Kurznachrichten Libyen – 06.03. bis 12.03.2023
UNSMIL-Leiter Bathily drängt auf Roadmap für Wahlen / Frage der zugelassenen Kandidaten weiterhin offen / Protest in Qurayat gegen Milizenwillkür / IWF verhandelt mit Libyscher Zentralbank / Antikes Sabratha dem Verfall preisgegeben
08.03.: Internationaler Frauentag.
Verfassungsrechtliche Grundlagen / Wahlen
+ 06.03.: Scheichs.
Mitglieder der Nationalen Kommission der libyschen Scheichs und Honoratioren
erklärten: „Die Einheit und Souveränität Libyens sind eine rote Linie, die
nicht angetastet werden darf. Libyen ist eine geschlossene Einheit, und sein
soziales Gefüge ist der Garant für seine Einheit“. Es müssten so bald wie
möglich Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden.
https://libyareview.com/32453/libyan-tribal-leaders-political-solution-must-be-libyan-led/
+ 06.03.: Agila Saleh. Laut
dem Parlamentspräsidenten Saleh werde die Durchführung von Wahlen durch die
Annahme der 13. Änderung der verfassungsrechtlichen Grundlagen gewährleistet.
https://libyareview.com/32456/ageela-saleh-13th-constitutional-amendment-fulfills-libyans-desire-to-hold-elections/
+ 07.03.: Saleh/Staatsrat.
Parlamentspräsident Aqila Saleh erklärte, dass der Staatsrat bezüglich
politischer Vereinbarungen nur ein beratendes Gremium ist, dessen Meinungen
nicht bindend sind. Das Parlament müsse ihn nicht mit Änderungen der
verfassungsrechtlichen Grundlagen befassen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1633049700893949954
+ 07.03.: Parteien. In einem
Schreiben an UN-Generalsekretär Guterres und die Mitglieder des
UN-Sicherheitsrats haben 51 politische Parteien zu einem politischen Lösungsweg
aufgerufen, der zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und zur Errichtung
eines >pluralistischen und demokratischen Systems< führt. Den derzeitigen
politischen Gremien fehle es an Legitimität.
https://libyareview.com/32536/51-libyan-political-parties-stress-necessity-of-elections/
+ 08.03.: Westliche Staaten.
Die Vertreter westlicher Staaten gaben gemeinsam folgende Erklärung ab:
„Vertreter Frankreichs, Deutschlands, Italiens, des Vereinigten Königreichs und
der Vereinigten Staaten sind in Libyen, um ihre Unterstützung für die
Initiative des UN-Sondergesandten Abdoulaye Bathily zum Ausdruck zu bringen,
die darauf abzielt, die Unterstützung der libyschen Führung für einen Fahrplan
für die Wahlen zu erreichen. Bei ihrem Treffen mit den libyschen Behörden
betonten die Vertreter, dass diese die notwendigen Kompromisse eingehen müssen,
um den Weg für die Wahlen rasch freizumachen, damit das libysche Volk seinen
Wunsch, seine Führer zu wählen, verwirklichen kann.“
https://www.libyaherald.com/2023/03/western-powers-urge-libyan-political-leaders-to-make-necessary-compromise-to-enable-2023-elections/
Dies kommentiert Aya Burweila: „Die sogenannten libyschen ‚Führer‘, auf
die Bezug genommen wird, sind genau die nicht gewählten Gauner, die von der UNO
in den letzten beiden Betrügereien, die sie gegen Libyer betrieben, ausgewählt
und installiert wurden. Die Libyer waren 2021 bereit zu wählen. Wenn Sie es mit
Demokratie und Menschenrechten wirklich ernst meinen, entzögen sie der
Dabaiba-Junta die Anerkennung.“
https://twitter.com/burweila/status/1633536487626006543
+ 12.03.: Stellvertreterkrieg.
Der Parlamentarier Dschaballah asch-Schaibani äußerte die Befürchtung, dass das
Ausland Libyen in einen Stellvertreterkrieg hineinziehen könnte, anstatt es bei
der Abhaltung von Wahlen zu unterstützen. Ausländische Mächte zögen die Fäden
und der Status quo bleibe bestehen. Kriegsparteien werden unterstützt, aber so,
dass keine die andere besiegen kann.
https://libyareview.com/32646/libyan-mp-foreign-countries-may-drag-libya-into-proxy-war/
+ 09.03.: Wählerregistrierung.
