Nachrichtenüberblick: MENA und SUBSAHARA-AFRIKA – 29. Woche 2023
Die wichtigsten Ereignisse in MiddleEastNorthAfrica und der afrikanischen Welt
MENA
+ Irak/Schweden. „Offenbar
empört über eine für heute [20.07.] in Stockholm angekündigte Koranverbrennung,
waren in der vergangenen Nacht Hunderte Menschen zur schwedischen Botschaft
gezogen. Sie kletterten teils über die Absperrungen und legten Feuer im
Botschaftsgebäude. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie schwarzer Rauch in den
Nachthimmel aufsteigt.
Einer der Demonstranten fordert gegenüber der Nachrichtenagentur AFP die
schwedische und irakische Regierung auf, eine Koranverbrennung nicht
zuzulassen. Es würde die Gefühle aller Muslime verletzen.“
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/schweden-koranverbrennungen-irak-botschaft-100.html
+ Irak/Schweden. „Mutmaßlich
infolge der Ankündigung einer weiteren Koranverbrennung in Schweden haben
Demonstranten im Irak die Botschaft des Landes gestürmt und dort Feuer gelegt.
Viele kletterten über Absperrungen und riefen Parolen wie „Ja, ja zum Koran“.
Videos zeigten Brände und Rauchwolken.“
Video: https://rtde.live/der-nahe-osten/175746-protest-gegen-koranverbrennungen-schwedische-botschaft-im-irak-gesuermt-und-in-brand-gesetzt/
+ Irak/Schweden. „Der Irak
will die diplomatischen Beziehungen zu Schweden abbrechen, falls sich die
Aktion mit der Koranverbrennung in Stockholm wiederholt. Das teilte der
Pressedienst des Premierministers der arabischen Republik am Donnerstag mit.
Bagdad habe beschlossen, den schwedischen Botschafter auszuweisen, berichtete
der Fernsehsender Al Jazeera unter Berufung auf eine Quelle im Büro des
irakischen Premierministers.
[…] Die schwedischen Aktivisten traten jedoch lediglich mit den Füßen auf das
heilige Buch, anstatt es in Brand zu setzen.“
https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-islamische-welt-protestiert-der-irak-weist-die-schwedische-botschafterin-aus/
+ Iran/Schweden. „Im Iran
gingen heute zahlreiche Demonstranten auf die Straßen. An den staatlich
organisierten und landesweiten Protesten nahmen Gläubige nach dem Freitagsgebet
teil, wie der staatliche Rundfunk berichtete. Bereits gestern Abend wurde der
schwedische Botschafter ins Außenministerium in der Hauptstadt Teheran
einbestellt, eine scharfe Form des diplomatischen Protests.“
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweden-koran-aktion-kritik-102.html
+ Türkei/Schweden. „Auch aus
der Türkei kam heftige Kritik: >Wir verurteilen den verabscheuungswürdigen
Angriff auf unser Heiliges Buch aufs Schärfste<, erklärte das
Außenministerium. >Wir erwarten von Schweden, dass es abschreckende
Maßnahmen ergreift, um diese Hassverbrechen gegen den Islam und seine
Milliarden Gläubigen zu verhindern<.
Der türkische Justizminister Yilmaz Tunc teilte mit, es seien Haftbefehle gegen
den Politiker Rasmus Paludan und neun weitere Verdächtige erlassen worden, die
im Januar vor der türkischen Botschaft in Stockholm einen Koran verbrannt haben
sollen. >Die Generalstaatsanwaltschaft hat auf umfassende Ermittlungen
gedrängt, um die Verdächtigen zu identifizieren und eindeutige Informationen
zur Identität und Beweise für ihre kriminellen Handlungen zu sammeln<,
erklärte er.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweden-koran-aktion-kritik-102.html
+ Saudi-Arabien/Schweden.
