Dienstag, 31. Juli 2018



Saif al Gaddafi ist ein Symbol der Aussöhnung - Internationaler Haftbefehl kurz vor der Aufhebung?



Libyen. Unter dem Titel „Gaddafis Sohn: Gefeiert für die Wiedervereinigung Libyens“ erschien am 28. Juni 2018 in der britischen Times ein Artikel über Saif al-Islam Gaddafi.
 
Die Times zitiert den unabhängigen französischen Unterhändler Jean-Yves Ollivier, der für das Center für libysche Friedensbemühungen arbeitet und Vorsitzender der Brazzaville-Stiftung ist: „Saif ist ein Symbol der Aussöhnung. Wir diskutieren nicht über Politik, aber ich erhalte von ihm Botschaften. Er will Wahlen und ist überzeugt, dass er, wenn er bei den Wahlen antritt, zwei Millionen Gaddafisten hinter sich versammeln kann und somit die Wahlen gewinnen wird."
Saif al-Islam werde immer noch wegen angeblicher Gräueltaten während der Revolution vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesucht. Um der Gaddafi-Familie die Rückkehr in die politische Arena zu ermöglichen, sei aber die Zulässigkeit der Anklage in Frage gestellt und der IStGH aufgefordert worden, den gegen Saif al-Gaddafi verhängten Haftbefehl zu prüfen. Eine Entscheidung werde am 28. September erwartet.
Laut der Times drängen sich angesichts des „offenkundigen Versuchs, Oberst Gaddafis bevorzugten politischen Erben zu rehabilitieren“ Fragen hinsichtlich der Entscheidung der Westmächte auf, die Rebellen, die 2011 gegen das Regime kämpften, zu unterstützen. Wie die Times schreibt, war Saif al-Gaddafi einstmals der Liebling des Westens. So sei er nicht nur Gast der Königlichen Familie im Buckingham Palast gewesen, sondern auch Teil einer internationalen, elitären Szene. 2008 promovierte Saif al-Gaddafi an der London School of Economics.
Auf den weiteren Verlauf des Schicksals von Saif al-Gaddafi, das sich 2011 radikal änderte, geht die Times allerdings nicht genauer ein. Als Saif al-Islam im November 2011 aus Libyen fliehen wollte, wurde sein Konvoi aus der Luft von der Nato angegriffen. Er zog sich dabei schwere Verletzungen an der rechten Hand zu, die zur Amputation seiner Finger führten. Er wurde in der Stadt Zliten gefangen gehalten, über lange Zeit in Einzelhaft, und wiederholt ohne die Anwesenheit eines Anwalts verhört. Im November 2013 ließ die zuständige UN-Arbeitsgruppe offiziell verlauten, dass Saif Gaddafis Verhaftung ein Willkürakt („arbitrary“) gewesen sei. In Abwesenheit verurteilte ihn 2015 ein islamistisches Gericht in Tripolis zum Tode. Nach über fünf Jahren Gefangenschaft in Zinten wurde er endlich unter Berufung auf ein inzwischen vom libyschen Parlament erlassenes Amnestiegesetzt frei gelassen.
Seither hält sich Saif al-Gaddafi an einem geheimen Ort in Libyen auf, wo er sein politisches Comeback vorbereitet. Hierfür stehen die Chancen gut. Auch die Times weiß inzwischen, dass in Libyen kein dauerhafter Friede ohne Einbezug der Gaddafisten möglich ist. Libyen habe 6,2 Millionen Einwohner gehabt, davon seien geschätzt rund 500.000 ins Exil ins Ausland geflohen, etwa 1,5 Millionen wurden aus ihren Häusern vertrieben und sind seither Binnenflüchtlinge. Ollivier, sagt: „Hinzu kommen die Nostalgiker der Gaddafi-Zeit. Sie sagen, dass es mit Gaddafi an der Macht in Libyen sicher war. All diese Menschen können nicht ignoriert werden. Es müssen die Stimmen aller Libyer gehört werden.“
Die Brazzaville-Stiftung arbeitet federführend und parallel zu den vom Westen und der UN dominierten Gremien an der Aussöhnung der verfeindeten libyschen Gruppierungen. Bei der vom französischen Präsidenten Macron ausgerichteten Pariser-Konferenz Ende Juni, bei der Wahlen in Libyen noch in diesem Jahr vereinbart wurden, waren die Gaddafisten nicht eingeladen.
Ihren Namen hat die Brazzaville-Stiftung nach den sogenannten Brazzaville-Protokollen des Jahres 1988, die den Grenzkrieg in Südafrika beendeten und eine wichtige Rolle bei der Freilassung Nelson Mandelas und dem Ende der Apartheit spielten. Der heute 73-jährige Olliver war Begründer der Stiftung. Bereits 1969 traf er zum ersten Mal mit Oberst Gaddafi zusammen und pflegt seitdem sowohl wirtschaftliche als auch diplomatische Kontakte mit Libyen.
Ollivier in der Times: „Frieden zu schaffen, ist das Mutigste, was ein Mann tun kann. Den Krieg zu erklären, ist gar nichts dagegen.“


A. Gutsche 
 


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