Es wird gefordert, die Wählerregistrierung wieder zu öffnen, damit sich noch
mehr Libyer als Wähler registrieren lassen können. Es sei unfair, dass
diejenigen, die gegen Wahlen sind, diese auf unbestimmte Zeit verschieben
können, während die Wählerregistrierung nur für einen begrenzten Zeitraum
möglich war.
https://twitter.com/burweila/status/1633552214185713667
+ 10.03.: Algerien/Wahlen.
Der Stabschef der algerischen Armee, Generalleutnant Said Chengriha, sagte,
dass Libyen „immer eine wichtige Rolle bei der Lösung von Konflikten und der
Annäherung der Ansichten aller afrikanischen Länder gespielt hat“. Er hoffe,
dass Libyen diese positive Rolle in der Region wieder einnehmen wird. Er sprach
sich für die Abhaltung von Wahlen in Libyen aus und lobte die „tief verwurzelten
brüderlichen Beziehungen zwischen Libyen und Algerien“. Chengriha: „Unsere
gemeinsame Geschichte und die Unterstützung des libyschen Volkes für die
algerische Befreiungsrevolution verpflichtet uns als Amtsträger beider Länder,
bei der Lösung von Krisen, die die Sicherheit der Region beeinträchtigen und
sie destabilisieren, zusammenzuarbeiten.“
https://libyareview.com/32603/algeria-calls-for-end-of-stalemate-in-libya/
+ 11.03.: Bathily/Wahlen.
Bathily erklärte, Parlamentspräsident Agila Saleh und der Staatsratsvorsitzende
Khaled Mishri hätten zwischen Oktober 2022 und Januar 2023 schon dreimal
verkündet, sie hätten eine Vereinbarung unterzeichnet, mit der ihre Gespräche
über die verfassungsrechtlichen Grundlagen abgeschlossen wurden. Doch noch
heute bestehe in wichtigen Punkten Uneinigkeit, so bei den Kriterien für die
mögliche Teilnahme von Präsidentschaftskandidaten. Es gebe keinen Grund für
weitere Verzögerungen, so dass bis Mitte Juni ein klarer Fahrplan für die
Wahlen aufgestellt werden könne.
Bathily sagte, dass die Fortsetzung der jetzigen Situation zu einem
wirtschaftlichen Zusammenbruch, politischen und sozialen Unruhen und
zunehmender Unsicherheit führen wird, was letztlich die territoriale Integrität
Libyens und die Einheit seines Volkes untergraben wird. Geklärt werden müsse
noch das sicherheitsrelevante Umfeld für Wahlen, das Verhalten und die
Möglichkeiten der Kandidaten, die Einbeziehung aller relevanten
gesellschaftlichen Gruppen zur Lösung von politischen und praktischen Fragen
sowie die Einsetzung eines wechselnden, hochrangigen Gremiums, das nicht vom
UNSMIL benannt wird.
Voller Wortlaut:
https://www.libyaherald.com/2023/03/a-clear-roadmap-for-libyan-elections-can-be-established-by-mid-june-unsmil-head-bathily/
Die schreckliche Situation, in der sich Libyen heute befindet, wurde von
ausländischen Kräften verursacht und wird von ihnen seit Jahren
aufrechterhalten. Es bestand keinerlei Interesse, Libyen wirklich auf die Beine
zu helfen, sondern das Ziel war es, Libyen in zwei, besser noch in drei Teile
zu zerschlagen.
+ 11.03.: Bathily/Kandidatenliste.
Bezüglich der Wahllisten sagte Bathily, dass es Bedenken hinsichtlich der
Kandidatenliste für die Präsidentschaftswahlen gebe. Das Hochkommissariat werde
beauftragen, dieses Problem zu lösen. Einige Kandidaten werden möglicherweise
nicht mehr kandidieren, und daher könne man die Kandidatenliste des letzten
Jahres nicht übernehmen. Die Kandidatenliste werde wieder für alle geöffnet,
die dies wünschen. Ein hochrangiger Lenkungsausschuss werde einen
Verhaltenskodex für die Kandidaten aufstellen, den die libysche Führung in die
verfassungsrechtlichen Grundlagen aufnehmen muss.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1634558506211725314
Weitere Nachrichten aus Libyen
+ 08.03.: Milizen/Quarayat.
Mitglieder der 444. Brigade unter der Führung von Mahmoud Hamza
(Dabaiba-‚Regierung‘) stürmten die Häuser von Zivilisten in der Gegend von
Qurayyat (ca. 340 km südlich von Tripolis) und entführten mehrere Jugendliche.
