Montag, 29. August 2016



Das Tobruk-Parlament stimmt überraschend gegen die UN-gestützte Einheitsregierung in Tripolis.

Libyen. Das ist ein Paukenschlag! Das Tobruk-Parlament lehnte in einer Sitzung am 22. August das sogenannte ‚Libysche Polit-Abkommen‘ von Skhirat ab und damit auch den Präsidialrat von Tripolis sowie die von Fajez Sarradsch geführte ‚Einheitsregierung‘.

Bei der Abstimmung waren 101 Abgeordnete anwesend, also ausreichend viele, um eine gültige Abstimmung durchführen zu können. Von den Anwesenden stimmten 61 gegen die ‚Einheitsregierung‘, 39 enthielten sich und nur einer stimmte für die Regierung in Tripolis.
Zwar besteht die Möglichkeit, dass das Tobruk-Parlament doch noch dem Abkommen zustimmt, falls innerhalb der nächsten zehn Tage eine kleinere Ministerliste mit nur acht Ministern nachgereicht wird. Dies erscheint allerdings als eher unwahrscheinlich. Die jetzige Ministerliste war eng mit islamistischen Kräften und den Misrata-Clans verflochten, die einzig die ‚Einheitsregierung‘ stützen.
Im ‚Libyschen Polit-Abkommen‘ war vereinbart, dass die Zustimmung des Tobruk-Parlaments notwendig sei, damit es in Kraft treten könne. Nach der jetzigen Ablehnung des Abkommens sind praktisch der Präsidialrat und die Regierung Sarradsch illegal ebenso wie alle von ihnen getroffenen Entscheidungen in Frage gestellt, so zum Beispiel die Bitte an die USA, im Land zu intervenieren.
Ebenso ist die Ernennung von Madhi al-Barghathi als Verteidigungsminister nicht haltbar oder die getroffenen Vereinbarungen mit dem Kommandanten der Petroleum Facilities Guard und Gegenspielers General Hefters, Ibrahim Dschedhren.
Der ägpytische Präsident al-Sisi gab bereits bekannt, dass Ägypten das Tobruk-Parlament und die Kräfte, die loyal zur Regierung al-Theinni – sprich die Libysche Nationalarmee – stünden, unterstütze.
Schon längst stimmt übrigens die Zweiteilung zwischen dem Osten und dem Westen des Landes nicht mehr. Al-Theinni und das libysche Parlament erfreuen sich nicht nur der Zustimmung der Stämme im Osten des Landes, sondern im Westen unterstützt sie beispielsweise der bedeutende Wirschewana-Stamm. Die Trennungslinie verläuft heute zwischen säkularen und islamistischen Kräften, wobei letztere vom Westen unterstützt werden. Welch ein Hohn!
Nur noch als verbohrt kann man bezeichnen, wie die westliche Presse das Parlamentsvotum darstellt. So schreibt zum Beispiel der österreichische Standard am 22. August: „Libysches Parlament verweigert Einheitsregierung erneut das Vertrauen“. Diese Überschrift verdreht die Tatsachen. Bisher hatte es überhaupt noch keine Abstimmung über das ‚Libysche Polit-Abkommen‘ von Skhirat gegeben. Seit Januar mussten Abstimmungsversuche immer wieder verschoben oder abgesagt werden, da nicht genügend Parlamentarier anwesend waren. Dies ist das erste Mal, das tatsächlich eine Abstimmung im Parlament stattfand und die Parlamentier haben eindeutig mit „Nein“ gestimmt.
Eine größere Blamage hätte es für die sogenannte internationale Gemeinschaft und die Vereinten Nationen wohl nicht geben können. Man darf auf die internationalen Reaktionen gespannt sein. Die Begründung für eine weitere Unterstützung der Sarradsch-Regierung, die keinen Legalitätsanspruch mehr hat, dürfte schwer sein. Der ach so forsche Martin Kobler sollte unverzüglich seine Koffer packen!
JamahiriyaNewsAgency gibt bekannt, dass nach der Tobruker Parlamentsabstimmung und dessen Votum gegen das 'Libysche Polit-Abkommen' Fajes Sarradsch vom Flughafen Mitiga aus Libyen in Richtung Italien verlassen hätte.

Angelika Gutsche
24.08.2016






Die Tuareg in Libyen und in der Sahara

Gaddafi bezeichnete Libyen „als das Land der Tuareg“, es sei ihre Basis und werde sie unterstützen. Die Tuareg selbst nannte er die „Löwen und Adler“ der Wüste, sich an ihnen zu vergreifen, würde er niemanden erlauben. Sie seien „die Verteidiger der Sahara, Nordafrikas, des Islams und dieser strategischen Zone“.[1] Was mit strategischer Zone gemeint war, weiß man seit 2004, als die USA die Sahara zur ‚Terrorzone‘ erklärten.
Die Tuareg werden als die Nachfahren der Garamanten betrachtet, der Urbevölkerung des Fessan, und sie gehören somit auch zur Urbevölkerung Libyens, die über eine eigene Sprache und Schrift verfügt.
Tuareg sind die Nomaden der Wüste, deren Lebensraum sich über die gesamte Sahara erstreckt, auch wenn sich dieser aufgrund kolonialer Grenzziehungen heute über fünf Staaten – Libyen, Algerien, Mali, Niger und Mauretanien – verteilt. Es handelt sich um ein lebensfeindliches Terrain, in dem es kaum Infrastruktur gibt. Tuareg kennen keine Grenzen, sie wandern – wie schon seit ewigen Zeiten – zwischen der Sahelzone im Süden und den Ausläufern der Sahara im Norden. Früher waren sie Viehzüchter und durchquerten mit ihren Karawanen, die zum Beispiel Salz und Datteln mit sich führten, die Sahara und waren so das Bindeglied zwischen Nord- und Schwarzafrika, ohne dem kein Handel zwischen diesen unterschiedlichen Kulturräumen möglich gewesen wäre. Seit PS-starke LKWs den saharischen Handelstransport übernommen haben, schränkten sich diese Verdienstmöglichkeiten immer mehr ein. Doch auch heute noch durchqueren sie die Sahara, nun neben Kamelen auch mit LKWs, auf denen sich neben neutralen Gütern auch Schmuggelgut – von Zigaretten über Rauschgift, Waffen und Menschen – befindet. Ein neues Betätigungsfeld erschloss sich mit dem aufkommenden Sahara-Tourismus in den 90er Jahren. Diesen Verdienstmöglichkeiten wurde durch die Entführung von Touristen in Mali und Algerien ein abruptes Ende gesetzt.
In Libyen selbst leben zwei Gruppen von Tuareg, zum einen die libyschen Tuareg, zum anderen die aus dem Niger und aus Mali eingewanderten Tuareg, die aufgrund von Hungersnöten und Gewalt in ihren Herkunftsstaaten Mali und Niger keinerlei Lebens- und Zukunftschancen mehr sahen. Beide Gruppen sind sich nicht immer grün.
Gaddafi hat sich seit seinen politischen Anfängen für die Belange der Tuareg eingesetzt. Dies ist sicher auch der Bewunderung für ihren erbitterten Kampf gegen die Kolonialmacht Frankreich geschuldet. Trotz der vorherigen Zusage der Kolonialmächte wurde den Tuareg ein eigenes Staatsgebiet vorenthalten und ihr Lebensraum zunächst zwischen Mali, Niger und Algerien aufgeteilt. Gaddafi unterstützte Ende der 70er Jahre die Idee einer ‚Saharischen Union‘, die den Tuareg politische Autonomie verleihen und ihren nomadischen Lebensstil weiter ermöglichen sollte.
In den Jahren 1990 bis 1997 kam es während einer durch eine Dürre ausgelösten Hungersnot in Niger und Mali zur großen Tuareg-Rebellion. Die Regierung des Niger unternahm damals nichts, um das Volk der Tuareg vor dem Hungertod zu retten und verwehrte ihnen jede Nahrungsmittelhilfe. Die Zentralregierungen von Mali und Niger beschränkten sich bei den dadurch ausgelösten bewaffneten Aufständen nicht auf Auseinandersetzungen mit den Tuareg-Kämpfern, sondern griffen auch Lager mit Frauen und Kindern an, woraufhin sich immer mehr Tuareg den Aufständen anschlossen.
1997 kam es zu einem Friedensabkommen zwischen den Tuareg und den Regierungen von Mali und Niger, doch schon bald erhoben die Tuareg Vorwürfe, die Vereinbarungen würden nicht eingehalten werden. In dieser Situation war Gaddafi der Retter in größter Not. Tuareg aus Mali und Niger bekamen von Gaddafi politisches Asyl. Sie konnten sich ausnahmslos in Libyen ansiedeln und bekamen einen libyschen Pass, der ihnen und ihren Familien Zugang zum libyschen Wohlfahrtsstaat gewährte und die Ausbildung der Kinder ermöglichte. Daneben nahm Gaddafi viele Tuareg in seine Armee auf. Junge Tuareg, die sonst völlig chancenlos gewesen wären, kamen so in Brot und Arbeit.
Als im Sommer 2008 das nigrische Militär wieder einmal mit großer Brutalität gegen die Tuareg vorging und den Familien durch Abschlachten ihrer Herden die Lebensgrundlagen entzog, machten sich erneut viele Tuareg auf den Weg nach Libyen. Es berichtete eine Familie, die aus der nigrischen Stadt Arlit stammte, wie sie zunächst in das algerische Djanet und von dort zu Fuß über die Grenze nach Libyen floh. Eine libysche Grenzpatrouille brachte sie in die Oasenstadt Rhat. Dort wurde die Familie mit Essen und Wasser versorgt und konnte den Kontakt zu ihren bereits in Libyen lebenden Verwandten aufnehmen. Die Familie konnte ein kleines Haus beziehen, der Mann fand in den Gärten der Oase Arbeit. [1] So verwundert es nicht, dass Libyen für viele Tuareg das Zielland war, in dem sie sich als Libyer eine neue Existenz aufbauen konnten, und wo sie sich dank libyscher Papiere frei bewegen und arbeiten konnten.
Gaddafi fühlte sich dem Ideal einer sozial gerechten Gesellschaft verpflichtet und versuchte mittels allgemeiner Schulpflicht und der Durchmischung von Wohnvierteln Chancengleichheit unter den Bürgern herzustellen, wobei ethnische und religiöse Identitäten in den Hintergrund traten. Die Integration stieß auch an Grenzen, vor allem bei jungen männlichen Tuareg, die durchaus einen gewissen Dünkel pflegten und sich für schwere Arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes zu schön waren. Sie waren westlichen Einflüssen gegenüber empfänglich und fühlten sich von der Tradition gelangweilt.
Für junge Tuareg-Frauen ergaben sich dagegen in Libyen völlig neue Möglichkeiten, die sie voll ausschöpften. Sie machten gute Schulabschlüsse und fanden anschließend in Büros oder sozialen Berufen ein weites Betätigungsfeld. Eine Lehrerin formulierte es so: „Im Niger gibt es doch keine Freiheit! Die gibt es nur in Libyen dank Gaddafi! Wir sind frei! Wir haben Arbeit, wir haben Geld, wir können studieren, und auch Frauen haben die Freiheit auf ein Studium und auf Arbeit.“[2]
Die zugewanderten Tuareg hielten 2011 während des Nato-Krieges gegen Libyen ihrem Schutzherrn Gaddafi die Treue. Einer sagte: „Wir hoffen auf Frieden, wir hoffen, dass alles gut werden wird. Es lebe Libyen, es lebe Gaddafi! Wir können uns kein Libyen ohne Gaddafi vorstellen und das libysche Volk ist nichts ohne Gaddafi! Ich sage Dir das aus Liebe zu Libyen und aus Liebe zu Gaddafi! Ja, ich bin aus dem Niger und darauf bin ich stolz, aber nichts kann unsere Liebe zu Gaddafi zerstören!“ [3] Die für Gaddafi kämpfenden Tuareg-Einheiten als Söldner zu bezeichnen, wie mehrfach im Westen geschehen, ist abwegig. Sie alle besaßen libysche Papiere, dienten schon jahrelang in der libyschen Armee und erhielten nicht mehr als ihren normalen Sold.
Dagegen schlossen sich libysche Tuareg zum Teil den Aufständen gegen Gaddafi an und forderten seinen Rücktritt.
Die Tuareg befanden sich nach dem Fall Gaddafis und der Destabilisierung Libyens in einer dramatischen Situation. Ihnen blieb nichts als der Rückzug nach Mali, Niger und Mauretanien – also der Weg in bitterste Armut, Unsicherheit und Trostlosigkeit. So zogen sie unter Mitnahme der Waffen der libyschen Armee gen Süden, zurück in ihre Herkunftsländer. Die saharischen Wüstengebiete waren allerdings schon lange Unruheherde, aus geopolitischem Kalkül zu terroristischen Rückzugsgebieten erklärt. Die Tuareg probten den Aufstand: Hunger, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit – das ist der Stoff, aus dem diese Erhebungen gemacht sind.
Seit 2004 setzten die USA aus politischen Gründen darauf, die Sahara zur ‚Terrorzone‘ zu erklären und gaben sie als Rückzugsgebiet der von den USA zunächst in Afghanistan hochgepäppelten al-Kaida aus. Unter diesem Vorwand rief 2004 der US-amerikanische Präsident George Bush die Pan-Sahel-Initiative ins Leben. Im Zuge des schon 2001 erklärten ‚Kriegs gegen den Terror‘ bot dies Bush den Vorwand für die Errichtung militärischer Basen in Afrika. Damit sicherte er sich auf militärischem Weg den Zugang zu den Ressourcen in Afrika. Frankreich, das in Nordafrika seine Vormachtstellung in den ehemaligen Kolonialgebieten durch die USA, aber auch durch China und Libyen bedroht sah, schloss sich dieser Initiative an. Als Verbündeter vor Ort spielte Algerien mit, das eine Möglichkeit sah, den Islamisten als stärkste Opposition im Land Paroli zu bieten.
Den Höhepunkt der US-amerikanischen Intrigen in Zusammenarbeit mit algerischen Geheimdiensten und Militärs bildete die Entführung von 32 europäischer Touristen, vor allem Deutscher, in Algerien; das Drama dauerte sechs Monate und forderte ein Todesopfer unter den Entführten. Jeder, der die saharischen Gebiete kennt, weiß, dass es ohne Wissen des über allem wachenden algerischen Militärs und seines Geheimdienstes in einem offenen, kaum Verstecke bietenden Wüstengebiet niemals möglich gewesen wäre, so viele Geiseln über einen so langen Zeitraum zu verbergen und auch versorgen zu können. So ist es nicht überraschend, dass es dank der journalistischen Arbeit von Jeremy Keenan seit 2009 klar ist, dass die Entführungen zwar von islamistischen Extremisten ausgeführt wurden, aber deren Planung ein abgekartetes Spiel zwischen der CIA und dem algerischen Geheimdienst waren.[4] Als Verbündeter Algeriens spielte auch Frankreich dabei eine tragende Rolle.
Ein weiterer Fall, der weltweit für Aufregung sorgte, war 2010 die Entführung von Mitarbeitern der AREVA-Uranabbaugesellschaft in der nigrischen Wüstenstadt Arlit. Seitdem wird den Tuareg auch Nähe zur neuerfundenen Gruppe ‚Al-Kaida-Im-Islamischen-Maghreb‘ zugeschrieben. Wen wundert‘s, dass die USA diesen Vorfall zum Vorwand nahmen, in der Nähe von Agadez eine neue Militärbasis für Drohnen zu errichten, angeblich zur Sicherung des Grenzgebiets Mali – Niger – Libyen. Die Bevölkerung von Agadez erfuhr von dieser neuen Basis nur durch die internationalen Medien.
Und plötzlich waren alle Tuareg als Verbündete der Islamisten verdächtig; es wurde ihnen der Kampf angesagt. Aus heutiger Sicht kann dies schon als die Vorbereitung auf den Krieg gegen Libyen gesehen werden, denn es war dem Westen klar, dass die Tuareg die treuesten Verbündeten Gaddafis waren. Und es ergibt auch Sinn, dass der ‚arabische Frühling‘ mit Unterstützung der westlichen Geheimdienste in Ländern wie Ägypten, Tunesien und Libyen zum Sturz der Machthaber führte, während in Algerien die Lage ruhig blieb und der hinfällige 79-jährige Machthaber Abd al-Aziz Bouteflika immer noch den Regierungschef gibt. Nicht Wahlen bestimmen in Afrika, wer die Regierungsmacht ausübt, sondern westliche Geheimdienste, allen voran CIA und MI6.
Seit dem Libyen-Krieg 2011 werden die Sahara und das daran angrenzende Sahelgebiet verstärkt vom Westen zu Rückzugsgebieten für Dschihadisten erklärt, was den gesamten Lebensraum der Tuareg zur Kriegszone macht. Zwischenzeitlich besetzten die Franzosen das Tuareg-Gebiet im Norden Malis, wo seit 2016 auch deutsche Soldaten stationiert sind, die bereits seit 2013 im Süden Malis Soldaten der malischen Armee ausbildeten.
Die Militarisierung der Sahara hat den aufstrebenden und in den 90er Jahren aufblühenden Tuareg-Städten Rhat, Ubari und Sebha in Libyen, Tamanrasset und Djanet in Algerien, Timbuktu und Gao in Mali und Agadez im Niger jegliche ökonomische Grundlagen entzogen. Es gibt keinen Tourismus mehr und die erschwerten Grenzübergänge bedeuten immer weniger Bewegungsmöglichkeiten für die Tuareg. Wer jemals der Armut und Armseligkeit eines saharischen Wüstendorfes in Mali oder Niger ansichtig wurde, weiß, was dies für die dort lebenden Tuareg-Stämme bedeutet.
Bei den militärischen Aktivitäten der USA und ihrer Verbündeten in der Sahara stellten die Touristen natürlich einen Störfaktor dar. Die Sahara, die sich zu einem zunehmend beliebten Reiseziel für Off-Road-Touristen auch in Libyen entwickelte, kann Zeugen bei der Militarisierung dieses Gebiets nicht gebrauchen. So verfolgten die bis heute andauernden Entführungen westlicher Touristen zwei Ziele: Sie müssen als Vorwand für den Ausbau der militärischen Präsenz in Sahel und Sahara herhalten und gleichzeitig werden potentielle Zeugen der Vorgänge von Reisen in diese Gebiete abgehalten. Viele Touristen brachten positive Eindrücke von Libyen und den Wüstengebieten mit nach Hause. Die ‚wilden‘ Tuareg waren sich dank ihrer Attraktivität, ihres Charms und des sie umgebenden Wüstenflairs der touristischen Bewunderung sicher. Das Image der exotischen ‚Wüstensöhne‘ war nicht nur bei den weiblichen Europäerinnen durchweg positiv und passte nicht in die Pläne der NATO-Krieger. Schnell erfolgte ihre Umdeutung in terroristische Islamisten.
Inzwischen haben die USA und der Westen ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Denn wie ist es möglich, gleichzeitig unter dem Vorwand, die Islamisten bekämpfen zu müssen, arabische Staaten zu zerstören und überall Stützpunkte zu errichten, gleichzeitig aber diese Islamisten logistisch und finanziell zu unterstützen und durch Saudi Arabien und Katar mit modernsten Waffen zu versehen, damit sie gegen laizistische Staaten wie Syrien kämpfen können? Die künstliche Unterscheidung zwischen ‚guten‘ sprich ‚moderaten‘ Islamisten und ‚bösen‘ sprich IS-Islamisten überzeugt kaum mehr, in den arabischen Ländern sowieso nicht und auch im Westen werden die Skeptiker immer mehr.
Die gut ausgebildeten Tuareg-Soldaten, die in der libyschen Armee dienten, sind nach dem Sturz Gaddafis und dem Zusammenbruch Libyens mit ihren Waffen in ihre Herkunftsländer Mali und Niger geflohen. Dort kämpfen sie nun um einen eigenen Staat Asawad gegen die Zentralregierungen. Es geht dabei nicht nur um die Anerkennung ihrer eigenen Kultur als Nomaden, sondern es sind auch Hungeraufstände, die sie immer wieder in den Kampf treiben. Inwieweit sie ernstzunehmende, zeitliche Allianzen mit islamistischen Kämpfern eingehen, sei dahingestellt. Der Film ‚Timbuktu‘ [5] zeigt eindringlich, wie stark sich die moralischen Vorstellungen der musikliebenden und freizügigen Wüstenvölker von den asketischen Lebensformen der Religionskrieger unterscheiden.
Auch das Migrantenproblem verursacht den Tuareg Probleme: Die Europäern fordern zunehmend, die saharischen Ländergrenzen dicht zu machen, damit Flüchtlinge aus Schwarzafrika nicht mehr ungehindert in den ‚failed state‘ Libyen einreisen können. Davon abgesehen, dass sich dies kaum verwirklichen lässt, da es in der Sahara keine Grenzen im herkömmlichen Sinne gibt, sondern nur weite Sandfelder und schwer passierbare Felsregionen, würde dies den Lebensraum des Wüstenvolkes immer mehr einengen. Sie sitzen in der Falle.
Leider haben sich die schlimmsten Befürchtungen der Tuareg, wie ihre Zukunft ohne Gaddafi aussehen würde, bestätigt. Zum wiederholten Male sind seit 2011 Kämpfe zwischen Tuareg und Tibu in der südlibyschen Stadt Ubari aufgeflammt. Beide in der Sahara beheimateten Ethnien sind sich seit jeher in feindschaftlicher Rivalität verbunden. Auch die Tibu sind ein alter saharischer Stamm, deren Hauptsiedlungsgebiet neben der Tibesti-Region (Tschad) in Libyen bei den Kufra-Oasen und im Fessan liegt. Zwischen den Tibu und den Tuareg herrscht eine lange historische Feindschaft, die nun von Interessengruppen des heutigen politischen Libyens instrumentalisiert wird.
Durch die gewalttätigen Vorkommnisse im saharischen Libyen fühlen sich die Tuareg in ihrer Existenz bedroht. Im September 2014 nahmen in der Stadt Ubari langanhaltende Auseinandersetzungen zwischen Tibu und Tuareg ihren Anfang, bei denen über 300 Menschen den Tod fanden und viele Tuareg aus der Oasenstadt fliehen mussten. Die Tuareg wandten sich zuletzt im Januar 2016 mit einem Hilfeschrei an die Weltöffentlichkeit und schrieben an die Vereinten Nationen: „Alles läuft unter dem Etikett ‚Krieg zwischen Tuareg und Tibu‘, doch dahinter steht das Ziel, sich an den Tuareg zu rächen und an ihnen einen Genozid zu verüben. Bündnisse […] werden direkt oder indirekt sowohl vom Ausland als auch vor Ort finanziert. Inzwischen sind hunderte Menschen auf der Flucht und dutzende harmloser Zivilisten getötet, ihre Häuser und die städtische Infrastruktur sind zerstört, die Hälfte der Stadtbevölkerung vertrieben.“ Und weiter: „Das, was in Ubari geschieht, ist kein Stammeskrieg zwischen Tuareg und Tibu, wie es irreführend in den Medien dargestellt wird. Wir glauben, dass es sich stattdessen um eine ethnische Säuberung handelt, die sich gegen die Tuareg-Bevölkerung richtet. Wir fordern die Vereinten Nationen dazu auf, die Vorgänge in der Stadt Ubari zu untersuchen.“[6]
Ein zwischenzeitlich geschlossener Waffenstillstand zwischen den Parteien scheint im Moment zu halten.
Im April des gleichen Jahres waren sich Tuareg und Tibu dagegen in einer anderen Sache einig. Gemeinsam verließen ihre Vertreter die Tagung der libyschen verfassunggebenden Versammlung, die in Salalah im Oman tagte, und kündigten deren weiteren Boykott an. Sie protestierten damit gegen die Weigerung der anderen Versammlungsmitglieder, die Rechte der ethnischen Minderheiten in Libyen anzuerkennen und verfassungsmäßig zu verankern.
Die alten Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich haben sich mit der neuen militärischen Supermacht USA für eine Neuauflage des Kolonialismus entschieden, um gemeinsam afrikanische und arabische Staaten auszubeuten. Mitnichten geht es um Werte wie Demokratie und Menschenrechte, stattdessen ist die Gier nach den Bodenschätzen wie Erdöl, Gas, Wasser, Uran, Phosphat und Seltenen Erden die Antriebsfeder des Westens. Um die eigenen geostrategischen Ziele durchzusetzen, wird eine hemmungslose und skrupellose Politik gegen die arabischen und afrikanischen Staaten und deren Bevölkerung durchgesetzt. Dem hat der afrikanische Kontinent scheinbar nichts entgegenzusetzen. Wie paralysiert wirken seine Führer angesichts der eigenen Hilflosigkeit: Kaninchen vor der Schlange.

