Kurznachrichten Libyen – 2. bis 8. Oktober 2025
Systematische Menschenrechtsverletzungen halten an / Russland wirft Dabaiba Zusammenarbeit mit Ukraine vor / Az-Zawiya ruft zum Sturz der Dabaiba-‚Regierung‘ auf / Roadmap der UN-Mission für neue Regierung stagniert – politische Parteien behindern Fortschritt / Libyen – gescheiterter Staat aus Kleptokratie und Mafia / Freilassung von Hannibal Gaddafi vom Libanon gefordert / Ein Sechstel der libyschen Bevölkerung sind inzwischen Migranten / Proteste gegen weiterer Ansiedlung von Migranten / Mangel an grundlegendsten Standards in Haftanstalten / Weitreichende Korruption innerhalb der Libyschen Auslandsbank / Gerichtsentscheid: Tawergha darf nicht in Gemeinde Misrata eingemeindet werden / Zweites Verfassungsgericht im östlichen Libyens gerichtlich nicht haltbar
Militär / Milizen / Gewalt
+ Am 2. Oktober gab die Bewegung
gegen Ungerechtigkeit in Misrata die Verhaftung ihrer
Mitglieder Abdulrahman al-Fadhil und al-Mahdi al-Dschatlawi bekannt.
Die Verhaftungen seien Teil von Dabaibas Verhaftungskampagne gegen
seine Gegner in Misrata. Seit der Verhaftungen sei die Situation in der
Stadt angespannt. Abdul Hamid Issa
Khader, einer der Anführer von Misrata, machte die für die
Entführung verantwortlichen Parteien auch für die Sicherheit der
Verhafteten verantwortlich.
Da keine Anklagen vorliegen, werde ihre sofortige Freilassung gefordert.
+ Laut der Internationalen
Juristenkommission werden in Libyen Menschenrechtsverletzungen
systematisch und ungestraft fortgesetzt. Überproportional
davon betroffen seien Frauen, Migranten, Asylsuchende und andere Minderheiten.
Seit der Verabschiedung der Resolution 56/16 des Menschenrechtsrats
wurden in Kühlschränken der Krankenhäuser Abu Salim und al-Khadra 67 nicht
identifizierte Leichen gefunden.
Im Mai 2025 zeigte ein durchgesickertes Video Ibrahim ad-Darsi
gefesselt und mit Folterspuren. Als die Feindseligkeiten zwischen
verschiedenen Milizen nach dem Mord eines ihrer Anführer eskalierten,
wurden im Mai auch mehr als zehn Zivilisten getötet.
+ In einer Erklärung forderte die Nationale Institution für Menschenrechte in Libyen ein Ende des Vorgehens gegen Menschenrechtsverteidiger, Oppositionelle und Politiker. Diese Verbrechen, Übergriffe und Gräueltaten würden an unschuldigen Opfern begangen, während die Behörden nicht in der Lage seien, die Bürger zu schützen.
+ Crime Watch
Libyen dokumentierte für den September 2025 Verstöße und Verbrechen
in ganz Libyen. Sicherheitsbehörden und Milizen, die mit den Behörden
im Osten und Westen verbunden sind, begingen weiterhin Menschenrechtsverletzungen
an der Zivilbevölkerung, darunter willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen,
Folter und Misshandlung sowie Angriffe auf bewohnte Gebiete,
ohne dass wirksame Schritte unternommen werden, um die Täter zur
Rechenschaft zu ziehen.
Gefordert werden unabhängige und transparente Untersuchungen.
+ Die stellvertretende UN-Hochkommissarin
für Menschenrechte, Nada an-Naschif, sagte vor dem Menschenrechtsrat in
Genf, dass mit der Dabaiba-‚Regierung‘ verbundene
Sicherheitsbehörden in schwere Menschenrechtsverletzungen verwickelt
seien.
Oppositionelle, Politiker, Journalisten und Mitglieder der
Zivilgesellschaft werden systematisch ins Visier genommen, um abweichende
Meinungen zu unterdrücken.
+ AfricaIntelligence:
Die UNO forderte den tschadischen Militärrat zur Rettung
der Republik zum Abzug aus Libyen auf. Doch aufgrund seiner Allianz
mit Haftar bleibe er im Süden des Landes präsent und verschärfe
die Unruhen in der goldreichen Tibesti-Region an der Grenze zu
Libyen. Diese von Mohammed Ali Yussef angeführte Miliz werde als die
einzige Bewegung angesehen, die in der Lage ist, die Situation
im Norden des Tschad zu drehen und die Regierung in N’Djamena zu stürzen.
Die Miliz verfüge derzeit über rund 2.000 Soldaten, habe ihren Sitz
auf dem Flughafen Wau al-Kebir im Herzen des Fessan.
Diese Kräfte seien dort aktiv, wo auch die Waffenweitergabe an Mohammed Hamdan
Dagalo und seine RFS erfolgt.
Offiziell bekenne sich Haftar zum Fahrplan für eine Wiedervereinigung
Libyens und den Abzug ausländischer Truppen, doch seien er und
seine Söhne nicht bereit, diesen Plan auch umzusetzen.
+ Die libysche Bewegung Stimme der
Gerechtigkeit forderte, dass gegen diejenigen Länder, die sich im
Rahmen der Nato-Allianz 2011 an den Militäroperationen in Libyen beteiligt
haben, vor internationalen Gerichten Klage eingereicht wird.
Gefordert wird auch eine Entschädigung für die Opfer und ihre Familien
sowie eine offizielle Entschuldigung.
Russland / Ukraine
+ Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa: „Es gibt Fakten, die die Zusammenarbeit der libyschen [Dabaiba-] Einheitsregierung mit der Ukraine bei der Organisation terroristischer Operationen in der Sahelzone bestätigen.“
+ Mabruk Abu Amid (ehemals Hoher Rat in Wirschafana): Durch den russischen Vorwurf der Zusammenarbeit zwischen der Dabaiba-‚Regierung‘ und der Ukraine könnte Libyen zur echten Konfliktzone zwischen Russland und USA werden.
+ Am 6. Oktober startete eine Maschine von Khalifa Haftar von Bengasi aus in Richtung Istanbul. Khalifa Haftar war zuvor mit demselben Flugzeug in die ägyptische Stadt el-Alamein gereist.
+ Die griechische Luftwaffe unterstützte am 7. Oktober die Operation IRINI zur Überwachung des Waffenembargos.
Dabaiba und az-Zawiya
+ Am 2. Oktober wurde der junge Mohammed al-Faqi in az-Zawiya von Unbekannten erschossen.
+ Dabaiba beschloss die Gründung dreier neuer Gemeinden: Zawiya asch-Schamal, Zawiya al-Wast und Bir al-Ghanam.
+ Der Abgeordnete Dschaballah asch-Schaibani vermutet darin einen Versuch, die mächtige Stadt Zawiya zu zersplittern und zu schwächen.
