Kurznachrichten Libyen – 04.07.2021
Libyen. Reaktionen auf geplatztes LPDF-Treffen / Küstenwache beschießt Flüchtlingsboot / Parlamentspräsident Saleh in Athen / Munitionsdepot in Gharyan explodiert
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+ 04.07.: LPDF/Dezemberwahlen. UN-Delegation gibt bei
LPDF-Sitzung (Libysch-Politisches Dialogforum) den Wünschen der
Moslembruderschaft nach – kein Konsens über verfassungsrechtliche Grundlagen
von Dezemberwahlen erreicht – LPDF-Treffen geplatzt
https://www.freitag.de/autoren/gela/politischer-prozess-in-libyen-entgleist
Stimmen zur Dezemberwahl und den Vorgängen innerhalb der LPDF:
+ 04.07.: Parlamentspräsident Agila Saleh: Wir rufen zu
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Dezember auf.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1411622428317454340
04.07.: LNA: Eine einfache Gleichung - demokratische Wahlen
am 24. Dezember oder Krieg und die Kyrenaika spaltet sich ab.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1411621553398288386
Auf dem aufschlussreichen LNA-Foto lässt sich Khalifa Haftar in der
Nachfolge Muammar al-Gaddafis und Omar Muchtars abbilden.
+ 04.07.: Ägypten. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah
as-Sisi hat am Samstag den neuen Marine-, Militär- und Luftwaffenstützpunkt 3.
Juli nahe der libyschen Grenze eingeweiht und zu diesem Anlass fast 50
Marineschiffe offiziell in Dienst gestellt. Der ägyptische Staatschef wurde
während der Zeremonie von Mohamed Al Menfi, dem Vorsitzenden des libyschen
Präsidialrats, sowie von Scheich Mohamed bin Zayed, dem Kronprinzen von Abu
Dhabi, und von General Konstantinos Floros, dem Chef des Generalstabs der
griechischen Landesverteidigung, und anderen Würdenträgern begleitet. Laut
einem Artikel der ArabWeekly sendet die Eröffnung des neuen Stützpunktes
eine starke Botschaft gegen die Moslembruderschaft und die Türkei. Es sei auch
eine Botschaft für ein entschiedenes ägyptisches Vorgehen, sollte versucht
werden, die Moslembruderschaft in Libyen zuu etablieren.
https://almarsad.co/en/2021/07/04/arab-weekly-egypts-new-military-base-near-libyan-border-is-message-to-turkey-and-the-muslim-brotherhood/
+ 04.07.: Der Parlamentsabgeordnete Misbah Doma forderte die Auflösung des Libyschen
Politischen Dialogforums (LPDF), nachdem dessen Mitglieder keine Einigung
über die verfassungsrechtliche Grundlage für die anstehenden Parlamentswahlen
erzielen konnten.
https://libyareview.com/14679/libyan-mp-calls-for-dissolving-lpdf-after-failure/
+ 04.07.: Vorsitzender der libyschen Wahlkommission Emad
as-Sayeh: Wir sind auf die Wahlen im Dezember vorbereitet.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1411619043430313985
Diese Aussage steht im Gegensatz zum gescheiterten LPDF, denn die von der Hohen
Nationalen Wahlkommission (HNEC) gesetzte Frist für die Einigung auf die
verfassungsrechtliche/gesetzliche Grundlage, um genügend Zeit für die
Durchführung der Wahlen zu haben, war der 1. Juli.
Migration
02.06.: Küstenwache/Malta. Die Besatzung der
Seabird wurde Zeuge eines brutalen Angriffs der
sogenannten libyschen Küstenwache auf ein Migrantenboot, der weit innerhalb der
maltesischen SAR-Zone erfolgte. Auf einem Video ist zu sehen, wie Schüsse in
Richtung des Bootes abgefeuert werden und wie die sogenannte libysche
Küstenwache mehrfach versucht, das Boot zu rammen.
