Montag, 28. September 2020

 

Kurznachrichten Libyen - 24.09.2020

Libyen. Deutscher Botschafter antichambriert bei ‚Einheitsregierung‘ / Tibu in Bengasi wollen Verhandlungen / Entführte Libyerin tot aufgefunden / EU-Sanktionen verhängt

Angelika Gutsche |

Der deutsche Botschafter in Libyen

+ 20.09.: Der Premierminister der 'Einheitsregierung' Sarradsch traf sich mit dem deutschen Botschafter in Libyen, Oliver Owcza. Erörtert wurden die jüngsten Entwicklungen in Libyen und die bilateralen Beziehungen, sprich der deutsche Beitrag zu Wiederaufbauprojekten.
https://almarsad.co/en/2020/09/21/sarraj-and-owcza-reiterate-importance-of-outcomes-of-berlin-conference/

+ 24.09.: In Tripolis trafen sich am Dienstag der Moslembruder und Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Baschagha, mit dem deutschen Botschafter Oliver Owcza. Dabei ging es laut Bashagha um die sicherheitspolitische Lage und darum, „dass für ein einiges und stabiles Libyen die russischen Söldner ausgewiesen werden müssen.“
Owcza zeigte sich auf Twitter zufrieden mit den Gesprächen und schrieb, dass „alle nationalen und internationalen Anstrengungen auf einen politischen Dialog unter der Führung der Vereinten Nationen ausgerichtet sein“ müssten. [Allerdings erklärte er nicht, wieso die UNO führend sein soll und nicht die Libyer ihre Probleme selbst lösen könnten.]
RT schreibt: „Bei den von Baschagha angesprochenen ‚russischen Söldnern‘ dürften die Mitarbeiter des russischen Sicherheitsunternehmens Wagner gemeint sein, die im Osten des Landes auf der Seite von General Chalifa Haftar kämpfen, der die mehrheitlich gewählte und anschließend in den Osten Libyens nach Tobruk vertriebene Regierung Abdullah Thennis [auch Thanni] unterstützt.“

Laut den Aussagen des russischen Außenministers Sergei Lawrow hätten sich verschiedene ausländische Akteure bemüht, „den Krieg zu beenden und die katastrophalen Folgen der aggressiven Aktionen der NATO zu überwinden“. Er betonte, dass Russland im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren von Anfang an Kontakte zu allen Konfliktparteien in Libyen aufbaute und pflegte. Die Frage der ausländischen Militärpräsenz in Libyen sollte erst gelöst werden, wenn die Staatlichkeit Libyens wiederhergestellt ist. Nur die legitime und unabhängige libysche Regierung werde in der Lage sein zu entscheiden, welche ausländischen Kräfte im Land bleiben dürfen und welche nicht.
https://deutsch.rt.com/afrika/106956-innenminister-libyens-trifft-deutschen-botschafter/

Libysche Stämme und Städte

+ 23.09.: Der Vorsitzende des Obersten Rates der Tibu-Stämme in Bengasi, Scheich Ali Baraka, bezeichnete den in Tripolis ansässigen Hohen Staatsrat (HCS) als „illegale Einrichtung“. Baraka fügte hinzu, dass „die Stämme beschlossen haben, den Krieg zu beenden und am Verhandlungstisch Platz zu nehmen, um Libyen vor der Zerstörung zu retten“.
Gegenüber Sputnik sagte Baraka: „Feldmarschall Khalifa Haftar wurde vom libyschen Parlament ernannt, das vom libyschen Volk gewählt wurde.“ Er betonte, dass es die Aufgabe der Armee sei, die Sicherheit der Libyer zu gewährleisten: „Es ist eine rein militärische Institution und keine politische Einrichtung. “ Der Dialog werde zwischen politischen Körperschaften, Stämmen und libyschen Regionen stattfinden.
Die ausländische Einmischung müsse beendet werden. Er forderte die am Konflikt beteiligten Länder auf, die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu respektieren.
https://libyareview.com/?p=6736

Verschiedenes

+ 24.09.: Die Leiche einer vor kurzem entführten Libyerin wurde in Süd-Tripolis aufgefunden. LibyaReview: „Die libysche Hauptstadt wird von extremistischen Milizen und syrischen Söldnern kontrolliert, die mit der Einheitsregierung zusammenarbeiten. Morde, Entführungen und Überfälle, begangen an unschuldigen, libyschen Bürger sind nichts Ungewöhnliches.“ Auch Mitarbeiter der Erdölanlagen werden häufig als Geiseln genommen.
https://libyareview.com/?p=6754

+ 20.09.: Nachdem ein Boot vor der Küste Libyens gekentert ist, werden mindestens 17 Menschen vermisst.
https://libyareview.com/?p=6645

+ 21.09.: „Die Europäische Union verhängt Sanktionen wegen Verstößen gegen das UN-Waffenembargo gegen Libyen. Die Außenminister der Mitgliedstaaten fassten einstimmig einen entsprechenden Beschluss, wie die Nachrichtenagentur dpa aus EU-Kreisen erfuhr.“ Konkret geht es um drei Firmen aus der Türkei, Jordanien und Kasachstan sowie um zwei Libyer, Mahmoud al-Warfali und Musa Diab.
https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-eu-sanktionen-101.html