+ Das Große Forum
von az-Zawiya ruft die Einwohner der Stadt dazu auf,
sich am 23. Oktober am Aufstand zum Sturz der Dabaiba-‚Regierung‘ zu
beteiligen.
Gefordert wird die Wahl einer neuen, kompetenten und gerechten Regierung,
die diejenigen zur Rechenschaft zieht, die für den Diebstahl des
Reichtums des libyschen Volkes verantwortlich sind, die staatliche
Institutionen wiederaufbaut und die soziale Gerechtigkeit schafft.
UN-Mission
+ Dreizehn politische Parteien und
Organisationen forderten in einem Schreiben an die UN-Mission
die Einhaltung der im UN-Fahrplan vom 21. August 2025 festgelegten
Fristen und Bedingungen.
„Die Verpflichtungen der Mission müssen als verbindlich angesehen
werden. Sollte dies nicht der Fall sein, werden die unterzeichnenden
nationalen Parteien ihre Mechanismen für den Umgang mit der Mission überdenken.“
+ Mustafa Al-Fituri (politischer Analyst) macht darauf aufmerksam, dass bereits 41 Tage seit der Vorstellung des Tetteh-Plans vergangen sind und nichts erreicht wurde. Die Situation stagniere.
+ Mohammed Amtiride (Strategiesachverständiger): Die UN-Mission ist den Herausforderungen nicht gewachsen. Der Fahrplan sei nicht wie gewünscht umgesetzt worden und die örtlichen Parteien behinderten wie gewöhnlich jeden Fortschritt.
+ Abdul Moneim al-Jassir (ehemaliger Nationalkongress) wirft der UN-Mission vor, jedes Mal dieselben Programme und Vorschläge aufzulegen, bei denen die Ergebnisse gleich null sind. Die libyschen Parteien hätten das Spiel verstanden, das Parlament und der Staatsrat seien nun Teil dieses Spiels. In Skhirat, Genf, Hurghada, Tunis und anderswo werde ständig nach einer neuen Regierung gesucht, damit diese dann einer neuen politischen Gruppe die Möglichkeit gibt, das Land auszuplündern.
+ Abdul Salam
al-Guraitli (Partei Stimme des Volkes) ruft dazu auf, sich aus
der UN-Mission zurückzuziehen und einen libysch-libyschen Dialog zur
Rettung Libyens einzuleiten, an dem alle teilnehmen, auch das Haftar-Lager
und Vertreter des ehemaligen Regimes, aber auch Dabaiba und al-Menfi.
Libyen als eines der reichsten arabischen Länder sollte nicht der
Manipulation durch Ausländer und einheimischen Verrätern überlassen werden.
Die Libyer müssten die UN-Mission vor vollendete Tatsachen stellen und
sie an die Bedingungen des libysch-libyschen Dialogs binden. Es dürfe nicht
zugelassen werden, dass Libyen eine Agenda aufgezwungen wird,
sondern man müsse sich über den Aufbau eines Staates einigen und einen Krieg
zwischen den Kriegsparteien vermeiden.
+ Laut Abdel Wahab Basikri (Bürgerbewegung zur Wiederherstellung der Legitimität) verfolgt die UN-Mission eine Beschwichtigungspolitik gegenüber allen Parteien, löst damit aber nicht die großen Probleme. Vielmehr verfolge sie diese Politik, um sowohl Haftar als auch Dabaiba und deren Anhänger zufriedenzustellen.
+ Azza Essid (Parlamentsberaterin) befürchtet, dass – sollte es nicht gelingen, eine neue Regierung zu bilden -, dies eine Katastrophe für die libysche Nation wäre, da dies die Teilung, Besiedlung und Umsiedlung zu Folge hätte.
+ Am 8. Oktober unterzeichneten Parlamentspräsident
Agila Saleh und Staatsratsvorsitzender Mohammed Takala die Vereinbarung
zur Besetzung von Posten bei souveränen Institutionen.
Mit der Ernennung der Mitglieder der Wahlkommission beginnt der Auswahlprozess
für die verbleibenden Posten in weiteren Institutionen, wie der Antikorruptionsbehörde,
der Verwaltungskontrollbehörde und dem Rechnungsprüfungsamt.
+ Der Journalist Khalil al-Hassi forderte die schnellstmögliche Absetzung der Hammad- und der Dabaiba-‚Regierung‘.
+ Am 5. Oktober erklärte Baschir al-Kut
(Politikwissenschaftler): „Die jüngste Rede von Khalifa Haftar vor einer
Reihe von Stammesscheichs und Würdenträgern enthielt implizit die Botschaft
der Ablehnung des UN-Fahrplans.“
Er habe einen parallelen Diskurs präsentiert, der auf der Idee basiert,
dass die Libyer ihren eigenen Plan erstellen müssen, der sich
aber gleichzeitig die Möglichkeit offen hält, bei Bedarf mit dem
UN-Prozess zu interagieren.
Haftar habe auch eine russische Botschaft überbracht, als er erklärte,
dass die Interessen Moskaus bei jeder neuen politischen Formation, die
der Westen in Libyen durchsetzen möchte, berücksichtigt
werden müssten.
+ Naima al-Hami: Der Staatsrat erklärte, dass sich die Ausschüsse des Staatsrats und des Parlaments mit deren Vorsitzenden darauf einigten, den gesamten Vorstand der Wahlkommission auszutauschen.
+ LibyaPress
berichtet, dass zu den Forderungen des Staatsrats gehört, durch eine Änderung
der Wahlgesetze Saif al-Islam Gaddafi und Khalifa Haftar als
Präsidentschaftskandidaten auszuschließen. Die Empfehlung fordere Wahlgesetze,
die den vom IStGH gesuchten Personen die Kandidatur verbieten –
ein klarer Bezug auf Saif al-Islam. Außerdem soll Militärangehörigen die
Teilnahme an Wahlen, sowohl durch Kandidatur für ein Amt als auch durch
Stimmabgabe, verboten werden – ein klarer Bezug auf Khalifa Haftar.
Der Staatsratsausschuss, der mit der Bewertung des UN-Fahrplans
beauftragt ist, wird von Dabaiba-Anhängern bzw. seines Verbündeten im
Staatsrat, Takala, dominiert.
Allerdings stimmten nur 47 von 60 Mitgliedern, die an der Sitzung
teilnahmen, für diese Empfehlung. Damit sei das gesetzliche Quorum
für die Sitzung (73 Mitglieder) nicht erreicht worden und das Abstimmungsergebnis
könne offiziell nicht anerkannt werden.
Das Hauptziel dieser Empfehlung bestehe darin, den UN-Fahrplan zu
untergraben, indem kein Konsens über die Wahlgesetze erzielt, und so
Dabaibas Machterhalt gesichert wird. Sollte es dennoch zu Wahlen kommen,
wären zumindest Dabaibas Hauptrivalen ausgeschaltet.
