Saif al Gaddafi ist ein Symbol der Aussöhnung - Internationaler Haftbefehl kurz vor der Aufhebung?
Libyen. Unter dem
Titel „Gaddafis Sohn: Gefeiert für die Wiedervereinigung Libyens“ erschien am
28. Juni 2018 in der britischen Times ein
Artikel über Saif al-Islam Gaddafi.
Die Times zitiert
den unabhängigen französischen Unterhändler Jean-Yves Ollivier, der für das Center für libysche Friedensbemühungen arbeitet
und Vorsitzender der Brazzaville-Stiftung ist: „Saif ist ein Symbol der
Aussöhnung. Wir diskutieren nicht über Politik, aber ich erhalte von ihm
Botschaften. Er will Wahlen und ist überzeugt, dass er, wenn er bei den Wahlen
antritt, zwei Millionen Gaddafisten hinter sich versammeln kann und somit die
Wahlen gewinnen wird."
Saif al-Islam werde immer noch wegen angeblicher Gräueltaten
während der Revolution vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesucht. Um
der Gaddafi-Familie die Rückkehr in die politische Arena zu ermöglichen, sei
aber die Zulässigkeit der Anklage in Frage gestellt und der IStGH aufgefordert
worden, den gegen Saif al-Gaddafi verhängten Haftbefehl zu prüfen. Eine
Entscheidung werde am 28. September erwartet.
Laut der Times
drängen sich angesichts des „offenkundigen Versuchs, Oberst Gaddafis
bevorzugten politischen Erben zu rehabilitieren“ Fragen hinsichtlich der Entscheidung
der Westmächte auf, die Rebellen, die 2011 gegen das Regime kämpften, zu unterstützen.
Wie die Times schreibt, war Saif
al-Gaddafi einstmals der Liebling des Westens. So sei er nicht nur Gast der
Königlichen Familie im Buckingham Palast gewesen, sondern auch Teil einer
internationalen, elitären Szene. 2008 promovierte Saif al-Gaddafi an der London School of Economics.
Auf den weiteren Verlauf des Schicksals von Saif al-Gaddafi,
das sich 2011 radikal änderte, geht die Times
allerdings nicht genauer ein. Als Saif al-Islam im November 2011 aus Libyen
fliehen wollte, wurde sein Konvoi aus der Luft von der Nato angegriffen. Er zog
sich dabei schwere Verletzungen an der rechten Hand zu, die zur Amputation
seiner Finger führten. Er wurde in der Stadt Zliten gefangen gehalten, über
lange Zeit in Einzelhaft, und wiederholt ohne die Anwesenheit eines Anwalts verhört.
Im November 2013 ließ die zuständige UN-Arbeitsgruppe offiziell verlauten, dass
Saif Gaddafis Verhaftung ein Willkürakt („arbitrary“) gewesen sei. In
Abwesenheit verurteilte ihn 2015 ein islamistisches Gericht in Tripolis zum
Tode. Nach über fünf Jahren Gefangenschaft in Zinten wurde er endlich unter
Berufung auf ein inzwischen vom libyschen Parlament erlassenes Amnestiegesetzt frei
gelassen.
Seither hält sich Saif al-Gaddafi an einem geheimen Ort in
Libyen auf, wo er sein politisches Comeback vorbereitet. Hierfür stehen die
Chancen gut. Auch die Times weiß
inzwischen, dass in Libyen kein dauerhafter Friede ohne Einbezug der
Gaddafisten möglich ist. Libyen habe 6,2 Millionen Einwohner gehabt, davon
seien geschätzt rund 500.000 ins Exil ins Ausland geflohen, etwa 1,5 Millionen
wurden aus ihren Häusern vertrieben und sind seither Binnenflüchtlinge.
Ollivier, sagt: „Hinzu kommen die Nostalgiker der Gaddafi-Zeit. Sie sagen, dass
es mit Gaddafi an der Macht in Libyen sicher war. All diese Menschen können
nicht ignoriert werden. Es müssen die Stimmen aller Libyer gehört werden.“
Die Brazzaville-Stiftung arbeitet federführend und parallel
zu den vom Westen und der UN dominierten Gremien an der Aussöhnung der
verfeindeten libyschen Gruppierungen. Bei der vom französischen Präsidenten
Macron ausgerichteten Pariser-Konferenz Ende Juni, bei der Wahlen in Libyen
noch in diesem Jahr vereinbart wurden, waren die Gaddafisten nicht eingeladen.
Ihren Namen hat die Brazzaville-Stiftung nach den
sogenannten Brazzaville-Protokollen des Jahres 1988, die den Grenzkrieg in
Südafrika beendeten und eine wichtige Rolle bei der Freilassung Nelson Mandelas
und dem Ende der Apartheit spielten. Der heute 73-jährige Olliver war Begründer
der Stiftung. Bereits 1969 traf er zum ersten Mal mit Oberst Gaddafi zusammen
und pflegt seitdem sowohl wirtschaftliche als auch diplomatische Kontakte mit
Libyen.
Ollivier in der Times:
„Frieden zu schaffen, ist das Mutigste, was ein Mann tun kann. Den Krieg zu
erklären, ist gar nichts dagegen.“
A. Gutsche
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