Dienstag, 9. September 2025

 

Kurznachrichten Libyen – 28. August bis 3. September 2025

5. September 2025 / gelanews 

Tripolis weiterhin gefährlich instabil / Bei Ausbruch der Kämpfe könnten Haftar-Truppen eingreifen / Treffen zwischen Ibrahim Dabaiba und Saddam Haftar in Anwesenheit von Trump-Berater Boulos in Rom / Khaled Haftar in Moskau / Explosion von Waffendepot in Misrata / Katastrophaler wirtschaftlicher Absturz im Vergleich 2010 zu 2024 /Landesweit Brände und Stromausfälle

+ Gela-News: Feiern zum 56. Jahrestag der Septemberrevolution. Die Grüne Flagge der Dschamahirija-Bewegung wehte am 1. September 2025 in vielen Städten Libyens.

+ Generalleutnant Abdullah al-Hidschazi, einer der Offiziere der Freien Union während der Septemberrevolution: „Wir haben unser Land am 1. September befreit, was ein ehrlicher und wirksamer Ausdruck gegen Siedlerkolonialismus und ausländische Stützpunkte war. Heute gehen die Menschen auf die Straße, um uns die Hoffnung zurückzugeben, dass unsere Opfer nicht umsonst waren.“

+ Al-Mabrouk Abu Omeid (ehemals Vorsitzende des Obersten Rates von Wirschefana) erklärte, dass auch fünfzehn Jahre nach dem Tod von Muammar Gaddafi niemand die Nachgeborenen davon überzeugen konnte, Muammar Gaddafi zu vergessen. Es konnte auch niemand davon überzeugt werden, dass die NATO ins Land kam, um die Libyer aus der „Sklaverei“ Gaddafis zu befreien.

+ Ali Misbah Abu Sabiha (Vorsitzender des Obersten Rates der Stämme und Städte des Fessan): Egal, wie man zur Revolution des 1. September steht, man kann nicht leugnen, dass es ein großes Ereignis in der Geschichte Libyens war, die weiterhin die öffentliche Meinung beherrscht, insbesondere angesichts der Katastrophe des Februar 2011 und des anschließenden kläglichen Versagens der an die Macht Gekommenen.

+ Der Parlamentsabgeordnete Dschaballah asch-Schaibani will darüber nachdenken, warum riesige Menschenmengen in den meisten Städten Westlibyens trotzig und mit beispielloser Begeisterung Al-Fatah“ skandierten.

+ Mohammed Buisier (ehemaliger us-amerikanischer Berater von Khalifa Haftar), erklärte, dass Saif al-Islam Gaddafi als liberale Persönlichkeit auftrat und die Überzeugungen des libyschen Volkes ausdrückte.

+ Laut Faisal al-Fituri war Muammar Gaddafis Aufstieg die Folge einer schlimmen inneren Lage, hervorgerufen durch fragile staatliche Institutionen, Korruption, Zentralisierung des Reichtums und der Entfernung der Regierung von der Realität des Volkes.

+ Achmed Gaddaf ad-Dam zu den Revolutionsfeiern: „Libyen wird derzeit vom Westen gekapert. Die Menschen wollen einen neuen Staat aufbauen und die Vergangenheit hinter sich lassen.“
Was 2011 geschah, sei eine NATO-Invasion gewesen, keine Revolution zum Sturz Gaddafis. Die Libyer seien aus dem gegenwärtigen Albtraum erwacht, und freuten sich auf eine alternative Zukunft. In der Gegenwart sei niemand glücklich. Die Libyer, die das Land verraten und sich mit der NATO verbündet hatten, seien von der Bildfläche verschwunden, doch das Land werde weiterhin vom Westen gekapert, um ihm seinen Reichtum zu stehlen. Die al-Fatah-Revolution von 1969 befreite Libyen und vertrieb ausländische Stützpunkte, im Gegensatz dazu seien im Februar 2011 ausländische Stützpunkt ins Land geholt worden und das Land sei zusammengebrochen.

+ Der Journalist Khalil al-Hassi erklärte, dass man den Menschen nicht verbieten könne, zurückzublicken und die heutige Situationen mit der zu Gaddafis Zeiten zu vergleichen. Damals sei die Lebenssituation und die Sicherheitslage viel besser gewesen. Sogar der Status des libyschen Passes wäre, im Vergleich zu heute, wo man für fast alle Länder Visa benötigt, ein ganz anderer gewesen.

+ Der tunesische Parlamentsabgeordnete Ali Zaghdud: „Die al-Fatah-Revolution ist nicht nur ein libysches Ereignis, sondern vielmehr ein leuchtender Moment in der Geschichte der arabischen Nation. Es war die Ankündigung der Geburt eines nationalen Befreiungsprojekts, das die Hegemonialmächte in Angst und Schrecken versetzte.
Dagegen wurden Verschwörungen geschmiedet, und Agenten und Verräter erschienen, die 2011 dem Zionisten Bernard-Henri Lévy zu Füßen saßen, um Libyen zurück in den Kolonialismus zu führen.“

+ Laut BBC waren die Feierlichkeiten in Libyen zur 1.-September-Revolution beispiellos. Scharen von Teilnehmern gingen auf die Straße, hielten Bilder von Muammar Gaddafi hoch und skandierten revolutionäre Parolen.
Es sei ein Ausdruck der Frustration über die politische und wirtschaftliche Realität seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes.

Muammar Gaddafi

+ Sam Youssef (ägyptisch-amerikanische Arzt) erklärte, dass die CIA über BBC, CNN, Discovery Channel und National Geographic ein verzerrtes Bild von Muammar Gaddafi verbreitet habe. Er sei als brutaler und korrupter Diktator dargestellt worden.
Muammar Gaddafi sollte aus Libyen entfernt werden, weil er der Allgemeinheit kostenlose Bildung und Gesundheitsfürsorge zur Verfügung stellte, und weil er das Recht auf Wohnen als Grundrecht eines jeden Menschen betrachtete. Dies bedeutete, dass er den Armen kostenlosen Wohnraum und dem ganzen Land kostenlos Strom und Wasser zur Verfügung stellte.
Außerdem habe Gaddafi die Rechte der Frauen gestärkt. Sie hatten freie Berufswahl, konnten Ärztinnen, Ingenieurinnen und Pilotinnen werden.
In der libyschen Wüste baute er den Man-Made-River, einen künstlichen Fluss, der alle Haushalte mit Wasser versorgte. US-amerikanische Unternehmen hatten keinen Zugang zu Libyen.
Für den Schutz von Libyens Reichtum und seinen Bodenschätzen bezahlte er mit seinem Leben.