Die Konfliktparteien schließen sich damit gegenseitig aus und die
ganzen Verhandlungen müssten von vorne beginnen.
+ Laut dem Parlamentarier Ammar al-Ablaq
würde der Ausschluss von Khalifa Haftar und Saif al-Islam Gaddafi deren Anhänger
verärgern und die Integrität des Wahlprozesses gefährden.
Hannah Tetteh könnte vorschlagen, die Rolle von Staatsrat und
Parlament zu umgehen.
+ Parlamentsabgeordneter Ali at-Takbali erklärte, Demokratie bedeute, alle Meinungen zu akzeptieren und die Wahlurne entscheiden zu lassen.
+ Die Parlamentarierin Rabia Buras sieht in der Erklärung des Roadmap-Komitees des Staatsrats den Beginn des Scheiterns des Konsenses über die Ergebnisse des Beratungsausschusses und der Bemühungen der UN-Mission. Die Fragen des Militärpersonals, der doppelten Staatsbürgerschaft und der gleichzeitigen Wahlen seien bereits in den Wahlgesetzen des 6+6-Ausschusses geregelt worden.
+ Der Abgeordnete Said Amghib hält die Ausschussergebnisse für ein gefährliches und ausgrenzendes Projekt. Es sei auf Dabaibas Bedürfnisse zugeschnitten, verewige die Spaltung und mache jede politische Lösung unmöglich.
+ Azza as-Sayed
(Beraterin im Parlament und Mitglied des Dialogausschusses) erklärte, dass ihr
während ihrer Teilnahme am Genfer Dialogforum ein Bestechungsgeld
angeboten worden war. Sie habe der damaligen UN-Sondergesandten
Stephanie Williams davon berichtet. Auch Generalstaatsanwalt as-Sur
wurde informiert. Intern wurde jedoch keine Untersuchung
eingeleitet.
Jeder, der aufgrund dieser Bestechungsgelder ins Amt gelangte, müsse strafrechtlich
verfolgt werden. Auch Parlamentsabgeordnete hätten Bestechungsgelder
angenommen und seien zu Botschaftern ernannt worden.
Analysen
+ Middle
East Transparent: Libyen befindet sich in den Wirren eines tiefen
institutionellen Zusammenbruchs und hat nicht mehr nur den Status
eines gescheiterten Staates, sondern den eines „sub-gescheiterten Staates“.
Dies sei das Ergebnis der Kombination von Kleptokratie und räuberischer
Mafia, welche den Staat im Sinne ihrer eigenen Interessen systematisch
abbauen.
Die UN-Mission habe sich zu einer Partei entwickelt, die das Chaos
legitimiert.
Das auffälligste Merkmal sei der Zusammenbruch und die Ineffizienz aller
Institutionen, vom Justizsystem bis hin zu den öffentlichen
Diensten.
Korruption habe inzwischen systematische Strukturen entwickelt,
in der nationale Ressourcen zur Finanzierung von Konflikten und zur Zerstörung
lebenswichtiger Sektoren verwendet werden.
Gesundheits- und Umweltstandards seien unter die Mindeststandards
gefallen. Menschenrechte und Grundfreiheiten würden verletzt.
Jeder Anreiz für Entwicklung und Innovation sei zerstört, was zur
Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte führt.
Korruption sei auch Grund der rapiden Verschlechterung und Politisierung
auch des Bildungswesens. Dies gehe mit der Unterdrückung der
Meinungs- und Pressefreiheit sowie der bewussten Marginalisierung von
Intellektuellen einher. Extremistischen und hasserfüllten Diskursen
werde damit Tür und Tor geöffnet. Propagandamedien erhielten massive Finanzierung
und Unterstützung.
Die UN-Mission sei eine letzte Hoffnung gewesen. Doch sie habe sich zu
einer Art internationaler PR-Agentur entwickelt, die sich darauf beschränkt,
Treffen zu absolvieren, nette Fotos zu machen und irreführende
Erklärungen für die Medien abzugeben. Dies stelle einen Verstoß gegen die
Grundsätze und Verpflichtungen der UNO dar und habe dazu beigetragen, die Krise
zu verlängern. Den Kleptokraten sei ein diplomatischer Deckmantel geboten
worden, unter dem Vorwand von „Verhandlungen“ und des Strebens nach
einer „politischen Lösung“ weiterhin Ressourcen zu plündern.
Nun sei eine radikale Änderung der nationalen und internationalen Strategien
notwendig:
– Es müssen Kontroll- und Justizmechanismen aktiviert werden, um Korruption
zu bekämpfen und kleptokratische Netzwerke zu zerschlagen.
Der Schwerpunkt muss dabei auf der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit
als Grundlage für jeglichen Fortschritt liegen.
– Die Finanzierung von Propaganda muss gestoppt werden, die Mittel
müssen in die Sanierung des Bildungs- und Gesundheitssektors fließen und
der Schutz des geistigen Eigentums muss als Instrument zum Aufbau
einer diversifizierten Wissensökonomie gewährleistet werden.
– Die UNO muss die Rolle ihrer Mission in Libyen umfassend neu
bewerten und von einer passiven Beobachterrolle zu einer verbindlicheren
und durchsetzungsfähigeren Rolle übergehen.
Es stelle sich die Frage, ob sich die internationale Gemeinschaft dazu verpflichtet,
ihren Ansatz zu überprüfen und vom Krisenmanagement zu echter
Unterstützung beim Aufbau eines funktionierenden Staates und seiner
Institutionen überzugehen, oder ob sie den Zusammenbruch Libyens weiter
hinauszögern wird.
[Diese Frage dürfte eher eine rhetorische sein. Anm.A.G]
+ LibyaDesk:
Abdulhamid Dabaiba beauftragt westliche PR-Firmen damit, sein Image
aufzupolieren. Währenddessen kämpft seine ‚Regierung‘ weiterhin
mit internen und externen Krisen.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ sei einem wachsenden internationalen Druck
zurückzutreten ausgesetzt und stecke in Tripolis in einem fragilen
Waffenstillstand fest. Die sehr realen politischen, wirtschaftlichen und
sozialen Probleme Libyens würden immer unüberschaubarer, daher
werden Dabaibas politische Tricks nicht mehr fruchten.
+ Atlantic
Councel: Die Türkei und Italien festigen ihren Einfluss
in Libyen als strategische externe Akteure, doch die Allianz zwischen
den USA, Italien und der Türkei könnte einen qualitativen Wandel im
Land herbeiführen. Durch nachhaltige Diplomatie sowohl mit Ost- als
auch mit Westlibyen könnten USA, Ankara und Rom die wirtschaftlichen
Chancen nutzen, die sich durch die institutionelle Vereinigung und
Reformen in Libyen ergeben.