Nach Übergriffen der 444. Brigade gegen Zivilisten, der Zerstörung ihrer Häuser
und der Durchsuchung von Schlafräumen ist die Lage in Qurayyat angespannt.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1633540679061102607
+ 09.03.: Protest/Qurayat.
Der Exekutivrat der Gemeinde al-Qurayat und Bewohner der Region beschwerten
sich über die Razzia, die die 444. Brigade und Polizeikräfte in Häusern von
Zivilisten durchgeführt haben und über den Umgang mit deren Eigentum.
Video: https://twitter.com/SaifFuture/status/1633970973295648769
+ 08.03.: al-Massud/USA/Dabaiba.
Abdel Moneim al-Marimi, Neffe von Abu Massud, der von der Dabaiba-‚Regierung‘
an die USA ausgeliefert wurde, erklärte, dass der Gesundheitszustand seines
Onkels, Abu Massud, problematisch sei. Er bekomme Medikamente und wenn sich
sein Zustand verschlechtere, werde er im Krankenhaus behandelt, anschließend
aber wieder zurück ins US-Gefängnis gebracht.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ verweigere jede Kommunikation und Unterstützung.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1633467957090353158
+ 07.03.: Südliches Libyen.
Die LNA suchte den Kontakt zur Gemeinde Mursuk, um Gespräche über die mögliche
Rückkehr von Binnenvertriebenen zu führen.
In Libyen gibt es immer noch 143.000 Binnenflüchtlinge.
https://libyareview.com/32505/libyan-army-discusses-return-of-displaced-citizens-with-southern-tribal-leaders/
+ 11.03.: IWF/CBL. Die seit
2013 ausgesetzten Verhandlungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds und
der Libyschen Zentralbank (CBL) wurden in der tunesischen Hauptstadt Tunis
wieder aufgenommen. Es soll die wirtschaftliche und finanzielle Situation
Libyens bewertet werden.
https://libyareview.com/32652/central-bank-of-libya-resumes-consultations-with-imf/
Wie katastrophal diese Bewertung ausfallen dürfte, ist hinreichend bekannt.
Der IWF wird versuchen, Libyen in ein neoliberales Privatisierungsfahrwasser im
Gegenzug für Kredite zu zwingen.
Bis 2011 war Libyen ein schuldenfreies Land, keine Verschuldung bei der
Weltbank, nicht beim IWF oder sonst wo.
07.03.: Proteste. Der
Vorsitzende des Ärzteverbandes bereitete Proteste und Informationsveranstaltungen
vor dem Gesundheitsministerium in Tripolis vor, um die Forderungen des
Gesundheitspersonals durchzusetzen. Dazu zählen die Umsetzung der geplanten
Krankenversicherung sowie die Auszahlung von Gehältern und Zulagen.
https://libyareview.com/32516/libyan-doctors-organise-protest-to-demand-overdue-salaries/
+ 08.03.: Streik. Auf den
Flughäfen Mitiga (Tripolis) und Misrata wurde aufgrund des Streiks der
Fluglotsen der Flugverkehr eingestellt.
https://libyareview.com/32552/libyan-airports-face-major-strike/
+ 08.03.: Trabelsi. Nachdem
bei seiner Ankunft in Paris eine große Menge Bargeld beim Innenminister der
Dabaiba-‚Regierung‘, Imad Trabelsi, vom Zoll beschlagnahmt worden war, kehrte
Trabelsi nach seiner Freilassung durch die französischen Behörden nach Tunesien
zurück. Zuvor hatten die Honoratioren von Zinten für Trabelsi bei Dabaiba
interveniert. Nun soll sich Trabelsi für den Vorfall zu entschuldigen.
Zunächst war von zwei Millionen Euro die Rede, jetzt von einer halben Million.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1633969773141794816
+ 09.03.: Trabelsi. Bei einer
Kabinettssitzung der Dabaiba-‚Regierung‘ in al-Khoms bestritt Trabelsi die
Vorwürfe, er sei mit 500.000 Euro in bar nach Paris gereist.
Dabaiba dankt Trabelsi für die Aufklärung und erklärt den Fall für
abgeschlossen.
https://en.alwasat.ly/news/libya/391641
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1633845589871063040
+ 10.03.: Korruption. Laut
dem Abgeordneten Abdel-Moneim al-Arfi öffneten sich für das Audit Bureau ab
2012 alle Möglichkeiten für Korruption, als ihm die Aufgabe der
Vertragskontrolle übertragen wurde. Es erhalte „Schmiergelder und Provisionen“.
https://libyareview.com/32610/libyan-mp-accuses-audit-bureau-of-corruption/
+ 11.03.: Betrug. Die
Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung des Leiters der Gemeinde Adschkhara
an. Ihm wird vorgeworfen, Dokumente gefälscht zu haben, um Steuergelder in
Millionenhöhe konfiszieren zu können.
https://libyareview.com/32637/libyan-official-detained-for-seizing-58-million-dinars-in-tax-funds/
+ 06.03.: Terrorismus/Nato.