+ Russia Today schreibt, dass sich Muammar Gaddafi in jeder Hinsicht von seinen Kollegen unterschied. Er habe immer aus der Masse herausgeragt, keinen Wert auf Protokoll, Höflichkeiten, diplomatische Normen und dergleichen gelegt.
Drei Monate nach seiner Machtübernahme trafen sich am 18. Dezember 1969 die Staats- und Regierungschefs der arabischen Länder mit Muammar Gaddafi während des Rabat-Gipfels. Die arabischen Führer betrachteten den jungen Gaddafi zunächst mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen, doch auf dem Gipfel in Rabat wurde Gaddafis rebellischer Charakter sofort deutlich.
Ein Beispiel für die peinliche Situation, in die Gaddafi die Teilnehmer dieses Gipfels brachte, war ein Ereignis in der ersten Sitzung, als die arabischen Führer einem Bericht von Generalleutnant Mohamed Fawzy, dem damaligen ägyptischen Verteidigungsminister, über die Vorbereitungen für den Kampf gegen Israel lauschten. Gaddafi griff plötzlich ein, unterbrach das Gespräch und fragte: „Ist es klug, solche Geheimnisse vor allen im Saal preiszugeben? Sicherlich wird es unter ihnen jemanden geben, der sie an die Israelis weitergibt.“
Gaddafis konfrontativer und rebellischer Charakter habe sich im Laufe der Zeit kaum geändert. Er blieb sich selbst bis zum allerletzten Moment treu.

+ Die Zeitung Kenya Times hob hervor, wie stolz Nelson Mandela auf seine Beziehung zu Muammar Gaddafi und dessen Rolle bei der Unterstützung des Kampfes Südafrikas war.  Mandela sei bei seinem ersten Besuch in den USA – kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis – von der ganzen Welt dafür kritisiert worden, dass er den libyschen Führer Muammar Gaddafi und andere Persönlichkeiten, die als Feinde der westlichen Demokratie galten, umarmt hatte. Mandela habe seine Beziehung zu Gaddafi gegenüber den USA mit folgenden Worten verteidigt: „Er hat Südafrikas Kampf gegen die Apartheid konsequent unterstützt, nicht nur mit Worten, sondern auch, indem er die notwendigen Mittel zur Verfügung stellte.“ Damit habe er an diesem historischen Tag auf die Kritik der USA an seinen Beziehungen zu Gaddafi, Castro und Arafat reagiert und sich kompromisslos geweigert, mit Gaddafi und anderen Führern zu brechen.
Mandela erklärte, dass die Feinde der USA nicht unbedingt seine Feinde seien, und sagte: „Einer der Fehler, den manche Leute machen, besteht darin, zu glauben, dass ihre Feinde unsere Feinde sein müssen. Das wird nicht geschehen.“ Mandela verteidigte seine Verbindung zu Gaddafi, es gebe keinen Grund, sich von ihm zu distanzieren.

Dabaibas Krieg

+ Gela-News: Der massive Aufmarsch der Dabaiba-Streitkräfte in Tripolis stellt eine Drohkulisse dar. Ein Kriegsausbruch in der Hauptstadt – mit offenem Ausgang – steht allerdings entgegen aller Interessen. Nun sind Verhandlungen zwischen der Dabaiba-‚Regierung‘ und der von ihr bekämpften Deterrence Force von Abdul Sauf Kara in der Türkei geplant.
Obwohl inzwischen die Dabaiba-Streitkräfte vom Präsidialrat als Oberkommandierenden zurück an ihre Standorte beordert wurden, bleiben sie in Tripolis präsent. Die Lage bleibt gefährlich fragil.

+ In den frühen Morgenstunden des 28. August kam es in Zawiya zu Kämpfen, bei denen  Granaten und schwere Waffen eingesetzt wurden. Hazem Awis, ein Mitglied der Miliz von Mohammed Bahrun (alias al-far/die Maus; Kommandant der First Support Force von az-Zawiya) wurde dabei getötet.

+ Das 55. Infanteriebataillon gab bekannt, dass der Mordanschlag auf seinen Kommandeur Muammar ad-Dawi von 16 Mitgliedern des Allgemeinen Sicherheitsdiensts (Kommando  Abdullah at-Trabelsi/Bruder des Innenministers Imad Trabelsi)  verübt worden war.

+ Laut Mohammed al-Barghathi (ehemals Verteidigungsminister) offenbarte die Liquidierung des Milizenführers al-Kikli die Erosion des Einflusses der Kriegsherren und Milizen in Tripolis.
In der jetzigen Phase werde es zu einer Zunahme an Morden von Führern der zweiten Führungsebene kommen, aus persönlicher Rache oder dem Bestreben, Einfluss und Reichtum zu erben, die aus Schmuggel und Erpressung resultieren.

+ Am 31. August erschütterte eine gewaltige Explosion in einem Munitionsdepot die Stadt Misrata (Stadtteil Skirat). Nach der ersten Detonation war die Explosion eines zweiten Munitionsdepots zu hören. Raketenteile und Granaten regneten auf die nahe gelegenen Viertel.
Im Krankenhaus mussten mehrere Personen mit leichten bis mittelschwere Verletzungen behandelt werden. Teilweise fielen Strom und Kommunikationsmittel aus.
Die Bewohner von Misrata veranstalteten eine Protestkundgebung, bei der sie die Entfernung von Waffen- und Munitionslagern aus Wohngebieten forderten. Die Ursache der Explosion müsse umgehende und transparent untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Das Depot gehört dem Adler-Bataillon von Mustafa Bascha, der dem Dabaiba-Clan nahesteht.
Fathi al-Amin (Gemeinderat Misrata) will den Generalstaatsanwalt einschalten. Er betonte, dass ein Andauern der Situation völlig inakzeptabel ist und so schnell wie möglich beendet werden muss.

