Kurznachrichten Libyen – 04.03.2021
Libyen. Ungeklärte Fragen zum Stimmenkauf für neue Interimsregierung, zum Wahltermin 24.12., zu einem Verfassungsreferendum, zur nächsten Parlamentssitzung, zum neuen Kabinett.
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+ 27.02.: LPDF/Stimmenkauf/UN. Das LPDF-Mitglied Zahra
Langhi teilte mit, dass der Abschlussbericht und sein vertraulicher Anhang
bezüglich Bestechung und Stimmenkauf während des LPDF in Genf fertiggestellt
und an das UN-Sekretariat der Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates
übergeben wurde. Für den Bericht seien eine Reihe von Zeugen kontaktiert
worden. Er soll am 15. März auf der offiziellen UN-Website veröffentlicht
werden, allerdings nicht dessen Anhang. Es wird erwartet, dass der Anhang
trotzdem seinen Weg in die Öffentlichkeit findet.
https://libyareview.com/10692/langhi-un-received-final-report-on-briberies-during-libyan-political-meeting-in-geneva/
In Libyen kann wohl nichts wirklich geheim gehalten werden. Das kann von
Vorteil sein.
+ 28.02.: LPDF/Stimmenkauf/UN. UN-Experten fanden heraus,
dass während der LFPD-Gespräche in Tunis „mindestens drei LPDF-Teilnehmern
Bestechungsgelder zwischen 150.000 und 200.000 USD anboten wurden, wenn sie für
Dabaiba als Premierminister stimmen würden.“ Ein Delegierter „bekam in der
Lobby des Four Seasons Hotels in Tunis einen Wutanfall, als er hörte,
dass einige Teilnehmer bis zu 500.000 USD für ihre Dabaiba-Stimme erhalten
haben könnten, während er nur 200.000 Dollar erhalten hatte.“
https://nation.africa/kenya/news/africa/bribes-for-votes-at-un-led-libya-talks-expert-panel-3307352
+ 28.02.: LPDF/Stimmenkauf/Dabaiba. Der designierte
libysche Premierminister Abdel-Hamid Dabaiba hat Bestechungsvorwürfe beim LPDF
in Genf zurückgewiesen. Die Bestimmung der neuen Interimsregierung sei völlig
transparent verlaufen.
https://www.libyaherald.com/2021/03/01/prime-minister-designate-aldabaiba-warns-against-obstructers-spread-of-false-rumours-stressing-integrity-of-lpdf-process-that-selected-him/
Nicht einmal die Auswahl der 74 LPDF-Mitglieder war transparent.
+ 02.03.: Interimsregierung/Stimmenkauf. Libyens neue
Exekutive forderte die UN auf, die Ergebnisse zu veröffentlichen, die sich aus
der Untersuchung von Vorwürfen des Stimmenkaufs bei der Bestimmung der neuen
Interimsregierung durch das LPDF ergeben hatte.
https://libyareview.com/10810/libyas-new-presidential-council-seeks-to-strengthen-cooperation-with-russia/
+ 27.02.: Wahlen/Verfassungsreferendum. Laut dem
Vorsitzenden der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC), Emad as-Sayeh, können
Wahlen erst Ende 2022 stattfinden, falls vorher eine Verfassung verabschiedet
werden soll. Als Grund nannte der den schwierigen Wahlprozess.
Sollte in einem Referendum der Verfassungsentwurf in allen drei Regionen
angenommen werden, würde dies eine elfmonatige Übergangsphase erfordern, in der
die Verfassung in Gesetze gegossen und umgesetzt werden müsste. Sollte aber nur
eine Region mit „Nein“ stimmen, gilt der Verfassungsentwurf als abgelehnt. Dies
würde eine Verschiebung der Wahlen um mehrere Jahre bedeuten.
https://libyareview.com/10716/libyan-elections-committee-constitutional-referendum-can-delay-elections-to-the-end-of-2022/
Sollte von Seiten der Moslembruderschaft weiterhin darauf bestanden
werden, dass zuerst eine Verfassung angenommen werden muss, bevor Wahlen
stattfinden können, wird es in den nächsten Jahren in Libyen keine Wahlen
geben.