Wie AlMarsad berichtet, täuschen die von der Moslembruderschaft herausgegebenen Publikationen ihre Leser mit verzerrten Darstellungen. Das jüngste Beispiel dafür ist die falsche Darstellung der Sanktionen, die die Europäische Union am Montag verhängte. So titelten die Medien der Moslembruderschaft „Sanktionen gegen ein jordanisches Unternehmen, das Waffen an Haftar liefert, verhängt“.
Allerdings handelt es sich bei der von der EU sanktionierten Firma um die Med Wave Shipping Company, die in Amman (Jordanien) nur eine Zweigniederlassung betreibt, den Hauptsitz aber im libanesischen Beirut hat. Med Wave Shipping ist Eigentümerin und Betreiberin des berühmt-berüchtigten Schiffes Bana, das am 29. Januar Waffen und Panzer in Tripolis entlud. Ihre Besatzung zeigte sich nach einer späteren Verhaftung in Italien geständig. Die Bana war in Begleitung türkischer Fregatten nur zwei Tage nach der Berliner Konferenz im Hafen von Tripolis eingetroffen, obwohl Erdogan in Berlin erklärt hatte, keine Waffen mehr nach Libyen zu liefern und den Waffenstillstand einhalten zu wollen.
Von der EU wurde auch eine türkische Reederei sanktioniert, die im türkischen Hafen Mersin ansässig ist.
https://almarsad.co/en/2020/09/23/muslim-brotherhood-media-outlets-deceive-audiences-al-marsad-uncovers-truth-on-shipping-company/

+ 23.09.: Einzelheiten über das Treffen der verfeindeten libyschen Parteien am 15. Oktober in Genf unter der Schirmherrschaft der UN wurden bekannt. So sollen 80 Personen daran teilnehmen, davon 13 Parlamentsmitglieder und 13 Mitglieder des Hohen Staatsrates (HCS). Laut einem Berater des libyschen Parlaments, Fathi al-Marimi, „wird die neue Regierung gebildet, um die libyschen Institutionen, insbesondere die wirtschaftlichen und finanziellen, zu vereinheitlichen“.
Anwesend sind auch Vertreter der UNO, der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Chinas, der Türkei und Italiens sowie Ägypten, Algerien, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Arabische Liga.
Der neue Präsidialrat wird voraussichtlich aus drei Personen bestehen, die jeweils eine libysche Region (Tripolitanien, Kyrenaika, Fessan) vertreten.
https://libyareview.com/?p=6722
Während die Übergangsregierung in Tobruk bereits ihren Rücktritt erklärte, hat Sarradsch seinen Rücktritt erst für Ende Oktober angekündigt. Man darf gespannt sein.

+ 23.09.: LNA-Sprecher al-Mismari erklärte, die LNA habe bei der Operation in der Stadt Sebha am 14.09. den IS-Führer für Libyen und Nordafrika, Abd al-Kafi, bekannt als Abu Abdullah al-Libi, getötet.
http://en.alwasat.ly/news/libya/296390

Das 116. Bataillon der LNA habe seine Patrouillen im südlichen Libyen verstärkt.
https://twitter.com/Libya_OSINT/status/1308494733262585856

+ 21.09.: Abu Sharare, ein in den USA ansässiger palästinensischer Anwalt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft mit zweifelhaftem Ruf, behauptet, er habe beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eine Klage gegen Feldmarschall Khalifa Haftar eingereicht; und dies obwohl er weder ein Spezialist für Völkerrecht ist, noch mit den politischen Verhältnissen in Libyen vertraut zu sein scheint.
Es scheint sich bei diesen Angriffen gegen Haftar um den Versuch der Ablenkung von den Vorgängen innerhalb der ‚Einheitsregierung‘, die von Machtkämpfen und Korruptionsvorwürfen erschüttert wird, zu handeln.
https://almarsad.co/en/2020/09/21/al-marsad-exposes-palestinian-lawyer-who-vows-to-chase-haftar-for-the-sake-of-palestine/

+ 22.09.: „Charakteristisch für die aktuelle Lage in Ostmitteleuropa ist eine dezidiert revisionistische und aggressive türkische Außenpolitik, die den Einsatz militärischer Mittel nicht ausschließt. Ankara will in der gesamten Region seine Macht ausbauen. Damit will das Land am Bosporus der Europäischen Union und dem sicherheitspolitischen Westen insgesamt eine klare Botschaft übermitteln: Die Türkei ist eine wichtige Mittelmacht, die niemand, der in der Region aktiv zu werden beabsichtigt oder dort bereits aktiv ist, ignorieren sollte. Dieser Machtanspruch reicht weit: von der Ägäis, Zypern und den Regionen des östlichen Mittelmeerraums bis nach Syrien und Libyen. Und auch wenn Griechenland und Zypern die Auswirkungen dieser Politik am deutlichsten zu spüren bekommen, geht es letztlich wohl weniger konkret um die zwei Länder selbst als vielmehr darum, an ihnen ein Exempel zu statuieren.“
https://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/im-mittel-mehr-macht-4658/

+ Karte der momentanen Gebietsaufteilung in Libyen:
https://mondediplo.com/maps/libya-divided

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen