LNA-Vormarsch kommt ins Stocken und UN drohen
Libyen. Einzelne
Gefechte rund um Tripolis. Der UN-Sicherheitsrat tagt. Wird die Nato wiederrum
eingreifen? Was steckt wirklich hinter dem Marsch nach Westen?
Es ist der Libyschen Nationalarmee (LNA) unter General
Hafter nach Gefechten mit Milizen, die mit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis
unter Sarradsch verbündet sind, nicht gelungen, eine etwa 30 Kilometer westlich
von Tripolis gelegene Straßensperre an der Küstenstraße, die Tripolis mit der
tunesischen Grenze verbindet, zu halten.
Auch in der westlich von Tripolis gelegenen Stadt Zawija erlitt
die LNA einen schweren Rückschlag. Es wurde die Gefangennahme von 145 – andere
Quellen sprechen von 128 – LNA-Soldaten durch Sarradsch-treue Milizen vermeldet.
Es sollen auch 60 LNA-Fahrzeuge von der Miliz erbeutet worden sein.
Außerdem sind Milizen aus der Stadt Misrata zur
Unterstützung der Sarradsch-Regierung nach Tripolis aufgebrochen: „Wir erklären
die totale Mobilmachung und den Krieg“.
Es gibt jedoch auch von LNA-Seite Erfolgsmeldungen. Deren Sprecher
teilte am Freitag mit, dass die Streitkräfte die Kontrolle über die beiden nahe
Tripolis gelegenen Städte Tarhuna und az-Zawija erlangt haben. Bei Kämpfen um
die Städte seien fünf LNA-Soldaten gefallen. Auch die Gebiete Qasr ben Ghashir
und Wadi al-Rabie am südlichen Stadtrand von Tripolis und nahe des
Internationalen Flughafens sollen nun von der LNA kontrolliert werden.
Die Vereinten
Nationen
Nachdem sich der UN-Generalsekretär Antonio Guterres am
Donnerstag zu Gesprächen mit Sarradsch in Tripolis aufgehalten hatte, traf er am
Freitag zunächst in Tobruk mit Aguila Saleh, dem Parlamentspräsidenten,
zusammen um anschließend in Bengasi mit dem Oberbefehlshaber der LNA, General
Hafter, Gespräche zu führen. Aguila Saleh ist ebenfalls mit Hafter verbündet: Der
General war vom libyschen Parlament (Tobruk) zum Oberbefehlshaber der LNA
ernannt worden.
Die Nacht zuvor hatte der UN-Generalsekretär in einem stark
gesicherten UN-Gebäude in einem Vorort von Tripolis verbracht.
Nach den Gesprächen twitterte Guterres: „Mein Ziel bleibt
dasselbe: eine militärische Konfrontation zu vermeiden. Ich bekräftige, dass es
keine militärische Lösung für die libysche Krise gibt, sondern nur eine
politische.“ Zwischenzeitlich hat ein tiefbesorgter Guterres Libyen wieder
verlassen.
Der UN-Sicherheitsrat, der am Freitagabend zu einer geheimen Dringlichkeitssitzung zusammengerufen wurde, hat sich über die militärische Eskalation in Libyen ebenfalls zutiefst besorgt gezeigt. Es rief General Haftar dazu auf, seinen Marsch auf Tripolis zu stoppen. Verbindliche Beschlüsse wurden nicht gefasst.
Der UN-Sicherheitsrat, der am Freitagabend zu einer geheimen Dringlichkeitssitzung zusammengerufen wurde, hat sich über die militärische Eskalation in Libyen ebenfalls zutiefst besorgt gezeigt. Es rief General Haftar dazu auf, seinen Marsch auf Tripolis zu stoppen. Verbindliche Beschlüsse wurden nicht gefasst.
Die Akteure außerhalb
Libyens
Der Sprecher des russischen Präsidenten Putin betonte, dass Russland
die Situation in Libyen sehr aufmerksam verfolge und sich für eine friedliche
Lösung des Konfliktes einsetze. Moskau beteilige sich nicht an den Aktionen von
General Haftar. Alle nur möglichen Anstrengungen sollten weiterhin unternommen
werden, um die Situation vollständig auf friedlichem Wege und mit politischen
Mitteln zu regeln. Und der russische Außenminister Lawrow erklärte, Russland unterstütze
die Roadmap der Vereinten Nationen zur Lösung der Libyen-Krise, nach der es in
Libyen eine Nationalkonferenz im April und Wahlen noch in diesem Jahr geben
soll.
