Kurznachrichten Libyen – 11.06. bis 17.06.2023
Gesundheitszustand von Hannibal al-Gaddafi verschlechtert sich / 5+5-Ausschuss: Vereinbarungen und neuer Fahrplan zur Wahl mehr als wackelig / CBL-Chef Kebir klüngelt mit IWF und Weltbank / al-Massud in USA in Klinik verlegt
+ 15.05.: Hannibal
al-Gaddafi/Hungerstreik. Libysche Menschenrechtsaktivisten bitten dringend
die internationale Gemeinschaft, Menschenrechtsorganisationen und die UNO um
Hilfe, damit diese willkürliche und rechtlich völlig haltlose Inhaftierung von
Hannibal al-Gaddafi im Libanon endlich ein Ende findet.
https://gela-news.de/hannibal-al-gaddafi-in-einem-libanesischen-gefaengnis-im-hungerstreik
+ 16.05.: Hannibal
al-Gaddafi/Hungerstreik. Der Anwalt von Hannibal teilte mit, dass sich sein
Mandat in der zweiten Woche seines Hungerstreiks befindet und sich sein
Gesundheitszustand verschlechtert. Hannibal nehme nur Wasser zu sich. Er leide
auch unter starken Rückenschmerzen, dies sei dem jahrelangen Aufenthalt in
einer zu kleinen Zelle ohne Freigangmöglichkeit geschuldet.
Hannibals Bruder, Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi, äußerte sich
sehr besorgt über den Gesundheitszustand seines Bruders.
Der libanesische Premierminister Mikati sagte, es habe keine Kontaktaufnahme
libyscher Regierungskreise an ihn gegeben.
https://libyareview.com/35372/hannibal-gaddafis-health-deteriorates-after-hunger-strike-in-prison/
Wahlgesetz / UN-Fahrplan für Wahlen
+ 12.06.: Aguila Saleh.
Parlamentspräsident Agila Saleh hat im ausgehandelten Wahlgesetz einen Punkt
gefunden, „der darauf abzielt, die Wahlen zu stören“. Er sagte: „Selbst wenn
ein Kandidat 99 Prozent der Stimmen erhält, findet ein zweiter Wahlgang statt“.
Dies sei beispiellos und hänge wohl mit der Kandidatur von Khalifa Haftar zusammen,
der seine US-amerikanische Staatsbürgerschaft aufgeben müsste, um in einem
zweiten Wahlgang zum Präsidenten gewählt zu werden.
https://en.alwasat.ly/news/libya/401641
+ 15.06.: Wahlkommission. Die
Hohe Nationale Wahlkommission (HNEC) forderte den 6+6-Ausschuss auf,
„einige der Wahlgesetze zu überdenken und zu ändern“, da „einige Artikel nicht
umgesetzt werden können und eine Gefahr für die Integrität des Wahlprozesses
und die Legitimität der gewählten Behörden darstellen“.
Es handelt sich um einen Artikel, in dem es heißt, dass es nicht zulässig ist,
die Bedingungen für die Präsidentschaftskandidatur anzufechten. Allerdings mit
der Ausnahme bei einer doppelten Staatsbürgerschaft. Die HNEC ist der Auffassung,
dass sie jeden Kandidaten ausschließen wird, der eine zweite
Staatsangehörigkeit besitzt – ohne Ausnahme.
Außerdem sei es „technisch schwierig bis unmöglich, drei Wahlverfahren
(Präsidentschaft, Parlament und Nationalversammlung/Senat) in einem zweiten
Wahlgang gleichzeitig und an einem Wahltag durchzuführen“.
Dazu öffne der Wortlaut einiger Artikel „die Tür für Einsprüche, auch nach dem
Ende des Wahlprozesses, was eine Bedrohung für die Stabilität und Legitimität
der gewählten Organe darstellt“.
https://libyareview.com/35331/libyas-hnec-urges-electoral-committee-to-reconsider-election-laws/
+ 15.06.: Saif al-Islam. Der Parlamentarier Ibrahim ad-Darsi warnte davor, Saif al-Islam Gaddafi als Kandidaten bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen auszuschließen, da dies „im Land zu großen Problemen führen“ und die Wahlen behindern würde.
Jeder libysche Bürger solle das
Recht haben, bei den kommenden Wahlen zu kandidieren. Saif al-Islam falle unter
das allgemeine Amnestiegesetz. Da er vor Gericht auch freigesprochen wurde,
habe er das Recht zu kandidieren.
Im Gegensatz zu Saif al-Islam wurden Khalifa Haftar, Agila Saleh und Abdelhamid
Dabaiba erlaubt, bei den Wahlen anzutreten.