NZZ schreibt: „Offenbar handelt es sich bei dem libyschen
Schiff um die «Ras Jadir». Es wurde der libyschen Küstenwache vor vier Jahren
von Italien geschenkt, zusammen mit drei weiteren Schiffen.“
Es wurde bei dem Vorgehen massiv gegen libysches und internationales
Recht verstoßen. SeaWatch International fordert die EU
auf, unverzüglich die Zusammenarbeit mit der libyschen „Küstenwache“
einzustellen.
https://twitter.com/seawatch_intl/status/1410584003065884677
https://www.nzz.ch/international/libyen-die-jagd-auf-ein-migrantenboot-wird-von-oben-gefilmt-ld.1633705?mktcid=nled&mktcval=102&kid=nl102_2021-7-3&ga=1&trco=
Für diese unglaublichen Vorgänge sind die EU, insbesondere Italien, und die
UNSMIL verantwortlich. Die libysche Küstenwache arbeitet bekanntermaßen auch
mit Schleuserbanden zusammen. Ihre kriminellen Verbindungen und Machenschaften
werden von der EU und der UNSMIL einfach ignoriert.
+ 04.06.: Explosion. Ein Munitionsdepot ist in Gharyan
(etwa 100 km südwestlich von Tripolis) explodiert. In unmittelbarer Nähe hält
die libysche Regierung Migranten fest, die von der ‚Küstenwache‘ zurückgebracht
werden. Durch die Explosion seien drei Menschen verletzt worden. Allerdings
befürchtet das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten
(OCHA), dass es Dutzende von Opfern geben könnte. Zur Zeit sind etwa 600
Migranten in dem Lager untergebracht.
https://libyareview.com/14682/domani-ammunition-depot-explodes-near-migrant-detention-centre-in-libya/
+ 29.06.: Flüchtlingslager. Über die katastrophalen
Zustände in den libyschen Flüchtlingslagern und die Beteiligung von Frontex
berichtet InfoSperber: „Frontex überwacht das Mittelmeer zwischen
Libyen und Italien respektive Malta nicht mit Schiffen, sondern mit Flugzeugen,
die Flüchtlingsboote aufspüren. Frontex informiert dann sämtliche
Seenotleitstellen – die italienische, die maltesische, aber auch die libysche
–, doch den Recherchen zufolge bleiben die italienischen wie auch die
maltesischen Stellen immer wieder untätig, bis schließlich die libysche
Küstenwache die Flüchtlinge aufgreift. Dies geschieht auch in Gewässern, für
die eindeutig die europäische Seite zuständig ist. Von der libyschen
Küstenwache zurück nach Libyen gebracht, landen die Flüchtlinge regelmäßig in
Internierungslagern, darunter solche wie Mabani oder Abu Salim. […] Die
Mitwirkung von Frontex stuft die Völkerrechtlerin Nora Markand von der
Universität Münster als >mit dem Völkerrecht unvereinbar< ein: Es handle
sich >im Grunde< um <Beihilfe zu schwersten Menschenrechtsverletzungen<.“
Die EU trainiert Mitglieder der libyschen General Administration for
Coastal Security (GACS), „zudem trägt mittlerweile die Türkei zur
Ausbildung sowie zur Ausrüstung der Küstenwache bei“.
https://www.infosperber.ch/freiheit-recht/menschenrechte/libyen-mit-maschinengewehren-gegen-fluechtlinge/
+ 29.06.: LNA/Sahara. Zwischen den Städten Adschdabiya und
Tobruk wurden mit Hilfe der LNA 13 illegale ägyptische Migranten in der Wüste
gefunden, zwei starben, der Gesundheitszustand der anderen sei sehr schlecht.