Washington lege derzeit größten Wert darauf, us-amerikanische Unternehmen
zu unterstützen, die in den lukrativen libyschen Markt einsteigen
wollen.
+ Laut Ezzedine Aqil (Republikanischen Koalitionspartei) habe Trump versucht, Libyen zu einem Verhandlungsobjekt im Ukraine-Konflikt zu machen. Nachdem ihm dies nicht gelang, werde er jetzt eine dritte Regierung in Libyen installieren.
+ Talim Ahmed
(ehemaliger indischer Diplomat) erklärte, dass Ankaras Annäherung an Haftar
und die ostlibysche Regierung mehrere bestehende regionale Allianzen auf
den Kopf stelle und die maritimen Spannungen zwischen Griechenland und
der Türkei verschärfte.
Die Annäherung an Ägypten habe der Türkei den Weg geebnet, auf Haftar
zuzugehen, dessen Parlament das Seeverkehrsabkommen mit Tripolis
aus dem Jahr 2019 ratifizieren soll.
Dies habe hektische diplomatische Aktivitäten in der Region ausgelöst,
da die beiden rivalisierenden Seiten versuchen, sich in einem Machtkampf
mit hohem Einsatz im Mittelmeerraum zu übertrumpfen.
Die Türkei sei bestrebt, im Ausgleich zu Griechenland ihre Beziehungen
zu Italien zu stärken, während Italien die türkische
Unterstützung bei der Verhinderung illegaler Migration aus Libyen benötigt.
Die Türkei unterstütze zwar verbal die Idee eines
„einheitlichen Libyens“, unternehme jedoch kaum Anstrengungen, Libyens
Einheit zu fördern. Wenn Libyen nicht unter einer einzigen,
glaubwürdigen Autorität vereint werde, könnte Ankara feststellen,
dass seine diplomatischen Erfolge auf einer Illusion beruhen.
Die Türkei und Ägypten werden außerdem gemeinsam an der Entwicklung
des Tarnkappen-Kampfflugzeugs KAAN arbeiten, das die us-amerikanische
F-35 ersetzen soll, von der die Türkei ausgeschlossen ist.
Hannibal Gaddafi
+ GelaNews:
Nachdem Hauptmann Hannibal Gaddafi im Libanon aufgrund
schwerer Erkrankung von seiner Gefängniszelle in ein Krankenhaus
verlegt werden musste, schlägt die Empörung über seine unrechtmäßige
Inhaftierung nicht nur in Libyen hohe Wellen. Der internationale Druck zur
Freilassung von Hannibal Gaddafi erhöht sich.
+ Lebanon Debate schrieb am 7. Oktober, dass der libanesische Ermittlungsrichter Zaher Hamadeh voraussichtlich in den kommenden Tagen über den Freilassungsantrag von Hannibal Gaddafis entscheiden wird. Staatsanwalt Dschamal al-Hadschar habe die Entscheidung über den Antrag auf Freilassung Hannibals dem Ermessen des Ermittlungsrichters überlassen.
+ Die Partei Stimme
des Volkes erklärte, dass die Verteidigung Hannibal Gaddafis
keine persönliche Angelegenheit sei, sondern vielmehr eine Verteidigung der
Würde ganz Libyens. Die Haltung der libyschen Regierung in dieser
Angelegenheit werde in die Geschichte eingehen.
Man unterstütze den französischen Anwalt Laurent Bayonne und sein
internationales Verteidigerteam bei ihrer Arbeit, beim Menschenrechtsrat
in Genf Beschwerde einzureichen. Hannibals Leben müsse geschützt
und seine Rechte gewährleistet werden.
+ Laurent Bayon,
Anwalt von Hannibal Gaddafis, sagte: „Der Gesundheitszustand
meines Mandanten, der seit fast zehn Jahren ohne Gerichtsverfahren im Libanon
inhaftiert ist, ist besorgniserregend und er muss sofort freigelassen werden.“
Sowohl der Arzt als auch die Richter erklärten, dass dieser besorgniserregende
Gesundheitszustand mit der Isolation zusammenhängt, der er während seiner
zehnjährigen Haft ausgesetzt war
Migration und Flucht
+ Mohammed
Abusnina, Berater der Ständigen Vertretung Libyens bei den UNO,
erklärte, dass Libyen mehr als 700.000 irreguläre Migranten
aufgenommen hat, wobei die tatsächliche Zahl noch viel höher liegen könnte.
Diesen Menschen sollte Libyen als Transitland auf ihrem Weg nach Europa
dienen.
Migranten machten heute etwa ein Sechstel der libyschen Bevölkerung
aus. Die Bewältigung des Migrationsproblems erfordere eine umfassende
Strategie, die sich mit ihren Ursachen befasst. Das Problem
könne nicht gelöst werden, ohne Frieden, Entwicklung und
Beschäftigungsmöglichkeiten in den Herkunftsländern zu schaffen.
+ Die Menschenrechtsexpertin
Thuraya at-Tuwaibi erklärte, dass der Anstieg der illegalen Migration
sich negativ auf Libyen auswirke, da er den Druck auf Dienstleistungen
und Infrastruktur erhöht. Es kämen ganze Familien und Stämme in
Libyen an, die auf einen dauerhaften Aufenthalt eingestellt sind.
Organisierte Schleuserbanden und organisierte Kriminalität hätten
zugenommen und infiltrierten die libysche Gesellschaft. Die Libyer
drohten zur Minderheit im eigenen Land zu werden.
Die Grenzen müssten geschützt und die Abkommen zur Rückführung
von Migranten nach Libyen ausgesetzt werden. „Das Projekt,
die Völker Nordafrikas durch die Völker Subsahara-Afrikas zu ersetzen,
muss vereitelt werden.“
Dies sei weder fremdenfeindlich, noch werde zur Gewalt
aufgerufen. Vielmehr werde gefordert, dass die Behörden tätig werden,
einschließlich der Durchsetzung von Gesetzen, der Regulierung des
Aufenthalts von Ausländern und der Abschiebung von Personen, deren Anwesenheit
ungerechtfertigt ist. Die Einführung von Verfahren zur Annahme von
Asylanträgen in Libyen werde abgelehnt.
Auch die Ansiedlung von Palästinensern aus Gaza werde abgelehnt,
da sie gegen die palästinensische Sache gerichtet sei.
+ Achmed Duga (Umma-Partei): Die Proteste in Städten wie Misrata und Tripolis veranlassten die Sicherheitskräfte, Verhaftungs- und Abschiebeaktionen von Migranten zu starten. Diese Proteste spiegelten die Ablehnung der libyschen Bevölkerung gegenüber der Ansiedlung von Migranten im Land wider.
+ Die Bewegung gegen Ansiedlungsprojekte von Misrata forderte die Behörden auf, illegale Migranten gemäß den gesetzlichen Bestimmungen abzuschieben. Arbeitsplätze müssten vorrangig an libysche Bürger vergeben werden. Die Souveränität über libysches Territorium müsse gewahrt bleiben.