Angelika Gutsche


[1] Ines Kohl „Libyens Tuareg zwischen Stillstand und Aufbruch“ in: Fritz Edlinger/Erwin M. Ruprechtsberger (Hg.): „Libyen“, 2009
[2] Ines Kohl „Gaddafis Instrumentalisierung der Tuareg“, in: Fritz Edlinger (Hg.). „Libyen“, 2011
[3] Ines Kohl „Gaddafis Instrumentalisierung der Tuareg“, in: Fritz Edlinger (Hg.): „Libyen“, 2011
[4] Jeremy Keenan: „The Dark Sahara: America’s War on Terror in Africa“, 2009
   Jeremy Keenan: „The Dying Sahara: US Imperialism and Terror in Africa“, 2013
[5] „Timbuktu“, Regie: Abderrahmane Sissako, Spielfilm Frankreich-Mauretanien, 2014
[6] https://www.facebook.com/ImouhaghIYO

Freitag, 26. August 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Jemen: Ex-Präsident Saleh bietet Rußland Stützpunkte im Jemen an
26.8.2016. Der frühere Präsident der Republik Jemen, Ali Abdullah Saleh, der das Land von 1978-2012 regierte und im Zuge des „Arabischen Frühlings“ zurücktreten mußte, hat Rußland angeboten, die Flugplätze und Häfen Jemens für russische Streitkräfte zur Bekämpfung des Terrorismus zu öffnen. Saleh und seine noch immer beträchtliche Anhängerschaft, die sich mit der schiitisch-zaiditischen Rebellenbewegung Ansarullah (auch als „Huthi-Rebellen“ bekannt) verbündet haben, beherrschen den Nordteil Jemens, während die Golfmonarchien (außer Oman) und der Westen dem jemenitischen Volk eine unpopuläre Marionettenregierung mit dem „Präsidenten“ Abed Rabbo Mansur Hadi aufzwingen wollen, die sich in der Stadt Aden nur dank internationaler Söldner und der Unterstützung durch Separatisten, Islamisten und die saudische Luftwaffe halten kann.





Libysche Gerüchteküche: Ist Ghaddafi-Sohn Saif al-Islam in Moskau?
26.8.2016. Gerüchten zufolge ist der zweitälteste Sohn des 2011 ermordeten libyschen Revolutionsführers Muammar al-Ghaddafi, Saif al-Islam, der vor einigen Wochen überraschend aus der Haft in Zintan entlassen wurde, mit einem russischen Militätflugzeug in der libyschen Kleinstadt abgeholt wurden und nach Moskau ausgeflogen wurden. Für Saif, der als „Kronprinz“ seines Vaters galt, wäre Moskau ein relativ sicheres Exil, da ihn die Marionettenregierung in Tripolis und der Internationale Inquisitionsgerichtshof IStGH in Den Haag weiterhin verfolgen, da er sein Land 2011 gegen den NATO-Überfall verteidigt hatte.





Syrien: Kurden verraten Pakt mit der Regierung und greifen Soldaten an
25.8.2016. In der nordsyrischen Stadt Hasaka, die zwischen Regierungskräften und kurdischen Einheiten der YPG geteilt war, haben die Kurden den Burgfrieden nun aufgekündigt und angefangen, die letzten syrischen Regierungssoldaten anzugreifen. Seit einiger Zeit – als sich die vom Westen favorisierte Freie Syrische Armee (FSA) als Rohkrepierer entpuppte – versuchen sich die USA als Pate und Sponsor der YPG und indoktrinieren diese natürlich nach besten Kräften.


Montag, 22. August 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Jemen: Hunderttausende demonstrieren für Rebellenregierung und gegen Saudi-Arabien
23.8.2016. Mit einer fulminanten Großdemonstration von mehreren Hunderttausend Menschen hat die Bevölkerung des Jemen ihre Unterstützung für den neuen Regierungsrat ausgedrückt, der zu je 50% aus den schiitischen Huthi-Rebellen (die offiziell Ansarullah-Bewegung heißen) und aus der arabisch-nationalistischen Partei Allgemeiner Volkskongreß GPC (Anhänger des 2012 gestürzten Präsidenten Ali Abdullah Saleh) besteht, und gleichzeitig gegen den anhaltenden Bombenterror des Nachbarlandes Saudi-Arabien protestiert, welches den Jemeniten gemeinsam mit dem Westen ein unpopuläres Marionettenregime aufzwingen will! Der „Ansarullah-GPC-Rebellenallianz“ ist es in der Provinz Ma´rib dieser Tage gelungen, verlorenes Terrain von den saudischen Söldnertruppen zurückzuerobern und eine wichtige Nachschubroute der Invasoren zu kappen.




Syrien: Nach Rußland und Iran wollen nun auch Indien und China die Assad-Regierung unterstützen
22.8.2016. Die chinesische Volksarmee wird die syrische Regierung von Präsident Bashar al-Assad künftig mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung unterstützen, so war nach einem Treffen zwischen Vertretern beider Regierungen zu vernehmen. Auch Indien hat Syrien nun seine Unterstützung zugesagt und erklärt, man wolle „ein zweites Libyen“ verhindern, womit die indische Regierung die völlige Zerstörung des libyschen Staates meinte, der 2011 durch ein NATO-Angriff erfolgt war und diese Aussage war auch als „Warnschuß“ an Hillary Clinton gedacht, die damals als US-Außenministerin den Bombenterror gegen das libysche Volk vorantrieb und beklatschte.


Elfenbeinküste: Gestürzter Diktator von Burkina Faso eingebürgert
22.8.2016. Der Ende 2014 gestürzte Machthaber von Burkina Faso, Blaise Comparoré, der das Land 27 Jahre lang regierte und nach seinem Sturz in die benachbarte Elfenbeinküste flüchtete, ist jetzt dort – auch dank der Unterstützung des dortigen Präsidenten Alessane Ouattara – Bürger seines Exil-Landes geworden, was seine Auslieferung an Burkina Faso erschwert. Mit Comparoré und Ouattara haben sich zwei Schurken aus gleichem Holz gefunden, denn beide gelten als Statthalter Frankreichs, kamen durch eine gewaltsamen Putsch an die Macht, gehen nicht zimperlich mit ihren Kritikern um und während Comparorés Vorgänger Thomas Sankara (Sozialist!) bei dem Putsch getötet wurde, ließ Ouattara seinen Vorgänger Laurent Gbagbo (ebenfalls Sozialist!) an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ausliefern, von dem bekannt ist, daß er ausschließlich westliche Interessen vertritt!



