Nazis, Moslembrüder und CIA – eine Geschichte mit Tradition
München. Wie sich die
CIA und andere Geheimdienste immer schon radikaler Islamisten bedienten. Und
wie dabei eine Moschee in München mit Nazi-Wurzeln zum Brennpunkt wurde. Ein
Beitrag zur Islamkonferenz.
2010 erschien ein
Buch des Pulitzer-Preisträgers Ian Johnson unter dem deutschen Titel „Die
Vierte Moschee. Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus“.[1]
Die Kooperation von CIA und Dschihadisten begann also nicht erst während des
Afghanistankriegs unter Ausweitung auf die Kriege in Libyen und Syrien, sondern
hatte schon weit ältere Wurzeln.
Der Autor Ian Johnson war beim Besuch einer Londoner
Buchhandlung mit radikal-islamistischer Literatur auf eine Landkarte gestoßen,
auf der neben der Großen Moschee in Mekka, dem Felsendom in Jerusalem und der
Blauen Moschee in Istanbul als weltweit viert-bedeutendste Moschee der
islamischen Welt das Islamische Zentrum
München eingetragen war. Damit war die Neugierde des Autors geweckt. Es
folgten ein Besuch der Moschee im Münchner Stadtteil Freimann und Forschungen
über deren Entstehungsgeschichte.
Dabei fand Johnson heraus, dass sich drei Gruppen für den
Bau und Erhalt dieser Moschee eingesetzt hatten: Nachdem zunächst die Nazis
während des Zweiten Weltkriegs und ehemalige Nazis in der Zeit danach eine
islamische Front gegen Sowjetrussland aufbauen wollten, setzten die CIA im
Kalten Krieg diese Tradition fort. Das Ziel der aus Moslembrüdern bestehenden
dritten Gruppe war, ein europäisches Zentrum zum Aufbau eines radikalen Islams
in Europa zu schaffen. Von diesen drei in München agierenden politischen
Gruppen gingen „fast alle Unternehmungen der Muslimbruderschaft im Westen“[2]
aus. Altnazis, CIA und Moslembruderschaft arbeiteten eng zusammen und
unterstützten sich gegenseitig.
Etliche Krim-Tataren, Kaukasier, Georgier, Tschetschenen,
Kasachen und Usbeken fühlten sich vom Sowjetsystem unterdrückt, darunter viele
Muslime. Dies brachte sie dazu, mit den Nazis zu kollaborieren, als diese 1941
Sowjetrussland überfielen. Daneben brachte die Wehrmacht usbekische
Kriegsgefangene in ein Lager nach Berlin. Dort sollten sie eine Ausbildung
durchlaufen, die sie befähigen sollte, Turkestan von den Russen zu befreien.
Dieser Plan hieß „Abwehrunternehmen Tiger B“, das Emblem auf dem Ärmel der
Uniformen war die Chah-I-Zindeh-Moschee in Samarkand „und die Worte Biz Alla
Bilen – Gott mit uns.“ Diese Einheit unter Führung des Geheimdienstes der
deutschen Wehrmacht kämpfte an der russischen Front und wurde später zum 450.
Infanteriebataillon, dem weitere Legionen moslemischer Kämpfer folgen sollten.
Gerhard von Mende, ein begeisterter Nationalsozialist,
entwickelte als Mitarbeiter des 1941 ins Leben gerufenen Ostministeriums der
NSDAP einen Plan, „wie man sich den Islam zunutze machen konnte“. Es wurden
sogenannte „Mittelstellen“, später „Nationalkomitees“, gegründet, die den
nicht-russischen Ethnien als quasi Exilregierungen vermittelt wurden. Es kam
sogar zur Gründung islamischer Seminare und zur Ausbildung von Imamen. Damals
dabei waren Michail Kedia aus Georgien und Ali Kantemir aus Turkestan, die
später bei den Verbindungen der Münchner Moschee mit den USA noch eine wichtige
Rolle spielen sollten. Ein weiterer damaliger Mitspieler war Veli Kayum.
Mende, der sich durch antisemitische Schriften bei der
Nazi-Regierung angedient hatte und zum Beispiel Teilnehmer bei einer Konferenz
war, in der die Umsetzung der „Endlösung der Judenfrage“ innerhalb des
Ostministeriums geklärt werden sollte, stilisierte sich nach dem Krieg als
Fürsprecher der Sowjetminderheiten. Dieses Bild wurde gerne von den USA im
Hinblick auf eine weitere Zusammenarbeit übernommen.