Darsi: „Saif Al-Islam repräsentiert einen sehr großen Teil der libyschen
Gesellschaft… und das frühere Regime hat immer noch Unterstützer. Warum wird
ihm nicht erlaubt zu kandidieren und die Libyer zu Wort kommen zu lassen? Wenn
sie (die Menschen) ihn nicht wollen, werden sie ihn nicht wählen“. Der
Abgeordnete wies darauf hin, dass es der Westen sei, der nicht wolle, dass Saif
al-Islam kandidiert, aber der Osten, wie Russland, unterstütze seine
Kandidatur.
https://libyareview.com/35334/libyan-mp-warns-against-barring-saif-al-islam-gaddafi-from-presidential-elections/
+ 15.06.: Saleh/Parlament. Parlamentssprecher
Abdullah Blaiheg erklärte, dass Parlamentspräsident Saleh „die Notwendigkeit
eines umfassenden und integrativen Wahlprozesses unterstrich, der sicherstellt,
dass alle Parteien eine faire Chance zur Teilnahme erhalten“. Saleh teilte mit,
dass „bis jetzt noch kein offizielles Gesetz des 6+6-Ausschusses, der für die
Überwachung der rechtlichen Aspekte der Wahl zuständig ist, (beim Parlament)
zur Prüfung eingegangen ist“.
https://libyareview.com/35344/ageela-saleh-calls-for-inclusive-elections-in-libya/
+ 16.06.: Amazigh (Berber).
Der Oberste Rat der Amazigh hat die Ergebnisse des 6+6-Ausschusses öffentlich
abgelehnt, da die Amazigh und ihre Vertretung im Parlament und im Senat
marginalisiert würden. Der Amazigh-Rat machte die UN-Sondermission für Libyen
„vollumfänglich für den derzeitigen Zustand des Landes und für alles, was
weiter geschieht, verantwortlich. Wir werden auf alle Mittel zurückgreifen […],
um unsere Rechte zu erlangen, und alle Mittel, die dazu führen, als legitim
ansehen“.
https://libyareview.com/35357/libyas-amazigh-council-rejects-outcomes-of-66-joint-committee/
+ 15.06.: Neuer Ausschuss.
Demnach soll ein neuer Ausschuss geschaffen werden, der sich nicht nur aus den
je sechs Repräsentanten von Parlament und Staatsrats (6+6-Ausschuss)
zusammensetzt, sondern aus insgesamt 45 Mitgliedern, die aus Angehörigen
zivilgesellschaftlicher Organisationen, Vertretern von Stämmen, Frauenverbänden
und anderen politischen Kräften gebildet werden. Im Gegenzug sollen das
bisherige Parlament und der Staatsrat aufgelöst werden.
Den Libyern selbst werden wie gehabt alle eigenen Handlungs- und
Entscheidungsspielräume entzogen.
Alle Karten des Spiels werden den Libyern entrissen und in die Hände der
internationalen Gemeinschaft gelegt.
https://gela-news.de/neuer-fahrplan-fuer-libyen
+ 15.06.: Bathily/Wahlgesetz:
Frist abgelaufen. Am 15. Juni lief die Frist ab, die der UN-Sondergesandte
Bathily dem Parlament und dem Staatsrat gesetzt hatte, um einen umfassenden
Fahrplan zu den Wahlen, die noch in diesem Jahr stattfindenden sollen,
aufzustellen.
Bathily erklärte, dass auf ein „alternatives Verfahren“ zurückgegriffen werden
müsse. Jegliche Aktivität, die den Wahlprozess störe, sei inakzeptabel.
https://libyareview.com/35347/un-deadline-for-libyan-roadmap-ends/
Weitere Nachrichten aus Libyen
+ 11.06.: CBL/Weltbank/IWF.
Der immer noch Chef der Libyschen Zentralbank (CBL), as-Sadiq al-Kebir,
und die ihn begleitende Delegation trafen in Washington mit dem
Exekutivdirektor der Weltbankgruppe, Naveed Baloch, zusammen. Eines der
wichtigsten Gesprächsthemen waren die Beziehungen der Weltbank zu den libyschen
Institutionen sowie die laufenden und geplanten Projekte.
Bei dem Treffen wurden auch der Bericht des Internationalen Währungsfonds
(IWF) über die Artikel IV-Konsultationen sowie Aspekte der Zusammenarbeit und
Partnerschaft zwischen der CBL und der Weltbank erörtert.
Vor einigen Tagen besprachen al-Kebir und der stellvertretende
US-Finanzminister Eric Meyer die gemeinsame Zusammenarbeit bei der Bekämpfung
von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Der US-Botschafter Richard Norland hatte an dem Treffen teilgenommen.