Ein Video zeigt die Aussage eines wegen Terrorismus verurteilten Freundes des
libyschen Manchester-Attentäters, der sagt, er sei von der Nato im Libyenkrieg
2011 ausgebildet worden.
Bei dem Manchester-Attentat kamen 22 Menschen ums Leben.
Video: https://twitter.com/ricwe123/status/1630564399931850752
+ 06.03.: Migration. In
Bengasi wurden von der Polizei 32 Migranten ägyptischer und tschadischer
Nationalität festgenommen.
https://libyareview.com/32480/libyan-police-arrest-32-migrants-in-benghazi/
+ 08.03.: Migration. Laut der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) werden „mindestens
5.000 Migranten in offiziellen Haftanstalten in Libyen festgehalten, und sie
stellen nur die Spitze des Eisbergs dar“.
https://libyareview.com/32568/iom-over-5000-migrants-detained-in-libya/
+ 09.03.: Migration. Die
EU-Kommissionspräsidenten, Ursula von der Leyen, schrieb in einem Brief an Italiens
Premierministerin Giorgia Meloni, dass die Europäische Kommission daran
arbeite, die libysche Küstenwache weiter zu stärken und Partnerschaften mit
Tunesien und Ägypten zur Bekämpfung des Menschenschmuggels aufzubauen.
https://libyareview.com/32581/eu-seeks-greater-support-for-libyas-coast-guard/
+ 05.03.: Waffenschmuggel. Im
Hafen von Misrata wurde auf einem Schiff, das aus Malta kam, ein Container mit
12.000 Waffen (Pistolen) beschlagnahmt. Die Waffen waren unter
Haushaltsgegenständen versteckt.
https://libyareview.com/32450/12000-smuggled-weapons-seized-in-libya/
+ 09.03.: Erdöl. Es soll eine
Million Barrel Rohöl vom Verladehafen Hariga (Tobruk im östlichen Libyen) auf
dem Öltanker Zeus nach China exportiert worden sein.
https://libyareview.com/32600/libya-exports-one-million-barrels-of-oil-to-china-2/
+ 07.03.: Krankenkosten. In
den jordanischen Krankenhäusern hat Libyen mehr als 210 Millionen USD Schulden
auflaufen lassen.
https://libyareview.com/32490/jordan-demands-libyan-government-repay-210-million-debt/
+ 08.03.: Mali/Nato-Krieg.
Malis Außenminister Abdoulaye Diop sagte, dass die Nato-Intervention in Libyen
und die Unterstützung terroristischer Gruppen „zur Stärkung und Verbreitung des
Terrorismus in Mali und der gesamten Sahelzone beigetragen haben“.
Terroristische Gruppen seien daraufhin „nach Nordmali gegangen und haben sich
terroristischen Organisationen angeschlossen, die dann ein Drittel des
malischen Territoriums besetzten“. Die Instabilität habe sich auf fast alle
Teile des Landes ausgeweitet, die Landesgrenzen überschritten und sich bis zum
Golf von Guinea ausgebreitet.
https://libyareview.com/32510/malian-fm-natos-intervention-in-libya-bolstered-terrorism-in-africa/
+ 06.03.: Antikes Sabratha/Verfall.
Die als UNESCO-Weltkulturerbe gelistete antike Stätte von Sabratha ist
Vandalismus und auch witterungsbedingtem Verfall preisgegeben. Ihre Mauern sind
von Graffiti übersät. Es erfolgte ein dringlicher Appell an die
Altertumsbehörde, sich für die Erhaltung und Pflege des antiken Sabratha
einzusetzen.
Sabratha war ursprünglich ein phönizischer Handelsposten, bevor es die Römer im
2. Und 3. Jahrhundert erneut aufbauten. Besonders berühmt ist Sabratha für sein
imposantes römisches Theater. Vor allem während der Kämpfe 2014 wurden die
antiken Gebäude beschädigt.
Alle Altertümer in Libyen bedürfen des dringenden Schutzes.
http://www.africanews.com/2023/03/06/calls-to-protect-libyan-heritage-site-spoilt-by-vandals/
A. Gutsche
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