https://libyareview.com/14547/13-egyptian-migrants-found-in-libyan-desert/
+ 03.07.: Zuwara/Tunesien. Mindestens 43 Migranten
ertranken bei einem Schiffsunglück vor der tunesischen Küste, als sie
versuchten, das Mittelmeer von Libyen nach Italien zu überqueren. 84 Menschen
konnten gerettet werden. Das Boot war von Zuwara (westliches Libyen) mit
Migranten aus Ägypten, Sudan, Eritrea und Bangladesch aufgebrochen.
https://libyareview.com/14658/43-migrants-drown-off-libyan-coast/
+ 03.07.: Zawiya. Die Leichen von 14 Menschen, darunter ein
Kind und eine Frau, wurden an der Küste bei az-Zawiya, Westlibyen, angespült.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1411260171549036550
+. 03.07.: Tripolis. Über 100 Migranten wurden auf See
abgefangen und nach Libyen zurückgebracht.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1411413970825715713
+ 03.07.: Griechenland/Libyen. Auf einer Sitzung des
libysch-griechischen parlamentarischen Freundschaftskomitees wurde die
Begrenzung von „illegaler Einwanderung“ als eine der Grundlagen der libyschen
und europäischen nationalen Sicherheit diskutierte. Es ging dabei auch um das
bereits 1976 unterzeichneten Abkommen über die technisch-wirtschaftliche
Zusammenarbeit sowie um das zwischen Ägypten und Griechenland geschlossene
Abkommen über Ausschließliche maritime Wirtschafszonen, bei dem Libyen
einen Beobachterstatus fordert.
https://libyareview.com/14669/libyan-greece-parliaments-discuss-illegal-immigration/
Weitere Nachrichten aus Libyen
+ 29.06.: Haushalt. Der Parlamentssprecher Abdallah Belhaq
gab bekannt, dass der Haushalt 2021 nicht verabschiedet wurde. Am 05.07. solle
GNU-Übergangspremierminister Dabaiba an der Parlamentssitzung teilnehmen und es
soll über seine ersten hundert Tage im Amt Bilanz gezogen werden. Seit Mitte
April hat das Parlament die Sitzungen zur Verabschiedung des Gesamthaushalt
wegen Unstimmigkeiten mehrmals verschoben. Der Haushaltsentwurf umfasste 100
Milliarden Libysche Dinar (22,25 Milliarden USD). Während das Parlament darauf
drang, den Haushaltsentwurf auf 78 Milliarden LD zu reduzieren, war die
GNU-Regierung nur bereit, ihn auf 90 Milliarden LD zu kürzen.
https://libyareview.com/14544/libyas-parliament-fails-to-approve-2021-budget/
+ 30.05.: Verteidigungsminister/LNA. Ein Sprecher der LNA
erklärte, dass die Ernennung eines Verteidigungsministers und seines
Stellvertreters zur Vereinheitlichung des Militärs beitragen werde. Die
Festlegung des Verteidigungshaushalts sei Angelegenheit des
Verteidigungsministers. Premierminister Dabaiba müsse den Verteidigungsminister
vorschlagen, er selbst könne nicht auch dessen Aufgaben übernehmen.
https://libyareview.com/14569/libyan-army-absence-of-defence-minister-embarrassing-issue-for-government/
+ 01.07.: Geeinte Streitmacht. Die Vereinheitlichung der
libyschen Armee noch vor den Wahlen wurde bei einem Spitzentreffen im Forum
des Ausschusses für Verteidigung und nationale Sicherheit des Parlaments
mit militärischen Führern diskutiert. Teilnehmer waren die
5+5-Militärkommission, Parlamentarier, Kommandanten der Militärregionen sowie
Abdulla al-Lafi (Mitglied des Präsidialrats). Diskutiert wurden Vorstellungen
„zur Vereinheitlichung und Organisation der militärischen Institution“ mit dem
Ziel, das Militär zu vereinheitlichen, um sicherzustellen, dass fristgerechte
Wahlen abgehalten werden können, einschließlich des Abzugs von Söldnern und
ausländischen Militärs.
https://www.libyaherald.com/2021/07/01/unification-of-libyas-army-before-elections-discussed-in-top-meeting/
+ 01.07.: Saleh/Griechenland. Parlamentspräsident
Saleh ist mit einer Gruppe Abgeordneter zu zweitägigen Gesprächen in
Griechenland eingetroffen. Er trifft dort mit seinem Amtskollegen Konstantinos
Tasoulas und dem griechischen Außenminister Nikos Dendias zusammen.
Saleh und Dendias machten beide deutlich, dass die zwischen der
ehemaligen Sarradsch-Regierung und der Türkei unterzeichnete Vereinbarung über
die Ausschließliche Wirtschaftszone im östlichen Mittelmeer illegal ist.
Saleh: „Das Repräsentantenhaus hat die Ratifizierung eines solchen Abkommens
gekippt und es für ungültig erklärt“. Das griechische und libysche Volk wolle
den Frieden sichern: „Es gibt einen großen Unterschied zwischen demjenigen, der
sein Heimatland und das Recht auf Leben verteidigt, und demjenigen, der einem
anderen Land seine Hegemonie aufzwingen und dessen Eigentum an sich reißen will“.
Saleh und Dendias betonten auch, dass die Abhaltung der Wahlen im Dezember und
der Abzug aller ausländischen Streitkräfte und Söldner für Libyen unerlässlich
ist.
https://almarsad.co/en/2021/07/02/nikos-dendias-to-aguila-saleh-greece-supports-libyas-december-elections/
https://almarsad.co/en/2021/07/02/aguila-saleh-to-dendias-mous-signed-by-sarraj-with-turkey-are-illegal-according-to-libyas-parliament/
+ 01.07.: Deutscher Botschafter. Der scheidende deutsche
Botschafter in Libyen Oliver Owcza gab heute bekannt, dass sein Nachfolger ab
August Michael Ohnmacht sein wird. Ohnmacht leitet seit 2017 das Nahost-Referat
im Auswärtigen Amt und war von 2013 bis 2017 stellvertretender Missionschef an
der deutschen Botschaft in Riad, Saudi-Arabien. Zuvor hatte er verschiedene
Positionen in Beirut (Libanon) inne.
https://twitter.com/GermanAmbLBY/status/1410546692978532354
02.07.: USA/Bomben. Anlässlich erneuter
völkerrechtswidriger Bombardierungen der Besatzungsmacht USA in Syrien zitiert RT
den Journalist Glenn Greenwald: „Aber [auch] Obama hat Libyen
bombardiert, nachdem der Kongress dagegen gestimmt hatte – doch außer wenigen
Kennern der Heiligen Rechtsstaatlichkeit kümmerte das niemanden.“
https://de.rt.com/meinung/120013-solange-militaerische-gewalt-als-leim/
+ 02.07.: USA/Türkei. Das US-Außenministerium hat die
Türkei auf eine Liste von Nationen gesetzt, die in die Rekrutierung und den
Einsatz von Kindersoldaten verwickelt sind, die in Kämpfen in Libyen und Syrien
eingesetzt werden.
https://libyareview.com/14628/us-accuses-turkey-of-using-child-soldiers-in-libya-and-syria/
+ 02.07.: Frankreich/Russland. Der französische Präsident
Macron und der russische Präsident Putin diskutieren über die Entwicklungen in
Libyen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1411038297212739589
+ 02.07.: Schweiz/Ghanem. Ein Schweizer Gericht hat den
Sohn des ehemaligen libyschen Ölministers, Mohamed Ghanem, zur Zahlung von 1,5
Millionen USD verurteilt. Ghanem wurde „der passiven Bestechung ausländischer
Amtsträger für schuldig befunden“, ohne weitere Details des angeblichen
Vorfalls zu nennen. Allerdings soll Ghanem das Geld nicht an den Kläger, die
libysche National Oil Corporation (NOC) bezahlen, sondern an die
Schweizer Regierung.
Mohamed Ghanem bestritt alle Vorwürfe, sein Anwalt hat das Urteil angefochten.
https://www.reuters.com/world/switzerland-orders-son-gadaffis-oil-chief-pay-15-mln-bribery-case-2021-07-02/
+ 03.07.: Covid-19/‘Einheitsregierung‘. Dabaiba erklärte,
dass 4 Milliarden von der vorherigen ‚Einheitsregierung für die
Coronavirus-Sache ausgegeben wurde, allerdings wurden nur 9 Millionen auf dem
Konto der Covax-Initiative gefunden.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1411365669740875784/photo/1
International – Verschiedenes
+ 29.06.: Anti-IS-Koalition. In Rom tagte die sogenannte
Anti-IS-Koalition, die von den USA und ihren Verbündeten auf dem Nato-Gipfel
2014 gegründet wurde. „Ihr gehören 83 Staaten und Organisationen an - unter
anderem auch die Nato direkt.“ Beschlüsse wurden nicht bekanntgegeben.
https://www.heise.de/tp/features/Antiterrorkampf-ohne-Gesamtkonzept-6121870.html
Die Beratungen dürften weniger dazu gedient haben, wie dem IS tatsächlich
Einhalt geboten werden kann, nämlich durch soziale Verbesserungen in den
betreffenden Gebieten, als den Möglichkeiten, militärisch in MENA-Staaten Fuß
zu fassen und geopolitische Interessen durchzusetzen.
+ 30.06.: Mali. Die Bundeswehr betreibt in Malis Norden ein
eigenes Feldlager und beteiligt sich mit bis zu 1.100 Soldaten an Minusma. 650
Bundeswehrangehörige sind für die EU-Ausbildungsmission EUTM Mali weiter im
Süden mandatiert.
„Parallel zur eher moderaten Erhöhung der deutschen Kontingente hat sich die
Sicherheitslage in ganz Mali kontinuierlich und deutlich verschlechtert. Das
malische Militär, das zwischenzeitlich fast vollständig Lehrgänge im Rahmen der
EUTM durchlaufen hatte, putschte zweimal zwischen August 2020 und Mai 2021.“
Trotzdem ist die deutsche Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer der
Meinung, „dass dieser Einsatz nach wie vor Sinn macht".
Grundsätzlich stellt Heise „Wahrnehmungsblockade oder journalistische
Defizite auch abseits der fehlenden Informationskanäle in der Region“ fest.
https://www.heise.de/tp/features/Verwundete-in-Mali-Informations-und-Wahrnehmungsblockade-6123586.html?seite=all
Wie alles begann: 2011 mit dem Nato-Krieg gegen Libyen. Eindringlich wurde
für die Folgen in den Sahel- und Saharagebieten gewarnt, die den Sturz der
Dschamahirija-Regierung und die Ermordung Gaddafis nach sich ziehen würden.
26.06.: Mali. In verschiedenen Städten Malis fanden
Demonstrationen und Protestveranstaltungen statt. „Hauptlosung:
>Französische Truppen raus, Russland, hilf uns<.“ Bezeichnend der
Kommentar in einem malischen Nachrichtenportal, in dem es heißt, „die
Bevölkerung sei nur noch schwer davon zu überzeugen, dass Staat und
Sicherheitskräfte von ihrer Existenz überhaupt Kenntnis nähmen.
Die Kluft zwischen den Bevölkerungen der Sahelstaaten und ihren Regierungen hat
sich seit 2011, als der Westen in Libyen einen Regime-Change durchzog und
Tausende Milizionäre in die südlichen Nachbarstaaten strömten, vergrößert. Noch
größer ist die Distanz zu den Truppen, mit denen NATO und EU das
selbstverschuldete Chaos seither vergrößern. Zwischen den Bewohnern und diesen
Soldaten, die als Besatzer empfunden werden, liegen Welten. Verelendung und
Verarmung haben sich seit deren Entsendung vor knapp zehn Jahren beschleunigt.
[…] Es soll noch mehr Chaos und Elend geben, wenn es nach Kramp-Karrenbauer und
Merkel geht. Fällig ist dagegen seit Anfang an wie in Afghanistan: ein
dauerhafter Dialog mit der Bevölkerung, den Stammesältesten, einschließlich den
sogenannten Religiösen, ein Interesse für ihre Anliegen und Bedürfnisse. Das
ist in Berlin noch weniger vorhanden als in Paris. Dort sitzen die
Hauptschuldigen an der Situation im Sahel. Es reicht. Bundeswehr raus aus
Mali!“
https://www.jungewelt.de/artikel/405294.es-reicht.html
+ 01.07.: Abzug aus Afghanistan. RT schreibt: „Es
bleibt den USA nichts anderes übrig, als die Entscheidung zum Abzug umzusetzen,
obwohl sie keines ihrer Ziele erreicht haben. Die USA marschierten vor etwa 20
Jahren in Afghanistan ein, um die Taliban zu bekämpfen, den Afghanen
>Demokratie und einen säkularen Staat< zu bringen und ihr Weltbild ins
Land zu importieren.“ Afghanen, die für die Besatzungstruppen tätig waren,
drohen nun „Rachemorde durch die Taliban“. US-Sicherheitsbeamten seien in den
vergangenen Tagen zu dem Schluss gekommen, „dass die Regierung in Kabul bereits
ein halbes Jahr nach dem NATO-Abzug zusammenbrechen könnte. Der Rückzug der
US-Truppen wurde zu einem westlichen Trauma, da es in Afghanistan selbst nach
zwanzig Jahren Krieg keine Spuren von sogenannten westlichen Werten gibt.“.
https://de.rt.com/meinung/120043-abzug-us-truppen-als-symbol/
+ 01.07.: UN-Sicherheitsrat. Der russische Außenminister
Lawrow plädiert für Reform des UN-Sicherheitsrats: „Die Begrenzung der
übermäßigen Vertretung des Westens im UN-Sicherheitsrat durch Stärkung des
Blocks von Vertretern der Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas ist eines
der Ziele der Demokratisierung der internationalen Beziehungen“.
https://de.rt.com/international/120069-lawrow-fuer-reformierung-un-sicherheitsrates-westliche-laender-uebermaessig-vertreten/
+ 30.06.: Türkei. Ein Artikel auf Heise
bescheinigt der Türkei eine alarmierende Menschenrechtslage: „Die Gewaltenteilung
existiere in der Türkei nur noch auf dem Papier, die Gerichte seien nicht mehr
unabhängig, Präsident Erdogan höhle systematisch Demokratie, Rechtsstaat und
Menschenrechte aus“, Frauenrechte würden ausgehebelt, Folter sei an der
Tagesordnung. Der EU und der Bundesregierung wird hinsichtlich der Türkei ein
Armutszeugnis ausgestellt.
https://www.heise.de/tp/features/Die-Menschenrechtslage-in-der-Tuerkei-ist-alarmierend-6122722.html
+ 30.06.: Türkei. Qantara schreibt: „Ankaras
Intervention in Libyen mit ihrer namhaften militärpolitischen Komponente ist in
hohem Maße von der strategischen Zielsetzung geleitet, die türkische Position
im Gasstreit im östlichen Mittelmeer zu stärken – in einer Region mithin, die
sich in den zurückliegenden Jahren zum Epizentrum des türkisch-griechischen
Konfliktes entwickelt hat. Lagen Athen und Ankara seit Jahrzehnten über diverse
Streitpunkte im Ägäischen Meer, die Behandlung der jeweiligen Minderheiten und
nicht zuletzt den politischen Dauerkonflikt Zypern über Kreuz, steht der Zwist
über die maritimen Hoheitszonen im östlichen Mittelmeer jetzt an erster Stelle.
Geographisch geht es dabei um die Gewässer zwischen Kreta und Zypern – und die
Abgrenzung der jeweiligen Wirtschaftszonen dort. […] Athen ist es gelungen,
eine starke diplomatische Front aufzubauen und im Streit mit Ankara wichtigen
Beistand zu mobilisieren. Ein neuer Fokus dieser Türkei-politisch motivierten
Manöver ist die arabische Welt, wo Athen neuerdings mit den Vereinigten
Arabischen Emiraten (VAE), Saudi-Arabien, Ägypten und Israel den
Schulterschluss übt.“
https://de.qantara.de/inhalt/konflikt-zwischen-ankara-und-athen-erdogan-am-tiefpunkt-seiner-aussenpolitik
30.06.: G-20-Gipfel im italienischen Matera (Apulien). NZZ
schreibt: „Am Schluss wurde die «Erklärung von Matera» verabschiedet. Bis 2030
soll der Hunger aus der Welt verschwinden, und bis 2050 soll die Klimaerwärmung
gestoppt sein.
Machtpolitik am Mittelmeer: Am Montag hatte Blinken beim italienischen
Präsidenten Sergio Mattarella vorgesprochen. Die beiden konnten erleichtert
eine Normalisierung der Beziehungen feststellen, nach einer Zeit der
Unberechenbarkeit in Washington wie in Rom. Mit dem italienischen
Ministerpräsidenten Mario Draghi sprach Blinken über die Spannungsfelder im
Mittelmeer und in Libyen, wo die Präsenz türkischer Truppen und russischer
Söldner sowie von islamistischen Kämpfern aus Syrien zu Sorgen Anlass gibt. Für
Italien stehen hier außer Sicherheits- auch bedeutende Wirtschaftsinteressen
auf dem Spiel.“
https://www.nzz.ch/international/lawrow-verkuendet-aus-dem-off-das-ende-der-westlichen-vormacht-ld.1633045?mktcid=nled&mktcval=102&kid=nl102_2021-6-30&ga=1&trco=
30.06.: Globalisierung/Weltmarkt/Umwelt.
Arbeit-Wirtschaft beschäftigt sich mit der Ausbeutung des globalen Südens.
„Die Produkte, die wir konsumieren, hinterlassen am Ort der Extraktion großen
Schaden – durch Eingriffe in die Natur, Verschmutzung, Emissionen, enormen
Land-, Wasser- und Energieverbrauch.“ In diesem Zusammenhang könne man von
einer „imperialen Produktions- und Lebensweise“ sprechen. Zitiert wird auch der
Soziologe Stephan Lessenich: „Den eigenen Wohlstand zu wahren, indem man ihn
anderen vorenthält, ist das unausgesprochene und uneingestandene Lebensmotto
der ‚fortgeschrittenen‘ Gesellschaften im globalen Norden – und ihre kollektive
Lebenslüge ist es, die Herrschaft dieses Verteilungsprinzips und die
Mechanismen seiner Sicherstellung vor sich selbst zu verleugnen“. Die
Roulette-Kugeln der globalen Handelspolitik sollten nicht durch fair oder
ökologisch gehandelte Tomaten ausgetauscht werden, sondern die Spielregeln müssten
sich insgesamt ändern.
Ulrich Brand, Professor für Internationale Politik, Universität Wien, meint
dazu: „Die imperiale Lebensweise zu hinterfragen bedeutet auch, kapitalistische
Verhältnisse und damit verbundene Klassenmacht, Ausbeutung, ungleiche Geschlechterverhältnisse,
Rassismus und Naturzerstörung zu hinterfragen.“
https://www.arbeit-wirtschaft.at/coverstory-return-to-sender/
04.07.2021
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