Zuvor hatte al-Kebir Gespräche mit dem US Federal Reserve Board (FRB),
dem IWF und der Weltbank über die Herausforderungen für den Finanzsektor
geführt.
https://libyareview.com/35217/libyas-central-bank-discusses-cooperation-with-world-bank/
Siehe dazu Artikel: https://norberthaering.de/news/enfiele-verhaftet/
+ 13.06.: IWF. Der Internationale
Währungsfonds (IWF) erklärte, dass die Wiederaufnahme der IWF-Überwachung
in Libyen „ein entscheidender Schritt zur Stabilität und wirtschaftlichen
Erholung des Landes“ sei. In seinem Bericht fügte der IWF hinzu, dass „dies ein
Signal des Vertrauens der internationalen Gemeinschaft in die Fähigkeit Libyens
ist, die notwendigen Reformen durchzuführen und die wirtschaftlichen
Herausforderungen zu bewältigen“.
https://libyareview.com/35262/imf-surveillance-mission-resumes-in-libya/
+ 15.06.: al-Massud. Der
unrechtmäßig von der Dabaiba-‚Regierung‘ an die USA ausgelieferte ehemalige
Geheimdienstmitarbeiter al-Massud befindet sich laut seiner Familie in einem
sehr schlechten Gesundheitszustand und wurde in ein Krankenhaus verlegt. Aus
Kostengründen kann niemand aus seiner Familie an seiner Seite sein, außerdem
fehlen die Gelder, um ein Anwaltsteam für den 71-jährigen al-Massud stellen zu
können. Auch die libysche Botschaft in den USA würde den libyschen Staatsbürger
Massud nicht betreuen.
https://libyareview.com/35328/family-of-lockerbie-suspect-raises-alarm-of-his-deteriorating-health-in-us-custody/
+ 15.06.: al-Dalhoum/Mordversuche.
Bereits zwei Mordversuche wurden gegen den 58-jährigen libyschen Journalisten
Agila Mohamed Dalhoum auf Malta verübt.
Agila Dalhoum stammt aus der libyschen Stadt Sirte und ist bekannt durch seinen
Einsatz für Menschenrechte und die Offenlegung von politischen Missständen in
seiner Heimatstadt. Zuletzt berichtete er ausführlich über Verhaftungen,
Entführungen und das Verschwindenlassen von jungen Menschen in Sirte, die sich
in einer legalen politischen Partei engagierten.
Auf seinen sozialen Kanälen zeigte er sich als scharfer Kritiker des
Kommandanten der Libyschen Nationalarmee (LNA), Khalifa Haftar, dem er
vorwirft, die politische Macht in Libyen mit Gewalt an sich reißen zu wollen.
Dalhoum rief dazu auf, keine diktatorische Führung zu akzeptieren und
ausschließlich den demokratischen Weg als politische Lösung zu wählen. Alles
andere sei zum Scheitern verurteilt.
https://gela-news.de/wie-ein-nach-malta-geflohener-libyscher-journalist-auf-malta-verfolgt-und-terrorisiert-wird
+ 16.06.: Erdöl/al-Feel.
Durch Proteste der lokalen Bevölkerung musste die Arbeit auf dem al-Feel-Ölfeld
vorübergehend unterbrochen werden. Die Protestierer drückten ihre Enttäuschung
über nicht eingehaltenen Versprechen von Dabaiba aus, der zu dieser Zeit in
Italien weilte, um weitete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit im
Energiebereich mit ENI zu unterzeichnen.
LibyaDesk Weekly
+ 15.06.: USA/Senator Gosar.
Der US-Senator für Arizona, Paul Gosar, legte einen Gesetzentwurf zur Aufhebung
des Libyschen Nationalen Notstands vor, der 2011 von dem damaligen
US-Präsidenten Barack Obama verhängt worden war.
Laut Gosar habe Libyen in den letzten zwölf Jahren keine militärische oder
wirtschaftliche Gefahr für die USA dargestellt. Die ständige Berufung auf den
ermordeten Muammar Gaddafi als Begründung für die Aufrechterhaltung des
Ausnahmezustands sei lächerlich. Der Kongress habe nicht einmal die Gültigkeit
des Libyschen Nationalen Notstands geprüft. Die Behauptung, dass Libyen
eine ungewöhnliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Außenpolitik
der USA darstelle, sei „offenkundig falsch und ohne glaubwürdige Begründung“,
auch wenn es eine gewisse Feindseligkeit gebe.
https://libyareview.com/35354/us-senator-proposes-end-to-decade-long-libyan-national-emergency/
+ 14.06.: Iran. Das iranische
Außenminister bekundete, diplomatische Beziehungen mit Libyen aufnehmen zu
wollen. Es sei bereits ein Botschafter ernannt.
Die iranische Botschaft in Tripolis wurde im Februar 2011 geschlossen, nachdem
der extrem-islamistische ehemalige Mufti Sadiq al-Ghariani Teheran beschuldigt
hatte, >den Schiismus in Libyen zu verbreiten<.
https://libyareview.com/35300/iran-to-resume-formal-relations-with-libya/
+ 15.06.: Russland/Algerien.
Der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune hat bei seinem Empfang durch den
russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau die Position seines Landes
hinsichtlich einer politischen Lösung der Libyen-Krise bekräftigt. Laut
Tebboune stimmen beide Seiten in Bezug auf Libyen überein: „Unsere Ansichten
sind die gleichen. Libyen ist ein Freund Russlands und ein Bruder und Freund
Algeriens“.
https://en.alwasat.ly/news/libya/402009
+ 12.06.: Italien/Militär.
Der Ausschuss für militärische Zusammenarbeit des italienischen
Verteidigungsministeriums ist in Tripolis mit dem libyschen Ausschuss für
militärische Zusammenarbeit zusammengetroffen. Erörtert werden soll die weitere
Zusammenarbeit.
https://libyareview.com/35250/italian-military-delegation-discusses-cooperation-with-libya/
+ 11.06.: GB/Militär. Die
schwedische Website Flightradar24 beobachtete einen neuen Aufklärungs-
und Überwachungseinsatz einer Boeing RC-135W der britischen Royal Air Force,
die vom Stützpunkt Souda Bay auf der NATO-Insel Kreta gestartet war.
https://libyareview.com/35214/flightradar24-uk-conducts-surveillance-mission-off-libyan-coast/
+ 12.06.: Wasserknappheit.
Laut einer Studie, die vom Washington Report on Middle East Affairs
veröffentlicht wurde, wird vor einer schweren Wasserknappheit bis zum Jahr 2040
gewarnt, von der über vier Millionen Libyer, d.h. zwei Drittel der Bevölkerung,
betroffen sein könnten. Grund dafür sei, dass der Anstieg des Wasserverbrauchs
die erneuerbaren ober- und unterirdischen Wasservorräte übersteigt.
In dem Bericht wird dem Westen eine Verschwörung gegen den ermordeten Oberst
Gaddafi vorgeworfen. Dies wirke sich negativ auf das ehrgeizige libysche
Projekt des großen künstlichen Flusses aus. Dieses Projekt ist von
entscheidender Bedeutung, da es 70 % der libyschen Bevölkerung mit Frischwasser
versorgt. Mit dem Great Man-Made River-Projekt sollten
Wüstenlandschaften in blühendes Ackerland umgewandelt werden, um den Anbau von
Weizen, Obst und Gemüse zu ermöglichen. Ziel war es auch, Hunderte von
Wüstenfarmen zu entwickeln und sie den Landwirten zu minimalen Kosten zur
Verfügung zu stellen. Die Nato hat 2011 eine Anlage zur Herstellung von
Wasserrohren für das Man-Made-River-Projekt in der Stadt Brega zerstört.
Seit Gaddafi wird das Projekt nur unzureichend gewartet und insgesamt
vernachlässigt.
https://libyareview.com/35243/report-4-million-people-in-libya-threatened-by-serious-water-shortages/
+ Migration/EUBAM. Ein
spezialisiertes Ausbildungszentrum, das von der Mission der Europäischen
Union in Libyen (EUBAM) betreut wird, wurde vom Stabschef des Grenzschutzes
eingeweiht.
https://libyareview.com/35290/eu-opens-training-center-for-libyan-border-guards/
+ 14.06.: Migration. Ein
Migrantenschiff mit mehreren hundert Personen an Bord, das von dem ostlibyschen
Hafen Tobruk abgelegt hatte, kenterte vor der griechischen Küste. Es kamen
mindestens 78 Menschen ums Leben kamen. 104 Menschen konnten bisher gerettet
werden.
https://libyareview.com/35325/78-migrants-drown-after-boat-capsizes-from-libya/
+ 14.06.: Migration. Laut der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) verzeichnete Libyen im
Jahr 2022 die höchste Zahl an Todesopfern unter den Migranten, die auf
Landrouten in Nordafrika unterwegs waren.
https://libyareview.com/35312/iom-libya-registers-highest-number-of-migrant-deaths-in-north-africa/
+ 17.06.: Migration. Bei der
Überfahrt von Libyen über das Mittelmeer wurden insgesamt 117 Migranten von der
spanischen humanitären Organisation Open Arms gerettet.
https://libyareview.com/35390/117-migrants-rescued-off-libyan-coast/
A. Gutsche
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