Kurznachrichten Libyen – 30.05. bis 05.06.2022
Machtkampf zwischen Dabaiba und Baschagha hält an, dabei spielt Erdöl eine wichtige Rolle / Sitzung in Sirte mit Premier Baschagha und Parlamentspräsident Saleh / Heftige Milizenkämpfe in Tripolis / Demo-Verbot in Tripolis / LNA bekämpft im Süden IS / Muammar al-Gaddafis Witwe Safya wirft ‚internationaler Gemeinschaft‘ moralischen Bankrott vor / In Tripolis neues Migrantenlager eröffnet
+ 31.05.: Parlamentssitzung/Sirte. Ministerpräsident Fathi
Baschagha empfing Parlamentspräsidenten Agila Saleh bei seiner Ankunft am
Flughafen in der Küstenstadt Sirte.
https://twitter.com/smmlibya/status/1531536231112359937
+ 31.05.: Erste Sirte-Sitzung. Auf der vom
Parlamentspräsidenten Agila Saleh in Sirte einberufenen Sitzung begrüßte
GNS-(Government of National Stability) Premierminister Baschagha die
hochkarätigen Teilnehmer, darunter der stellvertretende Parlamentspräsident
Fawzi an-Nuwairi sowie die Parlamentsmitglieder des Ausschusses für Planung,
Finanzen und Haushalt.
Weitere Teilnehmer waren die stellvertretenden GNS-Premierminister Ali
al-Qatrani und Khaled al-Osta, der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, der
Vorsitzende der Verwaltungskontrollbehörde, der Verwaltungsrat der Libyschen
Zentralbank (CBL), der Minister für Planung und Finanzen, der Verwaltungsrat
der Nationalen Ölgesellschaft (NOC) und die Antikorruptionsbehörde.
Baschagha erklärte, das Treffen sei eine „ehrenvolle Form des nationalen
Konsenses, der mit aufrichtigen libyschen Bemühungen zustande gekommen ist,
eine solide Grundlage für die Einheit des Staates zu schaffen und den
derzeitigen Zustand der Spaltung zu beenden“. Dies werde den Weg für die
Abhaltung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ebnen und dem Willen des
libyschen Volkes in freier und transparenter Weise Rechnung tragen. Der
vorgelegte Haushaltsentwurf für das Jahr 2022, der eine gerechte und direkte
Verteilung der Mittel an die Gemeinden gewährleiste, soll auf der Sitzung
diskutiert und anschließend zeitnah dem Parlament zur Annahme vorgelegt werden.
Parlamentspräsident Saleh erklärte, dass „Krieg keine Option mehr ist“ und dass
die neue Regierung unter der Leitung von Fathi Baschagha ihre Aufgaben von
Sirte aus wahrnehmen werde“. Derzeit werde an einer neuen Verfassung für das
Land gearbeitet, die dem Volk in einem Referendum zur Abstimmung vorgelegt
werden solle, um so bald wie möglich umfassende Wahlen abzuhalten. Diejenigen,
die nicht mit der neuen Regierung zusammenarbeiten, würden zur Rechenschaft
gezogen werden. Es sei eindeutig, dass die alte GNU-Regierung unter Abdelhamid
Dabaiba nicht in der Lage ist, einen korrekten Ablauf von Wahlen zu
gewährleisten, da in Tripolis und anderen Orten im westlichen Libyen bewaffnete
Gruppen die Durchführung von Wahlen behindern würden.
https://libyareview.com/24147/bashagha-our-government-will-pave-way-for-elections/
Schon länger wird diskutiert, die Regierungsorgane und -institutionen von
Tripolis nach Sirte zu verlegen, um sie dem Einfluss der Milizen zu entziehen.
Sirte liegt etwa in der Mitte des Landes an der Mittelmeerküste. Sirte könnte
damit einen neuen Hauptstadtstatus erlangen.
+ 02.06.: Parlament/CBL. Laut dem Pressesprecher von Agila
Saleh, Fathi al-Marimi, sollen der Haushalt der Baschagha-Regierung und die
neue libysche Regierung von der Libyschen Zentralbank (CBL) finanziert
werden. Sollte dies die CBL verweigern, werde sie „wegen Verstoßes gegen die
Verfassungserklärung des Landes und die geltenden Gesetze strafrechtlich
verfolgt“.