UNO-Gerichtsurteil: Milosevic posthum freigesprochen!
22.8.2016. In seinem Urteil zum Kriegsverbrecherprozeß gegen den Führer der bosnischen Serben, Dr. Radovan Karadzic, ist das Internationale Jugoslawien-Tribunal in Den Haag zu der Feststellung gekommen, daß der frühere jugoslawische Staatspräsident Slobodan Milosevic nicht an den ethnischen Säuberungen in Bosnien beteiligt war, sondern – im Gegenteil – diese verurteilte (siehe Seite 1303 von 2590 Seiten des Karadzic-Urteils). Jahrelang wurde Milosevic für alle negativen Ereignisse auf dem Balkan verantwortlich gemacht und von der westlichen Propaganda als „Buhmann“ aufgebaut (so z.B. auch, um das Bombardement Jugoslawiens durch die Bundesluftwaffe 1999 zu rechtfertigen) – nun wird man versuchen, daß Urteil in den Massenmedien zu verschweigen, um nicht eingestehen zu müssen, daß man jahrelang über Milosevic – wissentlich oder unwissentlich – gelogen hat.




Jemen: Saudi-Arabien bombardiert „Ärzte ohne Grenzen“
20.8.2016. Die wahnsinnige Feudal-Diktatur der Familie Al-Saud, die seit anderthalb Jahren einen Bombenkrieg gegen das militärisch unterlegene Jemen führt, hat nun zum wiederholten Male ein Krankenhaus, welches von der internationalen Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ betrieben wird, bombardiert, obwohl das Krankenhaus der saudischen Regierung als neutrale medizinische Einrichtung gemeldet worden war (Bilanz: 11 Tote, 19 Verletzte).
Trotz mehrmaliger Aufforderung durch oppositionelle Gruppen wie der neutralistischen Bürgerbewegung Neue Richtung oder Amnesty International (AI) hat sich die Bundesregierung bisher nicht im Stande gesehen, das Treiben der saudischen Aggressoren zu verurteilen, sondern preist das Terror-Regime stattdessen als Anker der Stabilität im Nahen Osten an und beliefert es großzügig mit Waffen.

Dienstag, 16. August 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Jemen: Saudi-Arabien bombardiert Schule im Jemen – 10 Tote Kinder und der Westen schaut weg
16.8.2016. Das saudi-arabische Terrorregime hat abermals sein verarmtes Nachbarland Jemen bombardiert, um ihm eine pro-saudische Marionettenregierung aufzuzwingen und diesmal eine Schule zerstört, wobei 10 Kinder getötet und 20 verletzt wurden. Und während die „demokratische“ US-Regierung sich besorgt über die Menschenrechte der philippinischen Drogendealer äußert und wegen des dortigen rabiaten Vorgehens der Polizei die Kürzung der Militärhilfe androht, hat das Obama-Regime gerade eine Waffenlieferung an Saudi-Arabien im Wert von 1,15 Mrd. US-Dollar gebilligt (darunter 153 Panzer und 400 Maschinengewehre) – da werden sich die Kinder im Jemen aber freuen können!



USA: Donald Trump spricht mal die Wahrheit – und das Fernsehen unterbricht die Live-Schaltung!
16.8.2016. Mit seiner hierzulande aus Unwissenheit kritisierten Aussage, daß seine „demokratische“ Gegenkandidatin Hillary Clinton die Geburtshelferin der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) ist, hat der rechtspopulistische Exzentriker und republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump voll ins Schwarze getroffen – weswegen auch der US-Sender ABC die Liveschaltung unterbrach. Auch Wikileaks-Gründer Julien Assange hatte schon vor längerer Zeit Dokumente veröffentlicht, die belegen, daß Clinton als US-Außenministerin die Geburtshelferkröte verschiedener islamischer Terrorgruppen ist und Waffen an diese sowohl in Libyen (LIFG, Misrata-Milizen) als auch in Syrien (Al-Nusra-Front, Al-Kaida, IS, FSA etc.) liefern ließ, da ihr die Politik von Präsident Obama zu zauderhaft war.



Sirte oder die geheime Invasion des Westens

Libyen. Sirte, der IS und militärische Einsätze des Westens in der Luft und auf dem Boden

