Der neue UN-Bericht: Das libysche Waffenembargo wird von allen Seiten unterlaufen.
Libyen/Waffenembargo. Laut einem neuen UN-Bericht werden
weiterhin trotz Verbots Waffen von und nach Libyen geliefert. Außerdem werden
bewaffnete Gruppen in zunehmendem Maße vom Ausland unterstützt.
Der Bericht stellt weiter fest, dass die Bemühungen der
‚Einheitsregierung‘, Sicherheitsstrukturen aufzubauen oder Milizen unter ihre
Kontrolle zu bekommen, gescheitert sind. Deshalb müsse das Waffenembargo
weiterhin in Kraft bleiben.
Es werden die Lieferungen von Waffen und Munition während
des Kriegs 2011 untersucht: „Nach einem Treffen zwischen General Abd al-Fattah
Junis und ausländischen Vertretern Mitte April 2011 wurde eine Großlieferung an
die Westfront beschlossen. Die Kommission hat Kenntnis von acht Lieferungen, finanziert
von Katar. Es wurden etwa vierzig Tonnen militärische Ausrüstung auf dem Seeweg
nach Zarzis [an der tunesischen Mittelmeerküste] und von dort unter Bewachung
von bewaffneten tunesischen Kräften vom Remada-Militärluftwaffenstützpunkt zum
Dhehiba-Wazin-Grenzposten nach Libyen gebracht.“
In einem Fernsehinterview mit al-Arabija bestätigte Ende
April 2011 der damalige Premierminister der tunesischen Übergangsregierung,
Bedschi Caid Essebsi, dass Katar die Erlaubnis erhalten habe, militärische
Ausrüstung via Tunesien nach Libyen zu transportieren unter Nutzung des Remada
Luftwaffenstützpunkts. Der Remada-Stützpunkt liegt etwa 52 Kilometer vom
Dhehiba-Wazin-Grenzposten entfernt.
Weiter heißt es in dem Bericht: „Zwischen Mai und Juni 2011
wurde die unbefestigte Landebahn südlich von Zinten so weit in Stand gesetzt,
dass auf ihr militärische Frachtflugzeuge wie die C-17 sicher landen konnten.
Ab da wurden die meisten Transporte zur Westfront mit dem Flugzeug via Tunesien
durchgeführt.“
Der UN-Bericht legt dar, wie der Versuch, eine Waffen nach
Libyen exportierende Firma anzuklagen, von einem US-Gericht niedergeschlagen
wurde. „Die Kommission berichtete schon früher über Marc Turi und die
Turi-Verteidigungsgruppe, die 2011 Waffen nach Libyen exportierte. Ein
US-amerikanisches Gericht eröffnete die Anklage gegen Turi am 8. November 2016
in Phoenix, Arizona. Der Fall wurde im Oktober 2016 niedergeschlagen. Die
Begründung des Anklägers lautete, die >Entdeckung von Gesetzen< vom
US-Bezirksgericht… trug zur Entscheidung bei, den Fall beizulegen.“
Die Meinungen von Ankläger und Beklagten gingen dabei weit
auseinander, während die Beklagten ihre Unschuld beteuerten, gingen die
Ankläger von handfesten Fakten für die Beschuldigungen aus: Es habe ein
Netzwerk existiere, dessen Aufgabe es war, Waffen nach Libyen zu liefern.
Der UN-Bericht legt auch Beweise für die Existenz eines
italienischen Schmuggelrings vor, der Waffen nach Libyen lieferte. Im Januar
2017 wurden drei Italiener verhaftet und des Schmuggels von Hubschraubern und
Waffen, einschließlich Boden-Luft-Missiles, in den Jahren 2011 bis 2015
angeklagt. Der Prozess in Italien ist noch im Gange.
Nach September 2011 habe die UN-Expertenkommission
wiederholt ihre Besorgnis über die Lieferung von militärischer Ausrüstung nach
Libyen ohne transparente Herkunftszertifikate ausgedrückt. Etliche
Geschäftsabschlüsse wurden von dem damaligen Verteidigungsminister Khaled
al-Scharif[1]
unterzeichnet.
Im Moment untersucht die Kommission den Erwerb von
Militärausrüstung durch zwei private libysche Firmen für den Bengasi Joint Security Room, der 2013
gegründet worden war und sich aus den dschihadistischen Spezialmilizen aus
Bengasi, dem Libya Shield und einigen
anderer extremistischen Milizen zusammensetzte. „Das Geschäft wurde von einer
jordanischen Firma eingefädelt und der Transport von einer libyschen Tochter
einer Firma durchgeführt, die in den USA registriert ist. Es hatte für die
bestellte Militärausrüstung keine Freigabe durch die Kommission gegeben. Die Kommission
führt die Untersuchungen fort.“
Weiter heißt es in dem Bericht zum Thema Lieferung von
militärischem Material, Ausbildung von Kämpfern und technischer Unterstützung
nach der Verschärfung des Waffenembargos im August 2014: „Waffen und Munition
werden weiterhin an verschiedene Parteien in Libyen geliefert. Darin verwickelt
sind Mitgliedsstaaten und Vermittler. Ebenso gab es einen Anstieg an direkter
Unterstützung von Mitgliedsstaaten und bewaffneten ausländischen Kräften, einschließlich
der Errichtung von Militäranlagen.“
So habe die LNA im April 2015 Kampfhubschrauber erhalten.
