Kurznachrichten Libyen – 04.06.2021
Türkei im Verdacht, in Libyen KI-Kamekaze-Killerdrohnen eingesetzt zu haben / Große Militärparade in Bengasi / 2. Berliner Libyen-Konferenz geplant
+ 30.05.: Kamekaze-Killerdrohnen/Türkei. Laut einem Expertenbericht
für den UN-Sicherheitsausschusswird vermutet, dass in Libyen als erstem
Land weltweit türkische Kampfdrohnen zum Einsatz kamen, die durch künstlicher
Intelligenz gesteuert waren. Dies wäre der erste Einsatz von Robotern
in Form eines Drohnenschwarms auf Menschen gewesen. Der Angriff der
Killerdrohnen sei von der Türkei auf Einheiten der Libyschen Nationalarmee
(LNA) im März 2020 gestartet worden.
Es kamen sogenannte „Kargu-2“-Drohnen aus türkischer Produktion zum Einsatz.
Diese stürzen sich aus der Luft auf ihre Ziele, um beim Aufprall zu detonieren
– gesteuert von einem KI-System, das selbständig Ziele identifizieren,
verfolgen und auch töten kann. Ihr Einsatz verstößt gegen eine Resolution des
UN-Sicherheitsrates aus dem Jahr 2011, die es den Mitgliedsstaaten verbietet,
sich an der >direkten oder indirekten Lieferung, dem Verkauf oder dem
Transfer< von Waffen nach Libyen zu beteiligen.
https://www.buchkomplizen.de/blog/politik/in-libyen-wurden-erstmals-autonome-kamikazedrohnen-eingesetzt/
So wird Libyen zum zweiten Mal trauriger Schauplatz der Waffengeschichte:
Am 1. November 1911 schrieb Italien dort ein finsteres Kapitel als es in Libyen
den weltweit ersten Bombenangriff flog, bei dem drei je zwei Kilogramm schwere
Bomben auf türkische Verbände abgeworfen wurden. Das Opfer von damals
ist der Täter von heute.
Und schon damals kämpften die Türkei und Italien um die koloniale
Vorherrschaft in Libyen.
Auch unter weiteren Bombardierungen hatte Libyen in den 30er Jahren
durch das faschistische Italien zu leiden: In einem Artikel der
Arbeiterillustrierten (Nr. 23/1931) hieß es: „…Reizende Fliegeraufnahmen, die
das Herz jedes modernen Photographen erfreuen würden, zeigen den neckischen
Effekt, den platzende Fliegerbomben in der Beduinenstadt Bu‘gen hervorrufen.
Nicht umsonst hat man auf dem letzten Flugtag in Rom am Ufer des Tiber ein
kleines Araberdorf aufgebaut, um daran das Einschlagen von Fliegerbomben zu
demonstrieren.“ Tatsächlich regnete es zur Abschreckung unter dem Befehl von
Marschall Italo Balbo bis 1934 Sprengbomben auf libysche Zeltlager, Dörfer und
auf die Oasenbevölkerung.
Siehe auch: https://www.freitag.de/autoren/gela/die-italiener-in-libyen-langfassung
Türkei und Italien kämpften schon damals um die koloniale Vorherrschaft in
Libyen.
+ 31.05.: Italien/Dabaiba. Der libysche
Übergangspremierminister Dabaiba weiß auf einem Forum „Neues Libyen stellt
sich bei italienischen Unternehmen vor“ in Rom zu sagen: „Italien und
Libyen haben in der Vergangenheit immer zusammengearbeitet, ENI ist einer
unserer größten Ölpartner […] Natürlich ist Italien der beste Partner“.
https://libyareview.com/13678/libyan-pm-discusses-business-opportunities-with-italy/
Diese Aussage dürfte den italienischen Politikern schon besser gefallen
haben als das Bild, das sich Gaddafi bei seinem Italienbesuch an die Brust
geheftet hatte: Ein Bild des libyschen Freiheitshelden Omar Muktar, den die
Italiener an den Galgen hängten.
