19.05.2015
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Waffen für Dschihadisten
Libyen.
Diese Vorfälle lassen aufhorchen: Zwei Schiffe werden auf dem Weg nach Libyen
gestoppt.
Ein Blog-Beitrag von
Freitag-Community-Mitglied Angelika
Gutsche
Zwei Vorfälle, die sich dieser Tage nahe der
libyschen Küste beziehungsweise südlich der griechischen Insel Kreta abgespielt
haben, werfen ein Schlaglicht auf die Rolle der Türkei und der Vereinigten
Arabischen Emirate im libyschen Bürgerkrieg und lassen nur die eine
Schlussfolgerung zu: Beide Staaten unterstützen massiv die dschihadistischen
Gruppen und den IS in Libyen.
Was war geschehen? Wie tagesschau.de berichtete,
wurde am 10. Mai 2015 ein türkisches Frachtschiff von der libyschen Luftwaffe
angegriffen. Dabei kam der dritte Offizier des Frachters ums Leben, mehrere
Besatzungsmitglieder wurden verletzt. Die Türkei verurteilte die Attacke und
behauptete, das Schiff hätte sich in internationalen Gewässern befunden und den
Hafen von Tobruk angesteuert. Die Ladung habe aus Ziegelsteinen bestanden.
Dieser Darstellung widerspricht die libysche
Regierung auf das Schärfste. Der türkische Frachter habe sich bereits in
libyschen Hoheitsgewässern aufgehalten und zwar mit Ziel auf Derna, der
IS-Hochburg in Libyen, über die eine Blockade verhängt ist. Satellitenbilder
würden dies eindeutig belegen. Der Generalkommandant der libyschen Streitkräfte
veröffentlichte den detaillierten Zeitablauf der Geschehnisse. Demnach
entdeckten libysche Behörden am 10. Mai gegen 14 Uhr ein Schiff ohne jegliche
Beflaggung, das sich nur noch zehn Kilometer von der Hafenstadt Derna entfernt
befand. Daraufhin nahm die libysche Küstenwache Kontakt mit dem Frachter auf
und fragte nach seiner Identität, seiner Ladung und seiner Genehmigung für den
Aufenthalt in libyschen Hoheitsgewässern. Der Frachter gab zur Antwort, er
hätte zivile Waren geladen und befinde sich auf dem Weg in den Hafen von Derna.
Die libysche Küstenwache befahl dem Schiff zu stoppen, damit die Papiere und die
Ladung kontrolliert werden könnten. Falls diesem Befehl nicht nachgekommen
werde, müsse das Schiff umgehend die libyschen Hoheitsgewässer verlassen.
Nachdem der Frachter viermal die Aufforderung zum Halt ignorierte (um 14.18 Uhr
/ 14.20 / 14.24 / 14.30) und mit unverringerter Geschwindigkeit weiter Kurs auf
den Hafen von Derna nahm, war die libysche Luftwaffe gezwungen, den Frachter
mit Gewalt zu stoppen, da Waffenlieferungen für die IS-Milizen in Derna zu
befürchtet waren.
Laut informierten Kreisen sollen sich auf dem Schiff in der Tat Söldner befunden haben sowie gepanzerte Fahrzeuge und ähnliches.
Laut informierten Kreisen sollen sich auf dem Schiff in der Tat Söldner befunden haben sowie gepanzerte Fahrzeuge und ähnliches.
Die Rolle der Türkei als Unterstützer der
Dschihadisten in Nordafrika ist nicht neu. Bekannt sind seit langem Lieferungen
von Waffen, Geld und islamistischen Kämpfern nach Libyen, unter anderem über
den Flughafen von Misrata. Eine ebenso unrühmliche Rolle spielt der
türkische Regierungschef Erdogan in Syrien, wo er die türkische Grenze in beide
Richtungen für die IS offen hält, damit verletzte Dschihad-Kämpfer zur
Behandlung in die Türkei gebracht werden und in die andere Richtung Waffen und
Kämpfer nach Syrien nicht nur einsickern, sondern einströmen können. Wie Peter
Scholl-Latour in seinem letzten Buch „Der Fluch der bösen Tat“ beschreibt: „Der
wirkliche Durchbruch gelang der Rebellion [in Syrien gegen Assad] entlang der
tausend Kilometer langen Grenze zur Türkei, die von der Regierung Erdogan in
ihrer ganzen Länge geöffnet und unter Missachtung der elementarsten
internationalen Vereinbarungen als Durchgangsstation benutzt wurde für das aus
Saudi-Arabien und Katar gelieferte Waffenarsenal. Über die Türkei, über die
Provinz Hatay zumal, sickerten massive Kohorten von Dschihadisten aus der
ganzen islamischen Umma in Nordsyrien ein…“
Gut zu diesem Vorfall passen Berichte, in denen
die Türkei als der Bazar für Scharfschützengewehre angeprangert wird.