Es existiert ein Verfassungskomitee, das bei seinem dritten Treffen in
Hurghada bestimmte, dass eine Volksabstimmung über eine Verfassung vor den
Wahlen am 24. Dezember stattfinden soll. Sollte bei diesem Referendum der
Verfassungsentwurf abgelehnt werden, sollte der Entwurf überarbeitet werden und
noch einmal dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden.
Gleichzeitig stimmte das Verfassungskomitee zu, auch wenn es kein
Referendum gebe, könnten Wahlen stattfinden, da die Streifrage um die neue
Verfassung allgemeine Wahlen über Jahre verzögern könne. Agila Saleh schlug
vor, das Verfassungsreferendum erst nach den Parlamentswahlen abzuhalten.
Das Verfassungskomitee hatte die Neufassung des Verfassungsentwurfs an das
Parlament verwiesen, um es dort verabschieden zu lassen. Das Parlament
versäumte es jedoch, eine solche Sitzung abzuhalten und die 60-Tage-Frist, die
dem Komitee zur Erstellung eines Verfassungsentwurfs gegeben wurde, verstrich,
woraufhin die Erstellung eines Verfassungsentwurfs wieder an die LPDF gefallen
ist. Bei den Libyern stehen die Alarmzeichen auf Rot, wenn dieses durch nichts
legitimierte Pseudo-Gremium nun auch noch über den Verfassungsentwurf bestimmt.
+ 27.02: Moslembruderschaft/Kyrenaika/Interimsregierung.
Der libysche Politologe Radwan al-Fitouri sagte, dass die Moslembruderschaft um
jeden Preis einen Erfolg der neuen Interimsregierung vereiteln will. Denn sollten
tatsächlich Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Libyen stattfinden, wäre
ihr Projekt in Libyen beendet. Insbesondere Khalid al-Mishri vom Hohen
Staatsrats und die Türkei würden die Interimsregierung torpedieren: „Die Türkei
will keine Stabilität in Libyen, weil sie eine Besatzungsmacht im Westen ist
und das libysche Öl und Gas im Blick hat“. Auch Abgeordnete aus der Kyrenaika
würden der ‚Interimsregierung‘ Steine in den Weg legen.
https://almarsad.co/en/2021/02/27/al-fitouri-assassination-play-by-bashagha-is-an-attempt-to-gain-foothold-in-new-government/
Wie es aussieht, braucht die designierte Interimsregierung gar keine
Moslembruderschaft, sondern vereitelt sich ihren Erfolg gerade selbst: erkaufte
Stimmen beim Genfer-LPDF, keine Vorlage der Kabinettsliste zum vereinbarten
Termin, Kabinett anstatt der 30 Prozent angekündigten Frauenquote keine Frauen,
ein neues Logo von russischer Internetseite entnommen, nicht erlaubte zweite
Staatsangehörigkeit und jahrelanger vorheriger Auslandsaufenthalt der
Kandidaten – dafür den Mund ständig voller flotter Versprechungen, die dann
nicht eingehalten werden. Neben den bisherigen politischen Kräften, die
innerhalb Libyens um Macht und Geld kämpfen – ‚Einheitsregierung‘ Sarradsch
/‚Einheitsregierung‘ Bashagha / Parlament / LNA — sind als neue Player dazu
gekommen: die designierte Interimsregierung (auch als neue ‚Einheitsregierung‘
GNU bezeichnet) sowie der unsägliche Mauschelverein des Libysch-Politischen
Dialogforums (LPDF). Wie die neue Interimsregierung unter Dabaiba das Problem
der Milizen lösen will, darüber hat sie noch nichts verlauten lassen. Von den
externen politischen Kräften mit ihren Einflussnahmen bzw. quasi als
Besatzungsmacht auftretenden Türkei erst gar nicht zu reden.