+ In seiner Funktion als Oberbefehlshaber der libyschen Armee besprach Mohammed al-Menfi mit Stabschef Mohammed al-Haddad am 1. September die Bemühungen zur Deeskalation und zur Stärkung des Waffenstillstands.

+ Die UN-Mission koordinierte das Treffen zwischen Präsidialratsvorsitzenden al-Menfi und Premier Dabaiba, an dem auch Vertreter der Konfliktlösungstruppe teilnahmen. Es wurden umfassende Richtlinien für die Umstrukturierung aller bewaffneten Formationen in der Hauptstadt Tripolis festgelegt.
Die Deterrence Force (Abdul Sauf Kara) weigert sich weiterhin, alle unter ihrer Kontrolle stehenden Einrichtungen zu übergeben, mit Ausnahme des Mitiga-Gefängnisses, dessen Übergabe an das Justizministerium vereinbart wurde. Die übrigen Bedingungen würden nur dann akzeptiert, wenn sie auch auf alle anderen bewaffneten Formationen angewendet werden.

+ Die Bevölkerung des Großraums Tripolis setzte der Dabaiba-‚Regierung‘ eine Frist von 24 Stunden, die Militärkonvois aus der Region abzuziehen und die Streitkräfte in ihre Hauptquartiere zurückzubeordern. Ansonsten werden man zu zivilem Ungehorsam aufrufen.
Für die Eskalation werden die internationale Gemeinschaft und der UN-Sicherheitsrat verantwortlich gemacht.

+ Die Nationale Institution für Menschenrechte in Libyen berichtete am 2. September von bewaffneten Zusammenstößen in Wohngebieten zwischen Mitgliedern des Allgemeinen Sicherheitsdienstes (Abdullah at-Trabelsi) und der dem Ministerrat unterstellten Interventions- und Kontrolltruppe.

+ Auch im Gebiet von Sidra, südlich der Hauptstadt Tripolis, fanden am 2. September bewaffnete Zusammenstöße statt.

+ Am 2. September verließen gepanzerte Fahrzeuge die Stadt Zawiya in Richtung Tripolis, um sich gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ zu stellen.

+ Die UN-Mission rief zur Deeskalation auf. Zivilisten und Infrastruktur müssten unter allen Umständen geschützt werden.

+ Die Parallelregierung von Osama Hammad in Bengasi verurteilte den militärischen Aufmarsch in Tripolis: „Die abgesetzte Regierung versucht, die Hauptstadt in ein flächendeckendes Chaos zu stürzen und Terror unter der Bevölkerung zu schüren.“
Vierzig Parlamentsmitglieder forderten Abdelhamid Dabaiba auf, friedlich und unverzüglich zurückzutreten, um eine weitere Spaltung zu vermeiden. Dabaiba sei isoliert und ohne politische oder öffentliche Unterstützung.

+ Die Nationale Institution für Menschenrechte machte Dabaiba für jegliche Verletzung des vom Präsidialrat angeordneten Waffenstillstands und der Sicherheitsvereinbarungen rechtlich verantwortlich.
Der UN-Sicherheitsrat wurde aufgerufen, jeden strafrechtlich zu verfolgen, der Handlungen plant, anordnet oder begeht, die in Libyen gegen das Völkerrecht oder die Menschenrechte verstoßen.

+ Ali as-Saidi (Parlamentarier) sieht die wirkliche Lösung darin, die UN-Mission aus Libyen zu vertreiben und ihre Büros in Tripolis und Bengasi  zu schließen, denn sie habe sich zu einer Organisation entwickelt, die die Krise verwaltet, anstatt sie zu lösen.

+ Am 2. September erfolgte in Bani Walid ein Anschlag mit einer Autobombe auf ein Militärlager der 444. Brigade (Kommando Machmud Hamza). Es wurden vier Fahrzeuge in Brand gesetzt.
Die Gemeinde Bani Walid verurteilte den Angriff, der eine Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität der Stadt im Besonderen und des Staates im Allgemeinen darstelle.

+ Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Achmed Abu Gheit, forderte die libyschen Parteien auf, die Lage zu deeskalieren und die Differenzen durch Dialog beizulegen.

+ Sami as-Sid (Unabhängigen Demokratischen Partei) vertritt die Meinung, dass Dabaibas Probleme mit der Deterrence Force im Dialog gelöst werden könnte. Dies blockiere Dabaiba jedoch durch seine Provokationen.

+ SkyNewsArabia schreibt, dass angesichts der Situation die von den Libyern geforderten Wahlen ein ferner Traum bleiben. Die bestehenden politischen Gremien nähmen den Libyern die Luft zum Atmen, während internationale Versprechen nur leere Floskeln blieben.

+ Al-Arab (London) schreibt, dass Dabaiba versucht, den Präsidialrat zu isolieren, damit die politische Entscheidungsfindung in der Westregion monopolisiert werde und so seinen Machterhalt sichert. Dabaiba wolle seine Position als dauerhaftes Machtzentrum um jeden Preis festigen. Seine Strategie sehe vor, den UN-Fahrplan zu blockieren. Damit werde er zu einem integralen Bestandteil der Krise, anstatt zu deren Lösung beizutragen.
Er mache keinen Hehl aus seinem Ehrgeiz, jahrzehntelang an der Macht zu bleiben. Dabei bediene er sich populistischer Rhetorik, die die Illusion einer Rückkehr zur Normalität vorgaukelt. Seine angebliche Verteidigung der Verfassung und der Wahlen sei lediglich ein rhetorischer Deckmantel für einen politischen Prozess, der vorsieht, die Macht nicht abzugeben.
Dabaiba schlage vor, am Verfassungsentwurf von 2017 festzuhalten, obwohl er weiß, dass die meisten politischen und gesellschaftlichen Gruppen ihn ablehnen. Ihm sei bewusst, dass der Entwurf zu einem parlamentarischen System führen wird, das die Macht des Präsidenten einschränkt und ihm selbst die Möglichkeit gibt, seine Amtszeit durch die Kontrolle der Parlamentszusammensetzung zu verlängern.
Auf internationaler Ebene hat Dabaiba bewiesen, dass er die Widersprüche der internationalen Parteien zu seinem Vorteil ausnutzen kann, indem er jeder Seite vielschichtige Botschaften sendet. Als Dabaiba die Gunst der USA erringen wollte, präsentierte er sich als Bollwerk gegen die russische Expansion. Als er mit den Europäern flirten wollte, versprach er, die illegale Einwanderung zu bekämpfen. Als er Israel zufriedenstellen wollte, beschritt er im geheimen den Weg der Normalisierung. Er führe geheime Verhandlungen über die Aufnahme von Migranten im Austausch für die Aufhebung der Sperrung libyscher Gelder. Um an der Macht zu bleiben, gehe er in nationalen Fragen Kompromisse ein.
Die Regierung werde von einer Gruppe von Clanvertretern geführt, insbesondere von Ali Dabaiba und Ibrahim Dabaiba, letzterer zuständig für wichtige Geschäfte, sowie von Walid al-Lafi, der eine zentrale Rolle bei der Gestaltung des politischen und medialen Diskurses spielt.
Es blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder greifen die Vereinten Nationen und der Sicherheitsrat entschiedener ein, indem sie Strafmaßnahmen verhängen, oder Libyen bleibe Geisel einer De-facto-Herrschaft, die von Tag zu Tag aggressiver wird.

+ Am 3. September wird berichtet, dass mit Dabaiba verbundene, sogenannte Anti-Terror-Kräfte, ihre Präsenz auf die Städte Zliten, al-Choms, Tarhuna und al-Garabulli ausgeweitet haben.

+ Am 3. September wurde der junge Abdul-Muhaimin Ali Aziz, aus der Gegend von al-Mutared in az-Zawiya, auf der Küstenstraße as-Sabriya erschossen.

+ Am 3. September traf sich der Sozialrat von Suk al-Dschumaa und den vier Vorstädten mit Honoratioren  aus Zawiya zur Beratung und Koordination, um Tripolis gegen die anhaltende Bedrohung eines Kriegsausbruchs zu verteidigen.

+ Laut dem Parlamentsabgeordneten Ali at-Takbali sei Dabaiba klar, dass er bereits besiegt ist, egal, ob er gegen die Deterrence Force in den Krieg zieht oder nicht. Sollte es zu einer blutigen Konfrontation kommen, werde Khalifa Haftar in den Kampf eingreifen, der seine Truppen in der Nähe von Sirte und Schuwayrif konzentriert habe.
Dabaiba könne weder umkehren noch weiter den Kriegspfad beschreiten.

+ Laut AfricaIntelligence (Frankreich) nutzt Haftar die Gelegenheit, Dabaiba von der Macht zu entfernen, indem er sich mit der Deterrence Force von Abdul Rauf Kara verbündet. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit von Dabaibas Verbündeten könnte sich das Kräfteverhältnis verschieben, wenn Haftars Streitkräften an die Frontlinie vorstoßen, insbesondere von Tarhuna aus.
Dabaiba habe sich die Unterstützung der 55. Brigade (Muammar ad-Dawi) sichern können, was den Vormarsch der Unterstützer der Deterrence Force nach Tripolis verhindern könnte.
Im Falle eines Kriegs müsste sich die Türkei zwischen seinen traditionellen Verbündeten im Westen, einschließlich Misrata, und seinen neuen Partnern im Osten entscheiden.

+ Der Präsidentschaftskandidat Fadil al-Amin: Es sind 14 Tage vergangen, seit Hannah Tetteh ihren Fahrplan für die Wahlen vorgestellt hat. Bisher wurden jedoch keine Maßnahmen ergriffen. Es müsse aber sofort gehandelt werden, da es jeder vergeudete Tag Störern ermöglicht, den Fahrplan zu behindern und Gewalt zu schüren.

Dabaiba-Haftar-Treffen in Rom

+ AgenziaNova berichtete, dass am 3. Und 4. September in Rom ein Treffen zwischen Saddam Haftar und Ibrahim Dabaiba stattfand. Daran teilgenommen habe auch der Trump-Berater Massud Boulos und der italienische Außenminister Antonio Tajani. Dabei sei es um die Eindämmung des Konflikts in Tripolis und die Annäherung der Ansichten der beiden libyschen Clans gekommen.

+Die Aufständische Jugend der westlichen Region bezeichnete das Treffen in Rom als Verschwörung gegen die Souveränität des Landes und rief zu einer Demonstration auf. Bei dem Treffen sei es auch um die Umsiedlung der Gaza-Bewohner nach Libyen gegangen.

+ Am 3. September fand in Tripolis eine Demonstration gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ und das Rom-Treffen zwischen Dabaiba und Haftar und deren Vereinbarungen statt.

+ Al-Araby al-Dschadid schreibt: Bei dem Sondierungsgespräch zwischen Saddam Haftar und Ibrahim Dabaiba ging es darum, die us-amerikanischen Vorstellungen durchzusetzen, nämlich die beiden Regierungen von Tripolis und Bengasi zusammenzulegen und so ihren Machterhalt zu sichern.
Die us-amerikanische Seite habe vor allem die Notwendigkeit der Unabhängigkeit der Wirtschaftsinstitutionen, insbesondere der Zentralbank und der National Oil Corporation, betont.
Es werde gewünscht, dass die Regierungsfusion durch Vereinbarungen zwischen dem Parlament und dem Staatsrat erfolgt. Dabei würden wichtige Ministerien der beiden bestehenden Regierungen zusammengelegt und Neues hinzugefügt, wie beispielsweise Fathi Baschagha [Moslembruder], dessen Name für einen Posten im Zusammenhang mit Aufgaben der nationalen Sicherheit vorgeschlagen wurde.
[Ei, Ei, die USA setzen die neue ‚Regierung‘ ein und vergeben die Posten.]

Milizen / Militär / Gewalt

+ Spanische Zeitung El Faro De Ceuta: In Ceuta (spanische Enklave in Marokko) wurde ein Schiff mit Waffen für Libyen gestoppt, als es die Straße von Gibraltar passieren wollte.