+ Kamel al-Marasch
(politischer Analyst): Die Libyer werden beginnen, die Dabaiba-‚Regierung‘
zu stürzen, wenn sie sich in die Ansiedlungsfrage einmischt. Migranten
aus Syrien und Irak würden als Söldner zum Schutz der Regierung
angeworben, obwohl es sich um keine Kriegsgebiete mehr handelt.
Dem Druck, Palästinenser aus dem Gazastreifen anzusiedeln, dürfe
nicht nachgegeben werden, ebenso wenig wie dem westlichen Diktat,
das Libyen zum Wächter der europäischen Grenzen oder zum Ansiedlungsort
von Palästinensern und Afrikanern machen möchte.
+ Ahmed Hamza
(Nationale Institution für Menschenrechte) weist darauf hin, dass Migranten
für die Wiederherausgabe ihres Passes bis zu 3.000 LYD zahlen müssen
und die Freilassungsgebühren je nach Nationalität bei 5.000 bis
20.000 LYD liegen.
Einige Internierungslager bestünden aus Blechcontainern, in denen
Hunderte von Migranten auf unmenschliche Art zusammengepfercht
sind.
Als Lösung
schlägt Hamza vor, die illegale Einwanderung durch staatliche Institutionen
einzudämmen, insbesondere durch die Ministerien für Inneres, Arbeit und
Rehabilitation. Die südlichen Grenzen müssten gesichert und die Zwangsrückführung
von Migranten aus dem Mittelmeerraum nach Libyen gestoppt werden.
+ Sudanesische
Beobachtungsstelle für Menschenrechte zeigt sich besorgt über
die Eskalation fremdenfeindlicher Rhetorik, gewalttätiger Kampagnen
und willkürlicher Verhaftungen von sudanesischen Kriegsflüchtlingen.
Insbesondere in Tripolis, Misrata, Zawiya und Surman sei die Lage
katastrophal.
Sicherheitsbehörden wie die Anti-Illegal Immigration Agency
führten nachts Razzien in Flüchtlingsunterkünften durch, verhafteten
willkürlich Hunderte von Flüchtlingen und brächten sie in Haftanstalten,
in denen selbst die grundlegendsten humanitären Standards nicht eingehalten werden.
Dutzende Menschen, darunter Frauen und Kinder, werden in offene
Lastwagen und offene Hafträume gepfercht und erniedrigender und
unmenschlicher Behandlung ausgesetzt.
Gruppen libyscher Bürger griffen aufgrund rassistischer Rhetorik
Ausländer auf offener Straße an und zerstörten ihr Eigentum.
Die Beteiligung der Sicherheitsdienste an diesen Verstößen stelle einen
schwerwiegenden Verstoß gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen
dar.
+ Der Europaabgeordnete Monir Satori „Es ist an der Zeit, die europäische Finanzierung der im Mittelmeer marodierenden libyschen Milizen zu stoppen. Die EU-Länder sollten wirksame Such- und Rettungsaktionen koordinieren und Fluchtrouten für die Flüchtlinge öffnen.
+ Der Menschenrechtsaktivist Tariq Lamlum erklärte, dass Oberst Gaddafi eine Politik der offenen Tür für Afrikaner verfolgt habe. Dazu unterzeichnete er Abkommen zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern mit Sahel- und Sahara-Ländern. Libyen hatte damals eine florierende Wirtschaft, die ausländische Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, im Baugewerbe und im Dienstleistungssektor benötigte.
Wirtschaft / Finanzen
+ Die Libysche
Bewegung der Heimat konstatiert eine sich verschlechternde
finanzielle und wirtschaftliche Lage und fordert eine rasche Vereinheitlichung
der Exekutive: Die Auszahlung der Septembergehälter verzögere
sich trotz Zusagen der Finanzbehörden; die Liquiditätskrise der
Geschäftsbanken dauere das elfte Jahr in Folge an; die Zentralbank
sei nicht in der Lage, nachhaltige Lösungen zu finden, die über
das Gelddrucken hinausgehen; der Libysche Dinar verliere
auf dem Parallelmarkt weiter an Wert; die Wirtschaft befinde sich
in einer Phase inflationärer Stagnation.
Die Hauptlast der angehäuften Misserfolge trügen die Bürger.
Die Exekutivgewalt müsse deshalb rasch vereinheitlicht, die Aufsicht
über die Zentralbank aktiviert und ein umfassender Plan zur
Währungsreform angegangen werden, um die Ungleichgewichte auf den
Devisenmärkten zu beheben und das Vertrauen in den Bankensektor
wiederherzustellen.
+ Hussam al-Gemati
(Menschenrechtsaktivist) veröffentlichte Dokumente, die weitreichende Korruption
innerhalb der Libyschen Auslandsbank belegen.
Unter etlichen prominenten Namen ist auch Mohammed ad-Darrat,
Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Bank, der die Unterstützung
des Chefs der Libyschen Zentralbank (CBL), Nadschi Issa,
genießt.
Ad-Darrat besitzt eine doppelte Staatsbürgerschaft, war nicht
im Bankwesen beheimatet und übernahm die Position unter Umständen,
die angesichts der Sensibilität der Position Fragen aufwerfen.
In diesem Zusammenhang müsse auch der Name Mustafa Abu Schehma, stellvertretender
Generaldirektor der Bank, genannt werden.
Von der Staatsanwaltschaft geladen wurden Farhat Bengdara (ehemaliger NOC-Chef),
Dschamal Lamuchi (ehemaliger Generaldirektor von Mid Oil Dubai)
und Fathi Ben Zahia (ehemaliger Vorsitzender des Verwaltungsausschusses
der Oasis Oil Company).
+ Hussam al-Gemati
deckte die Komplizenschaft von Mohammed ad-Darrat (türkische Ziraat
Bank) und Mohammed al-Amari (Libyan Foreign Bank)
bei einem dubiosen Geschäft auf. Bei einem Treffen in Istanbul
ging es darum, die Satzung der Arab Turkish Bank so zu ändern,
dass die Übernahme der Geschäftsführung und des Postens des Generaldirektors
von Libyen an den türkischen Partner, die Ziraat Bank, möglich
wird. Dies stelle einen klaren Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften
und die Interessen Libyens dar.
Die Arab Turkish Bank ist das Tor zum Handel zwischen Libyen
und der Türkei. Die meisten Garantiebriefe und Dokumentenakkreditive
türkischer Unternehmen an die Behörde für Gebäudeentwicklung, die Wohnungs- und
Versorgungsbehörde sowie andere Einrichtungen und Ministerien laufen über diese
Bank. Es gehe dabei um Hunderte Millionen USD.
Die Libyan
Foreign Bank dementierte die Aussagen von al-Gemati.
Diese zielten darauf, das Vertrauen in die Bank zu untergraben.
