Libyen-Konferenz auf Sizilien
Italien/Libyen. Außer
Spesen nichts gewesen. Das Resultat der Palermo-Konferenz sind altbekannter
Lösungsvorschläge und unverbindliche Absichtserklärungen.
Die Libyen-Konferenz fand am 12. und 13. November in Palermo
unter der Schirmherrschaft der italienischen Regierung und der UN-Sondermission
für Libyen statt. An den Gesprächen nahmen 38 Delegationen teil, darunter 10
Staats- und Regierungschefs sowie Außenminister aus 20 anderen Ländern. Es
waren Vertreter aus Frankreich, Russland, China, den Vereinigten Staaten,
Deutschland, Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten
sowie aus der Europäischen Union (EU), der Arabischen Liga, der Weltbank und
des Internationalen Währungsfonds vertreten. Die Vereinten Nationen waren durch
Ghassem Salamé und Stephanie Williams vertreten, auf EU-Seite nahm Federica
Mogherini teil.
Auf arabischer Seite nahmen die Präsidenten von Tunesien und
Ägypten teil, dazu kamen Delegationen aus Katar, Marokko, Algerien, Sudan,
Niger und Tschad. Die Türkei hat den stellvertretenden Ministerpräsidenten Fuat
Oktay entsandt.
Auf libyscher Seite war selbstverständlich EU-Liebling
Sarradsch in Palermo dabei, dann der Präsident des Hohen Staatsrats, Khaled
al-Meshri, der libysche ‘Außenminister’ der ‘Einheitsregierung’ Mohamed Taher
Siala, der Vorsitzende der libyschen Zentralbank , Sadik al-Kebir and der
Präsident der National Oil Company NOC, Mustafa Sanella. General Hafter hatte
einen Sonderauftritt und etliche politische Parteien hatten in Libyen bereits
ihren Protest angemeldet, dass sie nicht zu dieser Konferenz eingeladen wurden.
Auch wurde das Fehlen hochkarätiger Besetzungen bemängelt.
Nicht dabei waren Frankreichs Macron, Russlands Putin (dafür Ministerpräsident
Medwedew), USAs Trump oder Pompeo und Deutschlands Merkel. Deutschland
entsandte gar nur einen Staatsminister des Außenministeriums, Niels Annen.
Die italienische Regierung hat keinen guten Stand innerhalb
der EU, wo sie als „populistisch“ und Europa feindlich verschrien ist und Brüssel
mit ihrem Haushaltsentwurf verärgert. Einen Erfolg auf diplomatischen Parkett
würde man Italien deshalb nur schwerlich gönnen. Rom hatte sich bemüht, die
Führungsrolle in den Libyen-Verhandlungen Paris wieder abspenstig zu machen.
Bei der Pariser Konferenz im Frühjahr waren Wahlen noch in diesem Jahr
vereinbart worden. Dass dies vom Tisch ist, fand auf der Palermo-Konferenz eine
Bestätigung. Ghassem Salamé gab bekannt, er steuere als neues Datum für Wahlen
in Libyen jetzt den Juni 2019 an.
General Hafter ließ seine Teilnahme bis zuletzt offen. Am
späten Montagabend traf er dann doch in Palermo ein, sein Büro machte aber
klar, dass er nicht an den Gesprächsrunden mit den anderen libyschen Kollegen
und internationalen Gesprächspartnern teilnehmen werde. Nach einem Fototermin
mit Sarradsch suchte Hafter wieder das Weite. Auch seine Delegation verließ
frühzeitig die Konferenz aus Protest darüber, dass sie vom informellen Treffen
zwischen Sarradsch und Hafter, an dem offenbar auch Vertreter Ägyptens und Russlands
beteiligt waren, ausgeschlossen wurde.