„Saudi-Arabien reagierte ebenfalls und bestellte den schwedischen Botschafter
in Riad ein. Es sei eine Protestnote gegen die Entweihung des Koran übergeben
worden, teilte das Außenministerium mit. Katar forderte die schwedischen
Behörden auf, >alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um solche
beschämenden Taten zu verhindern<.“
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweden-koran-aktion-kritik-102.html
+ Irak/Dänemark. 22.07.:
„Nach einem Facebook-Video dänischer Rechtsextremisten, das eine
Koranverbrennung zeigen soll, gab es in Bagdad erneut teils gewaltsame
Proteste. Der Polizei gelang es, die Menge aufzuhalten, die offenbar die
dänische Botschaft stürmen wollte.“
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/unruhen-bagdad-102.html
+ Israel. „In Israel haben
sich erneut Tausende Menschen zum Protest gegen die geplante Justizreform
versammelt: Sie blockierten Autobahnen und stürmten die Börse. Dadurch wollen
sie vor der nächsten Abstimmung im Parlament den Druck erhöhen.“
https://www.tagesschau.de/ausland/israel-tag-der-stoerung-justizreform-100.html
+ Israel. „Zehntausende von
Demonstranten schlossen sich am Samstag einem großen Marsch in Richtung
Knesset in Jerusalem an. Dies ist der letzte Versuch, die
Regierungskoalition an der Verabschiedung eines Gesetzentwurfes zur
Justizreform zu hindern.
Der Gesetzentwurf könnte bereits am kommenden Montag in Kraft treten. Dem
Obersten Gericht wäre es dann nicht mehr möglich, Entscheidungen der Regierung
oder einzelner Minister als „unangemessen“ zu bewerten. Kritiker
befürchten, dass es zu willkürlichen Entlassungen von Gegnern der
Regierungspolitik in entscheidenden Positionen kommen könnte.“
https://rtde.live/der-nahe-osten/175924-israel-zehntausende-ziehen-vor-die-knesset-um-die-justizreform-zu-stoppen/
+ Israel. „Die Regierung will
trotz massiver Proteste morgen ein Kernelement ihrer Justizreform durchs
Parlament bringen. Regierungschef Netanyahu wurde in der Nacht überraschend am
Herzen operiert, will aber bei der Abstimmung dabei sein.“
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/netanyahu-op-krankenhaus-100.html
+ Israel/Palästina. „Das
Ansehen der Autonomiebehörde und ihres Präsidenten ist auf der Westbank weiter
gesunken. Meinungsumfragen eines Instituts aus Ramallah zeigen, daß 80 Prozent
der Palästinenser auf der Westbank seinen Rücktritt wünschen, mehr als 70
Prozent unterstützen die Bildung von bewaffneten Gruppen – ähnlich der
Organisation »Lion’s Den« in Nablus und dem »Dschenin-Bataillon«. Die
zunehmende Verärgerung über die Autonomiebehörde zeigte sich nach den Kämpfen
bei der Bestattung der Toten. Mehrere hohe Vertreter der Behörde wurden von der
Beerdigung vertrieben.
Mahmud Abbas und die ägyptische Regierung haben mittlerweile alle auf der
Westbank aktiven Organisationen, darunter auch den »Islamischen Dschihad in
Palästina«, zu einem Gipfeltreffen nach Kairo eingeladen, um – wie es der
Sprecher von Abbas ausdrückte – die Einheit gegen die israelische Aggression herzustellen.
Der Großteil der Gegner der israelischen Justizreform unterstützte den Angriff
auf Dschenin. […]
Mittlerweile hat die Knesset den Gesetzentwurf eines rechtsextremen
Abgeordneten angenommen, wonach die verbale Unterstützung von »Terroristen« mit
bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann. Dennoch erinnerte ein Vertreter
von Chadasch-Ta’al daran, daß jede Aktion zu einer Reaktion führt: »Es gibt
eine Reaktion auf die Besetzung der Westbank – und das ist der Widerstand.« Er
wurde unter Tumult vom Podium vertrieben.
Die rechte Regierung hat mittlerweile illegale Siedlungen zugelassen, ein
Protestmarsch von israelischen Friedensaktivisten und Palästinensern wurde von
der Armee blockiert.
Es ist die Realität eines andauernden Kriegszustands.“
https://www.zlv.lu/db/1/1419711618647/0
+ Marokko/Israel/Westsahara.