+ Misbah Doma, zweiter stellvertretender Parlamentssprecher, forderte den Sicherheitsrat, das 5+5-Militärkomitee und alle Parteien auf, praktische Schritte zur Beendigung jeglicher ausländischer Militärpräsenz zu unternehmen.

+ Am 29. August wurde in Moskau Khaled Haftar, Stabschef der Streitkräfte seines Vaters Khalifa, der für die Koordination und Zusammenarbeit mit Russland zuständig ist, vom stellvertretenden russischen Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow empfangen.

+ Unabhängiges Arabien schreibt: Der Besuch von Khaled Haftar in Moskau ist Teil der Bemühungen, der Haftar-Militärherrschaft zusätzliche Legitimität zu verleihen. Moskau habe Angst, seinen Einfluss im Osten Libyens zu verlieren, insbesondere nach der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Öffnung der Türkei gegenüber dem Haftar-Lager. Damit sei ein Teil der russischen Strategie zum Schutz seiner Errungenschaften im Osten erschüttert worden. Zusätzlich übten die USA Druck aus, dessen Beziehungen zum Osten und Westen sich reibungslos entwickelten.
Der Besuch zielte auch darauf ab, Haftars Söhne als Partner Moskaus in der nächsten Phase zu präsentieren, insbesondere da sich der russische Präsident Wladimir Putin zuvor mit Saddam und seinem Vater getroffen hatte und sein Verteidigungsminister sich nun allein mit Khaled trifft, was darauf hindeutet, dass Moskau zu langfristigen Investitionen in Ostlibyen neigt.

+ Khalifa Haftar will erneut 25 Offiziere seiner Streitkräfte, der Dignity Forces, die im Rang eines Brigadegenerals sind, aus dem Dienst entlassen. Bereits am 3. August entließ Haftar über 353 Offiziere der Dignity Forces aus dem Dienst, die meisten von ihnen im Rang eines Obersts oder Brigadegenerals.
Damit will Haftar seinem Clan die Kontrolle über Schlüsselpositionen innerhalb der Streitkräfte sichern, insbesondere nachdem er seinen Sohn Saddam zum Stellvertreter und seinen Sohn Khaled zum Stabschef befördert hat.

+ Der leitende Berater des britischen Verteidigungsministeriums für den Nahen Osten und Nordafrika führte Gespräche mit Mohammed al-Menfi , Abdul Salam Zubi (Verteidigungsministerium Tripolis) und mit Mohammed al-Haddad (Stabschef) über Möglichkeiten zur Verbesserung der militärischen Zusammenarbeit und des Kapazitätsaufbaus, um langfristige Sicherheit zu erreichen, insbesondere da Großbritannien bereit ist, das libysche Militär zu unterstützen.

+ Am 2. September überwachte eine US-Drohne sowohl die westliche als auch die östliche Küste Libyens.

Internationaler Tag der Vermissten und Verschwundenen

+ Die Nationale Institution für Menschenrechte dokumentierte die Entführung des 55-jährigen an-Nuri Abdullah al-Kilani Amhamed durch Mitglieder des Inlandgeheimdienstes der Dabaiba-‚Regierung‘ im Oktober 2024 in Tarhuna. Sein Verbleib ist weiterhin unbekannt.

+ Der Inlandsgeheimdienst von Bengasi verhaftete ein 17-jähriges Mitglied des 55. Infanteriebataillons (Kommando Muammar ad-Dawi) namens Hamza Nadschi Aschur, der auf Video die Vergewaltigung und Folter eines Bürgers gestand. Das Opfer sei auf Befehl von ad-Dawi verhaftet, gefoltert und dabei gefilmt worden. Dies sei gängige Praxis. Es gebe Fälle, in denen das Opfer auch liquidiert wurde.

+ Crime Watch Libyen dokumentierte 279 Fälle von Verschwindenlassen in den letzten fünf Jahren. Dies verletze die grundlegendsten Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben und Freiheit.

+ Die Opfervereinigung von Tarhuna forderte, das Schicksal aller Vermissten aufzuklären, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und nach Massengräbern zu suchen.

+ Die Nationale Institution für Menschenrechte in Libyen gab bekannt, dass sie von 2011 bis heute in ganz Libyen etwa 2.000 Fälle von Verschwindenlassen dokumentiert hat. Das Schicksal der Verschwundenen sei weiterhin unbekannt. Die Verantwortlichen für diese Verbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

+ Das Global Centre for the Responsibility to Protect erklärte, dass wirksame Strategien und Maßnahmen gestärkt und umgesetzt werden müssen, um den Schutz und die Achtung der Menschenrechte von Migranten, Flüchtlingen, Asylsuchenden und Schleuseropfern zu gewährleisten. Es sei wichtig, alle Menschenrechtsverletzungen und -missbräuche gegenüber Migranten und Asylsuchenden zu untersuchen, darunter Entführungen, Folter, sexuelle Gewalt, der Verkauf von Menschen in die Sklaverei und willkürliche Inhaftierungen.

+ Das US-Außenministerium schreibt in seinem Bericht über die Menschenrechts- und humanitäre Lage in Libyen: „Die Unterdrückung der Opposition hat in ganz Libyen zugenommen.“ Mit Khalifa Haftar und Abdulhamid Dabaiba verbündete Gruppen hätten zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen.
Verschiedene bewaffnete Gruppen übten erhebliche Kontrolle über die Medieninhalte aus, und Unbekannte griffen Journalisten als Vergeltung für ihre Berichterstattung an.
Viele bewaffnete Gruppen und Sicherheitsbehörden, die mit der Dabaiba-Regierung oder den Haftar-Streitkräften verbündet sind, führten Datenbanken mit Personen, die wegen angeblicher oppositioneller Aktivitäten gesucht werden.

Wirtschaft/Finanzen

+ Ghaith Maradsch (ehemals Direktorium Zentralbank): Die Erhebung von Steuern auf den Kauf von Fremdwährungen wird zu Inflation, steigenden Preisen und sozialen Unruhen führen, da die Lebenshaltungskosten nicht mehr gedeckt werden können.

+ Laut dem Vorsitzenden des Bäckerverbandes in Bengasi, Machmud al-Arabi, leiden Bäckereien unter Preisschwankungen und mangelnder Kontrolle bzw. mangelnder Einhaltung von Gesetzen.

+ As-Sadiq al-Gharyani rief dazu auf, Pepsi Cola, 7-Up, Miranda und Aquafina Mineralwasser, das in Libyen unter dem Namen der African Beverages Company vertrieben wird, zu boykottieren. Der Fabrik müsse die Lizenz entzogen werden.

+ Mohammed al-Garj (Journalist) vergleicht die libysche Wirtschaft im Jahr 2010 mit ihrem Zustand Ende 2024: Das Wirtschaftswachstum lag 2010 bei starken + 10 Prozent, gestützt durch die Ölproduktion und die Ölpreise. Im Jahr 2024 schrumpfte es infolge der Zentralbankkrise und des Rückgangs der Ölpreise um – 2,9 Prozent.
Öffentliche Finanzen: Im Jahr 2010 gab es einen großen Haushaltsüberschuss von + 12,9 Prozent des BIP, dagegen im Jahr 2024 nur einen Überschuss von + 0,3 Prozent; dies führte zu einer Verschiebung von komfortablen Überschüssen zu einem fragilen Haushaltssaldo.
Die Leistungsbilanz (extern) wies im Jahr 2010 einen starken Überschuss von + 20 Prozent des BIP auf, im Jahr 2024 jedoch einen geringeren Überschuss von  ca. 15 Prozent.
Die Devisenreserven: Im Jahr 2010 beliefen sich die offiziellen Reserven auf 105 Milliarden US-Dollar, die gesamten Auslandsvermögen auf 152 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2024 beliefen sich die offiziellen Reserven auf 79 Milliarden US-Dollar, die Gesamtvermögenswerte auf 89 Milliarden US-Dollar. Dies bedeutet einen Verlust von mehreren zehn Milliarden US-Dollar an Reserven.
Dinar-Wechselkurs: Der offizielle Kurs lag 2010 bei 1,26 LYD/USD, und die Differenz zum Parallelmarkt war gering. 2024/2025 lag der offizielle Kurs 5,5677 LYD/USD. Der Parallelmarkt wies eine Differenz von 30–40 Prozent auf.
Korruption: Im Jahr 2010 belegte Libyen auf dem Korruptionsindex den 146. Platz von 178 Ländern. Im Jahr 2024 den 173. Platz von 180 Ländern. Dies entspricht einer Verschlechterung um 27 Plätze. Daneben verschärften sich die politische Spaltung und die institutionelle Lähmung.
Insgesamt ist die wirtschaftliche Lage im Jahr 2024 trotz des Fortbestehens einiger formaler Indikatoren (Leistungsbilanzüberschuss, stabile Inflation) deutlich schlechter als im Jahr 2010. Spaltung und Korruption machten jede Chance zunichte, den Ölreichtum in eine nachhaltige Entwicklung umzuwandeln.

+ Der Politikwissenschaftler Hafez al-Ghuwail hatte gehofft, dass das Gaddafi-Regime ersetzt würde. Doch „nachdem dieser Wunsch in Erfüllung ging, war ich schockiert über das, was danach kam.“

+ Website African Billionaires berichtet, dass ein Streit über die Ausbeutung der größten Eisenerzmine Afrikas im Wert von 200 Milliarden US-Dollar zwischen Libyen und Kamerun entbrannt ist.
Die libysche Zentralbank hatte dem in London ansässigen Unternehmen IMIC Mining, als Lizenznehmer der Mine in Kamerun, Hunderte Millionen US-Dollar geliehen. Nachdem IMIC zusammenbrach, machte die libysche Zentralbank ihr Recht geltend, die Mine zu beschlagnahmen.
Ein Londoner Gericht wird voraussichtlich noch in diesem Jahr sein Urteil sprechen.

+ Die Bewegung Stimme der Gerechtigkeit forderte von den Europäern  Entschädigung für die NATO-Aggression gegen Libyen im Jahr 2011 und die darauf folgenden Jahre des Chaos, der Spaltung und der Zerstörung. Die Mittel sollten mittels eines Fonds direkt an das libysche Volk gehen und für den Wiederaufbau des Landes und seiner Infrastruktur sowie für Bildungsmaßnahmen verwendet werden.

Innerlibysche Nachrichten

+ Laut LibyaPress wurde am 31. August zwischen al-Menfi und Dabaiba ein Konsens erzielt, um die Stabilität zu stärken und die institutionelle Arbeit zu intensivieren. Das endgültige Abkommen wird derzeit ausgearbeitet, um Ort und Zeit für die Unterzeichnung festzulegen.

+ Laut dem Militäranalysten Mohammed Baschir an-Naas ist Libyen reif für die Teilung. Dies sei aber abhängig von den Methoden und der Zustimmung der USA.

+ Hischam al-Harati (Rechtsberater) hält die Gefahr, in der Libyen derzeit durch die Vereinbarung der beiden Clans schwebt, für beispiellos. Das Schlimmste stehe noch bevor.

+ Mohammed Schaaban al-Mardas (ehemals Botschafter): Dabaiba sei mit der al-Gharyani-Bewegung eine Ehe eingegangen. Ibrahim Dabaiba und Suhail al-Gharyani hätten sich vor anderthalb Jahren darauf geeinigt, dass die politische Autorität beim Dabaiba-Clan und und die religiöse Autorität beim Gharyani-Clan liegen soll.

+ Der Parlamentarier Abu Salah Schalabi forderte die UN-Mission auf, wenn sie wirklich entschlossen ist, ihren politischen Fahrplan umzusetzen, mit dem Parlament und dem Staatsrat als Ganzes zusammenarbeiten.

+ Abdullah Naker (Summit Partei): Die jetzigen Machthaber versuchten, ihre Machtposition zu festigen. Würde ihnen ihr Land am Herzen liegen, gäbe es nicht stundenlange Stromausfälle, lange Warteschlangen für Benzin, Krankenhäuser, denen die Medikamente ausgehen, das Bildungswesen, das in Dummheit versinkt, und die Armee, die unter Ressourcenmangel leidet.
Das für Kriege verschwendete Geld sei der Reichtum aller Libyer, und die zerstörte Infrastruktur sei das Erbe der zukünftiger Generationen. Krieg bringe nur Tod, Witwen, tote Kinder und die Zerstörung dessen, was von der Wirtschaft noch übrig ist.