Am 10. August 2016 meldete die Einsatzzentrale der Misrata-Milizen, dass nun in Sirte das Ouagadougou-Konferenzzentrum, in dem der IS sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, unter ihrer Kontrolle sei, ebenso wie das Ibn-Sina-Krankenhaus und die Universität der Stadt. Die Misrata-Milizen hätten bei den Einsätzen allerdings ein Kampfflugzeug verloren, das zweite in diesem Monat. Einige Stadtviertel seien noch immer unter Kontrolle des IS.[1]
Da keine Augenzeugenberichte aus Sirte vorliegen, ist es unklar, ob nur der IS, oder auch Mitglieder des Grünen Widerstands angegriffen wurden, die mit der Libyschen Nationalarmee verbündet sind. Beide kämpfen sowohl gegen den IS als auch gegen LIFG- und al-Kaida-Milizen. Es liegen Berichte der Libyschen Nationalarmee vor, dass sich das militärische Vorgehen in Sirte auch gegen drei ihrer Offiziere gerichtet habe, von denen zwei am 9. August von Kräften der US-Einheitsregierung getötet worden seien.
Bereits am 8. August sind laut einer US-AFRICOM-Verlautbarung weitere acht Luftschläge auf verschiedene Ziele in Sirte von den USA geflogen worden, insgesamt erhöhte sich die Zahl der Luftschläge damit auf 28. Weitere folgten am 9. Und 10. August 2016.
Die Küstenstadt Sirte befindet sich etwa in der Mitte zwischen Tripolis und Bengasi, 180 Kilometer östlich von Misrata. Über das Mittelmeer beträgt die Entfernung zu Europa gerade einmal 300 Kilometer. Sirte ist eine wichtige Drehscheibe für die Ausfuhr des libyschen Erdöls.
Sirte, die Geburtsstadt Muammar al-Gaddafis, verfügt über eine gute Infrastruktur. Gaddafi ließ auch das Ouagadougou-Konferenzzentrum erbauen, in dem zahlreiche afrikanische und internationale Gipfeltreffen stattfanden, und in dem am 9.9.1999 die Afrikanische Union AU gegründet wurde. Die Stadt zählte vormals 120.000 Einwohner, seitdem der IS Sirte unter seine Kontrolle gebracht hat, sind etwa 75 Prozent geflohen, weniger als 30.000 Menschen befinden sich noch in der Stadt, viele sind verschwunden. Die meisten Einwohner Sirtes zählten zu einem der vier Regionalstämme, die loyal zur früheren Dschamahirija-Regierung standen. Für ihre Treue zahlte Sirte einen hohen Preis. Heute wird die Stadt von der ‚Einheitsregierung‘ marginalisiert und sieht sich starken Repressalien ausgesetzt.
Der IS hatte im Juni 2015 Sirte eingenommen und sie zu seiner wichtigsten Operationsbasis ausgebaut. In der Stadt erfolgte auch die Ausbildung ausländischer Kämpfer, die Anschläge im Ausland verüben sollten. Der IS unterwarf die Bewohner von Sirte einer Herrschaft des Schreckens. Angehörige von Militär, Polizei und Justiz wurden ermordet. Erwachsene und auch Jugendliche, die als Gaddafisten verdächtig wurden, erschoss man. Oder man warf sie von hohen Gebäuden in den Tod, enthauptete sie oder kreuzigte sie an öffentlichen Plätzen. Jeder noch verbliebene Einwohner wurde überwacht, Kinder ihren Eltern entrissen und in IS-Trainingslager verschleppt, um sie zu radikalisieren und zu IS-Kämpfern zu machen.
Trotz alledem gelang es dem IS nicht, den Widerstandsgeist der Stadt zu brechen. Die Menschen feierten auf den Straßen die al-Fatah-Revolution des Septembers 1969 und die damalige Machtübernahme durch die Freien Offiziere. Immer wieder kam es zu Aufständen und es wurde die ‚Architecture Almrsos‘ zur Befreiung der Stadt ins Leben gerufen. ‚Architecture Almrsos‘ musste scheitern, als sich herausstellte, dass sich die LIFG-Milizen (Libyan Islamic Fighting Group), die heute im Dienst der ‚Einheitsregierung‘ stehen, und die IS-Kämpfer nicht wesentlich voneinander unterscheiden: Beide stehen im Dienst westlicher Imperien.
Der IS verübte mehrere Angriffe mit schwerer Artillerie und Raketenbeschuss gegen die südwestlich von Sirte stationierte ‚Architecture Almrsos‘, die schwere Verluste erlitt, vor allem Misrata-Milizen hatten viele Tote und Verwundete zu beklagen. Währenddessen erklärte der von den Vereinten Nationen und den USA gestützte Präsidialrat, dass seine LIFG-Milizen unfähig seien, den IS in Sirte zu bekämpfen und baten die USA um Hilfe in Form von Luftschlägen. Die Agenda ging auf: Unter Verschleierung der wahren Absicht, nämlich die koloniale Besetzung Libyens voranzubringen, starteten die USA die Luftangriffe auf Sirte.
JamahiriyaNewsAgency betont in einer Stellungnahme, dass sich der Zorn der Menschen angesichts der ausländischen Intervention nicht mehr besänftigten lässt. Die militärische Intervention richte sich gegen die Bemühungen, das Land wieder zu vereinen und die Libysche Nationalarmee als einzige legitime Armee einzusetzen und in ihrem Kampf gegen Terrorismus und neokoloniale Besatzung zu unterstützen
Die Marionettenregierung um Sarradsch, die der NATO einen Blankoscheck für die Invasion Libyens ausgestellt hat, sei nicht legal an die Macht gekommen, sondern sei von den USA und den Vereinten Nationen gegen den Willen des libyschen Volkes installiert worden. Während nun die Milizen dieser Regierung , die vor allem aus LIFG- und al-Kaida-Milizen besteht, mit Waffen und Geldern versorgt werden, muss die legal gewählte Tobruk-Regierung  immer noch um die Aufhebung des UN-Waffenembargos betteln, das gegen die Libysche Nationalarmee verhängt wurde, und dies obwohl die Libysche Nationalarmee die einzige wirksame Kraft beim Kampf gegen den Terrorismus in Libyen ist und tatsächlich in der Lage wäre, den IS zu besiegen.
Das Ziel der USA und der NATO sei es niemals gewesen, den von ihnen erschaffenen und an ihrer Stelle kämpfenden IS zu vernichten, sondern das wahre Ziel sei es, alle Widerstandsbewegungen zu vernichten, die ihrem Versuch, Libyen zu besetzen und zu kontrollieren, im Weg stehen.
JamahiriyaNewsAgency hält die offizielle, durch die NATO abgesegnete Berichterstattung über die Kämpfe in Sirte für falsch. Für den Einsatz der US-Streitkräfte in Libyen ist CENTCOM[2] verantwortlich. Wäre deren Behauptung richtig, dass es CENTCOM gelingt, die Bedrohung durch den IS zu verringern, könnten die USA daraus die offizielle Schlussfolgerung ziehen, dass die ausländischen Interventionen ausgeweitet werden müssten.
Allerdings berichtet die US-Zeitung ‚The Daily Beast‘[3], wie ein führender CENTCOM-General seine Geheimdienstanalysten zwang, Geheimdienstberichte zu manipulierten. Auch vor den Kongress geladene Zeugen wurden unter Druck gesetzt, um einen positiveren Eindruck über den Krieg gegen den IS vorzugaukeln. Dies fand eine Untersuchungskommission des US-Kongresses heraus, die demnächst mit einem 10-Seiten-Bericht an die Öffentlichkeit treten will. Mehr als 50 Analysten hatten eine offizielle Beschwerde eingereicht, weil ihre Berichte über den IS und al-Kaida in Syrien von höhergestellten Beamten abgeändert worden waren. Das Arbeitsklima sei vergiftet gewesen und sie seien genötigt worden, Schlussfolgerungen zu ziehen, die sich aus den vorliegenden Fakten nicht ergeben hätten. Es wird berichtet, dass die für die Fälschungen verantwortlichen Generäle bei CENTCOM die entsprechenden Emails und Ordner vor Einsichtnahme durch die Untersuchungskommission auf ihren Rechnern gelöscht hätten. Nun stellt sich die Frage, warum die Berichte geschönt wurden und auf wessen Veranlassung. Waren es die Generäle oder geht die Befehlskette noch weiter nach oben? Der Ruf nach einer ‚ungeschminkten‘ Wahrheit wird immer lauter.
Doch in Libyen geht es nicht nur um US-Luftschläge gegen den IS, sondern auch um den Einsatz von Bodentruppen. Wie Sputnik[4] berichtet, unterstützen US-Einsatzkräfte am Boden die lokalen Milizen, die bei Sirte kämpfen. Die USA leugnen allerdings weiterhin diese Einsätze, obwohl wiederholt berichtet wurde, US-Soldaten seien in Sirte gesichtet worden, erkenntlich an ihrer Bekleidung und ihrer Ausrüstung. Und der Libyenexperte des Europäischen Rats für auswärtige Angelegenheiten sagte: „Solange sie dieses ‚low profile‘ behalten… bleibt auch das Risiko sowohl für die USA als auch für die libysche Regierung gering (low).“
Die US-Spezialeinheiten operieren in einem sogenannten ‚low visibility mode‘ (kaum sichtbaren Modus), damit sie nicht als die erneute westliche Intervention kenntlich werden, die sie tatsächlich sind, denn der Einfall von ausländischem Militär in Libyen, insbesondere des Westens, ist bei der Bevölkerung höchst unbeliebt und gefährdet die schwache Sarradsch-Regierung. Dabei ist die offizielle Lesart des Westens, diese Sarradsch-‚Einheits-‘Regierung solle gerade durch den Einsatz der US-Militärs gestützt werden. Dies ist natürlich richtig, geht man davon aus, dass Sarradsch nur mit US-Militärhilfe an der Macht gehalten werden kann.
Doch nicht nur die USA sind mit „boots on the ground“ in Libyen vertreten. Dies kam bei einem Hubschrauberabsturz ans Licht, bei dem auch drei Franzosen ums Leben kamen und so offensichtlich wurde, dass sich auch französisches Militär in Libyen im Einsatz befindet.
Laut der italienischen Zeitung Corriere della Sera dankte Sarradsch, Premierminister der ‚Einheitsregierung‘, Italien dafür, dass es den Amerikanern erlaubt hätte, die Luftwaffenbasis Sigonella auf Sizilien für die Angriffe in Sirte zu benutzen. Weitere militärische Hilfe werde von Italien nicht benötigt.[5] Allerdings berichten italienische Zeitungen und auch die Daily Mail[6], dass der italienische Premier Matteo Renzo unter starken Beschuss geraten sei, da er ohne Zustimmung des Parlaments Spezialeinheiten nach Libyen entsandt hätte.
Und natürlich darf der Vierte im Bund nicht fehlen. So berichtet die Washington Post[7] neben der Sunday Mill vom Auftauchen nicht nur amerikanischer, sondern auch britischer Spezialeinheiten nahe der Frontlinie in Sirte. Ebenfalls finden sich Fotos im Netz, die zeigen, wie britische Soldaten IS-Kämpfer festnehmen. Das offizielle britische Statement lautet dagegen: London konzentriere sich auf die Ausbildung libyscher Einheiten und habe nicht vor, Bodentruppen ins Land zu schicken.
Entgegen der offiziellen Stellungnahmen sind sie also alle wieder da: US-Amerikaner, Briten, Franzosen und Italiener! Sie bomben und sie haben ‚boots on the ground‘ – gerufen von einer nicht-legitimierten ‚Einheitsregierung‘, ohne UN-Mandat und ohne die Zustimmung der eigenen nationalen Parlamente. Sie führen einen gespenstischen Krieg, den es offiziell gar nicht gibt. Und den führen sie bestimmt nicht gegen den IS, dem sie selbst den Boden bereitet haben, sondern gegen die Kräfte, die für ein souveränes und einiges Libyen stehen.


Angelika Gutsche
13.08.2016




[2] CENTCOM United States Central Command (Zentralkommando der Vereinigten Staaten) ist eines von sechs Regionalkommandozentren der US-Streitkräfte und steht unter der Kontrolle des US-Verteidigungsministeriums

[4] http://m.sputniknews.com/middleeast/2016/0811/1044146789/us-forces-ground-libya.html
[5] http://www.corriere.it/english/16_agosto_10/libyan-pm-is-also-danger-for-italy-help-us-now-c5ba5010-5ef6-11e6-bfed-33aa6b5e1635.shtml
[6] www.dailymail.co.uk/wires/afp/article-3734503/Renzi-fire-special-forces-Libya.html
[7] www.washingtonpost.com/news/checkpoint/wp/2016/08/09/u-s-special -operations-forces-are-providing-direct-on-the-ground-support-for-the-first-time-in-libya/

Montag, 15. August 2016



Die Spur führt in den Irak, nach Syrien und Libyen.

Die denkwürdigen Verbindungen der Hillary Clinton und wer davon wusste.

Aus gehackte Emails von Hillary Clinton, die Wikileaks veröffentlicht hat, geht hervor, dass Clinton auch noch zu ihren Zeiten als Außenministerin der USA enge Verbindungen zum französischen Unternehmen Lafarge hatte.
Wie bei thecanary.co schon am 29. Juli zu lesen, war die Firma Lafarge mit der Geheimmission in Syrien befasst, die zum Ziel hatte, Präsident Assad zu stürzen. Lafarge unterstützte den IS, indem es zu einer Zeit, als sich alle anderen Firmen aus Syrien zurückzogen, in doppelter Hinsicht mit dem IS Geschäfte machte: Die Firma verkaufte dem IS Zement und kaufte ihm im Gegenzug sein Erdöl ab. Erst im September 2014 wurde die Zementproduktion für den IS eingestellt. Aus internen Firmenunterlagen geht hervor, dass die Firmenspitze über diese IS-Deals voll im Bilde war. Der IS ist als terroristische Vereinigung eingestuft und mit ihm Geschäfte zu machen ist eine strafbare kriminelle Handlung. Doch anstatt zur Rechenschaft gezogen zu werden, bekam Lafarge einen Großauftrag der Stadt Paris zur Sandaufschüttung an den Seine-Stränden.
Hillary Clinton hatte bereits in den späten 80er Jahren enge Verbindungen zu der französischen Firma, noch bevor sie deren Direktorin wurde. Lafarge spendet auch regelmäßig für die Clinton-Stiftung, im Jahr 2015 bis zu 100.000 US-$ und auch 2016 taucht die Firma auf der Spendenliste auf.
Clintons und Lafarges Verbindungen reichen schon in den Irak zurück. Daher verwundert es nicht, dass Lafarge mit seinen undurchsichtigen Verbindungen zu den Geheimdiensten heute nach eigener Aussage „mit Ausnahme der Ölfirmen einer der größten Investoren im Irak“ ist.[1]

Wie aus den gehackten Clinton-E-Mails ebenfalls hervorgeht, war Hillary Clinton federführend beim Transfer von Waffen aus Libyen via Türkei nach Syrien. Der damalige US-amerikanische Botschafter in Libyen, Christopher Stevens, war eng in die Waffendeals via Türkei zugunsten der Dschihadisten in Syrien eingebunden. Es sollte auf diesem Weg sogar Giftgas zu den mit dem Westen verbündeten Dschihadisten gebracht werden, um den damit begangenen Anschlag Assad in die Schuhe schieben zu können.[2] Sicher wusste Stevens auch Bescheid über Clintons Verbindungen zur französischen Firma Lafarge und über deren Verbindungen zum IS. Es werden bereits Vermutungen laut, dass er für den Geschmack von Hillary Clinton und dem damaligen Obama Berater und heutigen CIA-Chef John Brennan zu viel gewusst haben könnte oder sich vielleicht sogar geweigert habe, für diese Art von Deals den Verantwortlichen zu geben. Wie bekannt, kam Botschafter Stevens im September 2012 in Bengasi ums Leben, auch weil die in den USA Verantwortlichen keine Hilfe sandten.. Die Überlebenden des Überfalls konnten nur durch das Eingreifen von ehemaligen Gaddafi-Militärs gerettet werden.
Noch lange sind nicht alle von Clinton gelöschten E-Mails aufgefunden und veröffentlicht worden. Es könnten sich im Laufe des amerikanischen Wahlkampfs noch einige Überraschungen ergeben.

A. Gutsche

[1] http://www.thecanary.co/2016/07/29/paris-strikes-astonishing-partnership-secret-isis-sponsor-ties-hillary-clinton/
[2] https://www.freitag.de/autoren/gela/libyen-im-mai-1   (siehe: 02.05.: Artikel des Journalisten Eric Zuesse


LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Libyen: Briten und Amerikaner kämpfen gegen IS, französische Truppen ziehen angeblich ab
15.8.2016. Nach vielfältiger Kritik der Libyer an der illegalen Anwesenheit französischer Truppen in Libyen, haben die französischen Soldaten jetzt das Land verlassen, sich aber in unmittelbarer Nähe, im offiziell neutralen Malta, niedergelassen. Kaum sind die Franzosen weg, erfährt die libysche Bevölkerung, daß die Milizen des Marionettenregimes in Tripolis bei ihrem Kampf um Sirte mit dem IS von britischen und US-amerikanischen Spezialkräften unterstützt werden – Libyen wird zum Tummelplatz ausländischer Armeen!


Dienstag, 9. August 2016



LIBYEN-KURZMELDUNGEN


Die Kurzmeldungen zu Libyen sind der Website www.welt-im-blick.de entnommen und laufen dort unter der Rubrik "Kurz und knapp in zwei Sätzen".
Der Libyen-Krieg stellte den Beginn einer neokolonialen Offensive des Westens gegen Afrika dar. Ihm vorangegangen war 2011 bereits der französische Kampfeinsatz gegen die Elfenbeinküste. Nun ist Syrien das nächste Opfer. Deswegen werden wir auch über diese Konflikte und die westliche Destabilisierungspolitik in Afrika berichten.

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Libyen-Experte empfiehlt Ghaddafis Volkskomitees zur Bewältigung der Krise
9.8.2016. Andreas Dittmann, Professor für Anthropogeographie am Institut für Geographie der Universität Gießen und Libyen-Experte, empfiehlt im Gespräch mit der Deutschen Welle die Etablierung von „Volkskomitees“, wie sie in der Zeit der Jamahiriya unter Revolutionsführer Muammar al-Ghaddafi üblich waren, um die Spaltung in Libyen und die politische Krise zu überwinden. Es gäbe in der libyschen Stammesgesellschaft keine Tradition parlamentarischer Wahlen, weder vor, noch nach der Revolution von 1969, aber die von Ghaddafi eingeführten Volkskomitees stützten sich auf „die beduinische Tradition der gemeinsamen Beratung“, was ein sinnvoller Akt sei, um die verfeindeten Parteien wieder ins Gespräch zu bringen, erklärte Dittmann folgerichtig.


HRW zu Jemen-Konflikt: Saudi-Arabien bombardiert absichtlich zivile Einrichtungen und tötet Zivilisten
9.8.2016. Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) bombardiert das benachbarte Saudi-Arabien, welches eine Marionettendiktatur im Jemen an die Macht hieven will, gezielt zivile Einrichtungen, um den Durchhaltewillen der jemenitischen Bevölkerung zu schwächen. Dem ganzen setzt ein durch finanzielle Erpressung Saudi-Arabiens zustande gekommener UN-Bericht die Krone auf, in dem behauptet wird, daß die jemenitischen Verteidiger (Huthi-Rebellen + Anhänger des Allgemeinen Volkskongresses GPC) Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ verwenden würden, obwohl erwiesen ist, daß die Saudis dutzende Male Fabriken, Infrastruktur und Gewerbegebiete bombardiert haben, was per Definition als Kriegsverbrechen zu werten ist.



Italiens Fünf-Sterne-Bewegung fordert: Keine US-Angriffe auf Libyen von
italienischem Boden!
8.8.2016. Die erfolgreiche basisdemokratische Protestpartei Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) um den Komiker Beppe Grillo fordert Italiens Regierung auf, keine italienischen Stützpunkte für einen US-Angriff auf Libyen zur Verfügung zu stellen. Es stehe zu befürchten, daß sich die Anhänger des „Islamischen Staates“ (IS) an Italien oder italienischen Bürgern rächen werden, so Luigi di Maio, „Nr.2“ in der Partei.