„Israel erkennt die Souveränität Marokkos über die Westsahara an. Damit wird
das Land zum einzigen Staat neben den USA, der die Annexion der ehemaligen
spanischen Kolonie in Nordafrika durch das Königreich anerkennt. Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu habe König Mohammed VI. den Entschluss in
einem Brief mitgeteilt, teilte der Königshof in Rabat mit. In seinem Schreiben
habe Netanyahu erklärt, die Position seines Landes werde >in allen
einschlägigen Handlungen und Dokumenten der israelischen Regierung<
berücksichtigt.“
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/israel-marokko-westsahara-100.html
+ Marokko/Israel/Westsahara.
„Besatzer unter sich. Netanjahus Schreiben konterkariert eine Reise, die der
israelische Außenminister Eli Cohen am Sonntag unternahm, um in Kenia einem
Gipfel der Afrikanischen Union beizuwohnen. Denn die von der Polisario-Front
ins Leben gerufene Demokratische Arabische Republik Sahara ist im Unterschied
zu Marokko Gründungsmitglied des Staatenbunds und hat in ihm treue Verbündete
wie Algerien. Das sieht in dem Schulterschluss Israels mit Marokko eine
existentielle Bedrohung.
Die Marokkaner selbst dürften ebenfalls wenig Begeisterung über »Bibis Brief an
Mimi« empfinden. Demonstration um Demonstration gegen die Annäherung an Israel
und den Verrat an den Palästinensern war verboten worden. Die Entfremdung
zwischen dem König und seinem »lieben Volk« war nie so groß wie heute.
Mittlerweile ist unübersehbar: Hier sind zwei Besatzungsmächte am Werk, die
sich gegenseitig im Unrecht stärken.“
https://www.jungewelt.de/artikel/455098.besatzer-unter-sich.html
+ Marokko. „Die Lage des
Landes an der Straße von Gibraltar hat militärstrategische Bedeutung. Marokko
verfügt über große Phosphatreserven, das sind 50 Prozent der Weltreserven an
Phosphat, sowie seltene Erden wie Mangan, Zink und Kobalt; es gibt dort Kupfer,
Erdöl und Erdgas.
Und ja, Marokko ist sehr investorenfreundlich. […] Airbus hat schon 2022 Teile
seiner Produktion nach Marokko verlegt, es gibt neueste technische
Produktionslinien und gut ausgebildete Fachkräfte, die hochspezialisiert
herstellen können. […]
Eines der Programme, mit dem Marokko gefördert wird, ist Global Gateway, mit
dem die EU international nachhaltige Vernetzung von Waren, Menschen und
Dienstleistungen ausbauen will. In dessen Rahmen gibt es ein umfangreiches
Investitionsprogramm für die afrikanischen Staaten. Bis 2027 werden öffentliche
und private Investitionen in Höhe von 170 Milliarden Euro bereitgestellt, die
in Entwicklung, Produktion und Ausbildung fließen sollen. […]
Das Global-Gateway-Programm ist ein Gegenprojekt zum chinesischen Projekt der
Neuen Seidenstraße, auch bekannt als >Belt and Road Initiative<. Es geht
um Geopolitik. Die EU will in Marokko und in Afrika den Einfluss von China und
auch von Russland zurückdrängen.“
https://pressefreiheit.rtde.tech/international/175329-es-geht-um-geopolitik-was/
+ Tunesien/EU. „Die Europäische
Union und Tunesien haben eine stärkere Zusammenarbeit beim Thema Migration
beschlossen. Dazu unterzeichneten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, Italiens
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Tunesiens Präsident Kais Saied in Tunis
eine Absichtserklärung. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen der Vereinbarung noch
zustimmen. […]
Die EU-Kommission will etwa für Such- und Rettungsaktionen und die Rückführung
von Migranten gut 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Das entspricht der
dreifachen Summe, mit der Brüssel das nordafrikanische Land zuletzt im
Durchschnitt jährlich unterstützte. […]
Präsident Saied hatte zuvor bereits ausgeschlossen, Tunesien zum Grenzwächter
für Europa werden zu lassen. Die tunesische Regierung sieht eine langfristige
Ansiedlung von Migranten im Land kritisch. Viele Tunesier fürchten, dass genau
dies eine der Folgen eines EU-Deals sein könnte.“
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/tunesien-migration-eu-100.html
+ Tunesien. „Die EU belohnt
die Deportation von Flüchtlingen durch tunesische Behörden in die Wüste und
sagt Tunis Finanzhilfen im Wert von weit mehr als einer Milliarde Euro zu. Dies
ist das Ergebnis eines Treffens von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen sowie den Ministerpräsidentinnen Italiens, Giorgia Meloni, und der
Niederlande, Mark Rutte, mit Tunesiens Präsident Kaïs Saïed am Sonntag in
Tunis. Laut einer Übereinkunft, die beide Seiten unterzeichneten, stellt
Brüssel Tunis unter anderem 105 Millionen Euro zur Flüchtlingsabwehr sowie
Kredite von 900 Millionen Euro zur Verfügung, wenn Tunesien als Gegenleistung
Flüchtlinge aus Europa fernhält. Während die EU und die tunesische Regierung in
den vergangenen Wochen das Papier erarbeiteten, das Brüssel zufolge als
Grundlage für eine >umfassende strategische Partnerschaft< dienen soll,
deportierten die tunesischen Behörden mehrere hundert Flüchtlinge in ein Wüstengebiet
und setzten sie dort schutzlos aus. Die EU reagiert mit der Zusage der
Finanzhilfen und macht sich damit, wie Amnesty International konstatiert, zur
>Komplizin< bei künftigen Verbrechen. Weitere Abkommen mit
nordafrikanischen Staaten sollen folgen.“
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9300
+ Syrien/Irak. „Erster Besuch
seit 13 Jahren: Irakischer Premierminister in Damaskus. Der irakische
Premierminister und der syrische Präsident haben am Sonntag eine gemeinsame
Pressekonferenz in Damaskus gegeben. Der Besuch stellte einen wichtigen
Meilenstein in den tief verwurzelten Beziehungen zwischen den beiden Ländern
dar, da es sich um den ersten offiziellen Besuch eines irakischen
Premierministers seit 13 Jahren handelte.“
https://rtde.team/kurzclips/video/175460-erster-besuch-seit-13-jahren/
+ Syrien. „Bei einem Treffen
der Vereinten Nationen, bei dem es um einen Vertuschungsskandal in Syrien bei
der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) ging, antwortet Aaron
Maté von The Grayzone auf eine Frage des britischen Diplomaten Thomas
Phipps.“
Video: https://www.youtube.com/watch?v=ekjOrDOprng
+ Ägypten. „Rund 24 Stunden
nach seiner Verurteilung zu drei Jahren Haft in Ägypten ist der prominente
Menschenrechtler und Forscher Patrick George Zaki begnadigt worden. Präsident
Abdel Fattah al-Sisi habe Zaki, den bekannten Anwalt Mohammed al-Baker und
weitere Gefangene begnadigt, berichtete die staatliche Nachrichtenseite
>Al-Ahram<. Die Entscheidung sei Teil einer Reihe von Begnadigungen
prominenter Aktivisten seit April vergangenen Jahres. Zudem habe die ägyptische
Staatsanwaltschaft seitdem >Hunderte politische Aktivisten< in
Untersuchungshaft freigelassen.“
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/aegypten-zaki-begnadigung-100.html
+ Libanon. „Zwischen Party
und Elend. Vielerorts ist die Stimmung trotz mehrfacher Krisen gut.
Gleichzeitig grassiert Armut, insbesondere Geflüchtete sind betroffen.
Die Flugzeuge sind voll, das Tourismusministerium erwartet mehr als zwei
Millionen Besucher in diesem Sommer im Libanon. […] Die Weltbank spricht von
der schwersten Finanzkrise eines Landes in mehr als 100 Jahren, doch irgendwie
geht das Leben im Libanon weiter. […]
Die Stimmung in Restaurants, Hotels und am Strand ist ausgelassen, die
familiäre Wiedersehensfreude ist groß. Doch nicht alle haben das Glück, von
wohlhabenden Angehörigen aus dem Ausland besucht zu werden. Viele wissen vor
Geldnot oft nicht mehr weiter. Vor einer Woche nahm ein Bankkunde den Direktor
seiner Bank als Geisel, um die Herausgabe seines Ersparten zu erzwingen, das er
dann auch erhielt. […]
Mitten in der Idylle [Bekaa-Ebene] liegen, tief auf den Boden geduckt, die
Zeltlager der syrischen Flüchtlinge. Irgendjemand hat ein Stück Land von einem
Bauern gemietet, auf dem die Menschen mit Unterstützung von Hilfsorganisationen
aus aller Welt Unterkünfte errichtet haben. […] Die libanesische Regierung und
ein großer Teil der Bevölkerung plädieren dafür, dass den Syrern, wenn sie
zurückkehren, von den Hilfsorganisationen geholfen werden soll. Doch weit
entfernt von diesem »Tal der Tränen« stimmte vor wenigen Tagen (am 13. Juli
2023) in Brüssel das EU-Parlament gegen eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus
dem Libanon in ihre Heimat. Perspektiven gibt es für diese Menschen im Libanon
nicht.“
https://www.jungewelt.de/artikel/455084.nahost-zwischen-party-und-elend.html
+ Iran. „Besonders wichtig
ist, dass sich die Frauen erfolgreich gegen den Staat gewehrt haben, der den
Kopftuchzwang heute nicht mehr uneingeschränkt durchsetzen kann. Das ist ein
großer Sieg, sowohl konkret als auch symbolisch. Er zeigt die
Handlungsfähigkeit der Frauen im alltäglichen Leben und widersetzt sich
offensiv dem Beharren der Regierung auf der Zwangsverschleierung als einer der
wichtigsten Säulen der Islamischen Republik. In anderen Bereichen gehen die
politischen Scharmützel bisher ohne greifbare Ergebnisse weiter. Auch hier scheint
die Regierung zumindest zu einem gewissen Entgegenkommen bereit. Der Justizchef
forderte Offenheit für Kritik und der Oberste Führer selbst wollte sich zur
Frage, ob ein Verfassungsreferendum hypothetisch möglich sei, äußern.
Auf der anderen Seite hat die Regierung aber auch wichtige Erfolge feiern
können. Neben der Eindämmung der Proteste sind diese hauptsächlich auf die
Außenpolitik beschränkt. So kündigten der Iran und Saudi-Arabien im März 2023
überraschend an, ihre äußerst angespannten diplomatischen Beziehungen
verbessern zu wollen. Die Islamische Republik versucht damit, ihren mächtigsten
Widersacher neben den Vereinigten Staaten und Israel zu neutralisieren.
Darüber hinaus machten die Atomverhandlungen mit den Vereinigten Staaten und
der EU im Stillen Fortschritte, obwohl der iranische Staat hart gegen die
Proteste vorging sowie Drohnen für den Krieg Russlands gegen die Ukraine
bereitstellte. Im vergangenen Monat gaben der Irak und Südkorea – offenbar mit
Zustimmung der USA – mehrere Milliarden Dollar an eingefrorenen Vermögenswerten
Teherans frei. Ebenso tauschte der Iran politische Gefangene mit Belgien und
Österreich aus.“
https://jacobin.de/artikel/irans-kleriker-haben-die-proteste-erstickt-iran-usa-revolution-1979-trump-obama-schah/
+ Iran/USA. „Robert Malley,
der US-Sondergesandte für Iran, ist beurlaubt worden, wie das
US-Außenministerium am 29. Juni mitteilte. Mit genaueren Informationen hält
sich das State Department allerdings zurück. Zwar vermuten die US-Medien, dass
die Suspendierung des 60-Jährigen im Umgang mit Geheimdokumenten im
Zusammenhang steht, die mit indirekten Gesprächen zwischen Iran und den USA zu tun
haben könnte. […]
2021 holte US-Präsident Joe Biden Malley wieder zurück: Als Sondergesandter
sollte er einen Weg zurück zu einem Atomabkommen mit Teheran finden. Nach wie
vor sieht sich Malley dem Vorwurf ausgesetzt, Teheran zu viele Zugeständnisse
zu machen, fiel aber auch bei seinen iranischen Verhandlungspartnern in
Ungnade, als er sich Ende 2022 öffentlich auf die Seite der Protestbewegung
stellte.
