Dienstag, 23. Mai 2017



Misrata-Brigaden begehen Massaker an Soldaten der Libyschen Nationalarmee

Libyen. Nach der Stürmung des Brak-al-Schatti-Luftwaffenstützpunkts exekutieren Misrata-Kämpfer die dortigen Soldaten. Schätzungen gehen von bis zu 130 Opfern aus, darunter auch Zivilisten.

Am frühen Morgen des 18. Mai stürmten Kämpfer der Misrata-Brigade gemeinsam mit den inzwischen auch offiziell als terroristisch eingestuften Verteidigungsbrigaden von Bengasi (BDB) und weiteren nicht näher bezeichneten Kämpfern den Luftwaffenstützpunkt Brak-al-Schatti im nördlichen Fessan. Dabei wurde eine große Anzahl der dort anwesenden Personen exekutiert, neben den Soldaten der Libyschen Nationalarmee (LNA) auch Köche und Reinigungspersonal. Die Angaben über die Opferzahlen schwanken zwischen 60 und 130.
Inzwischen hat ein LNA-Bataillon den Luftwaffenstützpunkt wieder unter seine Kontrolle gebracht.
Der Stützpunkt war zum Zeitpunkt des Überfalls nur schwach besetzt, da sich viele Soldaten bei einer Militärparade anlässlich des 3. Jahrestages der Gründung der Operation Dignity (Würde) von General Hefter in Tocra (nahe Bengasi) befanden. Bei dieser Feier wurden auch neue Rekruten vereidigt, die noch in der Nacht vor dem Massaker nach Brak-al-Schatti geflogen worden waren. Auch sie befanden unter den Opfern des Massakers.
Es wird berichtet, die meisten Soldaten seien durch Kopfschüsse getötet worden, andere habe man mit aufgeschlitzter Kehle gefunden. Es hätten aber auch Enthauptungen stattgefunden. Viele Leichen seien durch Schüsse in das Gesicht entsetzlich entstellt worden.
Für die Stürmung des Stützpunkts und das Massaker wird vor allem die Misrata-Miliz Third Force, die sich gerade in 13. Bataillon umbenannt hat, verantwortlich gemacht. Sie untersteht Mahdi al-Barghati, dem ‚Verteidigungsminister‘ des Präsidialrates in Tripolis. Parlamentsmitglieder haben den Präsidialrat aufgefordert, al-Barghati umgehend des Amtes zu entheben. Al-Barghati seinerseits weist ebenso wie das Verteidigungsministerium und der Präsidialrat jede Schuld von sich.
Parlamentspräsident Agila Saleh hat eine dreitätige Staatstrauer angeordnet und eine harte Reaktion auf das Kriegsverbrechen angekündigt.
Mit dieser schrecklichsten Gräueltat seit dem NATO-Krieg des Jahres 2011 sollen wohl die erfolgversprechenden Verhandlungen zwischen dem Tobruk-Parlament/der LNA/General Hefter und dem Präsidialrat in Tripolis zur Bildung einer echten Einheitsregierung unterlaufen werden. Bei den Gesprächen wurde bereits ein Waffenstillstand ausgehandelt, der mit diesem Angriff unter Verantwortung des Verteidigungsministers al-Barthati auf das Brutalste gebrochen wurde. Dies zeigt deutlich, dass die dschihadistischen Kräfte in Tripolis und Misrata an einer Friedenslösung für Libyen nicht interessiert sind und ihr mit allen verbrecherischen Mitteln entgegen arbeiten. Die Frage lautet auch: Wer unterstützt sie dabei? Wer lieferte die notwendigen Aufklärungsinformationen? Wer hat daran Interesse, das Chaos in Libyen aufrechtzuerhalten und die Feindschaft weiter zu schüren?

https://www.libyaherald.com/2017/05/18/misratans-and-bdb-takes-brak-al-shatti-airbase-in-shock-attack-heavy-lna-casualties-reported/
https://www.libyaherald.com/2017/05/19/three-day-mourning-announced-by-ageela-saleh-following-brak-massacre-lna-vows-swift-response/
https://www.libyaherald.com/2017/05/19/presidency-council-and-tripoli-mod-deny-involvement-in-brak-al-shatti-massacre/

Nachtrag:



19.05.2017



·         Die LNA gibt die Gesamtzahl der bei dem Massaker ums Leben gekommenen Personen mit 141 an. Als Antwort auf das Kriegsverbrechen fliegt die LNA Luftangriffe auf den Dschufra-Luftwaffenstützpunkt im Süden, der von der Misrata-Miliz gehalten wird. Der Waffenstillstand wird als beendet erklärt.
Die LNA sendet Truppenverstärkung in den Fessan.



·         Der Vorsitzende des Präsidialrats, Fajes Sarradsch, hat den ‚Verteidigungsminister‘ al-Barghati für die nächsten zwei Wochen suspendiert. Bis dahin soll eine Untersuchungskommission die Vorgänge um Massaker von Brak-al-Schatti geklärt haben.
Pro forma wurde auch Dschamal al-Treiki als Kommandant der Misrata-Brigade (Third Force oder neu 13. Brigade) abgesetzt. Darauf dürften allerdings keine Konsequenzen folgen, da der Präsidialrat über keine Kontrolle der Misrata-Miliz verfügt.



·         Anwälte in Misrata haben einen Versuch unternommen, sich von dem Brak-al-Schatti-Massaker zu distanzieren. Sie bezeichneten das Massaker als „feigen Akt“ und forderten vom Präsidialrat, alle nicht-lokalen Kampfeinheiten aus dem Fessan zurückzuziehen.



·         Der Sprecher der Misrata-Brigade (13. Brigade, ehemals Third Force) übernahm in einem Hörfunkinterview die Verantwortung für den Angriff: Die Miliz habe den Luftwaffenstützpunkt angegriffen, die dortigen Einheiten zerstört und habe sich dann wieder zurückgezogen. Trotz unwiderlegbarer Beweise bestritt er ein Massaker.



·         Auf ihrem Twitter-Account brüsten sich die Verteidigungsbrigaden von Bengasi mit dem Angriff auf Brak-al-Schatti.



·         Nach dem Freitagsgebet wurde Braik Ellawati, ein Führer des Awagir-Stammes, in Solug getötet als unter seinem Wagen eine Bombe explodierte.
Auf ein weiteres Stammesmitglied, Badr Musa al-Nahib Alaguri, das auch dem Parlament angehört, wurde nach dem Freitagsgebet geschossen.
Er erlitt nur leichte Verletzungen.


       A. Gutsche

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