Der Chef der CBL, as-Siddiq al-Kebir, und der CBL-Verwaltungsrat waren nicht zu
der von Saleh einberufenen Sirte-Sitzung erschienen.
https://libyareview.com/24200/libyan-parliament-warns-central-bank-of-failure-to-finance-new-government/
Die wissen schon, warum sie nicht erschienen sind. Mit Dabaiba werden diese
Herrschaften auch ihre Pfründe verlieren.
+ 01.06.: US-Militär. Das US-Sondereinsatzkommando C146A
Wolfhound 11-3031 wurde vor der libyschen Küste gesichtet.
https://twitter.com/GDarkconrad/status/1531938707598675969
Es wird befürchtet, dass sich die USA mit GB auf eine große
Militäroffensive in Libyen vorbereiten.
+ 01.06.: Milizenkämpfe. Erneut kam es in Tripolis zu
stundenlangen bewaffneten Zusammenstößen mit fünf Toten zwischen den Milizen.
Beteiligt waren die Tripolis Revolutionäre Brigaden von Ayoub Buras
und die Deterrence Judicial Police (Kriminalpolizei) von Osama
Nadschim. Die Nadschim-Miliz hat das Hauptquartier des Geheimdienstes
erfolgreich angegriffen und konnte die Kontrolle darüber übernehmen. Ein
Rückeroberungsversuch der Tripolis Revolutionäre Brigaden scheiterte.
Der Flugverkehr am internationalen Mitiga-Flughafen von Tripolis wurde aufgrund
von Milizenkämpfen in der Nähe des Flughafens eingestellt.
Der von Dabaiba kürzlich abgesetzte Chef des militärischen Geheimdienstes,
Osama al-Dschuwaili, hatte dem scheidenden Premierminister Dabaiba eine Frist
von fünf Tagen gesetzt, die Macht an den neuen Premierminister Baschagha zu
übergeben. Die Milizenkämpfe setzten nach Ablauf dieser Frist ein.
Tripolis gleicht einer „abgeriegelten Militärkaserne“, nachdem die Milizen der 444.
Brigade in Erwartung eines Angriffs von Dschuwailis Zintan-Milizen die
Kämpfe in Tripolis in den Bezirken Qasr Bin Ghashir, Wadi ar-Rabea, as-Sayeh,
Souk al-Khamis, as-Sabi`ah, al-Hira, Salah ad-Din und Khallet al-Furjan sowie
auf die westlibyschen Städte Tarhuna, Bani Walid und al-Arban im Westen Libyens
ausweiteten.
https://libyarise.com/militias-in-western-libya-ignite-tripoli-and-a-new-attack-on-the-intelligence-headquarters/
https://libyareview.com/24189/5-dead-in-libyan-capital-clashes/
Über die Kämpfe und Vorgänge in Libyen schweigen sich unsere
„Qualitätsmedien“ aus.
+ 02.06.: Milizenkämpfe. Es kam vor dem libyschen
Außenministerium in Tripolis erneut zu Zusammenstößen zwischen Milizen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1532081490267348993
+ 02.06.: Demo-Verbot. In Tripolis hat die so genannte Constitution
and Elections Support Force (Verfassungs- und Wahlstreitkraft) von Dabaiba
davor gewarnt, Mahnwachen oder Demonstrationen abzuhalten. Proteste gegen die
mangelnde Stromversorgung, für die Rechte von Verwundeten und zu anderen Themen
würden deshalb für dreißig Tage verboten.
Befürchtet wird, dass die Milizen mit Waffengewalt gegen Demonstranten vorgehen
könnten, was den Konflikt verschärfen und ein völliges Chaos im Land
verursachen würde.
Die Bevölkerung wird von den hohen Preise, den Verzögerungen bei
Gehaltszahlungen sowie der nicht vorhandenen sozialen Gerechtigkeit schier
erdrückt.
https://libyarise.com/tripoli-suffers-from-gag-mouths-dabaiba-fears-peaceful-demonstration/
Man fragt sich sowieso, wie die libysche Bevölkerung dieses seit 2011 über
das Land hereingebrochene Chaos aushalten kann.
+ 31.05.: Syrische Söldner. Laut der Syrischen
Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) halten sich noch immer etwa
7.000 syrische Söldner im westlichen Libyen auf. Sie seien zu „zu Werkzeugen in
den Händen der türkischen Regierung geworden“ und müssten unverzüglich nach
Syrien zurückkehren.
https://libyareview.com/24112/how-many-syrian-mercenaries-remain-in-libya/
+ 31.05.: Erdgas. Die General Electricity Company of
Libya (GECOL) teilte mit, dass die Gaslieferungen aus dem Istiklal-Feld eingestellt
wurden. Dies bedeutet den Verlust von 600 MW aus den Kraftwerken Nord-Bengasi
und Zuitina.
https://libyareview.com/24108/libyas-gecol-600-mw-lost-due-to-gas-supply-interruption/
+ 31.05.: Erdöl. Es gab ein Leck in der Erdölleitung
zwischen dem Sarir-Ölfeld und dem Verladehafen Hariga (Tobruk). Von der General
Union of Oil and Gas Workers in Libya hieß es, dass das mangelnde Budget
und die Unfähigkeit des Managements der Arabian Gulf Oil Company
(AGOCO) für das Leck verantwortlich seien. Die Arbeiten zur Schließung des
Lecks werden fortgesetzt.
Laut ACOCO sei mit dem Rückgang der Förderleistung in Höhe von 220.000
Barrel/Tag zu rechnen.
https://libyarise.com/oil-workers-union-media-office-these-are-the-reasons-for-the-oil-spill-near-the-poster-station/
https://libyarise.com/libyan-oil-loses-220-thousand-barrels-per-day-a-new-crisis/
Das Leck dürfte auch Umweltschäden verursachen.
+ 03.06.: Erdölstopp. Laut dem Vorsitzenden der
Gewerkschaft der Arbeitnehmer des Ölhafens az-Zuitina, Marei Buridan,
wird die Schließung des Hafens und die Aussetzung der Ölexporte fortgesetzt,
auch wenn von vielen Nutzern die Öffnung gefordert werde.
https://libyareview.com/24261/libyan-az-zuwaytinah-port-still-closed/
+ 30.05.: LNA/IS/Tibu.
Die Libysche Nationalarmee (LNA) gab bekannt, dass sie bei einer
Militäroperation in der südlichen Stadt Qatrun mehrere Militärfahrzeuge
zerstört und einen IS-Kommandeur festgenommen hat. Kampfflugzeuge der libyschen
Luftwaffe unterstützten die am Boden vorrückenden LNA-Truppen. Die LNA werde
ihren „Krieg gegen den Terrorismus, die tschadischen Milizen und die Überreste
von ISIS“ fortsetzen.
Der Oberste Politische Rat des Tibu-Stammes, der in dieser Gegend beheimatet
ist, bekräftigte seine Unterstützung für den libyschen Staat und seine
nationalen Institutionen, an dessen Spitze die Armee und die
Sicherheitsorgane stehen, und ihr Recht, jeden Zentimeter des libyschen
Staatsgebiets zu kontrollieren.
https://libyareview.com/24087/libyan-army-arrests-is-commander-in-southern-libya-clashes/
https://libyarise.com/a-statement-by-the-tabu-tribes-to-support-the-army-and-security-against-the-background-of-military-developments-in-the-south/
+ 02.06.: LNA/Dabaiba/IS. LNA-Sprecher Generalmajor Ahmed
al-Mismari sagte, dass terroristische Organisationen in Libyen „ihre Gelder
durch Menschenhandel und illegale Einwanderung verdienen“. Er warf Abdelhamid
Dabaiba vor, „Gelder für terroristische Milizen bereitgestellt zu haben“.
Es gebe eine Verbindung zwischen den IS-Mitgliedern in Libyen und denen auf dem
Sinai in Ägypten. Der IS versuche auch, sich in den Grenzgebieten zum Tschad
und zum Niger auszubreiten. LNA-Operationen gegen terroristische Organisationen
an der tschadischen Grenze dauerten an. Auch im Gebiet des Tschad nahe der
libyschen Grenze sei es zu bewaffneten Zusammenstößen gekommen. Militärische
Einheiten seien in Qatrun und Murzuq vor Ort, um die Grenzen zu sichern.
https://libyareview.com/24182/libyan-army-accuses-dbaiba-of-funding-terrorist-militias/
+ 01.06.: Stephanie Williams/CDA. Der Leiter des Gremiums
zur Erstellung des Verfassungsentwurfs (Constitution Drafting Assembly/CDA),
ad-Dschilani Arhuma, hat sich in einem Brief an den UN-Generalsekretär Guterres
über die Sonderberaterin für Libyen, Stephanie Williams, beschwert. Arhuma warf
Williams vor, ihre Macht zu missbrauchen und Kompetenzen zu überschreiten.
Williams weigere sich, „mit der CDA zu kommunizieren, die sie nicht als eine
souveräne Institution anerkennt“.
Williams habe sich „geweigert, die CDA, die mit dem Verfassungsprozess befasst
ist, in Dialoge und bei Konferenzen miteinzubeziehen, auch nicht in die
laufenden Kairo-Gespräche“.
Williams habe „vor kurzem ein parallel arbeitendes Komitee gebildet, um den von
dem gewählten Gremium ausgearbeiteten Verfassungsentwurf zu ändern, was gegen
die Bestimmungen der Interimsverfassungserklärung, des Libyschen Politischen
Abkommens und der entsprechenden Urteile der libyschen Justiz verstößt“.
Williams Vorgehen laufe den Zielen der UN zuwider und stelle eine „eklatante
und offensichtliche Einmischung für die Interessen bestimmter Parteien dar, um
politische Vorteile zu erzielen“.
Der Brief war auch an die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sowie an die
Botschafter der USA, Russlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens,
Deutschlands, Ägyptens, der Türkei, Algeriens, Tunesiens, Katars und der VAE
gerichtet.
https://libyareview.com/24144/libyan-official-urges-un-to-stop-williamss-misuse-of-power/
Die USA wollen mit Hilfe von Stephanie Williams und den Moslembrüdern die
neue Verfassung für Libyen schreiben.
+ 03.06.: Baschagha/USA. Premierminister Fathi Baschagha
führte in Washington „positive Gespräche“ mit hochrangigen Vertretern der USA.
https://libyareview.com/24232/libyas-bashagha-senior-us-officials-meet-in-washington/
+ 04.06.: Great–Man-Made-River. Der GMMR
ist durch den Krieg stark beschädigt worden. Nun müssten 40 Milliarden USD
investiert werden, um das riesige Leitungssystem wieder instand zu bringen.
Insgesamt seien für das gesamte Projekt 85 Milliarden USD aufzuwenden. Die
Städte in der Dschufra-Region leiden unter einem schweren Wassermangel.
Der GMMR leitet fossiles Grundwasser aus der Sahara in die Küstenstädte und in
die landwirtschaftlichen Bewässerungssysteme. Libyens Wasserversorgung ist vom
GMMR abhängig.
https://libyarise.com/douma-al-jufra-project-aims-to-transfer-1-6-million-cubic-meters-of-water-to-the-north/
+ 31.05.: AU/Terrorismus. Mussa Faki von der Afrikanischen
Union (AU) erklärte bei einem außerordentlichen AU-Gipfel, dass der Terrorismus
mit dem Beginn der Libyen-Krise 2011 auf dem gesamten afrikanischen Kontinent
zugenommen hat. Ausländische Söldner hätten in die Sahelzone vordringen können
ebenso wie Terrorgruppen, die im Nahen Osten besiegt worden waren. „Seitdem hat
der Terrorismus weite Teile Afrikas erreicht, von Libyen über Mosambik, Mali,
Guinea, Somalia und die Sahelzone, sowie den Tschad und die Demokratische
Republik Kongo“.
https://libyareview.com/24102/african-union-libyan-crisis-increased-terrorism-in-africa/
+ 30.05.: Gaddafi-Familie/UN. Nachdem der UN-Sicherheitsrat
der Ehefrau des ermordeten Muammar al-Gaddafi, Safiya Farkasch, sowie Gaddafis
Sohn Muhammad und Tochter Aisha eine Reisegenehmigung für Reisen aus
humanitären Gründen für sechs Monate vom 1. Juni an erteilt hat, hat die
Gaddafi-Familie ihr tiefes Bedauern über die „anhaltende internationale
Verfolgung“ der Familie durch den UN-Sicherheitsrat zum Ausdruck gebracht. Die
Entscheidung wurde als „ungerecht“ bezeichnet, ihre fortgesetzte Verfolgung
spiegele „nur den Zustand des moralischen und ethischen Bankrotts der
internationalen Gemeinschaft und ihrer Institutionen“ wider. Weiter heißt es:
„Zu einem Zeitpunkt, an dem wir ein Ende dieser ungerechten Maßnahmen
erwarteten, beschloss der Sicherheitsrat, diese ungerechten Beschränkungen
fortzusetzen, wobei er die Augen vor den Verbrechen der Terrormilizen und
Warlords und der katastrophalen Lage in unserem Land, Libyen, verschloss“.