+ 01.06.: Italien/Al-Mangoush. Die libysche Außenministerin
Najla al-Mangoush traf sich mit ihrem italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio
am Rande des italienisch-libyschen Wirtschaftsforums in Rom. Di Maio betonte
die Wichtigkeit der Vorbereitung von Wahlen zum 24. Dezember 2021 und
bekräftigte die Notwendigkeit, eine verfassungsmäßige Grundlage für die Wahlen
in Libyen zu schaffen und das Wahlgesetz zu verabschieden
https://libyareview.com/13703/italian-libyan-foreign-ministers-hold-talks-in-rome/
Man sollte sich keinen Illusionen hingeben, es handelt sich um reine
Lippenbekenntnisse: Die Europäer wünschen sich alles andere als echte Wahlen in
Libyen, bei denen die mit ihnen verbündeten Moslembrüder eine krachende
Niederlage erleiden würden – so wie schon 2014. Aber die libysche Bevölkerung
möchte endlich selbst über ihr Schicksal bestimmen und fordert die Abhaltung
von Wahlen zum festgesetzten Zeitpunkt und die Anerkennung des Ergebnisses
durch alle beteiligten Parteien.
+ 29.05.: LNA-Militärparade. In Benina/Bengasi hält die Libysche
Nationalarmee (LNA) die größte Militärparade in der jüngsten Militärgeschichte
Libyens ab. Die Parade wurde live übertragen.
LNA-Sprecher, Generalmajor Ahmed al-Mismari sagte, dass alle militärischen
Einheiten der Bodentruppen, Marine, Luftwaffe, Luftverteidigungskräfte,
Grenzschutz, Spezialeinheiten und Fallschirmjägerkommandos an der Militärparade
teilnehmen, um zu zeigen, dass die Streitkräfte bereit sind, ihre Heimat zu
schützen und das Land gegen jeden zu verteidigen, der versuche, die Würde
Libyens zu untergraben oder dem libyschen Volk seinen Willen aufzuzwingen.
Feldmarschall Haftar forderte die Abhaltung von Wahlen im Dezember 2021.
Das Lager der Moslembrüder und dschihadistische Kräfte verurteilten die
Militärparade scharf.
https://almarsad.co/en/2021/05/29/al-mismari-the-military-parade-is-a-message-that-the-armed-forces-will-protect-the-homeland/
https://twitter.com/LibyaReview/status/1399003321982140419
https://twitter.com/LibyaReview/status/1399003321982140419/photo/1
Die westliche Kampagne gegen die LNA nimmt Fahrt auf. Während die westlichen
Medien schon lange nur vom „abtrünnigen selbsternannten Milizenführer“ Haftar
schreiben, wird nun versucht, die gesamte LNA als lose zusammengewürfelten
Haufen ohne echte militärische Struktur darzustellen. Das demokratisch
gewählte, libysche Parlament, das ebenfalls wie die Regierung in Tripolis,
international anerkannt ist (da aus demokratischen Wahlen hervorgegangen), wird
bei den westlichen Meinungsmachern nicht einmal erwähnt. Dieses libysche
Parlament versuchte nach dem Zusammenbruch aller Sicherheitsstrukturen durch
den Nato-Krieg gegen Libyen eine neue Armee aufzubauen, um der
Milizenherrschaft ein Ende zu bereiten und wieder ein staatliches Gewaltmonopol
aufzubauen. Mit dem Aufbau dieser Armee (LNA) wurde der damalige General Haftar
beauftragt. Das westliche Narrativ erwähnt auch nicht, dass die
Moslembruderschaft in engem Schulterschluss mit radikal-dschihadistischen
Kräften die Regierungsämter in Libyen seit 2011 beherrscht und die Macht 2014
mit Gewalt an sich brachte, nachdem sie durch Wahlen marginalisiert wurde.
