Schwere Anschuldigungen gegen General Heftar
Bengasi/Libyen. Offen
wird die Ablösung Heftars als Oberkommandierender der libyschen Armee
gefordert.
Bereits im Oktober musste sich General Heftar schwere
Vorwürfe gefallen lassen, als an einer
Wüstenstraße bei al-Abjar, 50 km südwestlich von Bengasi, 36 Leichen gefunden
wurden, die Schussverletzungen aufwiesen. Bei den Ermordeten soll es
sich um Libyer mit radikal-islamistischer Ausrichtung handeln, die sich in
Gefangenschaft einer Einheit General Heftars befunden hatten. Der Fund der
Leichen löste nicht nur innerlibysch, sondern international Empörung aus.
Auch als Anfang November ein Vertrag veröffentlicht wurde,
den Khalid Heftar, Sohn von General Heftar,
mit Mohammed Buisier geschlossen
hat, und laut dem Buisier beauftragt wird, über die in Washington ansässige
Beraterfirma Grassroots Political Consulting
beim US-Kongress Lobbyarbeit für die Familie Heftar zu betreiben, zeigte sich
die libysche Bevölkerung entrüstet. Grassroots
Political Consulting soll politische, militärische und strategische
Überzeugungsarbeit beim US-Kongress leisten, um General Heftar den US-Abgeordneten
als zukünftiger Herrscher Libyens schmackhaft zu machen. Die Familie Heftar
lässt sich diese Lobbyarbeit 120.000 US-$ kosten. Der mit Buisier geschlossene Vertrag
läuft über ein halbes Jahr. Mohammed Buisier war zunächst Berater von Khalifa
Heftar und Anhänger der Operation Dignity
(Würde). Mit der Zeit schien sich seine Einstellung geändert zu haben und er wurde
beschuldigt, Dschihadisten zu unterstützen. Offensichtlich arbeitet er nun
wieder für die Familie Heftar. Süffisant wird in der Presse nachgefragt, woher
ein Militärangehöriger solche Summen für Beraterfirmen hat – sein Sold werde dafür
wohl nicht reichen.
Kritisiert wird auch, dass sein Sohn Khalid Heftar, der vormals
in Tripolis einen Bankraub begangen haben soll, bei dem mehrere Zivilisten
verletzt wurden, trotz dieses Vorfalls und obwohl er niemals eine
Militärakademie oder eine Sicherheitsausbildung durchlaufen hat, zum Hauptmann
(Captain) der LNA und zum
Befehlshaber einer der wichtigsten Militäreinheiten im Osten Libyens ernannt
wurde.
Der Verdacht wird immer lauter, dass Heftar immer noch für
den CIA arbeitet. Seine Vergangenheit spricht dafür. In den 70er und 80er
Jahren diente Heftar unter Gaddafi in der libyschen Armee und nahm am
Tschad-Krieg teil. Als klar war, dass Libyen den Krieg verlieren würde, schloss
er sich der CIA an und kämpfte von jetzt an mit deren Hilfe gegen Gaddafi. Bei
Kriegsende kam Heftar der Anordnung Gaddafis, nach Libyen zurückzukehren, nicht
nach, sondern ließ sich von der CIA in die USA ausfliegen.
Die nächsten zwanzig Jahre lebte Heftar in der Stadt Falls
Church in Virginia/USA. Dieser Ort befindet sich in nächster Nähe von Langley,
dem Standort des CIA-Hauptquartiers. Dort arbeitete Heftar weiterhin für die
CIA mit dem Ziel, Gaddafi zu stürzen. In Libyen wurde Heftar in Abwesenheit der
Prozess gemacht und die Todesstrafe gegen ihn verhängt.
Anfang 2011 kehrte Heftar, der inzwischen einen amerikanischen
Pass besaß, nach Libyen zurück. Er wurde am 17. März 2011 zum
Oberkommandierenden der ‚Rebellen‘ ernannt und kämpfte mit einer eigenen Miliz
auf Seiten der Nato und dschihadistischer Gruppen gegen die Dschamahirija.
Damit zeichnet er mitverantwortlich für all die Leiden, die seitdem über das
libysche Volk hereingebrochen sind.
Im Jahr 2014 begann er, gegen die radikal-islamistischen
Milizen zu kämpfen. Obwohl über Libyen ein Waffenembargo der Vereinten Nationen
verhängt wurde, ist es ihm – wohl mit Hilfe der CIA – gelungen, die libysche
Armee mit Waffen auszustatten. Das demokratisch gewählte Parlament (Tobruk)
ernannte ihn zum Oberbefehlshaber der libyschen Armee. Libyen hatte nur mit
Heftar und seiner gut bewaffneten Armee die Chance, gegen die Dschihadisten zu
siegen, die von der Türkei und Katar unterstützt wurden.
Doch man sollte sich davon nicht täuschen lassen: Heftar hat
kaum Unterstützung in der libyschen Bevölkerung und auch die Armee selbst steht
nicht hinter ihm. Der von ihm verkündete große Sieg, der ihm die Kontrolle über
ganz Libyen brachte, konnte nur mit Unterstützung des Grünen Widerstands errungen
werden. Heftar hat für diesen Erfolg die Lorbeeren geerntet, während der Grüne
Widerstand dafür die ganze Zeit aktiv im Untergrund kämpfte.
Die libysche Bevölkerung nimmt sehr wohl zur Kenntnis, dass
Heftar in der ganzen Welt herumfliegt, um sich als zukünftiger Führer Libyens
in Stellung zu bringen, während sie selbst hungert, keine medizinische
Versorgung hat, unter Wassermangel und Energieausfällen leidet und die
Infrastruktur des Landes immer mehr verkommt.
Alles in allem wird Heftar von der libyschen Bevölkerung als
Verräter betrachtet, der einen amerikanischen Pass hat, nach wie vor für die
CIA arbeitet und sich liebend gerne als zukünftiger Führer Libyens stilisieren
möchte, ohne wirklich das Format dazu zu haben. Er wird niemals als neuer
Führer Libyens akzeptiert werden, nicht einmal als Bürger Libyens.
In Bengasi formiert sich immer mehr Widerstand gegen Heftar. Faradsch al-Gaem, von der
‚Einheitsregierung‘ in Tripolis vor kurzem zum neuen stellvertretende
Innenminister ernannt, wirft Heftar vor, für zwei Mordanschläge auf ihn
verantwortlich zu sein. Gaem forderte daraufhin in Bengasi die Absetzung von
Khalifa Heftar als Oberkommandierenden und seine Ersetzung durch Oberst Wanis
Bukhamada, den Kommandanten der Saika-Spezialkräfte. Weiter sagte Gaem, Heftar
und seine Söhne sollten innerhalb von 48 Stunden Bengasi verlassen.
Für Khalifa Heftar, CIAs Mann in Libyen, wird es eng.
Angelika Gutsche
12.11.2017
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