Wie Großbritannien die Nattern des Terrors am eigenen Busen nährte
Manchester/Tripolis. Der
Terroranschlag von Manchester und die Verbindungen Großbritanniens zu libyschen
Dschihadisten oder wie aus ‚Rebellen‘ wieder ‚Terroristen‘ werden.
In Manchester kamen bei einem Attentat am 22. Mai 2017 22
Menschen zu Tode, viele wurden verletzt. Der Attentäter von Manchester war der
22-jährige Salman Abedi. Salman Abedi hatte sowohl einen britischen als auch
einen libyschen Pass, letzterer lautete auf den Namen Sulaiman Abebi.
Der älteste Bruder des Attentäters, Ismael Abedi, wurde in
Manchester verhaftet. Ein weiterer Bruder, Hashem Abedi, und der Vater, Ramadan
Abedi, sind in der libyschen Hauptstadt Tripolis festgenommen worden. Der Vater
Ramadan war Mitglied des LIFG (Libyan
Islamic Fighting Group),, der Bruder Hashem soll bereits seit über einem
Monat unter Beobachtung gestanden haben. Die beiden Brüder Salman und Hashem
waren Mitglieder des IS. Hashem war über die Planung des Attentats informiert
und hielt ständig Kontakt zu seinem Bruder. Er hatte erst am 16. April 2017
Großbritannien in Richtung Libyen verlassen und soll einen Terroranschlag in
Tripolis geplant haben.
Die Übergangsregierung in Beida, die vom Parlament in Tobruk
unterstützt wird, gab bekannt, es habe Großbritannien vor den Terroristen, die
sich in Großbritannien aufhalten, wiederholt gewarnt. Diese Warnungen hätten
Großbritannien nicht davor abgehalten, den Mitgliedern von LIFG und der
Moslembruderschaft einen sicheren Aufenthalt zu gewähren. Jahrzehntelang
hätten sich terroristische Gruppierungen in England sicher fühlen können. So
habe die LIFG in Großbritannien und anderen europäischen Ländern moslemische
Jugendliche aus Libyen und anderen Ländern für den Terrorismus rekrutiert und
unter anderen nach Libyen geschickt. Dies alles sei mit dem Wissen und im Einverständnis
mit der britischen Regierung geschehen. Die geistigen Väter dieser
Terroristen befänden sich nun in Tripolis, unter ihnen der Großmufti Scheich
Sadek Ghariani und Abdelhakim Belhadsch.[1]
Genau diese Kräfte sollen nun an einer Einheitsregierung beteiligt werden.
Belhadsch, auch bekannt unter dem Namen Abu Abdullah Sadi,
hatte einst unter Osama bin Laden gedient und bei al-Kaida Kampferfahrungen in
Afghanistan gesammelt. Als sich die USA in Absprache mit Großbritannien und
Frankreich entschlossen, in Libyen einen Systemwechsel herbei zu bomben, stand
plötzlich Belhadsch in enger Zusammenarbeit mit den USA an vorderster Front
beim Kampf gegen Gaddafis Sicherheitskräfte. Das Lob von US-Senator John McCain
war ihm genauso sicher wie sein Amt als militärischer Befehlshaber in Tripolis.
Er war maßgeblich an den Pogromen gegen schwarze Libyer, Mitglieder des Grünen
Widerstands und Anhänger der Dschamahirija beteiligt. Engste Kontakte zum IS
werden ihm nachgesagt.
Der damalige britische Premierminister David Cameron hat
in Libyen die Übermacht der dschihadistischen Gruppen befördert. Mitglieder
islamistischer Gruppierungen wurden sogar in Großbritannien militärisch
ausgebildet. Diese Gruppierungen haben in Libyen unsägliche Zerstörungen
angerichtet und weltweit Terror verbreitet. Die britische Times berichtet, dass der Attentäter
Abedi erst vor kurzem aus Libyen zurückgekommen sei, wo er in einem
Militärlager ausgebildet worden sein soll.[2]
Seit den 80er Jahren war Großbritannien für libysche
Terroristen ein sicherer Aufenthaltsort. Mochte es sich um noch so radikale
Islamisten handeln, solange sie gegen Gaddafi waren, wurden sie nicht nur in
Großbritannien geduldet, sondern die britischen Geheimdienste arbeiteten
begeistert mit ihnen zusammen.
In den 90er Jahren strömten al-Kaida-Kämpfer aus Afghanistan
und Pakistan, wo sie gemeinsam mit der CIA gegen die UdSSR gekämpft hatten,
nach Großbritannien. Von dort organisierten sie den Kampf gegen vom Westen als
unliebsam empfundene Regierungen in Ländern wie Libyen und Syrien. Zwei
bekannte libysche al-Kaida-Aktivisten, Anas al-Laith al-Libi und Noman
Benotman, Mitbegründer der LIFG, arbeiteten eng mit dem britischen Geheimdienst
zusammen. Anas al-Laith al-Libi, engster Mitarbeiter Osama bin Ladens und
dritthöchster Mann bei al-Kaida, wurde später als Hauptverdächtiger für die
Terroranschläge in Nairobi und Daressalam zur Fahndung ausgeschrieben. Am
12.03.2011 wandte er sich mit einer Videobotschaft von der wichtigen
pakistanisch-afghanischen Dschihadisten-Internetplattform as-Sahab zu Wort und
rief die libyschen ‚Rebellen‘ zum Kampf gegen Gaddafi auf, um in Libyen einen
islamischen Staat ausrufen zu können.