Die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und die VAE
erklärten, sie seien gegen jede militärische Aktion. Jede Fraktion, die weitere
Konflikte hervorruft, werde zur Rechenschaft gezogen. Diese Aussagen stellen wirklich den Gipfel der Heuchelei dar. Denn waren
es nicht die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und andere Nato-Staaten,
die 2011 Libyen in das Chaos bombten, das sie heute mit Krokodilstränen beweinen?
Als die von ihnen hochgepäppelten Milizen sich gegen die libysche Armee nicht
durchsetzen konnten und zu verlieren drohten, wie schnell setzten sie da
militärische Gewalt in Form von hunderten Bombenangriffen ein, um den
Regimechange herbeizuzwingen?
Und schon wieder ertönen Drohungen aus den westlichen
Ländern. Bei Aussagen wie „es drohen Gefahren für die Zivilbevölkerung in
Tripolis“ schrillen alle Alarmglocken. Wäre die Nato wirklich bereit, wieder
mit Bomben in einen Bürgerkrieg in Libyen einzugreifen, um ihre
Marionettenregierung an der Macht zu halten? Der Aufmarsch der
LNA-Militärkolonnen auf dem Weg nach Tripolis wäre ein leichtes Ziel für
Nato-Bomben. Ausgeführt wieder einmal unter dem Deckmäntelchen des Schutzes der
Zivilbevölkerung. Wohin dieser schon einmal gewährte „Schutz“ im Jahr 2011
Libyen führte, ist zu besichtigen. Der Sturz der damaligen
Dschamahirija-Regierung, die Zerschlagung aller Sicherheitsstrukturen und die
brutale Ermordung Muammar al-Gaddafis brachten das Chaos, das heute für das am
Abgrund stehende und gespaltene Libyen, die Verelendung der libyschen
Gesellschaft und das Migrantenelend verantwortlich ist.
Welch absurde Vorstellung, wieder mit Gewalt in Libyen
einzugreifen! Bleibt zu hoffen, dass sich Russland und China nicht noch einmal bei
Abstimmungen im UN-Sicherheitsrat nur enthalten, sondern den Mut und die
Weitsicht aufbringen, sich aktiv jedem Eingreifen von außen in Libyen zu
widersetzen. Und Deutschland, das gerade auch den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat
einnimmt? Man kann davon ausgehen, dass sich unter Außenminister Heiko Maaß
Deutschland nicht einmal zu einer Enthaltung wie noch 2011 durchringen könnte.
Wird doch gemunkelt, dass unsere Flinten-Uschi als Nachfolgerin von
Nato-Generalsekretär Stoltenberg gehandelt wird.
Oder könnten sich doch auch andere Gerüchte bestätigen? Dass
die UN im Verbund mit den Nato-Mächten und unter Absprache mit General Hafter
und Sarradsch auf der Weltbühne eine große Inszenierung mit exzellenten
Schauspielern abzieht, um die Nationalkonferenz und Wahlen wieder einmal
aussetzen und verschieben zu können, da Wahlen das sichere Ende der Herrschaft
von Sarradsch und Hafter bedeuten werden. Denn für die Libyer gibt es eine sehr
viel attraktivere politische Alternative namens Saif al-Islam Gaddafi.
Einigermaßen erstaunlich war es ja schon, dass Hafter seinen Marsch auf
Tripolis bereits Tage vorher ankündigte, statt auf einen Überraschungscoup zu
setzen, bemerkenswert auch, wie das Thema Libyen plötzlich die westlichen
Medien beherrscht, wo es doch bisher geflissentlich totgeschwiegen wurde,
unglaublich fast, dass sich Guterres genau zum richtigen Zeitpunkt im Land
befand, und merkwürdig auch das plötzliche Schwächeln der LNA, die doch so
überlegen sein soll. Nicht zu vergessen: Der schillernde General Hafter mit
seinem US-amerikanischen Pass und seiner langjährigen Nähe zu Langley/Virginia gilt
immer noch als CIA-Mann.
Wie es schon immer war in Libyen. Kaum etwas ist so, wie es
nach außen scheint.
A. Gutsche
Mit sehenswertem
Video:
https://www.telesurenglish.net/news/Libyan-Strongman-Meets-with-UN-Chief-after-Advancing-on-Tripoli-20190405-
https://www.telesurenglish.net/news/Libyan-Strongman-Meets-with-UN-Chief-after-Advancing-on-Tripoli-20190405-
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