Warum lassen die Vereinten Nationen nicht die Libyer selbst bestimmen,
von wem sie regiert werden wollen, anstatt in einem großen Gemauschel 74 zum
Teil umstrittene Personen über eine neue Regierung bestimmen zu lassen? Nicht
nur, dass die UN und damit auch die LPDF gar nicht befugt sind, über Libyens
Regierung zu bestimmen, sondern sie machen das auch noch dermaßen stümperhaft,
dass gar nichts anderes als ein Misserfolg dabei herauskommen kann. Ist das
Absicht?
Und wie konnte sich eine ‚internationale Gemeinschaft‘ bei der von ihr
abgelieferten, unterirdisch schlechten Performance jemals erdreisten, Gaddafi
und dem System der Dschamahirija mit ihren Volkskongressen und Volkskomitees
vorwerfen, nicht demokratisch zu sein?
+ 02.03.: Kabinettsliste/Lamia Abu Sidra. Es wird
berichtet, dass eine Frau aus der Moslembruderpartei Al-Watan von
Abdelhakim Belhadsch, dem Anführer der dschihadistischen Libyan Islamic
Fighting Group (LIFG), für eine führende Position im Außenministerium
gehandelt wird. Lamia Abu Sidra, die sich auch gerne ohne Kopftuch ablichten
lässt, nimmt in der Al-Watan-Partei eine führende Position ein.
Lamia Abu Sidra soll für die Kyrenaika im Rahmen des Quotensystems einen Posten
im Außenministerium erhalten. Der designierte Premierminister Dabaiba soll
diese Nominierung angenommen haben, auch weil ihm vorgeworfen wurde, dass keine
Frauen in seinem neuen Kabinett vertreten sind, obwohl er versprach, eine
30-Prozent-Quote zu erfüllen.
Nun soll also ausgerechnet eine Frau aus der ersten Reihe der islamistischen Al-Watan-Partei
des Abdelhakim Belhadsch, dem berüchtigten Führer des dschihadistischen LIFG (Libyan
Islamic Fighting Group), der 2014 für viele Gräuel in Tripolis
verantwortlich gemacht wird, etwas für die Frauenquote tun.
Bei den Wahlen zum Allgemeinen Nationalkongress 2012 musste die Al-Watan-Partei
eine katastrophale Niederlage einstecken und konnte nicht einen Sitz erobern.
Damals führte Lamia Abu Sidra die Wahlliste der Al-Watan-Partei in
Bengasi an. Heute ist Abu Sidra für die ‚Einheitsregierung‘ als Beraterin des Ministeriums
für institutionelle Strukturierungsangelegenheiten tätig, ein Ministerium,
das weithin als nutzlos angesehen wird. Die studierte Elektroingenieurin Abu
Sidra verfügt über keinerlei Erfahrungen im diplomatischen Dienst.
Mit der Nominierung von Abu Sidra erfüllt Dabaiba gleich zwei Quoten,
die Vergabe eines Ministeriums an die Kyrenaika und die Ernennung einer Frau.
Allerdings ist Abu Sidra die Vertreterin der Moslembruderschaft, die nicht
gerade für ihre frauenfreundliche Politik bekannt ist, und sie vertritt ganz
bestimmt nicht die politisch relevanten Kräfte in der Kyrenaika. Angetreten bei
Wahlen konnte sie bisher keinen einzigen Sitz erringen, nichtsdestotrotz soll
sie jetzt in entscheidende Ämter gehievt werden. So können Quotensysteme
missbraucht werden.
Durchgesickert aus den geheimen Beratungen über die Aufstellung einer
Kabinettsliste ist ebenfalls, dass Abdul Hamid Dabaiba als Premierminister der
neuen Interimsregierung auch den Posten des Verteidigungsministers übernehmen
könnte, um ihn damit dem Einfluss kontroverser politischer Strömungen zu
entziehen. Das Verteidigungsministerium verfügt über ein beträchtliches Budget
angesichts laufender Militär- und Sicherheitsverträge.
Mehrere Parlamentarier unterzeichneten eine Petition mit der Forderung, dass
erst nach Veröffentlichung des UN-Berichts über Bestechung zur Wahl der neuen
Interimsregierung am 15. März die Vertrauensabstimmung über die neue Regierung
stattfinden sollte.
https://almarsad.co/en/2021/03/02/sources-female-leader-from-belhajs-al-watan-party-pitching-for-foreign-ministrys-portfolio-for-the-east/
+ 26.02.: Verschleppung/Journalismus. Der Journalist Ziad
az-Ziyad al-Warfali vom libyschen Fernsehsender Al-Ghad TV und sein
Fotograf wurden in Tripolis verschleppt und erst nach massiven Protesten nach
60 Stunden wieder freigelassen. Der Fernsehsender Al-Ghad TV steht der
Dschamahirija (pro Gaddafi) nahe. Nachdem der Journalist auf einer
Pressekonferenz der designierten Interimsregierung gefragt hatte, ob sich
Dabaiba als neuer Premierminister für die Freilassung von Hannibal al-Gaddafi,
der im Libanon gefangengehalten wird, einsetzen werde, wurden er und sein
Fotograf durch Milizen der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis verschleppt.
https://apnews.com/article/television-journalists-libya-media-tripoli-242f3ebc4e9678723de77265b35944d7
+ 28.02.: Interimsregierung/Logo. Nachdem sich das neue,
großspurig vorgestellte neue Logo der Interimsregierung als billige Imitation
eines Logos auf einer russischen Internetseite herausgestellt hatte, wurde es
schnellstens wieder zurückgezogen und durch ein neues, ziemlich hässliches
ersetzt.
https://www.libyaherald.com/2021/02/28/gnu-embarrassed-into-withdrawing-its-unoriginal-emblem-unveils-new-one-criticised-for-being-patriarchist/
+ 28.02.: Parlament/Sirte. Während die etwa in der Mitte
zwischen Libyens Westen und Osten gelegene Stadt Sirte als Veranstaltungsort
für das nächste Parlamentstreffen am 8. März von der LNA als absolut sicher
dargestellt wird, behauptet die Tripolis-Regierung von as-Sarradsch, Sirte wäre
wegen Sicherheitsbedenken nicht geeignet.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1366084072812986382/photo/1
+ 01.03.: Parlament/Sirte/Tobruk. Laut dem Innenministerium
der Übergangsregierung in Tobruk (östliches Libyen) wurden die
Sicherheitsvorkehrungen in Sirte noch einmal verschärft um eine sichere
Abhaltung der Parlamentssitzung zu gewährleisten. Parlamentspräsident Aguila
Saleh sagte: „Wenn die 5+5-Militärkommission die Sicherheit garantiert, wird
das Parlament am Montag, den 8. März um 11 Uhr in Sirte zusammenkommen, um das
Vertrauensvotum für die Regierung zu diskutieren. Sollte sich das als unmöglich
erweisen, wird die Sitzung am selben Datum und zur selben Uhrzeit im
provisorischen Sitz des Parlaments in Tobruk abgehalten werden“.
https://libyareview.com/10731/libyas-sirte-placed-on-high-alert-ahead-of-parliament-session/
In Tobruk würden voraussichtlich die abtrünnigen Parlamentsabgeordneten,
die sich in Tripolis aufhalten, nicht teilnehmen. Das Parlament dürfte
trotzdem beschlussfähig sein.
+ 03.03.: Sirte/Parlament/Willkommen. Die Bewohner der
Stadt Sirte heißen die Parlamentarier zu ihrer nach langer Zeit ersten
gemeinsamen Sitzung am 8. März willkommen. Sirte sei als Gastgeber
prädestiniert, dank seiner zentralen Lage und da es alle Städte miteinander
verbinden könne. Die Stadt sei seit langem Gastgeber lokaler und
internationaler Treffen. Sirte biete Dienstleistungen auf hohem Niveau, ihre
Konferenzsäle seien mit neuester Technologie ausgestattet und die Stadt sei
frei von bewaffneten Milizen.
Auch die 5+5-Militärkommission bestätigt, dass Sirte eine sichere Stadt zur
Ausrichtung der Parlamentssitzung sei.
https://libyareview.com/10799/sirte-residents-welcome-libyan-parliament/
+ 01.03.: Bashagha/Unfall. Die libyschen
Ermittlungsbehörden haben der Behauptungen von Fathi Bashagha, dem
Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, widersprochen, dass im Februar in
Tripolis ein Attentat auf ihn verübt worden sei. Die Staatsanwaltschaft
erklärte, die Wagenkolonne von Bashagha sei durch ein Fahrzeug der
Sicherheitskräfte der ‚Einheitsregierung‘ provoziert worden, worauf hin die
Wachen von Bashagha das Fahrzeug verfolgten und ein Feuergefecht begannen, in
dessen Verlauf der Fahrer des Wagens getötet wurde.
https://libyareview.com/10773/tripoli-prosecution-there-was-not-an-assassination-attempt-on-bashagha/
+ 03.03.: UN-Beobachtermission. Zehn UN-Mitarbeiter sind
als Vorhut in Tripolis angekommen, um den zwischen den beiden verfeindeten Parteien
vereinbarten Waffenstillstand zu überwachen. Das Beobachterteam soll auch den
Abzug tausender Söldner und ausländischer Militärs kontrollieren, von denen
bisher keinerlei Anstalten gemacht werden, das Land zu verlassen. Nach Angaben
der UN hielten sich Anfang Dezember noch rund 20.000 Söldner und ausländische
Kämpfer in Libyen auf. Eine Frist für ihren Abzug zum 23. Januar verstrich
bereits.
Auf seiner fünfwöchigen Mission soll das Team Sirte, Misrata und Bengasi
besuchen und der UN am 19. März einen Bericht vorlegen.
https://www.france24.com/en/live-news/20210303-un-advance-team-arrives-in-libya-to-monitor-ceasefire
Besteht die Hoffnung, dass dieses UN-Vorausteam auch den
Uqba-bin-Nafaa-Luftwaffenstützpunkt von Mitiga besucht?
+ 04.03.: Extremismus/Ghariani. Der Politanalyst Abu-Bakr
al-Werfalli sagte, dass die von Libyens ehemaligem Großmufti Sadiq al-Ghariani
ausgerufenen Fatwas dazu beitrugen, innerhalb des libyschen Volkes die Gewalt
zu schüren und die Spaltung zu vertiefen. Ghariani könne immer noch auf Milizen
zurückgreifen, die ihn als ihren geistigen Führer betrachten. Ghariani ist eng
mit der Moslembruderschaft verbunden und soll über große Geldsummen verfügen.
https://libyareview.com/10818/libyan-analyst-muftis-fatwas-threaten-peace-in-libya/
+ 02.01.: Fehlende Gehälter. Der Libyan General Medical
Council (LGMC) forderte die ‚Einheitsregierung‘ auf, endlich die seit
Monaten überfälligen Gehälter des medizinischen Personals zu zahlen. Sie
kritisierten, dass ihnen die Regierung auch keine Schutzausrüstung zur Behandlung
von Covid-19-Patienten zur Verfügung gestellt hat. Daneben forderten sie,
geimpft zu werden und eine Krankenversicherung für die Ärzte zu bekommen. Die
neue Regierung riefen sie dazu auf, einen kompetenten und
verantwortungsbewussten neuen Gesundheitsminister zu ernennen, dem klar sei,
dass das Gesundheitssystem in Libyen zu kollabieren droht.
https://libyareview.com/10755/libyan-doctors-demand-goverment-pay-late-salaries/
+ 26.02.: Besatzungsmacht Türkei. Laut ItaMilRadar,
eine Website, die auf die Überwachung von Militärflugzeugen spezialisiert ist,
sind an diesem Tag drei militärische Frachtflugzeuge der türkischen Luftwaffe
im westlichen Libyen gelandet.