2011 verbot der Sanktionsausschuss des UN-Sicherheitsrats der Witwe von Oberst
Muammar al-Gaddafi, Safiya Farkasch, und anderen Familienmitgliedern, die heute
im Oman leben, Reisen und ordnete die Beschlagnahme ihres gesamten
Auslandsvermögens an. Die Resolution verpflichtet Länder, die ihnen die
Einreise oder den Transit durch ihr Hoheitsgebiet gestatten, den zuständigen
Ausschuss des Sicherheitsrats innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Ankunft oder
ihrem Transit schriftlich zu benachrichtigen und dabei das Datum ihrer Einreise
und die voraussichtliche Dauer ihres Aufenthalts anzugeben.
https://libyareview.com/24084/gaddafi-family-deplores-their-international-pursuit-by-un/
Fürchtet sich der Westen immer noch so sehr vor Gaddafi, dass er solche
ungerechte Sippenhaft gegen zwei Frauen und den Sohn Gaddafis aus erster Ehe
immer noch meint, aufrechterhalten zu müssen? Jämmerlich!
+ 02.06.: Morde. Laut dem Leiter der Nationalen
Kommission für Menschenrechte in Libyen (NCHRL), Ahmed Abdelhakim wurden
zwischen Januar und Mai dieses Jahres landesweit 172 außergerichtliche Tötungen
begangen. Dies beweise, dass die Straflosigkeit immer mehr um sich greife und
die Strafverfolgungsbehörden keine Rolle spielten. Der Schutz des Lebens und
des Eigentums von Bürgern müsse besser geschützt werden.
https://libyareview.com/24163/libya-documents-172-extrajudicial-killings-in-2022/
+ 01.06.: Migrantenlager. Obwohl sowohl von
Menschenrechtsorganisationen als auch von der UN immer wieder gefordert wird,
dass die im westlichen Libyen bestehenden Migrantenlager aufgrund massiver
Menschenrechtsverletzungen dringend geschlossen werden müssten, wurde in
Tripolis ein neues Lager eröffnet.
Im Januar hatte UN-Generalsekretär Guterres berichtet, dass offiziell mehr als
12.000 Gefangene in Lagern festgehalten werden. Weitere werden illegal und oft
unter unmenschlichen Bedingungen in geheimen Einrichtungen, die von Milizen
kontrolliert werden, festgehalten.
https://libyareview.com/24151/new-migrant-detention-center-opens-in-libyan-capital/
+ 01.06.: Migration. Die libysche Küstenwache hat 64
Insassen eines Schlauchbootes, die auf dem Weg nach Europa waren, vor der Küste
bei Mellita „gerettet“. In der vergangenen Woche waren vier Migranten
ertrunken, 17 weitere wurden gerettet, nachdem ihr Boot nordwestlich von Libyen
sank.
https://libyareview.com/24158/64-migrants-rescued-off-libyan-coast/
Das neue Lager muss ja gefüllt werden.
+ 02.06.: Migration. Wie Ärzte ohne Grenzen
feststellte, werden „jeden Monat im Durchschnitt etwa 2.000 Migranten aus
Libyen und Algerien ausgewiesen, darunter auch Schwerverletzte,
Vergewaltigungsopfer und Menschen mit schweren Traumata. Nach der Abschiebung
werden diese Migranten mitten in der Wüste an der algerisch-nigerianischen
Grenze ausgesetzt, an einem Ort, der Point Zero genannt wird, 15 km
von der Stadt Assamaka entfernt.“
Laut Ärzte ohne Grenzen habe die Zahl der aus Libyen abgeschobenen
Menschen in den letzten Jahren zugenommen. In Libyen wurden allein von Januar
bis Mai dieses Jahres 14.196 Menschen abgeschoben, darunter auch Frauen und
Kinder.