+ Hossam al-Gamaty
(Menschenrechtsaktivist) veröffentlichte Dokumente, die einen Dokumentenkredit
im Wert von über 215 Millionen Euro für das Emerald-Projekt
an der Airport Road belegen. Dabei handle es sich um eine riesige
Plünderung libyscher Gelder durch den Dabaiba-Clan. Es gehe um überhöhte
Rechnungen, Veruntreuung und Geldwäsche im internationalen Handel.
Die wichtigsten beteiligten Parteien seien Abdulhamid Dabaiba,
Premierminister und Vorstandsvorsitzender von Lidco, und Ibrahim
Dabaiba, ein direkter Partner bei den finanziellen Vereinbarungen.
Ebenfalls betroffen sind Mohamed ad-Darrat, Vorsitzender des
Verwaltungsausschusses der Libyan Foreign Bank, und Mohamed
al-Amari, Generaldirektor der Libyan Foreign Bank. Die Interne
Aufsicht sei dabei zum Schweigen gebracht worden.
+ Hossam al-Gamati
deckte die Zusammenarbeit zwischen Mohammed ad-Darrat, dem Vorsitzenden
des Verwaltungsausschusses der Libyschen Auslandsbank, und Nadschi
Issa, dem Chef der Libyschen Zentralbank, auf. Beide hätten
einen verdächtigen Korruptionsdeal durchgesetzt, der libysche
Vermögenswerte in Spanien bedroht.
Es geht dabei um ein Grundstück an der Costa del Sol.
Gamati berichtete auch detailliert über die Hintergründe
der fünfjährigen Kontrolle, die eine Mafia über die
Geschäftsführung der Libyan Foreign Bank ausübt. Es sei immer
wieder das gleiche Muster: Diejenigen wurden bestraft, die versuchten
die Korruption zu stoppen, während die Täter geschützt werden.
+ Das Nationale Komitee zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung innerhalb der Libyschen Zentralbank warnte, dass Libyen als Hochrisikoland eingestuft werden könne, wenn es die Verabschiedung eines Gesetzes zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, das internationale Standards enthält, verzögere.
+ Laut Bloomberg schuldete Libyen Ägypten bis Ende Juli fast 200 Millionen USD für Stromimporte.
+ Der Ökonom Mukhtar al-Dschadid: Wie soll das Liquiditätsproblem gelöst werden, wenn die meisten Bankmanager und höheren Angestellten davon profitieren? Das Liquiditätsproblem bringe diesen korrupten Personen monatlich Zehntausende von USD.
+ Senussi Ismail (Staatsrat): Der Zentralbankchef hat die Lebensgrundlage der Libyer zerstört. Er führe ausländische Befehle aus, um internationale Interessen durchzusetzen.
+ Der Parlamentarier Khalifa Al-Daghari erklärte, dass zwar der Haushaltsplan des laufenden Jahres dem Parlamentspräsidenten vorgelegt wurde, allerdings habe das Parlament seit mehr als zwei Monaten nicht mehr getagt.
+ As-Sadiq al-Gharyani kritisierte die von der Zentralbank auf Bargeldabhebungen erhobenen Gebühren. Sie dienten weder der Bankenreform noch der Entwicklung. Bankenspekulation sei nach islamischem Recht nicht zulässig, da sie einen garantierten Gewinn beinhaltet.
Erdöl / Erdgas
+ Wie Reuters berichtet, nahm der italienische Ölkonzern ENI nach einer fünfjährigen Pause die Bohrung in einem Offshore-Gebiet nordwestlich von Libyen wieder auf.
Innerlibysche Nachrichten
+ Die Walkommission gab bekannt, dass am 18. Oktober Wahlen in 16 Gemeinden der 3. Gruppe stattfinden sollen. Am 20. Oktober finden in zwölf weiteren Gemeinden, deren Mandat abgelaufen ist, Wahlen statt.
+ Das Berufungsgericht
in Tripolis hob die Entscheidung der Dabaiba-‚Regierung‘ auf,
Tawergha in die Gemeinde von Misrata einzugliedern.
Das Gericht ordnete außerdem die Suspendierung des Leiters der
Gemeindeverwaltung von Tawergha und des Bürgermeisters der Gemeinde Misrata
von ihren Ämtern an, da deren Einsetzung rechtswidrig gewesen sei
und nicht dem Willen der Bevölkerung von Tawergha entspräche.
2011 wurde die Vertreibung der Bevölkerung von Tawergha
insbesondere durch Misrata-Milizen erzwungen. Die Bedingungen zu
schaffen, die den Bewohnern eine Rückkehr ermöglichten, war langwierig
und schwierig.
+ Der Professor für öffentliches
Recht, Madschdi
asch-Schabani, zur Einsetzung eines neuen Verfassungsgerichts
durch das Parlament: Die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs ist
für die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zuständig.
Das neue Gericht wurde mittels eines Gesetzes eingerichtet, das
der Oberste Gerichtshof für verfassungswidrig erklärte. Das Parlament habe
sich nicht an das Urteil des Obersten Gerichtshofs gehalten.
Die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Situation könne zu Doppelurteilen,
dem Verlust eines einheitlichen Rechtsrahmens, einer Schwächung des
öffentlichen Vertrauens in die Justiz, einer Vertiefung der politischen
Spaltung und einer Bedrohung des inneren Friedens führen.
+ Der Staatsrat lehnte
das Urteil des „sogenannten Obersten Verfassungsgerichts“ ab,
das die Entscheidungen des Parlaments hinsichtlich der Ernennung des
Oberbefehlshabers der libyschen Armee und der Beförderung von
Offizieren schützt. Diese neu geschaffene Institution eines
Verfassungsgerichts habe die einseitigen Entscheidungen des Parlaments und
seiner Parallelregierung verankert, anstatt das im politischen Abkommen und
in der Verfassungserklärung festgelegte Prinzip der Gewaltenteilung und
der politischen Partnerschaft zu respektieren.
Die einzige Autorität zur Aufsicht über die Verfassung sei die Verfassungskammer
des Obersten Gerichtshofs.
+ Am 8. Oktober hob der Staatsratsvorsitzende Takala alle Maßnahmen auf, die ergriffen wurden, um Abdel-Ati Abu Katif die Mitgliedschaft im Staatsrat für den Wahlbezirk Zliten zu ermöglichen. Abu Katif hatte im August 2024 den Verfassungseid abgelegt.
+ Der US-Amerikaner Mohammed Buisier (politischer Berater): „Das Volk wacht auf, um für seine Freiheit zu kämpfen, während die Menschen in Barqa (östliches Libyen, Hauptsitz des Haftar-Clans) aufwachen und einen weiteren Tag der Demütigung und Unterdrückung erleben müssen.“
+ Die Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung der Direktoren der Kredit- und Unternehmensabteilungen und des Filialleiters Ben Achur der Sahara Bank wegen Veruntreuung von mehr als 19 Millionen Euro an.