Berlin und Europa unterstützen seit 2011 und weiter nach 2014 die Kräfte der
Moslembruderschaft und der Türkei in Libyen und nehmen dabei den Absturz
Libyens, ständige Bürgerkriege sowie die Verelendung des libyschen Volkes in
Kauf, nur um ihren Machtanspruch und ihre Geschäftsinteressen in Libyen mit
Hilfe der Türkei durchsetzen zu können.
Die LNA und das Parlament sollen aus dem gesamten Diskussionsprozess
zur Gestaltung der Zukunft Libyens herausgedrängt werden.
+ 29.5.: Ein Militärjet stürzt während der Militärparade ab.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1398726997891813376
+ 25.05.: Milizen/Übergriffe. Die Miliz von Imad
at-Trabelsi stürmte das Touristendorf al-Faw, entführte Frauen und übte Terror
aus. Die Familien des Dorfes fordern den Generalstaatsanwalt as-Siddiq as-Sour
und die Honoratioren der Stadt Zintan auf, die Miliz zu stoppen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1397312139803639809
+ 26.05.: Tunesien/Libyen. Libyen will auf der tunesischen
Zentralbank etwa eine Milliarde Euro hinterlegen, um diese zu stützen. Es
sollen außerdem wieder viele Tunesier in Libyen arbeiten können.
https://libyareview.com/13545/tunisian-minister-libya-will-grant-us-one-billion-euros/
+ 24.05.: Tunesien/Parlament. Das demokratisch gewählte
libysche Parlament ist gegen die Zahlung von Geldern an Tunesien, solange in
Libyen Menschen hungern. So gebe es keine medizinische Hilfe und kein
funktionstüchtiges Krankenhaus im südlichen Libyen (Fessan).
https://twitter.com/MLNA2021/status/1396826154921861124
Obwohl Tunesien wirtschaftlich am Ende ist und immer wieder Proteste gegen
die Regierung ausbrechen, bezeichnet der Westen und insbesondere Deutschland
Tunesien immer noch als Vorzeigedemokratie, wo der „arabische Frühling“
angeblich geglückt sei. Dabei würde Tunesien ohne die Hilfe des Auslands
zusammenbrechen. Libyen, das inzwischen selbst am Hungertuch nagt, soll nun mit
seinen Geldern einspringen, um die Moslembruderschaftsregierung in Tunis an der
Macht zu halten.
+ 27.05.: Deutschland/Ägypten. Merkel und der ägyptische
Präsident es-Sisi tauschten sich über die aktuellen Entwicklungen in Libyen
aus. Sie waren sich einig, dass ausländische Streitkräfte und Söldner Libyen
verlassen müssten. Es sollen weitere bilaterale Koordinierungen
stattfinden.Berlin will im Juni eine Außenministerkonferenz über Libyen
veranstalten. Auf der Internationalen Konferenz über Libyen in Berlin im Januar
2020 versammelten sich auf Einladung von Bundeskanzlerin Merkel Staats- und
Regierungschefs aus elf Ländern in Anwesenheit der Vereinten Nationen. Sie
einigten sich darauf, die Institutionen des Landes zu vereinen, ausländische
Interventionen zu beenden, das Waffenembargo der Vereinten Nationen zu
respektieren und ein Waffenstillstandsabkommen umzusetzen.
Merkel: „Es gibt immer noch mehr als 6.630 Söldner in Libyen. Es ist die
Absicht der Türkei, mit ihrer Unterstützung syrische Söldner in Libyen zu
halten, um die türkischen Interessen zu schützen“.
https://libyareview.com/13569/germany-egypt-discuss-libya-developments/
Nach der Berliner Libyen-Konferenz verschlechterte sich die Situation in
Libyen und die Bewaffnung nahm zu.
+ 27.05.: Misrata/Milizen. Die Miliz in Misrata stürmte den
Gerichtskomplex und lieferte sich einen Schusswechsel mit der Justizpolizei, um
zu verhindern, dass der Huda-Gefängniskommandant der Miliz, Muhammad al-Ahl,
festgenommen wird.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1397940460652580865
+ 28.05.: Italien/Tripolis. Der italienische Außenminister
Luigi Di Maio ist zu Gesprächen in der libyschen Hauptstadt Tripolis
eingetroffen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1398229636769845252
Die GNU-Übergangsregierung schließt mit allen möglichen und unmöglichen
Staaten Wirtschaftsabkommen, von denen sie und ihre Minister am
meisten profitieren dürften. Es lebe die Korruption.
+ 29.05.: Saif al-Islam Gaddafi. Der Anwalt von Saif
al-Islam Gaddafi, Khaled az-Zaidi, sagte, dass Saif al-Islam Gaddafi das Recht
habe, für die Präsidentschaftswahlen zu kandidieren, denn der Oberste
Gerichtshof habe das über ihn verhängte Todesurteil aufgehoben und ein
Wiederaufnahmeverfahren beschlossen: „Der Oberste Gerichtshof akzeptierte die
Berufung und wies das Urteil an das Berufungsgericht zurück. Das bedeutet, dass
Saif al-Islam nur ein Angeklagter ist und kein rechtskräftiges Gerichtsurteil
gegen ihn besteht“. Er wies darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof Fehler in
der Auslegung des Gesetzes, Ungültigkeit in den Verfahren und Nichtigkeit des
erlassenen Urteils ebenso wie böswilliger Anschuldigungen festgestellt habe.
„Saif al-Islam kann jetzt für Wahlen kandidieren, wenn die Libyer das wollen,
und wenn er selbst das will. Gegen seine Kandidatur gibt es keine rechtlichen
Einwände“, so sein Anwalt.
https://libyareview.com/13619/lawyer-gaddafis-son-has-legal-right-to-run-for-elections/
+ 30.05. LNA/Moslembruderschaft. Die LNA hält die Aussage
von al-Mishri (Moslembruder und Vorsitzender des Staatsrats), dass das
türkische Militär so lange in Libyen bleiben würde wie eine Bedrohung durch
Feldmarschall Haftar bestehen bleibt, als Abkehr vom politischen Übereinkommen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1399060913496416257
+ 29.05.: Wahlen/Saleh. In einem Gespräch mit dem
UN-Sondergesandten für Libyen, Jan Kubis forderte Parlamentspräsident Agila
Saleh, dass der nächste libysche Präsident direkt vom Volk gewählt werden
müsse.
Nicht mehr gesondert aufgeführt werden die Lippenbekenntnisse aller
ausländischen Staaten sowie innerlibyschen Forderungen nach Dezemberwahlen und
die Wiederherstellung der libyschen Souveränität und territorialen Integrität,
während die tatsächliche Politik der westlichen Staaten dem Hohn spricht.
+ 29.05.: Haushalt. Der nach einer ersten Ablehnung dem
Parlament erneut vorgelegte Haushalt wurde wiederum nicht gebilligt.
Streitpunkte waren die Höhe der Gehälter in allen Landesteilen sowie die
Möglichkeit, ein eigenes Generalkommando des Heeres unabhängig vom
Verteidigungsministerium einzurichten. Doch auch ohne Verabschiedung des Haushalts
sollen alle Gehälter ausbezahlt werden.
https://www.libyaherald.com/2021/05/29/after-off-camera-deliberations-parliament-failed-to-agree-2021-budget-amended-budget-reduced-to-76-bn-discussions-to-resume-next-session/
+ 30.05: Tunesische Arbeitskräfte. Es wird vermutet, dass
für den Wiederaufbau Libyens eine halbe Million tunesischer Gastarbeiter nötig
sind. Bisher sind 50.000 Tunesier zum Arbeiten nach Libyen gekommen.
https://libyareview.com/13656/libya-needs-500000-tunisian-workers-for-reconstruction-efforts/
+ 31.05.: IS/Westliches Libyen. In den im Westen gelegenen
Städten Subrata und Surman kommt es zu Kämpfen zwischen Milizen und zu Bränden.
Es werden die schwarzen Fahnen des IS gehisst.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1399268425629896707
https://twitter.com/LibyaReview/status/1399257903991820289
+ 01.06.: Wahlkommission. Der Chef der Hohen Nationalen
Wahlkommission (HNEC), Emad Al-Sayeh, äußerte sich besorgt über eine mögliche
Verschiebung des geplanten Termins für die Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen aufgrund des aktuellen politischen Klimas im Land.
https://twitter.com/smmlibya/status/1399791189642067973
Es dürfen Wetten abgeschlossen werden, ob jemals in Libyen Wahlen
abgehalten werden, solange nicht sichergestellt ist, dass es einen Wahlausgang
gibt, der den kriegführenden Nato-Parteien von 2011 ein wunschgemäßes Ergebnis
bringt.
+ 01.06.: Mord/Tripolis. Der Manager der Jumhouria Bank,
Ali Garza, wurde von Kugeln durchsiebt an der Küste von Tripolis aufgefunden,
nachdem er letzte Woche von bewaffneten Männern entführt worden war.
Verschwindenlassen, Vergewaltigungen, Entführungen und Morde sind inzwischen in
ganz Libyen an der Tagesordnung.
https://libyareview.com/13737/bank-manager-kidnapped-killed-in-libyan-capital/
+ 01.06.: Russland/Kriege. Der russische Außenminister
Sergej Lawrow sagte, Moskau werde eine Wiederholung der Tragödien im Irak, in
Libyen, Jugoslawien und in anderen Ländern, in denen die NATO das Menschenrecht
auf Leben verletzt habe, nicht länger geschehen lassen.
https://almarsad.co/en/2021/06/01/lavrov-to-nato-moscow-will-no-longer-allow-repeat-of-tragedies-as-in-iraq-and-libya/
+ 02.06.: 2. Berliner Libyen-Konferenz. Das Auswärtige Amt
gab bekannt, dass am 23. Juni die zweite Berliner Libyen-Konferenz stattfinden
wird. Teilnehmer werden UN-Generalsekretär Antonio Guterres, UNSMIL und
Bundesaußenminister Heiko Maas sowie die libysche Übergangsregierung sein.
https://www.libyaherald.com/2021/06/02/the-2nd-berlin-conference-on-libya-will-take-place-on-23-june/
Nach der 1. Berliner Libyen-Konferenz im Januar 2020 hatte sich die Lage in
Libyen noch verschlimmert. Unvergessen bleibt auch, dass die libyschen
Teilnehmer vor den Türen warten mussten, während die „Großen“ über ihr
Schicksal bestimmten.
+ 04.06.: Griechenland/Berlin-Konferenz. Der griechische
Außenminister Nikos Dendiaszeigte sich über die deutsche Entscheidung,
Griechenland nicht zur zweiten Berliner Libyen-Konferenz einzuladen, tief
enttäuscht. Oberste Priorität in Berlin müsse der sofortige Abzug alles Söldner
und türkischen Militärs aus Libyen haben.
Zu den Ländern, die zur zweiten Runde der Friedensgespräche eingeladen wurden,
gehören neben Italien, der Türkei und den VAE auch die fünf ständigen
Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, nicht aber Griechenland und Ägypten, die
bisher das libysche Parlament und die LNA im östlichen Libyen unterstützten,
nun aber auch gute Kontakte zur GNU-Übergangsregierung pflegen.
https://libyareview.com/13789/greece-voices-dissatisfaction-with-its-exclusion-from-berlin-conference-on-libya/
Sieht so Aussöhnung, Vereinigung, Unterstützung für ein souveränes Libyen
und der Wunsch nach Dezember-Wahlen aus, indem man die Unterstützer einer Seite
von wichtigen Gesprächen ausschließt, die unsägliche Erdogan-Türkei daran aber
teilnimmt?