Im Jahr 2015 verabschiedete Niamey ein Gesetz, das den Menschenhandel unter
Strafe stellt und mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bedroht.
https://libyareview.com/24168/msf-denounces-inhumane-treatment-of-migrants-in-libya/
Die Migrantenrouten führen durch Wüsten- uns Grenzgebiete, die kaum
kontrollierbar sind, auch weil es sich um Stammesgebiete handelt, die sich über
mehrere Ländergrenzen hinweg erstrecken.
+ 30.05.: Russland/Westen/Heuchelei. In einem Interview
sagte der russische Außenminister Lawrow: „Die Heuchelei des Westens zeigte
sich in den Reaktionen auf die Entscheidungen der Vereinigten Staaten und der
NATO in Situationen wie Jugoslawien 1999, Irak 2003 und Libyen 2011.“ Und
weiter: „Diese Bedrohungen befanden sich mehr als 10.000 Kilometer von der
amerikanischen Küste entfernt, aber alle folgten Washington, um zuerst
Jugoslawien, dann den Irak und dann Libyen zu zerstören“.
Lawrow wies auch darauf hin, dass das russische private Militärunternehmen
Wagner in Libyen und Mali auf „kommerzieller Basis“ tätig sei. In Libyen sei
die Wagner-Gruppe von den Behörden in Tobruk eingeladen worden. Sie habe nichts
mit dem russischen Staat zu tun.
https://libyareview.com/24096/lavrov-west-destroyed-libya/
+ 02.05.: Italien/Freundschaftsvertrag. Die Präsidentin des
italienischen Senats, Stefania Craxi, betonte, die Regierung dürfe den zwischen
dem ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und Muammar
al-Gaddafi unterzeichneten Freundschafts- und Kooperationsvertrag zwischen
Italien und Libyen nicht ignorieren. Craxi sagte, laut dem Vertrag „hätten wir
im Falle eines Angriffs an der Seite Libyens in den Krieg ziehen müssen, aber
wir haben das Gegenteil getan. Auf Betreiben der Franzosen und Amerikaner haben
wir etwas getan, was unsere Glaubwürdigkeit in der arabischen Welt geschwächt
hat. Diese Sache war fatal, denn dieser Vertrag war im Interesse unseres
Landes“.
https://libyareview.com/24172/italian-senate-rome-should-not-ignore-friendship-treaty-with-libya/
Hört, hört! Dieses heutige Eingeständnis ist den wirtschaftlichen
Interessen Italiens geschuldet, dass auch im östlichen Libyen nach bilateralen
Kontakten sucht. In der ganzen arabischen Welt haben die westlichen,
insbesondere auch die europäischen Länder Ansehen und Reputation eingebüßt.
+ 05.06.: IRINI. Der UN-Sicherheitsrat hat die
EU-Marineoperation IRINI um ein Jahr verlängert. IRINI soll auf hoher See vor
der libyschen Küste Schiffe inspizieren, die verdächtig sind, Waffen nach
Libyen zu bringen und damit gegen das UN-Waffenembargo zu verstoßen.
Erst vor wenigen Tagen hatte ein UN-Expertengremium festgestellt, dass das
Waffenembargo von 2011 nach wie vor „völlig unwirksam“ ist.
https://libyareview.com/24230/un-extends-operation-irini-in-libya/
Aus anderen Ländern
+ Palästina/Israel. „Wieder eine Journalistin. Israels
Armee erschießt binnen 24 Stunden eine Palästinenserin und zwei Palästinenser.“
Wiederum haben „israelische Soldaten auf der besetzten Westbank unweit von
Al-Chalil (hebräisch: Hebron) die 31jährige Journalistin Ghufran Warasna
erschossen. Warasna sei von […] einer Kugel knapp neben dem Herzen in die Brust
getroffen worden.“ Die Armee habe die Nothelfer fast 20 Minuten daran
gehindert, die Schwerverletzte medizinisch zu versorgen. „Nach Angaben des
palästinensischen Gesundheitsministeriums sind seit Anfang des Jahres 62
Palästinenserinnen und Palästinenser auf der Westbank durch israelische Kugeln
umgekommen. Die Autonomiebehörde sprach in der Vergangenheit von
»außergerichtlichen Hinrichtungen«.“
https://www.jungewelt.de/artikel/427688.pal%C3%A4stina-und-israel-wieder-eine-journalistin.html
+ Iran/Israel. „Die Spannungen
zwischen Iran und Israel nehmen nach der jüngsten
Eskalation um den ermordeten iranischen Oberst Sajjad Chodai in Teheran
wieder zu. Israel hat seinen Bürgern nun davon abgeraten, in die
Türkei zu reisen, während das Land seine Alarmbereitschaft angesichts
iranischer Drohungen als Reaktion auf die Ermordung des iranischen
Offiziers erhöht. Zwei Motorradfahrer griffen Chodai am 22. Mai auf offener
Straße an und töteten ihn mit fünf Schüssen.“
https://rtde.live/der-nahe-osten/139741-nach-ermordung-von-iranischem-offizier/
+ VAE/Israel. „Israel und die Vereinigten Arabischen
Emirate haben am Dienstag ein Freihandelsabkommen unterzeichnet, durch das auf
etwa 96 Prozent des Warenaustausches zwischen beiden Ländern kein Zoll mehr
gezahlt werden muss. Es ist die erste derartige Vereinbarung zwischen Israel
und einem arabischen Staat. Das Handelsvolumen der beiden Länder seit der
»Normalisierung« ihrer Beziehungen im September 2020 beläuft sich auf 2,5
Milliarden US-Dollar. Für die Jahre 2023 und 2024 wird ein Warenaustausch im
Wert von fünf Milliarden US-Dollar angestrebt.“
https://www.jungewelt.de/artikel/427619.verrat-an-pal%C3%A4stinensern-schleichweg-zur-normalisierung.html
+ Iran/Griechenland/USA. „Zwei griechische Tanker befinden
sich unter Kontrolle der Revolutionsgarde. Dabei spielen auch die USA und
griechische Behörden zentrale Rollen.
Behörden des Irans haben zwei griechische Tanker festgesetzt, um sich gut
100.000 Tonnen Rohöl zurückzuholen, die zuvor auf einem anderen Schiff in
Griechenland konfisziert worden waren.“ Dies geschah, nachdem sich die
griechische Regierung als besonders >berechenbarer Verbündeter< der USA
erweisen wollte und von einem in Griechenland festgesetzten Tanker iranisches
Öl umgeladen und in die USA verschifft hat. „Piraterie gegen Piraterie.“
https://www.heise.de/tp/features/Geklaut-und-zurueckgeklaut-Das-steckt-hinter-dem-griechisch-iranischen-Oelkrieg-auf-offenem-Meer-7130301.html?seite=all
+ Griechenland/Iran/Ölversorgung. Griechenland hat „einen
Tanker mit iranischem Öl gekapert und das Öl den USA übergeben. Daraufhin hat
der Iran zwei griechische Tanker im Persischen Golf gestoppt und festgesetzt.
Sollte der Iran mit solchen Vergeltungsmaßnahmen fortfahren, wäre der Persische
Golf für griechische Tanker de facto geschlossen.
Griechenland hat aber die größte Tankerflotte der Welt. Was würde es für die
europäische Ölversorgung bedeuten, wenn griechische Tanker kein Öl mehr aus den
arabischen Ländern holen können?
https://www.anti-spiegel.ru/2022/was-haben-das-zugunglueck-in-bayern-und-griechische-tanker-miteinander-zu-tun/
+ Syrien/Türkei. „Die syrische Armee hat ihre Stellungen in
Nordsyrien in der Nähe von Gebieten, die von türkischen Streitkräften und bewaffneten protürkischen
Milizen kontrolliert werden, mit militärischem Personal und Ausrüstung
verstärk. Die syrische Regierung hatte am Vortag erneut ihre Ablehnung
einer möglichen weiteren türkischen Militäroperation in Syrien erklärt.
Syrien lehne die feindseligen militärischen Handlungen ab, die von den
türkischen Besatzungstruppen vor einigen Tagen auf Teile des syrischen
Territoriums im Norden gestartet worden seien, so das
Außenministerium in Damaskus, das diese Handlungen als >Kriegsverbrechen<
und >Verbrechen gegen die Menschlichkeit< verurteilte, da sie eine
geografische und ethnische Säuberung darstellten. […] Die Souveränität,
Unabhängigkeit und territoriale Integrität Syriens könne nicht zum Gegenstand
von „Erpressung“ durch oder Handel mit dem „extremistischen türkischen Regime“
gemacht werden. […] Seit dem Jahr 2016 führte die Türkei bisher drei
völkerrechtswidrige Militäroperationen auf syrischem Gebiet durch und besetzt
seitdem weite Teile des Landes.“
https://rtde.live/der-nahe-osten/139890-angesichts-moeglicher-turkischer-offensive-syrien-schickt-verstaerkung-in-den-norden/
+ Marokko/Westsahara/Deutschland. „Wertegeleitete
Außenpolitik? Die Bundesregierung ist auf dem Weg, die illegale Besatzung der
Westsahara durch Marokko faktisch anzuerkennen. Das hat Konsequenzen für die
Energieversorgung. […] Marokko hatte den Botschafter aus Berlin zurückgezogen,
da die Merkel-Regierung auf die Erpressungsversuche nicht einging und sich in
der Frage der Anerkennung der marokkanischen Souveränität über die Westsahara
quergestellt hatte. Berlin hatte stets auf die Resolutionen der Vereinten
Nationen (UN) verwiesen und sich besorgt über die Menschenrechtslage in den
besetzten Gebieten gezeigt. Dann kam der Regierungswechsel.“ Auch Berlin bewegt
sich [unter einer Außenministerin Baerbock] „auf eine faktische
Anerkennung der Souveränität Marokkos über die Westsahara“ zu und ist bereit,
das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis gegenüber wirtschaftlichen und
geostrategischen Interessen zu opfern“.
Sevim Dagdelen, Obfrau für „Die Linke“ im Auswärtigen Ausschuss: „Die faktische
Ignoranz der Bundesregierung gegenüber der fortwährenden Besatzung der
Westsahara durch Marokko spricht der selbsterklärten menschenrechtsbasierten
Außenpolitik Hohn. […] Es ist eine einzige große Heuchelei, wenn Baerbock eine
wertegeleitete Außenpolitik proklamiert, die Ministerin aber gleichzeitig eine
klare Benennung der Annexion und Besetzung der Westsahara durch Marokko als
illegale Okkupation sowie als Verstoß gegen das Gewaltverbot verweigert.“
https://www.heise.de/tp/features/Voelkerrechtliche-Prinzipien-werden-billig-fuer-gruenen-Wasserstoff-verkauft-7128221.html?seite=all
+ WHO/Afrika. Afrika hat uns erst einmal gerettet: „Ein
radikaler Vorschlag der US-Regierung zur Verschärfung der Internationalen
Gesundheitsvorschriften (IHR) ist auf der 75. Weltgesundheitsversammlung der
WHO in Genf am Widerstand afrikanischer und anderer Länder gescheitert, die
sich einer Gesundheitsdiktatur aus Washington und Genf nicht so einfach
unterwerfen wollten. Nun wird bis 2024 verhandelt parallel zum geplanten
globalen Pandemievertrag. […] Grund des vorläufigen Scheiterns war der
Widerstand der ärmeren und schwächeren Länder, die sich keine sie entmachtende
Reform bieten lassen wollten, ohne überhaupt am Reformprozess beteiligt worden
zu sein. Das Scheitern ist allerdings nur vorläufig.“
https://norberthaering.de/macht-kontrolle/wha75-ihr-verschaerfung/
+ Türkei/Griechenland. „Die türkische Regierung verschärfte
ihren Ton gegenüber Griechenland bereits unlängst, als Außenminister Mevlüt
Çavuşoğlu am Dienstag das Nachbarland aufforderte, sein Militär von Inseln
in der Ägäis – wie Rhodos, Kos, Lesbos und Samos – abzuziehen. Das
griechische Außenministerium sagte, Çavuşoğlus Kommentare zeigten, dass
die Türkei Athen bedrohe. Griechenland wiederum hatte in den vergangenen Wochen
verstärkt scharfe Kritik an Überflügen türkischer Kampfjets über griechische
Inseln in der östlichen Ägäis geäußert.“
https://rtde.live/international/139960-spannungen-flammen-wieder-auf-turkei/
A. Gutsche
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