München verdankte seiner Lage nahe des Eisernen Vorhangs und
seines Rufs als heimliche Hauptstadt der BRD das nach Hongkong weltweit zweitgrößte
US-amerikanische Konsulat. Hier in München hatte Radio Liberty seinen Standort, „eine Tarnorganisation der CIA zum
Sturz der Sowjetunion“. Für die Aufgabe, Sendungen direkt für die UdSSR
auszustrahlen, wurden massenhaft ehemalige Mitarbeiter von Gerhard von Mendes
Ostministerium rekrutiert.
Ein von der CIA in den USA gegründetes American Committee for Liberation, abgekürzt Amcomlib, war hauptsächlich in München tätig und sollte unter
anderem Migranten für weltweite Propagandamissionen anwerben. Der Etat von Amcomlib soll 1955 etwa 2,8 Millionen
US-Dollar betragen haben.
In den Kriegsgefangenenlagern der Alliierten ängstigten sich
nach dem Krieg muslimische Kriegsgefangene, die für Deutschland gekämpft
hatten, repatriiert zu werden. Viele gaben sich deshalb als ethnische Türken
aus, so auch ehemalige Spitzenleute Mendes wie Baymirza Hayit und Veli Kayum
aus Turkestan und der Tartar Garip Sultan. Letzterer wurde schon bald
Mitarbeiter von Radio Liberty.
Geschätzt waren etwa 75 Prozent der Mitarbeiter von Radio Liberty ehemalige Nazi-Kollaborateure.
Mende selbst war bei Kriegsende in einem US-amerikanischen
Gefangenenlager in Österreich inhaftiert. Hier nahm die CIA mit ihm Kontakt
auf, was zu einer 15-jährigen Zusammenarbeit führte. Daneben war Mende mit
seinem privaten Büro auch für bundesdeutsche Regierungsabteilungen sowie dem
Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz tätig. Überflüssig zu erwähnen,
dass Mende im Geld schwamm.
Die Schauplätze des Kalten Krieges hatten sich
mittlerweile in Drittweltstaaten verlagert. Drittweltstaaten deshalb, weil sie
weder den USA noch zur Sowjetunion zuzurechnen waren. Mendes alte Idee, den
Islam als Bollwerk gegen den Kommunismus einzusetzen, wurde von der CIA
aufgenommen, auch im Hinblick darauf, dass in der Sowjetunion mehr als dreißig
Millionen Moslems lebten. Um die Sowjetunion zu schwächen, wurden
beispielsweise CIA-Moslems zur Hadsch nach Mekka geschickt, wo sie Moslems aus
der Sowjetunion zu Widerstand aufstacheln sollten.
Allerdings standen inzwischen US-Amerikaner und Deutsche in
Konkurrenz um die verbliebenen nichtrussischen Minderheiten, insbesondere der
Moslime.
Im Frühjahr 1956 kam auf Einladung Mendes Nureddin Namangani
von Istanbul nach München, um die deutsche Behörde
zur Vereinigung der deutschen Moslems zu leiten. Namangani war
Gulag-Überlebender, Imam und Hauptmann einer SS-Sturmbrigade, dem das Eiserne
Kreuz erster und zweiter Klasse verliehen worden war. 1958 wurde Namangani auf
Wunsch westdeutscher Regierungskreise zum Oberimam gemacht und der Bau einer
Moschee in München beschlossen. Namanganis Mitstreiter war ein deutscher
Wehrmachtsoffizier mit Geburtsnamen Wilhelm Hintersatz, der zum islamischen
Glauben konvertiert war und nun Harun al-Raschid Bey hieß.
Sein Gegenspieler auf US-amerikanischer Seite war der
Moslembruder Said Ramadan, mit dem die USA bereits 1953 Kontakt aufgenommen
hatten, und dessen Hauptanliegen der Kampf gegen den Kommunismus war. Nachdem
Ramadan die ägyptische Staatsbürgerschaft entzogen worden war, bekam er von
Jordanien einen Diplomatenpass, mit dem er als Sonderbotschafter nach
Westdeutschland entsandt wurde. Schon bald tingelte Ramadan als Generalsekretär
des Islamischen Weltkongresses durch
die Welt.