+ Die Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung des Direktors des al-Hawari General Hospital wegen Korruption und die Veruntreuung von Medikamenten und medizinischen Hilfsgütern im Wert von mehreren Millionen Dinar an.
+ Die Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung des Bildungsbeauftragten der Gemeinde Tarhuna wegen Korruption und Veruntreuung öffentlicher Gelder an.
+ Die Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung des Direktors der Aman Bank for Trade and Investment Branch in Idschdabija wegen Veruntreuung und Vorteilsnahme an.
+ Der Parlamentsabgeordnete Dschaballah
asch-Schaibani warnte vor den Gesundheitsrisiken, die von der Mülldeponie
in Tawergha ausgehen. In der Deponie würden Abfälle und Sondermüll aus
der Stadt Misrata gesammelt, darunter auch Abfälle aus Fabriken und
Krankenhäusern. Die Deponie müsse schnellstmöglich geschlossen
werden.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ marginalisiere Tawergha bewusst und beraube
die Stadt des Wiederaufbaus, der Entschädigung und der Stabilität.
+ Die Organisation für Menschenrechte forderte angesichts der Misshandlung des Kindes Ismail Danf, dass alle Mittäter zur Rechenschaft gezogen werden, einschließlich der Kinderschutzbehörden wegen etwaiger Nachlässigkeit.
+ Tausende Libyer
leiden aufgrund von Gewalt und Kämpfen an psychischen Erkrankungen,
ohne dass es dafür qualifizierte Behandlungsmöglichkeiten gibt.
Die WHO stellte bereits 2022 fest, dass jeder fünfte Libyer
aufgrund der Auswirkungen von Konflikten und Kriegen psychische
Behandlungen benötigt.
+ Am 4. Oktober brach im Bir-Alam-Kraftwerk in Wadi Rabieh ein schwerer Brand aus.
+ Nova Italian Agency: Erstmals wurden in Libyen Fälle von Q-Fieber in zwei Schafherden festgestellt. Die Krankheit kann auch auf den Menschen übertragen werden.
+ Saradsch Aqim, Unterstaatssekretär im Innenministerium in der Hammad-Parallelregierung behauptete, in Libyen wachse ein Kraut, mit dem sich Krebs erfolgreich behandeln ließe. Die Wissenschaft sei aufgerufen, diese Behandlung zu testen.
+ Schwere Überschwemmungen werden aufgrund starker Regenfälle am 2. Oktober aus dem westlichen Libyen gemeldet. Dies, obwohl Dabaiba in acht Monaten 6,8 Milliarden LYD für Sanierungsarbeiten ausgegeben hat.
+ Suleiman Duga,
Generaldirektor des libyschen al-Ahrar-Senders, erklärte, er versuche
täglich zu vergessen, dass er zu den Ereignissen des Februars 2011
beigetragen hat. Heute erlebe man den Verlust des libyschen Staates.
„Der größte Fehler bestand darin, auf den Sturz des vorherigen Regimes
hinzuarbeiten.“ Die libysche Bevölkerung hätte es dagegen unterstützt
und ihm zugejubelt.
Duga fragte, was die Hungrigen und denjenigen, die keine
Bildungschancen mehr haben oder denen eine medizinische Behandlung
vorenthalten wird, von der sogenannten ‚Februarrevolution‘ haben.
Er fragte
auch, wie sich auf der Grundlage von Gewalt und Hass, die die Gesellschaft
heute prägen, ein Staat aufbauen lasse.
Ein Großteil
der libyschen Medien habe begonnen, sich auf das Desaster
einzulassen, indem sie Informationen verbreiten, ohne deren Richtigkeit
zu überprüfen. Korruptionsfälle würden selektiv aufgedeckt und Einzelpersonen
angegriffen. Gesammelte Korruptionsfälle richteten sich gegen bestimmte
Personen, das Problem sei aber, dass die Korruption ganz Libyen
betrifft.
Das beliebteste
politische Programm sei das des ehemaligen Regimes, während das ‚Februar-Projekt‘
auf dem Tiefpunkt angekommen ist. Daneben gebe es auch noch ein militärisches
Projekt. Hätte es Haftar im
Zuge 2019 geschafft, Tripolis einzunehmen, sähe ganz Libyen
wie das heutige ‚Emirat Bengasi‘ aus, regiert vom Haftar-Clan.
Das Jahr 2011
+ Der Journalist Ismail al-Garitli zum Umgang von al-Jazeera mit den Ereignissen vom Februar 2011 in Libyen: Al-Jazeera habe aggressiv und unprofessionell berichtet. Al-Garitli berichtete darüber von Libyen aus. Dazu sagte er: „Mein Verhältnis zu Abdullah Mansour [Leiter der inneren Sicherheit und Verantwortlicher für Medien] war gut. Er hatte mich dazu gebracht, nach Libyen zurückzukehren. Wir behandelten einander mit großem Respekt.“
Oberst Muammar Gaddafi
+ Jussef
al-Khodscha (Verwaltung Tripolis-Altstadt) berichtete in einer Sendung über
die Restaurierung der Altstadt von Tripolis in den Jahren 1985 bis
1990 und die dadurch erfolgte Belebung. Restauriert wurden Torbögen,
Moscheen, Portale und Mauerwerke. Die einstmals weggezogenen Bewohner
kehrten zurück.
Oberst Muammar al-Gaddafi sei sich bewusst gewesen, dass die Altstadt
die Geschichte
Libyens und Tripolis, ihre Identität und Wurzeln enthalte und ein Touristenziel
sei.
Der Direktor der Altertumsbehörde, Abdullah Schibub, sei für den Erhalt
von Altertümern und historischen Gebäuden zuständig gewesen. Fawzia
Schalabi, damalige Leiterin der Kulturabteilung, hatte einen Entwicklungsplan
erstellt, dessen Umsetzung Gaddafi 1985 auf der Konferenz der
Volks- und Berufskomitees anordnete.
+ Der Politikwissenschaftler Hafez al-Ghuwail: „Ich bereue, mein Leben im Kampf gegen Gaddafi vergeudet zu haben.“ Er und sein Regime seien durch Kriminelle und Schurken ersetzt worden.
+ IntelToday: Am 2. Oktober 1986 veröffentlichte die Washington Post einen außergewöhnlichen Bericht, geschrieben von dem legendären Journalisten Bob Woodward: „Gaddafi ist das Ziel eines geheimen US-Täuschungsplans“. Auf Anweisung des Weißen Hauses verbreitete der US-Geheimdienst Falschinformationen über Muammar Gaddafi in den US-Medien. Infolge dieses Skandals setzte sich das Wort „Disinformation“ im allgemeinen englischen Sprachgebrauch durch.
