidential-council-calls-for-appointment-of-defence-minister/

+ 15.08.: Libyscher Botschafter für die EU. Der libysche Botschafter für die Europäischen Union Hafith Qudor hat nach zweijähriger Amtszeit seinen Rücktritt angekündigt. Als Grund nannte er die Politik der jetzigen libyschen Regierung, die versuche, die Dezemberwahlen zu vereiteln. Er kritisierte auch die "offensichtliche Verwirrung der Regierung bei der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten" und "ihr allen Libyern leidvoll bekanntes Versagen bei der Erreichung eines Mindestmaßes an nationaler Stabilität und Auskommen".
Qudor war 2019 von der ehemaligen 'Einheitsregierung' zum Botschafter bei der EU ernannt worden.
https://libyaupdate.com/libyan-ambassador-to-eu-resignes-over-gnu-policies/

+ 16.08.: Ölminister/National Oil Corporation. Der libysche Ölminister Mohamed Aoun hat den Premierminister Dabaiba gebeten, den Vorstand der National Oil Corporation (NOC) auszuwechseln und einen neuen Vorstand unter der Leitung von Taher al-Qatani einzusetzen. Gegenwärtig ist Mustafa Sanella Vorsitzender des NOC und seit Mai 2014 im Amt.
In einem Schreiben an den Premierminister erklärte Aoun, dass der derzeitige Verwaltungsrat des Unternehmens "unter Verletzung von Gesetzen und Vorschriften" gebildet worden sei. Er empfahl dem Premierminister, sich so schnell wie möglich mit dieser "wichtigen Angelegenheit" zu befassen.
https://libyareview.com/15675/libyan-oil-minister-requests-nocs-board-of-directors-be-changed/

+ National Oil Corporation/Dabaiba/Interview. Dababai hat es offengelassen, ob der Chef der NOC, Mustafa Sanella, ausgetauscht wird. Der Austausch werde aber nicht im Sinne seines Ölminister Aoun erfolgen. Wie Dabaiba erklärte, werde Libyen Ende des Jahres zwei Projekte zur Investition anbieten, eines auf einer Konferenz in Tripolis, ein zweites in Texas. Es gebe Angebote von der italienischen ENI zur Investition in verschiedenen Ölfeldern in Höhe von zehn Milliarden USD und es gebe Angebote von der französischen TOTAL im Umfang von mehr als zwei Milliarden USD.
Dabaiba versprach die Abhaltung der Dezemberwahlen, „auch wenn ausländische Einmischungen die Abstimmung behindern“. Letzteres scheint er auf Russland bezogen zu haben. Dabaiba fantasiert: „Eine Intervention wird angeblich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin geplant. Es heißt, er wolle die USA und Europa sowie die Türkei herausfordern, indem er den Sohn des Ex-Diktators, Saif al-Islam Gaddafi, der sich seit Jahren zurückgezogen hat, ins Amt bringt.“ [Das ist ja eine interessante neue Lesart, die dem westlichen Leser aufgetischt wird! Wenn Saif al-Islam Gaddafi an die Macht käme, dann wäre daran Putin schuld. Na klar! Wie aus Umfragen bekannt, würde sich eine große Mehrheit in Libyen Saif Gaddafi als libyschen Präsidenten wünschen. Das hat mit Putin nichts zu tun.]
Zur Kandidatur von Saif al-Gaddafi meinte Dabaiba: „Saif al-Islam ist ein libyscher Staatsbürger und der Sohn eines wichtigen libyschen Stammes, und ich habe keine Einwände gegen die Kandidatur eines Bürgers, der keine rechtlichen Probleme hat“. [Wohl wissend, dass Saif sehr wohl rechtliche Probleme hat, da gegen ihn immer noch ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, der 2011 aus rein politischen Gründen erlassen und seither nicht aufgehoben wurde].
https://www.bloomberg.com/news/articles/2021-08-20/libyan-leader-warns-foreign-meddling-poses-risk-to-landmark-vote
Die Frage, ob türkische Militärs das Land verlassen müssten, wurde Dabaiba wohlweislich nicht gestellt.

+ 22.08.: Terrorismus/LNA. Die LNA konnte in Zillah (Südlibyen) den Terroranschlag eines aus dem Sudan stammenden Selbstmordattentäters vereiteln. Er wurde festgenommen, nachdem er versuchte hatte, sich durch den Sprung aus dem Auto zu retten, und erlag später seinen schweren Verletzungen.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1429416560515485702

+ 16.08.: Mord/Tripolis. Drei Tage, nachdem er als vermisst gemeldet worden war, wurde die Leiche eines jungen Mannes mit Folterspuren im Kofferraum eines Autos aufgefunden.
https://libyareview.com/15688/body-found-in-vehicle-in-libyan-capital/

+ 16.08.: Entführung. Der GNU-Beamten Rida Fraitis wurde von seinen Entführern freigelassen. Fraitis war am 2. August in der libyschen Hauptstadt Tripolis entführt worden.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1427306105932324864

+ 19.08.: Verbrechen. Sicherheitskräfte in Libyen haben eine 13-köpfige Bande verhaftet, die in eine Reihe von Entführungs- und Raubüberfällen in Tripolis verwickelt ist.
https://libyareview.com/15749/libyan-police-arrest-kidnapping-gang-in-tripoli/

+ 17.08.: Migration. Die UN-Flüchtlingskommission gab bekannt, dass 120 Migranten im Mittelmeer aufgegriffen und zurück nach Libyen gebracht worden sind.
https://libyareview.com/15695/unhcr-120-illegal-migrants-rescued-off-libyan-coast/

+ 18.08.: Migration. Die libysche Küstenwache teilte mit, sie habe 172 afrikanische Migranten zurück nach Libyen gebracht, die in zwei Schlauchbooten auf dem Weg nach Europa waren.
https://libyareview.com/15725/libyan-coast-guard-rescues-172-europe-bound-migrants/

+ 16.08.: Ausgangssperre. Die GNU-Regierung hat die Ausgangssperre im westlichen Libyen aufgehoben, da sich die Covid-19-Situation im Land stabilisiert habe.
https://www.libyaherald.com/2021/08/16/libya-ends-partial-lockdown-due-to-stabilizing-coronavirus-situation/
Oder weil Dabaiba ohne jegliche Corona-Regeln am 14.08. Parties mit großem, jugendlichen Publikum in Leptis Magna gefeiert hat?

+ 18.08.: Tunesien/Grenzschließung. Die GNU-Übergangsregierung hat angekündigt, dass sie ihre Landgrenzen zu Tunesien wieder öffnen und die Flüge wieder aufnehmen wird.
https://www.libyaherald.com/2021/08/18/libya-to-reopen-land-borders-and-resume-flights-with-tunisia-as-of-tomorrow/
Angeblich fand dies wegen gestiegener Covid-19-Zahlen statt. Tatsächlich dürfte die GNU-Regierung Angst gehabt haben, dass die Proteste gegen die Regierung der Moslembruderschaft von Tunesien auf Libyen übergreifen. Wie Covid-19-Maßnahmen politisch instrumentalisiert werden - ein Lehrbeispiel.