+ Aufgrund eines Sitzstreiks der Mitarbeiter der Post-, Telekommunikations- und Informationstechnologiegesellschaft musste der Parkplatz des Postgebäudes geräumt werden. Der Protest richtet sich gegen die Verzögerung bei der Auszahlung der Gehälter und die Missachtung der Arbeitnehmerrechte.

Hannibal Gaddafi – Gefangener des Libanon

+ Human Rights Watsch erklärte, dass Hannibal Gaddafi seit fast 10 Jahren ohne Gerichtsverfahren im Libanon festgehalten wird. Die libanesischen Behörden sollten Hannibal Gaddafi unverzüglich freilassen, ihm eine angemessene Entschädigung für seine willkürliche Inhaftierung zahlen und die Verantwortlichen für seine Tortur zur Rechenschaft ziehen.

+ Laut dem Anwalt von Hannibal Gaddafi, Laurent Bayon, gebe es keine Rechtfertigung dafür, Hannibal zehn Jahre lang ohne Gerichtsverfahren im Libanon festzuhalten. Seine Anwälte forderten seine sofortige Freilassung.
Es habe ein Treffen zwischen dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte und Hannibal Gaddafi gegeben und die Anwälte warteten auf eine Entscheidung der UN in dieser Angelegenheit.
Die Anwälte verfügten über Dokumente der libyschen Behörden, aus denen hervorgeht, dass Hannibal Gaddafi weder politisch noch administrativ in den Fall as-Sadr des Jahres 1978 verwickelt war.
Die libyschen Behörden hätten eine Akte mit allen Informationen zum Libyen-Besuch von Musa as-Sadr vorgelegt, die libanesischen Behörden habe diese jedoch abgelehnt.
Hannibal Gaddafis Gesundheitszustand und seine psychische Verfassung seien besorgniserregend.

+ Laut Rechtsanwalt Achmed Naschad werde der libanesische Staat der Forderung von Human Rights Watch, Hannibal Gaddafi unverzüglich freizulassen und ihm eine angemessene Entschädigung zu zahlen, nicht nachkommen. Der libysche Staat müsse die Initiative ergreifen, um Hannibals Freilassung durchzusetzen. Der libysche Staat sollte die Beziehungen zum Libanon abbrechen, um Druck auszuüben, und die Intervention der Arabischen Liga fordern.
Der Imam as-Sadr könnte seinerzeit auch in Italien verschwunden sein. Wieso würde die Suche nach as-Sadr nicht auch auf Italien ausgeweitet?

+ Die libanesische Zeitung asch-Schiraa forderte vom libanesischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri: „Lassen Sie Hannibal Gaddafi frei, insbesondere da er auf Ihren persönlichen Befehl hin entführt wurde!“
Libanesische und syrische Beamte wussten damals und wüssten es heute, dass as-Sadr vom Sohn des Gefährten as-Sadrs, Scheich Mohammed Yacub (ehemaliger Parlamentsabgeordneter) aus Damaskus entführt und in den Libanon gebracht wurde, wo er sein Schicksal als entführte Geisel erlitt.
Die Beschuldigung von Hannibal Gaddafi sei absurd und eine Schande für die libanesische Justiz und Politik.
Schämen Sie sich, Herr Premierminister! Sie können sich jetzt von dieser Schande befreien und sich als Held erweisen, in einer Zeit, in der der gesamte Libanon, alle Schiiten und insbesondere der Widerstand, Ihre historische Rolle brauchen. Der Angriff auf den Widerstand und die Schiiten hat seinen Höhepunkt erreicht.“

+ Es soll ein Foto aus dem Jahr 2011 aufgetaucht sein, das aus einem Leichenkühlhaus stammt, als dort 2011 von einem Journalisten Fotos von 17 Leichen  aufgenommen wurden.  Das Foto einer Leiche soll dabei as-Sadr geähnelt haben.
As-Sadr ist 1978 verschwunden. [DNA-Beweis?]

+ Am 31. August behauptete Nabih Berri zum 47. Jahrestag des Verschwindens von Musa al-Sadr, dass dafür Muammar Gaddafi verantwortlich sei. Es könne kein Vergeben und Vergessen geben.
Dazu das Verteidigungskomitee von Hannibal Gaddafi:  Vom ersten Moment des Verschwindens von Imam Musa al-Sadr und seinen beiden Gefährten im Jahr 1978 an drückte der libysche Staat seine volle Bereitschaft aus, mit den libanesischen Behörden bei der Aufdeckung der Wahrheit zusammenzuarbeiten.
Seit den 1970er Jahren ist Libyen für libanesische und internationale Ermittlungen offen. Selbst Ermittlungen der italienischen Justiz konnten dem libyschen Staat keine Schuld nachweisen.
Auch nach 2011 bekundete Libyen weiterhin seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit. So bestätigte der libysche Generalstaatsanwalt in mehreren offiziellen Mitteilungen an seinen libanesischen Amtskollegen die Kooperationsbereitschaft der libyschen Justiz im Fall Imam Musa al-Sadr.
Der libysche Staat habe stets seine Bereitschaft bekräftigt, mit jedem Ausschuss oder jeder unabhängigen internationalen Untersuchung zusammenzuarbeiten, um die Wahrheit aufzudecken. Die libanesischen Behörden hätten darauf nicht reagiert, alle Bemühungen zurückgewiesen.
Die libanesischen Behörden ignorierten die Kooperationsbemühungen Libyens weiterhin. Die Inhaftierung von Hannibal Gaddafi könne nur als politische Geiselnahme bezeichnet werden, die nichts mit Rechtspflege zu tun hat.
Die sofortige und bedingungslose Freilassung von Hannibal Gaddafi sei ein rechtliches und moralisches Gebot. Seine weitere Inhaftierung bringe die libanesischen Behörden in Konflikt mit dem Völkerrecht und Menschenrechtskonventionen.
Libyen wolle weiterhin das Schicksal von Imam Musa al-Sadr und seinen beiden Gefährten aufklären. Es wird jedoch nicht akzeptieren, dass dieser historische Fall dazu ausgenutzt wird, einen Unschuldigen zu foltern, und als Vorwand dient, um ein 47 Jahre währendes Versagen zu vertuschen.