Die Rückkehr der Barbaren: Libyen im Widerstand

Libyen. Das Land wird von den USA in eine neue heiße Phase des Krieges gegen Neokolonialismus und die Vormacht der USA gerissen.

Nachdem in den letzten Tagen die USA eine Welle von Luftangriffen auf die libysche Hafenstadt Sirte geflogen haben, veröffentlichte RussiaToday einen Beitrag zu der momentanen politischen Situation. Darin wird auch US-Präsident Obama mit seiner Aussage zitiert, dass der Westen es versäumt habe, nach dem Sturz Gaddafis für Stabilität im Land zu sorgen.[1] Es wurde erklärt, die neuen US-Militäroperationen seien der Beginn eines langen Prozesses zum Aufbau einer funktionierenden Regierung und eines Sicherheitssystems. Auf die Nachfrage einer Reporterin von RT beim US-Außenministerium nach den Strategien der USA in Libyen, sagte deren Sprecher John Kirby, das Ziel der neuerlichen Operationen sei es, die libysche Einheitsregierung zu stärken.
Andere Regierungsvertreter erklärten gegenüber Reuters, die Angriffe seien keine isolierten Luftschläge, sondern bildeten den Auftakt eines längeren Krieges.
All diese Aussagen sind Anlass zu größter Besorgnis. Es ist nicht mehr die Rede vom Kampf gegen den IS, sondern plötzlich soll die ‚libysche Einheitsregierung‘ gestärkt werden. Doch wie stellen sich die USA das vor? Die ‚international anerkannte‘ Sarradsch-Regierung hat keine Hausmacht hinter sich. Ihr Herrschaftsgebiet beschränkt sich auf wenige Quadratkilometer in der Hauptstadt Tripolis. Die dschihadistischen Milizen, ihr ihr nach außen Loyalität zusagten, nutzen die Nähe zur ‚Sarradsch-Regierung‘ einzig, um ihre eigene Macht zu stärken und auszubauen. Die Marionette des Westens Sarradsch ist im Volk mehr als unbeliebt. Libyen versinkt im Chaos und die einfachsten Grundbedürfnisse der Bevölkerung können nicht mehr befriedigt werden. Stromausfälle und Bargeldmangel sowie ausstehende Gehaltszahlungen sind alltäglich.
Dagegen sitzt die Regierung im Osten mit ihrem Präsidenten Agila Saleh und der Libyschen Nationalarmee unter Führung von General Hefter recht fest im Sattel. General Hefter ließ auf einer Pressekonferenz verkünden, die Luftschläge der USA seien illegal und dienten Wahlkampfzwecken zur Unterstützung von Hillary Clinton. Doch es wären nicht die USA, sondern die Libysche Nationalarmee, die Sirte befreien würde. Washington sei nicht erlaubt, Luftangriffe in Libyen zu fliegen, auch nicht unter dem Vorwand, gegen den IS zu kämpfen.
Dem Grünen Widerstand ist es gelungen, seine Kräfte im Land zu sammeln und neue Allianzen zu schmieden. Seif al-Gaddafi befindet sich in Freiheit. So hat es auch hohen Symbolwert, wenn wieder die Geburtsstadt Gaddafis Ziel der US-amerikanischen Bomben ist, deren Zivilbevölkerung aus Angehörigen seines Stammes besteht. JamahiriyaNewsAgency rief unter der Überschrift „US-UN gestützte ‚Einheitsregierung‘ ist eine kriminelle Vereinigung, die Libyen betrügen will“ zu landesweiten Protesten am Freitag, den 5. August auf. Die Textseite selbst war gestern gesperrt und nicht mehr erreichbar.
Es ist eine freche Verdrehung der Tatsachen, wenn behauptet wird, die USA und der Westen hätten es versäumt, nach dem Sturz Gaddafis für Stabilität im Land zu sorgen. Sie haben mit ihren Bombardements das Land total zerstört, mit der Verfolgung aller Sicherheitskräfte aus Militär und Polizei und der Säuberung aller Verwaltungseinheiten von Gaddafisten den anschließenden totalen Zusammenbruch des Landes herbeigeführt, nebenher wurde al-Kaida im ganzen Land an die Macht gebracht und dem IS Tür und Tor geöffnet. Dies alles wurde mutwillig und bewusst inszeniert!
2011 wurde zunächst mit der Idee gespielt, wieder eine Monarchie zu installieren, die exilierte Königsfamilie stand Gewehr bei Fuß. Allerdings war das den Menschen in Libyen nicht zu vermitteln. Alles, was sie mit der Monarchie verbanden, war Ausbeutung des Landes durch den Westen sowie Armut und Not der Bevölkerung. Ein weiteres Szenario sah eine Dreiteilung des Landes vor. Doch auch wenn Libyen eine Stammesgesellschaft ist, verstehen sich die Libyer in erster Linie ihrer Familie, in zweiter ihrem Stamm, in dritter aber immer noch ihrer Nation verpflichtet und fühlen sich dementsprechend als Libyer, die zusammenstehen und wünschen, dass der Reichtum ihres Landes gerecht auf alle verteilt wird.
Doch von Anfang an gab es einen Plan der USA für Libyen, der um jeden Preis erfüllt werden sollte: Ein souveräner libyscher Staat musste mit allen Mitteln verhindert werden, um die Kontrolle über die Ressourcen zu erlangen und geostrategisch günstige Militärstützpunkte zu errichten.
Dem Westen und seinen Helfershelfern ist es 2014 gelungen, das Wahlergebnis auszuhebeln, indem statt der gewählten säkularen Regierung mit Waffengewalt eine islamistische Moslembruderschaft mit Hilfe von al-Kaida-Milizen im Westen des Landes an die Macht gebracht und so das Land künstlich gespalten wurde. Doch insgesamt sind die Kräfte, die separatistische Wünsche hegen, verschwindend gering gegenüber den nationalen Kräften, die das Land wieder vereinen möchten.
Die jetzt vom Westen installierte sogenannte ‚Einheitsregierung‘ ist der neueste Versuch, die Kontrolle über Libyen zu erlangen. Als Vorbild dient der Irak: Verschanzt hinter Betonmauern soll in einer Green Zone eine Marionettenregierung installiert werden, die durch die westliche Militärpräsenz im Land künstlich an der Macht gehalten wird. Mit Hilfe dieser ‚Regierung‘ soll endlich die Kriegsbeute, sprich Bodenschätze, eingefahren werden. Sind Aufstände des Volkes zu befürchten, ruft die ‚Regierung‘ ausländische Mächte zu Hilfe, die dann wieder ein bisschen bomben und ihre Militärstützpunkte im Land weiter ausbauen dürfen.
Doch eines muss den USA klar sein: Mit den arabischen und islamischen Ländern und deren Menschen haben sie es sich für immer verschissen, egal, welcher politischen Ausrichtung oder islamischen Glaubensrichtung sie angehören. Auch wenn aus nationalen Interessen kurzzeitige Bündnisse geschlossen werden oder die USA in arabischen Ländern wie Libyen vereinzelte Politiker finden, die bereit sind, mit ihnen zu kollaborieren, wissen die Menschen ganz genau, dass dieser Neokolonialismus eine besonders abscheuliche Abart des Rassismus und der Menschenverachtung ist, der die gesamte arabische Welt und mit ihr die Umma al-Islamiya trifft.
Die USA sind nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Sie wissen nicht, was die Stunde geschlagen hat. Dass sich die Völker und die Menschen nach zwei Weltkriegen und der Masse an ungelösten Umwelt- und enormen anderen Problemen danach sehnen, in Frieden und Freundschaft miteinander zu leben, in einem fairen Austausch zu kooperieren und Konflikte auf zivilisierte Art durch Gespräche und Verhandlungen zu lösen.

Angelika Gutsche
5.8.2016



[1] https://deutsch.rt.com/afrika/39812-neue-us-angriffe-wer-in/