Die Türkei sorgte für einen kleinen Eklat als sie sich
abrupt von der Konferenz zurückzog, da sie von einem informellen Treffen mit
verschiedenen regionalen und globalen Akteure, der mit dem italienischen
Premier Giuseppe Conte stattfand, ausgeschlossen wurde. Der türkische
Vizepräsident sagte, dass die Türkei den Gipfel zutiefst enttäuscht verlasse.
Die Türkei gilt als Unterstützerin der Muslimbrüder, die ebenfalls in Libyen
präsent sind und zu Hafters Gegnern zählen.
Auch viele Libyer zeigten sich von der Konferenz enttäuscht.
So sagte der zweite stellvertretende Vorsitzende des libyschen Hohen Staatsrats
Fawzi Al-Oqab, Palermo habe keinerlei Ergebnisse gebracht. Es habe der Wille
gefehlt, das Leiden und Chaos in Libyen wirklich beenden zu wollen. Die Libyer
könnten nicht selbst über den politischen Prozess in ihrem Land bestimmen.
Libyen sei ein „Schlachtfeld für arabisch-arabische und europäisch-europäische
Konflikte“. Libyen stehe unter internationaler Treuhandschaft und so sei
Ghassem Salamé die wichtigste Partei der Palermo-Konferenz."
Laut einer Pressemitteilung sollten auf der Konferenz die
Perspektiven einer politischen Lösung und Wahlen, wirtschaftliche und
institutionelle Reformen und die Schaffung zuverlässiger
Sicherheitsinstitutionen diskutiert werden. Bei einer gemeinsamen
Pressekonferenz von Ghassan Salamé und dem italienischen Ministerpräsidenten
Giuseppe Conte hieß es, die Konferenzteilnehmer senden die gemeinsame
Botschaft, dass die Libyer ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen sollten.
Alle Libyer wüssten, dass es eine politische Lösung braucht, wenn kein neuer
Krieg ausbrechen soll. „Alle libyschen Parteien und internationalen
Interessengruppen haben sich dem Ergebnis der Konferenz von Palermo und dem
Plan der UN-Mission verpflichtet, Anfang 2019 eine libysche Nationalkonferenz
abzuhalten. Sie soll den Libyern dabei helfen, dringend benötigte Rechte (privileges)
zu erhalten." Dabei steht noch nicht einmal fest, wo diese
Nationalkonferenz abgehalten werden soll.
Immer wieder wurde die Meinung geäußert, das Ziel der
Konferenz sei ein völlig anderes gewesen, nämlich den Status quo beizubehalten,
damit die politischen Player in Libyen ihre Posten behalten können.
Auch eine libysche Menschenrechtsorganisation (HRS) übte
scharfe Kritik an der Einladung General Hafters, Fayez al-Sarradsch und Aqila
Saleh zur Palermo-Konferenz. Es gebe Berichte von grausamen
Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das Völkerrecht, die mit diesen
drei Personen in Zusammenhang stünden. Statt sie nach Palermo einzuladen und
als Staatsmänner zu behandeln, müssten sie vor dem Internationalen
Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag gestellt werden. Hafter wird das Vorgehen
in der Dschihadistenhochburg Derna vorgeworfen, Saleh seine Loyalität Hafter
gegenüber und die militärische Unterstützung durch Ägypten und die VAE,
Sarradsch die Duldung der Special-Deterrence-Miliz, die das Mitiga-Gefängnis in
Tripolis betreibt, in dem viele Gefangene illegal festgehalten und gefoltert
werden.
So blieb Rom denn nichts anderes übrig, als ein Gruppenfoto
unter Palmen und das Händeschütteln zwischen Sarradsch und Hafter als den
großen diplomatischen Erfolg dieser Konferenz zu verkaufen.
Vielleicht sollte die sogenannte internationale Gemeinschaft
endlich einsehen, dass diejenigen Staaten, die Libyen zerstört haben, nicht
diejenigen sein können, die sich jetzt als ihre Retter aufzuspielen versuchen.
Sie sollten die Klärung der libyschen Probleme endlich den Libyern überlassen.
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