+ 21.08.: Tunesien/Grenzschließung. Die tunesische Seite hält die Grenzen zu Libyen weiterhin geschlossen.
https://libyareview.com/15791/libyan-foreign-minister-discusses-tunisias-inability-to-open-border-crossings/

+ 22.08.: Tunesien/Moslembrüder/Terrorismus. Es gibt Berichte, die sich auf das tunesische Interpol-Büro berufen, dass sich 100 Terroristen auf dem libyschen Luftwaffenstützpunkt al-Watiya aufhalten, die beabsichtigen, nach Tunesien einzureisen, um Sabotageakte auszuführen. Entlang der tunesisch-libyschen Grenze herrsche Nervosität. Al-Watiya wird von der Türkei kontrolliert und liegt nur 27 Kilometer östlich der Grenze zu Tunesien. Es soll Koordinierungsbemühungen zwischen den Moslembrüdern in Libyen (Oberster Staatsrat, Khaled al-Mishri) und denen in Tunesien (Ennahda-Bewegung, Rashid Ghannouchi), geben, nachdem der tunesische Präsident Kais Saied die Ennahda-Partei entmachtete. Es heißt, al-Mishri habe ein Treffen mit tunesischen IS- und al-Kaida-Mitgliedern geleitet, die die Ennahda-Bewegung in Tunesien logistisch und militärisch unterstützen wollen.
Mitglieder dreier Milizenlager, die sich in 218 Kilometer Entfernung zur tunesischen Grenze befinden, seien mobilisiert und in Richtung tunesischer Grenze in Bewegung gesetzt worden.
https://libyareview.com/15822/document-reveals-100-exremists-plan-to-enter-tunisia-via-military-camp-run-by-turkey-in-libya/

+ 18.08.: Medien/al-Lafi. GNU-Premierminister Dabaiba hat die Befugnisse von Walid al-Lafi, in verschiedenen Bereichen erweitert. Al-Lafi ist hoch umstrittener Staatsminister für Kommunikation und politische Angelegenheiten, steht der Moslembruderschaft nahe und betreibt auch eigene Medienkanäle. Al-Lafi wird vorgeworfen, seine Position missbraucht zu haben, um seinen privaten Unternehmen staatliche Medienangebote zu unterbreiten und seine islamistischen Interessen zu vertreten.
Außerdem entzog Dabaiba der Abteilung für externe Medien des Außenministeriums ihre Befugnisse und übertrug sie al-Lafi, nachdem es zu einem Streit zwischen al-Lafi und dem Leiter der Abteilung gekommen war, nachdem dieser Lafi mit Strafverfolgung gedroht hatte.
https://almarsad.co/en/2021/08/18/dbaiba-expands-powers-of-walid-al-lafi-after-conflict-with-foreign-ministrys-head-of-external-media/

+ 19.08.: Wasserversorgung. Das Amt für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen in Libyen (UNOCHA) erklärte, dass die jüngsten Hitzewellen in Libyen, akute Stromausfälle, die rasche Ausbreitung von COVID-19 und die anhaltenden Schäden am Wassersystem eine akute Bedrohung für das Leben der Menschen darstellen. Die Zeit zum Handeln werde knapp. Der Klimawandel und die extremen Wetterereignisse in Libyen seien besorgniserregend. So sei der Wadi-Kaam-Damm, der einst rund 33 Millionen Kubikmeter Wasser fasste, vollständig ausgetrocknet, was sich auf die Bewässerungsmöglichkeiten in den landwirtschaftlichen Betrieben auswirkt.
https://libyareview.com/15761/un-voices-alarm-as-water-security-in-libya-is-threatened/

+ 20.08.: Versorgungslage. Die Nationale Kommission für Menschenrechte in Libyen (NCHRL) erklärte, dass mehr als eine halbe Million Menschen in den Städten Tripolis, Sirte, Bengasi, al-Dschabal al-Gharbi, Tarhuna, Ghat und Mardsch dringend auf humanitäre und medizinische Soforthilfe angewiesen sind. Die Zahl der von bewaffneten Konflikten und humanitären Krisen betroffenen Menschen habe in Libyen seit 2011 ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Es seien mehr als zwei Millionen Menschen auf humanitäre Sofort- und Nothilfe angewiesen. Seit 2011 seien schätzungsweise 2,4 Millionen Menschen - etwa 40 % der Bevölkerung von der instabilen Lage betroffen gewesen und mehr als 484.000 Menschen vertrieben worden. Etwa die Hälfte konnte wieder in ihre Häuser zurückkehren. Die öffentliche Infrastruktur habe erhebliche Schäden erlitten und die Wirtschaft des Landes sei zusammengebrochen. Auch die medizinischen Einrichtungen seien nur noch teilweise einsatzfähig oder ganz geschlossen. Hunderttausende von Zivilisten verfügten über keinen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie medizinische Notfallversorgung. Es fehle an sauberem Trinkwasser, Wohnungen und Nahrungsmitteln.
https://libyareview.com/15769/two-million-libyans-in-need-of-urgent-humanitarian-aid/

+ 20.08.: Grenzsicherung. Die EU-Mission zur Unterstützung des Grenzschutzes in Libyen (EUBAM) berichtete gestern, dass ihr stellvertretender Missionsleiter die neu renovierte Ausbildungseinrichtung des libyschen Grenzschutzes besuchte. Der Standort der Einrichtung wurde nicht bekannt gegeben.
https://www.libyaherald.com/2021/08/20/eubam-visits-newly-refurbished-libyan-border-guard-training-facility/
Ach wie schön, dass auch hier der Westen ausbildet! Afghanistan lässt grüßen!

+ 20.08.: LNA/Gefangene. Die LNA lässt 17 Gefangene frei, die 2019 in der Schlacht um Tripolis in Gefangenschaft gerieten.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1429073060959817730

TUNESIEN

20.08.: Das tunesische Handelsministerium will das mit der Türkei geschlossene Handelsabkommen neu verhandeln, denn das Handelsdefizit des nordafrikanischen Landes mit der Türkei belief sich auf 900 Millionen USD und war damit das drittgrößte Handelsdefizit (nach China und Italien). Das tunesische Handelsdefizit ist eines der Hauptprobleme Tunesiens, das mit einer noch nie dagewesenen Wirtschaftskrise zu kämpfen hat.
https://www.reuters.com/world/middle-east/tunisia-seeks-urgent-review-trade-agreement-with-turkey-2021-08-20/?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter

+ 22.08.: Die Neuverhandlung dieses Abkommens scheint in Zusammenhang zu stehen mit der Rede des tunesischen Präsidenten Kais Saieds, in der er bekanntgab, dass nur Stunden vorher versucht worden sei, ein Attentat auf ihn auszuüben.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1429214364972761094

AFGHANISTAN

+ 19.08.: RT schreibt: „Wo der Westen, wo Deutschland interveniert, entstehen weder Demokratie noch Wohlstand. Eine westliche Intervention bedeutet Verelendung und Niedergang. Das westliche Modell ist daher von einer derartig geringen Attraktivität, dass es 75.000 schlecht ausgerüstete Kämpfer schaffen, eine "Übermacht" von 300.000 Mann der einheimischen Armee zu vertreiben – einfach weil erstere dafür den notwendigen Rückhalt haben. Das westliche Modell aber hat jede Überzeugungskraft verloren.“
„Auch vor Libyen sind deutsche Soldaten eingesetzt. Nach der Destabilisierung des Landes und schließlich der Ermordung des Staatsoberhauptes Muammar al Gaddafi zerfiel Libyen, staatliche Strukturen lösten sich auf, die Gesellschaft versank im Chaos. Die Bundeswehr soll dort das Waffenembargo überwachen, scheitert dabei aber am NATO-Partner Türkei. Die Türkei verfolgt dort eigene Interessen und ist neben Russland längst zum wichtigen Player aufgestiegen. Russland und Türkei suchen nach einer diplomatischen und politischen Lösung für das Land, bei der sie auch die regionalen Machthaber beteiligen. Die in Deutschland unter dem großspurigen Titel >Berliner Prozess< abgehaltenen zwei Libyen-Konferenzen waren beide ein Flop. Deutschland hat in der Region keine Stimme und nichts zu sagen.“
https://de.rt.com/meinung/122651-verlorene-kriege-deutschland-und-westliche-allianz/

17.08. Pepe Escobar schreibt: „Das Saigon-Moment kam schneller, als jeder westliche Geheimdienst-„Experte“ erwartet hatte. Dies ist ein Fall für die Annalen: vier hektische Tage, die den erstaunlichsten Guerilla-Blitzkrieg der jüngsten Zeit beendeten. Nach afghanischer Art: viel Überzeugungsarbeit, viele Stammesabsprachen, null Panzerkolonnen, minimales Blutvergießen. [...] Am Ende gab es keine Schlacht um Kabul. Tausende von Taliban befanden sich bereits innerhalb Kabuls – wieder einmal das klassische Schläferzellen-Drehbuch. Der Großteil ihrer Streitkräfte blieb in den Außenbezirken. In einer offiziellen Erklärung der Taliban wurde ihnen befohlen, nicht in die Stadt einzudringen, die kampflos eingenommen werden sollte, um zivile Opfer zu vermeiden. [...] Dies führte dazu, dass die USA und die NATO die Taliban buchstäblich anbettelten, dass sie alles, was sich in Reichweite von Kabul befindet, evakuieren durften – auf dem Luftweg, in aller Eile, ausgeliefert der Gnade der Taliban. Eine geopolitische Entwicklung, die einem die Sprache verschlägt. [...] Geopolitisch gesehen geht es jetzt darum, dass die Taliban ein ganz neues Skript geschrieben haben, das den Ländern des Islam wie auch dem globalen Süden vorführt, wie man das rein selbst-referenzielle, scheinbar unbesiegbare US/NATO-Imperium bezwingen kann. [...] Bei den Taliban geht es vor allem um den Umgang mit Stammesältesten und ausgedehnten Familienbeziehungen – und um einen bäuerlichen Guerilla-Ansatz, analog zu den Kommunisten in Vietnam. Sie haben jahrelang auf den richtigen Zeitpunkt hingearbeitet und nur Verbindungen aufgebaut – und diese Schläferzellen! [...] Nach Vietnam ist dies der zweite Protagonist des Globalen Südens, der der ganzen Welt zeigt, wie ein Imperium durch eine Bauern-Guerilla-Armee besiegt werden kann. [...] Jeder ernsthafte Analytiker weiß, dass der „vorrangige“ geopolitische Zweck der Bombardierung und Besetzung Afghanistans vor fast 20 Jahren darin bestand, ein zentrales Imperium von Stützpunkten im strategischen Knotenpunkt von Zentral- und Südasien zu errichten, das später mit der Besetzung des Irak in Südwestasien verknüpft werden sollte. [...] Doch jeder amerikanische Handlungsstrang braucht einen Sündenbock. Die NATO wurde soeben auf dem Friedhof der Imperien von einem Haufen Ziegenhirten kosmisch gedemütigt – und nicht etwa durch Begegnungen mit Herrn Khinzal! Was bleibt jetzt noch? Propaganda. Lernen Sie also den neuen Sündenbock kennen: die neue Achse des Bösen! Diese Achse heißt Taliban-Pakistan-China. Das neue große Spiel in Eurasien wurde gerade eben frisch geladen!“
https://elynitthria.net/pepe-escobars-zwischenergebnis/
Aghanistan den Afghanen, und es ansonsten mit dem Alten Fritz halten: Jeder soll nach seiner Facon selig werden. Wenn sich der Westen die Befreiung der Frauen auf seine Fahnen schreibt, wird die Frauenfrage zur Tarnung für ihre Kriegslüsternheit. In Libyen hat die Nato 2011 die Frauenrechte weggebombt und versucht, die Macht radikalen Islamisten zuzuschanzen.


MALI

+ 18.08.: Tagesschau.de: „Trotz der Allmacht des Militärs und der massiven Präsenz ausländischer Truppen in Mali mit der UN-Stabilisierungsmission MINUSMA und der EU-Ausbildungsmission EUTM verschlechtert sich die Sicherheitslage weiter.“
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/mali-putsch-109.html

Karikaturen zu Libyen: http://en.alwasat.ly/news/caricature/325002

22.08.2021

 

Mittwoch, 18. August 2021

 

LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".

Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.
Nun wird gegen Venezuela in der gleichen Strategie verfahren wie einst 2011 gegen Libyen.
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Sambia: Liberaler Oppositionsführer gewinnt Präsidentschaftswahl

17.8.2021. Sechsmal trat Hakainde Hichilema von der liberalen Vereinigten Partei für Nationale Entwicklung (UPND) als Kandidat zur Präsidentschaftswahl bereits an, doch nun ist es im geglückt: Mit 59,38% der Stimmen siegte er über den Amtsinhaber Edgar Lungu von der linksnationalen Patriotischen Front (PF), der 38,33% der Stimmen erhielt – wohl die Quittung dafür, daß er es mit seinen autoritären Attitüden zum Schluß doch etwas übertrieben hatte. Von den 14 übrigen Präsidentschaftskandidaten erhielt keiner mehr als 0,53%, darunter auch der Geistliche Trevor Mwamba, der die tradiotionsreiche Vereinigte Nationale Unabhängigkeitspartei (UNIP) des kürzlich mit 97 Jahren verstorbenen Staatsgründers Kenneth Kaunda mit erbärmlichen 0,06% in eine Niederlage führte.


Tschad: Übergangspräsident ruft Rebellen zu nationalem Dialog auf

17.8.2021. Mahamat Déby, Vorsitzender des 15-köpfigen Militärischen Übergangsrates (CMT), welcher das Land 1,5 Jahre lang regieren will, hat die bewaffneten Rebellen der Front für den Wandel und die Eintracht im Tschad (FACT) zum Dialog aufgerufen und zur Zusammenarbeit bei der Wiederherstellung der nationalen Einheit. Déby war im April diesen Jahres an die Macht gekommen, als sein Vater, der seit 1990 herrschende Präsident Idriss Déby, bei Kämpfen mit den FACT-Rebellen getötet wurde und das Militär anschließend die Macht übernahm und Regierung und Parlament absetzte.

 

Libyen: Ghaddafi jr. will Präsident werden

14.8.2021. Nachdem er sich lange zurückgehalten hat, hat nun Saif al-Islam Ghaddafi, der zweitgeborene Sohn des 2011 ermordeten libyschen Staatsoberhauptes Muammar al.Ghaddafi, seine Bereitschaft erklärt, für das Amt des Staatspräsidenten zu kandidieren, nachdem mehrere Stämme ihre Bereitschaft zur Unterstützung Ghaddafis erklärt hatten. Da sein Sieg nicht unwahrscheinlich scheint, ist anzunehmen, daß die herrschenden Seilschaften aus Muslimbrüdern und islamistischen Milizen, die sich eng an die Türkei anlehnen, versuchen werden, die Wahlen zu hintertreiben, zumal Ghaddafi jr. eine weltliche Politik der nationalen Souveränität verfolgen will.

 

Deutscher Oppositionspolitiker in Polizeigewahrsam verstorben

14.8.2021. Ein 49-Jähriger, der mit zahlreichen anderen Demonstranten auf der „Querdenker“-Demonstration verhaftet wurde, ist auf der Polizeiwache „kollabiert“ und anschließend verstorben. Der Tote, der Kreisvorsitzender der neugegründeten Basisdemokratischen Partei (dieBasis) war, war in den Medien kaum eine Randnotitz wert, wäre aber sicher eine Titelstory geworden, wenn es sich um einen weißrussischen Oppositionellen gehandelt hätte.

 

 

Sierra Leone: Ex-Militärdiktator schafft die Todesstrafe ab

14.8.2021. Der seit 2018 amtierende Staatspräsident Julius Maada Bio, der bereits 1996 einige Monate als Militärdiktator das Land geführt hatte, hat – seinem Wahlversprechen folgend – in Sierra Leone die Todesstrafe abgeschafft. Bio war vor drei Jahren demokratisch gewählt worden und trat für die konservative  Volkspartei von Sierra Leone (SLPP), eine der beiden großen Parteien des Landes, an.

 

Madagaskar: Attentat auf Präsidenten verhindert!

3.8.2021. In Madagaskar sind mehrere Personen festgenommen worden, welche geplant hatten, den Staatspräsidenten Andry Rajoelina (2009-14 und sei 2019) und andere Teile der Staatselite, wie z.B. den Staatssekretär für dir Gendarmerie, zu ermorden. Unter den verhafteten Verdächtigen ist ein pensionierter Oberst, der ein französisches Militärregiment im Tschad führte und ein Franko-Madegasse, ehemaliger Gendarm, der später Ausbilder eines Fallschirmkommandos wurde und wohl in der ersten Regierungsphase Rajoelinas sein Berater war.

Dienstag, 3. August 2021

Interview mit Saif al-Gaddafi in der NYT

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Libyen/Gaddafi. Saif al-Islam: Nach 10 Jahren erstes Interview und Fotos des älter gewordenen und traditionell gekleideten Sohnes von Muammar al-Gaddafi.

Die NewYorkTimes titelt am 30. Juni2021: „Gaddafis Sohn lebt. Und er möchte Libyen zurückgewinnen.“ In dem Interview, das wohl schon im Mai dieses Jahres in Zinten (gut 130 Kilometer südwestlich von Tripolis) stattfand, spricht Saif al-Islam über seine Zeit in Gefangenschaft und die Möglichkeit seiner Kandidatur bei den libyschen Präsidentschaftswahlen im Dezember.

Saif sagte, er sei ein freier Mann. Diejenigen, die ihn vor zehn Jahren gefangengenommen hatten und seine Bewacher waren, seien jetzt seine Freunde. Er bereite sein politisches Comeback vor.

Der Journalist Robert F. Worth schreibt in dem NYT-Artikel: „Saif hat seine Abwesenheit vom öffentlichen Leben genutzt, um die politischen Strömungen im Nahen Osten zu beobachten und im Stillen die politische Kraft seines Vaters, die Grüne Bewegung, zu reorganisieren. Er hält sich bedeckt, ob er für das Präsidentenamt kandidiert, aber er glaubt, dass seine Bewegung die verlorene Einheit des Landes wiederherstellen kann. […] Sein Wahlkampfslogan ist der, der in vielen Ländern funktioniert hat, auch in unserem Land: Die Politiker haben euch nichts als Elend gebracht. Es ist Zeit für eine Rückkehr zur Vergangenheit. >Sie haben das Land vergewaltigt – es liegt in den Knien<, sagte er mir. >Es gibt kein Geld, keine Sicherheit. Hier gibt es kein Leben. Gehen Sie zur Tankstelle – es gibt keinen Diesel. Wir exportieren Öl und Gas nach Italien – wir versorgen halb Italien mit Strom – und wir haben hier Stromausfälle. Das ist mehr als ein Versagen. Es ist ein Fiasko<. Zehn Jahre nach der Euphorie ihrer Revolution würden die meisten Libyer wahrscheinlich Seifs Einschätzung zustimmen.“

Worth weist darauf hin, dass viele Libyer – wohl zu Recht – befürchten, dass der momentane Waffenstillstand nicht von Dauer sein wird und dass Saifs politische Ambitionen ernst zu nehmen sind. Saifs Unterstützer waren zuletzt bei den Gesprächen über die GNU-Übergangsregierung dabei und es dürfte schwierig werden, Saif von den Wahlen auszuschließen. Außerdem zeigten Meinungsumfragen in Libyen, dass sehr viele Libyer – bis zu 57 Prozent – Saif Vertrauen entegegen bringen. „Ein eher traditioneller Beweis für Saifs politische Überlebensfähigkeit wurde vor zwei Jahren erbracht, als ein Rivale 30 Millionen Dollar für seine Ermordung gezahlt haben soll. (Es war nicht der erste Mordanschlag auf ihn.)“