Diese stammten ursprünglich aus Weißrussland, von wo sie in die VAE geliefert
worden waren. Die VAE stellen der LNA sowohl Material zur Verfügung, als dass
sie auch direkt die Streitkräfte unterstützen.
Frankreich ist ebenfalls in Libyen aktiv. Die Anwesenheit
von militärischem Personal wurde nach dem Tod von drei französischen Soldaten
bei einem Flugzeugabsturz nahe Bengasi vom französischen Verteidigungsminister
bestätigt.
Der Bericht beschäftigt sich auch mit der Luftwaffe von
Misrata, die seit 2016 Luftangriffe durchgeführt. Misrata verfüge über zwei
Mirage F1, die von Söldnern geflogen werden. Als ein Pilot im Juni 2016 tödlich
verunglückte, konnte seine Identität nachgewiesen werden: Er war
portugiesischer Staatsbürger mit ständigem Wohnsitz in Deutschland. Um die
Instandhaltung der Maschinen kümmern sich Ingenieure aus Ecuador, die über eine
Firma mit Sitz in Jordanien gechartert wurden und deren Repräsentant die
moldawische Staatsangehörigkeit besitzt. Sein Name ist Sergiu Banari. Dieser
Banari unterhält enge Verbindungen zum Waffenhändler Rami Ghanem, der sowohl
jordanischer als auch US-amerikanischer Staatsbürger ist, und bei der
Rekrutierung der aus ecuadorischen Piloten involviert war. Seine Firma hatte
zugegeben, der Einheitsregierung in Tripolis zu Diensten gewesen zu sein. Die
Bezahlung des ecuadorischen Flugpersonals lief über Banken mit Sitz in
Schottland und Nordirland.
Weiter berichtet die Kommission, dass Spezialeinheiten aus
Italien, Großbritannien und den USA Operationen der Bunjan-Marsus-Miliz von
Misrata sowohl technisch als auch direkt unterstützt haben.
Die Kommission ist der Meinung, dass jegliche Unterstützung
bewaffneter Gruppen, auch mit nicht-tödlicher militärischer Ausrüstung,
technischer oder finanzieller Art, ohne die Zustimmung der Kommission einen
Bruch des Waffenembargos darstellt.
Bezüglich der Ausbildung und Ausrüstung der libyschen
Küstenwache und Marine im Rahmen der europäischen EUNAVFOR MED stellt die
Kommission fest, dass weder die Küstenwache noch die libysche Marine unter der
Kontrolle der Einheitsregierung stehen, sondern wegen ihrer kriminellen
Aktivitäten in Verruf sind.
Frankreich bildet gerade etwa achtzig Personen der
Präsidialgarde in Tripolis aus. Auch dies wird von der Kommission äußerst kritisch
gesehen.
Die Einrichtung eines Militärhospitals zusammen mit der
Stationierung von mindestens hundert Spezialkräften durch Italien erfolgte in
Abstimmung mit der Kommission.
2016 verschifften die VAE Fahrzeuge, vor allem Toyotas Land
Cruiser, über einen saudi-arabischen Hafen nach Tobruk. Die Kommission ist der
Meinung, auch bei diesen Fahrzeugen handele es sich um militärische Ausrüstung.
Seit August 2014 wurden Abhöranlagen an islamistische
Gruppen in Tripolis geliefert, die sich schwerer Menschenrechtsverletzungen und
Verbrechen schuldig gemacht haben. Die technische Ausrüstung in der Hand dieser
Milizen stelle eine Gefahr für die Sicherheit und den Friedens dar, da sie auch
für Erpressungen und Entführungen genutzt wird.
Des Weiteren beschäftigt sich der Bericht mit dem Schmuggel von
Waffen von und nach Libyen, vor allem über Tunesien. Erwähnt wird dabei die
Aufbringung eines türkischen Schiffes von der griechischen Küstenwache im
Herbst 2015.
Es seien auch Nachtsichtgeräte aus texanischer Produktion
aufgetaucht.
Die ägyptischen Behörden haben der Kommission eine Liste mit
in der Zeit vom Januar bis November 2016 beschlagnahmten Waffen übergeben. Auch
aus Algerien gebe es entsprechende Berichte.
Aus dem Niger wird berichtet, dass dort Migranten als
sogenannte ‚Mulis‘ für den Waffentransport über die libysche Grenze eingesetzt
werden. Am Waffentransport, auch aus Mali, seien Mitglieder der Tuareg und Tibu
beteiligt.
[1]
Der Islamist Khaled al-Sharif wurde im 2013 zum stellvertretenden
Verteidigungsminister ernannt,
2014 sollte er für den Aufbau von Armee und Polizei verantwortlich sein sowie für die Integration der Milizen in die Armee. Diese bekämpfen den Staat, von dem sie dank al-Sharifs bezahlt werden. Er ist Kommandant der berüchtigten Libyan Islamic Fighting Group, und enger Verbündeter des al-Kaida-Manns Belhadsch.
2014 sollte er für den Aufbau von Armee und Polizei verantwortlich sein sowie für die Integration der Milizen in die Armee. Diese bekämpfen den Staat, von dem sie dank al-Sharifs bezahlt werden. Er ist Kommandant der berüchtigten Libyan Islamic Fighting Group, und enger Verbündeter des al-Kaida-Manns Belhadsch.
A. Gutsche
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