Über Bin Laden, dem der Terroranschlag auf das World Trade
Center im Jahr 2001 angelastet wurde, äußerten sich die libyschen Behörden in
einen Bericht in den 90er Jahren an den UN-Sicherheitsrat: „Bin Laden arbeitete
abgestimmt mit der Libyan Islamic
Fighting Group LIFG an der Planung und Durchführung von terroristischen
Aktionen, was auch Waffentransporte über die libysche Grenze beinhaltete. Die
Waffen sollten in Algerien Angehörigen der Bewaffneten Islamistischen Gruppe
übergeben werden.“[3]
Auch der Libyer Faez Abu Zeid al-Warfali wurde der Mittäterschaft bei dem
Anschlag auf das World Trade Center verdächtigt.
Davon ließen sich die westlichen Geheimdienste nicht
beeindrucken. Der britische Geheimdienst MI6 beteiligte sich in Zusammenarbeit
mit islamistischen Terrorgruppen in Libyen an Mordanschlägen auf Gaddafi, so
berichtete zumindest der ehemalige MI6-Mitarbeiter David Shayler. Bis zum Jahr
2005 unterhielt die LIFG sogar eine offizielle Vertretung in London, obwohl die
Gruppierung bereits seit 2001 auf der UN-Liste der terroristischen
Organisationen stand.
Obwohl die LIFG im Jahr 2007 ihren Anschluss an al-Kaida
verkündete und sich Al-Kaida im
islamischen Maghreb (AGIM) nannte, wurden dschihadistische Gruppierungen in
Libyen immer noch vom Westen unterstützt. Belhadsch saß nach dem Sturz Gaddafis
dem Militärrat in Tripolis vor. Das heutige Chaos in der ehemals prosperierenden
Hauptstadt Libyens ist ihm und seinen Kampfgruppen zu verdanken. 2011 wurden
nur einige Namen der Mitglieder des Übergangsrats öffentlich gemacht. Es hätte
wohl ein etwas verstörendes Bild abgegeben, hätte die Öffentlichkeit erfahren,
dass ausgerechnet al-Kaida das Kommando in Libyen übernommen hat. Hatte man
doch angeblich Gaddafi im Namen von ‚Demokratie und Freiheit‘ gestürzt und
nicht für einen islamistischen Staat auf der Grundlage der Scharia.
Aus Geheimdienst-Leaks von US-amerikanischen und französischen
Geheimdiensten geht hervor, dass der Attentäter von Manchester, Salman Abedi,
schon längere Zeit als gefährlich eingestuft worden war. In Manchester war eine
Zelle des LIFG bekannt, zu der der Bombenexperte Abd al-Baset Assous gehörte,
der 2014 nach Libyen ausreiste.
Viele Libyer geben heute die Schuld an dem
Manchester-Attentat der Regierung von Großbritannien. So sagte der bekannte
libysche Journalist Reda Fhelboom, der viele Jahre in Manchester lebte, dies
wäre der Preis, den Großbritannien nun für den Schutz, den sie viele Jahre
libyschen Extremisten gewährte, zu bezahlen habe. „Als ich hörte, dass Libyer
den Anschlag durchgeführt haben, war ich nicht überrascht. Ich weiß, dass viele
libysche Extremisten in Manchester leben.“[4] Und
der politische Analyst Mohamed Eldschar meinte „viele libysche Islamisten
(beispielsweise LIFG) die vor dem Gaddafi-Regime flohen, wurden in
Großbritannien aufgenommen und Manchester ist ihr Zentrum.“
Was hat die vom MI6 geführten Dschihadisten aus Manchester
bewogen, sich gegen ihre bisherige Schutzmacht zu wenden? Vielleicht weil sich
London unter Teresa May der neuen Nahost-Politik von US-Präsident Trump
angeschlossen hat, dem IS und anderen islamistischen Terrorgruppen die
Unterstützung in Libyen zu entziehen? Auch die Türkei hatte nach dem
Umschwenken ihrer Islamisten-Politik plötzlich mit IS-Anschlägen im eigenen
Land zu kämpfen. Der Kurswechsel dieser Politik bedeutet, diejenigen, die beim
Sturz Gaddafis am Boden als Stellvertreterkämpfer die Drecksarbeit gemacht
haben, können gehen. Gaddafi ist gestürzt. Die Revolution frisst ihre Kinder.
Bis jetzt konnten sich die Mitglieder der
dschihadistischen Gruppierungen wie LIFG und al-Kaida in Großbritannien frei
bewegen. Das Attentat von Manchester hat das geändert. Es ist bereits zu
dreizehn Festnahmen gekommen. Interessant wäre zu wissen, inwieweit der MI6
oder andere britische Geheimdienste immer noch das Manchester-Terroristennetz
steuern. Immerhin wären mit dem Attentat zwei Fliegen mit einer Klappe
geschlagen: Man könnte mit den Dschihadisten im eigenen Land, die nur noch
stören, endlich aufräumen. Und Teresa May wurde im Wahlkampf der Rücken
gestärkt.
Die Nachrichten berichten heute, dass in Tripolis schwere
Kämpfe ausgebrochen sind. Gemäßigte islamistische Milizen gegen
Hardcore-Dschihadisten. Europa braucht eine verlässliche Regierung in Libyen,
das Migrantenproblem wächst Italien und der EU über den Kopf.
Angelika Gutsche
27.05.2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen