Mittwoch, 28. September 2022

USA wollen Zugriff auf libysche Erdöleinnahmen

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Der Vorschlag des US-Botschafters in Libyen, Richard Norland, die Öleinnahmen Libyens von Dritten verwalten zu lassen, wurde in Libyen mit Empörung aufgenommen.

Ein durchgestochenes Papier der US-Botschaft namens Libya Special Committee for Oversight, auf Arabisch Mustafeed genannt, stößt auf breite Ablehnung. In dem Papier wird dargestellt, wie sich die USA die Überwachung der libyschen Erdöleinnahmen vorstellen. Und zwar soll ein Komitee, das sich aus Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, Ägyptens, der USA und Libyens zusammensetzt, die Öleinnahmen verteilen und so die Ausgaben des Staatshaushalts überwachen. Damit solle gesichert werden, dass Öleinnahmen, die für den Import von Medikamenten und Lebensmitteln bestimmt sind, nicht anderweitig verwendet werden. Darüber hinaus sollte eine dritte Partei, wahrscheinlich eine ausländische Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Bankkonten des libyschen Staates überprüfen.

Kritiker befürchten, dass Norlands „Mustafeed-Plan“, der übrigens vorher schon von Stephanie Williams ins Gespräch gebracht worden war, nur eine abgeänderte Version des berüchtigten „Öl-für-Lebensmittel-Programms“ ist, das dem Irak 1995 auferlegt wurde, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, seine Öleinnahmen selbst zu verwalten. „Das Programm, das Teil der Sanktionen gegen die Regierung Saddam Hussein war, entwickelte sich letztlich zu einer hochgradig korrupten Bürokratie, die zum Tod von Hunderttausenden Irakern führte, während immer mehr von ihnen verarmten und sich keine Lebensmittel und Medikamente leisten konnten. Im Rahmen dieses Mechanismus war der Irak nicht in der Lage, seinen Bedarf ohne eine Genehmigung der Programmvollzugsbeamten zu decken, die in der Regel jeden einzelnen Kauf, einschließlich Babynahrung und anderer lebensnotwendiger Güter, prüften.“

MiddleEastMonitor schreibt, dies sei ein „klarer Versuch, dem libyschen Staat die souveräne Entscheidungsgewalt über seine Ressourcen zu entziehen, indem er sie einfach ausländischen Mächten überlässt, die im Grunde die Hauptursache für die Misere des Landes seit 2011 sind.“ Von den USA und der UN werde Libyen immer noch als „Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit“ angesehen .

Laut dem libyschen Wirtschaftswissenschaftler asch-Schauhoumi habe „kein internationales Unternehmen das Recht, die Öleinnahmen eines souveränen Landes zu überprüfen“. Nach libyschem Recht obliegen die Prüfung und Überwachung der Öleinnahmen allein den zuständigen libyschen Aufsichtsbehörden als da sind das Rechnungsprüfungsamt, die Verwaltungsaufsicht und die Justizbehörden. Das Mustafeed-Papier ziele darauf ab, die libyschen Öleinnahmen durch Parteien verwalten zu lassen, die weder durch das Volk noch durch das Gesetz dazu autorisiert sind. Nach libyschem Recht verstoße der Vorschlag Norlands, die Öleinnahmen auf Konten der libyschen Auslandsbank zu belassen und durch ein Komitee verwalten zu lassen, gegen libysches Recht. Die Öleinnahmen müssen laut Gesetz auf Konten der Libyschen Zentralbank (CBL) überwiesen werden.

Aller Kritik zum Trotz scheint der vom Parlament abgesetzte Premierminister Dabaiba den Mustafeed-Vorschlag des US-Botschafters zu unterstützen, da Norland twitterte: „Ich habe das bisherige Engagement des Premierministers für Mustafeed gelobt“.

Dabei muss inzwischen wirklich jedem klar sein, dass immer noch mehr ausländische Einmischung die Sache für Libyen immer mehr verschlechtert und das politische Klima komplett vergiftet. Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen im Jahr 2011 geht es dem Ausland mit Hilfe der UN immer nur darum, die Bodenschätze Libyens zu kontrollieren. Da dies offensichtlich auf direktem Weg gerade nicht möglich ist, da die Erdölquellen im Süden Libyens von der Libyschen Nationalarmee (LNA) kontrolliert werden und somit dem Zugriff der Westmächte entzogen sind, versuchen nun die USA, zumindest die mit dem libyschen Öl und Gas erzielten Einnahmen ihrer Kontrolle zu unterwerfen. Korrupte libysche Politiker wie Dabaiba, die dabei behilflich sind, finden sich bekanntlich immer.

Allerdings werden im Moment kaum Einnahmen erzielt, ist die Ölausfuhr seit Mitte April fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Vermutlich können nur noch 15 Prozent des zuvor geförderten Erdöls exportiert werden, genaue Zahlen liegen nicht vor, da die Libysche Ölgesellschaft (NOC) keine Daten zur Verfügung stellt. Wichtige Ölfelder und Häfen sind aufgrund von Protesten gegen die ungerechte Verteilung der Öleinnahmen und der Weigerung Dabaibas, die Macht in Tripolis an dem vom Parlament ernannten Baschagha abzugeben, geschlossen.

Dies ist für den Westen angesichts der desaströsen Lage auf dem internationalen Ölmarkt, ausgelöst durch die gegen Russland verhängten Sanktionen, mehr als bitter. Libyen verfügt über die drittgrößten, nachgewiesenen Ölreserven in Afrika. Dieses hochwertige, leichte Erdöl würde dringend zur Senkung der Erdölpreise benötigt, vor allem in Europa.

 

https://libyareview.com/25133/libyan-economist-rejects-us-oil-management-proposal/
https://www.middleeastmonitor.com/20220707-is-iraqs-notorious-oil-for-food-program-to-be-repeated-in-libya/
https://libyareview.com/25188/report-libyan-crisis-affecting-global-oil-markets/

 A. Gutsche

 

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