Die große Popularität Saifs muss Worth bestätigen: „Ich war erst ein paar Tage in Libyen, als ich auf einer Autobahnraststätte eine Rede von Oberst Muammar al-Gaddafi aus den 1980er Jahren sah, die vom Fernsehsender der Grünen Bewegung in Kairo ausgestrahlt wurde. Eines Abends, bei einem Iftar-Essen im Ramadan in Tripolis, fragte ich vier Libyer Anfang 20, wen sie zum Präsidenten wählen würden. Drei nannten Saif al-Islam. Eine libysche Anwältin erzählte mir, dass ihre eigenen informellen Versuche, die öffentliche Meinung zu ermitteln, darauf hindeuten, dass acht oder neun von zehn Libyern für Saif stimmen würden.“ Von vielen Libyern werde Saif als der „sauberste“ Kandidat angesehen und seine Rückkehr würde die Möglichkeit eröffnen, das Ende des letzten „verlorenen Jahrzehnts“ einzuläuten.

Wie der Artikel ausführt, war Saif zu Dschamahirija-Zeiten für Libyen häufig in diplomatischer Mission tätig, machte seinen Doktor an der London School of Economics, holte 2005 Human Rights Watch ins Land, damit sie ein angebliches Gefängnismassaker begutachten konnten, setzte sich für die Freilassung politischer Gefangener ein und „rief öffentlich zu Gefängnisreformen und einem konstitutionellen Regierungssystem auf“.

2011 habe Saif davor gewarnt, dass Libyen aufgrund seiner Stammesstrukturen leicht auseinanderbrechen könne. Er habe einen Bürgerkrieg, zerfallende Grenzen, Massenmigration und einen Zufluchtsort für terroristische Gruppen prophezeit. Worth gibt Saif in seiner Einschätzung Recht, dass die Verantwortung für die Zerstörung Libyens letztlich bei der Regierung von Präsident Barack Obama liegt.

Saif schildert Worth die Vorgänge des Jahres 2011 als „eine surreale Aufeinanderfolge von Krisen. Anfangs besuchte er seinen Vater fast jeden Tag in einem Zelt auf dem Gelände seines weitläufigen, von hohen Mauern umgebenen Geländes, das als Bab al-Aziziya bekannt ist. Gelegentlich traf er sich mit Mitgliedern des internationalen Pressekorps, die sich in einem Hotel in Tripolis verschanzt hatten. Saif sagt, er habe auch Anrufe von ausländischen Staatsoberhäuptern entgegengenommen, die in ihm wahrscheinlich eine Verbindung zu seinem Vater sahen. Ein häufiger Anrufer, so erzählte er mir, war der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. >Zuerst war er für uns und gegen die westliche Intervention<, sagte Saif. >Dann begann er, mich davon zu überzeugen, das Land zu verlassen<.“ Saif habe die Ansicht vertreten, dass der Krieg von 2011 aus dem Zusammentreffen lange schwelender interner Spannungen und opportunistischer ausländischer Akteure, darunter Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, entstanden sei. >Es waren viele Dinge, die gleichzeitig passierten<, sagte Saif, >ein perfekter Sturm<“.

Saif schildert auch seine Zeit in Gefangenschaft in Zinten. Er habe völlig allein in einem in die Wüstenerde gehauenen Kellerraum unter einem Haus in Zintan gelebt. Er wusste, dass er jederzeit sterben konnte, und sei religiöser geworden. Anfang 2014 bekam er Besuch von zwei Mitgliedern der Zintan-Brigade. Sie seien verbittert gewesen und verfluchten die Revolution, die sie nun als falsch einschätzten: Saif und sein Vater hätten die ganze Zeit Recht gehabt.

Nein, Saif distanziert sich in diesem Interview nicht von seinem Vater. Erstaunlich kann das nur der Interviewer finden. Saif sagte, es seien vielleicht „einige der sozialistischen Maßnahmen der 1980er Jahre zu weit gegangen, aber sein Vater habe dies erkannt und sie geändert.“ Und auch das Grüne Buch Gaddafis verteidigt Saif: „Es ging um Dinge, die heute jeder anerkennt.“ Alle möglichen Ideen, die im Westen populär geworden sind – öffentliche Volksabstimmungen, Pläne zur Mitarbeiterbeteiligung, die Gefahren des Boxens und Ringens – hatten ihren Ursprung in der Weisheit des Grünen Buches“.

Worths Artikel endet mit Saifs Worten: „Wir sind wie Fische, und das libysche Volk ist wie ein Meer für uns. Ohne es sterben wir. Von dort bekommen wir Unterstützung. Wir verstecken uns hier. Wir kämpfen hier. Von dort bekommen wir Unterstützung. Das libysche Volk ist unser Meer.“

Saif al-Islam Gaddafi stößt insgesamt bei seinem Interviewer auf wenig Verständnis. Denn obwohl Robert F. Worth viele Jahre in Libyen und in den arabischen Ländern verbracht hat, bleibt sein Blick auf diese Staaten ein westlicher. Es scheint ihm nicht möglich zu erkennen, was Muammar al-Gaddafi für die libyschen Menschen geleistet hat, welchen Reichtum und welchen Stolz er ihnen ermöglichte, aus welch bitterer Armut und Unwissenheit er sie holte. Wie heißt ein Sprichwort: „Man kann nur verstehen, was man liebt“. Eindeutig, Worth liebt Libyen nicht.

Man fragt sich, warum Worth dem Interview, das nicht wirklich ein Interview, sondern die äußerst subjektive Schilderung eines Eindrucks ist, Porträts des Moslembruders Fathi Bashagha und des Bangsters al-Kebir anschließt. In welches Licht soll Saif al-Islam Gaddafi damit gerückt werden? 

Seit 2011 hat der Westen ein arabisches Land nach dem anderen zerstört und deren Bewohner in die Hoffnungslosigkeit gebombt. Libyen war eines davon – mit vielen zehntausenden Kriegstoten.

https://www.nytimes.com/2021/07/30/magazine/qaddafi-libya.html

 

 

 

Kurznachrichten Libyen – 30.07.2021

Libyen. Angriffe auf das Wassersystem / Ausgangssperren im westlichen Libyen / Milizenkämpfe / Mohamed al-Kani getötet

Angelika Gutsche |

+ 30.07.: GreatManMadeRiver/Terrorangriff. Am Donnerstag gab die für das Great Man-Made-River-Project (GMMR) zuständige Behörde bekannt, dass mehrere Angreifer die Wasseranlage Nr. 353 am Standort al-Hasawna-al-Jaffara im Osten des Landes mit Minen gesprengt haben. Die Anlage wurde vollständig zerstört. Betroffen sind die Städte Bani Walid, Misrata, Khoms und Zliten sowie alle Städte, die über die Ostroute versorgt werden.
Angriffe wie dieser gefährdeten das gesamte System. Etliche Städte und landwirtschaftliche Projekte könnten von der Unterbrechung der Wasserversorgung betroffen sein.
Mittlerweile sind in Libyen mehr als 4 Millionen Menschen, darunter 1,5 Millionen Kinder, von drohender Wasserknappheit bedroht.
Es mangelt auch an Wartung und an Ersatzteilen.
https://www.libyaherald.com/2021/07/30/saboteurs-blow-up-man-made-river-station-353-cutting-water-supply-to-four-main-cities/

+ 26.07.: Ausgangssperre. Die libysche Regierung kündigte gestern eine teilweise Ausgangssperre von 18 bis 6 Uhr an, überließ es aber dem Gesundheitsministerium, die Städte zu benennen, in denen sie verhängt werden soll.
https://www.libyaherald.com/2021/07/26/libyan-government-announces-partial-curfew-from-6pm-to-6am-in-hotspots-and-continues-vaccination-drive-due-to-increased-rate-of-coronavirus-infections/

+ 27.07.: Ausgangssperre. Die zweiwöchige Ausgangssperre betrifft die Gemeinden der Zentralregion, des Großraums Tripolis, der Westküste und des westlichen Gebirges. Soweit nicht anders verlautet, wird die Ausgangssperre nach zwei Wochen verlängert.
https://www.libyaherald.com/2021/07/27/two-week-partial-curfew-confirmed-ld-500-million-allocated-to-fight-coronavirus/
Geht es hier wirklich um Covid-19 oder hat die Ausgangssperre doch mehr mit den Vorgängen und der Entmachtung der Moslembruderschaft in Tunesien zu tun? Wird ein Übergreifen der Proteste gegen die Herrschaft der Moslembrüder befürchtet?

+ 26.07.: Moslembruderschaft. Viele Beobachter gehen davon aus, dass aufgrund der Unzufriedenheit mit der politischen Situation in Libyen und der Absetzung der Moslembruderschaft als politische Kraft in Tunesien, hervorgerufen auch durch Massenproteste, sich bald ein ähnliches Szenario in Libyen abspielen könnte. Libyen ist nach dem Fall der Moslembruderschaft in Ägypten und Tunesien das letzte verbleibende Land, das von der Moslembruderschaft kontrolliert wird. In Libyen herrscht große Kritik an der Muslimbruderschaft aufgrund ihrer Allianz mit Milizen, ausländischen Militärkräften und Söldnern sowie ihre Verwicklung in viele Korruptionsfälle und ihre Nähe zu terroristischen Gruppen. Beobachter gehen davon aus, dass diese Entwicklungen einen erheblichen negativen Einfluss auf die Partei für Gerechtigkeit und Aufbau der MB in Libyen haben und die Organisation in der gesamten Region beeinträchtigen werden.
https://libyareview.com/15205/how-will-recent-events-in-tunisia-affect-libyas-muslim-brotherhood/

+ 27.07.: Gefängnisausbruch. In Bani Walid erfolgte ein Angriff auf ein Gefängnis. Alle Insassen wurden befreit und ein Fahrzeug gestohlen.
https://libyareview.com/15249/inmates-escape-during-prison-attack-in-libyas-bani-walid/

+ 30.07.: Milizenkämpfe. In der Region al-Maya westlich von Tripolis kam es zu Zusammenstößen zwischen einer Miliz aus az-Zawiya und einer anderen Miliz aus Wershefana. Nach Angaben von Augenzeugen wurden bei den Kämpfen mittlere und schwere Waffen eingesetzt. Fotos zeigen dicke Rauchschwaden, die aus den Wohnvierteln der betroffenen Gegend aufsteigen.
Der Rote Halbmond versuchte, die Wohngebiete zu sichern und die Menschen zu evakuieren.
Die Anlagen zur Stromerzeugung wurden zerstört.
https://libyareview.com/15292/deadly-clashes-erupt-in-western-libya-2/
Die Milizenkämpfe sind für die GNU-Übergangsregierung mehr als peinlich.

+ 28.07.: Entführung. Mehrere Mitglieder des Gemeinderats von Ain Zara wurden von der Miliz Tripoli Revolutionaries Brigade unter der Führung von Ayoub Aburas entführt. Die Miliz habe das Hauptquartier der Gemeinde gestürmt und die Ratsmitglieder mit Gewalt verschleppt.
Von den staatlichen Behörden wurden keine offiziellen Erklärungen zu dem Vorfall abgegeben, der nicht der erste seiner Art ist.
https://libyareview.com/15243/members-of-ain-zara-municipal-council-kidnapped/

+ 28.07.: Gewalt. Laut der GNU-Regierung habe eine Sicherheitspatrouille nahe der Stadt Sabrata ein Auto mit drei betrunkenen Insassen angehalten. Als die Männer ihr Auto verlassen und mitgeführte Waffen übergeben sollten, habe einer der Männer eine Handgranate auf die Patrouille geworfen. Der Mann wurde getötet, seine Begleiter und fünf Mitglieder der Patrouille wurden verletzt.
https://libyareview.com/15246/man-killed-after-throwing-grenade-at-security-patrol-in-sibrata/

+ 27.06.: Kani-Miliz. Mohamed al-Kani, der Anführer der Kaniyat-Miliz, wurde getötet als die LNA sein Haus in Bengasi erstürmte, um ihn zu verhaften. Al-Kani, der aus Tarhuna stammt, war gerade von einem Auslandsaufenthalt nach Libyen zurückgekehrt. Nach Darstellung der LNA schossen al-Kani und seine Begleiter auf die LNA-Soldaten, bevor sie selbst getroffen wurden. Neben al-Kani starb auch sein Leibwächter. Seine Verhaftung sollte aufgrund eines Haftbefehls des Militärstaatsanwalts, zusätzlich zu den von der Staatsanwaltschaft ausgestellten Haftbefehlen und Ermittlungen in Bezug auf die Tarhuna begangenen Verbrechen durchgeführt werden.
Die Kaniyat-Miliz, die auch als 7. Brigade bekannt ist, war bis 2019 mit der in Tripolis ansässigen ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch verbunden, schloss sich aber nach der LNA-Offensive auf Tripolis der LNA an und wurde zur 9. Brigade. Nachdem die LNA sich 2020 aus Tarhuna zurückgezogen hatte, wurden in der Stadt etliche Massengräber entdeckt, die auf Morde der Kaniyat-Miliz zurückgingen. Dazu heißt es: „Die schwersten Verstöße waren jedoch während der Zeit seines [al-Kanis] Bündnisses mit Fathi Bashagha und Salah Badi im Krieg 2018 und vorher in Zusammenarbeit mit dem Nationalkongress und der Heilsregierung sowie anschließend, als sich seine Gruppe der von Fayez as-Sarradsch gebildeten Präsidentengarde anschloss. Außerdem war er an einem Massaker beteiligt, als sich 2017 Kämpfer der Volksfront aus Wershefana zurückzogen: mehr als dreißig Personen wurden erschossen.“ Weitere Personen aus Tarhuna sollen verhaftet worden sein.
https://almarsad.co/en/2021/07/27/exclusive-mohamed-al-kani-dies-during-an-lna-operation-to-arrest-him/
Siehe auch: https://www.freitag.de/autoren/gela/die-massengraeber-von-tarhuna