https://libyareview.com/10679/three-turkish-military-planes-land-in-western-libya/
+ 04.03.: Türkei/Militärische Güter. Ein Video soll zeigen,
wie im Hafen von Misrata gepanzerte Fahrzeuge aus der Türkei (BMCs Kirpi)
ausgeladen werden.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1367465888086130690
+ 01.03.: LNA/Regierung. Khaled al-Mahdschoub sagte, dass
die LNA „die Führung der Armee nur an einen vom libyschen Volk demokratisch
gewählten Präsidenten übergeben wird.
http://www.ilivemap.com/1413/libya-national-army-lna-we-will-not-hand-over-the-leadership-of-the-army-except-to-a-democratically-elected-president
+ 03.03.: Sarradsch/Interimsregierung. Noch Premierminister
as-Sarradsch ließ ein Memo an seine Minister, Behördenleiter und alle
Regierungsinstitutionen verteilen, in dem diese aufgeforderten werden, nicht
mit dem designierten Präsidenten und seiner Interimsregierung zu kommunizieren,
bevor diese legitimiert sind.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1367102220764925953
+ 03.03.: Libysche Nationalbank. Der Chef des östlichen Ablegers
der Libyschen Zentralbank in al-Baida, Ali al-Hibri, hat bei
Parlamentspräsidenten Saleh wegen der prekären Arbeitsbedingungen seinen
Rücktritt eingereicht. Die öffentlichen Schulden hätten ein Niveau erreicht,
das der Wirtschaft und insbesondere dem Bankensektor schade und nicht mehr zu
verantworten sei.
https://almarsad.co/en/2021/03/03/al-hibri-submits-his-resignation-we-cannot-work-under-these-circumstances/
+ 04.03.: Streik der Ölarbeiter. Das libysche Öl- und
Gassyndikat hat eine Reduzierung der Produktion auf allen Erdölfeldern
angekündigt. Grund dafür ist die Weigerung der ‚Einheitsregierung‘, den
Forderungen der Gewerkschaft nach einer Erhöhung der Gehälter nachzukommen.
https://libyareview.com/10827/libyan-oil-workers-reduce-production-due-to-salary-demands/
+ 03.03.: Ölpest/Israel/Libyen. Die israelische
Umweltministerin Gila Gamliel beschuldigte einen libyschen Öltanker, der aus
dem Iran kam, für eine massive Ölverschmutzung entlang der israelischen und
südlibanesischen Mittelmeerküste verantwortlich zu sein. Dies sei
Umweltterrorismus.
Allerdings war die Emerald nur bis 2009 im Besitz einer libyschen
Firma. Derzeit gehört der Tanker einer Firma auf den Marshallinseln namens Emerald
Marine Ltd.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1367175632908652548
+ 01.03.: Massengräber/Tarhuna. Die libysche
Staatsanwaltschaft mit Sitz in Tripolis hat am Samstag nationale und
internationale Haftbefehle gegen die Personen erlassen, die für die
Massengräber in der Stadt Tarhuna verantwortlich sein sollen.
https://www.libyaherald.com/2021/03/01/public-prosecutor-issues-local-and-international-arrest-warrants-for-tarhuna-mass-graves/
+ 01.03.: IS/Filipinos. Der philippinische Botschafter in
Libyen teilte mit, dass mit Hilfe der libyschen Behörden die Gräber von vier
philippinischen Ölarbeitern, die vor sechs Jahren von Kämpfern des Islamischen
Staates (IS) hingerichtet wurden, endlich in Derna (östliches Libyen) gefunden
wurden.
https://libyareview.com/10794/graves-of-filipinos-executed-by-is-in-libya-discovered/
+ 27.02.: Covid-19. Der Libyan General Medical Council
(LGMC) forderte den Generalstaatsanwalt auf, eine Untersuchung über die
verzögerte Lieferung der Covid-19-Impfstoffe einzuleiten. Der LGMC beschuldigte
die dafür Verantwortlichen als „IS der öffentlichen Mittel“ und vermutet, dass
der Grund für die Verzögerung darin liege, dass die Verantwortlichen über die
Höhe der Provision streiten, die sie erhalten werden.
