Wie Dschihadisten aufgerüstet wurden
Libyen. Die
UN-Expertenkommission berichtet, wie das UN-Waffenembargo verletzt wurde. Ab
Februar 2011 erfolgten Waffenlieferungen an Dschihadisten.
In dem Bericht der UN-Expertenkommission für Libyen heißt
es: „Bewaffnete Gruppen in Libyen profitieren von ausländischer Unterstützung
sowohl durch direkte Interventionen als auch durch die Bereitstellung von
Material.“[1]
Zeitraum von Februar
bis September 2011
Die Kommission berichtet, dass Verhandlungen zwischen Abdulhakim
Belhadsch[2]
und Katar zur Lieferung von 400 Fahrzeugen mit Hilfe Katars aus den VAE in den
Sudan führten. Im Sudan wurden diese Fahrzeuge mit Waffen ausgerüstet und an
libysche Milizen übergeben. Zu diesem Zeitpunkt waren sich beide Golfstaaten in
der Zielsetzung einig, Gaddafi stürzen zu wollen. Die UN-Kommission arbeitet
weiter an der Aufklärung dieser Vorgänge.
Zeitraum von
September 2011 bis August 2014
Trotz des von der UN ausgesprochenen Waffenembargos für
Libyen fanden Waffen und Militärausrüstung aller Art ihren Weg zu den libyschen
Milizen, meist unter Missbrauch des Endverbraucher-Zertifikats. Die wichtigste
Rolle spielte dabei Khaled al-Scharif[3],
damals stellvertretender libyscher ‚Verteidigungsminister‘.
Scharif kaufte über die libysche Firma White Star das Material und wickelte die Bezahlung über die
tunesische Scheinfirma Société al-Bayan
de Commerce Internationale (al-Bayan)
ab. Genannt wird ein Geschäftsvorgang des Jahres 2013, bei der von einer
bulgarischen Exportfirma große Mengen Munition gekauft wurden. Obwohl die
Exporterlaubnis widerrufen worden war, wurde über al-Bayan die volle Zahlung in Höhe von 381.263 US-$ geleistet. Nur
Peanuts in Anbetracht von über 253 Mio. US-$, die al-Bayan zwischen Januar 2013 und Mai 2015 von verschiedenen libyschen
Konten bezog. Im gleichen Zeitraum überwies al-Bayan
in etwa die gleiche Summe an Firmen und Auslandsunternehmen in verschiedenen
Ländern, so zum Beispiel zwei Millionen Euro an eine griechische Firma. „Die
Überprüfung der Transaktionen brachte Licht in die Rolle der betrügerischen libyschen
Scheinfirma White Star von Khaled
al-Scharif und seinen Mitarbeitern.“ So nahmen Anfang 2013 an einem Treffen in
Tripolis mit einem griechischen Hersteller al-Scharif, Belhadsch und der
Direktor von White Star teil. White Star unterzeichnete nach der
Weisung von al-Scharif den Vertrag zum Kauf von 181 Tanklastern. Die Anzahlung
von zwei Millionen Euro erfolgte jedoch über die tunesische Scheinfirma al-Bayan. Laut der UN-Kommission deutet
gegenwärtig alles darauf hin, dass Khaled al-Scharif an White Star beteiligt war und die Firma für Beschaffungen des ‚Verteidigungsministeriums‘
einsetzte. Über die tunesische Firma al-Bayan
konnte die Herkunft der Gelder, die von libyschen Firmen kamen, verschleiert
werden.
Die Italien-Connection
Die drei Italiener Mario di Leva, Annamaria Fontana und
Andrea Pardi wurden in Italien wegen Verstoßes gegen das libysche Waffenembargo
vor Gericht gestellt. Sie sollen Sanitätsflugzeuge (die leicht für militärische
Zwecke umgerüstet werden können), 13.900 Sturmgewehre, Militärhubschrauber
sowjetischer Bauart, Raketen und anderes auch militärisch verwendbares Material
sowie Boden-Luft- und Panzerabwehrraketen aus osteuropäischer und russischer
Produktion in der Zeit von 2011 und 2015 an Libyen geliefert haben. Bei Andrea
Pardi wurde eine lange Liste der gelieferten Militärgüter gefunden, darunter
auch zwölf „Fernbedienungsgeräte zum Abschalten der Triebwerke von Flugzeugen
und Hubschraubern“ zum Schnäppchenpreis von 5.850.000 €. Aus den Prozessakten,
die Italien der UN-Kommission zur Verfügung stellte und die noch weiter
ausgewertet werden, geht hervor, dass diese militärischen Güter an die
Dschihadistenhochburg Misrata geliefert wurden.