+ 27.07.: Aguila Saleh/GNU. Parlamentspräsident Aguila Saleh sagte, Libyen stehe wieder wie 2011 am Anfang, sollten die Dezemberwahlen verschoben werden. Er warnte, dass im Osten eine GNU-Parallelregierung entstehen könnte. Saleh macht die GNU-Übergangsregierung für das Scheitern der Vereinheitlichung der libyschen Institutionen verantwortlich und forderte sie auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Der Präsident bleibe derjenige, der über ausländische Truppen und Söldner im Land entscheide. Aufgrund der Einmischung von außen gebe es Schwierigkeiten bei der Vereinheitlichung der Armee.
https://twitter.com/smmlibya/status/1420048662529511426

+ 30.07.: Küstenstraße. Das 5+5-Militärkomitee kündigte die Wiedereröffnung der Küstenstraße, die den Osten und Westen des Landes verbindet, an. Die Küstenstraße werde vom Ausschuss für Sicherheitsvorkehrungen kontrolliert, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Die Durchfahrt von Militärkonvois sei nicht zugelassen. Offizielle müssten sich mit dem Ausschuss vor der Durchfahrt abstimmen.
https://almarsad.co/en/2021/07/30/55-joint-military-committee-officially-announces-reopening-today-of-the-coastal-road/
Video: https://twitter.com/libyaalahrartv/status/1421060514814300166

+ 30.07.: LNA. Feldmarschall Haftar: „Die internationale Gemeinschaft muss wissen, dass wir nicht zulassen werden, dass Besatzungstruppen oder Söldner in Libyen bleiben.“
https://twitter.com/LibyaReview/status/1421053252125302785

+ 26.07.: Migration. Ein Boot mit afrikanischen Migranten kenterte vor der libyschen Küste bei al-Khums (westliches Libyen), wobei nach Angaben eines Vertreters der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mindestens 57 Menschen ums Leben kamen. 18 Migranten konnten gerettet werden.
https://libyareview.com/15209/over-50-migrants-drown-off-libyan-coast/

+ 28.07.: Migration. Die NGO Sea-Watch teilte mit, dass die libysche Küstenwache drohte, die Besatzung ihres Schiffes Sea-Watch 3 zu verhaften. SeaWatch: „Wir befinden uns in internationalen Gewässern und haben jedes Recht, dort zu sein!“
https://libyareview.com/15234/libyan-coast-guard-threatens-to-arrest-german-sea-watch-rescue-team/

+ 28.07.: Dezemberwahlen/Rom. Dreizehn libysche Blöcke und Parteien fordern den Parlamentspräsidenten Aguila Saleh und den Leiter der Hohen Wahlkommission, Emad al-Sayeh, dazu auf am 24. Dezember 2021 direkte Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abzuhalten. Saleh und Sayeh sind gerade bei einem Treffen in Rom, das der Vorbereitung der Dezemberwahlen dient. Deren Teilnehmer wurden aufgefordert, das „Land aus den Klauen einer Clique von Plünderern, Dieben und Korruptis zu befreien.“
https://almarsad.co/en/2021/07/27/political-parties-and-blocs-call-for-a-direct-presidential-and-parliamentary-elections-on-24-december/

+ 29.07.: Dezemberwahlen. Die Anzahl der registrierten Wähler ist auf 2.594.907 oder 53.63 Prozent gestiegen.
https://www.libyaherald.com/2021/07/29/over-250000-new-voters-enrolled-on-voter-register/

+ 30.07.: Dezemberwahlen/Rom. Es trafen sich in Rom ein Parlamentsausschuss, der Vorsitzende der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC) und die UNSMIL, um über die verfassungsmäßige Grundlage der Dezemberwahlen zu beraten.
Der Parlamentsausschuss, der für die Ausarbeitung der Wahlgesetze für den 24. Dezember 2021 zuständig ist, hat seine Arbeit abgeschlossen. Ein Mitglied erklärte: „Nachdem der Entwurf im Obersten Rat erörtert und verabschiedet worden ist, wird er die Grundlage für direkte Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 24. Dezember 2021 bilden, so dass das libysche Volk allein entscheiden kann, wer das Land regieren wird.“
Es ist umstritten, ob dem noch der Oberste Rat, der immer noch ein zuvor durchgeführtes Referendum über den Verfassungsentwurf fordert, zustimmen muss oder nicht.
https://www.libyaherald.com/2021/07/30/hor-committee-completes-drafts-of-2021-election-laws-at-rome-meeting/

+ 30.07.: Covid-19. Ab Sonntag müssen Passagiere auf Inlandsflügen auf allen libyschen Flughäfen einen negativen PCR-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist.
https://libyareview.com/15283/negative-pcr-test-mandatory-for-domestic-flights-in-libya/

+ 28.07.: Russland/USA. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, forderte die USA auf, „ihre Präsenz (traces)“ in Libyen, Irak, Afghanistan und Syrien aufzugeben.
https://almarsad.co/en/2021/07/27/zakharova-urges-washington-to-remove-its-traces-from-libya/

+ 26.07.: Kampfroboter in Libyen/Türkei. Philipp Dahm schreibt auf Bluewin: „Zeitenwende in der Kriegsführung: Die UNO hat zum ersten Mal einen autonomen Angriff von Kampfdrohnen dokumentiert. Die türkischen Roboter seien mit «hoher Effektivität» in Libyen eingesetzt worden.“ Dies zeige ein Bericht auf https://undocs.org/en/S/2021/229.
„Der Zeitenwechsel in Sachen Drohnen-Kriegsführung fand laut den Vereinten Nationen bereits am 27. März 2020 nach einer Offensive der Übergangsregierung statt. >Versorgungskonvois und [Haftar-Truppen] auf dem Rückzug wurden anschließend gejagt und aus der Ferne mit unbemannten Kampf-Luftfahrzeugen oder tödlichen autonomen Waffensystemen wie STM Kargu-2 und Loitering-Munition angegriffen<. Die Killer-Roboter aus türkischer Produktion waren laut dem Bericht so programmiert, dass sie Ziele attackiert haben, auch wenn keine Verbindung zu dem steuernden Piloten am Boden bestand. Sie haben eigenständig den Feind gefunden und auf ihn gefeuert, berichtet die UNO. Das hat es bisher in einem militärischen Konflikt noch nicht gegeben.“
https://www.bluewin.ch/de/news/international/die-ausbreitung-der-killer-roboter-hat-begonnen-735204.html

