Libyen im Januar 2018 – Monatsrückblick
Was geschah… eine unvollständige Auflistung
Januar 2018
01.01. 2017 wurden laut der Nationalen
Menschenrechtskommission in Libyen (NCHRL) 433 Menschen getötet, darunter
79 Kinder und 10 Frauen. Daneben fanden 201 außergerichtliche
Exekutionen statt. 197 Zivilisten und Soldaten kamen in Bengasi, Sirte und Derna durch Landminen ums Leben. 143
Personen wurden unrechtmäßig eingesperrt und
186 entführt. 15 Angriffe auf Krankenstationen wurden gemeldet. 34 Fälle von
Verhaftungen, Folterungen und Bedrohungen von Journalisten und
Menschenrechtsaktivisten wurden bekannt.
Die Dunkelziffern dürften jeweils beträchtlich höher liegen.
Daneben leiden 3,5 Mio.
Libyer, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung, unter schlechten Lebensbedingungen und fast 400.000 Libyer sind
innerhalb des Landes auf der Flucht.
01.01. Bewaffnete sind mit einem Fahrzeug auf den
Campus der Universität von Bengasi vorgedrungen und haben einen Studenten
entführt.
03.01. In Bengasi wurde der Menschenrechtsaktivist
Rabea Dschajasch gekidnapt. Die Nationale Menschenrechtskommission
in Libyen hat die Entführung verurteilt.
03.01. Laut LibyanHerald ist
Deutschland momentan der größte Geldgeber für Libyen. Im Lauf des letzten
Jahres zahlte es etwa 233 Mio. Euro, davon wurde allerdings die größte Summe,
nämlich 200 Mio., für Migranten und mit ihnen in Zusammenhang stehende Projekte
ausgegeben. Der nächsten Posten sind
sogenannte ‚Stabilisierungseinrichtungen‘ mit 11 Mio. (was immer das auch sein
mag), 10,5 Mio. für lokale Regierungen (was immer das auch sein mag), 5,7 Mio.
für Mediation, 3 Mio. für die Minenräumung v.a. in Sirte und klägliche 2 Mio.
für Erziehung/Kultur/Medien/Ziviler Bereich.
Der deutsche Botschafter für
Libyen, Christian Buck, versteigt sich in einen unsäglichen Vergleich zwischen der ehemaligen
DDR und Libyen: „Es fanden weitreichendste politische und wirtschaftliche Umwälzung [in der DDR] statt und heute ist
[Ostdeutschland] der modernste Teil
Deutschlands, gemessen an der Infrastruktur, den Institutionen und den Möglichkeiten.“
Wie kann man die libysche Stammesgesellschaft, deren Haupteinnahmequellen
Erdöl- und Erdgas sind, mit einer der leistungsstärksten, westlichen
Industrienationen vergleichen? Und Ostdeutschland der modernste Teil
Deutschlands? Wie ist das mit der Arbeitslosigkeit? Wie mit den
Standortfaktoren? Und wie war das mit der Abwicklung sprich Ausverkauf der DDR
nach der Wende?
Aber es kommt noch netter:
Neue Jobs wollen die Deutschen schaffen für Automechaniker, Händler und Friseure, um „Libyen
voranzubringen“. Da werden sich die Libyer aber freuen! Wie, in Libyen gab es bis zum Nato-Krieg keine Händler,
Autoreparaturwerkstätten und Friseure? Da braucht man jetzt die Deutschen, um
diese Jobs zu schaffen? Geht‘s noch? Ja, es geht noch schlimmer. Denn Libyen
solle nicht erwarten, dass die Welt seine Probleme löst. Wie bitte? Die „Welt“,
sprich USA, Frankreich, Großbritannien, Türkei und arabische Staaten haben doch
wohl diese Probleme 2011 mit ihrem NATO-Krieg, der in der Ermordung Gaddafis
gipfelte, erst geschaffen! Wenn sich „die Welt“ in Libyen heraushalten würde,
wären die Probleme schon längst gelöst.
04.01. Der Vorsitzende des Amtes für Erziehung in der
Stadt Abjar wurde von unbekannten Bewaffneten
erschossen. Er hatte sich für die Parlamentswahlen als Kandidat aufstellen
lassen.
04.01. Das Hohe Nationale Wahlkomitee erklärt, dass
sich bisher über 1,8 Mio. Libyer als Wähler registrieren
ließen. Täglich kämen etwa 30.000 neue Wähler hinzu.
Die Wählerregistrierung für im
Ausland lebende Libyer beginnt erst am 1. Februar.
05.01. Eine Zinten-Miliz unter Osama Dschuwaili
(Usama Ajweily) hat sowohl die
Grenzstadt Ras Dschedir
(libysch-tunesische Grenze im Norden) als auch das Abu-Kammasch-Ölterminal angegriffen. Beides wurde von der
Berber-Stadt Zuwara kontrolliert. Der Komplex von Abu-
Kammasch konnte, nachdem es zunächst von
Dschuwaili eingenommen worden war, bei
einem
Gegenangriff von Zuwara zurückerobert werden. In der petrochemischen Anlage
brach ein schweres Feuer aus. In Ras
Dschedir flohen Grenzbeamte nach Tunesien.
Dschuwaili
gab in einem Fernsehinterview bekannt, dass der Angriff auf Anordnung der
UN-gestützten ‚Einheitsregierung‘ zurückgehe, angeblich um kriminelle
Aktivitäten, v.a. Schmuggel, auf der Küstenstraße zwischen Tripolis und der
tunesischen Grenze zu stoppen.
Bei den Auseinandersetzungen
sollen mindestens drei Kämpfer getötet worden sein. Der Grenzübergang nach
Tunesien blieb wegen der anhaltenden Kämpfe geschlossen.
Nachtrag 06.01.: Nach Gesprächen der Stadtverwaltung von Zuwara und dem
Präsidialrat in Tripolis wurden die militärischen Operationen eingestellt. Der
Bürgermeister von Zuwara, Ben Sassi, sagte, es sei unklar, ob der
‚Präsidialrat‘ den Angriff überhaupt angeordnet habe.
Nachtrag 08.01.: Usama Dschuwaili hat offiziell die Kontrolle über den
Grenzort Ras Dschedir übernommen. Er sei ab jetzt für militärische
Unternehmungen in diesem Gebiet verantwortlich.
05.01. Die Libysche
Zentralbank (CBL) hat die Zahlen für das Jahr 2017 bekanntgegeben.
Demnach konnten mit den Einnahmen gerade die Staatsgehälter gedeckt werden. Für
Entwicklungsprojekte wurden nur 1,9 Milliarden ausgegeben. Die CBL musste
ein Defizit des ‚Finanzministeriums‘ in Höhe von 72 Milliarden LYD decken, dazu
kommen 22 Milliarden der Beida-CBL. Die Gesamteinnahmen betrugen 22,31
Milliarden LYD.
Öleinnahmen konnten in Höhe von 19,2 Milliarden LYD verbucht werden. Die
Nicht-Öl-Einnahmen betrugen nur 3,11 Mio. LYD. Das Gesamtdefizit betrug 32,7
Milliarden LYD.
Die Zahlungsbilanz mit dem Ausland war ausgeglichen.
05.01. Die Entlassung von acht
Top-Dschihadisten aus dem Gefängnis in Bengasi, die sich sofort auf den Weg
nach Derna machten, hat General Khalifa Haftar Kritik eingetragen.
06.01. In Suluk (ca. 50 km
südöstlich von Bengasi) ist Musa Namir Akwri, ein Führer des Awakir-Stammes,
nur knapp einem Mordversuch mittels einer Autobombe entgangen. Bereits im
Mai war ein Stammesführer des Awakir-Stammes durch eine Autobombe getötet
worden.
06.01. Die italienische
Küstenwache gab bekannt, dass vor der libyschen Küste mindestens acht Menschen
ertrunken sind. Mehr als 84 Menschen konnten aus dem havarierten Boot
gerettet werden. Etliche werden noch vermisst.
Nachtrag 08.01.: Die Zahl der Toten ist auf laut Internationaler
Organisation für Migration auf 64 angestiegen.
06.01. Über die Schändung des
Schreins und Entführung des Leichnams von Mahdi Senussi, Vater des ehemaligen
König Idris‘, durch eine bewaffnete Gruppe Ende Dezember in Kufra zeigt sich
das Libyan Revolutionary Committees Movement (LRCM) empört. Es
erinnern daran, dass auch das ‚großmütterliche‘ Grab von Aischa
in Brand gesteckt wurde
und an weitere Grabschändungen des Jahres 2011. Ebenfalls gedacht wurde der
Schändung der Gräber von Saif al-Arab Muammar Gaddafi
und Mohammed Abdel Salam
Humaid, genannt Abu Munyar
. Ihre Leichname wurden
„mit dem Einverständnis eines sogenannten Staatsanwalts und der
Verräterregierung aus den Gräbern genommen und auf einer Deponie in Bir al-Asti
Milad abgelegt.“
„Diese entsetzlichen Leichenschändungen werden unvergessen bleiben“.
07.01. Laut
der in den VAE erscheinenden Zeitung Al Bayan wollen die mit Katar in
Verbindung stehenden Kräfte in Libyen die in diesem Jahr geplanten Wahlen
verhindern. Der Plan zielt darauf ab, Saif al-Islam Gaddafi zu liquidieren.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/wahlkampf-auf-libysch
07.01. Der
Anwalt der Familie Gaddafi, Khalid al-Zaidi, geht juristisch gegen gezielt
gestreute Fake-News vor, die Saif al-Islam Gaddafi Verbindungen zu
Saudi-Arabien unterstellen und unter seinem Namen einen gefälschten
Facebook-Account anlegten. Es werde auch
Klage vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Katar eingereicht.
07.01. Die
Gedenkschrift, die Saif al-Islam Gaddafi im Oktober 2017 für den Herland-Report
verfasste, wurde inzwischen in vielen Sprachen weltweit veröffentlicht. Sie befasst sich mit den Gräueltaten, die im Namen einer
humanitären Intervention in Libyen begangen wurden und zeigt, wie die NATO
einen souveränen und friedlichen Staat zerstörte.
Der Text auf Deutsch:
https://www.freitag.de/autoren/gela/eine-philippika-von-saif-al-islam-gaddafi
07.01. Am 07.01. griff die radikal-islamistische
Kani-Brigade aus Tarhuna zwei
Kontrollposten der Stadt Garabulli (etwa 50 km östlich von Tripolis) an und
vertrieb die dort stationierten Milizen des ‚Präsidialrats‘.
Die Kani-Miliz zerstörte in der Stadt aufgerüstete Fahrzeuge und schwere
Waffen. Bei den Kämpfen wurde auch die Elektrizitätsleitung in Mitleidenschaft
gezogen, was zu einem Spannungsabfall in Tripolis führte. Die Stadtverwaltung
von Garabulli forderte die Miliz auf, die Stadt unverzüglich wieder zu
verlassen.
Nachtrag 08.01.: Die Kani-Miliz ist aus der Stadt abgezogen.
08.01. General
Haftar hat es mit seiner Aussage, Libyen sei nicht bereit für eine Demokratie, auf die Titelseite der französischen Zeitschrift Jeune
Afrique gebracht.
Er darf dann auch Saif al-Islam Gaddafi als politisch naiv beschimpfen und
sagen: „Aber wenn die Situation und das Chaos, wie sie jetzt sind, auch nach
der Wahl bestehen bleiben, dann werden wir sagen: Genug ist genug. Und
handeln.“
Da muss man sich wirklich die Augen reiben: Hat die NATO nicht angeblich in
Libyen interveniert, um die Demokratie zu bringen? Der CIA-Mann Haftar, der von
der Mehrheit des libyschen Volkes als Verräter betrachtet wird, hätte bei
Wahlen keinerlei Chancen gegen Saif al-Islam. Denn Haftar hat Libyen schon
zweimal verraten: In den 70er Jahren, als er im Tschad-Krieg die Seiten
wechselte und sich gegen Gaddafi stellte und als er scheiterte, in die USA
ausgeflogen wurde. Und 2011, als er von der CIA wieder nach Libyen eingeflogen
wurde, um die Milizen im Kampf gegen Gaddafi anzuführen. Er gibt den Traum nicht
auf, sich in Libyen mit Hilfe des Westens zum Diktator aufzuschwingen. Doch das
wird für ihn immer nur ein Traum bleiben. Denn was immer auch in diesem Jahr
geschehen mag, Wahlen oder keine Wahlen: Der Sieger wird in jedem Fall Saif
al-Islam Gaddafi heißen. Die Zukunft Libyens liegt ganz sicher nicht in den
Händen eines 75-jährigen abgehalfterten CIA-Mannes mit US-amerikanischen Pass.
Nachtrag 11.01.: Der Sprecher der LNA, Ahmed al-Mismari sagte, dass die
von Jeune Afrique publizierten Bemerkungen von General Haftar über Saif
al-Islam Gaddafi falsch seien. Der Oberbefehlshaber der libyschen
Streitkräfte bestreite, diese Aussagen gemacht zu haben. Mismari drohte Jeune
Afrique mit einer Klage.
09.01. Nach der Verhaftung eines libyschen
Berber-Aktivisten in Bengasi hat der Hohe Berberrat General Haftar Rassismus
vorgeworfen. Der berberische Künstler hatte in einem Kindertheater ein
Stück in der Berbersprache aufgeführt.
09.01. Bewaffnete verübten einen Angriff auf das
Al-Zawija-Kraftwerk und plünderten dessen Equipment.
10.01. In der Stadt Barsis (57 km östlich von
Bengasi) fanden Proteste gegen die hohen Preise für Viehfutter und gegen den
Angriff auf das Kwefidschah-Gefängnis durch LNA-Streitkräfte statt. Die
Verbindungsstraße von Bengasi in den Süden wurde gesperrt.
10.01. Der UN-Untergeneralsekretär für politische
Angelegenheiten, Jeffrey Feltman, sagte, dass die diesjährigen Wahlen in Libyen
der Weg zu „einem friedlichen und umfassenden Ende der Übergangsphase“
sind.
11.01. Vor der Küste von Khoms (100 km östlich von
Tripolis) erlitten drei Migrantenboote Schiffbruch. 270 Menschen konnten
gerettet werden, mindestens 50 starben und etwa 100 werden noch vermisst. Die
Migranten stammten in der Hauptsache aus Gambia, dem Senegal, Mali und Nigeria.
Auch der neugeschaffenen militärischen Allianz
G5-Sahel, die Migranten
in der Sahelzone abfangen soll, ist es nicht gelungen, den Migrantenstrom nach
Norden zu verringern. Laura Boldrini, Präsidentin der italienischen
Abgeordnetenkammer sagte: „Es ist illusorisch oder zynisch zu meinen, dass
Europa das Problem lösen kann, indem es die Lösung an die nordafrikanischen
Länder delegiert. Es wird nicht aufhören, solange das Problem nicht an seinen
Wurzeln gelöst wird, d.h. die Schaffung menschenwürdiger und sicherer Lebensverhältnisse
in den Ländern, aus denen die Menschen fliehen.“
11.01. Die griechische Küstenwache hat einen aus der
Türkei kommenden Frachter gezwungen, den Hafen Heraklion auf Kreta anzulaufen.
An Bord befanden sich 29 Container, die mit 410 Tonnen Sprengstoff für
Libyen beladen waren. Die Ladung war in den türkischen Häfen Mersin und
Iskenderum geladen worden und offiziell für Dschibuti und Oman bestimmt.
Tatsächlich habe der Kapitän vom Schiffseigner den Befehl erhalten, den
libyschen Hafen Misrata anzulaufen und die Ladung dort zu löschen. Da die UN
ein Waffenembargo über Libyen verhängt haben, wurde die Besatzung des Frachters
verhaftet.
Die LNA riefen die UN, EU, AU, Arabische Liga und die internationale
Gemeinschaft auf, die Türkei wegen Kriegsverbrechen zu verurteilen. Auch das
libysche Parlament, die Übergangsregierung (Beida) und der
‚Verteidigungsminister‘ des Präsidialrats verurteilten den Verstoß gegen das
Waffenembargo.
Was will das dschihadistisch dominierte Misrata mit solchen Mengen
Sprengstoff? War der Sprengstoff dafür bestimmt, die Wahlen durch
terroristische Anschläge zu sabotieren?
11.01. Das US-State Department hat ein neues
Reiseratgebersystem mit einer sogenannten No-Go-List vorgestellt, die
Staaten auf einer Skala von 1 bis 4 einstuft. Libyen belegt zusammen mit
Syrien, dem Jemen, dem Irak, Afghanistan, Nordkorea und anderen Staaten den 4.
Platz.
11.01. Der
Parlamentarier al-Salheen Abdelnabi sagte, Libyen wurde am 17. Februar 2011 den
Geheimdiensten anderer Staaten ausgeliefert. Diese Staaten, die nur ihre
eigenen Interessen im Sinne haben, wollten Libyen in Zusammenarbeit mit
Personen, die in Libyen jetzt an der Macht sind und in Zusammenarbeit mit den
Geheimdiensten im Zustand eines failed state halten. Der britische
Botschafter in Libyen, Peter Millett, sei dabei einer der Verantwortlichen für
politische Korruption in Libyen.
12.01. General Haftar soll zu Geheimgesprächen in die
Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gereist sein, wo er bereits im November zu
Gast war. Daneben bereite er eine Reise nach Ägypten vor. Es soll dabei um die
Schaffung einer einheitlichen libyschen Armee unter der Aufsicht des
ägyptischen Geheimdienstes gehen. Es stellt sich die Frage, wieso die Reise
von Haftar in die VAE geheim gehalten wurde und ob sie in Zusammenhang mit den
angekündigten Wahlen in Libyen steht. Es heißt, die VAE wären bemüht, eine
politische Lösung zu verhindern und setzten weiter auf die Unterstützung von
General Haftar. Dahinter stehe der Wunsch der VAE, noch vor einem Ende des
Chaos‘ den wirtschaftlichen, politischen und militärischen Einfluss in der
Region zu festigen. Sollte in Libyen die Krise erst überwunden sein, sei es
ausländischen Mächten nicht mehr möglich, den libyschen Staat zu kontrollieren.
Daneben scheint es den VAE um ein geheimes Strategieprojekt in Libyen zu gehen:
Das Mittelmeer soll mit der südlich des Golfs von Sirte (Sidra) gelegenen Wüste
verbunden werden. Dabei befinden sich die VAE in Konkurrenz zu solch wichtigen
Ländern wie Großbritannien. Bereits seit etlichen Jahren habe Großbritannien
Libyen zu diesem Projekt gedrängt, das Gaddafi aber blockierte. Die Eroberung
des libyschen Ölhalbmonds durch General Haftar ermutige nun die VAE, mit Haftar
Gespräche über dieses Projekt aufzunehmen. Offizielle aus den VAE hätten
bereits die Örtlichkeiten in Augenschein genommen und die Umsetzbarkeit des
Projekts geprüft.
Allerdings betreibt British Petroleum seit 2007 auf diesem Gelände
Öl-Explorationen und Sirte sowie seine Umgebung werden von der Bunjan-al-Marsous-Miliz
(Misrata) beherrscht, die zu den schlagkräftigsten Gegenspielern von General
Haftar zählt.
12.01. Neopresse
bringt einen älteren, aber dennoch sehr lesenswerten Artikel des Afrikaners
Jean-Paul Pougala, der noch einmal die Gründe für den NATO-Krieg gegen Libyen
aufführt und der zeigt, warum Libyen unter Gaddafi weit mehr den Kriterien
einer Demokratie (Herrschaft des Volkes) entsprach als dies die westlichen
Staaten tun.
12.01. Auf einer von Ägypten, Saudi Arabien, VAE und
Bahrain aufgestellten Terroristenliste befinden sich auch fünf Libyer: Ali
Mohammed al-Salabi (Salafistenprediger und Moslembruder auch mit
katarischer Staatsbürgerschaft);
Abdelhakim Belhadsch (al-Kaida-Mitglied
und LIFG
-Anführer;
2004 wurde er von der CIA aus Bangkok nach Libyen abgeschoben, wo er – entgegen
anders lautender Berichte – nur ein Jahr im Abu-Salim-Gefängnis in Tripolis
einsaß. Nachdem er mehrere Namen preisgegeben hatte, wurde ihm erlaubt,
zusammen mit seiner Familie eine Villa zu beziehen. Er stand unter Hausarrest,
der, nachdem er sich zur Dschamaharija bekannt hatte, 2008 vollständig
aufgehoben wurde. 2011 nahmen unter seiner Führung etwa 800 LIFG-Kämpfer an den
Kämpfen gegen die libysche Armee teil. 2011 wurde er Militärführer in Tripolis
und alsbald Milliardär mit eigener Flugzeugflotte. Er steht in engen
Beziehungen zu Katar);
Mahdi al-Harati (lebte lange in Irland und
kämpfte im Kosovo und im Irak, Kommandant der Tripolis-Miliz);
Ismail
Mohammed al-Salabi (kämpfte in Afghanistan, Pakistan und Syrien, in Libyen
Kommandant des Bataillons 17. Februar mit engen Verbindungen zur
Moslembruderschaft, befehligt jetzt die
Verteidigungsbrigaden von Bengasi
mit al-Kaida-Verbindungen. Er ist ein enger Vertrauter des katarischen
Geheimdienstchefs Ghanem al-Kubaisi, Katars Mann in Libyen, von dem er mit Geld
und Waffen unterstützt wird);
Sadik Abdul Rahman Ali Ghariani (auch
‚Terrorismus-Mufti‘ genannt, verhängte etliche Fatwas in Libyen, die zu Kämpfen
und Blutvergießen führten, mit engen Verbindungen zu al-Kaida)
13.01. Mitarbeiter der Internationalen
Organisation für Migration (IOM) wurden im südlichen Libyen zwischen Sebha
und Brak al-Schatti von Bewaffneten entführt.
Nachtrag: 16.01.: Nachdem bereits zwei Entführte freigelassen worden waren,
konnte auch der dritte von der Polizei in Sebha befreit werden.
13.01. Die Hohe Libysche Wahlkommission gab bekannt,
dass sich die Zahl der registrierten Wähler für die im Jahr 2018 vorgesehenen
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen auf über zwei Millionen erhöht hat. Die
Registrierung dauert noch bis zum 6. Februar an, ab dem 1. Februar können sich
auch im Ausland lebende Libyer online registrieren lassen.
Gerade lassen sich pro Tag etwa 20.000 Menschen registrieren. Für die
Parlamentswahlen 2014 hatten sich insgesamt nur etwa 1,5 Mio. Wähler in die
Wählerlisten eingetragen.
14.01. Der Hohe Rat der Libyschen Stämme hat seine
Entscheidung bekanntgegeben, an den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen des
Landes teilzunehmen. Er wird für alle Wahlkreise Kandidaten nominieren und
Empfehlungen abgeben. Der Hohe Rat erwartet sich eine Mehrheit von mehr als 75
Prozent aller Parlamentssitze. Alle Stämme, Städte, Streitkräfte, nationale
Gruppierungen, alle Anhänger der Heimat und von al-Fatah werden aufgefordert,
die Kandidaten des Stammesrates in ihren Wahlkreisen zu unterstützen.
14.01. Ein Beitrag auf RT
befasst sich mit der bevorstehenden Wahl in Libyen. Es wird die Meinung
vertreten, dass „Wahlen ohne die Einrichtung eines starken und unparteiischen
Sicherheitsmechanismus sowie landesweiter Justizbehörden, die die Ergebnisse
überwachen und schützen, sinnlos erscheinen“. Die vorher geplante nationale
Versöhnungskonferenz, bei der Libyer aus dem ganzen Land zusammentreffen und
einen gemeinsamen Zukunftsentwurf erarbeiten sollen, werde von der UN als
Druckmittel auf die beiden Regierungen (Tobruk und Tripolis) verstanden, um sie
zu Kompromissen zu bewegen. Damit die Wahlen nicht nur wieder in eine neue,
diesmal die vierte, Übergangsperiode mit einer Übergangsregierung führen,
müsste vorher eine neue Verfassung von einer Zweidrittelmehrheit des libyschen
Volkes in einem Referendum angenommen werden. RT konstatiert, dass die Menschen
erschöpft sind „von den anhaltenden Konflikten und Gewalttaten, dem Mangel an
Sicherheit und den damit verbundenen katastrophalen sozioökonomischen
Bedingungen.“ Die Intervention in Libyen habe nur ins Chaos führen können.
15.01. Laut der italienischen Verteidigungsministerin
Roberta Pinotti stockt Italien sein Soldatenkontingent in Libyen von 370 auf
400 Militärs auf. Das Nationale Verteidigungs- und Sicherheitskomitee des
Parlaments in Tobruk (Ostlibyen) verurteilte diese Entscheidung als klare
Verletzung der libyschen Souveränität.
Außerdem werden 470 Soldaten in den Niger entsandt, um dort gegen Terrorismus
und ‚Menschenhandel‘ zu kämpfen.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/italien-schickt-mehr-militaer-nach-libyen
16.01. Schwere Kämpfe um den Militär- und momentanen
Hauptstadtflughafen Mitiga durch rivalisierende radikal-islamistische Milizen.
Den Angreifern geht es um die Befreiung Gefangener aus dem auf dem
Flughafengelände errichteten Gefängnis. Sarradsch ruft den staatlichen Notstand
aus.
Siehe auch meinen Blogbeitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/kaempfe-um-tripolis-airport
Nachtrag 20.01.:
Erste Flüge konnten wieder vom Mitiga-Airport starten.
17.01. Der Generaldirektor von Afriqija-Airways,
Abu Bakr al-Forteja, hat seinen Rücktritt erklärt. Er beschuldigte den
Präsidialrat, für die Kämpfe um den Mitiga-Flughafen und dessen Beschädigung
sowie die Toten und Verwundeten verantwortlich zu sein. Al-Forteja sagte,
die Miliz, die für die Verwüstungen auf dem Flughafengelände verantwortlich
ist, gehöre zum ‚Verteidigungsministerium‘ des Präsidialrats.
Er warf dem ‚Verteidigungsminister‘ der ‚Einheitsregierung‘ Korruption vor:
„Außenminister Mohammed Sajala und der PC sind in einen Korruptionsvertrag mit
Airbus im Wert von 3,7 Milliarden Dollar involviert.
Afriqiya-Airways
versuchte unter meiner Aufsicht diesen Vertrag zu stoppen, doch diese Beamten
hielten an ihm fest: Eine parallele Exekutivabteilung ermöglichte den
Deal."
Siehe meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/airbus-in-korruptionsvorwuerfe-verstrickt
17.01. Nahe der Jaghbub-Oase (an der ägyptischen
Grenze) ermordete die sudanesische Miliz Sudanese Justice and Equality
Movement (JEM) sechs LNA-Soldaten und entführte einen weiteren. Die
Soldaten gehörten einer Wüstenpatrouille zur Grenzsicherung an.
Zwischen der LNA und der JEM war es schon früher zu Zusammenstößen bzw.
Entführungen gekommen.
18.01. Der Anwalt von Khalid al-Hamedi, der der Vereinigung
der Nato-Opfer im Krieg gegen Libyen vorsteht, bestätigte, dass zwingende
Beweise gegen die Nato über das Begehen von Kriegsverbrechen vorliegen. Am
29. Januar soll diesbezüglich in Brüssel eine Pressekonferenz abgehalten
werden. Man berufe sich auf die Römischen Verträge von 2002, in denen Immunität
abgestritten und das Recht daraufhin erweitert wurde, internationale
Institutionen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verklagen.
Khalid al-Hamedi selbst verlor bei einem Bombenangriff auf sein Haus dreizehn
Familienmitglieder, darunter seine schwangere Frau und seine zwei Söhne.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/ein-libyer-klagt-gegen-die-nato
18.01. Die arabisch-sprachige Tageszeitung Ray
al-Youm schreibt in Berufung auf diplomatische und Geheimdienstkreise, dass
die USA grünes Licht für die Evakuierung hunderter IS- und al-Kaida-Kämpfern
aus dem Libanon, dem Irak und aus Syrien in die Wüstengebiete Libyens gegeben
hätten. Es besteht der Verdacht, dass die USA in Afrika mit Hilfe des IS Boden,
der an China und Russland verlorenen wurde, wieder gutmachen wollen.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/warum-die-usa-in-afrika-den-is-staerken
19.01. Unter dem Titel „Durch die Hintertür:
Anschluss Libyens an europäische Überwachungssysteme“ schreibt Cilip:
„Die Küstenwache in Libyen soll enger mit Grenzbehörden und Militärs aus der
europäischen Union kooperieren. Ein direkter Informationsaustausch mit der
EU-Militärmission
EUNAVFOR MED oder mit
Frontex ist derzeit
rechtlich nicht möglich, jetzt füllt Italien diese Lücke. Neben einem
gemeinsamen Kontrollzentrum in Rom errichtet Italien eine Leitstelle in Tripolis.“
Italien macht es sich in seiner alten Kolonie schon ganz gemütlich!
20.01. Die LNA von General Haftar hat nahe Rabiana
(im Südosten Libyens) Luftangriffe gegen einen Konvoy von Kämpfern der
sudanesischen Miliz Sudanese Justice and Equality Movement (JEM)
durchgeführt, die vor wenigen Tagen sechs LNA-Soldaten getötet und einen
Soldaten entführt hatten. Die neue Operation Desert Fury
(Wüstenfurie) der LNA soll gegen kriminelle Banden im südöstlichen Libyen
vorgehen.
20.01. Eine Twitter-Mitteilung von Simone di Stefano,
der für die rechte Partei Casa Pound Italia bei den kommenden Wahlen in
Italien antritt, hat in Libyen für große Empörung gesorgt. Di Stefano schlägt
vor, als wirtschaftlichen Ausgleich für den Austritt aus dem Euro-Raum den
Westen Libyens unter italienische Verwaltung zu stellen, d.h. ein Protektorat
für Tripolitanien zu errichten. Dies geschehe zum Schutz des italienischen
Energieunternehmens ENI. Und auf die Frage, warum denn nur Tripolitanien und
nicht auch die ölreichen Gebiete der Kyrenaika oder des Fessan sagte die
Stefano: „Alles zu seiner Zeit“.
Kritisiert wird auch die kaum zu überbietende Taktlosigkeit des italienischen
Außenministers Angelino Alfano, der genau am 66. Jahrestag der libyschen
Unabhängigkeit von Italien (24.12.2017) ein Foto postete, das ihn an Bord eines
Schiffes der italienischen Kriegsmarine in Tripolis zeigt.
Bezugnehmend auf die italienische Militärpräsenz in Misrata sagte ein
ehemaliger Diplomat: „Einige Politiker in Misrata denken, dass sie einen Deal
mit Italien gemacht haben, der ihnen helfen wird, die Macht in Libyen zu
übernehmen. Tatsächlich wird es so sein, dass Italien Misrata nur vorübergehend
benutzt, um in Libyen Fuß fassen zu können. Die Italiener möchten selbst die
Regierung in Libyen stellen, aber sie brauchen dazu ein paar Einheimische, um
die Fassade aufrecht zu erhalten.“
Nichts wird die Libyer so einen wie eine ausländische Aggression.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/die-italiener-in-libyen-langfassung
21.01. Der ehemalige Mitstreiter von General Haftar,
Mohamed Buisier, warf Haftar in einem Interview mit der Londoner
Nachrichten-Site The New Arab vor, Haftars einziges Ziel sei die
Machtergreifung und seine Streitkräfte seien nur das Mittel, dieses persönliche
Ziel zu erreichen. Er bestätigte, dass die Vorwürfe, die gegen Haftar
erhoben werden, ihre Richtigkeit haben. Haftar habe Verbindungen zu einem
israelischen Geheimdienstoffizier, dies gehe aus Unterlagen hervor. Und die
Anschuldigungen, er habe seinen Streitkräften eine große Geldsumme von der
Zentralbank in Bengasi zukommen lassen, sei ebenfalls richtig. Kritisiert wird
auch der wachsende Einfluss von Haftars Sohn bei wichtigen Entscheidungen.
22.01. 2011 verlor Khalid al-Hamedi bei einem
Nato-Bombenangriff auf sein Haus 13 Familienmitglieder. Doch die Nato ist wegen
dieser Kriegsverbrechen nicht zur Rechenschaft zu ziehen. Khalid al-Hamedi
geht juristisch dagegen vor.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/kriegsverbrechen-die-nato-geniesst-immunitaet
23.01. Bei einem doppelten Autobombenanschlag vor
einer Moschee in Bengasi starben mindestens 41 Menschen, mehr als 110 erlitten
zum Teil schwere Verletzungen.
Als Täter werden Dschihadisten oder dem IS zugehörige Terroristen vermutet.
Der bei dem Anschlag ums Leben gekommene Kommandant der aus Salafisten
gebildeten al-Tawhid-Brigade, Ahmed al-Fituri, kämpfte auf Seiten General
Haftars. Andererseits wurden Ahmed al-Fituri auch gute Verbindungen zu den
dschihadistischen
Verteidigungsbrigaden von Bengasi (BDB)
nachgesagt,
die gegen die LNA und General Haftar kämpften, und von Saudi-Arabien
unterstützt werden.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag:
https://www.freitag.de/autoren/gela/terroranschlag-in-bengasi-mit-34-toten
23.01. Die Echtheit von Videos, die durch die
sozialen Medien geistern und die Folterung von Migranten zeigen, kann nicht
verifiziert werden. Es geht aus den Aufnahmen auch nicht hervor, wo und
wann sich die Folterungen zugetragen haben und wer die Folterknechte waren.
23.01. Gegen die Festnahme von über 60 Personen durch
die Rada-Miliz fanden in Tadschura Demonstrationen statt. Den
Festgenommenen wird die Beteiligung an dem Überfall auf den Mitiga-Airport am
16.01. vorgeworfen. Es wird kritisiert, dass keine Beweise gegen die
Festgenommenen vorliegen und keine offiziellen Anklagen erhoben wurden.
23.01. Bei einem Treffen drohten die Bürgermeister
von 109 libyschen Gemeinden, den zivilen Ungehorsam auszurufen und selbst eine
nationale Regierung zu bilden, sollte Libyen weiterhin gespalten bleiben.
23.01. 2017 benötigten laut UNICEF geschätzt 1,3 Mio.
Libyer humanitäre Hilfe, darunter 439.000 Kinder.
24.01. Mahmoud al-Werfalli, Kommandant der
schlagkräftigen Eliteeinheit Saiqa, eine Spezialeinsatzeinheit
der LNA von General Haftar, erschoss vor der Moschee in Bengasi, wo sich am Tag
vorher der Autobombenanschlag mit 34 Toten ereignet hatte, zehn Gefangene. Videos
der Exekution kursierten in sozialen Netzwerken, ebenso wie schon Mitte 2017,
bei denen Werfalli bei der Erschießung von insgesamt 33 Personen gezeigt wird.
Werfalli und Haftar bezeichneten die Exekution als Vergeltungsmaßnahme. Die
UN werden mit ihrer Forderung nach sofortiger Festnahme von al-Werfalli wegen
Kriegsverbrechen und seiner Übergabe an den Internationalen Strafgerichtshof
nicht durchdringen, da al-Werfalli bei seiner Truppe und in der Bevölkerung
anders als Haftar äußerst beliebt ist und sein hartes Durchgreifen gegen
Dschihadisten auch vom Großteil der Bevölkerung gutgeheißen wird. Es kann sich
kein Politiker leisten, mit den bei der Bevölkerung verhassten Institutionen
ausländischer Mächte zusammenzuarbeiten. Werfallis Festnahme wäre für Haftar
gefährlich.
24.01. Der Konvoy des sogenannten
‚Erziehungsministers‘ des Präsidialrats, Uthman Abd al-Dschaleel, wurde am
Stadtrand Bani Walid
(180 km südöstlich von Tripolis) von wütenden und bewaffneten Protestierenden
daran gehindert, in die Stadt zu fahren. Dschaleel wurde Spionage für
Sarradsch und Verrat an Libyen vorgeworfen und er wurde aufgefordert, sofort
wieder nach Tripolis zurückzukehren. Ihm wird vorgeworfen, 2011 mit der Nato
kooperiert und sich für den Einsatz von Nato-Lufteinsätzen stark gemacht zu
haben. Nun soll er versuchen, die für 2018 vorgesehenen Wahlen, in denen der
Warfalla-Stamm Saif al-Islam Gaddafi unterstützt, zu unterlaufen.
24.01. Bereits im Dezember veröffentlichte Le
Courrier du Maghreb et d’Orient einen Aufsatz
von Wolfgang Pusztai,
in dem er einen unglaublichen Vorschlag zur endgültigen Lösung des
Migrantenproblems vorstellt, den sogenannten stop-gap plan
(Lückenschließplan). Anstatt vor der Küste Libyens aufgegriffene Migranten
nach Italien oder Griechenland zu bringen, sollen sie auf tunesische Inseln
gebracht werden, ebenso wie Migranten, die sich ohne Erlaubnis bereits in Italien
oder Griechenland aufhalten. Auf den Inseln sollten Unterkunftsmöglichkeiten
für mindestens 10.000 Personen geschaffen werden. Die Lagerbedingungen sollten
UN-Standards entsprechen und das Ganze von der EU finanziert werden. Sind keine
besonders geeigneten unbewohnten Inseln zu finden, müsste man mit den
einheimischen Inselbewohnern Deals machen. Die Inseln sollten auch nicht direkt
dem Festland vorgelagert sein, damit keine Möglichkeit besteht, Migranten auf
das Festland zu schmuggeln.
Pusztai schreibt, Lager auf Sizilien oder dem italienischen/griechischen
Festland einzurichten, sei keine gute Idee. Denn dann bräuchte man eine hohe
und sehr stabile Umzäunung mit Stacheldraht, „was den negativen Eindruck eines
Gefängnisses erweckt“. Außerdem hätten die Migranten dann den Eindruck, „dass
sie bereits Europa erreicht haben“.
Aus den Lagern könnten die Migranten im positiven Fall auf die Aufnahmeländer
verteilt oder im negativen Fall in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden.
Um die Fluchtursachen insgesamt zu bekämpfen, brauche es nichts weiter als 1.
Begrenzung des Bevölkerungswachstums, Schutz der Umwelt und ‚good governance‘,
2. die Lösung der sozialen, wirtschaftlichen, sicherheitsrelevanten Probleme
(Einrichtung von ‚Sicherheitszonen für Flüchtlinge‘ im eigenen Land) und die
Einhaltung der Menschenrechte, 3. die Verkleinerung des Abstands zur
entwickelten Welt z.B. durch den Aufbau einer ‚modernen‘ Wirtschaft.
Ja wenn es weiter nichts ist! Wenn die Politik solche Berater hat, braucht
man sich über nichts mehr zu wundern...
25.01. Die libysche ID-Behörde hat Meldungen, ihr
System sei gehackt oder manipuliert worden, zurückgewiesen. Jeder Libyer
hat eine ID-Nummer, die bei der ID-Behörde vergeben wird und für alle Behörden
gilt. Diese Nummer ist zur Wählerregistrierung nötig. Libyer haben sich
beschwert, dass die mobile Registrierung nicht funktioniere.
30.01. In einem Interview mit Sputnik News
betätigte der italienische Außenminister Angelino Alfano, der in seiner
Funktion als Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa (OSZE) derzeit in der Ukraine und Russland unterwegs ist, in
Hinblick auf Libyen: „Ich glaube, dass 2018 das letzte Jahr des langen
Übergangsprozesses in Libyen sein könnte. Dies sollte über die Wahlen, die der
Handlungsplan Professor Salamés vorsieht, erreicht werden. Wir wissen jedoch,
dass wir uns zahlreichen Herausforderungen stellen müssen, und dass die feste
und gemeinsame Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, insbesondere von
Rom und Moskau, die entscheidende Rolle spielen sollte.“
Im Januar hatten schon der italienische Ministerpräsident Gentiloni und
Russlands Präsident Putin miteinander telefoniert. Demnach soll Gentiloni die
herausragende Rolle Russlands bei den Entscheidungen des UN-Sicherheitsrats als
positiv beurteilt haben.
In dem Interview erklärte Alfano auch, dass das italienische Parlament der
Entsendung von italienischem Militär im Rahmen einer neuen internationalen
Mission im Niger zugestimmt habe: 470 Militärs sollen die nigerianische Armee
ausbilden und unterstützen „zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung und des
illegalen Handels, einschließlich von Menschenschmuggel“.
31.01. Wikileaks
Gründer Julian Assange erinnert an das Leiden der Frauen im heutigen Libyen, in
dem er auf Twitter zu einem New-York-Times-Bericht Stellung nimmt: „Nachdem
Hillary Clinton in Libyen den Metzger von Tausenden von Frauen fröhlich
unterstützte und den Aufstieg des IS möglich machte, verhält sie sich jetzt
schändlich und deckt sexuelle Übergriffe gegenüber einem Mitglied ihrer Klasse
auf, wie amerikanische Zeitungen berichten.“
Assange bezieht sich auf Berichte, denen
zufolge sich Hillary Clinton weigerte, ihren Berater zu entlassen, als dieser
während der Präsidentschaftskampagne 2018 wegen sexueller Belästigung angeklagt
wurde.
Clinton war maßgeblich am Sturz von Gaddafi und an der Machtergreifung von
Dschihadisten in Libyen beteiligt. Frauen dürfen heute in Libyen nicht mehr
frei sprechen, sind vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, werden entführt,
misshandelt und Opfer von Gewalttaten. Man erinnere sich: Hillary Clinton
verstieg sich zu der Aussage, sie wolle mit dem Sturz Gaddafis den Frauen in
Libyen Freiheit bringen. Dabei war die Emanzipation der Frau ein zentraler
Bestandteil der Dschamahirija, die es Frauen ermöglichte, aktiv am
gesellschaftlichen und politischen Leben teilzunehmen.
31.01. Wie vorauszusehen, ist die Mittelmeerroute für
Flüchtlinge, die von Libyen nach Sizilien führt, von Schlepperbanden wieder
reaktiviert worden. Der österreichische Standard schreibt: „Italien
verzeichnet seit Jahresbeginn wieder mehr Ankünfte – mehr auch als im
Rekordjahr 2016.“
Dabei kommt es auch wieder zu mehr Todesfällen; mindestens 230 Menschen sind in
den ersten vier Wochen des Jahres ertrunken. Der Deal Italiens mit den
Schlepperbanden scheint gescheitert. Zunächst wurde von den Schlepperbanden das
Geld von Italien abgegriffen und die Flüchtlinge zurückgehalten, dann wurde von
den Migranten kassiert, und diese wieder auf die Mittelmeerroute geschickt.
Bis zum letzten Wochenende im Januar waren bereits 3.580 Migranten in Italien
angekommen (im Vergleich das Rekordjahr 2016: 2.668). Die Warnungen an Italien,
sich von zweifelhaften Warlords abhängig und erpressbar zu machen, wurden in
Wind geschlagen.
Dabei wird auch die völlige Hilflosigkeit und Machtlosigkeit des sogenannten
Premiers der ‚Einheitsregierung‘, Fajez al-Sarradsch, offensichtlich.
Bei den für den 4. März angesetzten Parlamentswahlen in Italien kann nun der
italienische Ministerpräsident Gentiloni nicht mehr damit punkten, die
Migrantenkrise in den Griff bekommen zu haben.
Die Präsidentin von SOS-Méditerranée sagte: „Wir erneuern unseren Appell an die
Regierungen Europas, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Tragödien ein
Ende zu setzen.“
Quellen (soweit nicht anders vermerkt): libyaherald.com /
libyatimes.net / libyaobserver.ly / libyanexpress.com /
libyaagainstuperpowermedia.org / libyanwarthetruth. com /
rcmlibya.wordpress.com / deutsch.rt.com / heise.de / sputniknews.com / derstandard.at/
welt-im-blick.de / cilip.de / nzz.ch
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