Wer bekommt Zugriff auf das libysche Ölgeld?
Libyen/Erdöl. Neuer Machtkampf zwischen Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ Sarradsch (Tripolis) und Vorstandsvorsitzendem der Libyschen Zentralbank al-Kebir (Tripolis) entbrannt.
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Der Streit zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der Libyschen Zentralbank (CBL), Siddik al-Kebir, und dem Premierminister und Vorsitzenden des Präsidialrats, Fayez as-Sarradsch, schlägt erneut hohe Wellen. Es geht dabei um die Kontrolle der Libyschen Auslandsbank (LFB), die für die Staatsfinanzen von großer Bedeutung ist, d.h. es geht um die Verfügungsgewalt über sehr viel Geld.
Al-Kebir, der enge Verbindungen zur Moslembruderschaft hat und in der Türkei wohnt, besetzte wichtige Posten innerhalb der Libyschen Zentralbank durchgängig mit Moslembrüdern, so dass er sich auf die treue Ergebenheit der Administration verlassen kann. Bereits zweimal hat ihn das libysche Parlament seines Postens enthoben, allerdings konsequenzlos. Kebir, der im Ausland und bei allen internationalen Treffen ein gefragter Gesprächspartner ist, blieb auf seinem Sessel kleben.
Nun hoffte Kebir, seine Kontrolle über die Libysche Auslandsbank, die Libyens Außenhandelsgeschäfte abwickelt, weiter vergrößern zu können. Er hatte auch bei der Libyschen Auslandsbank seine Leute in wichtige Stellungen gehievt, vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden bis zum neuen geschäftsführenden Direktor Akram Grew, der für die Vergabe von Akkreditiven zuständig ist. Diese Akkreditive werden benötigt, um Importkäufe mit der Sicherheitsgarantie der Bank tätigen zu können. Mit Akkreditiven konnten bisher riesige Privatvermögen angehäuft werden, da die Wareneinkäufe über den offiziellen Wechselkurs erfolgten, die Verkäufe aber zu absolut überzogenen Schwarzmarktpreisen abgewickelt wurden.
Auch die mit Erdöl erzielten Staatseinnahmen gingen auf die Konten der Libyschen Auslandsbank und wurden von dort an die Libysche Zentralbank abgeführt, die damit unter Kebir syrische Söldner und türkische Waffenhilfe finanzierte sowie die türkischen Banken stütze. Deshalb beschlossen im Januar dieses Jahres die libyschen Stämme einen Exportstopp für libysches Erdöl, der jetzt aufgrund eines Abkommens zwischen LNA/Parlament/Stämmen und der ‚Einheitsregierung‘ wiederaufgehoben wurde. Die Vereinbarung sieht vor, für die Öleinnahmen ein überwachtes Treuhandkonto anzulegen und die Gelder zu gleichen Teilen auf die drei libyschen Regionen Kyrenaika, Tripolitanien und Fessan zu verteilen.
Als nun Sarradsch den Beschluss einer außerordentlichen Kabinettssitzung am 16.11. bekannt gab, nachdem gemäß der Satzung eine Generalversammlung einberufen werden soll, die den Vorstand der Libyschen Auslandsbank ernennen soll, wandte sich Kebir mit einem geharnischten Schreiben an Sarradsch, um gegen dieses Vorhaben zu protestieren. Laut Kebir stehe es außer Zweifel, „dass die CBL in ihrer Eigenschaft als alleinige Eigentümerin des LFB und Inhaberin der Anteile, deren Generalversammlung ist.“ Die Auslandsbank gehört also laut Kebir der Libyschen Zentralbank und somit hat er, und nur er, das Recht, deren Vorstand zu benennen, das heißt mit Moslembrüdern zu besetzen. Der AfricanAfricaIntelligenceReport schreibt: „Al-Kebir [hat] nicht die Absicht, den LFB oder seine Rolle als Vorstandsvorsitzender des CBL aufzugeben, auch wenn sein offizielles Mandat 2014 endete.“
In dem Schreiben an Sarradsch beschwert sich Kebir auch über den neu ernannten Wirtschaftsminister, der angeblich seine Befugnisse überschreitet und die Arbeit der Libyschen Auslandsbank behindert. Kebir droht Sarradsch, ihn rechtlich für den Schaden, der durch solche Entscheidungen entstehen könnte, verantwortlich zu machen.
Kebir gefährdet mit seinem Beharren, weiterhin die Kontrolle der libyschen Öleinnahmen zu behalten, die getroffenen Vereinbarungen zur Wiederaufnahme der Erdölförderung und die treuhandmäßige Überwachung und gerechte Verteilung der Öleinnahmen zwischen den libyschen Regionen.
Sollte nun auch noch Bashagha, der Moslembruder aus Misrata, die Nachfolge von Sarradsch antreten, wären dem Missbrauch der libyschen Ölgelder im Sinne der Türkei überhaupt keine Grenzen gesetzt.
Es ist allerhöchste Zeit, dass al-Kebir von seinem Posten abtritt und die Libysche Zentralbank aus seinen Klauen befreit wird.
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