Libyen hat einen Vertrag zum Kauf von 2,8 Millionen Dosen von
Covid-19-Impfstoffen im Wert von 42 Millionen libyschen Dinar abgeschlossen.
Voraussichtlich wird die erste Charge Anfang März eintreffen.
https://libyareview.com/10684/libyan-doctors-call-for-investigation-into-delayed-arrival-of-covid-19-vaccine
+ 28.02.: Migration. Die deutsche NGO Sea-Watch
hat bei zwei Rettungsaktionen 147 Migranten vor der Küste Libyens an Bord
genommen.
https://libyareview.com/10721/sea-watch-rescues-147-migrants-off-libyan-coast/
+ 28.02.: Migration. Die Internationale Organisation
für Migration (IOM) gab bekannt, dass mindestens 15 afrikanische Migranten
vor der libyschen Küste bei Zawiya ertrunken sind, nachdem ihr Schlauchboot
gekentert war. Dies war das zweite Schiffsunglück innerhalb einer Woche. Auf
dem Boot hätten sich mindestens 110 Migranten befunden, die libysche
Küstenwache konnte mindestens 95 Migranten retten.
https://twitter.com/IOM_Libya/status/1366009191350026241
+ 03.03.: Migration. Laut dem italienischen
Innenministerium kamen zwischen Januar und Februar 2021 etwa 5.300 Migranten in
Italien an. Es habe 2021 im Vergleich zu 2020 einen deutlichen Anstieg an
Migranten aus Libyen gegeben.
https://libyareview.com/10803/over-5000-migrants-arrive-in-italy-via-libya-in-2021/
+ 01.03.: Humanitäre Hilfe. OCHA (UN-Büro für die
Koordinierung humanitärer Angelegenheiten): Im Jahr 2021 werden
schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen in Libyen auf humanitäre Hilfe
angewiesen sein.
https://twitter.com/OCHA_Libya/status/1366018348681748483
+ 04.03.: Arabische Liga. Der stellvertretende
Generalsekretär der AL, Hossam Zaki, sagte: „Wir wollen keine Söldner, sondern
dass Libyen für das libysche Volk da ist, dass die Milizen beseitigt werden und
dass es einen libyschen Staat, eine libysche Regierung und eine libysche Armee
gibt“.
https://libyareview.com/10815/arab-league-we-do-not-want-mercenaries-in-libya/
+ 01.03.: UN/Libyen. Wieder einmal forderte
UN-Generalsekretär Guterres „alle libyschen Parteien auf, den Waffenstillstand
landesweit zu respektieren“. Ebenso müssten alle ausländischen Kämpfer
libysches Gebiet verlassen.“
http://en.alwasat.ly/news/libya/312736
Ach ja.
+27.02: Libyen/Spaltung. In Freitag schreibt
Sabine Kebir: „Der im Abkommen zur Feuerpause für den Stichtag 23. Januar
festgelegte Abzug aller ausländischen Truppen und Söldner ist nicht erfolgt.
Daher besteht die Gefahr, dass erneut Verteilungskämpfe um Libyens schwarzes
Gold entbrennen. Präsident Erdoğan will einen Machtzuwachs Haftars mit allen
Mitteln verhindern. Weil das auch den Interessen der meisten EU-Regierungen
entspricht, lässt man der Türkei in Libyen bislang weitgehend freie Hand, was
letztlich auch zu einer Spaltung des Landes wie in Syrien führen kann.“
https://www.freitag.de/autoren/sabine-kebir/provisorium-in-tripolis
+ 28.02.: Tunesien/Krise. In Tunesien protestierten
Anhänger der Moslembruderpartei Ennahda gegen Präsident Kais Saied, da dieser
sich weigert, einer von Ministerpräsident Hichem Mechichi (Moslembruder) vorgeschlagenen
Kabinettsumbildung zuzustimmen.
Das tunesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte 2020 um schätzungsweise
8,2 Prozent, die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 17 Prozent. Etwa 40 Prozent
der Tunesier leiden nach offiziellen Angaben unter Armut. Die Wirtschaftslage
wird immer unhaltbarer. Es herrschen im ganzen Land Verzweiflung und
Enttäuschung.
Bereits in den letzten Wochen war gegen Korruption und Polizeigewalt
protestiert worden, hunderte Tunesier waren festgenommen worden.
Seit der Parlamentswahl 2019 ist dies bereits die dritte Regierung. Erst im
September letzten Jahres war Mechichi vom Parlament zum neuen
Ministerpräsidenten gewählt worden. Seitdem regiert er mit einem sogenannten
Experten- und Technokratenkabinett, wie man es jetzt auch Libyen aufdrücken
will.
https://www.tagesschau.de/ausland/tunesien-353.html
Mit dem Sturz der libyschen Regierung 2011 wurde nicht nur Libyen ins
Verderben gerissen, sondern auch die vorher bereits angeschlagene Wirtschaft
der umliegenden Länder ruiniert, da sie massiv von Arbeitsplätzen in und dem
Handel mit Libyen abhängig waren. Der „Arabische Frühling“ hat in der gesamten
nordafrikanischen Region und in der Sahelzone verheerende Verwerfungen zur
Folge.
+ 01.03.: Sarkozy/Verurteilung. Der ehemalige französische
Präsident Nicolas Sarkozy wurde der Korruption und der Einflussnahme für
schuldig befunden und zu drei Jahren Haft verurteilt, davon zwei auf Bewährung.
Sarkozy darf das verbleibende Jahr Haft zuhause absitzen.
Ebenfalls verurteilt wurden Sarkozys Anwalt Thierry Herzog und der ehemalige
Generalanwalt beim Kassationsgericht Gilbert Azibert. https://de.rt.com/europa/113793-ehemaliger-franzosischer-prasident-sarkozy-korruption/
+ 02.03.: Deutschland/Frankreich/Westsahara. Nicht nur was
die Libyen-Politik anbelangt, sondern jetzt auch in der Frage der Annektierung
der Westsahara durch Marokko stehen Deutschland und Frankreich auf
verschiedenen Seiten. Während in Libyen Frankreich die LNA und Haftar im Osten
unterstützt und Deutschland die ‚Einheitsregierung‘ und die Türkei im Westen,
steht Frankreich im Konflikt um die Westsahara auf der Seite des marokkanischen
Königs, während Deutschland die Annektierung der Westsahara ablehnt.
Deutschland hatte Marokko nicht zur Libyen-Konferenz im Januar letzten Jahres
nach Berlin eingeladen, dafür hat jetzt Marokko die Aussetzung der Beziehungen
zu Deutschland angeordnet.
https://de.rt.com/afrika/113827-marokko-setzt-beziehungen-mit-deutschland/
Man soll aber nicht glauben, dass dies irgendetwas mit den tatsächlichen
Problemen und den Menschen, die in diesen Ländern davon betroffen sind, zu tun
hat. Es geht zwischen Frankreich und Deutschland um die Vorherrschaft innerhalb
der EU und auch darum, inwieweit sich die EU von den USA emanzipieren will.
Merkel und Macron vertreten sehr unterschiedliche Vorstellungen.
+ Febr.: Literatur. Bernhard Schmid: Frankreich in
Afrika Das postkoloniale Afrika im Netz der Abhängigkeiten. „Bernhard
Schmid beschreibt das französische System der Sonderbeziehungen zu
afrikanischen Staaten (Françafrique), das eine tiefgehende Einmischung
in die politischen und ökonomischen Fragen der afrikanischen Länder
beinhaltet.“
https://www.untergrund-blättle.ch/buchrezensionen/sachliteratur/bernhard-schmid-frankreich-in-afrika-6241.html
04.03.2021
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