Kurznachrichten Libyen - 24.09.2020
Libyen. Deutscher Botschafter antichambriert bei ‚Einheitsregierung‘ / Tibu in Bengasi wollen Verhandlungen / Entführte Libyerin tot aufgefunden / EU-Sanktionen verhängt
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Der deutsche Botschafter in Libyen
+ 20.09.: Der Premierminister der 'Einheitsregierung' Sarradsch traf sich
mit dem deutschen Botschafter in Libyen, Oliver Owcza. Erörtert wurden die
jüngsten Entwicklungen in Libyen und die bilateralen Beziehungen, sprich der
deutsche Beitrag zu Wiederaufbauprojekten.
https://almarsad.co/en/2020/09/21/sarraj-and-owcza-reiterate-importance-of-outcomes-of-berlin-conference/
+ 24.09.: In Tripolis trafen sich am Dienstag der Moslembruder und
Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Baschagha, mit dem deutschen
Botschafter Oliver Owcza. Dabei ging es laut Bashagha um die
sicherheitspolitische Lage und darum, „dass für ein einiges und stabiles Libyen
die russischen Söldner ausgewiesen werden müssen.“
Owcza zeigte sich auf Twitter zufrieden mit den Gesprächen und schrieb, dass
„alle nationalen und internationalen Anstrengungen auf einen politischen Dialog
unter der Führung der Vereinten Nationen ausgerichtet sein“ müssten.
[Allerdings erklärte er nicht, wieso die UNO führend sein soll und nicht die
Libyer ihre Probleme selbst lösen könnten.]
RT schreibt: „Bei den von Baschagha angesprochenen ‚russischen Söldnern‘
dürften die Mitarbeiter des russischen Sicherheitsunternehmens Wagner gemeint
sein, die im Osten des Landes auf der Seite von General Chalifa Haftar kämpfen,
der die mehrheitlich gewählte und anschließend in den Osten Libyens nach Tobruk
vertriebene Regierung Abdullah Thennis [auch Thanni] unterstützt.“
Laut den Aussagen des russischen Außenministers Sergei Lawrow hätten sich
verschiedene ausländische Akteure bemüht, „den Krieg zu beenden und die
katastrophalen Folgen der aggressiven Aktionen der NATO zu überwinden“. Er
betonte, dass Russland im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren von Anfang an
Kontakte zu allen Konfliktparteien in Libyen aufbaute und pflegte. Die Frage
der ausländischen Militärpräsenz in Libyen sollte erst gelöst werden, wenn die
Staatlichkeit Libyens wiederhergestellt ist. Nur die legitime und unabhängige
libysche Regierung werde in der Lage sein zu entscheiden, welche ausländischen
Kräfte im Land bleiben dürfen und welche nicht.
https://deutsch.rt.com/afrika/106956-innenminister-libyens-trifft-deutschen-botschafter/
Libysche Stämme und Städte
+ 23.09.: Der Vorsitzende des Obersten Rates der Tibu-Stämme in Bengasi,
Scheich Ali Baraka, bezeichnete den in Tripolis ansässigen Hohen Staatsrat
(HCS) als „illegale Einrichtung“. Baraka fügte hinzu, dass „die Stämme
beschlossen haben, den Krieg zu beenden und am Verhandlungstisch Platz zu nehmen,
um Libyen vor der Zerstörung zu retten“.
Gegenüber Sputnik sagte Baraka: „Feldmarschall Khalifa Haftar wurde
vom libyschen Parlament ernannt, das vom libyschen Volk gewählt wurde.“ Er
betonte, dass es die Aufgabe der Armee sei, die Sicherheit der Libyer zu
gewährleisten: „Es ist eine rein militärische Institution und keine politische
Einrichtung. “ Der Dialog werde zwischen politischen Körperschaften, Stämmen
und libyschen Regionen stattfinden.
Die ausländische Einmischung müsse beendet werden. Er forderte die am Konflikt
beteiligten Länder auf, die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen zu respektieren.
https://libyareview.com/?p=6736
Verschiedenes
+ 24.09.: Die Leiche einer vor kurzem entführten Libyerin wurde in
Süd-Tripolis aufgefunden. LibyaReview: „Die libysche Hauptstadt wird
von extremistischen Milizen und syrischen Söldnern kontrolliert, die mit der
Einheitsregierung zusammenarbeiten. Morde, Entführungen und Überfälle, begangen
an unschuldigen, libyschen Bürger sind nichts Ungewöhnliches.“ Auch Mitarbeiter
der Erdölanlagen werden häufig als Geiseln genommen.
https://libyareview.com/?p=6754
+ 20.09.: Nachdem ein Boot vor der Küste Libyens gekentert ist, werden
mindestens 17 Menschen vermisst.
https://libyareview.com/?p=6645
+ 21.09.: „Die Europäische Union verhängt Sanktionen wegen Verstößen gegen
das UN-Waffenembargo gegen Libyen. Die Außenminister der Mitgliedstaaten
fassten einstimmig einen entsprechenden Beschluss, wie die Nachrichtenagentur dpa
aus EU-Kreisen erfuhr.“ Konkret geht es um drei Firmen aus der Türkei,
Jordanien und Kasachstan sowie um zwei Libyer, Mahmoud al-Warfali und Musa
Diab.
https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-eu-sanktionen-101.html
Wie AlMarsad berichtet, täuschen die von der Moslembruderschaft
herausgegebenen Publikationen ihre Leser mit verzerrten Darstellungen. Das
jüngste Beispiel dafür ist die falsche Darstellung der Sanktionen, die die
Europäische Union am Montag verhängte. So titelten die Medien der
Moslembruderschaft „Sanktionen gegen ein jordanisches Unternehmen, das Waffen
an Haftar liefert, verhängt“.