In den USA hergestellte Scharfschützengewehre und optische Spezialgläser, deren
Verbreitung strikten Restriktionen unterliegen, tauchen auf dem türkischen
Schwarzmarkt auf. Sie gelangen per diplomatischem Gepäck und über andere dunkle
Kanäle von den USA in die Türkei und werden dort von Dschihadisten-Einkäufern
geordert. Besonders begehrt ist die leichte AR 10, die .308 und/oder 7.62x51 mm
Version des alten M16- oder M4-Karabiners, die noch auf 800 m eine große
Treffsicherheit aufweist und deren Bedienung kinderleicht ist. So ist es
möglich, auf den Schlachtfeldern in Syrien und Libyen billige
Amateur-Scharfschützen einzusetzen.
Die Waffenproduktion ist limitiert. Die Präzisionsgewehre
werden in kleinen Werkstätten hergestellt, die zum Teil zu Firmen wie Armalite,
DPMS, Matrix Aerospace, Aero Precision und Palmetto gehören. Kein Wunder, dass
unter diesen Umständen die libyschen Behörden nervös werden, wenn sich ein
türkisches Schiff dem Hafen von Derna nähert.
Die Rolle Erdogans in den nordarabischen Ländern
ist seit Beginn des sogenannten „arabischen Frühlings“ umstritten. Erdogan
unterstützte von Anfang an massiv diese Aufstände und belieferte Dschihadisten
mit allem Benötigten. Sieht er die Rolle der Türkei in einer Neuauflage des
Osmanischen Reiches, das als Weltreich fast 400 Jahre lang auch Nordafrika
kontrollierte? Die Türkei als Großmacht, die ihre Vormachtstellung im gesamten
nordarabischen Raum behauptet und Erdogan in der Rolle eines modernen Sultans?
Die Türkei als islamischer Staat, ein Vorbild für den ganzen arabischen Raum?
400 Jahre osmanische Herrschaft in diesen Ländern, die sich zwischenzeitlich zu
modernen Staaten entwickelten, dürften sowohl von Syrien als auch von Libyen
als genug betrachtet werden. Geschichte wiederholt sich nicht, oder doch?
Bereits wenige Tage später, am 15. Mai ließ
eine andere Nachricht aufhorchen. An diesem Tag beschlagnahmte die griechische
Küstenwache die Fracht eines Schiffes, das vor der Südküste Kretas entdeckt
worden war. Spezialkräfte der griechischen Marine stürmten in Zusammenarbeit
mit den Hafenbehörden das Boot, um die Frachtpapiere der an Bord befindlichen
Waren einer Prüfung zu unterziehen. Es stellte sich heraus, dass das Schiff von
den Vereinigten Arabischen Emiraten kam. Bestimmungsort: Libyen. Folgende
Fracht wurde vorgefunden:
18 MRAP-Fahrzeuge vom Typ Typhoon, fünf
gepanzerte Toyota Land Cruiser, zwei gepanzerte BMW, acht kleinere
SUV-Fahrzeuge, alles Spezialanfertigungen für die US-Armee. Daneben soll sich
eine kleinere Menge leichter Waffen gefunden haben.
Da weder Frachtpapiere noch ein
Endverbraucherzertifikat vorlagen, war die Fracht automatisch illegal und wurde
beschlagnahmt.
Ein besonders herber Verlust dürften die
gepanzerten Typhoon-Fahrzeuge für die Dschihadisten sein, da diese minensicher
sind und bis zu zehn Soldaten in voller Ausrüstung transportieren können.
Alle politisch Verantwortlichen seien in diesem
Zusammenhang noch einmal eindrücklich darauf hingewiesen: Es gibt eine
Regierung in Libyen, die demokratisch gewählt und international anerkannt ist. Diese
Regierung unter Ministerpräsident Al-Thenni ist der alleinige und
ausschließliche legitime Ansprechpartner für alle Belange, die Libyen und seine
auswärtige Politik betreffen. Ein „Rumpf-GNC“ in Tripolis, den es laut
vorläufiger Verfassung überhaupt nicht mehr gibt und der sich mit Gewalt eine
Pseudo-Macht verschaffte, darf in der internationalen Politik keine Rolle
spielen. Der Waffenboykott gegen die legale Regierung sollte schnellstmöglich
aufgehoben werden, damit die libysche Armee das Chaos in ihrem Land beendet
kann. Nur so, nämlich in Zusammenarbeit mit der legalen libyschen Regierung,
können auch die gigantischen Flüchtlingsströme gestoppt werden, die gerade über
Südeuropa hereinbrechen.
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