+ Brigadegeneral al-Adschami al-Atiri erinnerte an den 7. Oktober 1970, als Italien seine Stützpunkte in Libyen räumen musste. Heute müsse man erleben, wie sich in Libyen die politischen Führer unterwerfen und der italienische Kolonialismus wieder eingeführt wird.
+ Moussa Ibrahim (ehemaliger Sprecher des Allgemeinen Volkskomitees): „An einem 7. Oktober des Jahres 1970 war die Evakuierung der Italiener aus Libyen abgeschlossen. An einem 7. Oktober des Jahres 2011 bombardierten die Kriegsschiffe und Flugzeuge der Nato-Allianz, zu der auch Italien gehörte, libysche Städte. Die Italiener begannen unter Anwesenheit der Nato den Luftwaffenstützpunkt in Misrata, den Mitiga–Stützpunkt in Tripolis sowie die Flughäfen und Häfen im südlichen Fessan zu kontrollieren.“
Libyen und das Ausland
+ USA. Laut der Website al-Araby al-Dschadid haben die USA in der Libyenpolitik einen Kurswechsel vollzogen, der darauf abzielt, die Libyen-Frage von einer Sicherheitsbedrohung in eine Investitionsmöglichkeit mittels Energiewirtschaft und Wiederaufbau zu verwandeln. Der Kern dabei seien die neuen Wirtschaftsabkommen.
+ Russland. Der russische
Außenminister Sergej
Lawrow sagte: „Der Westen startete unter Verletzung einer
Resolution des UN-Sicherheitsrats eine verbrecherische Aggression gegen
Libyen. Ereignisse nahmen ihren Verlauf, deren Auswirkungen wir noch
heute spüren.“
Die Instabilität der innenpolitischen Lage in Libyen behindere
weiterhin die Wiederaufnahme praktischer Kooperationsprojekte
zwischen den beiden Ländern.
Die Beziehungen Russlands zu Libyen seien immer freundschaftlich
gewesen. Bis zum Arabischen Frühling seien mit Libyen wichtige
Übereinkommen getroffen worden, wie jenes zur Stärkung der Freundschaft,
zur Entwicklung der Zusammenarbeit und zur Entwicklung einer
sektorübergreifenden Zusammenarbeit. Russische Unternehmen seien
bereit, alle Vereinbarungen mit den libyschen Parteien umzusetzen.
Allerdings fehle es Libyen noch immer an Stabilität, um praktische
Kooperationsprojekte wiederaufzunehmen. Der Dialog werde aber aufrechterhalten.
Russland habe sich in all den Jahren aktiv an allen internationalen
Gremien beteiligt, die auf eine Versöhnung zwischen Ost- und Westlibyen
abzielten.
In Tripolis existiere eine Dabaiba-‚Regierung‘, deren Amtszeit
eigentlich nur ein Jahr betragen sollte und die immer noch im Amt
ist.
Die Fortsetzung des Dialogs zwischen dem östlichen und westlichen Libyen
werde weiter unterstützt in der Hoffnung, dass Libyen eines Tages zu
einem friedlichen Leben zurückkehren kann.
+ Frankreich. Ein Bericht der Untersuchungskommission des französischen Senats kommt zu dem Schluss, dass das Gericht Sarkozy gegenüber nachsichtig gewesen sei, nachdem es von ihm beschimpft wurde. Überrascht sei man gewesen, dass das Urteil gegen ihn nicht sofort vollstreckt wurde.
+ Frankreich. Der französische Kassationshof will am 26. November sein Urteil über Sarkozys Berufung gegen seine Verurteilung verkünden.
+ Palästina. Mohamed Schaaban al-Mardas (ehemaliger Botschafter) süffisant an das Außenministerium der Dabaiba-‚Regierung‘, das die israelischen Besatzungsbehörden für die Sicherheit der Mitglieder des libyschen Schiffes Omar al-Mukhtar, das sich der Sumud-Flotte angeschlossen hat, verantwortlich macht: „Ibrahim Dabaiba hat die Nummer von Cohen, rufen Sie ihn an!“ Eli Cohen ist israelischer Minister und im Sicherheitskabinett.
+ Palästina/Türkei. Der libysche Konsul in Istanbul begrüßte sieben libysche Staatsbürger, die von Israel wegen ihrer Teilnahme an der Sumud-Flottille festgenommen worden waren, bei ihrer Ankunft in der Türkei und bereitet sie auf ihre Heimreise vor.
+ Palästina. Thierry
Meyssan erklärte in Voltaire News bezüglich der Sumud-Flottille,
dass diese von der Moslembruderschaft, der CIA und vom MI6 gesteuert
ist.
Die Mavi-Marmara-Affäre der Jahre 2010-2011-2012 hätte für die politische
Instrumentalisierung der humanitären Operationen dieser Flottillen
jedermann die Augen öffnen sollen. Als die Flottille von israelischen
Spezialeinheiten geentert und die Passagiere verhaftet wurden, seien
mehrere von ihnen in ein Krankenhaus in der Türkei eingeliefert worden,
darunter der irisch-türkische el-Mehdi el-Hamid, der dabei fotografiert
wurde, wie er Recep Tayyip Erdoğan die Stirn küsste. Später stellte sich
heraus, dass el-Mehdi el-Hamid sowohl ein Agent der
Muslimbruderschaft als auch der CIA war.
2011 wurde er während des Sturzes von Muammar al-Gaddafi in Tripolis
von der NATO an die Macht gebracht, 2012 wurde er zur Nummer 2 der Freien
Syrischen Armee [FSA], also der sogenannten „syrischen Rebellen“,
obwohl er noch nie zuvor einen Fuß auf syrischen Boden gesetzt hatte.
+ Syrien. Mitglieder der libyschen Wahlkommission nahmen zur Beobachtung an der Pseudo-Parlamentswahl in Damaskus teil.
+ Syrien. Die Internationale Organisation für Migration half mit, auf Wunsch des syrischen Außenministeriums die freiwillige Rückkehr von 152 Syrern aus Libyen nach Damaskus zu organisieren. Die Syrer hielten sich seit über einem Jahrzehnt in Libyen auf.
+ Ägypten. Bewohner von Wirschafana forderten Dabaiba auf, zu intervenieren, um die Freilassung von Milad al-Khulaidi zu erwirken, der von ägyptischen Gerichten zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er in Marsa Matruh (Ägypten) einen Verkehrsunfall verursacht hatte. Er sei unschuldig.
Aus den Nachbarstaaten
+ Tunesien: Saber Ben Chouchane soll auf Facebook den tunesischen Präsidenten Kais Saied und andere Staatsbeamte beleidigt haben und erhielt dafür die Todesstrafe. Nun wurde er begnadigt.
+ Sudan. Diese Woche wurden bei Angriffen auf eine Moschee und ein Krankenhaus in El Fascher, der belagerten Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaates Nord-Darfur, mindestens 20 Zivilisten getötet.
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