Die Kritik aus so unterschiedlichen Richtungen liefert allerdings keine
Erklärung, warum Malley nicht nur beurlaubt, sondern seine Sicherheitsfreigabe
eingefroren und wohl eine Untersuchung durch das FBI eingeleitet wurde.“
Zenith Club-Newsletter, 21.07.2023
+ Iran/Afrika. „Irans
Präsident Ebrahim Raisi hat in der vergangenen Woche die afrikanischen Staaten
Kenia, Uganda und Simbabwe besucht. Als praktisches Ergebnis melden iranische
Medien die zweifellos gut vorbereitete Unterzeichnung von insgesamt 21
Abkommen: fünf in Kenia, vier in Uganda und zwölf in Simbabwe, das ähnlich wie
Iran seit vielen Jahren von westlichen Sanktionen betroffen ist. Die
Vereinbarungen beziehen sich auf Zusammenarbeit in den Bereichen Technologie
und Telekommunikation, Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, Fischerei,
Investitionsförderung, Wissenschaft, Medizin und Drogenbekämpfung. […]
Raisi ist seit zehn Jahren der erste iranische Präsident, der eine Reise auf
dem afrikanischen Kontinent unternommen hat. […]
Konkret kündigte das Teheraner Außenministerium am Sonnabend an, dass das
Volumen von Irans Handel mit afrikanischen Staaten in diesem Jahr von 1,2
Milliarden auf über zwei Milliarden Dollar steigen solle.“
https://www.jungewelt.de/artikel/454987.gegen-die-isolation-ehrgeizige-ziele.html
+ Iran/Kuweit/Saudi-Arabien.
„Grenzstreit im Golf. Iran fordert Beteiligung an Öl- und Gasfeld, das Kuwait
und Saudi-Arabien als exklusives Eigentum beanspruchen.
Kuwait und Saudi-Arabien verbinden das Beharren auf ihren »exklusiven Rechten«
an dem Dorra-Feld mit der »Einladung« an Iran, »Verhandlungen über die
Festlegung der Seegrenzen zu führen« und zunächst seine Vorstellungen über den
Grenzverlauf klar zu definieren. Im Spiel ist seitens Kuwaits und
Saudi-Arabiens anscheinend die Idee, eine Schlichtung des Konflikts durch den
Internationalen Gerichtshof in Den Haag anzustreben. […] Teheran hofft auf eine
rasche und effektive Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen
Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien, der sich auch in erheblichen Investitionen
niederschlagen soll. Das Erdölministerium gibt den Finanzbedarf der iranischen
Öl- und Gasindustrie für Instandhaltung, überfällige Reparaturen sowie für
Modernisierungen mit 160 Milliarden US-Dollar an.“
https://www.jungewelt.de/artikel/455003.rohstoffstrategie-grenzstreit-im-golf.html
+ Arabische Liga (AL)/USA.
AL-Generalsekretär Ahmed Aboul Gheit traf in Washington mit US-Außenminister
Antony Blinken zusammen, um verschiedene Themen zu erörtern, darunter die
Entwicklungen in Libyen.
Es ging auch darum, die Beziehungen zwischen der AL und den USA in den
Bereichen Politik, Wirtschaft und Soziales zu verbessern. Besprochen wurden
auch die Entwicklungen im Sudan, im Jemen, in Syrien und in Palästina.
Die AL, der 22 Staaten angehören, hat das Ziel, die politische, wirtschaftliche
und kulturelle Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern zu fördern. Außerdem
sollen ihre Positionen zu regionalen und internationalen Fragen koordiniert
werden.
https://libyareview.com/36217/blinken-discusses-developments-in-libya-with-arab-league/
+ Jemen. „Am vergangenen
Samstag ist im Hafen von Hodeidah der UN-Tanker »Nautica« eingetroffen, der
eine Umweltkatastrophe verhindern soll: In dem von den Huthis kontrollierten
Ölterminal Ras Isa liegt die »FSO Safer« vor Anker. Sie hat bereits 47 Jahre
auf dem Buckel, seit den Achtzigern war sie im Besitz des jemenitischen
Staates. Seit dem Putsch der Huthis 2014 wird der 362 Meter lange Tanker nicht
mehr gewartet. 175 Millionen Liter Öl müssen abgepumpt werden. Rost und
eindringendes Meerwasser machen die »FSO Safer« zur tickenden Zeitbombe. Die
Vereinten Nationen kündigten nun an, dass die Bergungsarbeiten noch in dieser
Woche anlaufen könnten.“
Zenith Club-Newsletter, 21.07.2023
SUBSAHRA-AFRIKA
+ Senegal. „Im Senegal
lichtet sich das Feld. Regierungspartei nach Rückzug von Macky Sall auf
Kandidatensuche. Das Rennen für die Präsidentschaftswahlen im Senegal ist
offener denn je. Weder ist klar, wer alles für die Opposition ins Rennen geht,
noch wer 2024 für Senegals Regierungsallianz BBY (Benno Bokk Yakaar – In
Hoffnung vereint) kandidiert.“
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1174874.praesidentschaftswahlen-im-senegal-im-senegal-lichtet-sich-das-feld.html
+ Südafrika/BRICS. „Das
Präsidialamt der Republik Südafrika hat bekannt gegeben, dass Wladimir Putin im
>gegenseitigen Einvernehmen< nicht in Person am BRICS-Gipfel teilnehmen
wird. Die Teilnahme Russlands am BRICS-Gipfel wird durch den russischen
Außenminister Sergei Lawrow vertreten.“
https://rtde.live/kurzclips/video/175793-wir-erwarten-keine-negativen-auswirkungen/
+ Südafrika/BRICS/USA. „Die
Wahrscheinlichkeit, dass man diesem Land empfindliche Sanktionen auferlegt
hätte, ist äußerst hoch, falls Südafrika sich in dieser Angelegenheit dem
Westen widersetzt hätte, weil der Westen in diesem Fall vor aller Welt
gedemütigt worden wäre. Damit wäre eine der sensibelsten roten Linien des
Westens überschritten worden, was man in Pretoria erkannt hat und was erklärt,
weshalb man dort lieber den eigenen Ruf im gesamten globalen Süden opfert und
der Einheit der BRICS-Staaten Schaden zufügt, als das schlimmste Szenario zu
riskieren, in welchem massive Wirtschaftssanktionen des Westens die
angeschlagene südafrikanische Wirtschaft lahmlegen könnten.
Südafrika als IStGH-Mitglied enthielt sich in den Vereinten Nationen bisher
konsequent allen antirussischen Resolutionen. Und dennoch kapitulierte es am
Ende vor der impliziten Forderung aus dem Westen, den Präsidenten Putin nicht
zu empfangen – allein durch die Aussicht auf potenzielle Wirtschaftssanktionen.
[…]
Solange die BRICS-Gruppe ihre Ziele langsam verfolgt, ohne den Westen
herauszufordern oder zu demütigen, ist keine Bestrafung zu erwarten,
andernfalls wird den schwächsten Mitgliedern der Gruppe gezeigt, wer der Boss
ist, wie es gerade für Südafrika der Fall war.“
https://rtde.live/meinung/175831-suedafrika-hat-bewiesen-dass-brics-nicht-das-ist-was-viele-bisher-angenommen-haben/
+ Mali. „Der Ausgangspunkt
der Krise in Mali und in anderen Staaten der Region ist meiner Meinung nach,
dass die Regierungen den Bevölkerungen einfach jede staatliche Leistung
schuldig geblieben sind. Wenn eine Regierung über die Grenzen ihrer Hauptstadt
hinaus Wirksamkeit zeigen würde, zum Beispiel in Form von Schulen, klinischer
Versorgung, Straßenbau, wenn die staatlichen Leistungen außerdem gerecht
verteilt würden, dann würden sich ethnische Fragen meiner Überzeugung nach
nicht so dringend stellen. […]
Öffentliche Ausgaben, zum Beispiel für Schulen oder die Krankenversorgung,
sollten reduziert werden. Das ist in einer Gesellschaft, in der es schon
aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche nicht viele private Anbieter gibt bzw.
eine Mehrheit sich diese einfach nicht leisten kann, ein drastischer
Einschnitt. […]
Parallel dazu gab es in Mali dann auch noch eine ausufernde Korruption und eine
Elite, die sich einen großen Teil des Reichtums unter den Nagel riss. Die
öffentlichen Mittel kamen durch Veruntreuung und Korruption vor allem bei der
Elite an. Dadurch ist die soziale Kluft massiv auseinander gegangen und ein
Großteil der Bevölkerung wurde wirtschaftlich abgehängt. […]
Und viele Malier sagen jetzt: „Das was ihr uns da als Demokratie vorgestellt
habt, wollen wir nicht. Wir müssen uns von euch nicht alles vorschreiben lassen,
als hättet ihr das Wohl der Menschheit und die Demokratie erfunden. Wir hatten
hier schon im 13. Jahrhundert unsere eigene Demokratie.“ Mali ist ein sehr
alter Kulturstaat, damals war Timbuktu eine Weltstadt, mit einer Vielzahl an
Universitäten, die Gelehrte von überall anzog. Es gibt eine alte malische
Verfassung, die auch UNESCO-Weltkulturerbe ist, die nie verschriftlicht,
sondern mündlich überliefert wurde und den Menschen immer noch im Bewusstsein
ist. […]
Frankreich ist in Mali, aber auch der ganzen Region, regelrecht verhasst. Aus
guten Gründen. Der Staat wird als unglaublich arrogant empfunden. Gerade in
Mali wird sehr unterschieden zwischen Franzosen und Deutschen. Deutschland hat
immer noch einen guten Ruf, weil die Bundesrepublik 1960 als erstes Land die
Unabhängigkeit Malis anerkannte. Die Dankbarkeit hält bis heute an. […]
Die Militärregierung hat nach meinen Informationen das Land strategisch in
verschiedene Regionen eingeteilt und ist im Zentrum des Landes in vielen
Gegenden präsent. Also da wo in der Tat auch die meisten Terrorangriffe auf die
Bevölkerung verübt worden sind und die meisten ethnisch gefärbten Konflikte
stattgefunden haben. Da gibt es partiell eine Verbesserung. Offenbar sind auch
die Operationsbasen der islamistischen Gruppen in der Region zerschlagen
worden. […]
Es ist also ein sehr widersprüchliches Bild: Punktuell gibt es Erfolge, aber
ich würde auf keinen Fall sagen, dass sich die Sicherheitslage insgesamt
verbessert hat. Es gibt immer noch Zehntausende neue Leute, die auf der Flucht
vor der IS-Terrormiliz sind, weil die malische Armee ihr nichts entgegensetzen
kann. […]
China ist ja schon länger wirtschaftlich und politisch präsent, und übrigens
nicht alleine. Auch die Türkei und Russland sind vor Ort, mit primär wirtschaftlichen
Motiven. In der Region sind alle Flughäfen von der Türkei und nicht mehr von
Frankreich und auch nicht von China gebaut. Nicht nur wirtschaftlich, sondern
auch politisch sehen Regierungen vor Ort, dass sie nun Alternativen zum Westen
haben. […]
Es sind sich alle einig, dass Mali kein zu wenig hat an sehr guten Gesetzes-
und Verfassungstexten. Auch die alte Verfassung war nicht schlecht. Das Problem
ist die mangelnde Umsetzung. Daran wird sich auch die neue Verfassung messen
lassen müssen. Bezeichnend finde ich auch die sehr niedrige Wahlbeteiligung
trotz einer massiven Kampagne der Militärregierung für das Referendum und die
Verfassung. Fast der gesamte Norden des Landes hat nicht abgestimmt.“
https://www.medico.de/blog/abkehr-vom-westen-19152
A. Gutsche
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