Belegt sind auch regelmäßige Sprengstofflieferungen von
Misrata per Schiff an den Revolutionären
Schura-Rat von Bengasi; so konnte beispielsweise der Frachter el-Mukhtar auf seinem Weg nach Bengasi
aufgebracht werden, dessen Ladungsbeschriftungen auf eine türkische Firma verwiesen.
All dies war den USA und der EU bestens bekannt und wurde nicht nur geduldet,
sondern massiv gefördert. Die Türkei, Katar und die Golf-Staaten galten ebenso
wie die USA, Großbritannien und Frankreich als die großen Unterstützer des von
der damaligen Außenministerin Hillary Clinton brachial vorangetriebenen Regime-Change
in Libyen und waren die Ausbilder und Aufrüster ihrer Fußtruppen, den
radikal-islamistischen Milizen. Man denke nur an das Treffen des
UN-Sondergesandten für Libyen Martin Kobler mit al-Scharif und Belhadsch sowie
anderen radikal-islamistischen Führern im türkischen Istanbul dessen
erfolgreichen Verlauf Kobler anschließend auf Twitter lobte. Bei diesem Treffen
war die Ermordung von LNA-Offizieren, die später in Tripolis vollzogen wurde, geplant
worden.
Nun plötzlich hat der Wind gedreht und die sog. ‚Revolution‘ frisst
einmal mehr ihre Kinder.
Die Kommission berichtet, dass auch die Gegenseite
militärische Hilfe bekam. So war zur Unterstützung von General Haftar eine
moldawische Frachtmaschine im Einsatz und Fotos beweisen, dass die
al-Khadim-Flugbasis kontinuierlich ausgebaut wird. Die LNA wird auch durch
ägyptische Luftschläge unterstützt, während die USA immer wieder Luftangriffe
auf sogenannte IS-Kämpfer verüben und ihre Spezialeinsatzkräfte zur Gefangennahme
von z.B. Mustafa al-Iman[4]
am Boden im Einsatz waren.
A. Gutsche
[1] https://www.libyaherald.com/2018/03/11/libyan-militias-continue-to-benefit-from-external-weapons-support-un-libya-experts-panel-report/
[2]
Abdelhakim Belhadsch gehörte in Afghanistan al-Kaida an und wurde 2004 von der
CIA von Bangkok aus nach Libyen überstellt. Abdelhakim Belhadj wird auch ‚Emir
der LIFG‘ (Libyan Islamic Fighting Group)
genannt. Führende Mitglieder der LIFG, die sich 2011 in Libyan Islamic Movement umbenannte, gehörten ab März 2011 zum National Transitional Council (NTC).
Nach dem Sturz Gaddafi wurde Belhadsch in Libyen schnell zum Millionär, dem
inzwischen eine ganze Flugzeugflotte (Wings
Aviation Company) gehört. Er wurde Vorsitzender der Watan-Partei und Kommandant
der Militärregierung in Tripolis.
[3]
Khaled al-Scharif: Als Kommandant der berüchtigten LIFG wurde er 2014 in
Tripolis zum Verantwortlichen für den Aufbau von Armee und Polizei gemacht,
ebenso war er für die Integration der Milizen in die Armee zuständig. Er arbeitete eng mit Abdelhakim Belhadsch
zusammen, der dem Militärrat von Tripolis vorstand. Al-Scharif war Befehlshaber
der Präsidialgarde und der Nationalgarde. Bei einem Treffen im März 2016, das
in Istanbul mit Angehörigen des türkischen Geheimdienstes stattfand, schlug
Scharif die Ermordung von Offizieren der Libyschen Nationalarmee (LNA) in
Tripolis vor. Diese Initiative hatte die brutale Ermordung von LNA-Offizieren
zur Folge. Scharif hatte auch die Aufsicht über das berüchtigte Al-Habda-
Gefängnisses von Tripolis. Im Mai 2017 wird das al-Hadba-Gefängnis vom Dschihadisten Hathem Tadschuri und seinen Revolutionären Tripolis Brigaden gestürmt und das Wohnhaus von Scharif abgebrannt. Es selbst kann flüchten. Es wird vermutet, dass er sich in der Türkei aufhält.
Gefängnisses von Tripolis. Im Mai 2017 wird das al-Hadba-Gefängnis vom Dschihadisten Hathem Tadschuri und seinen Revolutionären Tripolis Brigaden gestürmt und das Wohnhaus von Scharif abgebrannt. Es selbst kann flüchten. Es wird vermutet, dass er sich in der Türkei aufhält.
[4]
Mustafa al-Imam wird eine Beteiligung an den Angriff auf die US-Botschaft 2012
in Bengasi vorgeworfen, bei der der US-amerikanische Botschafter und weitere
US-Amerikaner starben.
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