Erdöl/Erdgas

+ 13 Regierungsbeamte der Dabaiba-‚Regierung‘ unter der Leitung von Khalifa Abdel Sadiq (von Dabaiba rechtswidrig eingesetzter Ölminister) reisten am 3. September für zehn Tage in die USA, um wirtschaftliche Vereinbarungen und Ölverträge zwischen den beiden Ländern abzuschließen.
Dies wurde nach dem Treffen zwischen dem US-Außenbeauftragte Jeremy Brent mit Khalifa Abdel Sadiq am 27. August in Tripolis bekannt.
Die Vereinbarungen mit den USA sollen Dabaiba beim Machterhalt helfen.

+ Jeremy Brent betonte, wie die USA und us-amerikanische Unternehmen Libyen bei der Stärkung des Energiesektors und der Erreichung seiner Ziele einer Produktionssteigerung unterstützen können.

Die Türkei und Libyen

+ Der Politanalyst Abdullah al-Kebir: Mit ihrer Annäherung an Haftar verfolge die Türkei das Ziel, das Parlament zur Ratifizierung des Abkommens über die Demarkation der Seegrenze zu bewegen. Griechenland lehne dieses Abkommen ab und befürchte dessen Ratifizierung.
Für die Türkei seien die Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer, um die es mit Griechenland und Zypern konkurriere, das wichtigste Thema, erst danach folge die geostrategische Expansion in Libyen.

+ Militäranalyst Adel Abdel Kafi: Die Türkei benötige dringend die Anerkennung von Gesamtlibyen für seine Mittelmeerpläne, da sie ansonsten nur noch von Nordzypern unterstützt werden.

+ Laut der israelischen Zeitung Hayom versuche Erdogan, das Mittelmeer sowie strategische und regionale Schifffahrtsrouten zu kontrollieren. Die maritimen Grenzziehungen zwischen Libyen und der Türkei schadeten den israelischen Interessen erheblich, da 98 Prozent von Israels Handel über Mittelmeerrouten verlaufen. Auch die Unterseekabel, die es mit Europa verbinden, verlaufen durch das Mittelmeer.

+ Die Annäherung zwischen Russland und der Türkei habe den Prozess der Ausweitung des türkischen Einflusses im Osten durch Militärabkommen mit Haftar befördert. Dies sei für Ägypten beunruhigend, insbesondere angesichts des Rückzugs von Khalifa Haftar und des Aufstiegs seiner Söhne in hohe Militärpositionen.

+ Laut dem Politikwissenschaftler Hafez al-Ghuwail erkennt die Türkei die östliche Region nicht als separate Einheit an, sondern behandelt das Haftar-Militär de facto wie eine Bodentruppe. Die Türkei nehme das libysche Parlament ernst, obwohl sie sich bewusst ist, dass es seine Legitimität verloren hat. Sie möchte, dass das Parlament das Memorandum über die Festlegung der Seegrenzen billigt, damit es in der internationalen Gemeinschaft eine echte rechtliche Grundlage hat.

+ Türkische Zeitung Yeni Şafak: Die Zustimmung des Parlaments zur Seegrenzziehung zwischen Libyen und der Türkei werde nicht nur symbolischer Natur sein. Eine einheitliche Haltung der verfeindeten libyschen Fraktionen zur Unterstützung des Abkommens könnte die Türkei ermutigen, mit seismischen Untersuchungen und Bohrungen zu beginnen, ohne zwangsläufig eine interne Krise in Libyen auszulösen.
Trotz der engen Zusammenarbeit zwischen den Regierungen in Ankara und Tripolis sei die Türkei gleichzeitig um eine Versöhnung mit den östlichen Fraktionen bemüht.

Libyen und das Ausland

+ Tschad/Nigeria. Muammar ad-Dawi, Kommandeur des 55. Infanteriebataillons, erklärte, dass Söldner aus dem Tschad, Nigeria und anderswo die jüngste Situation ausnutzten, um die Stabilität der Region zu untergraben. Man werde sie verfolgen und vor Gericht stellen.

+ Afrikanische Union. Der Vorsitzende der AU-Kommission, Machmud Ali Yussuf, begrüßte den UN-Fahrplan, der vorsieht, innerhalb von zwei Monaten eine neue Regierung zu bilden und innerhalb von 18 Monaten Wahlen durchzuführen. Alle libyschen Parteien wurden aufgefordert, sich an dem Versöhnungsprozess zu beteiligen.

+ UNO. Die UN-Mission gibt die Ernennung der Schwedin Ulrika Richardson zur neuen stellvertretenden UN-Sonderbeauftragten bekannt. Sie wird auch als UN-Koordinatorin und humanitäre Koordinatorin im Land fungieren.

Weitere Nachrichten aus Libyen

+ In der Hauptstadt Tripolis ist im Stadtteil al-Karimiya aus bisher noch unbekannter Ursache ein Kraftwerk explodiert.

+ Die Stromkabel, die die Stadt Dschalo, Audschila und Adschkhara versorgen, fingen Feuer und verursachten einen allgemeinen Stromausfall, so dass die Oasen vom Stromnetz abgeschnitten waren.

+ In Dschanzur stiegen nach einem Brand im Hauptquartier der Wasserbehörde schwarze Rauchschwaden in den Himmel.

+ In Derna – im Gebiet Scheha asch-Scharqiya – kam es aufgrund eines Brandes im Mohammed Amselam Kraftwerk zu einem allgemeinen Stromausfall. Der Brand sei durch Überlastung und überalterte Anlagen verursacht worden.

+ In der südlibyschen Stadt  Kufra fiel am 2. September der Strom aus, da aufgrund starker Regenfälle die Kabel beschädigt wurden. Vierzig Menschen erlitten Skorpionstiche.
Die Lage in den sudanesischen Flüchtlingslagern sei problematisch.
Am 3. September hatte sich laut dem Stadtrat die Anzahl der Skorpionstiche auf mehr als 70 erhöht. Die Vorräte an Serum neigten sich dem Ende zu.  

 

 A. Gutsche

 

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