+ 02.06.: Teilstreik der Ärzte. Das Generalsyndikat der
libyschen Ärzte (LGMC) kündigte an, einen Teilstreik sowohl im
öffentlichen als auch im privaten Sektor durchzuführen. Sie fordern
Gehaltserhöhungen. In Tripolis hielten Ärzten, Apotheker und Krankenschwestern
vor dem Regierungssitz eine Protestkundgebung ab und forderten Lohnerhöhungen.
https://libyareview.com/13734/why-are-libyan-doctors-going-on-strike/
+ 02.06.: Erdogan/Sarradsch/Türkische Mafia. Laut der
Aussage eines hochrangigen türkischen Mafia-Bosses setze der türkische
Präsident Erdogan den damaligen libyschen Premierminister as-Sarradsch unter
Druck, damit dieser Verträge mit türkischen Firmen abschließt, die mit Erdogan
in Verbindung stehen. Zunächst hätte sich Sarradsch einverstanden erklärt, sei
dann aber unter den Druck von libyschen Milizen und Geschäftsleuten gekommen,
auf deren Unterstützung er ebenfalls angewiesen war. Dies führte dazu, dass
Sarradsch mit Rücktritt von seinem Posten als libyscher Premierminister drohte.
Erdogan sei im Oktober 2020 über Sarradsch verärgert gewesen, da dieser als
Gegenleistung für die türkische Intervention in Libyen, die sich gegen die LNA
richtete, nicht allen Wünschen der Türkei nachgekommen sei. Nachdem die
türkische Regierung 2019 und 2020 syrische Söldner nach Libyen geschickt hatte,
hätten mehrere türkische Familienunternehmen den Zuschlag bei Ausschreibungen
bekommen.
Der Mafia-Boss war auch der Meinung, dass die türkische Präsenz in Libyen sehr
wichtig sei für das von der Türkei angestrebte Einflussgebiet Blaue Heimat,
das weite Teile des Mittelmeeres umfassen soll.
https://almarsad.co/en/2021/06/02/turkish-mafia-boss-says-sarraj-threatened-to-resign-after-pressure-from-erdogan-on-tenders/
+ 02.06.: Migranten. Nachdem es in der Migrantenhaftanstalt
Zawiya in Tripolis zu Selbstmordversuchen von Frauen kam, wurde bekannt, dass
Wärter junge Mädchen zu Sex zwangen, damit sie die Toilette benutzen durften
oder Essen erhielten. Für die Zustände in diesen Lagern wird das Innenministerium
verantwortlich gemacht. Es wird die sofortige Freilassung aller Frauen und
Kinder gefordert. In diesem Jahr wurden bereits über 10.000 Migranten von der
Küstenwache zurück nach Libyen gebracht. Diese berichten immer wieder über
grausame und unmenschliche Behandlung.
https://libyareview.com/13730/report-migrants-in-tripoli-fall-victims-to-sex-for/
+ 02.06.: LPDF/Wahlen. Dreizehn Teilnehmerinnen des Libyschen
politischen Dialogforums unterzeichneten eine Erklärung, in der es heißt,
dass dies ein historischer Moment für Libyen sei, um sein Schicksal zu
bestimmen. Libyens Weg in die Demokratie dürfe nicht gestört werden.