Allerdings handelt es sich bei der von der EU sanktionierten Firma um die Med
Wave Shipping Company, die in Amman (Jordanien) nur eine
Zweigniederlassung betreibt, den Hauptsitz aber im libanesischen Beirut hat. Med
Wave Shipping ist Eigentümerin und Betreiberin des berühmt-berüchtigten
Schiffes Bana, das am 29. Januar Waffen und Panzer in Tripolis entlud.
Ihre Besatzung zeigte sich nach einer späteren Verhaftung in Italien geständig.
Die Bana war in Begleitung türkischer Fregatten nur zwei Tage nach der
Berliner Konferenz im Hafen von Tripolis eingetroffen, obwohl Erdogan in Berlin
erklärt hatte, keine Waffen mehr nach Libyen zu liefern und den
Waffenstillstand einhalten zu wollen.
Von der EU wurde auch eine türkische Reederei sanktioniert, die im türkischen
Hafen Mersin ansässig ist.
https://almarsad.co/en/2020/09/23/muslim-brotherhood-media-outlets-deceive-audiences-al-marsad-uncovers-truth-on-shipping-company/
+ 23.09.: Einzelheiten über das Treffen der verfeindeten libyschen Parteien
am 15. Oktober in Genf unter der Schirmherrschaft der UN wurden bekannt. So
sollen 80 Personen daran teilnehmen, davon 13 Parlamentsmitglieder und 13
Mitglieder des Hohen Staatsrates (HCS). Laut einem Berater des libyschen
Parlaments, Fathi al-Marimi, „wird die neue Regierung gebildet, um die libyschen
Institutionen, insbesondere die wirtschaftlichen und finanziellen, zu
vereinheitlichen“.
Anwesend sind auch Vertreter der UNO, der USA, Großbritanniens, Frankreichs,
Chinas, der Türkei und Italiens sowie Ägypten, Algerien, die Vereinigten
Arabischen Emirate und die Arabische Liga.
Der neue Präsidialrat wird voraussichtlich aus drei Personen bestehen, die
jeweils eine libysche Region (Tripolitanien, Kyrenaika, Fessan) vertreten.
https://libyareview.com/?p=6722
Während die Übergangsregierung in Tobruk bereits ihren Rücktritt erklärte,
hat Sarradsch seinen Rücktritt erst für Ende Oktober angekündigt. Man darf
gespannt sein.
+ 23.09.: LNA-Sprecher al-Mismari erklärte, die LNA habe bei der Operation
in der Stadt Sebha am 14.09. den IS-Führer für Libyen und Nordafrika, Abd
al-Kafi, bekannt als Abu Abdullah al-Libi, getötet.
http://en.alwasat.ly/news/libya/296390
Das 116. Bataillon der LNA habe seine Patrouillen im südlichen Libyen
verstärkt.
https://twitter.com/Libya_OSINT/status/1308494733262585856
+ 21.09.: Abu Sharare, ein in den USA ansässiger palästinensischer Anwalt
für Einwanderung und Staatsbürgerschaft mit zweifelhaftem Ruf, behauptet, er
habe beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eine Klage gegen
Feldmarschall Khalifa Haftar eingereicht; und dies obwohl er weder ein Spezialist
für Völkerrecht ist, noch mit den politischen Verhältnissen in Libyen vertraut
zu sein scheint.
Es scheint sich bei diesen Angriffen gegen Haftar um den Versuch der Ablenkung
von den Vorgängen innerhalb der ‚Einheitsregierung‘, die von Machtkämpfen und
Korruptionsvorwürfen erschüttert wird, zu handeln.
https://almarsad.co/en/2020/09/21/al-marsad-exposes-palestinian-lawyer-who-vows-to-chase-haftar-for-the-sake-of-palestine/
+ 22.09.: „Charakteristisch für die aktuelle Lage in Ostmitteleuropa ist
eine dezidiert revisionistische und aggressive türkische Außenpolitik, die den
Einsatz militärischer Mittel nicht ausschließt. Ankara will in der gesamten
Region seine Macht ausbauen. Damit will das Land am Bosporus der Europäischen
Union und dem sicherheitspolitischen Westen insgesamt eine klare Botschaft
übermitteln: Die Türkei ist eine wichtige Mittelmacht, die niemand, der in der
Region aktiv zu werden beabsichtigt oder dort bereits aktiv ist, ignorieren
sollte. Dieser Machtanspruch reicht weit: von der Ägäis, Zypern und den
Regionen des östlichen Mittelmeerraums bis nach Syrien und Libyen. Und auch
wenn Griechenland und Zypern die Auswirkungen dieser Politik am deutlichsten zu
spüren bekommen, geht es letztlich wohl weniger konkret um die zwei Länder
selbst als vielmehr darum, an ihnen ein Exempel zu statuieren.“
https://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/im-mittel-mehr-macht-4658/
+ Karte der momentanen Gebietsaufteilung in Libyen:
https://mondediplo.com/maps/libya-divided
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