1957 hatten in den USA politische Ausschüsse Empfehlungen
gegeben, die Beziehungen zu islamischen, insbesondere antikommunistischen
Organisationen zu stärken. Es wird vermutet, dass in diesem Sinne Ramadan von
der Amcomlib finanzielle
Unterstützung erhielt. Zu dieser Zeit kam Bob Dreher als Koordinator der
Emigrantenbeziehungen bei Radio Liberty
nach München, wo Dreher und Ramadan ein Team bildeten. Die Schweizer Polizei
kam später zu folgendem Schluss: „Said Ramadan ist, unter anderem, ein
Geheimagent der Engländer und der Amerikaner.“
In München bemühte sich zeitgleich Mende mit Namanganis
Hilfe den Bau einer Moschee voranzutreiben. Bei einem diesbezüglichen Treffen
im Dezember 1958 in der Münchner Paulskirche war der charismatische Said
Ramadan als Gast anwesend und wurde prompt zum Ehrenmitglied der
Moscheebaukommission ernannt, während Namangani ihr Vorsitzender wurde. Auf den
Plan der US-Amerikaner, Namangani abzuservieren und stattdessen Ramadan zu
installieren, reagierte Mendes verschnupft, konnte jedoch seinen
Kontrollverlust über die islamische Migrantengemeinde in Deutschland nicht mehr
aufhalten. 1960 ließ sich die Moscheebaukommission als Verein eintragen und
wählte Ramadan zu ihrem Vorstand. Ramadan und der CIA war die Kaperung des
Moscheebauprojekts gelungen.
Eine Zwischenepisode bildete 1960 das Erscheinen des schillernd-charismatischen
Spions und Romanschriftstellers Ahmad Kamal auf der Münchner Bildfläche, der
eine islamische Wohltätigkeitsorganisation namens Jami’at al-Islam leitete und bereits ein Jahr später eine
großangelegte Konferenz „Islam und der Westen“ in Szene setzte. Der mit
Sicherheit vom US-amerikanischen Geheimdienst unterstützte Kamal flutete die
bayerischen Behörden mit Informationsmaterial, so dass plötzlich ihm die
Initiative für den Moscheebau zugeschrieben wurde. Als die US-Behörden eine Wirtschaftsprüfung
bei Kamal anordneten, schloss Jami’at
alle seine deutschen Büros und verschwand.
Ramadan bereiste zwischenzeitlich die arabische Welt und
ließ sich Spenden für den Münchner Moscheebau zusagen, angeblich darunter eine
Million eines saudischen Geschäftsmanns. Doch Ramadan und einer seiner
Mitarbeiter kamen plötzlich in Verruf. Es kam zu einer Spaltung: einerseits die
arabischen Studenten, die Ramadan unterstützen, andererseits die moslemischen
Exsoldaten um Namangani. 1961 trat Namangani als zweiter Vorsitzender der
Moscheebau-Kommission zurück.
Als Ramadan offenlegen sollte, wer seine Reisen finanzierte,
trat er als Vorsitzender ebenfalls zurück, wurde von seinen Anhängern aber
erneut für die Kandidatur vorgeschlagen. Die Wahl eines neuen Vorsitzenden kam
nicht zustande, da keine Seite eine 2/3-Mehrheit erreichen konnte. Der
Moslembruder Ramadan blieb im Amt, die arabischen Studenten und mit ihnen die
US-Amerikaner hatten das Sagen und die Exsoldaten traten aus dem
Moscheebauverein aus.
Ramadan gründete 1962 eine Dachorganisation moslemischer
Studenten namens Islamischer Rat
Deutschlands. Er repräsentierte die Moslems der Bundesrepublik und war
dabei, als in Mekka die Islamische
Weltliga gegründet wurde. In der darauf folgenden Zeit lockerten die USA
ihre Bande zu Ramadan, ebenso wie zu Gerhard von Mende, dem jetzt seine NS-Zeit
vorgeworfen wurde. Nach dem Tod Mendes 1963 wurde sein Institut Forschungsdienst Osteuropa aufgelöst.
In München benannte Ramadan die Moscheebaukommission in Islamische Gemeinschaft Süddeutschland
um. 1965 trat er als deren Vorstandsvorsitzender zurück. Sein Nachfolger wurde
der pakistanische Student Faisal Yazdani.