+ 26.07.: Archäologie. Vier 2000 Jahre alte Marmorstatuen aus der antiken libyschen Stadt Kyrene sind derzeit im Pariser Louvre zu sehen. Die Statuen wurden während des Nato-Krieges 2011 von Antikenräubern aus Libyen geschmuggelt. Die Exponate sollen auf das Problem des Antikenschmuggels aufmerksam machen
https://libyareview.com/15198/looted-libyan-statues-exhibited-at-the-louvre-in-paris/

+ 30.07.: Archäologie. Eine Marmorskulptur, die den griechischen Gott Asklepios darstellt und vor mehr als drei Jahrzehnten aus einem Museum in Libyen gestohlen worden sein soll, wurde von der brasilianischen Bundespolizei beschlagnahmt.
https://almarsad.co/en/2021/07/30/brazil-police-seize-greek-bust-suspected-of-having-been-stolen-from-libya/

TUNESIEN

+ 27.07.: Ausgangssperre. Die tunesische Regierung hat ein Versammlungsverbot von 19.00 bis 6.00 Uhr eine Ausgangssperre verhängt. Diese bleibt bis Ende August in Kraft. Nachdem der Ministerpräsident Hichem entlassen worden war, wurden auch Verteidigungsminister Ibrahim Bartagi und die amtierende Justizministerin Hasna Ben Slimane ihres Amtes enthoben.
In den letzten Monaten kam es immer wieder wegen der prekären Wirtschaftslage zu Demonstrationen. Angeblich sollen auch die Coronazahlen Besorgnis erregend sein: etwa ein Drittel der Tests falle positiv aus.
Der einflussreiche Gewerkschaftsdachverband UGTT unterstützt Präsident Kais Saied und dessen Übernahme der Regierungsgewalt.
https://de.rt.com/afrika/121351-ausgangssperre-und-versammlungsverbot-in-tunesien/

+ 28.07.: KrassUndKonkret schreibt: „Wie ein Coup von statten geht und Ergebnis einer Verschwörung ist, konnte man eben in Tunesien sehen“. Der Plan sei schon im Mai geleakt worden – MiddleEastEye hatte den diesbezüglichen Brief vom 13. Mai an den Stabschef, der auch von Kais Saied gelesen worden war, veröffentlicht: „Vorgeschlagen wurde, dass ein General zum Innenministerernannt wird und dass Truppen zum Schutz wichtiger Orte und Institutionen eingesetzt werden. Vor allem Politiker der Ennahda-Partei, aber auch Geschäftsleute und Mitarbeiter des Ministerpräsidenten sollten unter Hausarrest gestellt werden. Und um die Machtergreifung für das Volk schmackhaft zu machen, sollten Rechnungen und Telefonkosten, Bankkredite und Steuern 30 Tage lang nicht erhoben werden, während die Preise von Grundnahrungsmitteln und Benzin um 20 Prozent reduziert würden.
https://www.middleeasteye.net/news/tunisia-exclusive-top-secret-presidential-document-plan-constitutional-dictatorship
https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/tunesien-coup-nach-plan/

+ 06.07.: Parteien/Abir Moussi. Am 6. Juli wurde die tunesische Politikerin Abir Moussi als tunesische Präsidentin gehandelt. Moussi ist Partei- und Fraktionsvorsitzende der Parti Destourien Libre (PDL) und verwaltet das Parteierbe der Partei von Ben Ali.
https://magazin.zenith.me/de/politik/tunesische-politikerin-abir-moussi-0

Die wirtschaftliche Situation hat sich in Tunesien tatsächlich seit 2011 kontinuierlich verschlechtert. Es kam immer wieder zu großen Demonstrationen und Protesten, von denen hier allerdings kaum berichtet wurde, sondern Tunesien wurde als arabische Musterdemokratie hingestellt, in der der "Arabische Frühling" ein Erfolgsmodell wäre. Allerdings wurden die Proteste immer größer und schaukelten sich immer mehr hoch. Deshalb wurde jetzt wohl die Reißleine gezogen, bevor die Regierung und auch Saied die Kontrolle komplett verlieren.
Der Verweis auf eine Covid-19-Krise wird wohl vorgeschoben sein, auch wenn die Situation in den Krankenhäusern wirklich katastrophal sein dürfte, was v.a. dem völlig unzureichenden medizinischen System zuzuschreiben ist.

SYRIEN

+ 28.07.: Anschläge auf türkisches Militär. Karin Leukefeld schreibt in JungeWelt: „Bei einem Anschlag auf einen türkischen Militärkonvoi nahe der von der Türkei besetzten Stadt Al-Bab nördlich von Aleppo sind am Sonntag zwei türkische Soldaten getötet und zwei weitere verletzt worden […] Russische Medien mutmaßten, dass es sich um die kurdische Miliz YPG gehandelt haben könne. Sie sei in diesem Gebiet und auch westlich in Afrin aktiv.
Die kurdische Nachrichtenagentur ANF berichtete nicht über diesen Angriff auf das türkische Militär, sondern über eine Operation der »Afrin-Befreiungskräfte«, die ebenfalls am Sonntag ein gepanzertes Fahrzeug der türkischen Armee zerstört hätten. Dabei sollen nach ANF-Angaben fünf türkische Soldaten getötet worden sein. Dem Artikel war ein Video beigefügt, das den Angriff zeigte.“ […] In Manbidsch und Tel Rifat demonstrierten organisierte kurdische Jugendliche gegen die türkische Besatzung.“
https://www.jungewelt.de/artikel/407211.krieg-in-syrien-k%C3%A4mpfe-nehmen-zu.html

+ 27.07.: Thierry Meyssan über die Rolle Frankreichs beim Krieg gegen Syrien. Über „den Dilettantismus der letzten französischen Präsidenten, den Rat der wenigen Anhänger des Kolonialismus und die Katastrophe, die sie verursachten“.
https://www.voltairenet.org/article213706.html

AFGHANISTAN

+ 21.06.: Ex-Präsident von Afghanistan: „Der US-NATO-Feldzug richtete sich gegen uns, nicht gegen Terrorismus“. Und: „Die USA hinterlassen ein Land im Krieg, mit so vielen Todesopfern, mit so viel Leid“.
https://www.youtube.com/watch?v=57cJHqoSDM4&t=69s