Ende des Projekts „Neuer Naher Osten“
Libyen. Trump justiert
Nahost-Politik neu. Europa zieht mit.
Just nachdem US-Präsident Donald Trump am G20-Gipfel in
Hamburg teilgenommen hatte und fast zeitgleich mit seinem Besuch in Paris anlässlich der Feiern zum
französischen Nationalfeiertag hat der US-amerikanische Botschafter für Libyen,
Peter Bode, Gespräche mit Khalifa Hefter im jordanischen Amman geführt.
US-Botschafter Bodde traf nach den Gesprächen mit Hefter
sogleich in Kairo den ägyptischen Generalstabschef Mahmoud Hegazi. Bei dem
Treffen dabei war Thomas Waldhauser, der Oberkommandierende von AFRICOM. Wie
bekannt, unterstützt Ägypten – neben Russland und den Vereinigten Arabischen
Emiraten – den säkular ausgerichteten General Hefter und dessen Libysche Nationalarmee
(LNA) und ist ein erbitterter Gegner der von Katar und der Türkei und bisher
auch von den USA und Europa geförderten Islamisten und der Moslembruderschaft.
Bodde soll im Anschluss an die Gespräche die Rolle, die Ägypten zur
Stabilisierung Libyens leistet, gelobt haben.
Es darf angenommen werden, dass sowohl bei den Gesprächen
während des G20-Gipfels, die Trump mit Putin, Merkel, Macron und anderen Staatschefs
führte, als auch bei den Gesprächen in Paris nicht nur Syrien, sondern – hinter
den Kulissen und von den Medien totgeschwiegen – das weitere Vorgehen in Libyen
ein beherrschendes Thema war.
Etwa zeitgleich zum G20-Gipfel trafen im niederländischen
Den Haag Vertreter des libyschen Parlaments (Tobruk) und des Staatsrats
(Tripolis) zu einem Dialog zusammen, der zur einer Nachjustierung des Libyan Political Agreements (Skhirat
Abkommen vom Dezember 2015) führen soll. Die Gespräche fanden unter Vermittlung
des niederländischen Verteidigungsministers Bert Koenders statt, der zusammen
mit dem niederländischen Premierminister Mark Rutte am G20-Gipfel teilnahm.
Frankreich setzt schon geraume Zeit Sondereinheiten in
Libyen zur Unterstützung von General Hefter und dessen LNA ein. In
Übereinstimmung mit Trump scheint nun Frankreich unter Macron federführend bei
Libyen-Initiativen zu werden, eine Rolle, die bisher Italien zukam, das stets
die islamistischen Milizen von Misrata und Tripolis im Rahmen der offiziellen
EU-Politik unterstützte.
Die Islamisten, die in weiten Kreisen der Bevölkerung
niemals einen Rückhalt fanden, sind in Libyen krachend gescheitert. Im Osten
und Süden und sogar Teilen des Westens wurden sie von der LNA und von mit
Hefter verbündeten Milizen besiegt. Gerade bekämpfen sich in und um Tripolis islamistische
Milizen gegenseitig. Und angesichts der von Italien nicht mehr zu bewältigenden
Flüchtlingsströme sowie aus Angst vor der Zunahme terroristischer Anschläge in
Europa, scheinen sich nun die Europäer von der von Obama-Clinton vorgegebenen
Politik der Unterstützung islamistischer Gruppierungen und der Spaltung Libyens
abzuwenden und sich gehorsam dem neuen Kurs Trumps zu öffnen.
Auch der Austausch des für Libyen zuständigen UN-Personals deutet
auf einen Wandel hin: Der auf Du und Du mit al-Kaida-Führern stehende Martin
Kobler wurde Mitte letzten Monats
als Sondergesandter für Libyen durch den Libanesen Ghassen Salamé ersetzt.
Katar, von den anderen Golf-Staaten – allen voran Saudi
Arabien – mit Absprache der USA in die Isolation getrieben, dürfte sich
gezwungen sehen, seine Unterstützung für dschihadistische Milizen einzustellen.
Die Türkei, der andere große Pate der Moslembrüder und Verbündeter Katars, ist inzwischen
wirtschaftlich so geschwächt, dass es ohne die finanzielle Hilfestellung Katars
in große Bedrängnis geriete. Katar wird seinen Einfluss auf die Türkei geltend
machen, um auch die Türkei dazu zu bewegen, ihre Unterstützung für das
Moslembrüder-Projekt einzustellen.
Grundsätzlich dürfte damit das Obama-Clinton-Projekt „Neuer
Naher Osten“ seinem Ende zugehen. Glück hat es keinem der daran beteiligten
Protagonisten gebracht. Die US-Demokraten mit Kriegstreiberin Hillary Clinton an
der Spitze wurden abgewählt und dürften, trotz des geballten Einsatzes des
industriell-militärischen Komplexes, sobald nicht mehr zurück an die Macht kommen.
Die Türkei hat – anstatt seine Sultans-Großmachträume verwirklichen zu können –
neben wirtschaftlichen Schwierigkeiten nun ein fettes Kurdenproblem. Katar ist
in der arabischen Welt isoliert und in Europa schwächt das Flüchtlingsproblem nicht
nur die EU insgesamt, sondern könnte die italienische Regierung zu Fall und die
Fünf-Sterne-Bewegung an die Macht bringen.
Saudi-Arabien, obwohl zunächst ebenfalls Unterstützer von
Islamisten, ist wie die Europäer auf Trump-Linie umgeschwenkt und hofft mit
einem blauen Auge aus dem Abenteuer „Neuer Naher Osten“ davon zu kommen,
glücklich darüber, den USA wieder Pfötchen geben zu dürfen. Hauptprofiteur ist
Russland, das bei der internationalen Politik und auch in Punkto Waffentechnik
wieder in der ersten Liga mitspielen darf. Und natürlich Israel: Ohne sich
offen positioniert zu haben, profitiert es wie kein anderer Staat von der
gegenwärtigen Situation. Ihm feindlich gesonnene Staaten wie Syrien und Libyen
sind weitgehend zerstört und über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte mit sich selbst
beschäftigt.
Für Libyen kann es jetzt nur heißen, sich als Staat wieder
zu stabilisieren. Ist erst der Dschihadisten-Spuk vorbei, werden sich alle
Kräfte darauf konzentrieren, die volle staatliche Souveränität zurückzuerlangen,
um über die zukünftige politische Organisation und die Außenbeziehungen selbst bestimmen
zu können.
Angelika Gutsche, 16.07.2017
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