Das Geld für den Moscheebau kam zusammen und der Grundstein
für den Bau in Freimann konnte gelegt werden. Als wichtigste Geldquelle hatte
sich zwischenzeitlich Libyens Monarch Idris erwiesen. Mit der Machtübernahme
von Muammar al-Gaddafi 1969 versiegte diese Geldquelle und die Bauarbeiten
mussten gestoppt werden. Yazdani sprach in der libyschen Botschaft vor, ein
Botschaftsmitarbeiter reiste aus Berlin an und begutachtete das halb
fertiggestellte Gebäude. Anschließend erklärte sich Gaddafi bereit, mit
weiteren eineinhalb Millionen DM das Projekt zu sponsern. 1971 konnte
weitergebaut werden und am 24. August wurde das Islamische Zentrum München mit Tagungsräumen und Bibliothek
eröffnet.
Allerdings hatte sich zwischenzeitlich die weltpolitische
Lage etwas geändert. Der Kalte Krieg war nicht mehr ganz so kalt, in
Westdeutschland brach unter Willy Brandt die Zeit der Entspannungspolitik an.
Die Wirtschaft boomte und es kamen immer mehr brave türkische Gastarbeiter nach
Deutschland.
Was das Islamische
Zentrum München betraf, wurde 1971 der Pakistani Yazdani, der die Übermacht
der Araber als Problem ansah, durch Verfahrenstricks ausgehebelt und der
syrische Geschäftsmann Ghaleb Himmat zum neuen Vorsitzenden gewählt. Diesen
Posten behielt Himmat die nächsten dreißig Jahre.
Obwohl laut Satzung jeder Moslem Mitglied werden konnte,
wurde dies den türkischen Gastarbeitern verweigert. Als Yazdani der
Moslembruderschaft vorwarf, die Moschee an sich gerissen zu haben, wurde er aus
dem Verein ausgeschlossen. Der Verein hatte sich wieder umbenannt und hieß nun Islamische Gemeinschaft in Süddeutschland.
Die Türken erhielten nur eine Mitgliedschaft zweiter Klasse, sie konnten beten
und spenden, wurden von der Mitbestimmung aber ausgeschlossen.
Zunächst mussten die türkischen Gastarbeiter in München in
zu Betsälen umgewandelten Hinterzimmern ihre Religion ausüben. Schon bald
versuchten sich erzkonservative, türkische Religionsgemeinschaften in
Deutschland zu etablieren. Genannt seien Süleymancilar und dessen Verband der Islamischen Kulturzentren
(VIKZ) und Erbakan mit seiner Islamischen
Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), dem türkischen Ableger der
Moslembruderschaft. Um den Einfluss radikaler islamistischer Prediger von den
in Deutschland lebenden Türken fern zu halten, gründete die türkische Regierung
1984 in Absprache mit der Bundesrepublik Deutschland die Organisation Ditib (Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.), die
dem türkischen Amt für religiöse Angelegenheiten angeschlossen ist. Ihre
Aufgabe war der Moscheebau in Deutschland und die Versorgung der türkischen
Gemeinden mit nicht-radikalen Imamen. 2007 wurde diesbezüglich ein offizieller
Vertrag zwischen der Türkei und Deutschland geschlossen.
Ian Johnson schreibt: „Das Islamische Zentrum München und
alle seine Nachfolgeorganisationen hatten nie mehr als ein paar Dutzend
Mitglieder. Diese Leute waren auch nie für die Muslime Münchens da – im
Gegenteil, der türkischen Bevölkerung, die in den 1970er Jahren bis zu 90
Prozent der muslimischen Gemeinde Münchens ausmachte, wurde die Mitgliedschaft
nachdrücklich verweigert.“
Das Gesicht der Islamischen
Gemeinschaft Süddeutschland wurde durch den ägyptischen Geschäftsmann und
fanatischen Moslembruder Youssef Nada nach außen vertreten. Nada hatte bis zu
Gaddafis Machtergreifung 1969 beste Beziehungen zum libyschen Königshaus
gepflegt.
1982 wurde die Münchner Moschee in Islamische
Gemeinschaft Deutschland umbenannt und die Satzung dahingehend geändert,
dass auch ausländische Imame in der Moschee predigen konnten. Die Münchner
Moschee mit Niederlassungen in allen großen deutschen Städten gewann immer mehr
an Bedeutung und wurde die deutsche Vertretung bei Treffen der europäischen
Moslembruderschaft, deren Hauptsitz sich in Großbritannien befand. Schon seit
1973 hatten sich die islamischen Kulturzentren in Europa untereinander
vernetzt, dominiert vom Einfluss Saudi Arabiens.
Bedeutende islamistische Aktivisten konnten als eine Art
Ehrung eine Mitgliedschaft in München erhalten, so beispielsweise Khurshid
Ahmad als der wichtigste Repräsentant des südasiatischen Zweigs der
Moslembruderschaft oder Issam al-Attar, Leiter des syrischen Zweigs. Von 1984
bis 1987 lebte der vormals „oberste Führer“ der Moslembruderschaft von Kairo,
Mahdi Akef, in München und wurde zum Oberimam des Islamischen Zentrum München ernannt. In dieser Funktion verhalf
Alef dem organisierten Islam zu einem beispielhaften Aufstieg in Europa.
Die Moschee war nach dem Tod Mendes merkwürdigerweise vom
Radar des deutschen Verfassungsschutzes verschwunden. Erst durch den
Herausgeber von Al-Islam, das
offizielle Presseorgan der Islamischen
Gemeinde Deutschland, Ahmad von Denffer, ein deutscher Konvertit, wurde sie
wieder unter Beobachtung gestellt. Denffer identifizierte sich mit der
pakistanischen Bewegung Jamat-e-Islami.
1990 war die Münchner Moschee führend in der Formulierung der islamistischen
Politik weltweit und soll Verbindungen zum Terrorismus gehabt haben. So
bestätigte der damalige Oberimam Ahmed el-Khalifa, sich sowohl mit al-Kaidas
Finanzchef und Bin Laden Intimus Mamdouh Mahmud Salim als auch mit Mahmoud
Abouhalima, später in den USA verurteilt wegen einem Sprengstoffanschlag auf
das World Trade Center, getroffen zu haben. Daneben gab es Querverbindungen zu
der Moschee in Hamburg, in der einer der 9/11-Attentäter, Mohammed Atta,
verkehrte.
Ian Johnson: „Die Moschee wird später einen Bombenanschlag
überstehen, sie wird als Anlaufstelle für den Dschihad dienen und junge Muslime
für den Kampf in Bosnien rekrutieren. Ihre Mitglieder wird man später wegen
Terrorismus anklagen und Himmat mit der Beschuldigung, al-Quaida zu
finanzieren, zum Rücktritt zwingen.“
Ghalet Himmat musste 2002 tatsächlich die Leitung der
Islamischen Gemeinschaft Deutschland abgeben. Auf ihn folgte Ibrahim el-Zayat,
in Deutschland aufgewachsen mit deutscher Mutter und ägyptischen Vater, ein
„perfekter Lobbyist“, der „bei allen kürzlich gegründeten Gruppen der
Muslimbruderschaft Europas eine Hand im Spiel zu haben scheint“ und „zu den
einflussreichsten Islamisten Europas“ gehört. Einer seiner Hauptkunden bei
seinen Geschäften mit dem Bau von Moscheen ist der türkische Ableger der
Moslembruderschaft Milli Görüş. Unter
el-Zayat haben sich die Aktivitäten der Islamischen
Gemeinschaft Deutschlands, obwohl offizieller Sitz immer noch München ist,
stärker nach Köln verlagert.
Der Politikwissenschaftler Robert S. Leiken riet in einem
Artikel der Zeitschrift Foreign Affairs
den USA, keine Angst zu haben, mit der Bruderschaft - oder mit irgendeiner Gruppe – in Beziehung
zu treten, solange diese im Interesse der USA handle. Diesem Ratschlag folgend
setzte die westliche Welt weiterhin Moslembrüder und Dschihadisten als Verbündete
im Kampf gegen unliebsame Regierungen ein, während man gleichzeitig Terroristen
moslemischen Glaubens den Krieg erklärte. Welch eine Schizophrenie: „Man hatte
den Bock zum Gärtner gemacht.“
Die Verbindungen der Münchner Moschee reichten bis in die
USA eines Barack Obama. Der mit der Bruderschaft gut vernetzte Mazen Asbahi war
in den USA Koordinator für die Öffentlichkeitsarbeit bei Muslimen und hatte als
Leiter der Muslim Student Association
gute Kontakte zur München.
„Genau wie in den 1950er und 1960er Jahren entschieden sich
die USA für die Muslimbrüder“. Sie als Verbündete und Kampfgruppen im Kampf
gegen missliebige Regierungen einzusetzen, hat somit eine lange Tradition.
Einige der Hauptverantwortlichen für die Münchner Moschee wie Ghaleb Himmat
residieren in einer Villa am Luganer See und in seiner Nähe wohnt Youssef Nada[3],
der die Finanzierung der Münchner Moschee und den Aufbau der Moslembruderschaft
in den USA mitorganisierte.
Soweit das Buch von
Ian Johnson „Die Vierte Moschee“ aus dem Jahre 2010. Johnson hat akribisch
recherchiert und in einem seitenlangen Anhang Nachweise zusammengetragenen, die
jeden Versuch, sein Buch als „Verschwörungstheorie“ abzutun, ins Leere laufen
lassen.
---
Erst 2011 wurde im
Laufe des sogenannten „arabischen Frühlings“ und der nachfolgenden Kriege gegen
Libyen und Syrien klar, welche Rolle der Westen ihrem Verbündeten, der
Moslembruderschaft, zugedacht hatte. Man hatte die Moslembrüder unterstützt und
mit ihnen zusammengearbeitet, um Regierungen, die der globalen Strategie des
Westens im Weg standen, zu stürzen. Erst wenn einer der „Brüder“ aus dem Ruder
lief und Anschläge in westlichen Ländern verübte, wurde er als Terrorist
verfolgt und am besten gleich bei der Festnahme erschossen. Auffallend dabei,
dass vor allem europäische Länder – mit Ausnahme von 9/11 – zum Ziel
terroristischer Anschläge wurden.
Doch inzwischen zeigen
sich Risse in der Moslembruderschaft. So stehen sich die einst gemeinsam
marschierenden Staaten Katar und Saudi Arabien als Feinde gegenüber und auch
die ebenfalls einst gemeinsam das Projekt Moslembruderschaft vorantreibenden
türkischen Politiker Recep Tayyip Erdogan
und Fethulla Gülen wurden zu erbitterten Feinden. Für Saudi Arabien, den USA in
kompletter gegenseitiger Abhängigkeit verbunden, und für den inzwischen in den
USA lebenden Gülen dürften die CIA immer noch der engste Verbündete die
Moslembruderschaft sein, während Katar und die Türkei ihre nationalen, von den
USA unabhängigen Bruderschaftsprojekte voranbringen möchten.
Auf Antrag von Ted
Cruz musste sich 2017 der US-Senat erneut damit befassen, ob die
Moslembruderschaft auf die Terrorliste der USA gesetzt werden soll.[4]
Dies steht auch im Zusammenhang mit der explizit Israel feindlichen Position,
die von der Moslembruderschaft vertreten wird und die bisherigen US-Regierungen
in Kauf nahmen.
Wo steht dabei
Deutschland mit seinen 1,48 Millionen türkischen Staatsbürgern im Jahr 2017?[5]
(Nicht einberechnet türkischstämmige Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit
oder nur mit deutschem Pass.) Seit 2015 ist der Anstieg der Migranten aus
arabischen Ländern enorm gestiegen, was auch innerhalb der islamischen
Gemeinden in Deutschland zu erhöhten Spannungen führen dürfte. Innenminister
Horst Seehofer machte die Einflussnahme aus dem Ausland auf die Moscheen auch
zum Thema der 4. Islamkonferenz[6],
die am 28.11.2018 begann.
A. Gutsche
[1] 2011 Klett-Cotta; Originaltitel „A
Mosque in Munich. Nazis, The CIA, and the Muslim Brotherhood in the West“ von
2010.
[2] Alle wörtlichen Zitate von Ian Johnson aus
„Die Vierte Moschee“
[3]
bei Drucklegung des Buches „A Mosque in Munich. Nazis, The CIA, and the Muslim Brotherhood in
the West“
[4]
https://www.heise.de/tp/features/USA-Debatte-ueber-Verbot-der-Moslembruderschaft-3849730.html?wt_mc=nl.tp-aktuell.montag-freitag
[5] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/152911/umfrage/tuerken-in-deutschland-seit-2001/
[6]
https://www.tagesschau.de/inland/islamkonferenz-123.html
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