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen müssten gleichzeitig und planmäßig am
24. Dezember 2021 stattfinden, so wie in der LDPF-Roadmap vereinbart.
https://almarsad.co/en/2021/06/02/13-women-lpdf-demand-presidential-and-parliamentary-elections-are-held-in-december/
+ 02.06.: Frankreich/Libyen. Premierminister Abdel-Hamid
Dabaiba führte Gespräche mit Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly
bezüglich einer Zusammenarbeit zur Sicherung der Südgrenzen Libyens. Erörtert
wurden auch eine Koordinierung der 2. Berliner Libyen-Konferenz sowie die
bevorstehenden Sitzungen des UN-Sicherheitsrates, der unter französischem
Vorsitz stattfindet.
https://libyareview.com/13724/dbaiba-discusses-cooperation-with-france-in-securing-southern-libyan-borders/
+ 03.06.: Libysches Vermögen. Laut der tunesischen
Zentralbank sind in Tunesien rund 150 Millionen USD libyschen Vermögens
eingefroren. Tunesien will diese Gelder zur Begleichung von aufgelaufenen
Klinikkosten libyscher Staatsbürger verwenden.
https://libyareview.com/13777/central-bank-of-tunisia-frozen-libyan-funds-amount-to-nearly-150-million-dollars/
Übergangspremierminister Dabaiba bemüht sich um die Freigabe eingefrorener
libyscher Gelder. In welchen großen Taschen von Korruptis diese Gelder
verwschwinden werden, wäre ineressant zu wissen.
+ 03.06.: Frankreich/Libyen. Libyens Premierminister
Dabaiba hat bei seinem Paris-Besuch den französischen Präsidenten Macron,
Verteidigungsministerin Parly und Außenminister Le Drian getroffen.
https://www.libyaherald.com/2021/06/03/aldabaiba-meets-macron-minister-of-armed-forces-parly-and-foreign-minister-le-drian-during-paris-visit/
Ausland
+ 27.05.: Mali. Die JungeWelt schreibt, dass der jüngste Putsch in Mali Folge der Militarisierung der Sahelstaaten und ein verheerendes Zeugnis ist. Zwischen Berlin und Paris gebe es Differenzen. Den Kolonisatoren scheine die Kontrolle in den Sahelstaaten zu entgleiten.
„Die Festnahme des Präsidenten und des Ministerpräsidenten der Übergangsregierung
am Montag durch das Militär sei »ein desaströses Zeichen«, so ein Sprecher des
Auswärtigen Amtes. Frankreichs Präsident Macron nannte den Putsch
»inakzeptabel« und stellte »gezielte Sanktionen« in Aussicht. Es wurde eine
Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur Entwicklung in Mali angekündigt.
Mittlerweile dauert der Militäreinsatz in Mali acht Jahre. „Zuletzt ist eine
Erweiterung des Drohneneinsatzes der Bundeswehr beschlossen worden. Der
Bundestag hat erst vergangene Woche das Einsatzmandat der deutschen
Streitkräfte verlängert, während Paris den Aufbau eines zusätzlichen
Ausbildungseinsatzes vorantreibt.
Dabei verfehlt die stetige Militarisierung der Konflikte in Mali und im Sahel
schon seit Jahren ihr offizielles Ziel. Die oft dschihadistisch geprägten
Aufstände haben sich längst vom Norden in das Zentrum des Landes sowie in die
Nachbarstaaten ausgeweitet. Hinzu kommt, dass die im Rahmen des
EU-Ausbildungseinsatzes EUTM in Mali trainierte Soldaten immer wieder
gravierende Menschenrechtsverletzungen begehen. […] Nicht zuletzt hat sich die
langjährige malische Regierung unter Expräsident Ibrahim Boubacar Keïta, die
eng mit Paris, Berlin und der EU kooperierte, als überaus korrupt erwiesen.
Damit hat sie im vergangenen Jahr Massenproteste provoziert und einen ersten
Putsch junger Offiziere ausgelöst. Der aktuelle zweite Putsch binnen nur neun
Monaten unter den Augen auch der Bundeswehr ist letztlich die Folge davon.“
Zwischen Paris und Berlin käme es zunehmend zu Differenzen. Berlin wirft Paris
vor, militärisch vorzupreschen.
https://www.jungewelt.de/artikel/403120.afrika-kolonialisten-verlieren-kontrolle.html
Angelika Gutsche
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